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Jahresbericht 2012/2013 - Franziskustreff

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20 JAHREFRANZISKUSTREFFJAHRESBRIEF <strong>2012</strong>/<strong>2013</strong>BRUDER WENDELINEin Frühstücksraum fürviele GästeUND VIELE KAMENJubiläumsliedMITHELFENFür viele eineSelbstverständlichkeit


INHALT <strong>2012</strong>/<strong>2013</strong>FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF783814182122Grußworte„Sich angenommenwissen”RückblickSo hat Bruder Wendelin den<strong>Franziskustreff</strong> gegründet„in der Zeit, nicht im Zeitgeist”Erinnerungen vonDr. Raban TilmannWie bei der Hochzeit zuKanaErfahrungen von JosefinaOppermann, EhrenamtlicheMehr als ein BesuchBesser als ein FerienjobBericht von Praktikant MaximilianFritz3336384042Die täglicheBrotvermehrungGespräch mit Regina undGregor Merckle, hauswirtschaftlicheLeitungFür den guten ZweckBriefe und Beispiele vonWohltäternAus Gästen werden„Brüder”Projektbericht<strong>Franziskustreff</strong>-StiftungDer <strong>Franziskustreff</strong> bleibt, wieBruder Wendelin ihn gründete„Wie hältst du es mit Faustim <strong>Franziskustreff</strong>?“Bericht von einem besonderenErkundungsgang10102426Meditation‘Danke’ mit Flügeln45So helfen SieHinweise zum SpendenÜberweisungsträger2729WohltäterReinhild Fassler erinnert sichan ihre Begegnungen mitBruder WendelinHier darf ich sein!Herr Z. wagt erste Schritte46 Impressum47 Augenblick48Das Wort der Bibel2 Kor. 9,730Kreative Quellen1331Eine gut geerdete UtopieGespräch mit Birgitta Spiller,Sozialberaterin2FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>


20 Jahre <strong>Franziskustreff</strong>GRUSSWORTE20 Jahre sind es nun her, dass Bruder Wendelin den <strong>Franziskustreff</strong> gründete. Er wollteeinen offenen Raum für arme und obdachlose Menschen im Herzen der Wirtschaftsmetropole.Seither wird dieses Werk durch viele Menschen unterstützt. Um den <strong>Franziskustreff</strong>dauerhaft noch mehr abzusichern, hat die Deutsche Kapuzinerprovinz am 13. März <strong>2013</strong>die „<strong>Franziskustreff</strong>-Stiftung“ gegründet.Dass am Abend desselben Tages ein neuer Papst mit Namen Franziskus gewählt wurde,dürfte Bruder Wendelin in besonderer Weise erfreut haben. Franziskus von Assisi war vonHaus aus reich, wählte aber um Christi willen ein Leben in Armut und bei den Armen.„Bettelarm und doch reich“, mit diesen Attributen wird das Leben des hl. Franziskus bisweilenumschrieben. Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Ehrenamtlichen undWohltäterinnen und Wohltätern ein herzliches Vergelt's Gott dafür, dass sie mit ihrem Einsatz das Lebenvieler Menschen bereichern. Der <strong>Franziskustreff</strong> bietet Menschen weit mehr als ein Frühstücksbrot. MögenPapst Franziskus und Bruder Franziskus die Arbeit des <strong>Franziskustreff</strong>s auch weiterhin inspirieren.IhrBruder Christophorus Goedereis, Provinzialminister der Deutschen KapuzinerprovinzAls Bruder Wendelin 1992 dem Pfarrgemeinderat Liebfrauen vorschlug, ander Liebfrauenkirche einen Frühstücksraum für wohnungslose und armeMenschen einzurichten, stieß diese Idee nicht bei allen sofort auf Verständnis.Man war an die Ausgabe von geschmierten Butterbroten an der in den 1980-erJahren noch eigenen kleinen Klosterpforte gewöhnt und akzeptierte diese „Armenspeisung“,doch ein eigener Frühstücksraum stieß auf Skepsis.Es war seiner Persönlichkeit und dem brennendem Optimismus zu verdanken,wenn es um die Armen ging, die letztlich auch die letzten Kritiker rasch überzeugte.Alle Menschen an Liebfrauen erfuhren in Bruder Wendelin einen Kapuziner,der nicht über die Armen sprach, sondern mit ihnen. Authentisch undglaubwürdig lebte er, was er sprach und seine Sprache war franziskanisch geprägt: „Dem Armen Brudersein“. Dem Wirken von Bruder Wendelin verdanken wir es, dass die Liebfrauenkirche ein Ort ist, an dem diebedürftigen Menschen Rücksicht nehmen auf die Betenden, und die Betenden die Bedürftigen als Brüderund Schwestern annehmen. Die von Bruder Wendelin gewollte und gelebte Ehrlichkeit und das Miteinandervon Bedürftigen und Gläubigen ist an Liebfrauen täglich zu sehen und zu spüren.Wir gratulieren zum Jubiläum des <strong>Franziskustreff</strong>s, danken allen engagierten Helferinnen und Helfern,Wohltäterinnen und Wohltätern, die für die tägliche Gastfreundschaft im <strong>Franziskustreff</strong> Sorge tragen.Möge der <strong>Franziskustreff</strong> vielen Menschen ein Raum der Geschwisterlichkeit und Gastfreundschaft sein.P. Norbert Schlenker, Pfarrer der Pfarrgemeinde LiebfrauenChristian Noll, Vorsitzender Pfarrgemeinderat LiebfrauenFRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>3


GrußworteGerne ergreife ich die frohe Gelegenheit des 20-jährigen Bestehens des <strong>Franziskustreff</strong>sam Kapuzinerkloster Liebfrauen in Frankfurt am Main, Ihnen meine herzlichen GlückundSegenswünsche auszusprechen! Vor 20 Jahren hat Bruder Wendelin den <strong>Franziskustreff</strong>,einen Gastraum für arme und obdachlose Menschen, an der Liebfrauenkirchegegründet. Seither werden an jedem Werktag und an den Feiertagen den Hilfsbedürftigenin der Innenstadt der Mainmetropole Essen und menschliche Nähe angeboten.Als Bischof von Limburg schaue ich mit Ihnen dankbar auf die vergangenen Jahre zurück,in denen sich aus den kleinen Anfängen der Obdachlosenarbeit von Bruder Wendelinein Ort entwickelt hat, an dem sich fast täglich 160 Personen treffen und dankbar die ihnendort angebotene Unterstützung annehmen. Bei meinem diesjährigen Besuch des <strong>Franziskustreff</strong>shabe ich erlebt, wie sehr das treue Zeugnis für Christus, das Sie durch Ihr vielfältiges Engagementgeben, eine Bereicherung für unsere Diözese ist. In diesem Sinne hat Bruder Wendelin einmal gesagt: „WennGott uns die Armen schickt, dann sorgt er auch für sie“. Für all Ihr engagiertes und solidarisches Wirkendanke ich Ihnen und verbleibe mit allen guten Segenswünschen zu Ihrem Jubiläum!IhrDr. Franz-Peter Tebartz-van Elst, Bischof von LimburgBruder Wendelin sehe ich noch vor mir. Im Hof von Liebfrauen bei derArbeit. Er hat mir Eindruck gemacht. Ich denke mal: weil er keinen Eindruckmachen wollte. Er war offenbar nicht mit sich selber beschäftigt. Er war ganzbei der Sache. Die Sache, das sind im <strong>Franziskustreff</strong> die Armen. Unser Alt-Bischof Franz Kamphaus hat einmal gesagt: „Wir können uns viel leisten. Undwir leisten uns auch manches. Eines können wir uns nicht leisten: dass uns dieArmen verachten.“ Wohl wahr! Wenn der Dienst im <strong>Franziskustreff</strong> gut geleistetwird, dann wirkt er dahin, dass sich die Kirche in Frankfurt bei den Armensehen lassen kann. Und daran liegt vieles. Denn vielleicht sehen die Armendann den Herrn in der dienenden Kirche und schöpfen Hoffnung. Ebenso wiedie Diener der Kirche den Herrn in den Armen erkennen können und ihresDienstes froh werden. Papst Franziskus hat eine Kirche, die sich selbstverliebt um sich selber dreht, die sichselbst beweihräuchert und sich selbst befriedigt, als Synagoge des Satans gebrandmarkt. Die echte KircheJesu darf über sich selbst hinauswachsen. Sie muss aus sich herausgehen. Sie wird, sagt der Papst, mutig andie Ränder gehen. Nicht nur horizontal sich ausbreiten bis an die Grenzen der Erde, sondern vertikal mitdem Segen, der von oben kommt, bis an den unteren Rand gehen, tief hinein in die Niederungen und Niederlagender menschlichen Existenz.„Nicht nur gute Werke“, hat C. S. Lewis einmal gesagt, „sondern auch: gute Arbeit!“ Auf 20 Jahre guteArbeit an den Armen der Stadt und mit ihnen kann der <strong>Franziskustreff</strong> heute froh zurückschauen. Die <strong>Franziskustreff</strong>-Stiftungwill ein Fundament dafür legen, dass es damit gut weitergehen kann. Dank für dasGetane sagt und Gottes Segen für das Geplante wünscht herzlichJohannes zu Eltz, Stadtdekan in Frankfurt am Main4FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>


GrußworteIn Frankfurt am Main wird auf vielfältige Weise dafür Sorge getragen, dasssich täglich viele Menschen in sozialen Einrichtungen der obdachlosen undbedürftigen Frauen und Männer am Rande der Gesellschaft annehmen undversuchen, auch ihnen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Dabeihat christliches Engagement für wohnungslose und verarmte Menscheneine lange Tradition in Frankfurt am Main, auch durch die vielen hiesigenStiftungen.Die Idee von Bruder Wendelin, armen und obdachlosen Menschen in Frankfurtein Frühstücksangebot zu ermöglichen, ist im November 1992 entstanden.Bruder Wendelin, die stadtbekannte Persönlichkeit, verstarb bedauerlicherweiseviel zu früh bereits im Jahr 2010. Sein enormer Einsatz und der von vielen Helferinnen undHelfern haben nicht nur das Angebot für die Bedürftigen in Frankfurt bereichert, sondern auch viele Nachahmergefunden.Heute ist der <strong>Franziskustreff</strong> eine Institution und mehr als ein lebendiger Frühstückstreff. Hier ist der Raumfür Ansprache und Gespräche. Jeder Mensch wird mit seiner Persönlichkeit und seinen Lebenserfahrungenernst genommen. Wenn er möchte, erhält er durch professionelle Sozialberatung Unterstützung.Mein Dank gilt deshalb den verantwortlichen Kapuzinern und allen, die aktiv den <strong>Franziskustreff</strong> unterstützenund durch ihr Engagement die Einrichtung mittragen. Ich bedanke mich auch im Namen derbedürftigen Menschen in unserer Stadt.Armut und Obdachlosigkeit werden uns in Frankfurt auch in den kommenden Jahren begleiten, und ichbin froh und zuversichtlich, auf den <strong>Franziskustreff</strong> als wichtigen Partner zählen zu können. Es ist mir persönlichsehr wichtig, die gute Arbeit der Wohnsitzlosenhilfe <strong>Franziskustreff</strong> zu unterstützen.Mit freundlichen GrüßenPeter Feldmann, Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt am MainZum 20-jährigen Bestehen gratuliere ich dem <strong>Franziskustreff</strong> von Herzen! 20 Jahre imDienst der Menschlichkeit und Nächstenliebe sind ein stolzes Jubiläum und ein schönerAnlass zum Feiern.Der Gastraum im Herzen der Stadt hat sich seit seiner Gründung durch Bruder Wendelinzu einem festen Bestandteil unseres sozialen Netzes entwickelt. Hier finden bedürftigeMenschen einen Ort der Geborgenheit und des Trostes, hier erfahren sie Zuspruch undspürbare Hilfe. Neben dem tatkräftigen Einsatz von Bruder Paulus und seinem ehrenamtlicharbeitenden Team tragen auch viele Sponsoren zum Erfolg des Projektes bei. Allen, diesich für den <strong>Franziskustreff</strong> engagieren, danke ich persönlich wie auch namens der Stadtverordnetenversammlungaufrichtig für ihre Unterstützung.Es freut mich, dass das gut angenommene Wohnsitzlosenfrühstück durch die <strong>Franziskustreff</strong>-Stiftung auchfinanziell dauerhaft auf feste Füße gestellt wurde. Ich wünsche dieser segensreichen Einrichtung weiterhinalles Gute. Mögen sich stets viele Helferinnen und Helfer finden. Sie alle machen anderen mit ihrem gutenBeispiel Mut, ihnen zu folgen!IhreDr. Bernadette Weyland, Stadtverordnetenvorsteherin der Stadt Frankfurt am MainFRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>5


