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Entwicklungsdidaktik als Antwort auf die Veränderungen der ...

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<strong>Entwicklungsdidaktik</strong> <strong>als</strong> <strong>Antwort</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Verän<strong>der</strong>ungen<strong>der</strong> Gesellschaft - Lernen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>Marianne WilhelmEs gibt bereits eine Vielzahl von didaktischen Modellen und Konzepten 1 , <strong>die</strong> alle einebeson<strong>der</strong>e Vorstellung von Unterricht, Erziehung und Bildung vertreten. Manche vonihnen waren sehr erfolgreich an<strong>der</strong>e verschwanden nach kurzer Zeit aus <strong>der</strong>schulpraktischen Realität. Die Geschichte <strong>der</strong> Pädagogik zeigt uns, dass zuverschiedenen Zeiten, verschiedene Zielsetzungen <strong>der</strong> Pädagogik <strong>die</strong> Entstehungvon didaktischen Modellen und Konzepten verursachten. Manchmal stand <strong>der</strong> Stoff,<strong>der</strong> Wissenserwerb im Vor<strong>der</strong>grund des Interesses. Manchmal war <strong>die</strong> Faszination<strong>der</strong> „Machbarkeit“ von Unterricht und Lernen vorherrschend, ein an<strong>der</strong>es Mal warkurzfristig das Kind <strong>der</strong> Mittelpunkt <strong>der</strong> didaktischen Überlegungen. Oft wurden aberauch Bedürfnisse <strong>der</strong> Wirtschaft <strong>als</strong> Ziele <strong>der</strong> Pädagogik wirksam.Es soll hier wie<strong>der</strong> <strong>auf</strong> den wichtigsten Maßstab <strong>der</strong> Pädagogik verwiesen werden,<strong>auf</strong> das Kind und seine Entwicklung. 2 Die Entwicklungsbegleitung des Kindes ist <strong>die</strong>ursprünglichste Aufgabe <strong>der</strong> Pädagogik. Sie muss sich frei machen von <strong>der</strong>In<strong>die</strong>nstnahme durch an<strong>der</strong>e Interessen. Sie hat nur einem zu <strong>die</strong>nen, dem Kind undseiner Entwicklung im gegebenen gesellschaftlichen Zusammenhang!Das Modell <strong>der</strong> <strong>Entwicklungsdidaktik</strong> orientiert sich an folgenden Merkmalen:Es ist eine Didaktik für alle Kin<strong>der</strong> ohne Ausnahme. (Human)Die <strong>Entwicklungsdidaktik</strong> bedarf <strong>der</strong> Individualisierung eines Curriculums für alleKin<strong>der</strong> und des kooperativen Lernens am gemeinsamen Vorhaben.(Demokratisch)Die <strong>Entwicklungsdidaktik</strong> bietet jedem Kind, <strong>die</strong> entwicklungsbegleitendenMaßnahmen (therapeutische Maßnahmen eingeschlossen), <strong>die</strong> ihm den nächstenEntwicklungsschritt bzw. <strong>die</strong> Bewältigung <strong>der</strong> nächsten Entwicklungs<strong>auf</strong>gabeermöglichen.Bildungsziele <strong>der</strong> <strong>Entwicklungsdidaktik</strong> sind: Finden einer Identifikation, einerLebensperspektive, eines Lebensentwurfs und eines Lebenssinnes.Sie ist subjektbezogen und prozessbezogen.Sie orientiert sich an Entwicklungs<strong>auf</strong>gaben und <strong>der</strong> dem Kind immanentenEntwicklungslogik (sensible Phasen/ innerer Bauplan – siehe Maria Montessori).Sie orientiert sich an den entwicklungsbedingten Bedürfnissen.Sie betont den bildenden Charakter <strong>der</strong> angewandten (Lern)methoden.Sie orientiert sich am Prinzip <strong>der</strong> Exemplarität <strong>der</strong> Inhalte (siehe MartinWagenschein).<strong>Entwicklungsdidaktik</strong> ist eine „Vorordnung.“<strong>Entwicklungsdidaktik</strong> führt Lehrer/innen zum „Subjektiven theoriegeleitetendidaktischen Konzept“, zur Handlungskompetenz.Aus <strong>die</strong>sen Merkmalen lässt sich eine allgemeine Charakteristik <strong>der</strong><strong>Entwicklungsdidaktik</strong> ableiten. Die <strong>Entwicklungsdidaktik</strong> istallgemein, da sie keinen Menschen ausschließt,1Eine Übersicht finden Sie bei Kron, Friedrich W.: Grundwissen Didaktik. München, Basel1994, S. 117.2Auszug aus dem Buch: Eichelberger, Harald & Wilhelm, Marianne: <strong>Entwicklungsdidaktik</strong>. AlleKin<strong>der</strong> gehen ihren Weg. ÖBV&hpt 2003.


asal, da sie sich <strong>auf</strong> alle Entwicklungsniveaus, Handlungs- und Denkkompetenzenbezieht,kindzentriert, da sie Individuum und Heterogenität anerkennt. 3Sie folgt fachwissenschaftlichen Erkenntnissen (Sachstruktur), <strong>der</strong>Entwicklungslage des Schülers/ <strong>der</strong> Schülerin (Tätigkeitsstruktur), den ihm/ihrmöglichen Lern-Handlungsmöglichkeiten (Handlungsstruktur), unter Einbezugentwicklungsbegleiten<strong>der</strong> (therapeutischer) Maßnahmen. Sie bedarf <strong>der</strong>Individualisierung eines gemeinsamen Curriculums und des gemeinsamenLernens am gemeinsamen Vorhaben. 4EntwicklungDie Entwicklung des Kindes stand vor allem zu Zeiten <strong>der</strong> Reformpädagogik imMittelpunkt pädagogischen Interesses. „Im Kontext reformpädagogischer Aussagenwird Entwicklung <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Natur des Kindes bezogen, <strong>die</strong> nicht radikal verzeitlichtwerden kann o<strong>der</strong> soll. Wenn sich ‚das Kind’ entwickelt, dann immer gemäß seinenAnlagen und Potentialen, <strong>die</strong> weit mehr mit dem kindlichen ‚Wesen’ o<strong>der</strong> <strong>der</strong>psychischen Eigentümlichkeit <strong>als</strong> mit Effekten biologischer Selektion verbundenwerden.“ 5In <strong>der</strong> Reformpädagogik ging es nicht darum, das Kind an gesellschaftlicheGegebenheiten und Vorgaben „anzupassen.“ Es ging vielmehr darum,pädagogisches Handeln an den aktuellen Erziehungsbedürfnissen des einzelnenKindes zu orientieren.„Tiefer <strong>als</strong> <strong>die</strong> Notwendigkeit kultureller Assimilation liegt für <strong>die</strong> reformpädagogischeTheorie <strong>die</strong> Autonomie <strong>der</strong> Natur des Kindes und ihre Entwicklung, <strong>die</strong> vorÜbergriffen geschützt werden müsse. ‚Natürliche Erziehung’ ist mehr und an<strong>der</strong>es <strong>als</strong>Anschauungsunterricht im Sinne Pestalozzis; sie ist <strong>der</strong> Versuch, <strong>die</strong> Entwicklungdes Kindes und nur sie zur Bedingung pädagogischen Handelns zu erheben. Vorallem eines solle geleistet werden, schrieb Ludwig Gurlitt 6 in seiner ‚Erziehungslehre’,nämlich ‚dass <strong>die</strong> Entwicklung jedes einzelnen Menschen seiner Natur gemäß und imgroßen Strome <strong>der</strong> nationalen und menschlichen Entwicklung sich frei gestaltenkann.’“ 7Aufgabe <strong>der</strong> Pädagogik ist es aus <strong>die</strong>ser Sichtweise heraus <strong>die</strong> freie Entwicklung desMenschen, <strong>die</strong> Selbstentwicklung, eingebettet in das soziale Umfeld zu ermöglichen.Aufgabe <strong>der</strong> Pädagogik ist es, Kin<strong>der</strong> <strong>auf</strong> ihrem (Entwicklungs-)Wegverantwortungsvoll zu begleiten.„Gaudig stellt den Gedanken des Werdens und <strong>als</strong>o <strong>die</strong> Entwicklung in denMittelpunkt seiner Pädagogik: Die Schule müsse von <strong>der</strong> Persönlichkeit des Kindesaus organisiert werden, jedoch nicht <strong>der</strong> statischen, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> dynamischenPersönlichkeit. Der ‚Prozess <strong>der</strong> Selbstentwicklung’ ist <strong>als</strong>o <strong>der</strong> Fixpunkt für <strong>die</strong>Aufgabenbestimmung <strong>der</strong> Pädagogik.“ 8Dahinter steht <strong>der</strong> Glaube an und das Vertrauen in <strong>die</strong> Selbstentwicklungskräfte desKindes.3 Dreher, Walther: Denkspuren Bildung von Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung Basis einerintegralen Pädagogik. Aachen, Mainz 1997, S. 146.4 Feuser, Georg: Behin<strong>der</strong>te Kin<strong>der</strong> und Jugendliche – Zwischen Integration undAusson<strong>der</strong>ung. Darmstadt 1995.5Oelkers, Jürgen: Reformpädagogik. Weinheim und München 1989, S. 111.6Gurlitt, Ludwig: Erziehungslehre. Berlin 1909, S. 63f.7Oelkers, Jürgen: Reformpädagogik. Weinheim und München 1989, S. 118.8Oelkers, Jürgen: a.a.O., S. 119.


