rainbow - AIDS-Hilfe Stuttgart
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mit einem touristischen Visum sich<br />
zunächst für drei Monate aufzuhalten.<br />
Sehr viele Frauen sind aus Rumänien,<br />
Tschechien, Ungarn oder der Slowakei<br />
eingereist und arbeiten hier in <strong>Stuttgart</strong><br />
unter sehr unwürdigen Bedingungen.<br />
Ich hatte jüngst erst den Fall, da wurden<br />
einer Frau die Kondome weggenommen.<br />
Sie durfte nur zwei Stunden am<br />
Tag schlafen, den Rest des Tages musste<br />
sie draußen stehen. Das Geld wurde<br />
ihr abgenommen, sobald sie vom Freier<br />
wieder in die Altstadt gefahren wurde<br />
und aus dem Auto ausstieg.<br />
RAINBOW:<br />
Im Dreifarbenhaus hab ich gesehen,<br />
dass die Organisation einfach über die<br />
Miete läuft. Ein 18-jähriges Mädchen<br />
könnte da hingehen, ein Zimmer mieten,<br />
kriegt keine Ausbildung, erfährt<br />
keine weiteren Ausbildungs- oder Schutzmaßnahmen,<br />
außer vielleicht einen Notruf<br />
im Haus. Ist das so einfach?<br />
Ulrike Wiesehütter:<br />
Prostitution ist ein komplexes Gebiet<br />
und alle gesetzlichen Regelungen haben<br />
nicht wirklich zur Sicherheit der Frauen<br />
beigetragen. Deshalb ist es tatsächlich<br />
so, dass jede Frau auch ohne irgendwelche<br />
Auflagen oder Zertifikate arbeiten<br />
kann – auf der Straße, in den Clubs<br />
oder im Bordell.<br />
RAINBOW:<br />
Nun höre ich immer wieder, die Kunden<br />
seien überzeugt davon, dass es ganz<br />
strenge Auflagen vom Gesundheitsamt für<br />
die Anbieterinnen gibt. Wie streng sind<br />
denn nun die Auflagen des Gesundheitsamtes,<br />
um Erlaubnis für Prostitution<br />
zu haben, wie streng die Kontrollen?<br />
Ulrike Wiesehütter:<br />
Früher gab es den so genannten „Bockschein“.<br />
Nach dem Geschlechtskrankengesetz<br />
musste sich jede Prostituierte<br />
mindestens im 3-Wochen-Turnus auf<br />
gesetzlich vorgeschriebenen Geschlechtskrankheiten<br />
untersuchen lassen. 2001<br />
wurde dies vom Infektionsschutzgesetz<br />
abgelöst.<br />
Hintergrund des Gesetzes ist der Appell<br />
an mehr Freiwilligkeit und Selbstverantwortlichkeit,<br />
nicht nur an Prostituierte<br />
gerichtet, sondern auch auf die Verantwortung<br />
der Allgemeinbevölkerung,<br />
insbesondere auch der Freier. Nun ist es<br />
so, dass wir keine Zwangsauflagen stellen,<br />
sondern das Angebot machen, sich<br />
freiwillig untersuchen zu lassen. Wir<br />
haben nach wie vor einen kostenlosen<br />
HIV-Test und haben eine große Palette<br />
der Untersuchung auf andere sexuell<br />
übertragbaren Erkrankungen. Unser Arzt<br />
berät auch zu vielschichtigen gesundheitlichen<br />
Problemlagen, zum Beispiel<br />
bei Impfungen gegen Hepatitis A/B,<br />
Syphilis oder Gonorrhoe. Für diese<br />
Leistungen wird eine kleine Gebühr erhoben.<br />
Aber die Auflagen des Geschlechtskrankengesetzes<br />
gibt es leider nicht<br />
mehr.<br />
RAINBOW:<br />
Du sagst „leider“, bedauert Ihr das?<br />
Ulrike Wiesehütter:<br />
Ich bedaure es ein bisschen, weil die<br />
Frauen nicht mehr den Zugang zu einer<br />
völlig kostenlosen Untersuchung haben<br />
und nicht mehr ausdrücklich aufgefordert<br />
werden, nach ihrer Gesundheit zu<br />
schauen.<br />
LEBEN MIT HIV & <strong>AIDS</strong><br />
RAINBOW:<br />
Die Leute, die davon ausgehen, dass die<br />
Huren alle gesund sind, täuschen sich<br />
also bitter?<br />
Ulrike Wiesehütter:<br />
Sehr bitter.<br />
RAINBOW:<br />
Und da gibt es absolut keinen Verlass?<br />
Ulrike Wiesehütter:<br />
Den gibt es ja sowieso nicht, weil ja<br />
jeder HIV-Test, der heute erstellt ist,<br />
aussagt, dass die negativ getestete<br />
Person vor drei Monaten HIV-frei war.<br />
RAINBOW:<br />
Ihr seid ja aus erster Hand informiert –<br />
auch über die Vorlieben der Freier. Wie<br />
viele Freier haben den Wunsch, ohne<br />
Gummi zu verkehren? Wie viele kriegen<br />
diesen Wunsch erfüllt? Gibt es noch<br />
andere gefahrenvolle Vorlieben?<br />
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