Hydrogeologische Grundlagen - IBF
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Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.1<br />
12. HYDROGEOLOGISCHE GRUNDLAGEN<br />
(Grundwasser, Porosität, Durchlässigkeit, Quellen, Karst)<br />
Wasser im Untergrund hat bei der baugeologischen Beurteilung einen besonders hohen<br />
Stellenwert. <strong>Hydrogeologische</strong> Untersuchungen sind darum ein wesentlicher Bestandteil<br />
der baugeologischen Erkundung u.a. mit den folgenden Zielsetzungen:<br />
- Wasserzuflüsse in Baugruben, Einschnitten oder unterirdischen Anlagen,<br />
- Veränderung der mechanischen Gebirgseigenschaften durch Änderung des Wasserstandes<br />
und Sickerung,<br />
- Möglichkeit der Auslaugung wasserlöslicher Gesteine im Baugrund,<br />
- Prüfung der aggressiven Eigenschaften unterirdischer Wässer,<br />
- Möglichkeit von Wasserverlusten durch Um- und Unterläufigkeit an Talsperren.<br />
12.1 Wasserkreislauf (marin - atmosphärisch - terrestrisch)<br />
Abb. 12.1: Schema des Wasserkreislaufes auf der Erde (Watson und Burnett, 1995)<br />
Das Grundwasser wird von den meteorischen Niederschlägen gespeist.<br />
Für den Wasserhaushalt der Erde gilt folgende Bilanzgleichung:<br />
NIEDERSCHLAG = ABFLUSS + VERDUNSTUNG + SPEICHERUNG
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.2<br />
Niederschlag (meteorisch): Regen, Schnee, Eis, Tau<br />
Verdunstung: Gegenteil des Niederschlags<br />
Abfluss der Niederschläge über Flüsse und Seen in die Meere:<br />
- entlang der Erdoberfläche<br />
- unterirdisch (> 90% )<br />
- ca. 37 000 km 3 /Jahr<br />
Speicherung (Reservoir):<br />
- Gletscher<br />
- Seen<br />
- Grundwasser<br />
- Bodenfeuchte (Haftwasser)<br />
- Biomasse (Pflanzen, Tiere)<br />
Abb. 12.2: Bilanzierung von Niederschlägen und Verdunstung auf der Erde<br />
12.2 Grundwasser (GW)<br />
Grundwasser ist alles im Boden natürlich auftretende Wasser:<br />
(a) oberhalb des GW-Spiegels: Haftwasser, Kapillarwasser<br />
(b) unterhalb des GW-Spiegels: ungespannt, gespannt oder artesisch
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.3<br />
Kapillar aufsteigendes Wasser: Die Steighöhe ist stark von der Größe und Art der Poren<br />
abhängig:<br />
- Kies und Grobsand: unter 0,1 m<br />
- Mittelsand: bis zu 0,5 m<br />
- Feinsand: bis zu 2 m<br />
- Schluff: bis zu 5 m über GWS<br />
Haftwasser: Grundwasser, das in den Zwickeln der Poren blockiert ist<br />
Wasserdampf: Ist in den nicht wassergefüllten Poren enthalten.<br />
Gebundenes Wasser: Ist z.B. durch Tonmineralien chemisch gebunden.<br />
1 Grundwasser<br />
2 Grundwasserspiegel<br />
3 geschlossenes Kapillarwasser<br />
4 offenes Kapillarwasser<br />
5 Haftwasser<br />
6 Porenwinkelwasser<br />
7 Gas (Grundluft mit Wasserdampf)<br />
8 Mineralkorn mit adsorbiertem Wasser<br />
9 Sickerwasser<br />
Abb. 12.3: Erscheinungsformen des Grundwassers (nach ZUNKER, 1930)<br />
Grundwasser-Speichergesteine vermögen in zahlreichen Poren oder Klüften große Wassermengen<br />
aufzunehmen und dank der geringen Reibung rasch fortzuleiten: Kiese, Sande,<br />
poröse Sandsteine, geklüftete Kalke, Dolomite und magmatische Gesteine.<br />
Grundwasserstauende Gesteine sind i.Allg. ungeklüftet und haben eine sehr geringe Porosität:<br />
Schluffe und Tone.<br />
Der Grundwasserspiegel ist die obere Begrenzung des Wasserstandes in einem GW-<br />
Leiter. Man unterscheidet zwischen freiem und gespanntem GW-Spiegel.<br />
Ein Grundwassersee hat einen horizontalen GW-Spiegel und daher stationäres GW.<br />
Ein Grundwasserstrom hat ein Druckgefälle im GW-Spiegel und daher fließendes GW.<br />
