12.07.2015 Aufrufe

Till 4 - Integrative Lernwerkstatt Brigittenau

Till 4 - Integrative Lernwerkstatt Brigittenau

Till 4 - Integrative Lernwerkstatt Brigittenau

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Integrative</strong> <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> - Newsletter Nr. 7 – Mai 2008 Unkostenbeitrag € 1,-THEMENSCHWERPUNKTD E R N E W S L E T T E R D E R I L BIntegration nach der ILB?Seite 3Nichtdiskriminierende BegriffeSeite 5Schwer behindert – werbehindert?Seite 6„Geh mit uns“Seite 7Schön, dass du da bist, SinahSeite 9Andrea BosslerSeite 16Christian ist abgelaufen…Seite 17Wegschauen oder HinschauenSeite 30Integration / InklusionWer oder was ist „normal“?Die Doppelnummer – II. TeilKINDER AMNACHMITTAG:Kräuterbeet, Spielen & Wrestlingab Seite 21www.lernwerkstatt.or.at


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Initiative zugunsten nicht-diskriminierender BegriffeSPF – ASO – SSB – VS: Titel, Lehrpläne, Menschen, Kinder (ein Auszug)Ein Vorschlag zum Umdenken in der schulischen Lernbegleitarbeit, und folgerichtig auch zumUmformulieren der amtlichen Bezeichnungen für Kinder mit besonderen BegleiterfordernissenDie in Österreich gängigen und gültigenBezeichnungen für Integrationskinderstammen überwiegend noch aus der Zeitvor der Einführung des Rechts aufintegrative Beschulung und lauten z.B.:SPF, ASO, SSB, VS (Siehe auchGlossar auf Seite 29)Weil die Bezeichnung „schwerstbehindert“einen Menschen, ein Kind aufnicht näher definierte schwerste Defizite(im Vergleich zu anderen) reduziert undsomit diskriminierend wirkt,weil die herkömmlichen Lehrplanzuordnungenfragliche und – weil Menschensich ständig entwickeln und verändern –allzu statische Festschreibungen für dieadäquate Lernbegleitung eines Kindes /Jugendlichen sind,soll künftig ein anderes Grundschemadas (inklusive) pädagogische Handelnleiten:Der Sonderpädagogische Förderbedarf(SPF) wird wie bisher ausgesprochenund legitimiert u.a. zusätzlicheRessourcen für diese Kinder bzw. dieLerngruppe, in die sie eingebettet sind.Grundsätzlich ist der allgemeineVolksschullehrplan Orientierungspunktfür alle Kinder – als Rahmenlehrplanwird es in jedem Fall nur eineAnnäherung jedes Kindes an seineZielstellungen sein – und manchewerden schon viel früher weit darüberhinaus sein, so wie manch andereKinder stolz sein können, wenn sieeinige bescheidene Ziele erreichen.Die regionalen sonderpädagogischenKommissionen definieren somit künftigfür jedes Kind aufgrund seinerFähigkeiten und Bedürfnisse zumZeitpunkt der Antragstellung auf SPFeine der folgenden 4 Förder- bzw.Begleitkategorien:1. allgemeine Förderung (für sog.lernschwache, entwicklungsverzögerteKinder, usw.)2. spezielle Begleitung (für leichterkörperbehinderte Kinder, Kinder mitleichteren Wahrnehmungsproblemen,sprachlich zu fördernde Kinder, usw.)3. erweiterte Begleitung (für Kinder mitausgeprägteren Wahrnehmungsproblemen,häufigen Hilfestellungenin der alltäglichen Lebensbewältigung,usw.)4. umfassende Begleitung (für basalbegleitbedürftige Kinder, Kinder inakuten Krisensituationen, usw.)Die Debatte ist eröffnet!Josef ReichmayrSeite 5


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Schwer behindert -wer behindert?Vor 15 Jahren fand auf der UniversitätWien eine gleichnamige Veranstaltungstatt. Es ging um einen gleichberechtigtenZugang zu Bildung undDiskriminierungen durch Barrieren undWorte. Am Sprachgebrauch hat sichinzwischen nur wenigverändert. Kleiner Erfolg:Aus den "Behinderten"wurden "behinderteMenschen" oder "Menschenmit Behinderung". Aber inZeitungen liest man immerwieder von "an den Rollstuhlgefesselten Behinderten".Da fragt man sich, warum bei diesemTatverdacht nicht die Polizei geholt wird!Letzte Woche fand in Wien dieInklusionstagung der LebenshilfeÖsterreich statt. Die internationaleDiskussionsrunde wurde in Vertretungdes Bürgermeisters von einer WienerGemeinderätin eröffnet. Sie leitete ein,dass sie Mitglied der gemeinderätlichenBehindertenkommission ist und das Wort"Behinderung" nicht mag. Deshalb sagtsie lieber: "Menschen in besonderenLebensumständen". Ich fühlte mich einwenig schwanger - mit meinerBehinderung. Nur im Gegensatz zu einerSchwangerschaft, ist eine Behinderungzumeist ein verbleibender Zustand.Durch die "Verniedlichung" der Sprachewerden meiner Meinung nach,Problemstellungen einfach vom Tischgewischt. Ein ähnlichesUnwort ist"Menschen mit besonderenBedürfnissen". Aufder Universität Klagenfurtsollte ein eigenes Institutfür die Anliegen behinderterMenschen gegründetwerden. Vorgeschlagener Name:Institut für Menschen mit besonderenBedürfnissen. Wäre das so umgesetztworden, hätte das Institut sehrviel zu tun gehabt.Ich gebe Direktor Reichmayr Recht,wenn er die in Schulgesetzenverwendeten ASO-oder SPF-Kinderkritisiert. Eine Inklusionspädagogikmuss andere Begriffe finden. Hierbraucht es die Kreativität derBetroffenen. Sie sollten selbstentscheiden, wie sie benannt werdenmöchten. Es stellt sich aber die Frage,ob es letztendlich bei einer Individualpädagogik,bei der jedes Kindentsprechend seinen Fähigkeitengefordert und gefördert wird, überhauptunterschiedliche Kategorisierungen vonKindern braucht. Darüber sollte diskutiertwerden.Franz-Joseph HuainiggKinderbuchautor und ÖVP-Sprecher fürMenschen mit BehinderungAnruf von Frau Haidlmayr 22. April 14:10Frau Haidlmayerwird eine Anfragezur Änderung derdiskriminierendenBezeichnungim Parlament einbringenAuch aus dem Büro vonBundesministerium für Unterricht,Kunst und Kultur Büro(Bundesministerin Dr. Schmied)erhalten wir in den nächstenTagen Antwort.Seite 6


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Geh mit unsBehindertenhilfe in GerasdorfZuerst möchteich mich kurzvorstellen: meinName ist SigiMazal, ich binMutter von vierKindern, vondenen drei dieILB, sehrbegeistert,besuchten.Magda hat mittlerweile maturiert, Clarageht in die zweite Klasse einer HLW mitSchwerpunkt Sozialmanagement undValentin besucht die dritte Klasse desErich-Fried Realgymnasiums.Ich selbst bin Volks- und Sonderschullehrerinund habe 10 Jahre an einerSonderschule unterrichtet. In dieser Zeitwuchs der Wunsch in mir heran, eineweiterführende Werkstätte für SchulabgängerInnenzu gründen. Gemeinsammit den Eltern vieler meiner SchülerInnenbesuchte ichTageswerkstätten und holte mirAnregungen, …Im Jahr 1995 war es dannsoweit, dass unsereTageseinrichtung „Geh mit uns– Behindertenhilfe“ mitSeptember in Betrieb ging. Wirbegannen in denKellerräumlichkeiten unseresHauses mit vier sogenannten geistigschwerstbehinderten Menschen zuarbeiten, schon bald kamen neue dazuund schließlich waren wir nach 10Jahren 10 Menschen mit besonderenBedürfnissen. In diesen Jahren gelanges uns, ein Grundstück in der Näheanzukaufen, den Kredit dafür abzuzahlenund gemeinsam mit demArchitektenbüro von Franz Ryznar(Atelier Albertplatz) ein Haus zu planen,das bis zu 14 Menschen Platz bietet, indem sich auch eine Trainingswohngemeinschaftbefindet. Im September2005 wurde dieses Haus eröffnet undmittlerweile arbeiten13 Leute, vierBetreuerinnen, einZivildiener und eineFrau, die einengeschützten Arbeitsplatzhat, bei uns. Wirwollen in erster Linieunser Leben, unserenAlltag gemeinsamleben und bewältigen! So ist es unswichtig, dass jeder dort abgeholt wird,wo er sich in seiner Entwicklung geradebefindet, dass die Bedürfnisse undGefühle von allen wahrgenommen undrespektiert werden.Seite 7