GrußworteIhre Arbeit ist ein wunderbares Zeichen für das Evangelium von Jesus Christus inunserer Stadt. Hier ist ein Raum für die, die sonst ausgeschlossen sind. Die Menschen, diezu ihnen kommen, erhalten nicht nur Nahrung für den Leib, sondern auch einePerspektive.An diesem Ort wird der Gesellschaft in Erinnerung gerufen, dass wir alle letztlich vonGottes Barmherzigkeit leben, und dass das Erbarmen mit den Schwachen und Hilflosendie Essenz unseres Gemeinwesens ist. Und alle, die Bedürftigen, die Helfenden und die Unterstützer,werden zu einem Zeichen für den Segenskreislauf Gottes. Der Segen, der vonGott kommt, wird nicht knapp, wenn er weitergegeben wird. Im <strong>Franziskustreff</strong> sehen wir:Der Segen reichert sich an, wenn er weitergegeben wird. Und im Dank derer, die gestärktwerden, kehrt er zu Gott zurück.Ihr christliches Zeugnis strahlt auf dem ganzen Liebfrauenberg. Es berührt und erfreut mich auf meinenWegen durch die Stadt. Und ich bin mir sicher, dass es dem Vater im Himmel genauso geht.IhrePfarrerin Gabriele Scherle, Pröpstin für Rhein MainDer Caritasverband Frankfurt freut sich außerordentlich über 20 Jahre<strong>Franziskustreff</strong> und beglückwünscht die Pfarrei Liebfrauen und den Orden derKapuziner für ihr segensreiches Wirken für Menschen in Wohnungsnot.„Wenn Gott uns die Armen schickt, dann sorgt er auch für sie.“So umschrieb Bruder Wendelin Gerigk seine Motivation, als er 1992 den <strong>Franziskustreff</strong>gründete. Diese Haltung hat uns überzeugt, und von Anfang an warder Caritasverband unterstützend an seiner Seite. Bruder Wendelins Tatkraftund Zuversicht waren beeindruckend und wirkten ansteckend, da fiel die Kooperationnicht schwer. Es war ihm immer ein Anliegen, dass der <strong>Franziskustreff</strong>nicht nur Symptome der Armut lindern, sondern auch nachhaltige Hilfeleisten sollte. Viele der Menschen, die sich bis heute im <strong>Franziskustreff</strong> einfinden,haben Rechte, die sie oft nicht einlösen können. Deshalb gehörte von Anfang an zum innersten Kerndes Konzepts die Beratung der Gäste durch Sozialarbeiter der Caritas, die für diese besondere Aufgabe fachlichgeschult und gut vorbereitet waren.Eine Herzensangelegenheit war Bruder Wendelin auch, den Aufbau der Elisabeth-Straßenambulanz zu unterstützen.In der Aufbauphase stellte er im Kloster einen Behandlungsraum zur Verfügung, der dringendgebraucht wurde.Die Sorge für die Menschen ohne Wohnung oder in anderen Notlagen ist bis heute geblieben. Die Menschen,die den Weg zum <strong>Franziskustreff</strong> gefunden haben, bekommen hier die Chance, ihr Leben zu verändern,ihm eine neue Richtung zu geben und es wieder in den Griff zu bekommen. Dabei leisten nebender fachlichen Beratung auch die verschiedenen Caritas-Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe ihren Beitrag.Der Caritasverband blickt froh und dankbar auf 20 Jahre guter Zusammenarbeit mit dem <strong>Franziskustreff</strong>zurück. Die Einrichtung ist ein wichtiger Baustein im Verbund der Wohnungsloseneinrichtungen undnicht mehr wegzudenken aus Frankfurt. Er ist vor allem auch ein Ort tätiger Nächstenliebe, der konkreten,gelebten Caritas. Das verbindet uns, und diese gemeinsame Grundhaltung wird uns auch in Zukunftbegleiten.Hartmut Fritz, Caritasdirektor im Caritasverband Frankfurt e.V.6FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>


GrußworteZu 20 Jahren im Dienste des Menschen gratuliere ich von Herzen und spreche diesem würdevollenund heiligen Dienst meine Hochachtung aus.Dem Menschen als einem gleichwertigen und ebenbürtigen Menschen zu begegnen, ist dieabrahamitische Lehre seither. So heißt es im Koran 2:215: „Sie fragen dich, was sie spendensollen. Sprich: Ihr sollt vom wohlverdienten Gut den Eltern, den Angehörigen, den Waisen,den Bedürftigen und den mittellosen Wanderern geben. Und was ihr an Gutem tut, weißGott genau.” Dem Menschen als edelstes Geschöpf Gottes beizustehen, charakterisiert denHabitus des guten Menschen. Dementsprechend stimmt der Beruf des Dienstes im <strong>Franziskustreff</strong>mit der Berufung zum Dienste des Menschen, egal welcher Herkunft und welchenStandes, ganz überein.Ich danke Bruder Paulus und allen Mitwirkenden an diesem ehrwürdigen Projekt, wünsche Ihnen inZukunft segensreiche Dienste und viel Erfolg. „Lass dem Verwandten sein Recht zukommen, ebenso demBedürftigen und dem Reisenden. Das ist besser für die, die das Antlitz Gottes suchen. Das sind die Erfolgreichen.“Koran 30:38BrüderlichIhrSelçuk DoğruerDITIB Hessen, Landesbeauftragter für interreligiöse und interkulturelle ZusammenarbeitDer <strong>Franziskustreff</strong> leistet seit über 20 Jahren soziale Arbeit im Sinne eineschristlichen Humanismus. Indem täglich Obdachlosen und Armen für 50Cent ein Frühstück bereitet wird, kümmert er sich um das Wohlergehen vonMenschen, die in unserer Gesellschaft zu häufig ignoriert werden. Durch dasZiel, die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Gäste zu fördern, unddurch eine professionelle Sozialberatung soll ihre Menschenwürde respektiertwerden. Im Gegensatz zu anderen caritativen Einrichtungen ist der <strong>Franziskustreff</strong>vollständig durch Spenden getragen und kommt ohne Steuergelderaus.Es hat uns als Atheisten und Vertreter eines säkularen Humanismus besondersgefreut zu hören, dass im <strong>Franziskustreff</strong> auch Menschen, die nicht an einenGott glauben, ihren Beitrag leisten dürfen. Sie zeigen mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit, dass es keines religösenGlaubens bedarf, um Gutes zu tun, und dass in einer toleranten Umgebung auch unterschiedlicheWeltanschauungen und Religionen auf gemeinsame humanistische Ziele hinarbeiten können.Dr. Florian DortVorstandsmitglied des Humanistischen Verbands Deutschland - Landesverband HessenFRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong> 7


.Sich angenommen wissen.So hat Bruder Wendelin den <strong>Franziskustreff</strong> gegründet.Er wird unterstützt von ehrenamtlichen Helfern,und bald kommt von den Aachener FranziskanerinuWenn wir am 19. November 2002 „10 Jahre <strong>Franziskustreff</strong>feiern - zu allererst ein Tag der Dankbarkeit -,dann habe ich mein „Zehnjähriges" schon ein paar Wochenhinter mir. Es war im Oktober 1992, als mich dieLeitung der rheinisch-west fälischen Kapuzinerprovinznach Frank furt versetzte. Eine meiner Aufgaben sollte essein, die Obdachlosenarbeit in „geordnete Bahnen“ zuüberführen. Auf diesem Gebiet hatte ich etliche Jahre inMünster Erfahrungen sammeln können. Nun ist Frankfurtsicher ein ganz anderes Pflaster als Münster, aberich traute mich, den Auftrag zu über nehmen. (Dieseund alle weiteren Zitate aus der Festschrift: 10 Jahre<strong>Franziskustreff</strong>, 2002)Gottvertrauen und demütiges Selbstbewusstseinöffneten Bruder Wendelin vom ersten Tag seines Ordenslebensin Frankfurt am Main die Herzen der Menschen.Er war für die Aufgabe in der Großstadt bestenszugerüstet. Frankfurt sollte für ihn zum Höhepunktseines Ordenslebens werden. Und vor allem: sein<strong>Franziskustreff</strong>. Ob er sich das so vorgestellt hatte, alser mit 17 in den Orden eintrat und zunächst als Schneiderseinen Weg ging? Und dem später dann vieleRenovierungmaßnahmen in der Ordensprovinz anvertrautwurden?Als Bruder Wendelin nach Frankfurt kommt, wirdan der Klosterpforte die obligatorische „Stulle“ ausgegeben.Bruder Wendelin findet das würdelos. In einerStadt, in der unmittelbar neben Liebfrauen die Zeilund die Banken glänzen, sollen die Armen auch einenGlanzpunkt erhalten, freilich nicht aus Stahl und Glas,sondern aus gediegener Gastraumgestaltung und aufmerksamerBedienung von Herz zu Herz: Einen Willkommenspunktohne Wenn und Aber.Meine Ideen wurden mit Skepsis aufgenommen. Daskonnte mich allerdings nicht irritieren. Nach einem kurzemPraktikum in Stuttgart begann ich am 24. November1992, meinen Auftrag umzusetzen. Als Start kapitalhatte man mir den nicht gerade atemberaubenden Betragvon 1500 Mark zur Verfügung gestellt. Anfangs bekamich öfter die Frage gestellt, wie ich dieses Projekt eigentlichfinanzieren wolle. Ich habe damals gesagt (undtue es heute noch genauso): „Da hilft der liebe Gott mit.”Ich darf sagen, mit großem Gottvertrauen habe ich diesenDienst für die Armen begonnen. Und nie wurde ichenttäuscht. Es war immer alles Not wendige da.FFOTO: A. GOTTSELIG8FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>


Bruder Wendelinnen, die einen Konvent an der Liebfrauenkirche gegründethaben, Schwester Veronika nach Liebfrauen.Es ist nicht leicht für sie, in das schon gewachseneerste Helferteam hineinzukommen. Aber sie wirdschließlich für die hauswirtschaftliche Organisationunentbehrlich.Parallel zum <strong>Franziskustreff</strong> gibt es als Einrichtungfür Obdachlose bei unserer Nachbargemeinde denDomtreff. Dort fehlt eine Führungskraft. Deshalbwird im November 1993 Schwester Veronika die Verantwortungim Domtreff übertragen. Ihr Dienst beginntdort um 10.00 Uhr vormittags, zuvor kümmertsie sich schon mehrere Stunden lang bei uns um dasFrühstück für die Gäste. Dieser auf zwei Einrichtungenverteilte Dienst ist keine leichte Zeit.Als 1996 der Umbau des Klosters geplant wird,bleibt Bruder Wendelin freundlich, aber bestimmt, beiseinem Plan, den Armen eine gehörige Portion Platzzu ermöglichen in den beengten Verhältnissen derGrundfläche, die das Kapuzinerkloster in der Stadtzur Verfügung hatte. Es beginnen Aushubarbeiten, fürdie Bruder Wendelin „seine” Männer mit einspannt,die auf diese Weise von Anfang an eine Beziehung zum<strong>Franziskustreff</strong> entwickeln. Mit den Architekten vereinbarter, dass die Armen und Obdachlosen die allerbesteRaumgestaltung bekommen sollen, die Möbelsollen solide und schlicht und schön, und die Technikfür die Maschinen im Hintergrund soll praktisch undvon bester Qualität sein. Mit Hetty Krist findet er eineKünstlerin, die die sieben Werke der Barmherzigkeitfür die Eingangstür gestaltet.Am 24. Juni 1998 weihte dann Bischof Dr. FranzKamphaus den heutigen Franzis kustreff ein - für uns einunvergessliches Fest. Eine Woche später konnten wir dieArbeit in unseren Räumen wieder aufnehmen, in denersten Tagen be dankten sich einige Gäste für die schöneneue Einrichtung. Zwar ist der Gastraum mit seinen nur32 Sitzplätzen begrenzt, aber unsere Gäste fühlen sichwohl.Genau zuhören, dem Nächsten aufmerksame Liebeschenken: Nachdenklich und mitfühlend gingBruder Wendelin auf die Menschen ein, die ihm ihreNöte offenbarten.Vor dem Umbau führt Bruder Wendelin eine wichtigeNeuerung im <strong>Franziskustreff</strong> ein, die wesentlichzum Dienst an den Tischen dazu gehören wird. Ausseinen Worten klingt auch heraus, dass sich der <strong>Franziskustreff</strong>weiterentwickelt und im Hilfsnetz der StadtFrankfurt akzeptiert wird:Das erste Blatt aus dem Spendeneinnahmebuch von Bruder Wendelin. Er erhielt es, versehen mit demSchriftzug „mit Gott“ von Elisabeth Auer, der langjährigen Mitarbeiterin in der Buchhaltung von Pfarreiund Kloster Liebfrauen.FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>9


Bruder WendelinDie Sozialarbeit war eine wichtige Er gänzung unseresAngebots. Weil es uns darum geht, unseren obdachlosenGästen nicht nur ein Frühstück zu verabreichen, sondernihnen soweit wie möglich etwas von ihrer menschlichenWürde zurückzugeben, ist die Ver netzung mit anderenEinrichtungen der Obdachlosenhilfe wichtig. ZurWürde gehören auch saubere Kleidung, Hygiene undmedizinische Versorgung. Wir arbeiten gut mit der ökumenischenKleiderkammer zusammen und mit der Elisabeth-Straßenambulanz.Die hatte ihre Anfänge beiuns im Kloster. Ich denke zurück an einen Besuch vonHerrn Schäferbarthold im Februar 1993 - für uns der ersteKontakt mit der Caritas Frankfurt. Ihm ging es indem Gespräch um Zusammenarbeit. Das Ergebnis war,dass einige Monate später bei uns in der Herrentoiletteunseren Gästen medizinische Ver sorgung angebotenwerden konnte. Nach und nach entwickelte sich dieseToilette zu einem ordentlichen Ambu lanzraum. Dieseprovisorische Ein richtung bestand bis zur Kloster -renovierung 1996. Heute befindet sich die Elisabeth-Straßenambulanz in der Allerheiligenstraße. Für dieseviel in An spruch genommene Einrichtung sind wir sehrdankbar.Was Bruder Wendelin erfährt, das gibt er auch weiter.Seine Briefe an die Wohltäterinnen und Wohltäterteilen mit, was im <strong>Franziskustreff</strong> geschieht. So könnenalle etwas teilhaben an dem, was sie durch ihre Gabenbewirken. Nach jedem Gottesdienst abends setzter sich auf die Bank im Innenhof von Liebfrauen, wirdfreundlich angesprochen und hört aufmerksam zu.Nie kommt er mit leeren Händen ins Kloster zurück ...Als er am 5. Februar 2010 stirbt, ist die Bestürzunggroß. Dank der treuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterkann die Tür weiter geöffnet bleiben. BruderRomuald Hülsken übernimmt in dieser schweren Zeitdie Leitung. Im November 2010 treffen Bruder PaulusTerwitte und Bruder Pirmin Zimmermann in Frankfurtein, unter anderem mit dem Auftrag, das Lebenswerkvon Bruder Wendelin, der es immer als Werk derKapuziner gesehen hat, weiter zu begleiten und darinzu wirken. Sicher ändert sich viel, wenn der Initiatorstirbt. Die Trauer ist bis heute bisweilen sehr präsent,weil sein Lachen nicht mehr erklingt, seine pragmatischeHilfestellung im Betrieb des Frankziskustreffsnicht mehr eingreift. Die ungebrochene Zuwendungder Wohltäterinnen und Wohltäter ist den armen undobdachlosen Gästen jedoch eine sichere Hoffnung,dass der <strong>Franziskustreff</strong> aber, der auf Bruder Wendelinzurückgeht, ein Ort bleibt, an dem Menschen Menschenhelfen.Warum nehmen wir uns in Liebfrauen überhaupt derObdachlosen an? Für uns ist dieser Dienst in mehrfacherHinsicht eine wirkliche Herausforderung. Diese Menschenleben um uns herum in der City von Frankfurt,man muss nur vor die eigene Haustür treten und schontrifft man auf sie. Wir feiern täglich in der Liebfrauenkirchemehrere Gottesdienste, in denen die Botschaft1998: Festgesellschaft nach der feierlichenEinweihung des Frühstücksraumes durch denBischof von Limburg, Dr. Franz Kamphaus.2004: Mit Freude nahm Bruder Wendelin Spendenfür den <strong>Franziskustreff</strong> an. Hier eine Schülergruppedes Gagern-Gymnasiums.10FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>


