Wenn - Salzburger Fenster
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SALZBURGER FENSTER 15 / 25.4.2012 Lokales / Werbung / 3<br />
Polizeijurist führt Privatkrieg mit der Finanz<br />
Streit um 28.400 Euro Steuernachzahlung, Taschenpfändung, Zwangsverwalter für Winklers Landwirtschaft<br />
Knalleffekt: der suspendierten Polizeihofrat<br />
Hermann Winkler hat die Spitze des<br />
Finanzamtes Salzburg-Land wegen<br />
„Rechtsschikanen“ angezeigt. Dieselbe<br />
Staatsanwältin, die Winkler nun verfolgt,<br />
hat diese Verfahren eingestellt, weil Winkler<br />
„ein notorischer Beschwerdeführer“ sei.<br />
Fortsetzung von Seite 1<br />
<strong>Wenn</strong> auch nur die Hälfte davon<br />
stimmt, was der 54-jährige<br />
Strafreferent der <strong>Salzburger</strong> Polizeidirektion<br />
sagt und andeutet,<br />
könnte die Causa um den suspendierten<br />
Polizeihofrat Hermann<br />
Winkler noch zu einigen Knalleffekten<br />
führen.<br />
Die <strong>Salzburger</strong> Staatsanwaltschaft<br />
ermittelt gegen ihn und einen weiteren<br />
Strafjuristen der BPD wegen<br />
Verdachts des Amtsmissbrauchs.<br />
Während Winkler mit Eingaben und<br />
Anzeigen um sich schlägt, ist der bereits<br />
einmal wegen Amtsmissbrauchs<br />
verurteilte Kollege verzagt und verhält<br />
sich ruhig. Offenkundig ist, dass<br />
die Anklagebehörde und Winkler<br />
einander ein juristisches Bombardement<br />
liefern. Wie fundiert es ist, was<br />
man Winkler vorwirft, darüber gibt<br />
es Zweifel.<br />
„Unbekannte Täter“<br />
Denn der mehrere hundert Seiten<br />
umfassenden Strafakt bleibt inhaltlich<br />
vage: „HR Hermann Winkler<br />
habe als Referent des Strafamtes der<br />
BPD Salzburg fortlaufend in Verwaltungsstrafverfahren<br />
vorläufige Beschlagnahmen<br />
von Glücksspielautomaten<br />
durch die Finanzbehörden ...<br />
aufgehoben.“ Er habe „seine amtliche<br />
Stellung ... zu Gunsten unbekannter<br />
Täter aus dem Bereich der<br />
Glücksspielbetreiber missbraucht<br />
und diese im Strafverfahren begünstigt“<br />
(Strafakt).<br />
Dabei hat das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung<br />
(BAK) die Telefongespräche<br />
der beiden Juristen<br />
drei Monate lang abgehört und<br />
auch ihre E-Mails mitgelesen. Am<br />
11. April durchsuchten die Ermittler<br />
aus Wien das Büro des 54-jährigen<br />
Polizeihofrats, filzten seine Wohnung<br />
im Flachgau und seinen bäuerlichen<br />
Nebenwohnsitz in Admont<br />
in der Steiermark. Polizeidirektor<br />
Gottfried Mayr wurde ein vorbereiteter<br />
Suspendierungsbescheid in<br />
die Hand gedrückt, den Mayr<br />
nur noch zu unterschreiben brauchte<br />
(siehe Detailbericht unter<br />
www.salzburger-fenster.at).<br />
Taschenpfändung<br />
Hermann Winkler hat gegen sämtliche<br />
Anordnungen der Justiz Beschwerde<br />
erhoben und zeigt nun die<br />
Ermittler an. Ein neuer behördeninterner<br />
Bezug wird erst jetzt bekannt.<br />
Die Sache gegen Winkler sei von<br />
der Finanz „angezündet“ worden,<br />
wurde dem SF berichtet. „Es gibt gegen<br />
den Hofrat sogar eine Taschenpfändung,<br />
einmal komme der Gerichtsvollzieher,<br />