„Unser fester Ausgangspunkt ist ... <strong>die</strong> Kin<strong>der</strong>seele <strong>als</strong> ein Inbegriff von Kräften, <strong>die</strong>nach Entwicklung drängen und <strong>der</strong> eigentätigen Entwicklung fähig sind, wenn ihnennur <strong>die</strong> Entwicklungsbedingungen gegeben werden.“ 9Zu schaffen wäre deshalb „<strong>die</strong> neue Schule, in <strong>der</strong> es möglich werden soll, Lehrenund Lernen nach den Entwicklungsbedürfnissen <strong>der</strong> Schüler zu organisieren. Wassich ‚entwickelt’ sind nach Gaudig seelische o<strong>der</strong> natürliche ‚Kräfte’, eineigentümliches ‚Ganzes’, ‚das wir Individuum nennen’. Also kein bloßes Aggregat,son<strong>der</strong>n ein psycho-physisches Gefüge, das aus sich heraus wächst, dabei aberadäquate Entfaltungsmöglichkeiten vorfinden muss.“ 10Die Pädagogik stellt sich seit jeher <strong>die</strong> Frage, wie Entwicklung „gemacht“ werdenkönne. Zu oft unterliegt sie dem „Machbarkeitswahn“. Der Pädagogik geht es immerum mehr o<strong>der</strong> weniger Einflussnahme von außen.Aus psychologischer Sicht wird Entwicklung manchmal <strong>als</strong> etwas, das geschieht,definiert.Klassische entwicklungspsychologische Definitionen sehen Entwicklung vorwiegend<strong>als</strong> Reifungsgeschehen, das dem Programm <strong>der</strong> vorliegenden Genstruktur folgt. DenEinflüssen <strong>der</strong> Umwelt wird dabei vor allem auslösende Funktion bzw. hemmendeFunktion zuerkannt.Waren <strong>die</strong> Umstände nicht beson<strong>der</strong>s ungünstig, so musste nach <strong>die</strong>ser Auffassungdas genetisch Vorgegebene jeweils zu seiner Zeit eintreten.Es wurden im L<strong>auf</strong>e <strong>der</strong> Geschichte unterschiedliche Entwicklungstheorienbegründet.Die Reifungstheorie, <strong>die</strong> <strong>die</strong> historisch älteste Entwicklungstheorie darstellt, sieht in<strong>der</strong> Reifung den Hauptfaktor menschlicher Entwicklung. Einer <strong>der</strong> Hauptvertreter warJ. J. Rousseau (1712-1778), <strong>der</strong> den Pädagogen riet, das Kind ausschließlich seinenReifungs- und Wachstumskräften zu überlassen, damit es sich optimal entwickle.Die Milieutheorie sieht den Hauptantrieb <strong>der</strong> menschlichen Entwicklung in <strong>der</strong>Beeinflussung des Kindes durch <strong>die</strong> jeweilige Umwelt. Der Mensch entwickelt sichaus <strong>die</strong>ser Sicht durch Erfahrungen und Lernangebote. J. Locke (1632-1704) <strong>als</strong>Hauptvertreter <strong>der</strong> Milieutheorie beschreibt das Neugeborene <strong>als</strong> „tabula rasa“, <strong>auf</strong><strong>der</strong> erst <strong>die</strong> Erfahrungen Spuren hinterlassen. Erst seit dem Beginn des 20.Jahrhun<strong>der</strong>ts wird <strong>die</strong> Notwendigkeit des Zusammenwirkens von Anlagekräften undUmwelteinflüssen, nämlich Erziehung, Lernen, Übung, Prägung, stärker betont.Die Interaktionistische Entwicklungstheorie geht von interaktionistischen Prozessenzwischen Mensch und Umwelt aus. Mensch und Umwelt beeinflussen sichgegenseitig und <strong>die</strong>se Beeinflussung löst immer neue Prozesse aus. Mensch undUmwelt bilden ein Gesamtsystem in dem <strong>die</strong> Verän<strong>der</strong>ung eines Elements <strong>die</strong>Verän<strong>der</strong>ung des an<strong>der</strong>en nach sich zieht. Aus <strong>die</strong>ser Sicht gäbe es keineuniverselle Darstellung von Entwicklung mehr, da sie von den jeweiligenUmweltbedingungen und -verän<strong>der</strong>ungen abhängig ist.Die Konstruktivistischen Sta<strong>die</strong>ntheorien gehen zwar auch davon aus, dass <strong>der</strong>Mensch sich in einer aktiven Wechselbeziehung zu seiner Umwelt befindet undhandelnd <strong>auf</strong> sie einwirkt. In <strong>die</strong>sem Konzept bleibt <strong>die</strong> Umwelt jedoch passiv und <strong>der</strong>Mensch konstruiert sich, seinen Möglichkeiten und Vorerfahrungen entsprechend,seine Umwelt selbst. Für Jean Piaget (1896 – 1980), den Hauptvertreter <strong>die</strong>serTheorie, ist das sich entwickelnde Individuum aktiv und nicht <strong>die</strong> Umwelt. Diese Sichthat bedeutende Auswirkungen <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Möglichkeiten pädagogischen Handelns.9Gaudig, Hugo: Die Schule im Dienste <strong>der</strong> werdenden Persönlichkeit. Leipzig 1922 (2.), 2.Band, S. 24610Oelkers, Jürgen: Reformpädagogik. Weinheim und München 1989, S.119.