10 Jahre <strong>Franziskustreff</strong> 2002:Gruppenbild mit Bruder Wendelin und Schwester Veronika. Rechts Bruder Paulus.vom Erbarmen Gottes mit den Men schen verkündetwird. Wenn wir auf Jesus hören, können uns die Armenvor der Tür nicht gleichgültig bleiben. Liturgie und Diakoniegehören zusammen, damit christliche Verkündigungglaub haft wird. Dazu kommt, dass sich die Gemeinschaftender Ordensleute in Liebfrauen auf Franzvon Assisi berufen. Und der hatte in genau genommenerNachfolge wie Jesus ein Herz für die Armen. Schließlich:Wer sich der Armen annimmt, leistet auch einenaussöhnen den Friedensdienst. Das erlebe ich bei unsganz praktisch. Ich kann mich noch an die Zeit erinnern,als die Gottes dienste in Liebfrauen von Obdachlosenstark gestört wurden. Seit einigen Jahren ist das nichtmehr so. Warum? Ich denke, sie fühlen sich im Franzis -kustreff angenommen. Sich ange nommen wissen - tutdas nicht jedem Menschen gut? tBruder Wendelin als jungerKapuziner, 1961 nachseiner Ewigen Profess.Im Alter von 22 Jahren.Die Pflege der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lag Bruder Wendelin amHerzen. Jährlich lud er zum Ausflug ein.FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>11


Bruder WendelinDetail aus dem Glasfenster des Eingangs des <strong>Franziskustreff</strong>s.Man erkennt in der Zuwendung zu den Armen und Bedürftigen. BruderWendelin (links), Schwester Veronika (darüber) und Pater Amandus (rechts),verstorben <strong>2012</strong>, der mit Bruder Wendelin die Ordensausbildung erhielt undauf seine Weise die Menschenfreundlichkeit Gottes in Frankfurt lebte.Zeichnung Hetty Krist (1997)Bruder Wendelin: Portraitskizze von Maria Stülpnagelaus dem Jahr 2006.Auszug aus einem Spendendankbrief von Bruder Wendelin vom Juli 2009.12FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>


Zum 60. Geburtstag überbrachtendie Gäste desTreffs 60 Rosen. Sichtlichgerührt nahm der Gründerdes <strong>Franziskustreff</strong>s dieseGabe an und schenkte siegleich weiter an die Muttergottes - sprich:Er ließ sie aufstellen an derLourdes-Grotte gegenüberdem <strong>Franziskustreff</strong>.Links: Bruder Wendelin war ein Frühaufsteher.„Sonst komme ich nicht dazu, zu tun, was man alsOrdensmann tun sollte." (Standfoto: aus dem Filmvon Prof. Dr. Martin Gertler über den <strong>Franziskustreff</strong> und Bruder Wendelin.Eine Kultur des Teilens; http://bit.ly/15YbiKS)Rechts: 60. Geburtstag 1999, Feierim Refektorium des Klosters; rechtsPater Erich Purk, oben links BruderPaulus.Sein Lachen: Wir werdenes nicht vergessen.FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>13


Geschichtlicher Anfang„In der Zeit, nicht im Zeitgeist“Dr. Raban Tilmann, ehemaliger Dompfarrer und Stadtdekan in Frankfurt,im Gespräch über Bruder Wendelin.Dr. Raban Tilmann über die Anfänge und dieWirkung des <strong>Franziskustreff</strong>su Dr. Raban Tilmann: Bevor wir mit dem Interviewbeginnen, möchte zunächst ich als Befragter eineFrage in den Raum stellen: Auf einer tieferen Ebenekönnte man sich fragen, ob Bruder Wendelin mitseiner Obdachloseninitiative überhaupt in diese Gesellschafthineingepasst hat. Es gibt ein heimlichesDogma unseres Zeitgeistes, das heißt: Für solcheMenschen, Obdachlose, interessiert man sich nicht.Die bleiben am Rande liegen, da geht man vorbei,gibt vielleicht noch eine Spende, aber wirkliches Interessedaran, dass das Menschen sind, das hat mannicht. Gerade in Frankfurt ist das Leistungs- und Erfolgsdenkenganz dominant, so dass Leute, die danicht mithalten können – oder es auch nicht wollen,völlig draußen sind. Da ist Bruder Wendelin mit seinemHabit (Kutte), wenn er sich auf der Zeil bewegte,nicht nur ein Symbol gewesen, sondern auch einWiderspruchssignal, bei dem andere vielleicht auchnur im Vorübergehen sagten „Dass es sowas gibt.“Das wurde dann vielleicht exotisch genommen wegender Kutte. Bruder Wendelin hat unserer Leistungsgesellschaftvorgelebt, dass man mit solchenLeuten positiv umgeht.Frankfurt City ist der Kern unserer Finanz- und Leistungsgesellschaft,hier kulminiert dieses Leistungsdenken,das ja immer mit einer Bewertung des Menschenverbunden ist. Wer mithalten kann, ist drinund geschätzt und steigt auf, so weit es eben geht.Wer aber von vornherein nicht mithalten kann odernicht mithalten will – es wird ja bei den Obdachlosenoft übersehen, dass sie dieses Leistungsdenkennicht wollen – dessen Menschenwürde wird entwertet.Das ist eine logische Konsequenz dieser Art, eineLeistungsgesellschaft aufzubauen. Bruder Wendelinmit seiner Kutte in dieser City lebte anders,dachte anders, handelte anders und zeigte die Widersprüchedes Lebens. Erstaunlich ist auch heute,dass die Menschen, die sich Tag für Tag am Liebfrauenklostervorbei zum Römer bewegen, diesen Widerspruchannehmen. Bruder Wendelin war wieauch Pater Amandus mit seinem Bart völlig exotisch,völlig draußen und anders. Diese Andersartigkeitwurde geschätzt. Die Kapuziner sind ein Teil der Gesellschaftin ihrem Widerspruch.Ist das ein Widerspruch auf zwei Ebenen? In dieserGesellschaft passt es nicht in das gewohnte äußereBild, und es ist außerdem ein Kontra zur Konzeptiondieser Gesellschaft?Würde die Leistungsgesellschaft logisch denken,würde sie sich der Obdachlosen, die ja oft sichtbar inden Vorräumen und Eingängen zu Geschäften liegen,annehmen. Die vermeintliche Logik dieser Leistungsgesellschaftführt jedoch nicht nur dazu, dieseMenschen zu entwerten, sondern sie als Störendezu beseitigen. Die frühere Obdachlosenarbeit derStadt sah das Elend und versuchte es dann eher miteiner Symptombehandlung. Bruder Wendelin undPater Amandus sind für mich Symbole für die ganzeStadtkirche Frankfurt, für die heutige Öffentlichkeit,in der die Obdachlosenarbeit seit Jahren lebt.Ist der <strong>Franziskustreff</strong> so etwas wie satt sein undgleichzeitig hungrig werden nach Veränderung,nach sozialer Integration?Alles muss vom Obdachlosen selbst ausgehen. Erwird nicht vereinnahmt, sondern respektiert. Es istähnlich wie die Elisabeth-Straßenambulanz beiFrost. Keiner wird gezwungen. Der Einsatz der Sozialhilfehört da auf, wo es ein Mensch nicht will.14FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>


Geschichtlicher AnfangWelches Umdenken müsste in der Gesellschaftstattfinden?In Frankfurt ist die Frage nach der Obdachlosenfürsorgebeantwortet. Das können wir mutig sagen. Geradein meiner Zeit als Caritas-Vorsitzender habe icherlebt, wie sehr auf die Obdachlosenarbeit geachtetwurde. Es geht aber nur mit vereinten Kräften und inder Weise, dass dem Betroffenen dabei geholfenwird, sich selbst zu helfen. Hilfe zur Selbsthilfe isthier das Stichwort. Um hier eine Kleinigkeit zu nennen:Ich habe immer wieder darüber gestaunt, dassBruder Wendelin für sein ObdachlosenfrühstückEigenbeiträge verlangt hat. Dahinter steckt ein Hilfekonzeptvor allem im Hinblick auf den Erhalt derSelbstachtung und der Würde dieser Menschen. Sofühlen sie sich nicht zu 100 % ins Schlepptau der Gesellschaftgenommen. Bruder Wendelin hat eineschwierige Frage gültig beantwortet: „Was heißt eigentlichhelfen?“ Da muss der Helfer viel Kreativitätund Phantasie aufbringen.Selbstachtung erhalten”Braucht es zum Helfen nicht immer zuerst einenAuftrag?Die Motivation zum Helfen liegt ja eher auf der Seitedes Helfenden. Für Bruder Wendelin gehörte dasHelfen zu seinem christlichen Glauben dazu. Es warja bei ihm nicht nur das Soziale, sondern der Glaubean sich.Wie können jene Menschen,die nicht den Zugang zu Obdachlosenhaben, zu demWort kommen: „Was ihr denGeringsten unter euch getanhabt ...?“Ein Motiv, das in unsere Gesellschafthineinpasst, könntelauten: „Kann mir ja auchpassieren. So ein Schicksalkann jeden treffen.“ Damit istder Obdachlose nicht ganzdraußen, nicht ganz fremd.Hier kommt dann die Solidaritätins Spiel. Ich helfe jetztmit dem, was mir möglich ist.Die Firmen, die Bruder Wendelin unterstützt haben,die haben nicht nur Überschussware gegeben, sondernauch erstklassige Ware, die regelmäßig abgeholtwurde.Bruder Wendelin hat die Obdachlosenhilfe zurInstitution gemacht. Was hat das auf der menschlichenEbene bedeutet?Seine wahre Motivation steckt im Matthäus-Evangelium25: „Ich war nackt, und du hast mich bekleidet.Ich war obdachlos, und du hast mich aufgesucht.“Das ist die Motivation christlicher Art. BruderWendelin erklärte sich gar nicht, er tat es, unddamit trat er in die Öffentlichkeit der Stadt. Ob jetztandere Menschen in diesem Tun eine VerkündigungFRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>15


Geschichtlicher Anfangdes Evangeliums sahen, das wusste er nicht, und esschien ihn auch kaum zu interessieren. Das ist dasBemerkenswerte.Ich habe ein Beispiel eines Mitbruders aus dem OratoriumDresden, Tristan Geiger. Er war Behindertenseelsorgerzu DDR-Zeiten in Naundorf. KaumChristen dort. Sie haben für Rollstuhlfahrer gesorgt.Wenn man das Wort Marke positiv verstehen will,dann wurde Bruder Wendelin zu einem öffentlichsichtbaren und erkennbaren Zeichen der Nächstenliebe.Unsere großen drei Zeitungen waren sehr daraufaus, regelmäßig von Bruder Wendelin und vonPater Amandus – speziell zur Weihnachtszeit – Fotoszu veröffentlichen, und da wurde auch vielgespendet.Wie haben Sie Bruder Wendelin kennengelernt?Der <strong>Franziskustreff</strong> wurde gerade renoviert, als ich1997 Pfarrer der Domgemeinde wurde. Für dieseZeit wurde der <strong>Franziskustreff</strong> in den Domtreff umquartiert.Dadurch entstand die erste Nähe von allein.Die Nähe der Dompfarrer hatte schon Tradition.Auch mein Vorgänger, Herr Pfarrer Greef, hattedie Nähe zu Bruder Wendelin gesucht und ihn eingeladen.50 Cent Regelung“Eines Tages wollten sie mit den Rollstuhlfahrern einenAusflug machen und sind mit ihnen auf die Straße.Hinter dem Pfarrer zwanzig Rollstuhlfahrer. DiePassanten fragten fassungslos: „Herr Pfarrer, warummachen Sie das?“ Für diese Menschen war es unfassbar,denn er hatte nichts davon, und es störte aus derenSicht auch die Öffentlichkeit. Die kurze Antwortwar: „Weil ich Christ bin.“ Hier sieht man, wie weitdas Zeitgeistdenken vom zentralen Evangelium Jesuweg ist. Bruder Wendelin hat dies durch Handelnüberwunden. In die Deutung seines Tuns hat er sichnicht eingemischt. Für den Zeugen des Evangeliumsist es egal, ob sein Tun verstanden wird.Bruder Wendelin ist auch auf der Straße Geld zugestecktworden. War er auch ein Menschenfischer?Es gab viele Menschen, die jemand wie ihn verstandenund zu sich gesagt haben: Gott sei Dank tritt malso klar und deutlich ein Zeuge des Evangeliums auf,und da lohnt es sich mal, dick zu spenden. Er hat vielUnterstützung erfahren, war kein Exot, den mandraußen gelassen hat. Bruder Wendelin hat man dazugezählt,man wollte ihn haben.Hat Bruder Wendelin dem Helfen ein Gesicht gegeben,es zu einer Art Marke gemacht?Was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?Sehr interessant war für mich die Frage „Warummüssen die Leute 50 Pfennig bezahlen, wenn sie zuDeinem Frühstück kommen?“ Das hat er für michschlüssig begründet. Man dürfe keinen zum totalenEmpfänger machen. So habe ich ihn als klugen, originellenMenschen kennengelernt und festgestellt,es lohnt sich, in seine Nähe zu kommen und von ihmzu lernen. Das Kirchlich-Institutionelle stand ihmnicht so nahe wie die menschliche Begegnung selbst.Pioniere – wie er einer war – akzeptieren nie das Gegebene,sondern versuchen immer aufs Neue zu erreichen,was ihren Zielen am nächsten kommt.Ich als der Institutionelle – als Stadtdekan war ichder oberste Katholik – bin bei Bruder Wendelins Anliegenauch an die Grenzen meines Einflusses gekommen.Ich sollte zu seinen Gunsten mit der benachbartenBuchhandlung wegen eines Fensterszum Hof verhandeln. Das war mir nicht möglich. Erkonnte das nur schwer akzeptieren.Welche Rolle hat er im Kirchenleben gespielt?Wir haben in Frankfurt einen starken sozialpolitischenFlügel. Dort war Bruder Wendelin mit seinemHandeln ein harter Kristall im diakonischen Sinn.Er hat den utopischen Ideologen immer den hartenFakt der Tat entgegengehalten. Man konnte nichtüber ihn hinweggehen und weiter nur von einer bes-16FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>