einmal die Finanz“,<br />
weiß ein Informant.<br />
Tatsächlich führt Winkler mit dem<br />
Finanz Salzburg-Land seit längerem<br />
einen erbitterten Rechtsstreit um eine<br />
Steuernachzahlung in Höhe von<br />
28.389,31 Euro, die Winkler als ungerechtfertigt<br />
bezeichnet. Vom Finanzamt<br />
würde ihm gegenüber „bewusste<br />
Rechtsverweigerung“, ja<br />
„Rechtsschikane“ betrieben,schreibt<br />
Winkler in seiner jüngsten Eingabe<br />
an die Justiz (23.4.2012). Auch in seiner<br />
Finanzcausa zeigte der streitbare<br />
Jurist mehrere Beamte wegen Amtsmissbrauchs<br />
an, unter anderem einen<br />
Amtsdirektor, der sich „einen richti-<br />
gen Sport daraus macht ... ablehnende<br />
Entscheidungen zu treffen“.<br />
Der Streit ging bis zur Bestellung eines<br />
Zwangsverwalters von Winklers<br />
landwirtschaftlicher Liegenschaft in<br />
der Steiermark (die Maßnahme wurde<br />
inzwischen gerichtlich wieder<br />
aufgehoben). Als das Finanzamt<br />
Salzburg im Aufrag des Bezirksgerichts<br />
Liezen bei Winkler knapp<br />
2.900 Euro an Gebühren exekutieren<br />
ließ – (die Taschenpfändung) –,<br />
eskalierte der Streit. Winkler zeigte<br />
am 2. November 2011 auch die Leiterin<br />
des Finanzamtes Salzburg-<br />
Land an.<br />
Anklägerin befangen?<br />
Pikant ist, wer diese Anzeigen des<br />
Polizeijuristen untersuchte und<br />
dann einstellte: genau jene Staatsanwältin,<br />
die nun Winkler verfolgt<br />
und deshalb befangen ist, wie er<br />
sagt. In der Begründung ihrer Entscheidung<br />
bezeichnet die Staatsanwältin<br />
Winkler als „notorischen Beschwerdeführer,<br />
der Rundumschläge<br />
macht und nicht bereit ist, be-<br />
Suspendierter Polizeijurist:<br />
„Ich werde verleumdet und benutzt“<br />
Hermann Winkler bezeichnet die Vorwürfe gegen ihn<br />
als „haltlos“ – es gehe um Korruption und Politik<br />
Er kollaboriere nicht mit der Glücksspielszene und<br />
habe keine Automatenbetreiber begünstigt, sagt Hermann<br />
Winkler. Es gebe von seiner Seite „ausschließlich<br />
korrektes Vorgehen“ (Rechtsmittel an die STA<br />
16.4.2012). Winkler wirft den Ermittlern Verleumdung,<br />
Täuschung und Amtsmissbrauch vor (das SF distanziert<br />
sich von allen Anschuldigungen, es gilt für alle Betroffenen<br />
die Unschuldsvermutung). Der Chefermittler der<br />
Korruptionsbehörde habe „die Staatsanwaltschaft beduselt“<br />
. Er und sein Kollege hätten keine Razzien der<br />
Finanzpolizei verraten.<br />
Seine Nebenbeschäftigung (die an Winklers Wohnadresse<br />
gemeldete US-Firma) habe er der Präsidialabteilung<br />
der BPD schon 2009 gemeldet, eine Zweitschrift<br />
dieser Meldung sei bei der Durchsuchung seines Büros<br />
sichergestellt worden. Als Geschäftszweck steht im Firmenbuch:<br />
„Betreiben von Automatensalons mit Glücksspielautomaten“.<br />
Winkler zum SF: „Ich habe dem Polizeidirektor<br />
Mayr gesagt: <strong>Wenn</strong> diese Konzession bewilligt<br />
worden wäre, hätte ich mich als Strafreferent enthalten.“<br />
Entstanden sei die Idee, weil „nur die Geldmagnaten<br />
am Markt teilnehmen dürfen“ und die Behörden<br />
für diese Zwecke missbraucht würden, so Winkler.<br />
