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Geologie im Bauwesen - IBF

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Arbeitsblätter zum Kurs<br />

<strong>Geologie</strong> <strong>im</strong> <strong>Bauwesen</strong><br />

Sommersemester 2011<br />

Dozenten: Priv. Dr. Jörg-Detlef Eckhardt<br />

Dipl.-Ing. Thomas Mutschler<br />

Institut für Bodenmechanik und<br />

Felsmechanik<br />

Institut für Massivbau und Baustofftechnologie<br />

KIT – Universität des Landes Baden-Württemberg und nationales Großforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft www.kit.edu


- 2 -


Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort<br />

1. EINFÜHRUNG<br />

1.1 Stellung der Baugeologie <strong>im</strong> Rahmen der <strong>Geologie</strong><br />

1.2 Ingenieurgeologische und geotechnische Untersuchungsschwerpunkte<br />

1.3 Zusammenarbeit zwischen Bauingenieur und Baugeologe<br />

1.4 Übungsaufgaben<br />

2. BEWEGUNG, FIGUR, AUFBAU UND DYNAMIK DER ERDE<br />

2.1 Bewegung und Figur der Erde<br />

2.2 Aufbau der Erde<br />

2.3 Erdoberfläche<br />

2.4 Erdwärme (Geothermie)<br />

2.5 Seismizität, Magnitude, Intensität und Schadenswirkung<br />

2.6 Übungsaufgaben<br />

3. KRISTALLE, MINERALE, GESTEINE und GEBIRGE<br />

3.1 Geochemische Elemente, Kristalle<br />

3.2 Minerale<br />

3.3 Gesteine<br />

3.4 Gebirge, Fels<br />

3.5 Best<strong>im</strong>mung der Minerale und Gesteine<br />

3.6 Kreislauf der Gesteine<br />

3.7 Übungsaufgaben<br />

4. MAGMATISCHE GESTEINE<br />

4.1 Magma, Lava<br />

4.2 Magmatite, Magmendifferentiation<br />

4.3 Vulkane, Vulkanite<br />

4.4 Plutone, Plutonite<br />

4.5 Magmatische Gänge, Ganggesteine<br />

4.6 Gefüge der Magmatite<br />

4.7 Bautechnisch bedeutende Magmatite<br />

4.8 Übungsaufgaben<br />

5. METAMORPHE GESTEINE<br />

5.1 Temperatur- und Druckgradienten in der Erdkruste<br />

5.2 Metamorphose<br />

5.3 Einteilung der Metamorphite<br />

5.4 Migmatite<br />

5.5 Gefüge der Metamorphite<br />

5.6 Fazies<br />

5.7 Bautechnisch bedeutende Metamorphite<br />

5.8 Übungsaufgaben<br />

- 3 -


6. SEDIMENTGESTEINE<br />

6.1 Einteilung der Sed<strong>im</strong>entgesteine<br />

6.2 Klastische Sed<strong>im</strong>ente<br />

6.3 Chemische Sed<strong>im</strong>ente<br />

6.4 Biogene Sed<strong>im</strong>ente<br />

6.5 Bautechnisch bedeutende Sed<strong>im</strong>entgesteine<br />

6.6 Übungsaufgaben<br />

7. ENTSTEHUNG UND KLASSIFIKATION VON LOCKER- UND<br />

FESTGESTEINEN<br />

7.1 Kl<strong>im</strong>a als Motor der Gesteinsbildung<br />

7.2 Verwitterung<br />

7.3 Erosion, Transport, Sed<strong>im</strong>entation<br />

7.4 Ansprache von Locker und Festgesteinen<br />

7.5 Übungsaufgaben<br />

8. ERDGESCHICHTE UND BAUGRUNDEIGENSCHAFTEN<br />

8.1 Erdgeschichtliche Epochen und geologische Formationen<br />

8.2 Geodynamik<br />