Geschichtlicher Anfangseren Gesellschaft träumen. Bruder Wendelin hatnicht auf den Wandel der Gesellschaft gewartet, sondernmitten in und mit der alten, der bestehendenStruktur richtig gehandelt. Er war Christ an exponierterStelle, mitten in der Stadt. Die katholischeKirche konnte sich nicht aufs Wort zurückziehen.Ermutigung zumAnfangen“2010 ist Bruder Wendelin gestorben. Wer sindseine Erben?Das Erbe liegt in der Hauptsache bei den Kapuzinernund wird dort auch so verstanden. Einen Teil des Erbeslebt der Caritas-Verband, der die Sozialberaterinstellt, die ja vom <strong>Franziskustreff</strong> finanziert wird. DieGrundfigur aus Ort, Zeit und Träger bleibt klar.Man kann den <strong>Franziskustreff</strong> nicht kopieren,aber ...... als Ermutigung zum Anfangen begreifen. DenWortüberhang ausbalancieren durch Tun. In denumliegenden Gemeinden gibt es öfter die Tafel undein Obdachlosenfrühstück. Die Gemeinden stehennicht bewundernd am Rand, sondern sind selbst aktiv.Auch das Wohnwagenprojekt der Caritas ist eingutes Beispiel für die gelebte Obdachlosenarbeit. Daman Wohnwagen und Menschen nicht einfach abstellenkann, gibt es Gemeindemitglieder, die sichum die Menschen kümmern.störten, beim Einkaufen auf der Zeil im Weg waren.Als das in die Presse kam, setzte ein Lernprozess ein.Es ist ein anderes Denken in diese Stadt eingesickert.Hat er Ihr Leben als Katholik beeinflusst?Wie einer so einfach, ohne Strategie, Projektplanund Absicherung startete, das war für mich einfachenorm. Er hat gezeigt, dass man in manchen Punkteneinfach handeln muss. Die möglichen Schwierigkeitenhintendran einfach mal ignorieren. Auchdas Durchhalten in all den tausend Schwierigkeiten– Personal finden, Kasse führen – war vorbildlich.Wie konnte er so sicher sein?Es hätte auch scheitern können. So lange es in derPionierzone ist, hängt alles von einzelnen Personenab. Bruder Wendelin ist mit seinem Handeln zurmodernen Figur des Franziskus geworden: anfangen,etwas tun, genau wie Franziskus. Und das nichtauf dem Land, sondern mitten in der Metropole. tDurchhalten üben“Was hat Bruder Wendelin aus Ihrer Sicht im Bewußtseinder Öffentlichkeit verändert?Die Auffassung, Obdachlose gehören zu uns, ist zumGesamtbild und zum gemeinsamen BewusstseinFrankfurts geworden. Seine Art war es, spontan anzufangenund die entstehenden Schwierigkeitennach und nach abzuarbeiten.Hat die Leistungsgesellschaft etwas an Härteverloren?Die Karriere- und Aufstiegsmentalität ist zwar geblieben,doch es wurde eine lebende Alternative mittenim Zentrum der Stadt geschaffen. Sie hält sichüber die Jahre, und sie hält den Spiegel vor. Mitte derachtziger Jahre wurden Obdachlose noch mit Polizeibussenaufgesammelt und am Stadtrand von Neu-Isenburg wieder ausgeladen: weil sie in der StadtFRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>17


EhrenamtlicheWie bei derHochzeitzu KanaEtwa vierzig Männer und Frauenspenden ihre Zeit für den <strong>Franziskustreff</strong>.Eine von ihnen, JosefinaOppermann, arbeitet seit 1998 immermittwochs im <strong>Franziskustreff</strong>mit. Wir sprachen mit ihr über ihreErfahrungen.u Wie haben Sie Bruder Wendelin kennengelernt?Ich war in der Kirche, als gerade der 5. Jahrestagdes <strong>Franziskustreff</strong>s gefeiert wurde. Kurz zuvorwar ich in den Ruhestand gegangen. Ich wollte etwastun für Gott und die Welt. Da habe ich BruderWendelin nach der Kirche gefragt, ob ich mitarbeitenkönnte. Er sagte in seiner stets direktenArt: „Gerne, wann können Sie anfangen?“ Und sobin ich zum <strong>Franziskustreff</strong> gekommen.In welchem Beruf haben Sie vorher gearbeitet?Ich war 35 Jahre lang bei einer internationalenBank als Bankkauffrau beschäftigt. Also ein ganzanderes Feld. Mit meiner Arbeit im <strong>Franziskustreff</strong>habe ich ein neues Leben begonnen. Aus derBank ins Ehrenamt, so groß der Unterschied war,so sehr hat alles für mich auch zusammengepasst.Ich sagte damals zu mir, es geht mir so gut, davonkann ich etwas abgeben, auch zeitlich.Sie helfen mit, den armen und obdachlosen GästenEssen anzubieten ...Wir arbeiten dafür, die Würde und die Ehre derGäste zu erhalten. Im <strong>Franziskustreff</strong> wird denMenschen mit Achtung begegnet. Wir behandelnunsere Gäste wie Könige. Es gibt hier nicht einfacheine Essensausgabe. Bei uns werden die Gästeam Platz bedient, wie im Restaurant. DiesesBedienen ist unser Dienst an den Menschen, undsie nehmen es gerne an.Der <strong>Franziskustreff</strong> gibt ganz weltlich etwas zuessen, hat aber religiöse Grundüberzeugungenim Fundament. Was überwiegt aus Ihrer Sicht?Für mich ist das ausgewogen. Ohne Bezug undLiebe zu Gott wäre der <strong>Franziskustreff</strong> nicht möglich.Umgekehrt geht es aber auch nur in der Verbindungzu den vielen Menschen, die hier zusammenwirken.Aus der Verlegenheithelfen“Was war Ihr ungewöhnlichstes Erlebnis im<strong>Franziskustreff</strong>?Es kam einmal für einige Zeit ein arbeitsloserMann, der früher als Buchhalter gearbeitet hatte.Als er irgendwann nicht mehr zu uns kam, erfuhrich, dass er wieder eine Stelle als Buchhalter gefundenhatte. Auch andere Gäste wechseln beiuns die Seite, finden entweder wieder in eine Arbeitsstelledraußen oder setzen sich eines Tagesals Mitarbeiter im <strong>Franziskustreff</strong> für andereGäste ein.Was sollte sich aus Ihrer Sicht gesellschaftlichändern?Unsere Gesellschaft ist in vielem zu sehr eine Ich-Gesellschaft. Es wäre wünschenswert, wenn sichmehr Menschen auf das Miteinander einließen.Bruder Wendelin war hier ein leuchtendes Beispiel.Er hat unter anderem gezeigt, dass es nicht18FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>


Ehrenamtlicheviel braucht, um etwas zu bewegen. Bruder Wendelinhat mit wenig Geld angefangen und dieMenschen von seiner Idee so begeistert, dass siesich ihm anschlossen.Vertrauen leben“Welchem Heiligen stand Bruder Wendelin inseinem Lebenswandel am nächsten?Franziskus von Assisi war sicher ein Vorbild vonBruder Wendelin. Aber Bruder Wendelin hatteauch viel vom Heiligen Josef. Ja, er war für vieleeine Vaterfigur, nicht nur für die Gäste.Wie geht es seit Bruder Wendelins Tod weiter?Für unsere Gäste war Bruder Wendelins Tod natürlichein besonderer Verlust, denn er hat sichimmer zu den Gästen hingesetzt, auch Themenmit ihnen geteilt. Aber es geht weiter. BruderWendelin ist zwar nicht mehr bei uns, und dochist vom Grundsatz her alles geblieben, wie es war.Bruder Wendelin war ein guter, ein kluger Leiterseiner Einrichtung. Das sehen wir daran, dasssein Werk fortbesteht. Seine Gedanken sind füruns immer gegenwärtig. tWas ist Ihr spiritueller Bezug zum <strong>Franziskustreff</strong>,Ihre Brücke zum Evangelium?Der <strong>Franziskustreff</strong> hat für mich mit der Hochzeitvon Kana zu tun. Bruder Wendelin hatte gesagt„Wenn Gott uns die Armen schickt, dann sorgt erauch für sie.“ Bruder Wendelin hat die Armeneingeladen und sich dann voll Vertrauen auf dasWirken Gottes verlassen – wie Maria bei derHochzeit zu Kana das volle Gottvertrauen zeigte:„Sie haben keinen Wein mehr.“ Mit diesen Wortenhatte Maria Jesus um Hilfe gebeten, als dasHochzeitspaar in Verlegenheit geraten war. Undobwohl Jesus sie darauf hinwies, dass seine Stundenoch nicht gekommen war, setzte Maria seineHilfe als bereits erteilt voraus und sagte zu denDienern bei der Hochzeit: „Was er euch sagt, dastut!“ Jesus ließ das Wunder geschehen.Ich erlebe hier im <strong>Franziskustreff</strong> Woche für Woche,dass Gott keinen in Verlegenheit geratenlässt, der guten Willens ist und vertraut. Sicher,Bruder Wendelin hätte mit seinem kleinen 1.500DM Startkapital theoretisch auch scheitern können.Aber er wurde erfolgreich für seine Armen.Die Not der Stadt wurde und wird hier täglich insGegenteil verwandelt: ins Gelingen und in dieZuversicht. Bruder Wendelin hatte eine unwiderstehliche,sympathische Beharrlichkeit gegenüberallen Widrigkeiten, die ihm begegneten. Ausheutiger Sicht wirkt seine Haltung für mich so wiedas Handeln der Mutter Jesu bei der Hochzeit: Siehat sich nicht abbringen lassen. So war BruderWendelin in seinen Begegnungen mit den Menschen.Als hätte er den Menschen in allen seinenAnliegen im Gebet vorausgeschickt: Was Gotteuch sagt, das tut.Am 19. Dezember <strong>2012</strong> bediente Weihbischof Dr.Thomas Löhr mit unseren Ehrenamtlichen unsereGäste am Tisch.FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>19


EhrenamtlicheDie Gemeinschaft zu pflegen ist uns wichtig: Ehrenamtliche unterwegs mit dem Team und Bruder Pirmin(Mitte links, auch unten auf dem Foto) sowie Bruder Paulus zu einem Ausflugsspaziergang.20FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>


EhrenamtlicheMehr als ein BesuchDen armen und obdachlosen Gästen zeigen, dass sie gesehen werden, anerkennen,was jene leisten, die regelmäßig helfen: Der <strong>Franziskustreff</strong> dankt für Zeitund gute Worte!Weihbischof Löhr verabschiedetsich nachseinem Dienst vonden Ehrenamtlichen,die mit einem Mittagessenihren Vormittagim Gruppenraum desKlosters ausklingenlassen.Oben: Am 3. Januar <strong>2013</strong> mischte sich Oberbürgermeister Peter Feldmann unter die Ehrenamtlichen.Rechts: Am 4. Januar <strong>2013</strong> half Bischof Dr. Franz-Peter Tebartz-van Elst beim Tischdienst mit.FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong> 21


Praktikantengearbeitet hatte, arbeitete ich im <strong>Franziskustreff</strong>mit einem täglich wechselndem Personal zusammen.Auch bei den Gästen tauchten immer wiederneue Gesichter auf.Bevor ich gegen Ende der Woche spülen sollte,war ich für die ersten Tage im <strong>Franziskustreff</strong> imService eingeteilt. Meiner damaligen Ansichtnach hat man im Spüldienst wenig Kontakt zu denGästen. Daher war ich zunächst nicht von meinerneuen Aufgabe begeistert. Doch dann merkte ich,dass im <strong>Franziskustreff</strong> nicht nur das Servieren zuden Aufgaben gehört, sondern eben auch die Arbeitim Hintergrund. Mir wurde klar, dass der geregelteAblauf im <strong>Franziskustreff</strong> nur dann funktionierenkann, wenn alle füreinander arbeitenund sich nicht alleine auf eine Aufgabe konzentrieren.Nicht nur bei den Ehrenamtlichen wardiese Bereitschaft des Helfens zu beobachten,auch unter den Gästen half man sich, sofern Bedarfbestand. Mehrmals ist mir aufgefallen, wiesich Gäste untereinander mit Geld ausgeholfenhaben. Als beispielsweise ein Gast mal nicht 50Cent in der Tasche zur Verfügung hatte, sprangenohne viel Aufhebens ein oder zwei andere Gästefür ihn ein und zahlten sein Frühstück, obwohlSie den Hilfsbedürftigen nicht kannten.EntspannteAtmosphäre“Eine weitere Abwechslung zu meiner letztjährigenSommerbeschäftigung war die ausgesprocheneentspannte Atmosphäre innerhalb des Teamsim <strong>Franziskustreff</strong>. Während der internen Frühstückeund Mittagessen erfuhr ich mehr übermeine Kollegen, außer dass sie im <strong>Franziskustreff</strong>freiwillig mithalfen oder dort arbeiteten. ZumBeispiel erzählten mir die Ehrenamtlichen, diedie Opferlichter bei der Madonna in Liebfrauenauswechseln, dass sie früher selbst auf der Straßegelebt hatten und deswegen im <strong>Franziskustreff</strong>gefrühstückt hatten. Ein weiterer Ehrenamtlicherwar zum Beispiel ein angehender Kapuzinerbruder,mit dem ich mich über seine Beweggründefür ein Leben im Orden unterhalten konnte. Besondersgefallen hat mir an den gemeinsamen Essen,dass sie täglich ein Rahmen für das gesamteTeam bildeten, um zur Ruhe zu kommen und Erfahrungenoder Probleme rund um den <strong>Franziskustreff</strong>besprechen zu können.Gegen Ende der zweiten Woche bemerkte ichauf einmal, wie schnell die Zeit des Praktikumsverlief. So war ich umso erstaunter als es plötzlichFreitag war und mein Aufenthalt im <strong>Franziskustreff</strong>endete. Überraschenderweise bekam ich sogarvon einem Gast einen „Abschiedsbrief “ überreicht,in dem er mir alles Gute für meine Zukunftwünschte und sich für zwei tolle Wochen im<strong>Franziskustreff</strong> bedankte. Vor allem am letztenTag wurde mir nicht nur durch den Brief, sondernauch durch andere warmherzige Grüße bewusst,dass man mich im <strong>Franziskustreff</strong> bemerkt hatte.Eine gute Anregung“Rückblickend denke ich, dass meine Zeit imSommer <strong>2012</strong> im <strong>Franziskustreff</strong> mich angeregthat, über verschiedene Themen nachzudenken.Vor allem kam ich mit Menschen in Berührung,die ich so in meinem Alltag nicht erlebe. Die Zeitwird zeigen, wie viel ich von den Erfahrungen, dieich während meines Praktikums sammeln konnte,profitiere. Doch eine Sache ist mir jetzt schonklar, meine Sommerbeschäftigung dieses Jahrwar allemal interessanter als meine letztjährigenin der Großbäckerei.An dieser Stelle möchte ich mich noch einmalbei allen Beteiligten bedanken, die mir meinPraktikum im <strong>Franziskustreff</strong> ermöglichthaben. tWir nehmen uns Zeit für Jugendliche, die nachunseren Gästen fragen.FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong> 23


