Syrien-Konflikt:<strong>Hilfe</strong> für FlüchtlingeVor genau einem Jahr startete <strong>World</strong> <strong>Vision</strong> in der „<strong>Hilfe</strong> <strong>Direkt</strong>“ einen Spendenaufruf, um syrischenFlüchtlingen zu helfen. Mit der großzügigen Unterstützung von Paten und Spendern sowieGeldern vom Auswärtigen Amt konnte ein umfangreiches Hilfsprogramm gestartet werden. Dochdie Verschärfung des Konfliktes in Syrien hat dazu geführt, dass immer mehr Menschen fliehen undauf <strong>Hilfe</strong> angewiesen sind.Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht über den Konfliktin Syrien in den Nachrichten berichtet wird. Inzwischensind sechs Millionen Menschen auf der Flucht, entwederim Land selbst oder in den Nachbarstaaten. Alleinim Libanon leben derzeit fast 700.000 Flüchtlinge aus Syrien.Angesichts der Entwicklung der Krise gibt es Befürchtungen,dass diese Zahl noch rasant anwachsen könnte.Der Libanon – das Land hat rund 4,8 Millionen Einwohner– ist mit der Situation schon jetzt völlig überfordert, zumalimmer noch viele palästinensische Flüchtlinge im Landleben. Dementsprechend schwierig ist die Lage der Fami-lien, die in ihrem Heimatland alles zurücklassen mussten.Viele Menschen leben in selbstgebauten Notunterkünftenohne sanitäre Einrichtungen. Nach einer oft traumatischenFlucht führen die Kinder in den Notlagern alles andere alsein kindgerechtes Leben.Die <strong>Hilfe</strong> von <strong>World</strong> <strong>Vision</strong> konzentriert sich derzeit aufden Libanon und Jordanien. Die Spenden aus dem Aufrufin der <strong>Hilfe</strong> <strong>Direkt</strong> vom September 2012 wurden zusammenmit Geldern des Auswärtigen Amtes verwendet, umFlüchtlingen im libanesischen Bekaa-Tal zu helfen. Dabeiwurden vor allem neu angekommene Familien unterstützt,4
die nicht sofort Zugang zu internationalen Hilfsleistungenbekommen. 5.353 Familien erhielten wichtige Hilfsgüterund Hygieneartikel. Da es im Libanon im Winter sehr kaltwerden kann, wurden auch Decken, Matratzen, Öfen undGutscheine für Benzin verteilt, damit sich die Flüchtlingebesser gegen die Kälte schützen können. Da die fehlendenSanitäranlagen die Ausbreitung von Krankheiten begünstigen,hat <strong>World</strong> <strong>Vision</strong> auch über 200 mobile Latrinen zurVerfügung gestellt.Ein besonderer Fokus liegt auf der <strong>Hilfe</strong> für Kinder. Sowurden mehrere Kinderzentren eingerichtet, in denenMädchen und Jungen in geschützter Umgebung spielen,malen und ihre oft traumatischen Erlebnisse verarbeitenkönnen. Derzeit werden rund 480 Kinder in den Zentrenbetreut. Die Spenden haben auch die Anschaffung vondrei Containern ermöglicht, die als Klassenräume dienen.120 syrische Kinder erhalten hier „Aufholunterricht“ undwerden auf die Einschulung in eine libanesische Schulezum neuen Schuljahr vorbereitet.Wir danken allen Spendern, die diese <strong>Hilfe</strong> mit ihrenSpenden ermöglicht haben. Um der zunehmenden Zahlvon Flüchtlingen weiter zu helfen, sind wir dringend aufweitere Unterstützung angewiesen. Nähere Informationendazu finden Sie auf der Rückseite dieser Ausgabe von<strong>Hilfe</strong> <strong>Direkt</strong>.Vielen Dank!Viktoria SchmittInterviewZur Flüchtlingshilfe im Libanon sprach <strong>Hilfe</strong> <strong>Direkt</strong> mitViktoria Schmitt, die seit April 2013 vom <strong>World</strong> <strong>Vision</strong>-Büro in Friedrichsdorf aus Hilfsmaßnahmen für Flüchtlingeaus Syrien koordiniert.<strong>Hilfe</strong> <strong>Direkt</strong>: Frau Schmitt, Sie waren vor Kurzemim Libanon. Wie ist die Situation vor Ort?Viktoria Schmitt: Viele Flüchtlinge lassen sich imBekaa-Tal nieder, direkt hinter der Grenze. Dort siehtman eine Zeltstadt nach der anderen. Oft haben dieFlüchtlingsfamilien keine Toiletten, und die Kinderspielen draußen umgeben von Abfall. Das ist gefährlich,da sich dadurch leicht Krankheiten ausbreiten können,insbesondere im Sommer. Ein Arztbesuch ist aber für diemeisten Familien zu teuer, und so sieht man immer wiederKinder, die krank sind. Viele Kinder gehen auch nicht zurSchule. So kommen sie aus den Zeltstädten gar nichtmehr heraus. Ihre Eltern haben Angst um sie. Auch dasVerhältnis zu den libanesischen Anwohnern wird immerangespannter.Welche <strong>Hilfe</strong> benötigen die Flüchtlinge amdringendsten?Zunächst einmal natürlich das, was man zum Überlebenbraucht. Das heißt Essen, Trinken, ein Dach über dem Kopf,Zugang zu einer Toilette und Wasser. Bereits jetzt solltenauch schon Vorbereitungen für den Winter getroffenwerden, damit sich die Menschen rechtzeitig gegenKälte und Feuchtigkeit schützen können. Dann natürlichmedizinische und psychologische <strong>Hilfe</strong>. Viele Flüchtlingesind traumatisiert, haben Gewalt und Vertreibung erlebt,zum Teil mehrfach. Die Kinder sollten zur Schule gehen.Dort können sie nicht nur weiter lernen, der Austauschmit Freunden und ein geregelter Alltag helfen auch dabei,das Erlebte zu verarbeiten. Wichtig ist auch, dass wir beider <strong>Hilfe</strong> die Dörfer und Gemeinden einbeziehen.Ist eine Lösung für die Flüchtlingsproblematik inSicht?Derzeit weiß niemand, wie sich die Syrienkrise weiterentwickeln wird. Die Situation vor Ort ist sehr komplex,dazu kommen noch die Interessen anderer Staaten. Essieht aber nicht so aus, als könnten die Menschen bald inihre Heimat zurückkehren. Die Vereinten Nationen gehendavon aus, dass die Zahl der im Libanon registriertenFlüchtlinge in den kommenden Monaten auf über eineMillion steigen wird. Das entspricht fast einem Viertel derBevölkerung, und der Libanon ist damit völlig überfordert.Daher sind die Menschen weiter dringend auf <strong>Hilfe</strong>angewiesen.5