8.3 Meeresspiegelschwankungen<br />

8.4 Stratigraphie und Morphologie<br />

8.5 Stratigraphie und Baugrundeigenschaften<br />

8.6 Übungsaufgaben<br />

9. TEKTONISCHE GRUNDLAGEN<br />

9.1 Faltung, Deckenüberschiebung<br />

9.2 Geologische Verwerfungen<br />

9.3 Halokinese, Diapirismus<br />

9.4 Felsklüfte und -gefüge<br />

9.5 Übungsaufgaben<br />

10. DARSTELLUNG VON SCHICHTFLÄCHEN UND KLÜFTEN<br />

10.1 Streichen und Fallen von Schichtflächen und Klüften<br />

10.2 Lagenkugel-Analyse<br />

10.3 Übungsaufgaben zum Lagenkugeldiagramm mit Lösungen<br />

10.4 Weitere Übungsaufgaben zum Lagenkugeldiagramm<br />

11. GEOLOGISCHE ERKUNDUNGEN UND METHODEN<br />

11.1. Baugeologische Erkundung<br />

11.2 Bautechnische Bedeutung der Geomorphologie<br />

11.3 Hangbewegungen<br />

11.4 Erdfälle und Bodensenkungen<br />

11.5 Baugrundvergütung durch Injektionstechnik<br />

11.6 Karten und Profile<br />

11.7 Übungsausgaben<br />

- 4 -


12. HYDROGEOLOGISCHE GRUNDLAGEN<br />

12.1. Wasserkreislauf<br />

12.2 Grundwasser<br />

12.3 Wasserdurchlässigkeit<br />

12.4 Porosität und Wasseraufnahme<br />

12.5 Quellen<br />

12.6 Karst<br />

12.7 Hydrogeologie <strong>im</strong> <strong>Bauwesen</strong><br />

12.8 Übungsaufgaben<br />

- 5 -


- 6 -


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite I<br />

VORWORT<br />

Die Vorlesung "<strong>Geologie</strong> <strong>im</strong> <strong>Bauwesen</strong>" ist eine Grundlagenvorlesung mit Übungen zur<br />

Einführung in das Studium des geotechnischen Ingenieurwesens. Sie vermittelt Ihnen<br />

am Anfang Ihrer Ausbildung zum Bauingenieur einen ersten Einblick in wesentliche<br />

Teilbereiche Ihrer späteren beruflichen Tätigkeit als Diplom-Ingenieur/in und findet ihre<br />

Fortsetzung in den Kursen „Bodenmechanik", „Grundbau" und „Felsmechanik". In den<br />

Masterkursen der Richtung „Geotechnisches Ingenieurwesen“ folgen vertiefende Kurse<br />

zu "Bodenmechanik", „Grundbau" und "Felsmechanik", die durch die Kurse „Tunnel-<br />

und Stollenbau", „Felsbau über Tage", „Erddammbau" und „Deponiebau" sowie weitere<br />

Spezialveranstaltungen ergänzt werden.<br />

Der Kurs „<strong>Geologie</strong> <strong>im</strong> <strong>Bauwesen</strong>" hat an unserer Hochschule eine lange Tradition. Sie<br />

wurde von Professor Leopold Müller Ende der sechziger Jahre begründet und später<br />

von den Professoren Günter Borm, Edwin Fecker und Otfried Natau fortgeführt mit dem<br />

Ziel, den Studenten des Bauingenieurwesens die Bedeutung der <strong>Geologie</strong> für ihre Studienrichtung<br />

klar zu machen. Spätestens dann, wenn Sie ein Vertiefungsstudium <strong>im</strong><br />

geotechnischen Ingenieurwesen aufnehmen, werden Sie erkennen, wie eng die <strong>Geologie</strong><br />

mit dem Bauingenieurwesen verquickt ist und dass Bauen ohne oder gar gegen die<br />