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Wir stellen Montessorimaterialien undanderen Holzarbeiten her, dazu Kerzenund Schmuck. Wir schöpfen Papier,machen Gartenarbeit, säubern dieSpielplätze unserer Gemeinde Gerasdorfund betreuen die Blumenkisterln an denOrtseinfahrten. Wir haben schon sechsintegrative Theaterstücke erarbeitet, diewir an Kindergärten und Volksschulengemeinsam mit den Kindern, bei denenwir auf Besuch sind, spielen. Ja, unddann nehmen wir uns viel Zeit für Feiern,Urlaube, Ausflüge, … Auch eineKunsttherapeutin arbeitet bei uns undunterstützt unsere Leute bei denSchritten in ihre Unabhängigkeit! Heuerhaben wir große Erfolge bei den SpecialOlympics in Innsbruck und in Meranerzielt: 5 Goldmedaillen, 4 Silber- und 4Bronzemedaillen im alpinen Schisport!Einige unserer Anvertrauten, wie wir sienennen, bewältigen mittlerweile völligselbständig den Weg zur Arbeit undnach Hause. Wir freuen uns miteinanderund sehen mit sehr viel Freude, wie sehrsie damit an Selbstbewusstsein undSelbständigkeit gewinnen: Sie lernen ihrLeben selbst in die Hand zu nehmen, …Für mich persönlich gehören vor allemdie Erfahrungen beim Theaterspielen,wo einander einzigartige Menschenbegegnen und miteinander spielen zuden beglückendsten Momenten meinesBerufes. Wir waren auch schon in derILB zu Gast und ich freu mich, aufdiesem Weg uns wieder in Erinnerungrufen zu dürfen!Jeden Mittwoch gibt es bei unsKaffeehaus (Föhrengasse 39-41, 2201Kapellerfeld, 02246/4043): An diesenVormittagen freuen wir uns sehr, wennwir Besuch bekommen und uns, unserHaus und unsere Arbeit zeigen dürfen.Herzlich Willkommen!Sigi MazalDie nächste Ausgabe von <strong>Till</strong>erscheint am23. Juni 2008Themenschwerpunkt:NachmittagsbetreuungFreizeitpädagogikVOM/NAM LernbegleiterInnenWir freuen uns über Beiträge!Ihr erreicht uns unter:Ilb10@gmx.atoder via Juli Schinko, Stg. HRedaktionsschluss:16. Juni 2008Seite 8


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Sinah, schön, dass du da bist!Im vorigen Schuljahr habe ich von SusannaJuresa, der Mutter von Christoph, einemDown-Syndrom-Burschen aus der StammgruppeA, eine Einladung zur Ersten Down-Syndrom Frühlings-Soirée bekommen.Warum sie mir, die in der Stammgruppe Edie Kinder begleitet, eine Einladung gegebenhat? Ich denke ein Grund war, dass wirbeide freitags mit Karim trommeln undeinander von dort kennen, und ein zweiterGrund dürfte gewesen sein, dass eszwischen uns so etwas wie einen„Sympathiefluss“ gibt.Diese Erste Down-Syndrom Frühlings-Soirée fand am 21. März 2007 im Studio 44der Österreichischen Lotterien in Wien statt.Der Tag, an dem, dem Kalender nach, derFrühling beginnt, ist der Down-Syndrom-Welttag. Zufall? Sicher nicht! Sicher bewusstgewählt wegen der Zahl 21 (Trisomie 21)und vielleicht auch, um mit demFrühlingsbeginn einer Hoffnung Ausdruck zuverleihen, der Hoffnung auf breitereAkzeptanz, größeres Verständnis undUnterstützung seitens der Gesellschaft.Mit dem Wort „Gesellschaft“ meine ichhier nicht nur die einzelnen Menschen,also dich und mich, sondern auchverschiedene staatliche Einrichtungenwie z.B. die Schule.Ich bin heute noch froh, dass ich am21.3.07 mit dabei war, weil ich dortetliche Menschen (wieder) gesehenhabe, die mir am Herzen liegen. ZweiMenschen, nach denen ich besondersAusschau gehalten habe, waren leidernicht dort: Es waren Sinah und Uschi.Warum ich mich besonders nach denbeiden umgesehen haben? - Ich habeSinah, ein Down-Syndrom-Mädchen, fastdrei Jahre in der Schule begleitet, undUschi ist ihre Mutter.Ich verfolge nun einige der Erinnerungsspuren,die mit diesen beiden Menschenzu tun haben. Gelegt wurden dieseSpuren in der Zeit von 2000 bis 2002.(Ich war von 1998 bis 2002Stammgruppenlehrerin in A.)Sinah war (und ist sicher auch heutenoch) eine begnadete Tänzerin: Eswar wunderbar, ihr dabei zuzusehen,wie sie mit einem Seidentuch in derHand allein vor der Gruppe tanzte. Fürmich war es immer wieder einewunderbare Erfahrung, mit ihrgemeinsam zu tanzen, weil ich so aufganz besondere Weise mit ihr inBeziehung sein konnte.Im Bereich Mathematik war ich(obschon keine Sonderschullehrerin)für Sinah zuständig. Meine damaligeKollegin und ich hatten das soausgemacht, weil ich bereits seitlängerem eine Montessoriausbildungabsolviert hatte und eine begeisterte„Montessorimaterialarbeiterin“ bin. Ichhabe mit Sinah Darbietungen einzelnerMontessorimaterialien gemacht,und Uschi hat uns dabei gefilmt.Warum? Weil sie dann auch zu Hauseauf diese Art mit Sinah üben konnte.So konnte Sinah recht bald vierstelligeSeite 9


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Additionen ohne Zehnerüberschreitungausrechnen.Was mir heute noch leid tut: Ich konnteSinah nicht „in die Million einführen“. ErstMartina Hofleitner, meine jetzige Kollegin,hat das Material (also den Zehntausender,den Hunderttausender, die Million) in unsereSchule gebracht, und sie hat damals nochnicht als Lernbegleiterin in der ILBgearbeitet. Ich stelle mir gerade vor, wiebegeistert Sinah gewesen wäre, wenn ichsie in der großen Millionenkiste auf demGang herumgeführt hätte! Sinah hättedamals wahrscheinlich auch bald fünf-,sechs- bzw. siebenstellige Zahlen ohneZehnerüberschreitung addieren können –und sie hätte dabei vielleicht mehrVorstellung gehabt als so manches Kind,das nie im Leben das Größenverhältnis1:1.000.000 erleben, be- bzw. angreifen,erfahren, spüren durfte. Ehrlich gesagt –so nebenbei: Auch ich war verblüfft (underfreut), als ich die Million und den Einerreal das erste Mal vor mir liegen sah.Sigi Mazal, die Mutter von Clara (damalsebenfalls Schülerin in der StammgruppeA), hatte uns ein Lied „geschenkt“. (Ichbetrachte es auch heute noch alsGeschenk, für das ich dankbar bin. Esbereitet mir und hoffentlich auch meinerKollegin und den Kindern, die wir aufihrem Lernweg begleiten, nach wie vorFreude.) Ein Ritual aus meiner Zeit mitSinah, das wir auch heute noch haben:Besucherinnen und Besucher bekommen– wenn sie wollen – dieses Liedgeschenkt. Wer von uns das Lied auchgern für sich gesungen haben möchte,bekommt es ebenfalls.Sinah hat sich dieses Lied bei jederGelegenheit gewünscht, und ich sehe sieheute noch vormir sitzen – miteinem überglücklichenStrahlen inihrem Gesicht. Ichhabe das Lied imLaufe der Zeit einwenig abgeändert,und es gehtso: Sinah, schön,dass du da bist;Sinah, gut, dasses dich gibt;Sinah, ich freu mich sehr, dass wirzusammen sind!Wie ich von Uschi weiß, war das Lied„Sinah, schön, dass du da bist, ...“auch nach ihrem ILB-Besuch nochwichtig, so wichtig, dass Sinah es imJahr 2007 im Frühjahr, als sie einPraktikum in einem Kindergartenmachte, den Kindern im Kindergarten„geschenkt“ hat.Als es um die Lehrplanzuteilung ging,wehrte Uschi sich gegen die Zuordnungdes Lehrplans für schwerstbehinderteKinder. Ich kann sie gutverstehen und habe durch ihreHartnäckigkeit auch erst wahrgenommen,wie verletzend dieser Begriff„schwerstbehindert“ empfunden werdenkann. Ich denke, in dem Wortdrückt sich alles andere als Anteilnahme,Empathie mit den Betroffenen(Kindern und Eltern) und Respekt vordem Anderen aus. Dass wir inÖsterreich im Jahr 2007 in der Schulenoch immer mit diesem Etiketthantieren (müssen), betrachte ichnicht als Ruhmesblatt. Im Gegenteil:Seite 10