Grundwasserstockwerke sind verschiedene Grundwasserleiter, die durch GW-stauende<br />
Gesteins- oder Bodenschichten vertikal voneinander getrennt sind.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.4<br />
Abb. 12.4: Grundwasser in einem zusammenhängenden Aquifer (DIN 4021, Teil 3)<br />
12.3 Wasserdurchlässigkeit (Permeabilität)<br />
Die Wasserdurchlässigkeit (Permeabilität) hängt ab von der Porengröße, Porenverbindung,<br />
Querschnittsgestaltung und Wasserbindung der Festsubstanz. Die Permeabilität ist<br />
für viele bautechnische Fragen von Bedeutung, z.B. bei Grundwasserabsenkungen, Frosterscheinungen<br />
und anderen Verwitterungsfolgen in Locker- oder Festgesteinen usw. Die<br />
Durchlässigkeit ist bei Tonen sehr klein, bei Feinsand mittel und bei Kiesen sehr hoch.<br />
12.3.1 DARCY-Gesetz<br />
Laminares Fließen des Grundwassers:<br />
Q / F = k (h1 – h2) / l<br />
worin Q Abflußmenge in [m 3 /s]<br />
F Querschnittsfläche in [m 2 ]<br />
l Länge der Filterstrecke in [m]<br />
h1 – h2 Potenzialdifferenz in [m Wassersäule]<br />
(h1 – h2) / l hydraulischer Gradient [-]<br />
k hydraulische Leitfähigkeit [m/s]<br />
(= Durchlässigkeits-Koeffizient, "k-Wert")<br />
Der "k-Wert" hängt bei Lockergesteinen maßgeblich von der Kornverteilung, Korngröße,<br />
Kornform und vom Tongehalt ab. Beim Fels sind die Verhältnisse i.Allg. sehr viel komplexer.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.5<br />
Abb. 12.5: Bestimmung des Durchlässigkeits-Koeffizienten k<br />
12.3.2 Gesteins-Durchlässigkeit<br />
Gesteinsart<br />
1. Kalksteine<br />
2. Sandsteine<br />
Karbon<br />
Devon<br />
3. Mischgesteine<br />
sandig-kalkig<br />
tonig-sandig<br />
kalkig-tonig<br />
4. Granit<br />
5. Schiefer<br />
6. Kalkstein<br />
7. Dolomit<br />
Durchlässigkeitsbeiwert<br />
[cm/s]<br />
0,36 - 23 x 10 -13<br />
0,29 - 6 x 10 -11<br />
0,21 - 2 x 10 -11<br />
0,33 - 33 x 10 -12<br />
0,85 - 130 x 10 -13<br />
0,27 - 80 x 10 -12<br />
0,50 - 2,0 x 10 -10<br />
0,70 - 1,6 x 10 -10<br />
0,70 - 120 x 10 -10<br />
0,50 - 1,2 x 10 -8<br />
Tab. 12.1: Beispiele für Durchlässigkeitsbeiwerte verschiedener Gesteine<br />
12.3.3 Kluft-Durchlässigkeit<br />
Spaltweite 2a<br />
[mm]<br />
0,1<br />
0,2<br />
0,4<br />
0,7<br />
1,0<br />
2,0<br />
4,0<br />
6,0<br />
Durchlässigeitsbeiwerte in der Kluftrichtung<br />
[cm/s]<br />
0,7 x 10 -4<br />
0,6 x 10 -3<br />
0,5 x 10 -2<br />
2,5 x 10 -2<br />
0,7 x 10 -1<br />
0,6 x 10 0<br />
0,5 x 10 1<br />
1,6 x 10 1<br />
Tab. 12.2: Beispiele für Durchlässigkeitsbeiwerte einer Felskluft bei unterschiedlichen<br />
Öffnungsweiten der Kluft (pro lfm)
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.6<br />
12.4 Porosität und Wasseraufnahme<br />
Jedes Gestein enthält neben den festen Bestandteilen (Minerale und Gesteinskörner, organische<br />
Gemengteile) auch gas- oder flüssigkeitsgefüllte Poren. Das Porenvolumen ist<br />
der von Gas oder Flüssigkeit erfüllte Raum im Gestein. Die Kenntnis der Porosität ist für<br />
viele bautechnische Fragen von Bedeutung, z.B. bei der Frostbeständigkeit oder bei der<br />
Zusammendrückbarkeit. Festgesteine haben in den meisten Fällen eine geringere Porosität<br />
als Lockergesteine.<br />
Die Wasseraufnahme hängt ebenfalls von der Korngröße, dem Mineralbestand und den<br />
organischen Beimengungen ab. Viele Tonminerale besitzen zwischen ihren Schichten eine<br />
sehr starke Wasseraufnahmefähigkeit.<br />
12.4.1 Porosität von Lockergestein<br />
Gesamtporosität n:<br />
n = Volumen der Hohlräume / Gesamtvolumen der Probe<br />
