Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Additionen ohne Zehnerüberschreitungausrechnen.Was mir heute noch leid tut: Ich konnteSinah nicht „in die Million einführen“. ErstMartina Hofleitner, meine jetzige Kollegin,hat das Material (also den Zehntausender,den Hunderttausender, die Million) in unsereSchule gebracht, und sie hat damals nochnicht als Lernbegleiterin in der ILBgearbeitet. Ich stelle mir gerade vor, wiebegeistert Sinah gewesen wäre, wenn ichsie in der großen Millionenkiste auf demGang herumgeführt hätte! Sinah hättedamals wahrscheinlich auch bald fünf-,sechs- bzw. siebenstellige Zahlen ohneZehnerüberschreitung addieren können –und sie hätte dabei vielleicht mehrVorstellung gehabt als so manches Kind,das nie im Leben das Größenverhältnis1:1.000.000 erleben, be- bzw. angreifen,erfahren, spüren durfte. Ehrlich gesagt –so nebenbei: Auch ich war verblüfft (underfreut), als ich die Million und den Einerreal das erste Mal vor mir liegen sah.Sigi Mazal, die Mutter von Clara (damalsebenfalls Schülerin in der StammgruppeA), hatte uns ein Lied „geschenkt“. (Ichbetrachte es auch heute noch alsGeschenk, für das ich dankbar bin. Esbereitet mir und hoffentlich auch meinerKollegin und den Kindern, die wir aufihrem Lernweg begleiten, nach wie vorFreude.) Ein Ritual aus meiner Zeit mitSinah, das wir auch heute noch haben:Besucherinnen und Besucher bekommen– wenn sie wollen – dieses Liedgeschenkt. Wer von uns das Lied auchgern für sich gesungen haben möchte,bekommt es ebenfalls.Sinah hat sich dieses Lied bei jederGelegenheit gewünscht, und ich sehe sieheute noch vormir sitzen – miteinem überglücklichenStrahlen inihrem Gesicht. Ichhabe das Lied imLaufe der Zeit einwenig abgeändert,und es gehtso: Sinah, schön,dass du da bist;Sinah, gut, dasses dich gibt;Sinah, ich freu mich sehr, dass wirzusammen sind!Wie ich von Uschi weiß, war das Lied„Sinah, schön, dass du da bist, ...“auch nach ihrem ILB-Besuch nochwichtig, so wichtig, dass Sinah es imJahr 2007 im Frühjahr, als sie einPraktikum in einem Kindergartenmachte, den Kindern im Kindergarten„geschenkt“ hat.Als es um die Lehrplanzuteilung ging,wehrte Uschi sich gegen die Zuordnungdes Lehrplans für schwerstbehinderteKinder. Ich kann sie gutverstehen und habe durch ihreHartnäckigkeit auch erst wahrgenommen,wie verletzend dieser Begriff„schwerstbehindert“ empfunden werdenkann. Ich denke, in dem Wortdrückt sich alles andere als Anteilnahme,Empathie mit den Betroffenen(Kindern und Eltern) und Respekt vordem Anderen aus. Dass wir inÖsterreich im Jahr 2007 in der Schulenoch immer mit diesem Etiketthantieren (müssen), betrachte ichnicht als Ruhmesblatt. Im Gegenteil:Seite 10
Der Newsletter der <strong>Integrative</strong>n <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008Ich denke, dass es höchst an der Zeit ist,diesen Begriff durch einen anderen zuersetzen.Ich betrachte die Mehrstufenklassen und dieIntegration als die zwei Säulen der ILB, überderen Sinnhaftigkeit ich nicht mehr diskutiere.Weder die eine noch die anderemöchte ich missen. Mir als Lernbegleiterinbietet die Integration - oder manche würdensagen: Inklusion – die Möglichkeit, die imTILL 8 beschriebene +/+-Haltung allenKindern gegenüber zu leben, die ich aufihrem Lernweg begleiten darf. Seit 1992arbeite ich in Integrationsklassen, und dasZusammensein mit den „Integrationskindern“hat mich sehr viel gelehrt und zwarüber mich, über andere Menschen, über dieWelt, in der wir leben. Ja, ich bin dankbardafür!Christiana Pock-Rosei(Anmerkung: Ich habe meinen Beitrag mit dem Titel„ICH BIN OK – DU BIST OK (+/+) -TRANSAKTIONEN, einmal anders gesehen“, der imIntegrationsjournal Dezember 07 (herausgegebenvom Stadtschulrat für Wien) erschienen ist, für TILL4ein wenig umgearbeitet.)Christiana Pock hat Ihren schönen Beitrag an Susanna Juresa geschickt, um Ihre Freigabe fürden Beginn es Textes einzuholen.Susanna hat darauf hin um einige Änderungen im Text ersucht.Damit Ihr, liebe Leser, einen Einblick habt, wie sensibel das Thema ist, haben wir, mit demEinverständnis von Susanna und Christiana, den ursprünglichen Text unverändert gelassen unddas Mail mit den Änderungen und Ergänzungen von Susanna separat dazu gestellt.Anmerkung der RedaktionSeite 11