Der Zusammenhang zwischen Erziehung und Entwicklung lässt sich am bestendadurch erklären, dass <strong>die</strong> Erziehung <strong>als</strong> überlegtes, zielgerichtetes Beeinflussendes kindlichen Handelns einerseits <strong>auf</strong> Erziehungsziele und Wertorientierungen undan<strong>der</strong>erseits <strong>auf</strong> das Wissen um <strong>die</strong> kindliche Entwicklung angewiesen ist.Erzieher/innen müssen den jeweiligen Entwicklungsstand des Kindesberücksichtigen. Hier darf aber nicht oberflächlich verallgemeinert werden (AlleSechsjährigen sind so!). Viel eher wird hier <strong>die</strong> Verpflichtung dem einzelnen Kindgegenüber <strong>die</strong> Qualität von Erziehung ausmachen. Erzieher/innen sind <strong>auf</strong> <strong>die</strong>Erkenntnisse <strong>der</strong> Entwicklungspsychologie über den Verl<strong>auf</strong> <strong>der</strong> Entwicklung, über<strong>die</strong> spezifischen Bedürfnisse von Kin<strong>der</strong>n <strong>auf</strong> unterschiedlichen Entwicklungsstufenangewiesen. Die so genannten Phasen- und Stufenlehren <strong>die</strong>nen dabei nur <strong>der</strong>Beschreibung <strong>der</strong> Entwicklung. Zur Erklärung von Entwicklungsvorgängen sind siewenig brauchbar, weil sie <strong>die</strong> Entwicklung allein <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Reifung und Entfaltung vonAnlagen zurückführen. Für <strong>die</strong> entwicklungslogische Erziehung sind vor allem <strong>die</strong>Erklärungsmodelle <strong>der</strong> Psychoanalyse, <strong>der</strong> Individualpsychologie, <strong>der</strong> Lerntheorienund <strong>die</strong> Kognitive Theorie <strong>der</strong> Entwicklung nach J. Piaget von Bedeutung. In dengenannten Ansätzen wird „Entwicklung“ <strong>als</strong> Streben nach Anpassung gedeutet.„Anpassung“ kann <strong>als</strong> Befriedigung bestimmter Bedürfnisse und Wünsche <strong>auf</strong>einzelnen Entwicklungsstufen (entsprechend <strong>der</strong> Psychoanalyse), <strong>als</strong> Bewältigung<strong>der</strong> Min<strong>der</strong>wertigkeit (entsprechend <strong>der</strong> Individualpsychologie) o<strong>der</strong> <strong>als</strong>Gleichgewicht zwischen Organismus und Umwelt, zwischen Assimilation undAkkommodation (kognitive Theorie <strong>der</strong> Entwicklung) verstanden werden. 11 Durch <strong>die</strong>entwicklungslogische Erziehung muss das Streben nach „Anpassung“ unterstütztwerden, massive Frustrationen sind zu vermeiden, entwicklungslogische Bedürfnisseund Denkweisen sind zu berücksichtigen.Wird Entwicklung <strong>als</strong> begleitete Aktivität des Kindes verstanden, so ist <strong>die</strong>se Aktivitätimmer in Bezug <strong>auf</strong> einen „Inhalt“ erkennbar und beschreibbar. Diese „Inhalte“ vonEntwicklung ergeben sich aus den biologischen, psychologischen und sozialenAnfor<strong>der</strong>ungen, denen sich <strong>der</strong> Mensch stellen muss und <strong>die</strong> zu bewältigen sind.Diese Anfor<strong>der</strong>ungen werden gebündelt in den so genannten Entwicklungs<strong>auf</strong>gaben.Entwicklungs<strong>auf</strong>gabenNach dem Konzept <strong>der</strong> „Entwicklungs<strong>auf</strong>gaben“ wird Entwicklung <strong>als</strong> Bewältigungvon entwicklungsstufentypischen Aufgaben gedeutet. Die Entwicklungs<strong>auf</strong>gabenstehen in einer <strong>auf</strong>einan<strong>der</strong> <strong>auf</strong>bauenden, logischen Reihenfolge, haben biologischeund kulturelle Grundlagen, d.h. in ihnen vereinigen sich sowohl individuelleBedürfnisse <strong>als</strong> auch gesellschaftliche Anfor<strong>der</strong>ungen. Die Bewältigung <strong>die</strong>serAufgaben bedeutet Entwicklung.R. J. Havighurst definiert: „Eine Entwicklungs<strong>auf</strong>gabe ist eine Aufgabe, <strong>die</strong> sich ineiner bestimmten Lebensperiode des Individuums stellt. Ihre erfolgreicheBewältigung führt zu Glück und Erfolg, während Versagen das Individuumunglücklich macht, <strong>auf</strong> Ablehnung durch <strong>die</strong> Gesellschaft stößt und zuSchwierigkeiten bei <strong>der</strong> Bewältigung späterer Aufgaben führt.“ 12Entwicklungs<strong>auf</strong>gaben entspringen aus drei Quellen: <strong>der</strong> physischen Reife, demkulturellen Druck (d.h. den Erwartungen <strong>der</strong> Gesellschaft) und den individuellenZielsetzungen und Werten. In an<strong>der</strong>en Worten geht es um <strong>die</strong> individuelleLeistungsfähigkeit, <strong>die</strong> soziokulturelle Entwicklungsnorm und <strong>die</strong> individuellenZielsetzungen in einzelnen Lebensbereichen. Die Entwicklungs<strong>auf</strong>gabe ist ein11Vgl. Keller, Josef A. & Novak, Felix: Kleines Pädagogisches Wörterbuch. Freiburg, Basel,Wien 1993, S.108.12Havighurst, R. J.: Developmental tasks and education. New York 1972 (3.), S.2.


zentraler Begriff einer ökologischen Entwicklungspsychologie, weil sie dasIndividuum mit <strong>der</strong> Umwelt verbindet, indem sie kulturelle Anfor<strong>der</strong>ungen mitindividueller Leistungsfähigkeit in Beziehung setzt. Dabei räumt sie dem Individuumeine aktive Rolle bei <strong>der</strong> Gestaltung seiner Entwicklung ein. Entwicklung wird hiernicht nur <strong>als</strong> Resultat vergangener Ereignisse erklärt, son<strong>der</strong>n ausvorweggenommenen zukünftigen Geschehnissen. Dahinter steht das Streben, dasWollen, das Kämpfen um etwas, das vielleicht nie eintreten wird, <strong>als</strong> spezifischesmenschliches Merkmal. Die Vorwegnahme zukünftiger Ereignisse ist ein Motormenschlicher Entwicklung. 13 Schematisch lässt sich <strong>die</strong> Struktur einerEntwicklungs<strong>auf</strong>gabe folgen<strong>der</strong>maßen darstellen:Am Anfang steht <strong>die</strong>Subjektive Struktur,(vergleichbar <strong>der</strong>Tätigkeitsstruktur), das ist <strong>der</strong>jetzige Entwicklungsstan<strong>der</strong>reichterHandlungskompetenzen.Gegenüber steht <strong>die</strong> ObjektiveStruktur. Sie bietet Ausschnittevon Handlungsmöglichkeiten an,<strong>die</strong> normativ mit bestimmtenLebensperioden verknüpft sind.(soziokulturelleEntwicklungsnormen)Die Diskrepanz zwischen subjektiver- und objektiver Struktur lässt demIndividuum <strong>die</strong> Verän<strong>der</strong>ung des jetzigen Zustandes wünschenswerterscheinen. Es wählt aus <strong>der</strong> objektiven Struktur Aspekte aus, <strong>die</strong> seinerjetzigen Entwicklungssituation entsprechen und formuliert Zielsetzungenfür <strong>die</strong> nahe o<strong>der</strong> entfernte Zukunft. In <strong>die</strong>sem Prozess spielenBezugspersonen und Erzieher/innen eine bedeutende Rolle.Da unsere Kultur eine Vielfalt von Entwicklungsmöglichkeiten bereit hält, entstehenoft unverwechselbare individuelle und einmalige Zielsetzungen. Je älter <strong>die</strong> Kin<strong>der</strong>werden, umso mehr beziehen sie <strong>die</strong> umgebende Kultur mit ein.Entwicklungs<strong>auf</strong>gaben haben einen unterschiedlichen Verbindlichkeitsgrad. Manchesind Chancen, <strong>die</strong> das Individuum ergreifen kann, o<strong>der</strong> auch nicht und an<strong>der</strong>emüssen unbedingt bewältigt werden.Folgenden Entwicklungs<strong>auf</strong>gaben 14 muss sich <strong>der</strong> Mensch stellen: Zuwendung von Erwachsenen gewinnen und Bindungen <strong>auf</strong>recht erhalten; Erkennen, dass Gegenstände unabhängig von <strong>der</strong> aktuellen Wahrnehmungweiter existieren (Objektpermanenz); Einfache Kausalitäten begreifen und motorische Funktionen entwickeln; Erwerb <strong>der</strong> Sprache; Selbstkontrolle (Kontrolle <strong>der</strong> Ausscheidung);13Vgl. Oerter, Rolf & Montada, Leo: Entwicklungspsychologie. Weinheim 1987 (2.), S. 120.14Vollständige Auflistungen von Entwicklungs<strong>auf</strong>gaben <strong>der</strong> unterschiedlichen Lebensalter findenSie in Oerter, Rolf & Montada, Leo: Entwicklungspsychologie. Weinheim 1987.


