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Werte, Wichs und Waffenbrüder - RZ User

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<strong>Werte</strong>, <strong>Wichs</strong> <strong>und</strong> <strong>Waffenbrüder</strong> 15<br />

christliche Wertvorstellungen <strong>und</strong> Ideale. Im Gegensatz zu<br />

den aristokratischen Corps ermöglichten die katholischen<br />

Verbindungen auch Studenten aus den mittleren <strong>und</strong> unteren<br />

Schichten den gesellschaftlichen Aufstieg <strong>und</strong> das Erlangen<br />

hoher Positionen. 40<br />

Die Einflüsse der bürgerlich-demokratischen Errungenschaften<br />

der Weimarer Republik auf die Studentenverbindungen<br />

blieben sehr gering. Die Verbindungen waren weiterhin<br />

stark dem Monarchismus <strong>und</strong> der Wilhelminischen<br />

Ära verhaftet. 41<br />

” Die Legende vom ’ Dolchstoß‘ der ’ vaterlandslosen<br />

Gesellen‘ wurde genauso verbreitet wie monarchistisches<br />

Gedankengut. Schließlich bedeutete Demokra-<br />

’<br />

tie‘ für die Verbindungen Herrschaft der Masse‘ – <strong>und</strong> zu<br />

’<br />

dieser Masse‘ wollte man nicht gehören.“<br />

’ 42<br />

Viele Korporationsstudenten zählten schon Mitte der<br />

zwanziger Jahre zu den Gründungsmitgliedern <strong>und</strong> Unterstützern<br />

des Nationalsozialistischen Studentenb<strong>und</strong>es<br />

(NSDStB). Auch die Göttinger Burschenschaft Holzminda<br />

engagierte sich schon früh im NSDStB. Schon 1929<br />

”<br />

trugen B<strong>und</strong>esbrüder zu Band <strong>und</strong> Mütze stolz das Zeichen<br />

der Bewegung, <strong>und</strong> zwei Holzminder waren unter<br />

dem ersten Dutzend Mitglieder, die der NSDStB damals<br />

in Göttingen zählte [. . . ] In Göttingen damals gab es kaum<br />

eine Versammlung des NSDStB, zu der wir nicht in Farben<br />

Vertreter schickten.“ 43<br />

Allerdings war das Verhältnis zwischen den Studentischen<br />

Korporationen <strong>und</strong> dem NSDStB auch von Konflikten<br />

geprägt. Vor allem das elitäre Selbstverständnis der<br />

Corps kollidierte mit der als populistisch empf<strong>und</strong>enen<br />

Ausrichtung des NSDStB. Der Konflikt wurde erst 1928<br />

mit der Benennung des ehemaligen Corps-Studenten Baldur<br />

von Schirach zum Führer“ des NSDStB abgemildert.<br />

”<br />

Offensichtliches Ziel dieses Führungswechsels war die Anpassung<br />

des NSDStB an die elitär-akademischen Vorstellungen<br />

der Korporationen. So bekamen die Studentenverbindungen<br />

die Gelegenheit, auf ihre Art Teil des Nationalsozialismus<br />

zu sein.<br />

Baldur von Schirach erklärte zu der Kooperation: Es<br />

”<br />

ist kein Zufall, daß der Nationalsozialistische Deutsche<br />

Studentenb<strong>und</strong> <strong>und</strong> die schlagenden Verbindungen eine gewisse<br />

