rainbow - AIDS-Hilfe Stuttgart
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LEBEN MIT HIV & <strong>AIDS</strong><br />
Huren mit Gütesiegel?<br />
Huren mit Gütesiegel – Scheinsicherheit und Fiasko für Freier?<br />
Alfons Stetter, <strong>AIDS</strong>-<strong>Hilfe</strong> <strong>Stuttgart</strong> e.V. (AHS), für RAINBOW im Gespräch mit Ulrike Wiesehütter,<br />
Gesundheitsamt <strong>Stuttgart</strong><br />
RAINBOW:<br />
Vor einiger Zeit wollte ich meinen guten<br />
Vorsatz verwirklichen, weiblichen Prostituierten<br />
mit Informationsveranstaltungen<br />
beim Schutz vor HIV beizustehen.<br />
Ganz blauäugig bin ich mit dieser<br />
Idee einfach ins Dreifarbenhaus gegangen<br />
(<strong>Stuttgart</strong>s bekanntestes Bordell)<br />
und durfte nach einigen Anläufen auch<br />
bei der Chefin vorstellig werden. Ich<br />
stieß auf sehr verhaltene Begeisterung<br />
und Verwunderung, denn „...onsere<br />
Mädla ganget doch alle aufs G´sondheitsamt.<br />
Kennat Sie´s G´sondheitsamt<br />
net?“<br />
Natürlich kenne ich Dich, Uli Wiesehütter,<br />
und Deine Mitarbeiterinnen bei der<br />
Prostituiertenberatung im Gesundheitsamt<br />
schon lange. Mein Ausflug hat Euch ja<br />
auch interessiert und amüsiert. Ihr<br />
konntet mir dazu noch sehr viel mehr<br />
Interessantes sagen, wie sich Prostitution<br />
in <strong>Stuttgart</strong> wirklich organisiert.<br />
30 I 31<br />
Ulrike Wiesehütter:<br />
Mir ging es zu Beginn meiner Berufskarriere<br />
genauso, dass ich Schwierigkeiten<br />
hatte, meine damaligen Vorstellungen<br />
vom Rotlichtmilieu dort wieder<br />
zu finden. Meine Phantasie von der<br />
reichen glücklichen Hure, die am Tag<br />
ihre drei, vier Freier macht, um dann mit<br />
dem Porsche nach Hause zu fahren und<br />
Champagner und Kaviar zu verzehren,<br />
war bald zerschlagen. Die Realität sah<br />
ganz anders aus.<br />
Es gibt unterschiedliche Formen der<br />
Prostitution. Zum Einen gibt es die<br />
Straßenprostitution. Das sieht so aus,<br />
dass die Frauen auf der Straße die<br />
Kunden anwerben, die zu Fuß oder im<br />
Auto unterwegs sind. Man vereinbart<br />
einen Ort, wo die sexuelle Dienstleistung<br />
erbracht wird. Die Frauen sind<br />
Wind und Wetter ausgesetzt und Übergriffen<br />
und Gewalttaten der Freier. Zum<br />
Anderen gibt es die Arbeit im Club oder<br />
Bordell. Für die Frauen dort ist das<br />
Anschaffen selbst etwas sicherer und<br />
hygienischer. Dort werden jedoch zum<br />
Teil sehr hohe Mietpreise verlangt.<br />
Viele Frauen leben am finanziellen Limit<br />
und arbeiten wegen Ihrer existentiellen<br />
Nöte im Milieu. Ich bin zunächst Frauen<br />
begegnet, die große Vorbehalte gegen<br />
die bürgerliche Welt haben. Die<br />
Prostituierten sind sehr misstrauisch<br />
gegenüber den Behörden und Institutionen,<br />
die ihnen helfen wollen.<br />
RAINBOW:<br />
Gibt es auch einen jüngeren Wandel und<br />
jüngere Tendenzen in der Prostitution?<br />
Ulrike Wiesehütter:<br />
Sehr erschreckende Tendenzen gibt es<br />
durch die Zuwanderung aus Osteuropa.<br />
Sämtliche Einwohner der EU-Beitrittsländer<br />
haben ja jetzt die Möglichkeit,