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Ich denke, dass es höchst an der Zeit ist,diesen Begriff durch einen anderen zuersetzen.Ich betrachte die Mehrstufenklassen und dieIntegration als die zwei Säulen der ILB, überderen Sinnhaftigkeit ich nicht mehr diskutiere.Weder die eine noch die anderemöchte ich missen. Mir als Lernbegleiterinbietet die Integration - oder manche würdensagen: Inklusion – die Möglichkeit, die imTILL 8 beschriebene +/+-Haltung allenKindern gegenüber zu leben, die ich aufihrem Lernweg begleiten darf. Seit 1992arbeite ich in Integrationsklassen, und dasZusammensein mit den „Integrationskindern“hat mich sehr viel gelehrt und zwarüber mich, über andere Menschen, über dieWelt, in der wir leben. Ja, ich bin dankbardafür!Christiana Pock-Rosei(Anmerkung: Ich habe meinen Beitrag mit dem Titel„ICH BIN OK – DU BIST OK (+/+) -TRANSAKTIONEN, einmal anders gesehen“, der imIntegrationsjournal Dezember 07 (herausgegebenvom Stadtschulrat für Wien) erschienen ist, für TILL4ein wenig umgearbeitet.)Christiana Pock hat Ihren schönen Beitrag an Susanna Juresa geschickt, um Ihre Freigabe fürden Beginn es Textes einzuholen.Susanna hat darauf hin um einige Änderungen im Text ersucht.Damit Ihr, liebe Leser, einen Einblick habt, wie sensibel das Thema ist, haben wir, mit demEinverständnis von Susanna und Christiana, den ursprünglichen Text unverändert gelassen unddas Mail mit den Änderungen und Ergänzungen von Susanna separat dazu gestellt.Anmerkung der RedaktionSeite 11


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Fest am 10.10.2008Das 10-Jahres-Fest rückt näher und nimmt langsam Gestalt an.Die Verbindung zwischen dem Stammhaus der ILB und derExpositur soll besonders betont werden. Dazu wird es einigeAktionen geben. Ideen sind zum Bespiel:• Wände, die in diesem Abschnitt besprüht oder bemalt werden• Logos, die den Weg zu beiden Standorten weisen• Fahnen (für jede Stammgruppe), usw.gerne mit Gabi Reithofer Gabi Reithofer (werken.gabi@gmx.at)oder Julia Hammel (julia.hammel@gmx.at) Kontakt aufnehmen.Wir freuen uns auf ein tolles Fest!Das VeranstaltungsteamWeitere Vorhaben:• Auf der Bühne wird es ein vielfältiges Programm, gestaltetvon SchülerInnen, LernbegleiterInnen, ehemaligenSchülerInnen und Eltern der ILB geben.• Im Innenhof werden Spielstationen aufgebaut.• Fotodokumentationen werden 10 Jahre ILB anschaulichpräsentieren.• Straßenstandln auf der Vorgartenstraße werden überverschiedene Initiativen informieren.oder Sachspenden zur Verfügung gestellt haben. Diejenigen, dieuns dabei noch unterstützen wollen, haben durch den Erwerbeines ILB- Bausteins (siehe Seite 13) eine gute Möglichkeit dazu.1 2 3 4 5 6 7 8 9 10!10 Jahre ILBWer aktiv bei der weitern Festplanung dabei sein möchte, kannSeite 12


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Unterstützen Sie eine der innovationsfreudigstenöffentlichen Grundschulen Österreichs!Die <strong>Integrative</strong> <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong>,eine Modellschule des Stadtschulrats fürWien, feiert 2008 ein Jubiläum: Vor 10Jahren wurde diese Schule neugegründet. Ein guter Anlass für eineZwischenbilanz, für ein großesVorgarten-Straßen-Fest am 10.10.08, fürImpulse in die österreichischeSchulreformdebatte auf dem Weg zueiner gemeinsamen Schule für 6- bis 15-Jährige, für Dokumentationen desGeleisteten, für neue Visionen desMöglichen und Machbaren und zurKlärung und Sicherstellung derwichtigsten Bedingungen für dasGelingen eines neuen Lernens, einerguten Schule!Sie kennen die ILB – über Ihr eigenesKind, oder über Berichte vonFreundInnen, über Medienberichte oderInternet – und Sie können/wollen dieseModellschule auf ihrem schwungvollenWeg in das zweite Jahrzehnt begleitenund unterstützen? Dann machen Sie mitund kaufen einen der Zukunfts-Bausteine:„Baustein 50“ um € 50,- umfasst:• TiLL 1-10 (alle Newsletter imhandgeschnürten Paket)• 1 TiLL-Fingerpuppe (handgeborenin Bolivien)• 1 ILB-Logo-Plakette zumAufstecken• 1 Filmdokumentation „10 JahreILB“ (DVD, inklusive Bilder- undDatenteil)Für die Bausteine 50, 100 zahlen Siebitte unter dem Kennwort „Baustein …“und Angabe Ihres Namens undAdresse den entsprechenden Betrag aufunser SchulkontoKontonr: 696 271 790BA-CA [BLZ 12000]Weitere Bausteine auf Anfrage unter:Ilb10@gmx.at„Baustein 100“ um € 100,- umfasst:• Wahlweise 1 ILB-T-Shirt ODERdas Buch „10 JahreMehrstufenklassen in Wien“ODER die DVD „10 JahreMehrstufenklassen in Wien“• 1 TiLL-Fingerpuppe (geboren inBolivien) und 1 Tier-Fingerpuppe nach freier Wahl• 2 Plaketten zum Aufstecken: 1xILB-Logo, 1x TiLL• TiLL 1-10 (alle Newsletter imhandgeschnürten Paket)• 1 Filmdokumentation „10 JahreILB“ (DVD, inklusive Bilder- undDatenteil)Seite 13


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008ILB VerlässlerInnenim Portrait „MeinLeben nach der ILB“Diesmal: Nina SchinkoNina wird bald 14 Jahre alt.Sie besuchte STg. H der ILB zwischen2001 und 2004.Sie hat in derILB sehr gerneTheater gespieltund dieFreiheit beimLernen geschätzt.Ihre LernbegleiterInnen,aberauch GabiReithofer waren besonders wichtig fürsie.Nina besucht jetzt bereits die dritteKlasse im Schulschiff. Der Umstieg warnicht schwer für sie, allerdings ist dasArbeitspensum in Kürze gewaltig gestiegen.Zu Unmengen von Hausübungenkamen ziemlich rasch viele Tests undSchularbeiten. Aber Nina hat in der ILBgelernt selbständig zu arbeiten und Verantwortungfür die eigenen Dinge zuübernehmen und so ist ihr der Umstiegmit entsprechender Mehrarbeit sehr gutgelungen. Ihr absolut liebstes Fach istFranzösisch.Wie es weitergehen soll, steht für Ninanoch nicht fest. Interessant wäre dasOberstufenrealgymnasium in der Hegelgassemit dem Schwerpunkt Bühnenbildund Schauspiel. Aber vielleicht besuchtsie auch die Oberstufe am Schulschiff.Wenn Nina gerade nicht in die Schulegeht, liest sie gerne, hört Musik, zeichnetMangas, spielt SIMS oder trifft sich mitihren Freundinnen.Nina meint: „Ichdenke gerne an dieZeit in der ILB. Ichsehe mir auchimmer die Fotosauf der Homepagean und erinneremich an all dieschönen Dinge, dieich in der ILB erlebthabe.Erinnerungen vonMaria Bayer, Muttervon JakobJakob hatte 3 Jahre eine Lernbegleiterin,für die soziales Lernen sehr wichtig war.Das hat für Jakob gut gepasst und ihmsehr geholfen, da er scheu war undMenschenansammlungen hasste. Imvierten Jahr hat er eine neueLernbegleiterin bekommen, die sehr vielstrukturierteres Arbeiten anleitete. DieseReihenfolge war genau richtig! DennJakob hatte sich bis dahin als Lerntyp„Dienst nach Vorschrift“ herausgestellt.Und die Struktur hat ihm eine neueRichtung gezeigt.Im 3. Schuljahr hat uns dieLernbegleiterin vorgeschlagen, Jakob beider Ergotherapeutin, die stundenweise inder ILB zur Verfügung gestanden ist,testen zu lassen, da beim Schreiben einDefizit aufgefallen ist. Aufgrund desTestergebnisses „Rechts-Links-Schwäche“hat er die Möglichkeit erhalten,einige Zeit mit ihr in einer Kleingruppe zuSeite 14


