Ausgabe April 2004 - Landesärztekammer Brandenburg
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Kammerinformationen<br />
Schwedt seien gegenwärtig allein 21 ausländische<br />
Ärzte angestellt.<br />
Von den 51 Krankenhäusern des Landes antworteten<br />
20 auf die Fragen der Studie, 18<br />
meldeten Ärztemangel. 17 gaben das Vergütungsgefälle<br />
West-Ost als Hauptursache<br />
dafür an, als zweitwichtigsten Grund nannten<br />
sie eine unterentwickelte Infrastruktur.<br />
Deutlich geworden sei bei der Befragung<br />
aber auch: die materielle Krankenhausausstattung<br />
werde keineswegs als Ursache für<br />
den Ärztemangel angesehen.<br />
Angesichts des Einfrierens von Weihnachtsgeld,<br />
des Nichtzahlens von Urlaubsgeld, dem<br />
Aussetzen der Tariflöhne werde klar, dass in<br />
vielen <strong>Brandenburg</strong>er Krankenhäusern „noch<br />
weniger gezahlt wird als offiziell verkündet“.<br />
Und, so Borchmanns Schlussfolgerung, unter<br />
diesen Bedingungen sei das Holen von Ausländern<br />
eine „völlig falsche Geschichte“. Dieser<br />
Weg könne nicht der Schlüssel zur Beseitigung<br />
des Ärztemangels sein.<br />
Alle Krankenhäuser begrüßten die Abschaffung<br />
des AiP-lers, forderten aber gleichzeitig<br />
eine „Ausfinanzierung der Personalkosten<br />
und Zuschläge für strukturschwache Regionen“.<br />
Nach einer Hochrechnung, so der LKB-<br />
Geschäftsführer, würden insgesamt 600 Ärz-<br />
Hoch schlugen die Diskussionswogen in der<br />
aktuellen Stunde zum Ärztemangel, nachdem<br />
Dr. Borchmann und Ministerialrat<br />
Schmidt ihre Vorträge gehalten hatten. Tenor<br />
vieler Meinungsäußerungen: Die Ärzteschaft<br />
und ihre Interessenvertretungen dürfen<br />
sich nicht gegeneinander ausspielen<br />
lassen. Viel Beifall erhielt Dipl.-Med. Rainer<br />
Hanisch, der die Schaffung einer Ärztegewerkschaft<br />
forderte.<br />
Dr. Jürgen Fischer bezeichnete es als „Skandal,<br />
deutsche Kollegen, die hier ausgebildet<br />
wurden, nicht halten zu können“ und statt<br />
dessen Leute aus aller Welt anzuheuern.<br />
Während Dr. Borchmann forderte „Wir müssen<br />
weg vom BAT in den Krankenhäusern“,<br />
weil der keine leistungsgerechte Zahlung ermögliche,<br />
hielt Dr. Udo Wolter dem entgegen,<br />
zur Zeit gäbe es leider „noch nichts Besseres<br />
als den BAT“. Der Marburger Bund sei<br />
strikt gegen Notlagentarife und wolle eigene<br />
Arzttarife aushandeln. Die Krankenhäuser<br />
seien „schon lange keine Durchlauferhitzer<br />
mehr“. Dr. Wolters Urteil, drei Vergütungsstufen<br />
im BAT seien viel zu wenig, konnte auch<br />
102 <strong>Brandenburg</strong>isches Ärzteblatt 4/<strong>2004</strong> 14. Jahrgang<br />
Ministerialrat Schmidt zeigte in seinem Vortrag<br />
auf, dass im Jahre 2002 aus immerhin 34 verschiedenen<br />
Staaten Ärzte nach <strong>Brandenburg</strong> gekommen<br />
waren. 2002 wurden 8, 2003 wurden<br />
14 Approbationen erteilt. Die Berufserlaubnis erhielten<br />
Ärzte aus so genannten Drittstaaten 2002<br />
insgesamt 105-mal und 2003 sogar 191-mal.<br />
Fotos: Kühne<br />
te (Vollkräfte) zusätzlich und für deren Finanzierung<br />
rund 39 Millionen Euro gebraucht.<br />
Wer solle das bezahlen?<br />