MeditationUnd viele kamenZum 20. Geburtstag: Ein Lied für den <strong>Franziskustreff</strong> vonEugen Eckert (Text) und Peter Reulein (Musik)24FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>


Guten Morgender Tagist geretteteine Sonnevon Wortund Brotlacht mir zuihr Strahlengeht durchden Magenund weitereinQuantumHoffnungfüllt meinHerzText: Bruder PaulusFRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong> 25


WohltäterWohltäter ·Förderer · Gönner · Geldgeber · Mäzen · Patron ·Spender · Sponsor · Stifter ·Wie nennt man einenfröhlichen Geber?u Für Bruder Wendelinwar es klar:Wohltäterinnen undWohltäter. Wer dem<strong>Franziskustreff</strong> denTisch für die Obdachlosenund Armendecken hilft,trägt nämlich zumWohl dieser Mitmenschenbei. Am Kapuzinerklostersolltemit dem Frühstücksraumja nicht nur eineStelle zur Essensausgabebereitstehen.Hier geht es um dasWohl derer, die durchdie gepflegte äußereAusstattung und dievielen hauptamtlichen und ehrenamtlichen aufmerksamenMitmenschen, die sie bedienen, inihrer Würde ernst genommen werden sollen.Wer gibt, braucht keinenTitel“Ich weiß, dass nicht alle Unterstützer glücklichdamit sind, als Wohläterin oder Wohltäter angesprochenzu werden. Deswegen werden wir es mitBruder Wendelin halten, der seine Spenderinnenund Spender genau kannte: Wir sprechen – wiejetzt gerade eben - auch von Spenderin und Spender,und zukünftig auch von Stifterin und Stifter(siehe weiter hinten im Heft).Natürlich kommt es auf die Bezeichnung garnicht an. Die diskrete Gabe, das selbstverständlicheTeilen dessen, was man ja selber empfangenhat, die Offenheit für die Not der Mitmenschen:Das braucht keine Titel. Als Kapuziner wissenwir: „Gott, dein Vater, der das Verborgene sieht,wird es dir vergelten.” (Mt 6,18),Danke’ mit Flügeln“Was Menschen dazu sagen, ist dem Wohltätereigentlich egal. Seine Gabe entspringt dem Gewissen,das ihn zum Teilen anregt. Seine Gabemacht sein Herz fröhlich. Ihm wird selber wohlbeim Spenden, er dient – im Fall des <strong>Franziskustreff</strong>s– dem Wohl eines armen und obdachlosenMitmenschen und trägt auf diese Weise einmalmehr zum Gemeinwohl bei – ein heute oft vernachlässigtesWort des deutschen Grundgesetzes.Wer gläubig ist, weiß dazu noch ausdrücklich,dass auch die kleinste Gabe vor Gott groß ist. Ihmist bewusst, dass erst am Ende der Tage einem insgesamtaufgehen wird, wie man mit seiner gutenTat zum Wohl eines Armen und damit Wohl derganzen Welt beigetragen hat. „Vergesst die Gastfreundschaftnicht; denn durch sie haben einige,ohne es zu ahnen, Engel beherbergt.“ (Hebr. 13,2)Die vielen „Danke“, die wir an den Tischen des<strong>Franziskustreff</strong>s oder nach einer Phase der sozialenBeratung hören, denen möchten wir schonmal Flügel anheften. Diese „Danke!“ gehören denen,die die Wohltat einer kurzzeitig genossenenGastfreundschaft ermöglichen: den Wohltäterinnenund Wohltätern, den Spenderinnen undSpendern, den Förderinnen und Förderern …Wie gut, dass ein Kapuziner nicht auch nochüberlegen muss, wie er denn auf die empfangeneGabe antwortet. Dafür gibt es nur ein Wort:Vergelt’s Gott! tIhr Bruder Paulus26FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>


Wohltäter“Bruder Wendelin machte dasMithelfen zurSelbstverständlichkeit.”Dass jeden Morgen um 7.45 Uhr geöffnet werden kann, ist das Verdienst derer, dieselbstverständlich und ohne großen Aufhebens, ihren Beitrag leisten.Reinhild Fassler kümmerte sich schon an ihrem Wohnort Königstein und in Kronbergum bedürftige Mitmenschen. Wir sprachen mit ihr über ihre Motivation, den<strong>Franziskustreff</strong> zu unterstützen - und über ihre Begegnungen mit Bruder Wendelin.u Was hat Sie an Bruder Wendelin am meistenbeeindruckt?Es war seine Einfachheit. Seine nüchterne Herzlichkeit.Sein Wirken, in dem er andere für seineArmenarbeit gewinnen konnte, ohne sie dabeiverändern zu wollen. Man hatte das Gefühl, erlässt einen machen. Er verstand es hervorragend,anderen Aufgaben anzubieten, die diese danngerne annahmen. Es war sein Leben, für anderedazusein. Er hat durch sein bescheidenes, in derSache aber immer deutliches und konturiertesVorbild anderen Menschen vorgelebt, wie mandie Dinge angeht, ohne viel zu reden. BruderWendelin war ein Gegenwärtiger, ein Handelnder.Er war einfach da.Wie lange kannten Sie ihn?Drei Jahre lang bin ich Bruder Wendelin bei derArbeit für die Bedürftigen immer wieder begegnet.So konnte ich ihn näher kennenlernen. DenKern seines Wesens, Wirkens und Wollens konnteman schnell erkennen – mit dem Verstand undnatürlich mit dem Herzen. Bruder Wendelin hatsich nicht verstellt, dafür war in seinem intensivenAlltag vermutlich gar keine Zeit. Es wirkte aufmich so: Er hat gesagt, was er dachte, und er hatgetan, was er angekündigt hatte.Lebensrettung“Wer hat sein Wirken besonders gefördert?Ich sehe hier vor allem Frau Regina Merckle undHerrn Gregor Merckle. Als Hauswirtschafterinim <strong>Franziskustreff</strong> hat sie gemeinsam mit ihremMann vieles von dem im Detail umgesetzt, wasBruder Wendelin draußen in der Welt in die Wegegeleitet hatte. Immerkommt es beisolchen Projektenmaßgeblich auf jeneMenschen an, dieim Hintergrund denDienst tun, sich umdie tausend sogenanntenKleinigkeitenkümmern, diedas Große und Ganzeausmachen. Nurmit Sorgfalt undAusdauer in denkleinen Dingen kanndas Große gelingen.Nur so kann es einErfolg werden.Was ist aus Ihrer Sicht der Erfolg beim <strong>Franziskustreff</strong>?Dass es den <strong>Franziskustreff</strong> überhaupt gibt, dasser wahrgenommen wird und eine feste Größe ist,eine Einrichtung. So unübersehbar und gültig wiedas Standesamt. Der <strong>Franziskustreff</strong> hat wahrscheinlichschon vielen Menschen das Leben gerettet,und das in mehrfacher Hinsicht. In ersterLinie wird hier das physische Überleben gesichert,der Hunger gestillt, körperliche undmenschliche Wärme gegeben: „Denn ich warhungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben“ fälltmir da spontan ein. Eine weitere Lebensrettungfindet statt, wenn Menschen über die Beratungsangebotewieder Fuß fassen im Leben, aufstehenund sich hochziehen aus ihrer Not, Hilfe zurSelbsthilfe annehmen. Das ist für mich ein Erfolg,FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong> 27


Wohltäterein sich täglich wiederholendes Gelingen, undauch ein Wunder in dieser Welt, in der viele soschnell endgültig abgeschrieben werden.An Bruder Wendelin kam man nicht vorbei,ohne fasziniert zu sein. Wie war seine Arbeitsweise?Er hat viel gearbeitet, und er hat auch arbeiten lassen.Bruder Wendelin hat es verstanden, die Notund die mit ihr verbundene Arbeit auf vieleSchultern zu verteilen. Er hat die Armen um sichversammelt, die Starken der Gesellschaft dazuund dann verteilt, aber nicht nur Brot und Kaffee.Wer von seinen Gästen konnte und wollte, wurdenach einiger Zeit in den Dienst der anderengestellt. So wurde die Hilfe weitergereicht. DieBrüderlichkeit hat sich herumgesprochen undweiterentwickelt unter den Obdachlosen undArmen.Brüderlichkeit, die sichherumsprach“Wie ist Ihre heutige Verbindung zum <strong>Franziskustreff</strong>?Es gibt eine geistliche und eine weltliche Verbindung.Ich erkenne immer wieder Gäste im <strong>Franziskustreff</strong>durch meine langjährige Arbeit an denContainern und am Liebfrauenbrunnen. Zu dengroßen Kirchenfesten wie Weihnachten undOstern erhalte ich seit über 16 Jahren regelmäßigein bis zwei Kleinbusse voll mit Spenden vonMenschen aus Königstein, Kronberg und allenumliegenden Orten: Süßigkeiten, Obst, Gebäckund vieles mehr. Diese Spenden werden seit demTod meines Malteserfreundes Michael Webertvon Regina Merckle bei mir in Königstein abgeholt.Spenden, die ich sonst regelmäßig erhalte,bringe ich selbst nach Liebfrauen. Ich bin immerwieder gerne mit den Menschen dort zusammen,um ihnen ein gutes Wort zu sagen. Im und um den<strong>Franziskustreff</strong> fühle auch ich mich aufgehoben.Ich glaube, er ist vielen eine vertraute Stätte geworden,eben auch vielen Wohltätern.Worin besteht für Sie die Herausforderung fürdie Zukunft?Im <strong>Franziskustreff</strong> werden den Menschen Aufgabenzugeteilt, sie fallen einem regelrecht zu. UnterBruder Wendelins Leitung wurde das Übernehmenvon Aufgaben plötzlich zum Selbstverständnis,zu einer Selbstverständlichkeit. Allesfügt sich dort zum Guten. Es ist wichtig, diesesWerk in Bruder Wendelins Sinn fortzusetzen.Was ist aus Ihrer Sicht Bruder Wendelins Erbe?Bruder Wendelin lebt weiter in seinen Werken,das heißt, seine Werke leben. Der <strong>Franziskustreff</strong>hat in der Gesellschaft ein großes Gewicht. Hierwerden die Menschen aufgefangen, die kein Zuhausehaben. Er hat die Spendenbereitschaft derMenschen gefordert – und auch gefördert.Wie war Bruder Wendelin, wenn er gerade nichtim Dienst war?Da gab es aus meiner Sicht eigentlich kaum Unterschiede.Er kam über den Hof, und jeder hatihn angesprochen. Für jeden hat er ein Wort gehabt.Seine Gegenwart für die Armen kannte vermutlichkeine Pause. Er hat diese Berufung gelebt.Gibt es eine Einstellung, eine Haltung, die manvom <strong>Franziskustreff</strong> ins eigene Leben mitnehmenkann?Das Leben nehmen, wie es ist, und das Beste darausmachen. Das hat Bruder Wendelin im Angesichtder Not in der Stadt geschafft. Er hat einneues Selbstverständnis im Überwinden vonSchwierigkeiten, von Hürden entwickelt – auchbei den anderen durch sein Vorbild. Ja, ich glaube,das ist es: Mit dem, was da ist, einfach anfangenund weitermachen. t28 FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>


Wo die Not am Größten ist„Hier darf ich sein!“Sie haben den Schritt durch die Tür an den Tisch gewagt. Manche Gäste amFrühstückstisch fassen neu Vertrauen. Unsere Sozialberaterin erzählt:u Herr Z. (45) steht eines Morgens vor dem <strong>Franziskustreff</strong>.Auf Distanz. Unter dem Arm eine alteTasche. Er wirkt verstört. Man sieht ihm an: Er istschon lange umhergeirrt. Irgendwo. Dann wagt erden Schritt: Er sitzt jetzt am Tisch. Die ihn mit Kaffeeund mehr bedienen wie alle anderen Gästeauch, werden auf ihn aufmerksam. Er redet wirr …Es beginnt beim gutenFrühstück ...“Herr Z. kommt wieder. Er muss seinen Namennichtsagen. Vertrauen entsteht. Noch schläft erdraußen. Irgendwo. Ob er aus seiner Misere will?Das entscheidet er selbst. Den Gruß der Sozialberaterinerwidert er. Es folgt ein zweiter Satz. Er willmehr. Wir entscheiden, ihn zu unterstützen. Zuerstfinanziell. Das bringt ihn vom Betteln weg. Tagespäter öffnet er seine Aktentasche. Die Sozialberateringeht darauf ein. Lauter unbearbeitete Papiere!Sie hilft ihm, eine sogenannte „existenzsicherndeLeistung“ zu beantragen. So legt er die Grundlage....und führt zu einer erstenHilfe ...“Zwei Monate lebte er auf der Straße. Es war ihmalles zuviel geworden. Jetzt will er weiter begleitetwerden. Er bekommt einen Platz in einer Unterkunftfür wohnungslose Menschen. Wie er spricht,das klingt noch immer wirr; so schnell lässt sich dasDrehen im Kopf nicht abschalten. Halt gibt ihm dasFrühstück. Das ist sicher.und weiter ...“Auch wenn noch viele Papiere bearbeitet werdenmüssen: Er hat ein kleines „Zuhause“ gewonnen.„Hier bin ich, ihr habt mich angenommen“ sagt erzwischendurch einmal. Das klingt gar nicht mehrverwirrt. Er hat zu seinem Leben gefunden. Es gibtnoch viel zu tun. tFRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>29


SozialberatungKreative Quellen öffnenNeu in der Konzeption der Sozialberatung im <strong>Franziskustreff</strong>: Der Schwerpunktliegt noch stärker beim systemischen Ansatz. Wir fördern, die eigenen Ressourcenim bisherigen Lebensverlauf zu entdecken und zu nutzen. Manche nehmen dasAngebot von Frau Spiller (rechts unten) an, in einer Malwerkstatt kreativ zu werden.30FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>