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008arbeiten. Danach hat dieErgotherapeutin uns das Institut Sindelarfür weitere Schritte empfohlen. DasProgramm dieses sehr empfehlenswertenInstitutes hat Jakob noch bis indie erste Klasse AHS weitergemacht.Mittlerweile ist er in der Oberstufe AHS,die Rechtschreibschwäche begleitet ihn,er hat aber kompensieren gelernt.Maria BayerKlassenbildung =Einteilung derSchülerInnen in die10 Stammgruppenfür 2008/09abgeschlossen(Auszug aus einem Schreibenan die Eltern &LernbegleiterInnen der ILB)Mit dem gestrigen Treffen derAufnahmekommission der ILB haben wirdie Einteilung der SchülerInnen für daskommende Schuljahr knapp, abertermingerecht vor dem NeulingselternabendAnfang Juni abschließenkönnen.Die Einteilung der SchülerInnen ergibtalso nun folgenden Stand:Die beiden Expositurklassen (JD) habenaufgrund der Ausnahmesituation undbesonderen Belastung durch die neueUmgebung nicht mehr als 20SchülerInnen.Die anderen Stammgruppen habenzwischen 21 und 24 SchülerInnen. Wirkönnen nur hoffen, dass die Zuweisungvon Integrationskindern im kommendenSchuljahr so gering als möglich ausfällt,weil wir schon jetzt keinen Spielraummehr haben.Im Schuljahr 2010/11 müssen wir dieSenkung der SchülerInnenzahlen auf 25(abzüglich der Integrationskinder! – alsoin unserem Fall sind das dann ca. 20Schülerinnen pro Stammgruppe) auchfür die Mehrstufenklassen umsetzen.Das wird nicht leicht sein, zumal für2009/10 bei den kürzlich stattgefundenenEinschreibungen sich wiederumfast doppelt so viele Eltern angemeldethaben als wir (selbst mit 10 Stammgruppen)Platz anbieten können.Ich hoffe, mit unseren gemeinsamenBemühungen Lösungen möglichgemacht zu haben, die für dieBetroffenen einen guten Start ins neueSchuljahr sicherstellen.Josef ReichmayrSchönes Feedback zu TiLL5!Vielen DankLieber JR!Diesmal habe ich den TiLL nicht nurüberflogen, sondern wirklich gelesenund bin tief beeindruckt, sowohl von derGestaltung her - die vielen eindrucksvollenFotos, die einem einen gutenEindruck geben - aber auch von denBeiträgen selbst.Bewundernswert, nachahmenswert.Danke, BrigitteBrigitte Palmstorfer MScBegabungsförderungszentrumStadtschulrat für WienSeite 15


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Wir stellen vor:Andrea Bossler, Direktorindes SonderpädagogischenZentrums in der Treustraße 9Die ILB betreut und begleitet zur Zeit 40SchülerInnen mit amtlich anerkanntemsonderpädagogischen Förderbedarf. Fürdiese Arbeit erhält unser Standort 8zusätzliche LehrerInnen, allesamtSonderpädagogInnen, dieeinem eigenen Inspektoratinnerhalb des Stadtschulratsfür Wien unterstehen(geleitet von LSI GerhardTuschel) und in der<strong>Brigittenau</strong> regional überdas SPZ in der Treustraßegeführt und den Standortenmit Integrationsklassenzugeteilt werden.Das SPZ Treustraße wirdvon Fr. Dir. Andrea Bosslergeleitet, assistiert von Fr.Elisabeth Pusch.Das Bild zeigt Andrea Bossler mit„Aghy“, einem Australien Shepherd,ihrem fertig qualifizierten Therapie-/Besuchshund, bei einem Besuch an derILB - mehr dazu unterwww.special-animals.at.Im Bildhintergrund Martina Englbrecht,die im Schuljahr 2008/09 als Integrationslernbegleiterinvon der ILB in dieKMS Stromstraße wechseln wird, umdort in das Team der ersten Kooperationsklasseeinzusteigen.Ähnlich wie die ILB führtdie KMS Stromstraße seitJahren zahlreiche Integrationsklassen.Andrea Bossler steht auchfür viele Initiativen zurVerbreitung des heilpädagogischenVoltigierens.Mehr dazu unterwww.verein-happiness.atDas SonderpädagogischeZentrum in der Treustraße9 ist erreichbar unter Tel. 330 45 87.Nachtrag zum Berichtüber Fannys verunglückte Schullaufbahnals Integrationskind im Mittelstufenbereich,also nach der Volksschulzeit ander ILB (siehe Bericht in TILL Nr. 5, S. 18 ff.):Fr. Dir. Bossler vom zuständigenSonderpädagogischen Zentrum in derTreustraße zeigte sich in einer Reaktionbetroffen über das, was Fanny in derStartfase der neuen Schule widerfahrenist und bedauert, dass das nicht geklappthat. Sie hatte damals in der nahegelegenen KMS Stromstraße einen Platzfür Fanny in einer Klasse mit einer sehrengagierten Lehrerin gehabt, dochdieses Angebot wollten Fannys Elternnicht annehmen. Dir. Bossler: "Schade,man hätte mir vertrauen sollen!"Und Josef Reichmayr ergänzt: "Seitensder ILB wäre für Fanny auch in derNachmittagsbetreuung noch für ein oderzwei Jahre ein Platz gewesen (ebensowie für andere ex-ILB-Integrationskinderan der KMS Stromstraße und abSeptember 08/09 auch für alleinteressierten KOOP-Klassenkinder)."Seite 16


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Dauerbrenner:Christian ist„abgelaufen“…Über verlorene Kinder und gefundeneSchutzengelEin heikler Dauerbrenner, einebesondere Herausforderung –„Christian ist abgelaufen“ – dieseköstliche Wortkreation konnte nurChristians Opa schaffen. Der Opa mitrumänischen Wurzeln, der Opa derimmer wieder in berührender Offenheitsein Leid über seine Frau und die Weltmal beim Schulwart und mal beimDirektor beklagte. Die Mutter desSchülers Christian hatte sich in der Zeitzwischen der Einschreibung im Frühjahr1998 und dem Start der ILB auf traurigeWeise das Leben genommen. Der Vaterwar in Christians Fantasie ohnehinlängst in den Himmel entschwunden –also einfach nicht da. Christian – einSchüler der ersten ILB-Stunde also -kam nach seinen aufregenden Jahren inder ILB (er war der absolute SchlüsselundTelefonspezialist!) in eineKleinklasse außerhalb der WienerStadtgrenze. Und fand eines Tages,viele Monate später - wie einausgesetzter Hund - ganz souverän denWeg zurück in seine frühere Schule, indie ILB. Fast sechs am Abend wars,finster bereits, als er vor mir stand:„Christian ist abgelaufen“ – so wie auchdas eine oder andere Kind in den Jahrendavor – und danach. So wie zumBeispiel Raymond, unser ersterautistischer Bub, der nicht nur einmalseinem eigenen Vater mit gazellenhafterGeschwindigkeit (seine Mutter istafrikanischer Herkunft) mitten in derStadt entschwunden, „abgelaufen“,davongelaufen war. Und eines Tagesprompt auch einem Lernbegleiter imZuge eines Ausflugs auf trickreicheWeise „entschlüpfte“. Wir wissen nichtwie Raymond quer durch die Stadtgelangte, wir wissen nur, dass ihn eineaufmerksame Lernbegleiterin per Zufallim Billa nahe unserer SchuleSüßigkeiten entführend entdeckte – undwieder zurück begleitete. So haben wiralso schon ein paar Schutzengel fürunsere Kinder gefunden, mit den Elternmitgelitten, viel für akute und guteKrisenbegleitung gelernt, uns den Kopfüber eigene Schwachstellen undVersäumnisse zerbrochen. Wie harmlosist es im Vergleich dazu, wenn Eltern amNachmittag kommen und ihr Kindwomöglich nicht gleich auffinden – abergewiss sein können, dass es irgendwoim Haus sein wird und sein muss. Eineweitere Schutzengel-Geschichte lesenSie im folgenden Beitrag von SusannaJuresa und ich möchte mich bei ihr fürdie Ehrlichkeit bedanken, mit der sie –aus dem jetzigen zeitlichen Abstandheraus – in beachtenswerter Selbstreflexivitätund Differenziertheit ihren aus derILB „abgelaufenen“ Sohn und das ganzeRundherum schildert. Die jetzt möglichedistanziert-kritisch-freudige Bilanz wärenatürlich am Tag des Geschehens, alsich Christophs Eltern beim Eintreffen indie Schule begegnete und insKrisenmanagement mit eintrat, unmöglichgewesen. Wenn Sie ein/mehrereKind/er haben, werden Sie vermutlichnicht erst einmal in eine kritischeSituation geraten sein, wo Ihnen dasHerz fast stillgestanden ist. Wie ist esIhnen in so einer Krisen-Situationergangen? Wie haben Sie reagiert undden Schock, den Gefühlstaumel, dasGrenzerlebnis verarbeitet? Wenn SieSeite 17