<strong>Geologie</strong> fatale Folgen haben kann.<br />

Die Ihnen vorliegenden Arbeitsblätter zum Kurs „<strong>Geologie</strong> <strong>im</strong> <strong>Bauwesen</strong>" enthalten den<br />

Vorlesungsstoff in stark kompr<strong>im</strong>ierter Form. Trotzdem sind alle geologischen Aspekte,<br />

die mit dem Bauingenieurwesen zusammenhängen, angesprochen. Dass dabei manches<br />

geologische Detail behandelt wird, was Sie in Ihrem späteren Berufsleben nicht<br />

mehr benötigen, lässt sich nicht vermeiden, weil sonst der geologische Zusammenhang<br />

verloren geht.<br />

Die Abbildungen und Tabellen dieses Skriptums sind oft der Fachliteratur entnommen,<br />

ohne dass in jedem Einzelfall alle Urheberrechte überprüft werden konnten. Sie sind<br />

daher nur für den persönlichen Gebrauch best<strong>im</strong>mt und dürfen nicht weiterkopiert werden.<br />

Für das Studium und Ihren späteren Beruf ist es nützlich, wenn Sie wenigstens eines<br />

der in der Literaturauswahl genannten Lehrbücher besitzen. Jedenfalls können Sie die<br />

Lehrbücher in der Universitätsbibliothek ausleihen oder <strong>im</strong> dortigen Lesesaal studieren.<br />

Im Lesesaal der Universitätsbibliothek finden Sie auch eine vollständige Sammlung aller<br />

DIN-Normen, jeweils in der aktuellen Fassung. Das Bauen ist durch Normen sehr<br />

stark reguliert, weshalb Sie sich intensiv mit diesen Normen befassen sollten.<br />

Die <strong>Geologie</strong> ist eine angewandte Wissenschaft und lässt sich nicht allein <strong>im</strong> Hörsaal<br />

und aus Büchern begreifen. Wir empfehlen daher über diese Vorlesung hinaus die aktive<br />

Teilnahme an einem geologischen Praktikum zur Gesteinskunde, welches vom Geologischen<br />

Lehrstuhl angeboten wird. Dort lernen Sie die wichtigsten Gesteine und gesteinsbildenden<br />

Minerale kennen und unterscheiden. Eine Fertigkeit, die Ihnen nicht<br />

nur in Ihrem Beruf von Vorteil sein wird, sondern die auch für Ihre Allgemeinbildung von<br />

großem Nutzen ist.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite II<br />

LEISTUNGSNACHWEIS<br />

Die Studienleistung <strong>im</strong> Kurs „<strong>Geologie</strong> <strong>im</strong> <strong>Bauwesen</strong>“ wird durch einen Leistungsnachweis<br />

ohne Benotung gemäß §17,2 der SPO für den Bachelorstudiengang bescheinigt.<br />

Der Leistungsnachweis ist mit einer erfolgreichen Teilnahme an einer mündlichen Befragung<br />

zu erbringen. Die Befragung wird in Gruppen zu jeweils drei Kandidaten am<br />

Ende des Semesters, noch in der Vorlesungszeit, stattfinden. Termin und Ort werden<br />

rechtzeitig bekannt gegeben.<br />

Gegenstand der Befragung ist der in Vorlesung und Übung behandelte Stoff. Die am<br />

Ende einiger Kapitel aufgelisteten Fragen können als Orientierung dienen. Die ergänzenden<br />

Stichworte sind in Kurzform erläutert und sollten in der Fachliteratur näher recherchiert<br />

werden. Die Arbeitsblätter sind z. T. ausführlicher als die Vorlesungen und<br />

Übungen. Sie sollten Ihnen bei Bedarf zum Nachschlagen dienen. Fragen zum Verständnis<br />

sind erlaubt, machen Sie Gebrauch davon!<br />

Diese Arbeitsblätter stehen <strong>im</strong> Internet unter<br />

http://www.ibf.uni-karlsruhe.de/gib_skript.html<br />

zum Download bereit.<br />

LITERATURAUSWAHL<br />

Allgemeine und historische <strong>Geologie</strong><br />

Murawski, H. und Meyer W. (2010): Geologisches Wörterbuch, 12. Auflage, Elsevier<br />

Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 24,95 EUR<br />

Press, F. und Siever, R. (2003): Allgemeine <strong>Geologie</strong>, 3. Auflage, Spektrum Akademischer<br />

Verlag, Heidelberg, TB 50,00 EUR, geb. Ausgabe: 72,00 EUR<br />

Richter, D. (1992): Allgemeine <strong>Geologie</strong>, 4. Auflage, de Gruyter, Berlin, 34,95 EUR<br />

Tarbuck, E. J. & Lutgens, F. K. (2008): Earth – Introduction to Physical Geology, 9. Auflage,<br />

Pearson Education Int., ca. 90 EUR<br />

Tektonik<br />

Eisbacher, G.H. (1996): Einführung in die Tektonik, 2. Auflage, Spektrum Akademischer<br />

Verlag, Heidelberg, (nur noch antiquarisch erhältlich)<br />

Baugeologie, Hydrogeologie<br />

Fecker, E. und Reik, G. (2001): Baugeologie, 2. Auflage, F. Enke Verlag, Stuttgart,<br />

30,00 EUR<br />

Hölting, B. und Coldewey, W.G. (2009): Hydrogeologie, 6. Auflage, Elsevier Spektrum<br />

Akademischer Verlag, Heidelberg, 39,95 EUR


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite III<br />

Klengel, K.J., Wagenbreth, O und Pasek j. (2001): Ingenieurgeologie, 3. Auflage,<br />

Spektrum Akademischer Verlag;<br />

Prinz, H und Strauß, R. (2006): Abriss der Ingenieurgeologie, 4. Auflage, Elsevier<br />

Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 79,95 EUR<br />

Reinsch, D. (1991): Natursteinkunde, Eine Einführung für Bauingenieure, Architekten,<br />

Denkmalpfleger und Steinmetze, Spektrum Akademischer Verlag.(nur noch antiquarisch<br />

erhältlich)<br />

Normen<br />

DIN 4020, Sept. 2003: Geotechnische Untersuchungen für bautechnische Zwecke<br />

DIN EN ISO 14688-1: Geotechnische Erkundung und Untersuchung - Benennung, Beschreibung<br />

und Klassifizierung von Boden - Teil 1: Benennung und Beschreibung (ISO<br />

14688-1:2002); Deutsche Fassung EN ISO 14688-1:2002<br />

DIN EN ISO 14688-2: Geotechnische Erkundung und Untersuchung - Benennung, Beschreibung<br />

und Klassifizierung von Boden - Teil 2: Grundlagen für Bodenklassifizierungen<br />

(ISO 14688-2:2004); Deutsche Fassung EN ISO 14688-2:2004<br />

DIN EN ISO 14689-1: Geotechnische Erkundung und Untersuchung - Benennung, Beschreibung<br />

und Klassifizierung von Fels - Teil 1: Benennung und Beschreibung (ISO<br />

14689-1:2003); Deutsche Fassung EN ISO 14689-1:2003<br />

DIN EN ISO 22475-1: Geotechnische Erkundung und Untersuchung - Probenentnahmeverfahren<br />

und Grundwassermessungen - Teil 1: Technische Grundlagen der Ausführung<br />

(ISO 22475-1:2006); Deutsche Fassung EN ISO 22475-1:2006<br />

DIN EN ISO 22475-2: Geotechnische Erkundung und Untersuchung - Probenentnahmeverfahren<br />

und Grundwassermessungen - Teil 2: Qualifikationskriterien für Unternehmen<br />

und Personal (ISO/TS 22475-2:2006); Deutsche Fassung CEN ISO/TS 22475-<br />

2:2006<br />

DIN 4023, März 1984: Baugrund- und Wasserbohrungen; Zeichnerische Darstellung<br />

der Ergebnisse<br />

DIN EN 1998-1: Eurocode 8: Auslegung von Bauwerken gegen Erdbeben - Teil 1:<br />