Verschiedene Formen des Spielens; Feinmotorik; Treffen einfacher moralischer Entscheidungen; Geschlechtsrolle übernehmen; In Gruppen spielen; Konkrete Denkoperationen durchführen; Erwerb <strong>der</strong> Kulturtechniken; Soziale Kooperation; Spielen und arbeiten im Team; Selbstbewusstsein entwickeln; Ablösung von den Eltern; Akzeptieren des eigenen Körpers und Aussehens; Aufbau von Partnerschaft und intimer Beziehung; Berufswahl; Übernahme politischer Verantwortung; Entwickeln eigener Wertvorstellungen; Identitätsfindung; Entwickeln eines Selbstbildes.Alle <strong>die</strong>se Aufgaben stellen „kritische Lebensereignisse“ dar. Erzieherisch isteinerseits für <strong>die</strong> Bewältigung <strong>der</strong> Aufgaben emotionale und soziale Unterstützungzur Min<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>auf</strong>tretenden Stresswirkung notwendig und an<strong>der</strong>erseitsUnterstützung des problemlösenden Verhaltens durch:Information,Rückmeldungen,Ermutigung zur Problemlösung,aktivitätsför<strong>der</strong>nde Umweltgestaltung,Hilfen bei <strong>der</strong> Bewertung von Situationen.Eine entwicklungslogische Erziehung sorgt für echte Bezugspersonen, <strong>die</strong>Urvertrauen schaffen. Sie gibt Hilfe ohne zu for<strong>der</strong>n. Sie erlaubt dem Kind seine(oralen) Wünsche angstfrei zu erleben und zu äußern. Sie schafft Möglichkeiten zulustvoller Bewegung und zum Erkunden <strong>der</strong> Umwelt. Sie sorgt für <strong>die</strong> ausgeglicheneBefriedigung aller Bedürfnisse. Sie unterstützt <strong>die</strong> Identifikation mit dem eigenenGeschlecht. Sie über- und unterfor<strong>der</strong>t das Kind nicht. Sie ermöglicht dem Kind dasSpiel und unterstützt es. Sie sorgt für eine kontinuierliche Beobachtung des Kindesund bietet bei Problemen individuelle Hilfen an.L. S. Vygotsky 15 sieht <strong>die</strong> menschliche Entwicklung <strong>als</strong> Prozess, <strong>der</strong> sich nicht vonselbst vollzieht. Es genügt nicht, dass das Individuum sich aktiv mit seiner Umweltauseinan<strong>der</strong>setzt. Entwicklung resultiert aus den ständigen Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong>Gesellschaft. Erziehung ist damit nicht ein Prozess, <strong>der</strong> neben <strong>der</strong> Entwicklungabläuft. Erziehung ist eine wesentliche Komponente von Entwicklung und damit wirdErziehung entwicklungslogisch. Der systematisch lenkende Einfluss <strong>der</strong> Erziehung istnotwendig, weil das Kind ohne kompetente Partner nie das Niveau <strong>der</strong> Gesellschafterreichen könnte, zu dessen Erreichung <strong>die</strong>se Jahrhun<strong>der</strong>te <strong>der</strong> Entwicklung benötigthat. Die sozio-historische Theorie von Entwicklung bestätigt, dass <strong>die</strong> individuelleEntwicklung <strong>die</strong> sozio-kulturelle Entwicklung wi<strong>der</strong>spiegelt. Das heißt z.B., dass jedesKind sich Schrift in den gleichen Schritten aneignet, wie <strong>die</strong>s <strong>die</strong> Menschheit getanhat und dass jedes Kind in den gleichen Schritten zum Zahlenverständnis gelangt,wie <strong>die</strong> Menschheit vor langer Zeit. Die beste Möglichkeit, den sozio-historischen15Vygotsky, L.S.: Mind and society. The development of higher psychological processes.Harvard University Press (1938) 1978.


Prozess in <strong>der</strong> individuellen Entwicklung nachzuvollziehen, sieht L. S. Vygotsky in<strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung innerhalb <strong>der</strong> nächst höheren Zone <strong>der</strong> Entwicklung. Ein kompetenterPartner, eine kompetente Partnerin hilft dem Kind <strong>auf</strong> dem nächst höherenEntwicklungsniveau zu Leistungen, zu denen es alleine noch nicht fähig ist. Nacheiniger Zeit ist das Kind im Stande, <strong>die</strong>se (Entwicklungs-)Aufgabe selbständig zubewältigen. Die Hilfe zwischen den Generationen ist ein lebenslanger Prozess, wobei<strong>die</strong> Rollen sich im L<strong>auf</strong>e des Lebens verän<strong>der</strong>n.Parallel zur psychologischen Entwicklung, zu den Entwicklungs<strong>auf</strong>gaben, verläuft <strong>die</strong>Entwicklung <strong>der</strong> Bedeutsamkeit unterschiedlicher Bedürfnisse. Diese Bedeutsamkeit<strong>der</strong> physiologischen Bedürfnisse, des Sicherheitsbedürfnisses, des Bedürfnisses nach Geborgenheit und Liebe, des Bedürfnisses nach Geltung und nach Selbstverwirklichungmüssen in <strong>der</strong> Entwicklungsbegleitung von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen ebenfallsmitbedacht werden. Den Entwicklungs<strong>auf</strong>gaben entspringt das für das Lernen sonotwendige Interesse. Den lebensphasenbezogenen Bedürfnissen entspringt <strong>die</strong>notwendige Motivation. Die körperliche, seelische und kognitive Entwicklung desKindes geschieht immer gleichzeitig, wenn auch nicht gleichförmig. Deshalb erfolgtEntwicklungsbegleitung auch immer <strong>auf</strong> allen <strong>die</strong>sen Ebenen. Es würde demganzheitlichen Menschenbild und <strong>der</strong> Entwicklungslogik zuwi<strong>der</strong>l<strong>auf</strong>en, einen <strong>die</strong>serBereiche hervorzuheben o<strong>der</strong> zu vernachlässigen.Die Entwicklungsbegleitung im schulischen Bereich kann auch <strong>als</strong> professionelleEntwicklungsbegleitung beschrieben werden. Schulische entwicklungsbegleitendeMaßnahmen werden nicht zufällig gesetzt. Sie beruhen <strong>auf</strong> <strong>der</strong> professionellenKindbeobachtung, <strong>die</strong> sich durch Systematik (Strukturiertheit) und Konsequenz(Langzeitbeobachtung) auszeichnet. Wollen wir Kin<strong>der</strong> und Jugendliche <strong>auf</strong> ihremWeg bei <strong>der</strong> Bewältigung ihrer Entwicklungs<strong>auf</strong>gaben begleiten und unterstützen, istes oft notwendig, den Aufbau einer Entwicklungs<strong>auf</strong>gabe mit zu bedenken. JedeEntwicklungs<strong>auf</strong>gabe setzt sich aus verschiedenen Teil<strong>auf</strong>gaben zusammen. Jede<strong>die</strong>ser Teil<strong>auf</strong>gaben ist wie<strong>der</strong>um von einer Anzahl von Grundleistungen abhängig,<strong>die</strong> entwe<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Bewältigung vorhergegangener Entwicklungs<strong>auf</strong>gaben <strong>auf</strong>gebautwurden, o<strong>der</strong> erst <strong>auf</strong>gebaut werden müssen. Geht man von <strong>die</strong>sem Schema <strong>als</strong>Beobachtungsgrundlage aus und hält fest, was das Kind schon kann (aktuelle Zone<strong>der</strong> Entwicklung) ergibt sich automatisch eine Übersicht über jene Bereiche, <strong>die</strong> <strong>die</strong>nächste Zone <strong>der</strong> Entwicklung ausmachen. Sie zeigen uns an, wo wir pädagogisch(mit Hilfe von entwicklungsbegleitenden Maßnahmen) wirksam werden können undführen uns zu pädagogischen Handlungsplänen.<strong>Entwicklungsdidaktik</strong> – Didaktik entwickeln - Lernen <strong>der</strong>Lehrer/innenUnterrichtsentwicklung ist ein wesentliches Element von Schulentwicklung. DieEntwicklung inklusiven Unterrichts ist ein immerwähren<strong>der</strong> reflexiver Prozess in <strong>der</strong>Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Theorie und Praxis, den Lehrerinnen und Lehrer (im Team)leisten müssen. In <strong>die</strong>sem Prozess sind <strong>Antwort</strong>en <strong>auf</strong> wesentliche Fragen zu finden: Welches Menschenbild lege ich meiner Arbeit zugrunde? Welchen Bildungsbegriff habe ich? Welchen Lehr- und Lernbegriff? Welchen Leistungsbegriff?


