REFERAT UND PODIUM «KNACKNUSS SEXUALKUNDEUNTERRICHT»Herausforderung Lehrplan 21Am 31. August fand imTheologisch-DiakonischenSeminar (TDS) in Aaraueine Auseinandersetzungmit dem in der Vernehmlassungstehenden Lehrplan21 (LP 21) und insbesonderedem Thema Sexualkundeunterrichtstatt.Nach einem kurzen Rückblick auf die Geschichteder IG Sexualerziehung durchMatthias Kägi, hielt Willi Villiger, Reallehrerund Familienvater von 10 Kindern – inder SVP für die Bildungspolitik zuständig –ein Kurzreferat. Einleitend erwähnte erdrei News-Meldungen stellvertretend fürallgemeine Zeiterscheinungen: 1. RogerFederer bezeichnete die Geburt seinerTöchter als Höhepunkt in seinem Leben.2. Swisscom-Chef Carsten Schloter schiedaus dem Leben. Er hatte für eine FreundinFrau und Kinder verlassen und geriet aufdem Olymp der Macht in eine Sinnkrise.3. Der Familie Wunderlich entrissen Polizistenüberfallsmässig die Kinder. Dies,weil die Eltern ihre Kinder daheim mittelsHomeschooling schulten.Angriffsziel SchamWilli Villiger hat für sich verschiedeneGedankengebäude am Wort Gottes überprüft.Er betonte auf dieser Grundlage,dass die Beziehung zum Schöpfer nachdem Sündenfall nicht mehr intakt war. AlsFolge der Sünde sei die Scham entstanden.Sie bewahre die Würde ein Stück weit.Diese sei heute das Angriffsziel der altenSchlange. Sie frage: «Ist die Scham nichtBild: zvg(v.l.n.r.:) Willi Villiger, Regula Lehmann, Christian Schmid, Joel Blunierund Lisa Barmet.ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten?»Ein pseudowissenschaftlicher Tabubruchführe heute zu abartigen und sündhaftenGedankengebilden und Taten. WilliVilliger forderte uns auf, alles daran zusetzen, unsere Kinder diesem Einfluss zuentziehen.Verkehrte MenschenrechteWeiter zeigte der Referent auf, wie aus derGottlosigkeit heraus neue Menschenrechtepostuliert werden. Die Ehe wurde vonGott gestiftet und wiederspiegelt Christiunverbrüchliche Treue zu uns. Mit deremanzipatorischen Sexualerziehung werdeein Menschenrecht auf Lust proklamiert– moralische Einschränkungen hingegenwerden menschenrechtswidrig. Dasbiblische Rollenverständnis wurde ersetztdurch die elterliche Sorge. Ebenso das Namensrechtentsprechend angepasst. In derBibel ist Kinderreichtum ein Segen. DasPrinzip der aktuellen Sexualpädagogiksei jedoch, Leben zu verhindern. Damitwerde Abtreibung zu einem Menschenrechtund Gender Mainstreaming sei derMasterplan des Teufels.Viele KritikpunkteIm von Christian Schmid (Pro Life) geleitetenPodium diskutierten Willi Villiger;Regula Lehmann, Familienberaterin/Buchautorin«Sexualerziehung?Familiensache!», Lisa Barmet, TeenSTARKursleiterin/Sexualpädagogin/Lehrerinund Joel Blunier, EVP-Generalsekretär/Politiker über den LP 21 speziell bezüglichSexualpädagogik. Folgende Kritikpunktewurden u. a. angesprochen: Der Eingriff indie Elternrechte, die vielen Unklarheiten,die erst mit den Lehrmitteln konkreterwerden und die zu umfangreichen Themen.Aus dem Publikum kam u. a. derVorschlag, dass Eltern das Recht bekommenmüssten, privat für die Umsetzungvon Lernvorgaben wie Schwimmen oderSexualerziehung zu sorgen.Die Arbeitsgruppe der IG Sexualerziehunghatte bereits Vorarbeit geleistet und präsentierteeine Anleitung und Vorschlägefür Organisationen und Parteien als Hilfefür die Teilnahme an der Vernehmlassungzum LP21.Lisa LeisiSchreibende für unsere Rubrik «Kontroverse» gesucht<strong>EDU</strong>-Standpunkt – Oktober 201310Folgende Themen stehen zur Diskussion:• Ist der Einsatz osteuropäischer Pflegekräfte, welche zu Dumpinglöhnen <strong>Schweiz</strong>er Senioren in ihrem Heimrund um die Uhr betreuen, zu begrüssen?