Grundlagen, Erdbebeneinwirkungen und Regeln für Hochbauten; Deutsche Fassung<br />

EN 1998-1:2004 + AC:2009


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 1.1<br />

1. EINFÜHRUNG<br />

(Wechselbeziehungen von <strong>Geologie</strong>, Baugrund und Bauwerk)<br />

Baugeologie ist die angewandte <strong>Geologie</strong> <strong>im</strong> <strong>Bauwesen</strong> bei Untersuchungen von<br />

Baugrund und Baustoffen aus natürlichem Gestein. Im Vordergrund steht dabei die<br />

Interpretation der geologischen Gegebenheiten für bautechnische Zwecke.<br />

Im Umweltschutz zählen zu den baugeologischen Aufgaben die Standortuntersuchungen<br />

für Deponien über und unter Tage, Gefährdungsabschätzungen,<br />

Altlastenerkundung, -sicherung und -sanierung, Erstellung von Karten zur Landschaftsnutzung<br />

und Raumplanung in Abhängigkeit von den Untergrundverhältnissen usw.<br />

Baugeologische Untersuchungen sind durch unterschiedliche Nutzungsansprüche an<br />

den Baugrund geprägt, wobei wirtschaftliche, sicherheitstechnische und ökologische<br />

Aspekte zu berücksichtigen sind. Voraussetzung hierfür ist eine fundierte Kenntnis über<br />

den Aufbau des Baugrundes und sein Verhalten bei bautechnischen Eingriffen.<br />

1.1 Stellung der Baugeologie <strong>im</strong> Rahmen der <strong>Geologie</strong><br />

<strong>Geologie</strong><br />

Allgemeine <strong>Geologie</strong> Historische <strong>Geologie</strong> Angewandte <strong>Geologie</strong><br />

physiograph. dynamische Stratigraphie Paläontologie<br />

<strong>Geologie</strong> <strong>Geologie</strong><br />

endogene Dynamik exogene Dynamik Tektonik<br />

Lagerstättengeologie Hydrogeologie Baugeologie Bodenkunde<br />

Benachbarte Disziplinen: Mineralogie, Petrographie, Geophysik<br />

Weiterführende Ingenieurdisziplinen:<br />

Bodenmechanik, Grundbau, Dammbau, Deponiebau, Felsmechanik, Felsbau, Tunnelbau,<br />

Bergbau<br />

_____________________________________________________________________<br />

Übung 1.0:<br />

Interpretieren Sie das obige Diagramm zur Stellung der Baugeologie <strong>im</strong> Rahmen der<br />

Geowissenschaften mit Hilfe der Definitionen auf der folgenden Seite. Beachten Sie<br />

dabei, dass die einzelnen Disziplinen i.a. miteinander verbunden sind.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 1.2<br />

<strong>Geologie</strong>: Wissenschaft von der Entwicklungsgeschichte und dem stofflichen Aufbau<br />

der Erde. Sie erforscht die Erdkruste mit ihren Gesteinen, deren Lagerungs- und<br />

Umwandlungserscheinungen sowie ihrem Fossilgehalt.<br />

Allgemeine <strong>Geologie</strong> (Geomorphologie, exogene und endogene Dynamik):<br />

Wissenschaft von den Formen der Erdoberfläche. Lehre von den physikalischchemischen<br />