SozialberatungEine gut geerdete UtopieWas im Frühstücksraum geschieht, lässt manchen Gast aufhorchen. Er kann andas Angebot der Sozialberatung anknüpfen. Wir sprachen mit Birgitta Spiller, dieseit Herbst 2011 im <strong>Franziskustreff</strong> wirkt.Gelingt die Integration?Integration sehe ich auch außerhalb meiner Arbeit.Gelegentlich sehe ich in der Stadt Menschen, diesich zu einem Obdachlosen hinknien und ins Gesprächkommen. Integration in das Leben kannund sollte unbedingt beidseitig sein. Zu überwinuIn den <strong>Franziskustreff</strong> kommen Menschen,die keine Perspektiven haben. Wer hier hungrighineingeht und satt wieder hinaus, was nimmt ersonst noch mit?Er kann nach liebevoller Bewirtung durch ehrenamtlicheund hauptamtliche Mitarbeiter im <strong>Franziskustreff</strong>gestärkt in den Tag gehen. Das ist einwichtiger Bestandteil, weil das leibliche und dasseelische, innere Wohl nicht voneinander zu trennensind. Durch den vertrauensvollen Umgangzwischen Gästen und den ehrenamtlichen Helfernkann auch ein Gespräch mit der Sozialarbeiterinangeboten werden. Manchmal ist es die Unterstützung,um gesetzliche Ansprüche geltend zu machen.Oftmals suchen Menschen auch direkt einGespräch mit der Sozialberatung. Uns ist beideswichtig: sich körperlich stärken und sich wohlfühlenin der Gemeinschaft des <strong>Franziskustreff</strong>s.Armut darf nicht anWürde zweifeln lassen“Wie verstehen Sie Ihre Aufgabe?Ich verstehe mich als Begleitung bei der Entdekkungvon eigenen Lösungsansätzen und orientieremich ganz an den vorhandenen Erfahrungen desjeweiligen Menschen. Die Ziele der Beratung solltenso gesetzt werden, dass sie in einem überschaubarenRahmen erreichbar sind. Manchmal bringtauch eine Begleitung zu Ämtern und Behördenneue Perspektiven, oder die Vermittlung bei verschiedenenAkteuren. In Frankfurt habe ich bisherauch eine gute Zusammenarbeit mit den Ämternerlebt.An den Nachmittagen lade ich die Gäste z.B. inmeine Malwerkstatt ein. Im Goethejahr sind wirden Spuren Goethes in der Innenstadt gefolgt. Daswar ein Angebot eines unserer Gäste für den <strong>Franziskustreff</strong>und Liebfrauen.Wie groß ist Ihr Radius?Wie weit reichenIhre Verbindungen?Die Wohnungslosenhilfeist lokal sowieauf Landes- undBundesebene organisiert.Austauschund Informationsflusslaufen gut.Durch die Kooperationmit dem Caritasverbandstehe ichim direkten Kontaktmit den Kolleginnenund Kollegen derEinrichtungen im Referat Wohnungslosenhilfeund nehme an den Fachgesprächen teil. Diese Vernetzungist sehr wichtig.Findet da auch eine Entdramatisierung der alsEndpunkt empfundenen Lebenssituation statt?Sobald Menschen erste Anknüpfungspunkte sehenund feststellen, dass sie Ressourcen haben, die ihnenbisher unter Umständen gar nicht so bewusstwaren, geht es weiter. Dann kommt auch wieder einLächeln übers Gesicht und die Lust, etwas zu tun.Eine Situation wird dann nicht mehr als so schwerund so schlimm empfunden. Armut darf nicht dazuführen, an der eigenen Würde zu zweifeln.Aktuellen Notlagenentgegentreten“FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong> 31


den ist die Trennung zwischen Menschen, die zurGesellschaft gehören und denen, die oft als Menschenam „Rande“ der Gesellschaft bezeichnet werden.Wir dürfen nicht vergessen, dass dieser„Rand“ auch zum Ganzen gehört. Es verlangt etwasMut, um miteinander ins Gespräch zu kommenund diese Grenze zu durchbrechen.Wollen Menschen auch nur zum Reden kommen,ihr Herz ausschütten, oder geht es immer um einenkonkreten Auftrag?Es gibt richtige Notrufe, dann aber auch Unwohlseinsbekundungen,bei denen erst im Gesprächklar wird, was das Anliegen ist. Der <strong>Franziskustreff</strong>ist eine Anlaufstelle für Wohnungslose und Menschenin Not. Zu den Notleidenden zählen zunehmendauch Rentner, die nach einem Berufslebenkeine Perspektive mehr sehen, weil ihr Wohnraumwegen drastisch steigender Mieten in Gefahr ist.Zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit mussdann unmittelbar etwas unternommen werden. Inakuten Notlagen, wie auch immer sie aussehen mögen,kann der <strong>Franziskustreff</strong> auch einmal eineKurzzeithilfe geben, die eingebettet ist in definierteRahmenbedingungen, die vorher vereinbart undfestgelegt werden.Hatte Bruder Wendelin das schon von Anfang anso geplant, oder hat es sich nach und nach entwickelt– wie ein Tropfstein?Ich denke, dass der Satz von Bruder Wendelin dasam besten beantwortet „Wenn Gott uns die Armenschickt, dann sorgt er auch für sie“. Diese Aussagebedeutet auch offen sein für Entwicklungen.Wie gehen Sie mit Lösungslosigkeit um?Ich denke, dass es manchmal noch nicht der Zeitpunktist, etwas lösen zu können. Den Rhythmusbestimmt der/die Betroffene selbst. Die Gesprächsangebotebleiben aber bestehen, auch wenn jemanderst einmal nicht mehr kommen will.Selbsthilfe begleiten“Hat die Wohnungslosigkeit zugenommen?Ja. Neu ist, dass zunehmend junge Menschen in dieObdachlosigkeit geraten. Auch eine Zunahme vonwohnungslosen Frauen haben wir festgestellt. Inden Wintermonaten ist die B-Ebene geöffnet, trotzdemschlafen noch zu viele Menschen draußen.Auch das Problem der Menschen aus Südosteuropaist nicht gelöst.Was ist Ihre Grundhaltung bei Ihrer Arbeit fürden <strong>Franziskustreff</strong>?Es geht hier bei uns weniger um Erfolgsgeschichten,sondern in erster Linie darum, den Anderenwillkommen zu heißen und ernst zu nehmen. Inden modernen Gesellschaften sind Lebenswegenicht mehr langfristig planbar. Viel zu schnell ändernsich die Bedingungen z.B. durch einen Arbeitsortwechsel,den Arbeitsplatzverlust oderdurch Veränderungen im Familienkonzept bei steigendenScheidungsraten. Menschen leben oftmalsisoliert voneinander unter enormem Leistungsdruck.Wichtig sind da Angebote, die helfen, eigeneRessourcen (wieder) zu entdecken und einzusetzen,um Krisen bewältigen zu können und Zugängezu Hilfsangeboten aufzuzeigen.Was gibt es im <strong>Franziskustreff</strong> über Nahrung undBeratung hinaus?Ich glaube, es sind die franziskanische Nähe und32FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>


HauswirtschaftWertschätzung, die hier erfahren werden können.Von denen, die zu uns kommen und von denen, diehier arbeiten.Wo sehen Sie den Staat? Wo bleibt die Politik?Der Staat zieht sich immer mehr aus vielem heraus,vieles wird auf das Ehrenamt verlagert. Wer von derWohnungslosigkeit zurück ins System möchte,muss viele Hürden nehmen.Was müsste politisch geändert werden?Vor allem für mehr sozialen Wohnraum und Unterkünftezu sorgen und keine weiteren Sozialkürzungenbei den Schwächsten zu betreiben. Vielmehr tagesstrukturierende Angebote für Freizeitund Beschäftigung müssten gefördert werden. UnsereNachbarn sind uns manchen Schritt voraus. InÖsterreich z.B. gibt es ein Beschäftigungsprojektmit unkompliziertem Zugang für Menschen, diedrogenabhängig sind. Das pädagogische Konzeptlautet: du arbeitest solange du kannst. Die meistenbleiben von sich aus den ganzen Tag, und viele stehenschon morgens Schlange! Mit einem solchenniedrigschwelligen Angebot können die Betroffeneneinen entscheidenden Schritt aus dem Teufelskreisheraus tun.Müssen wir mehr Mut zu dem haben, was anderefür Utopie halten?Bruder Wendelin hat mit ganz wenig Mitteln begonnen.Heute kommen jeden Morgen 130 bis 160Gäste in den <strong>Franziskustreff</strong>, die täglich und mitbester Qualität ein Frühstück einnehmen können.Das gibt doch Mut, denn wir erleben eine gut geerdeteUtopie.tDie tägliche BrotvermehrungRegina Merckle und ihr Mann Gregor Merckle verantworten die Hauswirtschaftdes <strong>Franziskustreff</strong>s. Zusammen mit weiteren Mitarbeitern und den Ehrenamtlichensorgen sie nicht nur für die praktischen Abläufe. Aber lesen Sie selber.u Heute ist der 15. März <strong>2013</strong> – zwei Tage nachder Papstwahl. Was sind die ersten Reaktionenauf Papst Franziskus?R .M.: Das ist natürlich auch bei uns das Hauptthema.Der <strong>Franziskustreff</strong> hat so viele Freunde, undnun hat er auch noch seinen Papst bekommen. AusFreude darüber erhalten heute alle Gäste ihr Frühstückohne Zahlung der sonst üblichen 50 Cent. Eineder Ehrenamtlichen hatte den heutigen PapstFranziskus sogar einmal als Nachbarn. Das war zuder Zeit, als Jorge Mario Bergoglio zu einem Forschungsaufenthaltin St. Georgen war. Bruder Wendelinhätte sich natürlich riesig gefreut.Und wie geht es hier weiter?R. M.: Um 6.30 Uhr fangen wir im <strong>Franziskustreff</strong>an, decken die Tische, schneiden das Brot, bereitendie Teller vor. Als Team frühstücken wir gemeinsamum 7.00 Uhr. Dies hat Bruder Wendelin so eingeführt,und so ist es bis heute Tradition. Auf dieseWeise beginnen wir den Tag gemeinsam. Um 7.45Uhr öffnen wir dann die Tür für unsere Gäste.Warten die Gäste dann schon?R. M.: In der Regel stehen 10 bis 20 Gäste schon vorder Tür, und dann ist es ein Kommen und Gehen.Wir haben 32 Sitzplätze und am Tag ungefähr 150Gäste.Was war Ihr erster Eindruck von BruderWendelin?R .M.: Er war absolut authentisch. Das hat michsehr beeindruckt. Er war den Menschen sehr zugetan.Ich habe gemerkt, welche Liebe er für die Gästehatte – und welches Gottvertrauen.Herr Merckle, wie sind Sie zu Bruder Wendelingekommen?G. M.: Vor fünf Jahren bin ich zum <strong>Franziskustreff</strong>gekommen. Vorher war ich in der Obdachlosenarbeitin der Hagenstraße beschäftigt. Ich kannteBruder Wendelin bereits von der Liebfrauenkirche,vom Vocalensemble und den gemeinsamen Feiernim Tagesstättenverbund. Mir war von Anfang anklar, dass dies hier ein besonderer Ort ist. WennFRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong> 33


Hauswirtschafthat. Und was sind neue Schuhe sonst in unseremgeschäftigen Alltag? Hier werden sie zum Fest. Im<strong>Franziskustreff</strong> wird eine tiefe Wertschätzungsichtbar für das, was uns im Leben – aus welcherQuelle auch immer – zuteil wird. Diese Wertschätzungsollten wir auf alle Bereiche unseres Lebensübertragen. So können Schuhe zum Fest werdenund die Gegenwart anderer Menschen zum Geschenk.Ja, ich glaube, es sind diese Momente, diebleiben, zeitlos und gültig und für alle.man in den <strong>Franziskustreff</strong> hineingeht, ist etwas zuspüren, das ich bis heute nicht genau beschreibenkann.Was sind Ihre Aufgaben im <strong>Franziskustreff</strong>?G. M.: Ich unterstütze und vertrete meine Frau inder Hauswirtschaft und bin Anleiter für die FreiwilligendiensteBFD und FSJ. Ein besonderes Anliegensind mir kulturelle und auch spirituelle Angebote,die ich immer wieder gemeinsam mit denFreiwilligen für unsere Gäste entwickle und durchführe.Unsere Einrichtung bietet auch Plätze fürSozialpraktika für Schulen und Firmlinge an; hierstehe ich als Ansprechpartner zur Verfügung. Ansonsten,so hat es Bruder Paulus mir mal in einerKarte geschrieben, bin ich der Mann im Hintergrund...Vor Freude einLuftsprung“Was sind für Sie die besonderen Momente im<strong>Franziskustreff</strong>?R. M.: Hier ist jeder Tag ein Festtag, und das in einemurchristlichen Sinn. Mit nur 1.500 DM Startkapitalhat Bruder Wendelin damals den <strong>Franziskustreff</strong>gegründet. Alles weitere Geld kam undkommt von den Spendern. Bis heute. Für mich istdies das Wunder der täglichen Brotvermehrung.Jesus sagte damals seinen Jüngern „Gebt ihr ihnenzu essen!“ Wir dürfen unseren Gästen täglich zu essengeben, und das Brot, die vielen Speisen gehenuns nie aus. Ganz besonders wird die Freude natürlichan Weihnachten spürbar, wenn die Gäste Geschenkebekommen. Ich habe gesehen, wie jemandwegen neuer Schuhe einen Luftsprung gemachtDer <strong>Franziskustreff</strong> gibt ja nicht nur Essen, hierläuten die Glocken nebenan zum Gottesdienst,und wer will, kann sich hier auch sozial beratenlassen.R. M.: ... Hunger ist ja nur eine Form von Armut –aber es gibt viele andere, z.B. Einsamkeit. UnsereGäste kennen einander, und sie pflegen den Kontakt.Der <strong>Franziskustreff</strong> ist für sie eine wichtigeAnlaufstelle, ein Ort des Austauschs und der Verbindung.Wer hier arbeitet, bleibtnicht unberührt“Wie hat sich Ihr Leben durch die Arbeit hierverändert?G. M.: Ich glaube, hier kann ich für uns beide sprechen.Immer klarer stellt sich für uns heraus, wasim Leben zählt und was nicht. Wir sind unendlichdankbar für diese Möglichkeit, hier im <strong>Franziskustreff</strong>mitgestalten und miterleben zu dürfen. Wirhaben hier täglich mit Menschen zu tun, die in ihremLeben bis ans Äußerste gehen, einen Weg fürsich suchen. Manchmal sind wir ein kleiner Ruhepolauf diesem Weg ... Für viele Äußerlichkeiten interessierenwir uns nicht mehr so sehr ... Und ichlerne immer wieder von unseren Gästen ..., lernedankbar zu sein für das tägliche Brot.Wer gibt, hat mehr vom Leben ...R. M.: ... und bekommt vom Leben viel geschenkt.Es ist nicht allein die Wertschätzung von unserenGästen. Es sind auch die vielen Ehrenamtlichen, dieuns hier durch ihre Zeitspenden durch all die Jahreunterstützen und mittragen. Es gibt Menschen, diekommen schon fast 20 Jahre. Manche haben zweifeste Tage jede Woche, andere kommen einmal imMonat. Es ist unterschiedlich, und es fügt sich immerbestens.34FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>