„Diese Firma wäre ein mächtiger Anwärter für eine<br />
Glücksspielkonzession und damit ein Konkurrent gewesen.“<br />
Fakt ist, dass es ausufernde Rechtsstreitigkeiten<br />
rund um das Glücksspielgeschäft gibt. Kritiker sprechen<br />
von einer politischen Marktgestaltung für die beiden<br />
Giganten Casinos Austria AG und Novomatic. Die<br />
Finanzpolizei habe den Auftrag, den Markt zu säubern.<br />
Hofrat Hermann Winkler bestreitet nun nicht mehr, dass er gerne eine Glücksspiellizenz gehabt hätte. „Das habe ich<br />
schon 2009 dem Polizeidirektor gesagt.“ Foto: Neumayr<br />
Polizeijurist Winkler: „Es gibt von meiner Seite nur korrektes<br />
Verhalten.“ Foto: Privat<br />
Fakt scheint ebenfalls, dass alle Bescheide des zweiten<br />
Strafjuristen „absolut sauber sind“, wie das SF in der<br />
BPD erfuhr. „Er hat alle Beschlagnahmungen bestätigt.“<br />
Ein Rätsel ist, wie er in das Visier des BAK geraten<br />
ist. Trotz des angeblichen „Naheverhältnisses“ zu<br />
Winkler konnte nicht einmal ein Telefonat zwischen den<br />
beiden Verdächtigen aufgenommen werden.<br />
hördliche Entscheidungen zur<br />
Kenntnis zu nehmen“ (Rechtsmittel<br />
Winklers, 23.4.2012). Dies sei ein<br />
„unsachlicher Affront“, die Staatsanwältin<br />
sei parteilich.<br />
Die ermittelnde Anklägerin konnte<br />
vom SF nicht erreicht werden,<br />
Mediensprecherin Barbara Feichtinger<br />
sagte: „Herr Winkler macht<br />
Eingaben nach und nöcher. Wir bereiten<br />
uns auf eine umfangreiche<br />
Verteidigung des Magister Winkler<br />
vor.“ Er habe rechtswidrig gehandelt.<br />
In der Glücksspielcausa sei<br />
man auf Winkler gekommen, weil er<br />
Opfer einer Kreditbetrügerbande<br />
geworden ist. „Dass man um 85 Mio.<br />
Euro ansucht, ist zwar strafrechtlich<br />
nicht verboten, aber so eine Nebentätigkeit<br />
muss genehmigt werden“,<br />
so Feichtinger.<br />
Opfer von Finanzbetrug<br />
Es geht um einen riesigen Finanzbetrug<br />
in Niederösterreich, in dem<br />
mit Kreditversprechungen 400 Personen<br />
an die 2,5 Mio. Euro herausgelockt<br />
wurden. Diese Woche be-<br />
ginnt in Wien der Strafprozess. „Die<br />
boten Kredite an wie im Kaufhauskatalog.<br />
Die nannten das Businesspläne,<br />
obwohl die meisten Personen<br />
bei keiner Bank mehr einen Kredit<br />
bekamen“,sagt ein Fahnder. Die Darlehen<br />
reichten vom Kauf neuer Autofelgen<br />
bis hin zum Erwerb des Flughafens<br />
Dresden oder des Schlosses<br />
Velden in Kärnten.<br />
Winkler suchte namens der Firma<br />
„Commercial Agency & Consulting<br />
Corporation“ um 85 Mio. Euro an.<br />
Damit hätte auch eine Glücksspiellizenz<br />
erlangt werden sollen, „um<br />
in einem noch zu kaufenden Schloss<br />
ein Casino zu errichten“ (Strafakt).<br />
Winkler bestreitet nicht, „dass das<br />
in Konkurs gegangene Schloss Sighartstein<br />
gekauft werden sollte, aber<br />
daraus wäre eine Event-Location<br />
geplant gewesen, weil es ein hübsches<br />
Barockschloss mit eigener Kapelle<br />
ist“ (Stellungnahme an die<br />
STA). Er wollte aber kein Casino eröffnen.<br />
Winkler hat übrigens weder<br />
die Millionen noch ein Lizenz erhalten.<br />
Sonja Wenger