Grundlagen geologischer Prozesse: Bildung und Umgestaltung der<br />

Gesteine unter Einwirkung von endogenen (=inneren) und exogenen (=äußeren)<br />

Kräften<br />

Historische <strong>Geologie</strong> (Erdgeschichte): Sie erforscht die Entwicklung der Erde -<br />

besonders ihrer Kruste - und des Lebens darauf über die erdgeschichtlichen<br />

Epochen. Urkunden und Zeugnisse dafür sind die Gesteine und Fossilien.<br />

Stratigraphie: Lehre von der Zusammensetzung, der zeitlichen Bildungsfolge und<br />

Fossilführung sowie der räumlichen Verbreitung der Sed<strong>im</strong>entgesteinsschichten.<br />

Aufstellung von Zeitskalen zur Datierung der geologischen Geschichte<br />

Paläontologie: Wissenschaft von den tierischen und pflanzlichen Lebewesen<br />

(Flora und Fauna) der verschiedenen erdgeschichtlichen Epochen<br />

Geochronologie: Wissenschaft vom relativen und absoluten Alter der Erde<br />

Angewandte <strong>Geologie</strong>: Anwendung geologischer Erkenntnisse und Methoden:<br />

Ingenieurgeologie: Lehre von der Verwertung und Anwendung geologischer<br />

Informationen auf Belange der Technik<br />

Montangeologie: Grundlage zur Suche und Untersuchung von natürlichen<br />

Rohstoffen (Lagerstättenkunde: Erdöl, Kohle, Salze, Erze, Steine, Erden)<br />

Hydrogeologie: Lehre vom Wasserhaushalt der Gesteine und Gesteinsverbände.<br />

Erforschung der Vorräte, Bewegung, Qualität und Quantität des Grundwassers<br />

Baugeologie: Teilgebiet der Ingenieurgeologie: Lehre von der Verwertung und<br />

Anwendung geologischer Erkenntnisse auf Belange des <strong>Bauwesen</strong>s. Diese sind:<br />

Geotechnik, technische Beherrschung der geologischen Randbedingungen,<br />

Baugrund, Gründungen, Erdarbeiten, Verkehrsbauten, Fels- und Tunnelbau,<br />

Talsperren, Rohöl- und Gasspeicherung, Abfall-Deponien über und unter Tage<br />

Mineralogie: Lehre von der physikalisch-chemischen Zusammensetzung und<br />

geometrischen Bildung der Minerale<br />

Petrographie (Gesteinskunde): Lehre von Entstehung, Zusammensetzung und<br />

Umbildung der Gesteine<br />

Geochemie: Stoffbestand und Stoffwechsel der Erde<br />

Geophysik: Physik der festen Erde, des Meeres und der Lufthülle. Sie befaßt sich mit<br />

den seismischen, gravitativen, magnetischen, thermischen und elektrischen<br />

Eigenschaften und Erscheinungen der Erde sowie dem physikalischen Aufbau des<br />

Erdinneren.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 1.3<br />

Angewandte Geophysik: nutzt die geophysikalischen Erkenntnisse und Methoden<br />

für das Aufsuchen von Lagerstätten und für die Sondierung von Baugrund.<br />

Geomechanik: Mechanisches Verhalten der Erdkruste gegenüber tektonischen oder<br />

technischen Einwirkungen<br />

Bodenmechanik und Felsmechanik: Teilgebiete der geotechnischen Ingenieurwissenschaften.<br />