Da sich auch die Ausbildungskapazitäten allmählich<br />
abbauten, werde offensichtlich, dass<br />
Dr. Borchmann folgen: „Wir brauchen Verträge,<br />
die Leistungsträger entsprechend zu<br />
vergüten.“ Und Dr. Peter Wagner konnte sich<br />
den Zusatz nicht verkneifen: „ver.di scheint<br />
verzichtbar zu sein!“.<br />
Dr. Fischer bemängelte, dass für eine leistungsgerechte<br />
Vergütung noch kein Modell<br />
existiere. „Und wenn das Gesamtvolumen<br />
nicht größer wird, brauchen wir über Umverteilung<br />
nicht zu reden.“ Dr. Erwin Böhm verglich<br />
die Situation mit einem Hühnerhof, auf<br />
dem aber keine Körner mehr zu finden seien.<br />
Die Ärzte sollten sich nicht wie Hähne aufeinander<br />
hetzen lassen, sondern die angehen,<br />
die die Körner verteilen. Wäre die Regierung<br />
ein Privatunternehmen, so Böhm,<br />
müsste sie Konkurs anmelden. Dipl.-Med.<br />
Rainer Hanisch beklagte, der Berufsstand der<br />
Ärzte werde systematisch demontiert. Er<br />
fragte, weshalb kein Landesförderprogramm<br />
für Ärzte möglich sei, wenn man sehe, für<br />
welch dubiose Projekte die Landesregierung<br />
in letzter Zeit gleich Millionen von Euro zum<br />
Fenster hinausgeschmissen habe. Er kritisierte<br />
die Höhe der jüngst veröffentlichten Gehälter<br />
der Krankenkassenvorstände.<br />
diesem Prozess politisch gegengesteuert werden<br />
müsse.<br />
Dr. Borchmann machte deutlich, dass der<br />
personelle Versorgungsgrad in <strong>Brandenburg</strong><br />
schon der niedrigste in Deutschland sei. In<br />
<strong>Brandenburg</strong> kämen 157,9 Vollkräfte je 100<br />
belegte Betten. Der Deutschland-Durchschnitt<br />
liege bei 182,9. Auch bei den Ärzten (20,8<br />
Vollkräfte je 100 belegte Betten) und im Pflegedienst<br />
(68,3 Vollkräfte) sei <strong>Brandenburg</strong><br />
das Schlusslicht.<br />
Trotz der bedenklichen Situation erwarte Dr.<br />
Borchmann nicht, „dass wir Krankenhausschließungen<br />
in Größenordnungen erleben<br />
werden“. Die Mehrheit der Häuser sei „gut<br />
aufgestellt“. Viel weniger als 51 Krankenhäuser,<br />
das ginge nicht, weil dann die Versorgung<br />
in der Fläche und die Qualität der medizinischen<br />
Versorgung gefährdet wären.<br />
Und er machte auf das Bundesland Schleswig-Holstein<br />
aufmerksam, ebenfalls ein<br />
„Flächenland“, mit nur 2,3 Millionen, das<br />
noch fast 100 Häuser vorhalte.<br />
Dennoch, etwa die Hälfte der Häuser im Land<br />
<strong>Brandenburg</strong>, so befürchtet Borchmann, werde<br />
ihre Kosten „nicht decken können“. Der<br />
Ärztemangel als Thema wird deshalb wohl<br />
noch lange aktuell bleiben... (hak)<br />
Diskussion zum Thema „Ärztemangel“ und zur Gesundheitspolitik<br />
Einheit der Ärzteschaft und ihrer Bünde angemahnt –<br />
Ärztegewerkschaft gefordert<br />
Dr. Erwin Böhm: Ärzte sollten sich nicht wie Hähne<br />
aufeinander hetzen lassen, sondern die angehen,<br />
die die Körner verteilen...<br />
Dr. Wagner stellte fest: „Das Schlimmste ist<br />
unsere Uneinigkeit.“ Und er malte ein Bild:<br />
„Wenn wir es schaffen würden, alle ärztlichen<br />
Bünde zu vereinen und zu sagen: Bis zu<br />
dieser Stelle, Politik, und keinen Schritt weiter!<br />
Dann wären wir eine geballte Macht!“