Auslese des Menschenmaterials der heutigen Studentenschaft<br />

in ihren Reihen vereinen: der Wille zur Tat <strong>und</strong><br />

zur Waffe hat hier die einzig wertvollen aktivistischen Elemente<br />

zusammengefasst.“ 44<br />

Auch in der Zeit des Nationalsozialismus <strong>und</strong> nach dem<br />

Übergang der Deutschen Burschenschaft in den NSDStB<br />

besetzten Burschenschafter hohe Positionen in der neuen<br />

Verbindung. Die frisch gegründete Alte Burschenschaft“<br />

”<br />

bestand fast nur aus ehemaligen Alten Herren“ der ver-<br />

”<br />

schiedenen Korporationen. Die Seilschaften der alten Verbindungen<br />

funktionierten auch während des Nationalsozialismus<br />

zur Zufriedenheit ihrer Protagonisten. 45<br />

4.2 Vetternwirtschaft <strong>und</strong> Elitedünkel heute<br />

Nach 1945 erstarkten<br />

die studentischenVerbindungen<br />

relativ<br />

schnell zu alter<br />

Blüte. Zunächst<br />

als nationalistisch<br />

<strong>und</strong> das<br />

Naziregime unterstützendeingestuft<br />

<strong>und</strong> daher<br />

verboten, wurden<br />

die Verbindungen<br />

Bündnispartner<br />

der Alliierten im<br />

Kampf gegen die<br />

”<br />

Chargen des VdSt heute<br />

kommunistische<br />

Gefahr“. In der<br />

Folgezeit galten<br />

sie (zum größten<br />

Teil fälschlicherweise)<br />

als nicht<br />

belastet oder entnazifiziert.<br />

Zügig konnten die Alten Herren“ daher ihre<br />

”<br />

alten Seilschaften wieder in alter Form nutzen <strong>und</strong> Verbindungsbrüder<br />

teils offen, meist verdeckt, in gehobene<br />

Positionen hieven. Im Folgenden soll dargestellt werden,<br />

wie <strong>und</strong> auf welcher ideologischen Basis beruhend die Korporierten<br />

heutzutage ihre Beziehungen spielen lassen <strong>und</strong><br />

inwiefern sie hierbei Erfolg haben.<br />

Systematische Protektion <strong>und</strong> ideologische Unterfütterung<br />

Bei der Rekrutierung ihres Nachwuchses<br />

werben Studentenverbindungen, Corps <strong>und</strong> Burschenschaften<br />

mit den beruflichen Vorteilen, die eine Mitgliedschaft<br />

mit sich führen kann. Häufig werden neben der<br />

Vergabe von Stipendien berufliche Einstiegsmöglichkeiten<br />

geboten. 46 Förderer <strong>und</strong> Finanziers des Nachwuchses<br />

sind ehemalige Aktive, die so genannten Alten Herren,<br />

zu denen zahlreiche Politiker <strong>und</strong> führende Wirtschaftsgrößen<br />

zählen. 47 Die Alten Herren sind verpflichtet den<br />

” Zum Natur- oder Geistes- oder Gesellschaftswissenschaftler,<br />

zum Mediziner oder Techniker wird<br />

man an der Hochschule ausgebildet zum Akademiker<br />

aber bildet man sich im Lebensb<strong>und</strong>.“ ∗<br />

∗ Herbert Kessler, ” Vielfalt <strong>und</strong> Einheit der deutschen Korporationen“<br />

in: Der Convent, H. 9/1985, S. 194 (198).<br />

40 vgl. Felix Krebs in: Beyer, Knigge, Koch, Kocher, Krebs, Meyer, ” . . . <strong>und</strong> er muss deutsch sein“. S. 180.<br />

41 vgl. Heither, Gehler, Kurth, Schäfer, Blut <strong>und</strong> Paukboden. S. 181.<br />

42 Heither, Gehler, Kurth, Schäfer, Blut <strong>und</strong> Paukboden. S. 181.<br />

43 Alte-Herren-Zeitung der Burschenschaft Holzminda, Göttingen 1935, zitiert nach: Heither, Gehler, Kurth, Schäfer, Blut <strong>und</strong> Paukboden.<br />

S. 94f.<br />

44 Baldur von Schirach, Wille <strong>und</strong> Weg des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenb<strong>und</strong>es, zitiert nach: Heither, Gehler, Kurth, Schäfer,<br />

Blut <strong>und</strong> Paukboden. S. 95.<br />

45 vgl. Heither in: Heither, Gehler, Kurth, Schäfer, Blut <strong>und</strong> Paukboden. S. 237–249.<br />

46 vgl. Peter Schmitt: ” Es ist natürlich etwas anderes, wenn man weiß, der andere war auch aktiv“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung,<br />

26.03.2000)<br />

47 vgl. Gute Verbindungen nach rechts (http://www.Freitag.de/2001/30/01300402.php)

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