Nutzbare Porosität n':<br />
n' = durchfließbares Porenvolumen / Gesamtvolumen der Probe<br />
Abb. 12.6: Porenraum bei gleichkörnigen und ungleichkörnigen Sanden.<br />
Eine dichte Lagerung vermindert k, n und n'. Ebenso abmindernd wirkt eine Mischung<br />
(Abstufung) der Korngrößen. Tonmineralien bewirken eine weitere Reduktion.<br />
Fließgeschwindigkeit v im Lockergestein = Filtergeschwindigkeit pro nutzbarer Porosität<br />
v = vF/n´ = k( h1 - h2 ) / (l n ` )`<br />
12.4.2 Porosität von Festgestein<br />
- Porenziffer analog zum Lockergestein (Porenraum zwischen den Körnern)<br />
- n und n‘ sind oft kleiner als bei Lockergesteinen wegen Kompaktion und Zementierung<br />
(Diagenese).<br />
- Bei magmatischen oder metamorphen Gesteinen ist oft n < 1% und selten n > 3%.<br />
- Die nutzbare Porosität ist oft klein wegen der Isolation der Poren.<br />
- Dennoch können ausgedehnte, mächtige Felskörper bedeutende Wasserspeicher<br />
sein.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.7<br />
12.5 Quellen<br />
Abb. 12.7: Verschiedene Arten von Quellen<br />
d = durchlässiges Gestein, u = undurchlässiges Gestein<br />
12.6 Karst<br />
Landschaft aus überwiegend Kalksteinen, in denen sich der Kalk durch Wasserzuflüsse<br />
löst. Dadurch kann oberirdisch ein Netz von Trockentälern und unterirdisch ein System<br />
von Spalten, Höhlen und Flüssen entstehen.<br />
Lösungsverwitterung direkt bei Gips und Steinsalz<br />
Kohlensäureverwitterung bei Karbonatgesteinen (Kalk, Dolomit)<br />
- Wichtig: Partialdruck des im Wasser gelösten CO2 ist abhängig von der Temperatur.<br />
- CO2 entsteht durch biochemische Oxidation von organischem Material im Boden.<br />
- Kalklösung bei Untersättigung des Wassers mit Ca 2+ oder Mg 2+<br />
Abb. 12.8: CO2 -Löslichkeit als Funktion der Temperatur bei atmosphärischem Druck
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.8<br />
Vorkommen:<br />
- weltweit verbreitet<br />
- an der Oberfläche erfolgt Lösung längs der Fallinie oder an Schwächezonen<br />
- in der Tiefe wird das Gebirge ausgehöhlt:<br />
weiträumige, weitverzweigte Höhlensysteme mit Tropfsteinen<br />
- Hauptrichtungen sind Schwächezonen und Kluftscharen<br />
- tief und flächig lösen sich besonders die Salze NaCl, KCl usw.<br />
- Lösungsrückstände: Ton, Schluff, Feinsand, Mergel: Höhlenlehm<br />
Abb. 12.9: Karstlandschaft mit Höhle, Naturschacht, Einsturz-Dolinen<br />
12.7 Hydrogeologie im Bauwesen<br />
(1) Auftreten des Grund- und Bergwassers:<br />
- im Lockergestein und Boden<br />
- im Fels<br />
(2) Hydrologische Typen von Gesteinen<br />
(3) Technische Auswirkungen des Grund- und Bergwassers<br />
- Auftrieb<br />
- Strömungsdruck<br />
- Kluftwasserschub<br />
- Entfestigung des Grundkörpermaterials<br />
- Plastifizierung der Kluftzwischenmittel<br />
- Porenwasserüberdruck in den Kluftzwischenmitteln<br />
- chemische Zersetzung von Beton und Mörtel<br />
(4) Wasserzudrang zu Tunneln und Bauwerken<br />
(5) Quellen und Quellbeeinflussung durch Bauwerke<br />
(6) Geologische Bedingungen für Dichtungs- und Drainagemaßnahmen
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.9<br />
Abb. 12.10: Talsperre in metamorphen Schiefern:<br />
Felsgleitung auf Schieferflächen am Hang (a) und<br />
tiefreichende Verwitterungszone (Wasserverluste) am Hang (b)<br />
12.8 Übungsaufgaben<br />
Ü 12.1 Nennen Sie typische geotechnische Probleme von Karstlandschaften.<br />
Ü 12.2 Wo gibt es in Deutschland Karstlandschaften?<br />
Ü 12.3 Welchen Einfluss hat das Bergwasser auf die Standfestigkeit der<br />
Felswiderlager von Talsperren?