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008möchten, schreiben Sie auch einenBeitrag für den TiLL.Josef ReichmayrDie große Geschichte vom kleinenChristoph und dem NotfallausweisEs ist Mittwoch nach den Osterferien2007.Für Christoph, einen kleinen Buben derGrundstufe 1 mit Down-Syndrom, dererste Schultag nach fast 3 schulfreienWochen. Denn Christoph hatte in derWoche vor Ostern die Feuchtblatternbekommen.Dieser Mittwoch fing schon in der Frühdamit an, dass Christoph eigentlich nachso langer Zeit keine große Lust hatte indie Schule zu gehen und somit warendas Aufstehen, Anziehen und derSchulweg schon ziemlich mühsam.In der Schule ging es dann ebensomühsam weiter beim Ausziehen. Undwieder einmal musste ich Christophförmlich in seine Stammgruppe hineinschieben, denn von allein wollte ereinfach nicht. Immer wieder nachFerienzeiten war und ist es für Christopheine Umstellung und Überwindung -heuer ist es übrigens schon leichter, daer schon das zweite Jahr an der ILB ist.Im Büro teilte ich Christophs Papa mit,dass wir ihn heute unbedingt vor 14 Uhrabholen müssen, da Ausflugstag ist, undes für Christoph heute sicher besserwäre, nicht allzulange in der Schule zusein.Auch für meinen Gatten und mich war esder erste Tag nach 5 Urlaubstagen unddaher gab es wahnsinnig viel zu tun. Ichtelefonierte gerade mit meinemSteuerberater als mein Handy läuteteund unsere zuständige NAM-Lernbegleiterin mich anrief. Im erstenMoment dachte ich nur, ach du Schreck,es ist ja gleich 14 Uhr und ich wollteChristoph doch vor 14 Uhr abholen.Ich wollte mich schon bei ihr dafürentschuldigen als sie mich fragte, ob ichoder jemand von der Familie Christophschon abgeholt hätte. Im ersten Momentwar ich sprachlos und sagte zu ihr nur -ich bin noch im Büro und telefonieregerade und rufe dich gleich zurück - undlegte auf. Ich beendete das Telefonat miteinem unguten Gefühl im Bauch, obwohlich eigentlich noch nicht wusste, waspassiert war.Dann erklärte mir die Lernbegleiterin amTelefon, dass Christoph verschwundensei. Sie hätten bereits das gesamteSchulhaus abgesucht, nachdem er es jamanchmal für sehr lustig empfand sich inWC’s, im Klassenraum oder in derGarderobe in Kasterln zu verstecken.Aber nachdem sie gemerkt hätte, dasssowohl seine Jacke als auch seineSchuhe und seine Schultascheverschwunden sind, dachte sie, er wärevon uns bereits abgeholt worden.Ungewöhnlich war jedoch, dassChristoph sich bis zu diesem Tag nochkein einziges Mal die Schuhe bzw. Jackealleine angezogen hatte! Er warteteimmer geduldig in der Garderobe bis ihmjemand die Schuhe anzog. An diesemTag konnte er das offenbar alles ganzalleine.Die nachfolgenden Sekunden waren fürmich die schlimmsten meines bisherigenLebens. Ich verständigte sofort meinenMann und wir fuhren vom 17.Bezirk indie Schule.Meine Gedanken während der Fahrtwaren:Das war es also - mein Kind sehe ichniemals wieder.Seite 18


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Christoph könnte zur Donau hinuntergegangen sein und ist ertrunken, da ernoch nicht schwimmen kann. Dann fielmir das furchtbare Drama von denFrühnachrichten ein. Ein junger Mannam Salzburger Bahnhof fiel zwischenBahnsteig und Bahn und ihm wurdenbeide Beine abgetrennt.Mein Sohn könnte ja auch amHandelskai in irgendeine Schnellbahneingestiegen sein und fährt nun einfachirgendwo hin.Dann kamen Gedanken wie: Er kannnoch immer seinen Namen nicht sagen.Christoph versteht man unterUmständen, aber der Familienname, derist zu schwer. Adresse weiß er auchkeine. Da kamen dann auch noch dieVorwürfe an mich selbst, ich hätte ihmdas schon längst beibringen müssen.All diese schrecklichen Gedankenkreisten während der Fahrt in meinemKopf.Mein Mann hatte nicht so furchtbareGedanken er meinte nur: „Was ist, wenner mit der S45 nach Haus gefahren ist?Du fährst ja tagtäglich mit ihm in derFrüh und am Abend mit der Schnellbahn,und er weiß eigentlich schon wo eraussteigen muss. Kann das nicht auchmöglich sein?“Mein Antwort: „Ja vielleicht schon,aber…“In der Schule angekommen wurden wirvon zwei „ziemlich fertigen“ NAM-Lernbegleiterinnen, dem kurz zuvoralarmierten Direktor und einem relativgefassten, aber doch auch sehraufgeregten NAM-Lernbegleiter empfangen.Dieser war über die Polizei im 20. Bezirkziemlich verärgert, da er beim Versuchan die zuständige Polizeiwachstubeverbunden zu werden, mindestens dreiMal von der Polizei aus der Leitunggeschmissen wurde.Mein Mann versuchte es dann auchnochmals über den Notruf, hierbei wurdeihm nur lakonisch mitgeteilt, er mögedoch zur nächsten Polizeiwachstubegehen. Nachdem wir aber nicht im20.Bezirk wohnen, wollte mein Mannwissen wo diese sei. Dies konnte ihmder „nette“ Beamte aber nicht sagen. Ermeinte nur: „Na die ist dort wo der 31erdie Schleife macht“. Da war es meinemMann dann auch zu viel und er brüllteziemlich in das Telefon hinein, dass wirnicht aus dem Bezirk sind und dassunser Sohn mit Down Syndrom, einergeistigen Behinderung, verschwundensei.Auch das schien den Beamten nicht zubeeindrucken oder zu interessieren.Währendessen ist eine derLernbegleiterinnen mit mir zum Handelskaigelaufen und wir haben alleBahnsteige abgesucht. Leider ohneErfolg. Auch die Bahnaufsicht amHandelskai war nicht wirklich hilfsbereit.Während vieler Telefonate untereinanderläutete plötzlich bei meinem Mann dasTelefon und es meldete sich dieDirektorin der Hans-Radl-Schule ausdem 18. Bezirk. Sie meinte, sie hätte hiereinen kleinen, selbstbewussten Buben,unseren Christoph!Aufgrund dieser für mich fasst unfassbarschönen Nachricht fuhren mein Mann,der Lernbegleiter und ich in die Hans-Radl-Schule. Schon während der Fahrtzur Schule besprachen wir miteinander,dass zuerst der NAM-Lernbegleiter einSeite 19