Wie definiere ich effektiven Unterricht? Mit welchen Methoden kann ich ihn umsetzen?Wir haben mit unserem Buch „<strong>Entwicklungsdidaktik</strong> – alle Kin<strong>der</strong> gehen ihren Weg“ein Werkzeug in <strong>die</strong> Hand gegeben, <strong>die</strong>sen Entwicklungsprozess zu durchl<strong>auf</strong>en. Auf<strong>der</strong> einen Seite stellen wir damit <strong>die</strong> Individualität <strong>der</strong> Lehrperson in den Mittelpunkt,<strong>auf</strong> <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite bleibt <strong>die</strong> Begleitung <strong>der</strong> kindlichen Entwicklung unserHauptanliegen.Wir möchten Lehrer/innen einladen ihr subjektives theoriegeleitetes Konzept voninklusivem Unterricht zu entwickeln indem sie Schritt für Schritt mit ihrenTeampartner/innen <strong>Antwort</strong>en <strong>auf</strong> <strong>die</strong> wesentlichsten Fragen zur Gestaltunginklusiven Unterrichts entwickeln. Verwenden wir das Bild eines „Hauses <strong>der</strong>Didaktik“! wie wir es im genannten Buch vorschlagen, dann steigen Sie zuerst <strong>auf</strong> <strong>die</strong>Dachterrasse und denken nach über inklusive Weltanschauung und ein inklusivesMenschenbild! Betrachten Sie im ersten Stock <strong>die</strong> Erkenntnisse <strong>der</strong> allgemeinenDidaktik und <strong>der</strong> Didaktik <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>pädagogik und definieren Sie Ihren persönlicheninklusiven Standpunkt!Steigen Sie dann einen Stock tiefer ein in <strong>die</strong> Modelle und Konzepte <strong>der</strong>Reformpädagogik und finden Sie mit ihrer Hilfe Ihr subjektives Konzept voninklusivem Unterricht! Dies wird eine Auswirkung haben <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Fachdidaktiken, <strong>die</strong>Sie im Keller des didaktischen Hauses finden können.Aber nicht nur dar<strong>auf</strong> wird Ihr inklusives entwicklungsdidaktisches UnterrichtskonzeptAuswirkungen haben. Es wird Auswirkungen haben <strong>auf</strong> das Zusammenleben in <strong>der</strong>Klasse, es wird Auswirkungen haben <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Schule, <strong>auf</strong> das Schulklima und es wirdAuswirkungen haben <strong>auf</strong> alle Beteiligten und ihr Umfeld und damit <strong>auf</strong> <strong>die</strong>Gesellschaft.Wenn wir uns <strong>als</strong> Gesellschaft an den Merkmalen <strong>der</strong> <strong>Entwicklungsdidaktik</strong>orientieren, so sind wir <strong>auf</strong> dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft.War <strong>die</strong> Reformpädagogik uns viele Jahre lang Vorbild für <strong>die</strong> Umsetzungindividualisieren<strong>der</strong> Methoden, so ist <strong>die</strong> <strong>Entwicklungsdidaktik</strong> ein inklusives Konzept,das basierend <strong>auf</strong> reformpädagogischen und konstruktivistischen Überlegungenselbst ein lebendiges System ist, das immer wie<strong>der</strong> von Lehrenden überdacht,konzipiert, verän<strong>der</strong>t und angepasst wird, dem damit Entwicklung immanent ist.Zusammenfassend kann gesagt werden: Um Kin<strong>der</strong>n zu größt möglicherHandlungsfähigkeit in <strong>der</strong> individualisierten Gesellschaft zu verhelfen wird eseinerseits notwendig sein, <strong>der</strong>en Individualität so zu stärken, so dass sie ihreRessourcen sozial verträglich verwenden können. An<strong>der</strong>erseits werden wir, um <strong>die</strong>Nachteile <strong>der</strong> individualisierten Gesellschaft auszugleichen, <strong>die</strong> Werte <strong>der</strong> Inklusionstärker erlebbar machen müssen. Dazu brauchen wir ein Bildungssystem, das alleexklu<strong>die</strong>renden Elemente über Bord wirft und bereits in <strong>der</strong> Lehrer/innenbildung dazuverhilft, zu einem inklusionstauglichen subjektiven theoriegeleiteten Konzept zufinden.Schulcurricula entwickeln - Lernen <strong>der</strong> Organisation – o<strong>der</strong>Bildungsplan, Schulcurriculum, individuelle ErziehungspläneAls „Curriculum“ wird hier <strong>die</strong> Anleitung, <strong>die</strong> Orientierung verstanden, <strong>die</strong> eine Schuleund ihr Lehrkörper für das Lehren und Lernen am Standort vorgibt. Dies kannLerninhalte, Lernmaterialien, zu verwendende Methoden, aber auch Erziehungsziele,<strong>die</strong> zu erreichen sind und gelebt werden sollen, sowie <strong>die</strong> zu erreichenden Lernzielebetreffen. Diese „Richtlinien“ werden für <strong>die</strong> Schule und im optimalen Fall individuellfür jedes Kind erstellt. Wir sprechen dann von „individuellen Erziehungsplänen“ (IEP).


Dies erscheint in manchen Län<strong>der</strong>n noch unüblich, fällt aber in den Bereich <strong>der</strong>Schulentwicklung, <strong>der</strong> Entwicklung des Profils eines Standortes, wenn es im Sinneinklusiven Denkens für alle Kin<strong>der</strong> gilt. Betrifft es nur Kin<strong>der</strong> mitSon<strong>der</strong>pädagogischem För<strong>der</strong>bedarf, dann sprechen wir von individuellen„För<strong>der</strong>plänen“. Damit wird <strong>der</strong> Anspruch <strong>der</strong> Inklusion nicht erreicht.Ich möchte an <strong>die</strong>ser Stelle <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Problematik <strong>der</strong> Begriffe hinweisen, <strong>die</strong> sicheinerseits aus den Unterschieden des Gebrauchs in den verschiedenen Län<strong>der</strong>nergibt und an<strong>der</strong>erseits aus dem alten Paradigma segregieren<strong>der</strong> Pädagogik. DerBegriff „För<strong>der</strong>plan“ ist ein eindeutig segregieren<strong>der</strong>. Entwicklung ist nicht planbar,deshalb erscheint <strong>der</strong> Begriff „Entwicklungsplan“ nicht passend. Aber auch <strong>der</strong>Begriff „Erziehungsplan“ enthält <strong>die</strong> mechanistische Ansicht, dass Erziehungmachbar ist, was <strong>der</strong> konstruktivistischen Sicht von Lernen nicht entspricht. Ichentschließe mich dennoch für <strong>die</strong>sen Begriff, weil er, wenn er <strong>auf</strong> <strong>die</strong>Lehrer/innentätigkeit bezogen wird, das Angebot, das wir zu stellen haben,beschreibt: Das Angebot, an dem das Kind sich entwickeln kann, an dem esErziehung gewinnen kann. Erziehungspläne an inklusiven Schulen zeichnen sich dadurch aus, dass sieneben <strong>der</strong> kognitiven Entwicklung <strong>die</strong> Entwicklung von sozialen Fähigkeitenverstärkt för<strong>der</strong>n. Die Erziehungspläne bilden einen Rahmen für <strong>die</strong> Arbeit <strong>der</strong> Lehrer/innen, <strong>der</strong>Expert/innen und <strong>der</strong> Eltern, <strong>die</strong> gemeinsam <strong>die</strong> Verantwortung für denErziehungsprozess haben. Der Einsatz von Erziehungsplänen ist dannbeson<strong>der</strong>s effektiv, wenn er für alle Kin<strong>der</strong> gilt. Die Klassenlehrer/innen sind verantwortlich für <strong>die</strong> Erstellung undDurchführung individueller Erziehungspläne. Individuelle Erziehungspläne können nur in einer kooperativenKlassengemeinschaft sinnvoll durchgeführt werden. Die Schule ist verantwortlich für <strong>die</strong> Erstellung individueller Erziehungspläneund eines standortbezogenen inklusiven Curriculums in enger Kooperation mitden Eltern. Dabei haben Spezialist/innen eine wichtige beratende Funktion. Bei <strong>der</strong> Durchführung von individuellen Erziehungsplänen ist dar<strong>auf</strong> zu achten,dass sie nicht Werkzeug von Segregation werden.CurriculaDer Lehrplan/das Curriculum ist ein geschriebenes Dokument, das dazu gedacht ist,<strong>die</strong> Richtlinien zum Bildungsprozess von Schüler/innen <strong>auf</strong>zuzeigen. Der Begriffbezieht sich <strong>auf</strong> Nationale Lehrpläne, Lehrpläne für gesamte Schulen, Gruppen vonSchüler/innen, aber auch <strong>auf</strong> individuelle Erziehungspläne. Der Lehrplan beschäftigtsich mit dem Inhalt <strong>der</strong> unterrichteten Gegenstände, mit Lehrmethoden und mitsozialen Aspekten. Die Praxis zeigt, dass Lehrpläne <strong>auf</strong> verschiedenste Weiseangepasst werden können, um den Bedürfnissen aller Schüler/innen gerecht zuwerden. Die Erstellung und Durchführung eines Planes, <strong>der</strong> <strong>die</strong> Bedürfnisse jedeseinzelnen Kindes in Betracht zieht, kann alle pädagogischen Aspekte, von <strong>der</strong>gesamten schulischen Arbeit bis zu den Än<strong>der</strong>ungen innerhalb einesKlassenzimmers, beinhalten. In <strong>der</strong> inklusiven Praxis hat sich gezeigt, dass folgendeAspekte eines Lehrplanes von Bedeutung sind, wenn <strong>die</strong> Bedürfnisse allerSchüler/innen befriedigt werden sollen:Es ist wichtig, dass Schulen eine allgemeine Linie bezüglich Inklusionentwickeln und <strong>die</strong>se im Schullehrplan bzw. im Schulleitbild beschreiben. Dies


