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Daylight & Architecture | Architektur-Magazin von VELUX, Ausgabe ...

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FOTOS: RUPERT STEINER<br />

Plug-ins und Dachaufbauten:<br />

Wie neuer Wohnraum entsteht<br />

Bestehende Bausubstanz nicht zu abzureißen, sondern heutigen<br />

Anforderungen anzupassen, ist ein Postulat, das im Zeitalter<br />

nachhaltigen Bauens ständig an Bedeutung gewinnt.<br />

Lange Zeit haben Architekten derlei Bauaufgaben abschätzig<br />

betrachtet, weil sie als wenig prestigeträchtig galten. Diese<br />

Zeit ist vorbei: Heute gibt es genug Beispiele für ganz unterschiedliche<br />

Lösungen des Verhältnisses <strong>von</strong> Alt und Neu.<br />

Ein Thema, das in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird,<br />

ist die Umnutzung <strong>von</strong> Gewerbeliegenschaften in Wohnbauten.<br />

Ein Pionierprojekt wurde unlängst <strong>von</strong> dem Büro Holzer<br />

Kobler <strong>Architektur</strong>en im Zürcher Giesshübel-Quartier<br />

realisiert. Die Architekten, die das Umbauprojekt für einen<br />

Verwaltungsbau der Warenhauskette Globus selbst lancierten<br />

und sich dafür einen Investor suchten, favorisierten ein<br />

hybride Nutzungsmischung: im Erdgeschoss Gewerbeflächen,<br />

im 1. Obergeschoss Büros, in den zwei Vollgeschossen<br />

darüber und in der Attikazone Wohnungen.<br />

Die Fassade aus dem Jahr 1956 blieb weitgehend erhalten.<br />

Nur die wie Vitrinen wirkenden Rahmen mit jeweils<br />

drei französischen Fenstern, <strong>von</strong> Geschoss zu Geschoss versetzt,<br />

treten als neue Schicht vor die Fassade und wirken als<br />

Unterbrechungen der bestehenden Fensterbänder. Bewohnt<br />

werden müssen die Wohnungen wie Lofts: Wer an einer<br />

herkömmlichen Zimmerstruktur interessiert ist, wird aufgrund<br />

der Gebäudetiefe auf Probleme mit der Belichtung stoßen.<br />

Die fehlenden Außenräume finden sich auf dem Dach:<br />

Dachgärten können auch <strong>von</strong> den Bewohnern der unteren<br />

Geschosse angemietet werden.<br />

Eine andere Strategie verfolgte die Architektengruppe<br />

blauraum in Hamburg-Harvestehude. Umgewandelt wurde<br />

im Jahr 2005 ein viergeschossiger Gewerbeblock, in dem<br />

15 Eigentumswohnungen untergebracht werden konnten.<br />

Die Außenhaut aus Kunstharzplatten mit Naturholzlaminat<br />

wirkt wohnlich und lässt kaum noch etwas <strong>von</strong> dem<br />

architektonisch banalen Geschäftsgebäude erahnen. Doch<br />

die eigentliche Spezialität des Gebäudes stellen die abgehängten<br />

Kuben an der Außenfassade dar. Jeweils acht Quadratmeter<br />

messend, bergen sie jene Funktionen, die nicht in<br />

die bestehenden Grundrisse eingefügt werden konnten, wie<br />

56<br />

Auf dem Dach eines unscheinbaren<br />

Bürogebäudes aus den<br />

60er-Jahren platzierten Delugan_Meissl<br />

aus Wien 2003 ihr<br />

Wohnhaus ‚Ray 1’: eine Bau–<br />

skulptur aus Glas und Aluminium,<br />

die über ein Stahlskelett<br />

auf den Außenmauern des Altbaus<br />

aufsitzt.<br />

etwa ein Vestibül, eine Sauna, eine Loggia oder ein Bad. Mit<br />

Fenstern quer zur Fassade versehen, tragen die Ausstülpungen<br />

auch hinsichtlich des Lichteinfalls zur Auflockerung<br />

der Wohnungen bei.<br />

Mitunter beschränkt sich die architektonische Intervention<br />

bei bestehenden Gebäuden allerdings nur auf die Dachbereiche;<br />

auch in Wohnbauten besteht hier häufig noch das<br />

Potenzial der Verdichtung, der Aufstockung oder des Ausbaus.<br />

Der Dachausbau an der Falkestraße (1983–88) in Wien<br />

<strong>von</strong> Coop Himmelb(l)au, ein Schlüsselwerk des Dekonstruktivismus,<br />

ist inzwischen zur Ikone geworden. In den letzten<br />

Jahren haben sich zwei jüngere Wiener Büros der gleichen<br />

Aufgabe angenommen. 2002/2003 installierten Delugan<br />

Meissl eine fließende Raumlandschaft, die mit Alucobond<br />

verkleidet ist, auf einem Sechzigerjahre-Bürohaus im vierten<br />

Bezirk der österreichischen Hauptstadt.<br />

Ein spektakulärer Dachaufbau befindet sich seit Jüngstem<br />

auf einem Hochbunker nördlich des Bahnhofs Friedrichstraße<br />

in Berlin. Das Relikt aus der Zeit des Zweiten<br />

Weltkriegs, das nach der Wende als Location für Techno-Partys<br />

fungierte, wurde <strong>von</strong> dem <strong>Architektur</strong>büro Realarchitektur<br />

für die Kunstsammlung <strong>von</strong> Christian Boros ausgebaut.<br />

Den denkbar stärksten Kontrast zu den künstlich belichteten<br />

Galeriesälen hinter den meterdicken Betonmauern bildet<br />

die wie ein Penthouse auf das Dach gesetzte, rundum<br />

verglaste Wohnstruktur für den Sammler und seine Familie.<br />

Hat man den in das drei Meter starke Dach des Bunkers<br />

gesägten Einschnitt durchquert, steht man in einer lichtdurchfluteten<br />

Wohnung.<br />

Deutlich unkonventioneller wirkt der Dachaufbau für<br />

die Familie des Perückenmachers Didden in Rotterdam, das<br />

erste realisierte Projekt <strong>von</strong> MVRDV an ihrem Arbeitsort.<br />

Die Schlafzimmer der Eltern sowie der beiden Kinder treten<br />

als „Urhütten“, als archetypische Häuser, in Erscheinung und<br />

werden über Treppen <strong>von</strong> der Wohn-Loftebene im Geschoss<br />

darunter erschlossen. Neben den Kleinhäusern finden sich<br />

auf der Dachebene Bänke, Duschen und Bäume, durch Aussparungen<br />

in der Brüstung kann man hinunter auf die Stadt<br />

blicken. Alle Elemente sind mit blauem Polyurethan überzogen:<br />

Das „Didden Village“ ist eine große Spielfläche, ein<br />

künstlicher Himmel.<br />

D&A WINTER 2008 AUSGABE 10

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