• Soll ein nationales Burka-Verbot eingeführt werden?• Sollen auch Ausländer die Polizeirekrutenschule absolvieren dürfen? (Nur Pro-Argumentation gewünscht)• Sollen Risikosportarten von der Krankenkasse ausgeschlossen werden?Haben Sie zu einem dieser Themen eine fundierte Pro- oder Kontra-Meinung? So verfassen Sie einen Text von zirka1200 Zeichen und fünf Argumenten, welche dafür oder dagegen sprechen. Weiter benötigen wir ein gutes Passfotovon Ihnen sowie einige Angaben zu Ihrer Person wie Alter, Zivilstand (ev. Kinder und Grosskinder), Beruf, Wohnort.Ihre Zeilen senden Sie bitte an eveline.rytz@edu-schweiz.ch oder anRedaktion «<strong>EDU</strong>-Standpunkt», Postfach,Frutigenstrasse 8, 3601 ThunHerzlichen Dank! Redaktion «<strong>EDU</strong>-Standpunkt»
LEHRPLAN 21: BILDUNGSPOLITISCHE GRUNDSATZÜBERLEGUNGENSic transit gloria mundi*(*So vergeht der Ruhm der Welt)Schon mehrmals wurde im«<strong>EDU</strong>-Standpunkt» über denLehrplan 21 (LP 21) berichtet,und zwar mit dem Fokusauf die staatlich verordneteHarmonisierung derSexualerziehung. Doch auchbildungspolitisch ist einelinksliberal-zentralistischeIdeologisierung sichtbar, welcheletztlich einer Nivellierungden Weg ebnet und dieKonkurrenzfähigkeit unseresLandes beeinträchtigt.Die <strong>Schweiz</strong> hat ein duales Bildungssystem,das eine gute Allgemeinbildung fürden Start ins Berufsleben gibt und voneiner prosperierenden Symbiose von praktischenund theoretischen, technischenund geistigen, kreativen und analytischenusw. SchülerInnen und Berufstätigen lebt.Jeder verfügt über adäquates Sachwissenfür seine Berufsausübung und auch eingewisses Quantum an disziplinübergreifendemDenken. Könnte man meinen.Ich heisse Sie herzlich willkommen imZeitalter der Kompetenzen, welche einstin Frieden am Baum der Bildung wuchsen,nun aber verdorren, da dieser ehrenwerteBaum um der Verschriftlichung diverserharmonischer Kompetenzen (auf ganzen516 Seiten) willen gefällt werden musste.Kompetenzen statt WissenBild: sxc.huAuch die Kapitelüberschriften zeigen, dassnicht mehr Wissen im Vordergrund desLP 21 steht sondern Kompetenzen. D. h.,dass SchülerInnen sich nicht mehr primärWissen und Erkenntnisse aufgrund vonanalytischem Denken und Kombinierenaneignen müssen, sondern lediglich gewisseGrundkenntnisse, auf deren Basisman alsdann ganz kompetent über dieGeschicke der Welt mitreden kann. Wasmit Nachdenken und Anstrengung zutun hat, ist nicht mehr im Trend, Kompetenzensind einfacher und das Quantuman Wissen, das erwünscht ist, soll durchunkritisches Auswendiglernen angeeignetwerden. Kein Wunder, sind auch die diversenkompetenzorientierten Sätze sehrschwammig formuliert. In der Weltwochevom 04.07.2013 bringt Mathias Binswanger,Professor und Dozent für Volkswirtschaftslehre,unter dem Titel «Kompetenzohne Wissen» diesen Umstand treffendauf den Punkt: «Der gesunde Menschenverstandsagt uns bereits, dass jedes Lernen,das diesen Namen verdient, konstruktivsein muss, und es lässt sich auchgar nicht anders als