ist ein Hinweis <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Fähigkeit und <strong>die</strong> Bereitwilligkeit <strong>der</strong> Schule, sowohl <strong>die</strong>sozialen, <strong>als</strong> auch <strong>die</strong> kognitiven Fähigkeiten aller Schüler/innen zu för<strong>der</strong>n.Das, was einigen Schüler/innen scheinbar zugute kommt, kommt sehrwahrscheinlich allen Kin<strong>der</strong>n zugute. Schulen sollten <strong>die</strong>s im Hinterkopf habenum zu verstehen, dass <strong>die</strong> beson<strong>der</strong>en Erziehungsbedürfnisse einigerSchüler/innen allen Möglichkeiten verschaffen, ihre schulischen Leistungen zuverbessern.Der Klassenlehrer, <strong>die</strong> Klassenlehrerin ist für <strong>die</strong> Erziehung jedesSchülers/je<strong>der</strong> Schülerin in <strong>der</strong> Klasse verantwortlich. Um <strong>die</strong> verschiedenenBedürfnisse <strong>der</strong> Schüler/innen zu befriedigen, muss <strong>der</strong> Klassenlehrplaneinerseits für alle Schüler/innen Geltung haben und an<strong>der</strong>erseits flexibel undverän<strong>der</strong>bar sein.Ein individueller Erziehungsplan entsteht in Zusammenarbeit vonLehrer/innen, Mutter, Vater und den unterstützenden Institutionen. Sie teilen<strong>die</strong> Verantwortung für <strong>die</strong> Erstellung. Die Rolle <strong>der</strong> Expert/innen aus denson<strong>der</strong>pädagogischen Institutionen hat sich dahingehend verän<strong>der</strong>t, dass siefrüher für <strong>die</strong> Erstellung von För<strong>der</strong>plänen für Kin<strong>der</strong> mit Behin<strong>der</strong>ungenhauptverantwortlich waren und heute <strong>die</strong> Beratung zur Erstellung vonKlassenlehrplänen und individuellen Erziehungsplänen für alle Kin<strong>der</strong> mitübernehmen sollten. Ein individueller Erziehungsplan muss gleiches Gewicht<strong>auf</strong> emotionale, soziale und kognitive Aspekte legen. Er muss anspruchsvollsein und von hohen Erwartungen getragen werden.Die Anpassungen an <strong>die</strong> Bedürfnisse des Kindes im individuellenErziehungsplan müssen <strong>die</strong> größtmögliche Beteiligung am Klassengeschehensicherstellen. Der Lehrer/<strong>die</strong> Lehrerin muss ständig dar<strong>auf</strong> achten, dass <strong>der</strong>individuelle Erziehungsplan <strong>die</strong> Solidarität för<strong>der</strong>t und niemanden benachteiligtund/o<strong>der</strong> ausschließt.UmsetzungDer Schullehrplan o<strong>der</strong> das Schulleitbild ist eine Darstellung <strong>der</strong> Schulpolitik undenthält Themen wie etwa <strong>die</strong> Ziele, <strong>die</strong> Durchführung und <strong>die</strong> Bewertung vonUnterricht. Es werden auch <strong>die</strong> Voraussetzungen beschrieben, <strong>die</strong> notwendig sind,um <strong>die</strong> gesetzten Ziele zu erreichen. Der Lehrplan o<strong>der</strong> das Leitbild einer Schule istallgemein gehalten.Die Bedürfnisse <strong>der</strong> Schüler/innen sind sehr unterschiedlich. Schulen, <strong>die</strong> allen ihrenSchüler/innen helfen wollen, ihre kognitiven Ziele und eine höhere Entwicklungsstufezu erreichen, haben spezielle Charakteristika. Diese Schulen machen Inklusion zuihrer Sache, indem sie eine Verpflichtung gegenüber jedem einzelnen Schüler/je<strong>der</strong>einzelnen Schülerin eingehen. Die Betonung liegt hier <strong>auf</strong> <strong>der</strong> Individualisierung <strong>der</strong>kognitiven Lernprozesse, so dass jede(r) mit seinen/ihren Mitschüler/innen in einerKlasse unterrichtet werden kann. Es muss betont werden, dass spezielle Lösungen,<strong>die</strong> für einzelne Schüler/innen o<strong>der</strong> eine kleinere Gruppe von Schüler/innennotwendig sind, für viele o<strong>der</strong> sogar für <strong>die</strong> gesamte Klasse nützlich sein können. Auf<strong>die</strong>se Art können Lösungen durch <strong>die</strong> Anpassung des Klassenlehrplanes gefundenwerden, anstatt Schüler/innen im Schulhaus herumzuschicken, sie an einen an<strong>der</strong>enLehrer zu übergeben, o<strong>der</strong> sie von ihren Mitschüler/innen zu trennen. In einigenKlassen könnte es notwendig sein, gleichzeitig einen individuellen Erziehungsplan(Individual Education Plan, IEP) für jedes Kind zu entwickeln. In beiden Fällen ist es<strong>der</strong> Klassenlehrer/<strong>die</strong> Klassenlehrerin, <strong>der</strong>/<strong>die</strong> <strong>die</strong> Hauptverantwortung für <strong>die</strong>Entwicklung des Planes übernimmt.


