Werte, Wichs und Waffenbrüder - RZ User
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12 <strong>Werte</strong>, <strong>Wichs</strong> <strong>und</strong> <strong>Waffenbrüder</strong><br />
Zusammengehörigkeit zu finden, die auf mehr beruht als<br />
auf dem Zufall der Unterworfenheit aller einzelner unter<br />
die selbe abstrakte Herrschaft. In Deutschland war es der<br />
Wunsch nach konkreter, <strong>und</strong> ” natürlicher“ Gemeinschaft<br />
einerseits <strong>und</strong> der Identität der ” guten“ Herrschaft mit<br />
den Beherrschten anderseits, dem ” Volksstaat“ (U. Enderwitz).<br />
Der gegen Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts als politische<br />
Massenbewegung aufkommende moderne Antisemitismus<br />
unterscheidet sich von seinem Vorgänger, dem sich religiös<br />
legitimierenden Antijudaismus insbesondere darin, dass er<br />
die Vorstellung globaler Macht zum Inhalt hat; der moderne<br />
Antisemitismus ist ” die prominenteste Verschwörungstheorie,<br />
um den Weltmarkt zu erklären“ (M. Postone).<br />
Darin liegt der f<strong>und</strong>amentale Unterschied zum Rassismus,<br />
aus: Burschenschafter <strong>und</strong> nationale Identität, herausgegeben<br />
von der Burschenschaft Ghibellinia im Auftrag der Burschenschaftlichen<br />
Gemeinschaft in DB <strong>und</strong> DBÖ, Stuttgart 1984<br />
der ” die anderen“ als unterlegen abwertet, sollen doch ” die<br />
Juden“ eine universale, unfassbare Macht darstellen, die<br />
eine Gefahr für alle authentischen Völker bedeutet.<br />
Dem Antisemitismus zugr<strong>und</strong>e liegt die rigide Trennung<br />
zwischen Wesen <strong>und</strong> Erscheinung des Kapitalismus:<br />
die als konkret empf<strong>und</strong>ene Seite kapitaler Vergesellschaftung<br />
gilt dem Alltagsbewusstsein als natürlich <strong>und</strong> nicht<br />
zu hinterfragen, als bedrohlich gilt ausschließlich das Abstrakte,<br />
nur jene Seite erscheint überhaupt als kapitalistisch.<br />
Der moderne Antisemitismus formuliert den Gegensatz<br />
von stofflich Konkretem <strong>und</strong> dem Abstrakten als ” rassischen“<br />
Gegensatz zwischen Deutschen <strong>und</strong> Juden, er vollzieht<br />
die Biologisierung des Kapitalismus als ” Weltjudentum“.<br />
Bezogen auf die Nation bedeutet dies, dass Jüdin-<br />
33 Homepage der ” Deutschen Burschenschaft“<br />
nen <strong>und</strong> Juden zwar deutsche StaatsbürgerInnen, aber<br />
eben keine Deutschen waren. Sie galten ausschließlich auf<br />
der abstrakt rechtlichen Ebene als Teil der Nation, jedoch<br />
nicht als konkrete Individuen. Das Konstrukt des Juden“<br />
”<br />
erfüllte vielmehr die Funktion des Anti-Volkes“ (Améry<br />
”<br />
1990, 201) <strong>und</strong> der Gegenrasse“ (Rosenberg 1934, 462),<br />
”<br />
als dessen negativer Doppelgänger der Deutsche“ bzw.<br />
”<br />
” der Arier“ gesetzt wurde.<br />
Als Konstitutionsprinzip des Volkes gilt jener Ideologie<br />
zusätzlich der spezifisch deutsche Begriff von Ar-<br />
”<br />
beit“. Die Vorstellung einer ehrlichen, fleißigen deutschen<br />
Arbeit lieferte die Gr<strong>und</strong>lage der Projektion einer raffenden<br />
jüdischen Nicht-Arbeit: eine Projektion, die auch bei<br />
Teilen der sozialdemokratischen <strong>und</strong> kommunistischen Arbeiterbewegung<br />
nicht nur auf Ablehnung stieß. Das völkische<br />
Denken impliziert zudem notwendig, dass Klassengegensätze<br />
innerhalb der deutschen Gesellschaft verschleiert<br />
werden. Die völkische Homogenität darf nicht durch<br />
partikulare Klasseninteressen beeinträchtigt werden, daher<br />
gilt es, diese zu negieren. Das nationale Bündnis zwi-<br />
”<br />
schen Kapital <strong>und</strong> Arbeit“ im Nationalsozialismus wurde<br />
nach 1945 transformiert in das korporatistische Gesellschaftsmodell<br />
der BRD. Vor dem Hintergr<strong>und</strong> dieser klas-<br />
”<br />
senlosen Klassengesellschaft“ (T.W. Adorno) laufen auch<br />
heute noch die sozialpolitischen Auseinandersetzungen in<br />
Deutschland ab.<br />
” Größer als die BRD. . .“<br />
Wie bereits oben erwähnt, wird im völkischen Denken,<br />
die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft über scheinbar<br />
natürliche <strong>und</strong> organische Eigenschaften definiert. Wichtigstes<br />
Kriterium stellen demnach das Blut bzw. in der<br />
modernen Form die Gene da. Jetzt ist Blut aber bei allen<br />
Menschen rot, hat einen Rhesusfaktor oder nicht <strong>und</strong> weltweit<br />
gibt es die Blutgruppen 0, A, AB <strong>und</strong> B. Charaktereigenschaften<br />
oder Aussehen haben damit nichts zu tun. Die<br />
Herleitung, die Deutschen seien die direkten Nachfahren<br />
der Germanen, rührt aus einem solchen Denken. Demnach<br />
seien die Charaktereigenschaften, die bei den Germanen<br />
zu finden gewesen wären, wie Stolz, Fleiß, Mut, Treue,<br />
Ehre usw. alles auch Eigenschaften, die sie direkt weiter<br />
an die Deutschen vererbt hätten. Nun klingen diese Ideen<br />
heute doch ziemlich albern <strong>und</strong> längst überholt. Wer<br />
dazu gehört wird jedoch immer noch in etwas abgewandelter<br />
Form nach dem ius sanguis (s.o.) bestimmt. Für die<br />
Deutsche Burschenschaft ist demnach auch klar, wer denn<br />
” deutsch“ <strong>und</strong> wo Deutschland“ überall ist.<br />
”<br />
” Die Deutsche Burschenschaft sieht das deutsche Vaterland<br />
unabhängig von staatlichen Grenzen in einem freien<br />
<strong>und</strong> einigen Europa, welches Osteuropa einschließt. Sie<br />
setzt sich für eine enge Verb<strong>und</strong>enheit aller Teile des deutschen<br />
Volkes in Freiheit ein [. . . ]. Unter dem Volk versteht<br />
sie die Gemeinschaft, die durch gleiches geschichtliches<br />
Schicksal, gleiche Kultur, verwandtes Brauchtum <strong>und</strong><br />
gleiche Sprache verb<strong>und</strong>en ist. Pflicht der Burschenschaften<br />
ist das dauernde rechtsstaatliche Wirken für die freie<br />
Entfaltung deutschen Volkstums“. 33<br />
Entsprechend wurden in den letzten Jahren in Osteuropa<br />
Verbindungen gegründet <strong>und</strong> in die Deutsche Bur-