HauswirtschaftErzählen Sie etwas mehr über das EhrenamtR. M.: Nur mit den Ehrenamtlichen ist dies alleshier in dieser Form möglich. Sechsmal die Wocheund an den großen Feiertragen haben wir geöffnet.Immer ist jemand ehrenamtlich dabei. So lange ichzurückdenken kann, sind in wechselnden Diensten30 bis 40 Ehrenamtliche für uns im Einsatz. Immerwieder kommen Schüler und Praktikanten dazuund bleiben. Die jüngsten Ehrenamtlichen sind 15,die ältesten 65.Manche Abiturienten kommen und schenken unsgleich ein halbes Jahr, in dem sie bis zum StudiumZeit haben. Jeder macht hier alles, vom Spülen biszum Richten der Platten. Wenn es die Gäste möchten,setzen sich die Ehrenamtlichen auch zu ihnenhin und reden mit ihnen.Auch wir profitieren von den Ehrenamtlichen viel,weil jeder sein eigenes Wesen, seine Ideen hier mithineinbringt und einbringt. Bruder Wendelin istoft in die Schulen gegangen und hat dort Vorträgegehalten. Das hat den <strong>Franziskustreff</strong> auch in denSchulen bekannt gemacht. Es war Bruder Wendelinsehr wichtig, auch Schülern zu zeigen, dass auchObdachlose gute Menschen sind. Und er hat sichriesig gefreut, wenn hier junge Menschen mit unswaren.Seine Sicherheit hat unsalle getragen“Was hat Bruder Wendelin den Menschen hinterlassen?G. M.: Bruder Wendelin hat sein Gegenüber immerso genommen, wie es war. Er hat nicht versucht,Menschen nach seinen Vorstellungen zu verändern.Einfach wertgeschätzt, gelebte Nächstenliebeeben. Wenn es aber so weit war, dass jemand bereitwar, Veränderung zuzulassen oder Ungerechtigkeitzu erkennen, dann wurde Bruder Wendelin wiederder Kämpfer. Er hat sich für die Gäste eingesetzt. Erist auch noch am 31. Dezember vormittags mit einemGast aufs Amt gegangen und hat dort etwas fürihn erreicht. Bei ihm war für Mutlosigkeit keinPlatz, im Gegenteil. Er war ein Vorbild im Erreichendes scheinbar Unerreichbaren.R. M.: Bruder Wendelin hat mir gesagt, er hat immernur gedankt. Er hatte keine Sekunde Not. Ginger zum Zahnarzt, kam er mit 500 Euro zurück. Esist ihm zugeflogen. So war er. Die Menschen habenihm gegeben und ihm vertraut. Es war immer allesda und immer von allem genug. Bruder Wendelinhat nie gezweifelt. Seine Sicherheit hat uns alle getragenund trägt uns weiter.tHair Design Jasmin Basar in Bad Camberg:Die Inhaberin stellte im Advent <strong>2012</strong> ihren Kundeneine Spendenbox für unsere Gäste auf.FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong> 35


Für den guten ZweckFastenschwein… seit einigen Jahren spenden ein Arbeitskollege und ich Geldbeträge an den <strong>Franziskustreff</strong>.Dieses Geld kommt aus unserer privaten Fastenaktion während der Fastenzeit. Unsere selbst auferlegtenRegeln während der Fastenzeit gehen ungefähr so: während der Woche gibt es keinFleisch, keine Wurst, keine Süßigkeiten und keinen Alkohol. Am Wochenende ist alles erlaubtund das Wochenende beginnt immer um 18 Uhr. Wer „sündigt“ und gegen die Regeln verstößt,zahlt EUR 5,00 ins „Fastenschwein“. So haben wir in den letzten drei Jahren einen Betrag vonEUR 500,00 zusammengebracht, und ich habe ihn mit großer Freude in dieser Woche an den<strong>Franziskustreff</strong> überwiesen. Ich hoffe, dass wir mit dieser Spende helfen können und wünschenIhnen und allen Mitarbeitern des <strong>Franziskustreff</strong> alles Gute und viel Freude.Mit besten GrüßenE.S.Silberne HochzeitLiebe Mitarbeiterinnen undMitarbeiter im <strong>Franziskustreff</strong>,meine Frau und ich sind sehr dankbar für gesundeKinder und ein gute Gesundheit. Deshalbhaben wir unsere Festgäste gebeten, aufden Einkauf von Geschenken zu verzichtenund ihnen Ihre Kontonummer angegeben.Hoffentlich kommt viel zusammen, denn wirmöchten auf diese Weise Ihre so wertvolleArbeit unterstützen.80. GeburtstagLieber Bruder Paulus,ich habe meinen Bekannten und meiner Familie gesagt,sie sollen mir doch zum Geburtstag einen Umschlagschenken für den <strong>Franziskustreff</strong>. Was soll ich mit denvielen kleinen Sachen, die man an einem solchen Festgeschenkt bekommt. So freue ich mich, dass ich auf dieseWeise 280 EUR zusammenbekommen habe. Wann darfich kommen und Ihnen dieses Geschenk für ihreSchützlinge übergeben?Mit freundlichen GrüßenB.G.Von:Gesendet: Sonntag, 28. April <strong>2013</strong> 14:29An: kontakt@franziskustreff.deBetreff: 20 Jahre <strong>Franziskustreff</strong>Lieber Bruder Paulus,im Namen und im Auftrag von Frau Elisabeth H. aus B. darf ich Ihnen mitteilen, dass sie sichüber die Einladung zu den Vorträgen und den Festtag am 21. Juni <strong>2013</strong> sehr gefreut hat. Sieist auch sehr froh darüber, dass die <strong>Franziskustreff</strong>-Stiftung nun anerkannt ist und dieFinanzierung der sehr wichtigen Arbeit übernehmen kann.Leider kann Frau H. aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr an den Veranstaltungen teilnehmen.Sie ist aber in Gedanken und im Gebet bei der Arbeit des <strong>Franziskustreff</strong>s und wirdanlässlich des Jubiläums eine Spende überweisen.Über weitere Informationen zu der Arbeit des <strong>Franziskustreff</strong>s ist Frau H. dankbar.Herzliche GrüßeB.H.36FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>


XxxxxxxxxxxxDie Kreativität der Wohltäterinnenund Wohltäter ist erstaunlich.Junge Leute backen Kuchen, eineWollfirma spendet Wolle für eineStrickgruppe, in einer Bank werdenWeihnachtsgeschenke eingepackt– und natürlich erreicht uns immerwieder Selbstgebackenes aus derheimischen Küche.FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong> 37


Projekt für GästeAus Gästen werden „Brüder”.Bleibe für Wohnungslose.Dieses Hilfeangebot ist aus den Erfahrungen mit Gästen des <strong>Franziskustreff</strong>serwachsen. Fünf Gästen, die „auf der Straße” schon eine feste Gruppe bildeten,wird unbürokratisch eine neue Grundlage für weitere Schritte aus derWohnungslosigkeit und Armut ermöglicht.u In Deutschland gibt es um die 600.000 obdachloseMenschen, 2.700 davon leben in der FinanzmetropoleFrankfurt. Zwischen den Hochhäusernund Banken steht die Liebfrauenkirche. Hier hatvor 20 Jahren Bruder Wendelin den <strong>Franziskustreff</strong>für Obdachlose gegründet. Bis zu 160 Menschenwird hier täglich ein ordentliches Frühstück ingastlicher Atmosphäre angeboten. Daraus habensich Beziehungen rund um Liebfrauen und den<strong>Franziskustreff</strong> begründet. Für einige ist die Liebfrauenkircheein Stück Heimat geworden. EinzelneWohnungslose haben untereinander Freundschaftengeschlossen und arbeiten im Klosterbereichmit. Sie kehren den Innenhof und kümmern sichum die Kerzen darin. Sie identifizieren sich mitdem <strong>Franziskustreff</strong> und fühlen sich ein Stück verantwortlichfür „ihren“ Ort. Daraus entstand dieIdee und das Projekt Rivotorto – Bleibe für Wohnungslose.Im September wurden zwei Wohnungen angemietetund von den zukünftigen Bewohnern renoviert.Im Projekt Rivotorto geht es darum, Menschen,die zwar obdachlos sind und auf der Straßezu einer gewachsenen und gelebten Struktur gefundenhaben, als Gruppe unterzubringen. Das Projekt,das aus Spenden finanziert wird, soll diesenMenschen ermöglichen, selbstbestimmt neue ersteErfahrungen zu machen, wenn die Unterkunft nunnicht mehr die Brücke oder der Hauseingang ist,sondern eine sichere Bleibe. Die gelebten und sozialenStrukturen sollen gesichert und die Selbstheilungskräfte,wieder aktiv am Leben teilzunehmen,aktiviert werden. Die Gruppe besteht aus fünfMännern, die am 1. November ihre Bleibe bezogenhaben. Seitdem hat sich das Projekt gut entwickelt.Für beide Wohnungen wurden Küchen gespendetund das Nötigste an Mobiliar. Ein Bewohner hatwieder Kontakt zur Familie aufgenommen. Ein andererentwickelt Pläne und Visionen, wie er sich zukünftigsein Leben vorstellt. Durch eine Erkrankungmusste er in die Obdachlosenambulanz undvon dort ins Krankenhaus. Dabei hat sich herausgestellt,dass er über die Witwenrente krankenversichertist. Nun ist er motiviert sein Leben aufzuräumen,das er vor vielen Jahren aufgegeben hatte.Es entwickeln sich Vorstellungen und Wünsche,sich um eine regelmäßige Arbeit zu kümmern,denn „jetzt wissen wir ja, wo wir abends hinkönnen,um morgens fit aufzustehen.“ Auf diesem Wegzurück in die Gesellschaft werden die Wohnungslosenunterstützt, die nun nicht mehr nur Gästesind im <strong>Franziskustreff</strong>, sondern wie die Brüder imKapuzinerkloster in gewisser Weise nun „Brüder”in der Bleibe Rivotorto sind.tRivotorto, das war ein Schafstall zwei Kilometeröstlich von Assisi. Hier fand Franziskus von Assisimit seinen ersten Brüdern, z.B. Leo und Rufin, 1208eine erste Bleibe.38FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>


Projekt für GästeRechts: Dr. Franz-Peter Tebartz-van Elst,Bischof von Limburg, besuchte „Rivotorto”am 4. Januar <strong>2013</strong>.Hier zeigen ihm die Bewohner diegeschenkte Küche mit allem, wovon siebis vor kurzem noch nicht einmal zu träumengewagt hätten..Unten: Die Bewohner von Rivotortohaben sich verantwortlich gemacht fürden Dienst an den Opferlichtern inLiebfrauen.Oben: Erst mal in Ruhe irgendwobleiben können: Blick in einender Räume der Bleibe.Links: Jeden Tag werden ca. 15der Kästen verbraucht. Es gibtalso einiges zu tun.FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong> 39


StiftungDer <strong>Franziskustreff</strong> bleibt, wieBruder Wendelin ihn gründete.Ihre Spende ist weiter nötig, damit die armen und obdachlosen MitmenschenGast sein können.Schriftzug auf dem ersten Blatt des ersten Kassenbuches1992, mit dem Bruder Wendelin für seinWerk für die armen und obdachlosen Menschen dieeingehenden Beiträge sorgfältig aufzeichnete (vgl.S. 9)u Bruder Wendelin hatte immer Humor. So wirder auch im Himmel gelacht haben, als just am Wahltagvon Papst Franziskus, am 13. März <strong>2013</strong>, im Regierungspräsidiumin Darmstadt die Gründung der<strong>Franziskustreff</strong>-Stiftung besiegelt wurde.Der Gründer des <strong>Franziskustreff</strong>s wusste, dassder Treff das Werk der Wohltäterinnen und Wohltäterwar. Er stellte ihn unter die Schirmherrschaftder Ordensprovinz der Kapuziner. Die hat deswegenin der Vergangenheit auch die Verwaltung derSpenden, des Personals und der Sachkosten übernommen.Bruder Wendelin war dankbar, dass ihmauf diese Weise viel Arbeit abgenommen wurde.Pater Linus Rettich, zunächst in Koblenz, dann inMünchen als Provinzökonom und -sekretär, kannein Lied davon singen, wieviele Spendenquittungener ausgestellt hat, und das nicht nur zur Weihnachtszeit.Wir danken ihm an dieser Stelle für denwichtigen Dienst im Hintergrund.Ein Werk praktischerNächstenliebe”Man kann sich vorstellen, dass die Verwaltungsaufgabengewachsen sind. Mit der Verlegung desProvinzialates der Kapuziner von Koblenz nachMünchen ergaben sich ab 2010, nach dem Tod vonBruder Wendelin, immer mehr Gründe, die Treueder Wohltäterinnen und Wohltäter direkt mit dem<strong>Franziskustreff</strong> zu verbinden. Sie fangen bei der direktenVerbindung vor Ort an, gehen über die praktischeHilfe am Ort, wie die Beantragung von Stellenfür den Bundesfreiwilligendienst oder das FreiwilligeSoziale Jahr, bis zu Anfragen von Stiftungender Stifterstadt Frankfurt, ob eine Kooperation desAngebots mit der Liebfrauenkirche möglich ist –auf Ortsebene, versteht sich.Ehrenamtlich geführt,schlank verwaltet”Zu diesen Gründen kam, dass die DeutscheKapuzinerprovinz daran interessiert ist, selbständigeWerke wie das der Wohltäter und Wohltäterinnendes <strong>Franziskustreff</strong>s echt selbständig zu machen.Schließlich sollte dann auch der gut gegründeteAnfang nach 20 Jahren an der Liebfrauenkircheverstetigt werden. Dies alles führte zu dem Entschluss,die „<strong>Franziskustreff</strong>-Stiftung” zu gründen.Dadurch haben die armen und obdachlosen Mitmenschen,die in der Frankfurter Innenstadt imSchatten der Liebfrauenkirche stranden, nun eineeigenständige Hilfestelle vor Ort. Die Wohltäterinnenund Wohltäter geben ihre Gabe weiterhin vorOrt direkt für den <strong>Franziskustreff</strong>, der nun jedochsozusagen selber in der (juristischen) Person derStiftung dafür sorgt, dass jede Spende direkt ankommt.Der Stiftungszweck ist zu allererst der Betriebdes <strong>Franziskustreff</strong>s. Verfügen kann über dieStiftung nur der Stiftungsvorstand.Damit die Stiftung im Sinn des Kapuziners BruderWendelin handelt, bleiben die Kapuziner verantwortlichund bestimmen den Stiftungsvorstand.40FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>