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.10<br />
Ergänzende Stichworte zu Kapitel 12<br />
Abfluss: Alle Transportvorgänge, die die meteorischen Niederschläge (Regen, Schnee,<br />
Eis, Tau) über die Flüsse und Seen in die Meere zurückführen. Gegenteil: Versickerung.<br />
Artesisches Wasser: Gespanntes Grundwasser, das zwischen muldenförmig nach unten<br />
gebogenen, wasserundurchlässigen Bodenschichten liegt und an einer höher gelegenen<br />
Stelle einen Zufluss erhält. Durchörtert man die darüberliegende Stauschicht so entsteht<br />
durch den dort herrschenden Überdruck ein natürlicher Springbrunnen (artesischer Brunnen),<br />
wenn der Entnahmepunkt tiefer liegt als der freie Grundwasserspiegel im Speichergestein.<br />
Bergwasser: Alles im Fels auftretende Wasser wie Porenwasser im Gestein und in den<br />
Kluftzwischenmitteln oder freies Kluftwasser.<br />
Grundwasserbeschaffenheit: Qualitative und quantitative Zusammensetzung des GW<br />
nach Art und Menge der darin enthaltenen und transportierten Stoffe; Maß für die Filterwirkung<br />
des Bodens<br />
Grundwasserleiter (Aquifer): Wasserdurchlässige Gesteinsformation, die mit GW teilweise<br />
oder ganz gefüllt sein kann<br />
Grundwasserstauer: gering durchlässige Gesteinsformation, die einen GW-Leiter nach<br />
oben oder unten abgrenzt<br />
Hydrogeologie: Lehre vom Wasserhaushalt des Untergrundes (Vorräte, Dynamik, Zusammensetzung<br />
des Grundwassers)<br />
Kapillarität: Grundwasseranstieg in den Kapillaren des Bodens durch die Oberflächenspannung<br />
an der Grenzfläche von Wasser und Luft<br />
Thermen (=Thermalquellen): Quellen von aus größeren Tiefen - meist an geologischen<br />
Verwerfungen - aufsteigenden warmen oder heißen, mineralhaltigen Wässern (z.B. Thermen<br />
von Baden-Baden); eruptive Quellen von Wasserdampf und heißem Wasser in vulkanischen<br />
Gebieten nennt man dagegen Geysire (z.B. in Island).<br />
Tropfsteine: In Karsthöhlen tropft aus Spalten und Poren gewöhnlich kalkhaltiges Wasser.<br />
An der Aufschlagstelle scheidet sich Kalkspat aus (Tropfsteine) und bildet zapfenähnliche<br />
Gebilde, die in die Höhe wachsen (Stalagmiten). Die von den Decken herabwachsenden,<br />
hängenden Zapfen heißen Stalaktiten. Verwachsen Stalagmiten mit Stalaktiten<br />
entstehen Tropfsteinsäulen oder Stalagnaten.<br />
Wasserhärte: Maß für gelöste Ca- und Mg-Verbindungen im Wasser: ein deutscher Härtegrad<br />
(1° d. H.) entspricht 10 mg CaO oder 18 mg CaCO3 pro Liter Wasser.<br />
Wasserwegigkeit: Eigenschaft klüftigen Gebirges, dem Wasser entlang der Klüfte bevorzugte<br />
Sickerwege zu bieten; die Wasserwegigkeit kann in verschiedenen Richtungen sehr<br />
unterschiedlich sein.