Stufen und Charakteristika von LehrplänenDie Schullehrpläne basieren dann <strong>auf</strong> dem staatlich vorgegebenen Lehrplan undenthalten standortspezifische Ergänzungen. Im Vokabular <strong>der</strong> aktuellenSchulentwicklung würden wir vom Schulleitbild sprechen. Im Schullehrplan/Leitbild ist<strong>die</strong> Politik <strong>der</strong> Schule, sind Ziele für ganze Klassen o<strong>der</strong> einzelne Schüler/innendefiniert. Er/es beschreibt auch <strong>die</strong> geeigneten Ziele und Methoden für Schüler/innenmit beson<strong>der</strong>en Erziehungsbedürfnissen. In manchen Län<strong>der</strong>n gibt esunterschiedliche staatliche Lehrpläne für unterschiedliche Schularten(Regelgrundschule, Son<strong>der</strong>schule bzw. für <strong>die</strong> Sekundarstufe: Hauptschule,Re<strong>als</strong>chule, Gymnasium und Son<strong>der</strong>schule). Es können auch hier geringfügigeÄn<strong>der</strong>ungen am Schulstandort vorgenommen werden. Werden in Schulenspezifische Pläne für einzelne Kin<strong>der</strong> erstellt, sprachen wir bisher eher vonindividuellen „För<strong>der</strong>plänen“, <strong>die</strong> sich aber immer <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Defizite des Kindesbezogen haben. Die Planarbeit (Tages-, Wochenpläne), <strong>die</strong> an Schulen weitverbreitet ist, ist aber mit individuellen Erziehungsplänen nicht zu vergleichen. DiePlanarbeit bezieht sich oft nur <strong>auf</strong> Arbeits<strong>auf</strong>träge in kognitiven Lernbereichen.Soziales Lernen wird in ihnen nicht explizit berücksichtigt. Ein „Lehrplan“ (iminternationalen Verständnis) kann verschiedene Zeitspannen abdecken. Er kann <strong>die</strong>gesamte Schulzeit betreffen, wie etwa <strong>der</strong> staatliche Lehrplan, o<strong>der</strong> er kann auch nurein Jahr, ein Semester o<strong>der</strong> ein paar Wochen abdecken. Ein Lehrplan ist eine Art vonStraßenkarte für Schüler/innen, ihre Familie und ihre Lehrer/innen, <strong>die</strong> zeigt, was, woim Bezug <strong>auf</strong> schulische Arbeit vor ihnen liegt. Ein individuellerLehrplan/Erziehungsplan muss <strong>die</strong> Tatsachen berücksichtigen, dass Schüler/innenunterschiedlich sind und unterschiedliche Bedürfnisse haben. DerLehrplan/Erziehungsplan muss das emotionale Wachstum genauso wie <strong>die</strong> sozialenund kommunikativen Fähigkeiten zusätzlich zu den kognitiven Zielenberücksichtigen.BildungsplanSon<strong>der</strong>schullehrplanSon<strong>der</strong>schullehrplanSon<strong>der</strong>schullehrplanLeitbild <strong>der</strong> SchuleKlassenlehrplanIEP IEP IEP IEP IEP IEP IEP IEPDie Anpassung des Klassenlehrplanes an <strong>die</strong> Bedürfnisse <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong>inklusiven Klasse verlangt <strong>die</strong> Einführung von Lehrmethoden und eineUnterrichtsorganisation, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Zielerreichung aller Schüler/innen unterstützt. VieleSchulen kamen zu <strong>der</strong> Erkenntnis, dass alle Schüler/innen spezielle Bedürfnissehaben und deshalb einen individuellen Erziehungsplan, mit unterschiedlichemArbeitsausmaß und abhängig von <strong>der</strong> Situation des Schülers/<strong>der</strong> Schülerin,brauchen.Unabhängig davon, ob alle o<strong>der</strong> nur einige Schüler/innen einen IEP haben, müssen<strong>die</strong>se Pläne <strong>die</strong> gesamten Bedürfnisse <strong>der</strong> Schüler/innen mit einbeziehen bzw.


erklären, wie ihre speziellen Bedürfnisse befriedigt werden, <strong>die</strong> Ziele des Plans<strong>auf</strong>zeigen und erklären, wie <strong>die</strong> Ergebnisse bewertet werden. Die Erstellung einesIEP kann <strong>die</strong> Möglichkeiten für <strong>die</strong> Zusammenarbeit zwischen Lehrer/innen, Eltern,Schüler/innen, Administrator/innen und Expert/innen verbessern. Es ist wichtig, denIEP in Verbindung mit dem Klassenlehrplan zu entwickeln und sicherzustellen, dasssich seine Durchführung innerhalb <strong>die</strong>ses Rahmens bewegt. Im Allgemeinen kanngesagt werden, dass <strong>die</strong> Durchführbarkeit eines IEP davon abhängt, wie gut <strong>die</strong>pädagogische Anpassung erreicht wird und wie gut <strong>der</strong> Plan mit <strong>der</strong> generellenKlassenarbeit verbunden ist. Ein IEP ist in erster Linie eine Art „Straßenkarte“, <strong>die</strong> <strong>die</strong>kognitive und persönliche Entwicklung zeigt. Damit solche Pläne anwendbar sind,müssen sie realistisch sein, da sie sonst das Risiko beinhalten eine belastendeFor<strong>der</strong>ung zu sein, <strong>die</strong> wenig mit den realen Fragestellungen <strong>der</strong> Schule zu tun hat.Weiters müssen <strong>die</strong> Lehrer/innen mit dem Plan einverstanden sein, um <strong>die</strong>sendurchführen zu können.Form und Inhalt eines IEPDer individuelle Erziehungsplan ist einerseits eine Beschreibung <strong>der</strong> Situation desSchülers/<strong>der</strong> Schülerin, seiner/ihrer Bedürfnisse und wie <strong>die</strong>se befriedigt werdensollen und an<strong>der</strong>erseits eine Reihung von Aufgaben.Das Layout eines individuellen Erziehungsplanes kann sehr unterschiedlich sein. Esist wichtig, dass damit gut gearbeitet werden kann, damit Lehrer/innen, Eltern undan<strong>der</strong>e <strong>die</strong> Ziele des Planes umsetzen können. IEPs unterliegen den gleichenPrinzipien wie an<strong>der</strong>e effektive Pläne für Erziehung und Unterricht. Ein längerfristigerPlan kann ein halbes o<strong>der</strong> auch ganzes Semester abdecken. Innerhalb einessolchen Planes gibt es kleinere Pläne, <strong>die</strong> Aspekte detaillierter behandeln, o<strong>der</strong>kürzere Zeiträume abdecken.Während <strong>der</strong> Erstellung eines IEP entstehen recht oft Uneinigkeiten zwischen denBeteiligten, beson<strong>der</strong>s bezüglich <strong>der</strong> Reihung von Aufgaben. Wenn <strong>die</strong> Definition <strong>der</strong>Bedürfnisse beendet ist, werden <strong>die</strong> Beteiligten an verschiedenen Aufgabengleichzeitig arbeiten wollen. Es ist wichtig den Aufgaben verschiedene Prioritäten zugeben. Die folgenden Lösungen haben sich bei <strong>der</strong> Reihung von Aufgaben <strong>als</strong>effektiv erwiesen. Vater und Mutter lesen <strong>die</strong> Liste <strong>der</strong> Aufgaben und je<strong>der</strong> vonbeiden wählt z.B. fünf Aspekte aus, um <strong>die</strong>sen den Vorrang zu geben. Lehrer/innenund Expert/innen tun <strong>die</strong>s ebenfalls. Danach gehen <strong>die</strong> drei Gruppen gemeinsamihre gewählten Aspekte durch. Sie finden <strong>die</strong> Gemeinsamkeiten heraus und stellen<strong>die</strong>se an den Beginn. Dadurch entsteht ein Kompromiss in den wichtigsten Fragen.Weiters ist <strong>die</strong> verfügbare Zeit in <strong>der</strong> Schule und zu Hause nicht ausreichend genug,um gleichzeitig an allen Problemen zu arbeiten, welche <strong>die</strong> Beteiligten für notwendighalten.Es ist empfehlenswert, langfristige Pläne für das kommende Schuljahr bereits imFrühling und kurzfristige Pläne kurz vor dem Schulbeginn zu erstellen. EineÜberarbeitung des langfristigen Planes sollte nicht weniger <strong>als</strong> drei Mal im Jahrvonstattengehen. Lehrer/innen könnten es <strong>als</strong> schwierig empfinden, solche Pläne zuerstellen noch bevor sie ihre Schüler/innen kennen gelernt und <strong>die</strong>se impädagogischen Umfeld erlebt haben. Es ist wichtig zu realisieren, dass es nochan<strong>der</strong>e Personen gibt, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Schüler/innen kennen, wie etwa Eltern undSpezialist/innen, <strong>die</strong> mit ihnen arbeiten o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Vergangenheit gearbeitet haben.Der erste Plan muss daher <strong>auf</strong> dem Wissen <strong>die</strong>ser Personen basieren. Während desersten Schuljahres kann <strong>der</strong> Lehrer/<strong>die</strong> Lehrerin den Plan seinen/ihren Erfahrungen