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008wirklich ernstes Wort mit Christophsprechen sollte. Bei uns waren dieEmotionen und die Freude viel zu großum mit Christoph ernst darüber sprechenzu können!Als wir bei der Direktorin ankamen, standder kleine Christopf ganz selbstbewusstvor uns und meinte nur ganz locker undmit großen Augen: „Hallo Mama, HalloPapa!“Durch Fr. Direktor Novacek erfuhren wir,dass Christoph von einer Frau, welcheim 18.Bez. wohnt, an der EckeKreuzgasse vor dem Eurosparaufgegriffen und in die Hans-Radl-Schule gebracht wurde. Diese Frauberichtete, dass Christoph zu keiner Zeitverängstigt bzw. weinerlich ausgesehenhätte. Sie hätte sich nur gedacht, dassChristoph aus der Hans-RadlSonderschule (für körperbehinderteKinder) davon gelaufen wäre. Von einemLehrer der Schule erfuhr die Fr. Direktor,dass Christoph bereits vor ihrer Schulegestanden war und ins Gebüschgepinkelt hätte, dabei hätte ihn derLehrer beobachtet. Dieser war aberseinerseits gerade damit beschäftigt einKind in die Rettung zu laden. Als er sichwieder umschaute war Christoph bereitswieder verschwunden.Nachdem Christoph leider noch nichtseinen gesamten Namen + Adressesagen kann, durchsuchte Fr. Direktorerst einmal seine Schultasche. Hier fandsie Gott sei Dank bei seinemSchülerfreifahrtsausweis den grünenNotfallsausweis der ILB.Nur aufgrund dieses kleinen grünenPapiers konnten wir verständigt werden.Während wir zur Hans-Radl-Schulefuhren, erzählte Christoph Fr. Direktorvon allen möglichen Dingen, wie vonseinem Bruder, von Mama und Papa undvon seinem Hund Lorry.Am nächsten Tag erfuhr ich von einemMädchen, welche jeden Morgen mit unsin Hernals in die S45 einsteigt, dass sieChristoph am Vortag bei der S45 amHandelskai getroffen hat. Sie hat sichgedacht, dass Christoph auch schonalleine nach Haus fahren darf und sosind sie gemeinsam gefahren. Aber alssie dann leider schon in Gersthofausgestiegen ist, weil sie zu ihrer Omaging, und nicht in Hernals, stiegChristoph mit ihr aus. Und so begann derWahnsinn.Fazit aus diesem Wahnsinns-Abenteuer:Wir sind sehr stolz auf unseren kleinenChristoph mit Down-Syndrom, imnachhinein waren wir uns ziemlichsicher, dass er, wenn er nicht durch dasMädchen irritiert worden wäre, richtigausgestiegen wäre und mit großerBestimmtheit bei uns im Büroangekommen wäre!Dank des Notfallsausweises blieb unseine lange und mühsame Suche erspart,denn die Polizei ist nicht immer deinFreund und Helfer.Zu TiLL5! Vielen DankLieber Josef und Team!Susanna JuresaWieder einmal - newsletter derSonderklasse!Dicke Gratulation und herzliches Dankefür die Arbeit!Liebe GrüßeWalterOSR Walter Gusterer, MScBezirksschulinspektor f.d. 13. IBSeite 20


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Es tut sich was in der NachmittagsbetreuungSelbst ist die Frau oder:"jipie yai yai jipie jipie yei"(nicht in Anlehnung an J.R., sondern in Bezug aufdie HornbachWerbung...Du kennst ja diemit dem Gartenzaun imWestern-Style)Bei 25 Grad im Schatten sind dieMithelfer zwar etwas erschöpft,aber mit ihrer Arbeit zufrieden.Susanna hilft Sigrid bei denVorbeireitungsarbeiten für den neuenKräutergartenDas Ergebnis der "Pflanzerei" kann mansich jetzt schmecken lassenSeite 21


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Seite 22


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Manuel in der NachmittagsbetreuungManuel, elf Jahre jung, hat schon seitlanger Zeit ein außergewöhnlichesHobby. Er kann stundenlang darüberreferieren und fragst Du ihn, was erspäter machen möchte, kannst du dir derAntwort sicher sein: Profi-Wrestler 1 . Inder Vergangenheit gab es kaum einenNachmittag, wo wir NAM-BetreuerInnennicht mit Fragen „wann öffnet der Tobe-Raum?“, oder so ähnlich, bombardiertwurden. Übrigens Manu zählt nicht1 Wrestling: Das hier beschriebene Wrestling ist eineMischung aus Show und Sport. Der Begriff„Entertainment“ (Unterhaltung) spielt dabei die größteRolle. Das Ziel ist es, die Zuschauer zu unterhalten.Wrestlingveranstaltungen kann man als eine Mischungaus Seifenoper und athletischem Wettstreitbezeichnen. Es wird darauf gezielt, dass dieZuschauer von den Inhalten der Show so mitgerissenwerden, dass sie diese auf Dauer verfolgen. Dazu gibtes die sogenannten Storylines, welche ähnlich wie inden Seifenopern die Geschichten um die einzelnenAkteure erzählen. Fakt ist, dass Wrestling inszeniertist. Die Ergebnisse der Kämpfe werden zuvorfestgelegt, und die Wrestler werden instruiert, wie siesich im Ring zu verhalten haben. Die Abläufe derKämpfe werden zuvor mehr oder weniger detailliertabgesprochen, wobei der Detaillierungsgrad unteranderem vom Talent und der Erfahrung derKontrahenten abhängt. Der Sieger steht dabei schonvorher fest, die Abläufe der Matches werden teilweiseimprovisiert. (aus: Wikipedia, die freie Enziklopedie)gerade zu den Schmalbrüstigen. Auchmit seiner Größe von fast einem Metersiebzig ist er im Getümmel amNachmittag unübersehbar. Trotz seinerimposanten Erscheinung hat er niemalsein Problem, jemanden zu finden, der mitihm tobt. Kaum sind die zwei, sehr gutgepolsterten blauen Turnmatratzenabgehängt, kommtManuel mit einemFreiwilligen daher,dem es nichtsausmacht, sich gleichmit dem doppelt soschweren Gegner zumessen. Eine Zeit langwar beispielsweiseJakob, wesentlichjünger und ungefährhalb so groß, seinständiger Begleiterund es hat ihmoffensichtlich Spaßgemacht, sich mitManu zu messen (Jakob hat einenälteren Bruder und ist wahrscheinlicheiniges gewöhnt ist!) Es erstaunt michimmer wieder, wie rücksichtsvoll sichManu dem Gegner, ich muss michkorrigieren – dem Partner – gegenüberverhält. Natürlich gibt es strenge Regelnim Toberaum, die konsequenteingehalten werden müssen undnatürlich passen wir BetreuerInnen wiedie Haftlmacher auf, dass nichts passiert…Der Toberaum ist sicher ein Grund,warum Manu gerne am Nachmittag inder Betreuung an der Schulebleibt, obwohl er eigentlich grünesLicht von zuhause her hätte,gleich nach der Schule gehen zukönnen. Trotz seiner Statur ist erso wie alle anderen Kinder seinerAltersgruppe, nämlich: ungernallein! Manu erzählt, dass er,wenn er längere Zeit alleinzuhause ist, hunderte Male insWohnzimmer geht und schaut, obda auch kein Fremder ist.Vielleicht hilft ihm das TobenSelbstvertrauen zu gewinnen undseine Reaktionsfähigkeit zutrainieren. Vielleicht baut er so Ängsteund Spannungen ab, für ein Kind seinesAlters sonst schwer zu bewältigen. Und -last but not least: Gemeinsam Toben istauch viel schöner als alleinrumzuhängen oder vor der Glotze zuSeite 23


