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VorwortSehr geehrte Damen und HerrenLiebes PublikumPlötzlich ist die Krise da, und sie istheftiger, bedrohlicher und globaler alserwartet. Keiner weiss, wie lange siedauert, ob die Talsohle bereits erreichtist oder ob es überhaupt jemals eineErholung geben wird. Es rauscht imBlätterwald: Die Krise ist Dauerthemaund kreiert mehrere Haupt- und vieleNebenschauplätze. Der Verlust vonSicherheit ist spürbar, und Existenzangstwird zum dominanten Themaunseres Zusammenlebens.«<strong>Theater</strong> ist Krise.» So lautet ein berühmterAusspruch des vor zehn Jahrenverstorbenen, bedeutenden deutschenDramatikers Heiner Müller, dessenQuartett wir zeigen. Heiner Müllermeinte 1995 damit, <strong>Theater</strong> könne überhauptnur in der Krise und als Krisefunktionieren, müsse sich also seineKrisen geradezu suchen, um fruchtbararbeiten zu können. Das <strong>Theater</strong> ist krisenfest,gestählt in einem Jahrzehntewährenden Dauerkonflikt, der es alsLuxus objekt und Spekulationsmassebehandelt wissen will.Aber auch inhaltlich sind wir in unsererArbeit ständig mit Krisen konfrontiert:Immer ist ein Konflikt Kern derdramatischen Handlung. Immer istes die Krise, an der ein Mensch wächstoder zu Grunde geht. Denn das <strong>Theater</strong>fokussiert auf das Schicksal von Menschen.Es zeichnet die unerträglicheSituation, in der sie sich befinden,thematisiert gesellschaftliche oder persönlicheKonflikte, an denen sie leidenund schildert ihr Ringen um Recht undAnerkennung.Der Soldat Woyzeck ist in Büchnersgleichnamigem Fragment gefangenin einem System, aus dem es kein Entrinnengibt. Seine Suche nach Glückoffenbart das schlechte Rüstzeug, mitdem er sich zu behaupten versucht undzeigt, wie sehr er zum Instrument deranderen geworden ist. Auch Andri inMax Frischs Andorra wird bestimmt vonder Gesellschaft, in der er lebt. Er verzweifeltan der Ächtung der anderen,die ihm aufgrund der vermeintlichenZugehörigkeit zu einer Minderheit entgegengebrachtwird. Neger im Schneevon Marianne Freidig erzählt die Geschichteeines Schweizer Tourismusortes,der durch Schneemangel undMissmanagement in die Krise geschlittertist. Maria Callas kann uns beialler Virtuosität in der Meisterklassevon Terrence McNally ihre zahlreichenLebenskrisen nicht vorenthalten.Auch sie bekommt, neben vielen anderenGeschichten, darunter wieder zahlreicheUr- und Schweizer Erstaufführungen,ihre Stimme. In Yasmina RezasGott des Gemetzels wird die Prügeleizweier Schüler Ausgangspunkt für einentragikomischen Bewältigungsversuchvon deren Eltern, der in die Katastropheführt – oft ist das vermeintlich schwerwiegendeProblem eben auch ein zuVernachlässigendes, und der Versuch,es zu bewältigen, amüsiert und belustigt.An den Schauplatz einer sehrernsthaften politischen Dauerkrisehingegen, in den Nahen Osten, entführenuns die Verbrennungen des FrankokanadiersWajdi Mouawad, undschliesslich machen wir mit unseremdritten Stückspektakel am Ende derSpielzeit – erneut in leicht gewandelterForm – die Krise selbst zum Thema derStückaufträge.Der Mensch ist das Mass auf der Bühne.Seine Not bewegt und beschäftigt uns.Mit ihm erleben wir unsere Ängste undSehnsüchte oder lachen über die eigeneUnzulänglichkeit. Wir freuen uns aufIhr Interesse und laden Sie herzlich ein,in unserer dritten gemeinsamen Spielzeitüber den Umgang mit Krisen nachzudenkenund uns gar über Begegnungenmit Figuren zu freuen, die unserleben lassen, was es heisst, an einemWendepunkt Stärke, Einsicht, Zuversichtoder Lebensfreude zu gewinnen.Erich Sidler74 Schauspiel 75

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