entsprechend mit den Schüler/innen überarbeiten und verbessern. Zu viel wertvolleZeit geht verloren, wenn bis zu dem ersten Treffen mit dem Kind o<strong>der</strong> innerhalb <strong>der</strong>ersten Schulmonate noch kein Plan erstellt wurde. Kurzfristige Pläne können übereinen Zeitraum von einer bis acht Wochen gehen. Es ist wichtig kurzfristige Plänel<strong>auf</strong>end zu evaluieren. Die Fortschritte <strong>der</strong> Schüler/innen in Richtung <strong>der</strong>bestehenden Ziele sollten beobachtet werden. Während <strong>der</strong> Erstellung eines Planesist es notwendig, <strong>die</strong> Art <strong>der</strong> Evaluation festzusetzen und <strong>auf</strong>zuzeichnen. Die Arbeitmit IEPs kann mit einem Kreis verglichen werden, <strong>der</strong> sich ständig <strong>auf</strong> den Reifegrad<strong>der</strong> Schüler/innen und ihr emotionales Wohlfühlen <strong>als</strong> Individuum in Interaktion mit<strong>der</strong> Umwelt bezieht.Der Prozess <strong>der</strong> Erstellung eines IEP:Inklusive HaltungGanzheitlichesMenschenbildSchulleitungRessourcenKooperationLehrerfortbildungBedürfnissedes KindesLehrkörperSelbstevaluationl<strong>auf</strong>endeBeobachtungZieleKriterienBeschreibung <strong>der</strong>AufgabenVerantwortlichkeitZeitplanEvaluationFührtmanchmal zurAbän<strong>der</strong>ungdesHandlungsplansVoraussetzungen schaffenVVoConditionEvaluierenSie <strong>die</strong>UmsetzungEntwickelnSie einenHandlungsplanBewerten SieihreFortschritteEntscheidenSie sich fürein VorhabenUnterschiedliche undverschiedeneNiveausIndividuellerErziehungsplan -ProzessSetzen SiePrioritätenGründen SieeineArbeitsgruppeEntwickelnSie AufgabenTauschen SieInformationenausAnalysierenSie <strong>die</strong>BedürfnissePriorisieren Sie beson<strong>der</strong>eBedürfnisse in allenKategorienKlären Sie Rollen undVerantwortlichkeitenDefinieren SieAufgabenHalten Sie <strong>die</strong>seauch schriftlich festIdentifizierenund diskutierenSie <strong>die</strong>seDie Arbeit an einem IEP ist beson<strong>der</strong>s beim ersten Mal zeit<strong>auf</strong>wändig. Mit <strong>der</strong> Zeitwerden <strong>die</strong> Beteiligten mehr Erfahrung und Geschick in <strong>der</strong> Erstellung <strong>die</strong>ser Plänehaben und in <strong>der</strong> Lage sein, <strong>die</strong>se in kürzerer Zeit zu erstellen. Die umfangreicheArbeit zu Beginn wird belohnt mit einem fokussierten Lehrprozess und daher auchmit einer besseren Leistung <strong>der</strong> Schüler/innen.Beispiele:


SchulleitbildHandlungspläne entwickelnPositionierungLeitsatzMenschenbildBildungsbegriffSelbstverständnisLeitende didaktischePrinzipienSchulcurriculumInformation über Art undStruktur Individueller des Curriculums ErziehungsplanInformation über allgemeineAussagen (z.B.fächerübergreifende Ziele)Information über beson<strong>der</strong>eAussagen (Lernziele <strong>der</strong>Fächer, Schulstufen)Individueller ErziehungsplanAnamnese und UmfeldbeschreibungAktuelle Entwicklungs<strong>auf</strong>gabeAktuelle BedürfnisseAktuelle Zone <strong>der</strong> EntwicklungNächste Zone <strong>der</strong> Entwicklung/Ziele(soziale, affektive, psychomotorischeund kognitive Ziele)Entwicklungsbegleitende MaßnahmenHandlungsplan


Beobachtungs- und Planungsraster für entwicklungsbegleitendeMaßnahmenDieser Beobachtungsraster, <strong>der</strong> zu einer pädagogischen Handlungsplanungüberführt, soll es Ihnen erleichtern <strong>die</strong> Prinzipien <strong>der</strong> <strong>Entwicklungsdidaktik</strong> in <strong>die</strong>Praxis umzusetzen.Sie gehen aus von den Informationen, <strong>die</strong> Sie von den Eltern und Bezugspersonendes Kindes über seine bisherige Entwicklung und sein außerschulisches Lebenerhalten. Denken Sie daran, ein Kind ist immer mehr <strong>als</strong> Schüler o<strong>der</strong> Schülerin!Daran anschließend halten Sie Ihre Beobachtungen bezüglich des aktuellenEntwicklungsstandes des Kindes fest. Analysieren Sie nun, welcherEntwicklungs<strong>auf</strong>gabe sich <strong>die</strong>ses Kind im Moment stellt und welche Teilfähigkeitenzur Bewältigung <strong>der</strong>selben notwendig sind! Notieren Sie, welche <strong>die</strong>serTeilfähigkeiten aus den Bereichen Personalisation (Ich-Bereich), Sozialisation (Wir-Bereich) und Enkulturation (Sach-Bereich) das Kind bereits hat! Überlegen Sie nun,welche Teilfähigkeiten das Kind entwicklungslogisch <strong>als</strong> nächste erwerben wird! Mitwelchen entwicklungsbegleitenden Maßnahmen können Sie das Kind dabeiunterstützen, welche Lernangebote können Sie ihm machen? Wie muss <strong>die</strong>Lernumgebung gestaltet werden?Anschließend reflektieren Sie Ihre Beobachtungen bezüglich <strong>der</strong> aktuellenentwicklungsbezogenen Bedürfnisse des Kindes! Welche Bedürfnisse stehen imMoment im Vor<strong>der</strong>grund? Wie zeigt das Kind <strong>die</strong>se Bedürfnisse? Wie strebt es <strong>der</strong>enBefriedigung an? Überlegen Sie nun, durch welche entwicklungsbegleitendenMaßnahmen Sie das Kind in seinem Bestreben unterstützen können!Zum Schluss muss im Team festgelegt werden, wer welche Arbeiten übernimmt undwie <strong>die</strong> entwicklungsbegleitenden Maßnahmen in den täglichen Unterrichtverl<strong>auf</strong>integriert werden können. Es muss auch <strong>der</strong> Zeitraum bis zur nächsten Besprechungund <strong>die</strong> Art <strong>der</strong> Kontrolle des Erfolgs o<strong>der</strong> Misserfolgs <strong>der</strong> pädagogischenMaßnahmen festgelegt werden.Schule:Name des Namen <strong>der</strong>Beobachtungszeitraum:Kindes: Beobachter/innen:Anamnese und Umfeldbeschreibung: (Vorgeschichte, Familiensituation, Freundeskreis ...)AktuelleEntwicklungs<strong>auf</strong>gabe(aktuelles Interesse):NotwendigeTeilfähigkeiten:Beobachtbare(s)Wissen, Können,Haltungen (ICH-,WIR-, SACH-BEREICH)aktuelle Zone <strong>der</strong>Entwicklung:Nächste Zone<strong>der</strong> Entwicklung:EntwicklungsbegleitendeMaßnahmen:Handlungsplan:Wer? Macht was?Wann? Wie lange?Wie wird <strong>der</strong> Erfolgkontrolliert?Aktuelle Bedürfnisse(aktuelles Wollen):BeobachtbaresVerhalten:Die gesammelten Beobachtungs- und Planungsraster können <strong>als</strong> Grundlage für <strong>die</strong>Beschreibung des individuellen Entwicklungs- und Lernfortschritts jedes Kindesherangezogen werden. Es wird daraus deutlich ersichtlich, welche Fortschritte einKind in welchem Zeitraum gemacht hat.

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