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008sitzen! Tatsache ist, dass der einzigeTag der Woche, an dem Manu gleichnach dem Essen nachhause geht, unserAusflugstag ist, weil da der Toberaummit Sicherheit geschlossen ist!Letztens präsentierte Manu stolz seineneueste Erwerbung: einen Profi-Wrestling-Gürtel und der hat natürlichVielen imponiert. Kann ja sein, dassseine Begeisterung ansteckend wirkt…Wochenlang hatten Sammelkartendieses Showsports Hochsaison. Überallbildeten sich Grüppchen Interessierterund Tauschwilliger und wo mehrereKinder die Köpfe zusammenstecktenkonnte man davon ausgehen, dass imMittelpunkt des Interesses eineKartensammlung steht. Fantastische,bisweilen furchterregend klingendeNamen der Wrestling-Protagonistenwirbelten nur so durch die Luft undbegleiteten uns durch denBetreuerInnenalltag. Jedoch: demTreiben war ein plötzliches Ende gesetztanlässlich der alles beherrschenden EM,die auch vor dem Tor der ILB nicht Haltgemacht hat. Die Konterfeis von„Undertaker“ & Co wurden bald durch dieder Fußballstars ersetzt.Manus sportlichem Ehrgeiz tut dieskeinen Abbruch. Er bleibt seinerLeidenschaft treu und ist kein Partner zurHand oder der Toberaum zu, holt er ausder Schultasche sowohl die Mini-Arena(Marke Eigenbau) als auch seineActionfiguren, sucht sich ein stillesPlätzchen und schlüpft in die Rolle einesRegisseurs, der seine eigene Showinszeniert. Und da kann Manuel plötzlichrechnen „wiraansa 2 “! Und vielleichterleben wir ja nach dem Sommer, imZuge der olympischen Spiele, an unsererSchule ein Revival dieses, in unserenBreiten eher außergewöhnlichen, Unterhaltungssports.Barbara Reschhofer, NAM-Team2 umgangssprachlich für Profi (wie ein Einser)Niki präsentiert stolz, waser bisher an Wrestling-Karten gesammelt hatDas EM Fußballfieber hatmittlerweile auch in der ILB Einzuggehalten: Max mit Sticker-AlbumSeite 24


Tipp 1TagungDer Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Seite 25


Tipp 2Circus KAOSDer Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Circus KAOS, der erste und größteKinderzirkus Österreichs, präsentiertsein neues Programm„Märchenzirkus 2.0“vom 22. bis zum 26. Juni 2008 inder KAOS Zirkushalle,Louis-Häfliger-Gasse 10, 1210 Wien,den abschließenden Teil seineszweijährigen Projektes.In Vormittags- und Abendveranstaltungenstellen die KAOS-Kinder ihrKönnen unter Beweis.Weitere Informationen bei RuthSchleicher: 0650/8886010Informationen sowie Bildmaterial überbisherige Produktionen unterwww.kaos.atSeite 26


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Buchtippsmiteinander<strong>Integrative</strong> Modelleim WienerSchulwesenHerausgeber:Gerhard Tuschel,Richard Felsleitner295 Seiten, Verlag:echomedia, 2005ISBN: 3-901761-48-9In diesem Buchwerden die integrativen Angebote inWien für schulpflichtige Kinder mitBehinderungen vorgestellt. In weitererFolge gibt es Beiträge zu einzelnenProjekten oder spezifischen Angebotenfür Kinder mit Sinnesbehinderungen oderKörperbehinderungen. Auch dieHeilstättenschule und dieLehrer/innenbildung haben ihren Platz.Brigitte Mörwaldmiteinander 2Möglichkeiten fürKinder mitautistischerWahrnehmung inWiener SchulenHerausgeber: GerhardTuschel, BrigitteMörwald337 Seiten, Verlag:echomedia, 2007ISBN: 3-901761-82-9Die Anzahl der Kinder mit der Diagnose„Autismusspektrumstörung“ ist imZunehmen. In diesem Buch wirddetailliert aufgezeigt, welcheverschiedenen Möglichkeiten es in Wienfür diese Kinder im Pflichtschulbereichgibt. Einen besonderen Schwerpunktbilden Beiträge (theoretisch undpraktisch) zur integrativen Beschulungdieser Schüler/innen. Interviews mitbetroffenen Lehrer/innen und Eltern undLiteraturempfehlungen bilden denAbschluss.Brigitte MörwaldInklusive Schulentwicklung:Planungs- und Arbeitshilfen zurneuen Schulkultur(Taschenbuch)von Marianne Wilhelm(Herausgeber,Übersetzer), RósaEggertsdóttir(Herausgeber), GretarMarinósson(Herausgeber)Schulentwicklung im 3.Jahrtausend ist geprägtvon der Notwendigkeit,Antworten auf die Herausforderungen inder Gesellschaft zu finden. Es wirdnotwendig sein, eine Schule für alleKinder zu entwickeln, die jedem Kind dieoptimale Entwicklungsbegleitunggarantiert. Ein kennzeichnender Aspekteiner modernen, demokratischen undhumanen Gesellschaft ist ihr Umgangmit Menschen mit Behinderungen.Aktuelle Schulentwicklung bedeutetdamit auch, die Schule im Sinne derInklusion zu einer Schule für alle Kinderzu entwickeln, die die optimaleEntwicklungsbegleitung für jedes Kindgarantiert.Karin Maria FellerSeite 27


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008NIELS BOHR»Es soll auch helfen wenn man nicht daran glaubt«AnzeigeKennst du die Geschichte von Niels Bohr,dem großen Physiker? Das hat Max mireinmal erzählt. Irgendein anderer großerPhysiker, Wolfgang Pauli oder so,besuchte Bohr einmal in dessen Landhausund sah, dass er ein Hufeisen über derTür hängen hatte. Professor! sagte er.Sie? Ein Hufeisen? Glauben Sie denndaran? Worauf Bohr antwortete: Natürlichnicht. Aber wissen Sie, Herr Pauli, es solleinem auch helfen, wenn man nicht daranglaubt.«Harry Mulisch, Die Entdeckung des Himmels, 1993Selbst der Nobelpreisträger Niels Bohrhatte Gerüchten zufolge ein Hufeisen überseiner Tür hängen (ob es stimmt, istumstritten, aber als Bohr gefragt wurde,ob er tatsächlich an einen solchenGlücksbringer glaubte, soll er geantwortethaben: »Nein, aber man hat mir gesagt,es hilft auch, wenn man nicht daranglaubt.«).Richard Wiseman, QuirkologieSie kennen sicher die Geschichte vonNiels Bohr, dem Physiker. Er hatte inseinem Haus ein Hufeisen hängen. Als ergefragt wurde, ob er abergläubisch sei,antwortete er: Nein, aber er habe gehört,es helfe auch, wenn man nicht daranglaube. So ist das auch mit Gott. Er hilftauch denen, die ein Bohr´schesVerhältnis zu ihm haben.Karl Markovics, Interview in: First, April 2008Fluch der Anekdote: Wenn von NielsBohr die Rede ist, folgt unweigerlichdie Geschichte mit dem Hufeisen. Sieist klug. Sie ist treffend. Sie istcharakteristisch. Sie ist so nie passiert.Denn tatsächlich war es wieder einmalgenau umgekehrt. Niels Bohr selbsterzählte seinem Freund WernerHeisenberg die Begebenheit, die dieserin seinem vielgelesenen Buch Der Teilund das Ganze veröffentlichte:In der Nähe unseres Ferienhauses inTisvilde wohnt ein Mann, der hat über dieEingangstür seines Hauses ein Hufeisenangebracht, das nach einem altenVolksglauben Glück bringen soll. Als einBekannter ihn fragte: »Aber bist du denn soabergläubisch? Glaubst du wirklich, daß dirdas Hufeisen Glück bringt?«,antwortet er: »Natürlich nicht,aber man sagt doch, daß es auchdann hilft, wenn man nicht dranglaubt.«Aber die Anekdote liebt nicht denanonymen Helden, oft schonwurden herrenlose Sentenzen anprominente Münder geheftet, undso auch hier. Nun steht Niels Bohrselbst im Häuschen mit demHufeisen an der Tür, und mussnun für alle Zeiten denverwunderten Besuchern erläuternwarum.Helmuth Martin WolfIllustration: Susanne ZimmerlMehr davon unter www.dasarchiv.atSeite 28