situativ vermitteln.Wozu dann also solche nichtssagendenWorthülsen?»GleichmachereiMehr Kompetenzen und weniger Wissenführen unweigerlich zu einer Nivellierungund damit letztlich zu einer Niveausenkungder Volksschule, denn es ist eineBinsenwahrheit, dass leistungsschwächereSchüler, die mitgeschleppt werden, dasUnterrichtsniveau eher senken als fördern.Doch dies ist angesichts der Ideologie derGleichheit unser aller, welche in linksliberalenKreisen vorherrscht, ja auch erwünscht,geht es doch um die berühmtberüchtigte«Bildung für alle». Schnell istdie Rassismus-Keule zur Seite. Mittlerweilewurden vielerorts die Sonderklassen abgeschafft,um einer «Diskriminierung»Einhalt zu gebieten. Doch nebst der Nivellierunglassen sich auch noch andereMerkmale einer Ideologisierung des harmonisierendenLP für alle 21 DeutschschweizerKantone feststellen. So tauchenabgesehen von der Sexualkunde auch weiterelinksliberale Begriffe wie «Genderfragen»und «interkulturelles Verständnis»auf, was kaum verwunderlich ist.Zwei weitere Gesichtspunkte1. Momentan läuft die Vernehmlassungzum LP 21. Vielerorts gibt es Termine zurEinsichtnahme der Dokumente, damitman diese auch kommentieren kann. DenGlarner Lehrkräften z. B. wurden dabei diebeiden Termine in die Sommerferien gelegt,wo viele Lehrkräfte im Urlaub weilen.Auf der Homepage www.lehrplan.ch gibtes eine Rubrik «Medienecho». In diesersind viele Artikel diversester Zeitungenselbst auf Regionalebene aufgeführt, dochfehlen indes sämtliche Weltwoche-Artikel.Wie erwünscht bei der EDK sachlicheKritik am Inhalt des LP 21 ist, zeigt sichallein hierdurch.2. Nur für 6 Kantone (AG, AI, BL, BS, FR,SH) überhaupt wurde ein Lehrplan für denKompetenzaufbau in Latein (auf Volksschulebene,nicht auf gymnasialer) erstellt.Wenn nun erwähnt sei, dass gemässder universitären Bildungsstudie EVAMA-RII von Franz Eberle den MaturandInnenmit Latein die mit Abstand höchste generelleStudierfähigkeit, Fähigkeit zu analytischemDenken sowie überdurchschnittlichesAllgemeinwissen attestiert werden,ergibt sich schlagartig, warum Latein auchzunehmend bildungspolitisch ausgemerztwerden soll: Es passt nicht in das Schemader Nivellierung unserer Bildung, sondernvielmehr zum veralteten christlichabendländischenLeistungsgedanken mitseinen Grundwerten der Eigenverantwortung,der Mittel- und Westeuropa zu seinerProsperität geführt hat und nun als elitärgilt. Wer Latein am Gymnasium hatte, istnämlich gemäss dem ETH-Präsidenten,Ralph Eichler, auch als sprachlich orientierterMensch an der ETH gut – und eroder sie reflektiert auch kritischer, als dasses der reine Kompetenzaufbau des LP 21vorsieht.Was steckt dahinter?Der LP 21 ist also ein Zeitgeistdokument,das linksliberalen Ideologien den Wegebnet, Zentralismus (oder euphemistischgesagt: Harmonisierung) und Bürokratieeinzuführen beabsichtigt und letztlichdurch eine Nivellierung höhere Maturquotenanstrebt. Die Elite unseres Landessoll sich nicht mehr durch Fachwissen,analytisches Denken und internationaleKonkurrenzfähigkeit auszeichnen, siemuss einfach ‚kompetent’ sein. Hoffenwir, dass die kritischen Argumente derWeltwoche-Artikel und auch der wachenLehrerschaft beherzigt werden und Widerstandgegen dieses unselige Projektmobilisiert werden kann!Artur Terekhov<strong>EDU</strong>-Standpunkt – Oktober 201311