StiftungZum Gründungsvorstand der Stiftung wurden derProvinzial und der Geschäftsführer der DeutschenKapuzinerprovinz sowie der Leiter des <strong>Franziskustreff</strong>sberufen. Sie arbeiten ehrenamtlich. Die <strong>Franziskustreff</strong>-Stiftungist eine Stiftung bürgerlichenRechts und als mildtätig und gemeinnützig anerkannt.Bruder Wendelin bleibt durch die <strong>Franziskustreff</strong>-Stiftungmit der Bitte um Hilfe für die armenund obdachlosen Gäste an Liebfrauen präsent. Wirbleiben ihm stets dankbar für sein Werk.Die Anschrift der Stiftung<strong>Franziskustreff</strong>-StiftungSchärfengäßchen 360311 Frankfurt am MainTel.: 069 / 297 296 40E-Mail: kontakt@franziskustreff.deSpendenDer <strong>Franziskustreff</strong> hat täglich bis zu 160 arme undobdachlose Gäste. Den täglichen Bedarf des Gastraumestragen Sie mit Ihrer Spende mit:<strong>Franziskustreff</strong>Konto 406058, BLZ 500 502 01Frankfurter SparkasseIBAN: DE77 5005 0201 0000 4060 58BIC: HELADEF1822Statt Blumen und GeschenkeZu einem Fest-Anlass oder im Trauerfall denarmen und obdachlosen Mitmenschen Gutes tun?Eine gute Idee. Weisen Sie dazu Ihre Gäste auf unserSpendenkonto hin. Allerdings: Wir schätzenund schützen die Freiheit des Gebers und derGabe. Deshalb gehen wir damit diskret um und gebendenen, die zu ihrem Anlass auf den <strong>Franziskustreff</strong>hinweisen, nicht die Namen der Spender bekannt.Und weil für den einen viel ist, was dem anderenwenig scheint, nennen wir ebenfalls nichtden Ertrag des Hinweises auf unsere Hilfe für Bedürftige.Zustiftung möglichDer <strong>Franziskustreff</strong> wird von denen getragen, diefür den täglichen Bedarf spenden. Damit er langfristigan der Liebfrauenkirche besteht, können Siedem Fundament der Stiftung, die für den Betriebsorgt, Geld zustiften. In diesem Fall überweisen SieIhren Betrag für die Substanz der Stiftung als Zustiftungbitte an:<strong>Franziskustreff</strong>-Stiftung, ZustiftungKonto 80 2000 80, BLZ 51091711Bank für Orden und MissionIBAN: DE24 5109 1700 0080 2000 80BIC: VRBUDE51Für beide Wege des Spendens von Geld erhalten Siewie gewohnt eine Spendenbescheinigung.Vermächtnis / ErbeSie können die armen und obdachlosen Menschen,um die wir uns an der Liebfrauenkirche kümmern,auch in Ihrem Testament bedenken, indem Sie als(Mit-)Erbin oder Vermächtnisnehmerin die <strong>Franziskustreff</strong>-Stiftungeinsetzen und beschreiben,was Sie der Stiftung zueignen wollen.Rufen Sie uns gerne an, wenn Sie Fragen zumThema „Zuwendungen für die armen und obdachlosenMenschen“ haben.Unser Wohltäter-Telefon: 069 /297 296 40Vier Gäste an einem Tisch: Es geht der Stiftung umdie konkrete Mahlzeit, am Tisch gereicht, verbundenmit einem guten Wort, hinführend, so weit gewünscht, zu einer sozialen Beratung. Das Braun der Kapuzinerdeutet die bleibende Verantwortung des Ordens für die Arbeit der Stiftung an; das Blau weistals Himmelsfarbe auf die Liebfrauenkirche hin mit ihren vielen Gottesdiensten, in denen sich nicht wenigeWohtäterinnen und Wohltäter des <strong>Franziskustreff</strong>s immer wieder gern einfinden. Blau steht auchfür Maria, die als Himmelkönigin die Patronin der Liebfrauenkirche ist („Unsere liebe Frau”). Gegenüberder Tür des <strong>Franziskustreff</strong>s steht die Madonnenfigur mit dem blauen Mantel. Blau steht als Farbedes Horizontes schließlich auch für die Perspektive, die unsere Wohltäterinnen und Wohltäter denMenschen geben, die im <strong>Franziskustreff</strong> Gäste sind.FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong> 41


BerichteWie hältst dues mitFAUST im<strong>Franziskustreff</strong>?Im Liebfrauenbrief, dem Info-Brief vonLiebfrauen, erzählt Gregor Merckle,wie eine Goethe-Kennerin, die dasLebensschicksal zum Gast im<strong>Franziskustreff</strong> werden ließ, auf dieSpuren des Meisters führte.u „Diese Gretchenfrage stellt sich ganz sichernicht“, andere Fragen stellen sich in den täglichenBegegnungen, vor allem da, wo des Meisters Satzzutrifft: Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein.„Sie erinnern sich: Eine bekannte Drogeriemarkt-Kette hat dem Grüne-Soße-Liebhaber dieses berühmteZitat für ihre Zwecke ausgeborgt.“Mit solchen Sprachspielen begann vor den Türendes <strong>Franziskustreff</strong>s am 12. Juni <strong>2012</strong> um 13.30 Uhreine KULT(o)ur. Zwanzig Gäste, manche Ehrenamtlicheund Mitarbeiter des <strong>Franziskustreff</strong>s,Bruder Mario von den Kapuzinern und, nicht zuvergessen, Kirchenbesucher von Liebfrauen warengespannt, was nun kommen würde.Initiiert war die Tour von einer Frau, die oft Gastdes <strong>Franziskustreff</strong>s ist. Sie wollte sich in Form einerGoethe-Führung für die Gastfreundschaft im<strong>Franziskustreff</strong> bedanken. Sie hatte sich – lang ist esher - ihr Studium selbst finanziert, stand dreißigJahre im Berufsleben, war Redakteurin, freie Journalistin,gefragt als Dozentin für Managerseminare:„Naja, es gab bessere Zeiten in ihrem Leben.“Goethe hatte es ihr schon lange angetan. Sie befasstsich seit Jahren mit dem Herrn Geheimrat,insbesondere mit seinem Faust. Im Laufe des Nachmittagessollte sie noch so manchen zum Staunenbringen. So sprangen wir mit kleinen Schrittenüber den Großen Hirschgraben, welcher ursprünglichmangels Kühlmöglichkeit für das bevorzugteWildbret der Ratsherren genutzt wurde; die armenTierchen wurden möglichst direkt vor dem Kochtopferlegt und zerlegt. Unweit davon das ElternhausJohann Wolfgangs; dass Leistungsdruck, derden doppelten Abiturjahrgängen von heute ja auchgeläufig sein dürfte, schon damals kein Fremdwortwar, sieht man daran, dass er, der sieben (!) Sprachenbeherrschte, als Schüler täglich seinem Vatereinen mehrseitigen Aufsatz im täglichen Wechselder Sprache abzuliefern hatte.Ach Gott! Die Kunst ist lang! Und kurz ist unserLeben. Worte aus dem Faust, über einem FrankfurterKunstauktionshaus in Stein gemeißelt, der Kopfdes Faust dort in Metall gegossen. Weiter entdecktenwir in der Stadt des Weitgereisten Ratten,Mäuse, Katzen und Herr Lauscher, Figuren undCharaktere aus dem Faust, liebevoll eingearbeitetan öffentliche Gebäude und Fassaden – alles Details,an denen wir täglich vorüber hasten.Unsere Führerin benannte Goethe und die Frauen,Ambivalenzen, Einsamkeit, Versuchung, Todessehnsucht,Hoffnung, Euphorie, Melancholie,42FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>


BerichteTrauer, Rastlosigkeit. War er heimatlos? Faust undGoethe winken aus der Vergangenheit als Trendsetterzu unserer Zeit herüber.Eindrücklich und bewegend bekam die Gruppeerste Eindrücke aus der Zeit, in der Goethe lebteund er den Faust zu schreiben begann, oder besser:er ihn lebte, erlebte, so etwa die Hinrichtung desGretchens, das die letzte Nacht in einem Turm ander Katharinenpforte, heute Hauptwache, verbringenmusste.Begeistert, ein wenig müde, aber voller Vorfreudeauf eine weitere KULT(o)ur auf Goethes Spurenin Mainhattan erfrischten wir uns nach zwei Stundenim <strong>Franziskustreff</strong> mit einem Eis und einerTasse Kaffee, nicht ohne noch ein wenig aus demFaust zu hören.Was eigentlich als Dank des Gastes an uns gedachtwar, hat in allen ein tiefes Gefühl der Freudeund Wieder-Dankbarkeit ausgelöst!Sie sind neugierig auf diesen Gast, auf andere Gästeund ihre Fähigkeiten? Lernen Sie sie kennen, beiuns, im <strong>Franziskustreff</strong>. Das Ehrenamt öffnet Türen.Oder um es mit Goethe zu sagen: Grau, treuerFreund, ist alle Theorie, denn: der Worte sind genuggewechselt. Rufen Sie uns an: 069 29729613,wenn Sie mithelfen wollen, oder schreiben sie ankontakt@franziskustreff.de tGregor MerckleDie Gruppe hört aufmerksam zu (oben rechts); bunt gemischt aus Gästen, Ehrenamtlichen undHauptamtlichen.FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong> 43


SpendenDer Hofbieberer UnternehmerRalf Hornung spendete 1.000Euro für arme und obdachloseGäste des <strong>Franziskustreff</strong>s.… und zu Weihnachten kameine ganze WagenladungPlätzchen, gebacken von denKleinsten für die Armen …Für die junge Generation: Ein weiterer Weg, Freunde und Bekannte einzuladen, für unsere Gästeetwas zu tun.44FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>


SpendenSo helfen SieDer <strong>Franziskustreff</strong> ist seit dem 13. März <strong>2013</strong>eine Stiftung bürgerlichen Rechts, deren Gemeinnützigkeitanerkannt ist.Ihre Spende kommt unmittelbar der Arbeit mit obdachlosenund armen Menschen zugute. In Frankfurt/M.,Liebfrauen erhalten sie im Gastraum <strong>Franziskustreff</strong>ein ordentliches Frühstück und werdenauf Wunsch von einer Sozialberaterin unterstützt.Ihre Spende hilft in Einzelfällen, obdachlosen undarmen Menschen, die im <strong>Franziskustreff</strong> Vertrauenzu uns gefasst haben, einen Neustart zu ermöglichen.Sie erhalten für jede Spende eine Spendenbescheinigung.Sie können uns auch ein Zeichen geben,dass Sie keine möchten. Wer regelmäßigspenden will, kann uns auch bitten, dass wir amEnde des Jahres eine Bescheinigung über die Gesamtsummeausstellen. Für die Bescheinigungbrauchen wir Ihre Anschrift. Tragen Sie dazu bitteStraße und Postleitzahl im Verwendungszweckdes Überweisungsträgers ein und Vor - und Zunameim Feld Kontoinhaber.Überweisung/ZahlscheinName und Sitz des überweisenden KreditinstitutsBegünstigter: Name, Vorname/Firma (max. 27 Stellen)BankleitzahlBenutzen Sie bitte diesen Vordruckfür die Überweisung des Betrages vonIhrem Konto oder zur Bareinzahlung.Den Vordruck bitte nicht beschädigen,knicken, bestempeln oder beschmutzen.Beleg für denAuftraggeber/Einzahler-QuittungKto.-Nr. des KontoinhabersKonto-Nr. des BegünstigtenKreditinstitut des BegünstigtenBetrag: Euro, CentBankleitzahlEmpfängerFRANZISKUSTREFFFrankfurter SparkasseBLZ 500 502 01Konto 406058EURKunden-Referenznummer - Verwendungszweck, ggf. Name und Anschrift des Überweisenden - (nur für Begünstigten)S P E N D Enoch Verwendungszweck (insgesamt max. 2 Zeilen à 27 Stellen)Kontoinhaber/Einzahler: Name, Vorname/Firma, Ort (max. 27 Stellen, keine Straßen- oder Postfachangaben)VerwendungszweckSpendeKonto-Nr. des Kontoinhabers(Quittung des Kreditinstitutes/Postbank bei Bareinzahlung)DatumUnterschrift


IMPRESSUMAnschrift<strong>Franziskustreff</strong>-StiftungWohnungslosenhilfe <strong>Franziskustreff</strong> LiebfrauenSchärfengäßchen 360311 Frankfurt/MainTelefon: 069-297296-40Telefax: 069-297296-20Wohltätertelefon: 069-297296-40kontakt@franziskustreff.deHauswirtschaft: 069-297296-13hauswirtschaft@franziskustreff.deSozialberatung: 069-297296-14sozialberatung@franziskustreff.deRedaktion & Leitung (V.I.S.d.P.)Bruder Paulus TerwitteRedaktionelle MitarbeitBüroservice Schieferstein, BerlinJ. Faupel, FrankfurtB. Spiller, FrankfurtG. Merckle, FrankfurtFotosChristin Wickler (S. 1,2, 15, 17, 18,19 oben, 20, 25, 26,27, 28, 29, 30, 31, 32, 34, 45, 47, 48)Petra Theobald (S. 39 mitte/unten)A. Gottselig (S. 8)unbekannt/privat (S. 2, 3, 4, 5, 6, 7, 9, 10, 11, 13,20, 21, 23, 37, 38, 42 , 43, 44)GestaltungBüroservice Schieferstein, BerlinDruckWestkreuz Druckerei Ahrens KG, Berlin46RANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>


AugenblickFRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong> 47


Duc Anh (16)hilft in den Ferientäglich mit beimDienst an denTischen. AlsMinistrant dienter im Gottesdienstauch amAltartisch in derLiebfrauenkirche.Gott liebt einen fröhlichen Geber.2 Kor. 9,748FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF <strong>2012</strong>.<strong>2013</strong>

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