Medizinisches Marihuana zu Discountpreisen in Denver, Colorado. Foto: O'Dea/Wikimedia Commons/CC BY-SA 3.0KAMPF GEGEN DIE DROGEN: USADer Hanf wird freivon Frank WilkerDer »Krieg <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> <strong>Drogen</strong>« durchläuft im Land seinesUrsprungs eine bemerkenswerte Wandlung.In mehreren Bundesstaaten sorgen Volksinitiativen <strong>für</strong> eineLockerung der Gesetzgebung in Sachen Rauschmittel.Gerät <strong>die</strong> Cannabisprohibition in <strong>die</strong> Defensive?>> Richard Nixon hatte ihn ursprünglich erklärt.Unter Ronald Reagan hatte er zu einer noch niedagewesenen Schwemme von Inhaftieren in denUSA geführt. Der »War on Drugs« gibt aber heuteangesichts bürgerkriegsähnlicher Zustände inMexiko und immenser Profite der da<strong>für</strong> direktverantwortlichen Kartelle reichlich Grund, ihn zuhinterfragen. Zudem machen sich immer mehrsoziale Ungerechtigkeiten bemerkbar, <strong>die</strong> er eherzu fördern als zu bekämpfen scheint.Der 1971 ausgerufene »Krieg <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> <strong>Drogen</strong>«hat seine klaren Verlierer. Angehörige von>>ADLAS 2/2013 ISSN 1869-1684 18
USAethnischen Minderheiten sind in den USA inüberproportionaler Anzahl in den Gefängnissenvertreten. Die Verbindung von unverhältnismäßighärteren Strafen aufgrund des spezifischen<strong>Drogen</strong>deliktes – crack cocaine im Unterschied zupowder cocaine – und eine statistisch unübersehbare,»race-based« Befangenheit der Justiz sindda<strong>für</strong> verantwortlich, dass in manchen Bundesstaaten<strong>die</strong> Rate der <strong>für</strong> <strong>Drogen</strong>delikte verhängtenGefängnisstrafen <strong>für</strong> schwarze Amerikaner 20- bis 50-mal höher ausfällt als <strong>für</strong> Weiße. Dabeibelegen Stu<strong>die</strong>n, dass Konsumenten und Verkäufervon illegalen <strong>Drogen</strong> in gleicher Proportionalitätin allen ethnischen Bevölkerungsteilen zufinden sind.Die Bürgerrechtsanwältin Michelle Alexanderbezeichnet <strong>die</strong>se systematische Verfolgung unddamit einhergehende gesellschaftliche Ausgrenzungals »Fortsetzung der gesetzlichen Rassensegregation«der 1950er Jahre. Verstöße <strong>gegen</strong> <strong>die</strong>Cannabisprohibition spielen in <strong>die</strong>sem Kontext<strong>die</strong> mit Abstand größte Rolle und waren in den1990er Jahren <strong>für</strong> 80 Prozent des Anstiegs derVerhaftungen <strong>für</strong> <strong>Drogen</strong>delikte verantwortlich.Das Problem, dass bei vergleichsweise geringemgesellschaftlichem Schaden <strong>die</strong> Strafe einenoch höhere Perspektivlosigkeit und einen oftnicht zu verhindernden Wiedereintritt in <strong>die</strong> Illegalitätfördert, entgeht mittlerweile auch eingefleischtenBe<strong>für</strong>wortern harter Ahndung nichtmehr. Statistisch gesehen erfolgte im Jahre 2005nur eine von fünf drogenbezogenen Verhaftungen<strong>für</strong> eine festgestellte Absicht des »Handeltreibens«,der Rest lediglich <strong>für</strong> den Eigenkonsum.Aufgrund <strong>die</strong>ser Schieflage hat sich in Kalifornienin Bezug auf Cannabisdelikte in den letztenJahren der Trend zu immer mehr Gefängnisinsassenumgekehrt.Zwar scheiterte der 2011 angestoßene Volksentscheidzur Legalisierung nur knapp, allerdingslinderte der damals scheidende Gouverneur ArnoldSchwarzenegger mit seinem letzten Amtsaktdas Strafmaß so sehr, dass Kleinstmengen <strong>für</strong> denEigenkonsum forthin als eine Ordnungswidrigkeitbehandelt werden. Dementsprechend sank inKalifornien <strong>die</strong> Zahl der Verhaftungen <strong>für</strong> Cannabisdelikte2011 <strong>gegen</strong>über dem Vorjahr um 86Prozent und kommt der Entkriminalisierung nachholländischem Vorbild sehr nahe.Eine noch deutlichere Statistik wird sich nunvoraussichtlich in den Bundesstaaten Coloradound Washington einstellen, <strong>die</strong> jüngst per Volksentscheideiner vollständigen Legalisierung vonCannabisprodukten zugestimmt haben. Die Verfolgungund Ahndung von CannabisdeliktenUm 86 Prozent im Vergleich zumVorjahr sank 2011 in Kalifornien<strong>die</strong> Zahl der Verhaftungen <strong>für</strong> Cannabisdelikte.durch <strong>die</strong> dortigen Polizeibehörden in ihrer Jurisdiktionist seither praktisch obsolet.Der jüngste kulturelle Anstoß <strong>für</strong> <strong>die</strong>se Lockerungliegt dabei zweifelsohne in der wachsendenAkzeptanz von Marihuana <strong>für</strong> den medizinischenGebrauch. Die Gesetzesgrundlagen auf Einzelstaatsebeneführten seit 1996 gerade in Kalifornienzu einem massiven Wachstum an Institutionenund Infrastruktur, <strong>die</strong> den Zugang zu Cannabisals Heilmittel erleichtert haben.»Safe access«, also ein sicherer Zugang, zumerwählten Rauschmittel Cannabis <strong>für</strong> den Konsumentenist natürlich erst einmal das Zauberwortder Legalisierungsadvokaten. Und in derTat hat sich bei der Beschaffung, also in der Beziehungdes Kleinhandels mit dem Endverbraucherseit der gesetzlichen Etablierung des medizinischenGebrauchs einiges getan.Die Organisation »Americans for Safe Access«(ASA), <strong>die</strong> schon lange <strong>für</strong> einen straffreien,kontrollierten und regulierten Zugang zuCannabisprodukten eintritt, bezeichnet <strong>die</strong> Einführungvon sogenannten »dispensaries« oder»compassion clubs« als einen Segen <strong>für</strong> denKonsumenten. Vergleichbar mit den niederländischen»coffeeshops«, kann sich hier jeder Patient,der im Besitz einer gültigen ärztlichenEmpfehlung ist, mit den unterschiedlichstenMarihuanasorten, Haschisch, Tinkturen, Keksenoder sogar Hautlotionen versorgen.Die Aktivisten der ASA zeigen sich hocherfreutangesichts <strong>die</strong>ser Entwicklung. Endlich>>ADLAS 2/2013 ISSN 1869-1684 19