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Glossar – diesmal: ASO, SSB, SPF, SPZASOhäufigsteLehrplanzuordnungfür Integrationskinder,bezieht sich auf den Lehrplan derAllgemeinen Sonderschule.SSBSonderschule für schwerstbehinderteKinder – gleichfalls eine möglicheLehrplanzuordnung für IntegrationskinderSPFSonderpädagogischer Förderbedarf(wird kommissionell festgestellt undbescheidmäßig ausgesprochen) –beinhaltet noch keine Lehrplanzuordnung!Sonderpädagogischer Förderbedarf(SPF) bedeutet, dass ein Kind je nachArt und Schwere der BehinderungFörderung durch spezielle Maßnahmenbraucht. Dies können sein:Anwendung eines anderen Lehrplanesspezielle Lehrmittel bzw. LehrmethodenZusätzliche Lehrer bzw. Lehrerinnenbauliche VeränderungenHilfsmittel oder MöbelSeit dem Schuljahr 1993/94 besteht perGesetz die Wahlmöglichkeit zwischeneinem Sonderschulbesuch und einemintegrativen Schulbesuch in derVolksschule, Hauptschule oder AHSUnterstufe.SPZQuelle: Stadtschulrat WienSonderpädagogisches Zentrum.Sonderpädagogische Förderzentren sindin aller Regel Sonderschulen, die vomStadtschulrat für Wien (Landeschulrat inden anderen Bundesländern) diespezifische Aufgabe übertragenbekommen haben, durch Bereitstellungund Koordination sonderpädagogischerMaßnahmen in anderen Schularten dazubeizutragen, dass Kinder mit sonderpädagogischemFörderbedarf in bestmöglicherWeise auch in allgemeinen Schulenunterrichtet werden können. Der Leiterder betreffenden Sonderschule ist dannauch Leiter des SonderpädagogischenZentrums.Die Hauptaufgaben des SonderpädagogischenZentrums bestehen in einemsonderpädagogischenKompetenztransfer und in einerSicherstellung sonderpädagogischerBetreuungsqualität. Darüber hinaussollen SPZ´s LehrerInnen und Elternunterstützen und beraten sowiematerielle und personelle Ressourcenzur Unterstützung der Regelschulen beider Förderung von Kindern mit sonderpädagogischenFörderbedarf bereitstellen.Jedem SPZ ist eine Anzahl vonbenachbarten Regelschulen der Regionzugeordnet, die mit dem SPZ in Kontaktstehen und für die das regionale SPZalle Integrationsklassen gemeinsam mitden DirektorInnen betreut. AuchEinzelintegrationen werden gemeinsamorganisiert.Quelle: Lebenshilfe WienSeite 29


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Wegsperren – wegschauen – unterdrücken ODERhinschauen – sich einlassen – Respekt mit Ehrfurcht und Klarheit lebenDas Amstettener Verlies ist kartografiert,seine Gefangenen durch eine glücklicheFügung endlich frei. Also wieder alles inOrdnung im Staate Österreich? Mitnichten.Empörung und ungläubiges Staunen überdie tollkühne Brutalität eines autoritärenFamilienoberhaupts verebben fast soschnell wie die Satelliten-TV-Wägen zumnächsten „Event“ weiter brausen.Es liegt also an uns, an denZuschauerInnen, aus den EisbergspitzenKampusch und Fritzl eine persönlicheLehre zu ziehen die ein bisschen mehrhergibt als nur: „Na so was!“ – „DieserVerbrecher!“ - „Das würde ich aber niemachen!“Wie gehen wir alle miteinander um? Tag fürTag! Mit Wünschen an den Anderen / dieAndere! Mit eigener und fremder Hoffnung,Freude und Verzweiflung!Mitleid ist dabei allem Anschein nach einesehr flüchtige Erscheinung, wenn man denBerichten über Arigona Zogaj und ihredurch staatliche Gewaltinterventionzerrissene Familie Glauben schenkendarf: Gestern noch von der örtlichenBevölkerung auf den Schild gehoben,heute schon wieder von Vielen skeptischbeäugt und gedanklich abgeschoben,geistig „abgetrieben“ irgendwo dahinunter auf den Balkan.Das erinnert ein wenig an die sehrwechselhafte Konjunktur von Fußballfan-Hitzewellen, wie wir sie demnächst imRahmen der sog. EURO in einemgroßen Innenstadt-Planquadrat in Wienquasi-labormäßig beobachten werdenkönnen.Der Amstettener Kellerbunker stellt unsallen die Frage, wie Männer und Frauen,Erwachsene untereinander respektvollmiteinander umgehen (können). WieErwachsene ihren Erfahrungsvorsprungund ihre Verantwortungs- und Macht-Position gegenüber Kindern undJugendlichen so leben undeinbringen, dass ein beidseitigesLernen und Wachsen, einwechselseitiges Reicher- und Reifer-Werden möglich ist!Und diese Linie – mal Trennlinie, malWachstumsring - verläuft nicht nurzwischen Mann und Frau, zwischenHell- und Dunkelhäutigen, Alten undJungen, sondern auch zwischen densog. Behinderten und Nicht-Behinderten! Diese Linie wird vonMillionen, Milliarden Menschenständig neu definiert, von Südafrikabis Grönland. Jeder von uns kann dieSchiene des Hasses, der Egozentrikund der Abgrenzung durch Abwertungbefahren und bedienen. Das geht sehrleicht und fast im Selbstlauf, nochdazu wenn wir merken, dass anderemittun, dass es „in“ ist, dass dieMasse wogt!Seite 30


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Schwieriger zu beschreiten aber unendlichwohltuender ist der Pfad des respektvollen,kritischen, wertschätzenden Miteinanders.Und das beste Übungsgelände dafür bietenuns ...... die Kinder!Darum möchte ich diese Glosse schließenmit einem Zitat von Khalil Gibran, einemlibanesisch-amerikanischen Maler,Philosophen und Dichter. Diese Zeilengingen mir schon bald nach demBekanntwerden der AmstettenerHorrorgeschichte durch den Kopf. Und werdiese Gedanken mit Bedacht liest, wird sichauch ein Stück weit selber besser kennenlernen. Zumindest mir selbst geht es jedesMal aufs Neue so.tshipi„Von den Kindern“Eure Kinder sind nicht eure Kinder.Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsuchtdes Lebens nach sich selber.Sie kommen durch euch, aber nicht von euch,Und obwohl sie mit euch sind,gehören sie euch doch nicht.Ihr dürft ihnen eure Liebe geben,aber nicht eure Gedanken,Denn sie haben ihre eigenen Gedanken.Ihr dürft ihren Körpern ein Haus geben,aber nicht ihren Seelen,Denn ihre Seelen wohnen im Haus von morgen,das ihr nicht besuchen könnt,nicht einmal in euren Träumen.Ihr dürft euch bemühen, wie sie zu sein,aber versucht nicht, sie euch ähnlich zu machen.“(Khalil Gibran)Seite 31


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Termine mehr dazu + aktualisiert unter www.lernwerkstatt.or.atTerminThema3. Juni 2008 15:30-17:00 Uhr Tanzaufführung „Feder für Feder bist du frei“ HDB 1200Zum Kalender4. Juni 2008, 18:00 Uhr Elternabend Nr. 2 für ALLE Neulinge 2008/09: ORGANISATOR.SCHWERPUNKT13. Juni 2008 EINREICHFRIST: Freifahrtanträge / NMB-Anmeldg. / NMB-Ermäßigg.für2008/0913. Juni 2008, 11:00-16:30 Uhr Jahresabschluss- und VerlässlerInnenfest an der ILB13. Juni 2008 15:30-16:30 Uhr Mini-KDL-Tag, Spezi-Tag für Eltern und KinderDer wilde kleineAffe auf unsererHomepage führtdirekt zur großenmonatlichenTerminübersichtEinfach anklicken!23. - 27 Juni. 2008 Umfassende Übersiedlungsaktivitäten: 2 Stammgruppen vom HausVorgartenstr. 50 ins Haus Vorgartenstraße 42, innerhalb des HausesVorgartenstraße 50 übersiedeln weitere 3 Stammgruppen in neue Räumeund schließlich kommt die Stammgruppe K neu dazu!23. Juni 2008 <strong>Till</strong>3 erscheint24.Juni.2008Trägerkolonne der MA 56 kommtDarum stark eingeschränkter Unterrichtsbetrieb in der letzten Schulwoche,wir planen gemeinsame Akitivitäten mit allen Kindern (Ausflüge, Kino usw.)und bitten auch Eltern, die Zeit haben, uns entweder bei denUmsiedelungsaktivitäten oder bei der Begleitung der Kinder zu helfen.Meldungen bitte an Ihre LernbegleiterInnen oder an Frau Anna Tripamervon der Stammgruppe J !27. Juni 2008 Letzter Schultag vor den SommerferienSeite 32


Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Impressum<strong>Integrative</strong> <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong>,Vorgartenstraße 50, 1200 Wien,Tel.: 01 333 37 23Web: http://www.lernwerkstatt.or.at/Mail: vs20vorg050k@m56ssr.wien.atRedaktion:Josef Reichmayr, Martina Wolf,Karinmaria Feller, Sigrid SchauerKontakt Redaktion:ilb10@gmx.atTexte, Vorschläge,Meinungen,…bitte an:ilb10@gmx.atSeite 33

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!