Mechanische und physikalische Eigenschaften des Gebirges. Statik<br />

und Dynamik von Boden und Fels als Element einer Ingenieurkonstruktion<br />

1.2 Ingenieurgeologische und geotechnische Untersuchungsschwerpunkte<br />

Bauwerksart Untersuchungsschwerpunkte<br />

Hochbauten Standortwahl, Tragfähigkeit und Setzungsverhalten des<br />

Baugrundes, Standsicherheit der Baugrubenböschungen,<br />

Wasserverhältnisse<br />

Brücken Standortwahl, Standsicherheit und Setzungsverhalten der<br />

Stützenbereiche und Widerlager<br />

Verkehrswege Trassenlage (Hang- oder Tallage), Setzungsverhalten,<br />

Standsicherheit von natürlichen und künstlichen Böschungen,<br />

Frostverhalten der Gesteine<br />

Talsperren Wahl des Absperrquerschnittes, Belastbarkeit des<br />

Tunnel, Stollen,<br />

Schächte,<br />

Kavernen<br />

Untergrundes in den maßgebenden Richtungen,<br />

Standsicherheit der Felswiderlager, Dichtheit des Stauraumes<br />

und Sperrenbereiches, Verlandungsfragen, Erdbeben-<br />

sicherheit und induzierte Seismizität, Standsicherheit der<br />

Talhänge des Stauraumes<br />

Trassen- und Standortwahl, geologisch-geotechnische<br />

Prognose, Verhalten der verschiedenen Gebirgsarten be<strong>im</strong><br />

Ausbruch eines Hohlraumes, Gebirgsspannungen,<br />

Wasserverhältnisse, Temperatur, Quell- und Schwellverhalten,<br />

Gebirgsgase<br />

Flussbau Erosionstätigkeit, Erosionshindernisse, Sed<strong>im</strong>entations-<br />

tätigkeit, Standsicherheit von Uferböschungen, Fest-<br />

stoffführung<br />

See- und Hafenbau Erosions- und Verlandungsfragen, Gründungsfragen<br />

Deponien über<br />

Tage<br />

Deponien unter<br />

Tage<br />

Baugrundgeologie und -hydrogeologie, Basisabdichtung,<br />

Abdeckung, Standsicherheit<br />

Bewertung alter Bergwerke, geologische und geotechnische<br />

Barrieren, Standsicherheitsnachweise


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 1.4<br />

1.3 Zusammenarbeit zwischen Bauingenieur und Baugeologe<br />

Das Ziel jeder Zusammenarbeit zwischen dem Bauingenieur und dem Baugeologen ist<br />

in erster Linie eine Frage der Opt<strong>im</strong>ierung hinsichtlich größtmöglicher Sicherheit,<br />

Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit.<br />

Baugeologe Ingenieur<br />

Klärung der geologischen Situation <strong>im</strong><br />

Großen<br />

Klärung der geologischen Situation am<br />

gewählten Ort, Festlegung des<br />

Aufschlussprogrammes, Überwachung<br />

bzw. Durchführung der<br />

Aufschlussarbeiten, Baustofffragen<br />

Interpretation der Aufschlussverhältnisse<br />

und Durchführung ergänzender<br />

Untersuchungen, Disposition von Groß-<br />

und Laborversuchen<br />

Geologische Dokumentation und<br />

Bauberatung<br />

Mitarbeit bei der Deutung von<br />

Bauwerksbeobachtungen<br />

1.4 Übungsaufgaben<br />

Vorstudien<br />

Generelle Projektierung<br />

Detail-Projektierung<br />

Bauausführung<br />

Bauwerksüberwachung<br />

Grundsätzliche Entscheidung über<br />

Lokalität, Trassenführung, Hauptanlageverhältnisse<br />

Entscheidung über Bauwerkstypen,<br />

Gründungsarten, Baustofffragen<br />

Anpassung der Baukonstruktionen an<br />

das geologische Detail, Entscheidung<br />

über Art der Bauweise und<br />

Baudurchführung, Festlegung von<br />

Beobachtungssystemen<br />

Erforderlichenfalls Anpassung von<br />

Konstruktion und Ausführung an die <strong>im</strong><br />

Zuge des Baufortschrittes gewonnenen<br />

Daten, Messbeobachtungen<br />

Erforderlichenfalls ergänzende<br />

Maßnahmen<br />

Ü 1.1 Nennen Sie aus Ihrem persönlichen Erfahrungsbereich (He<strong>im</strong>atort, Studienort,<br />

Praktikum, Reisen usw.) eine Baustelle in Locker- oder Festgestein, bei der die<br />

<strong>Geologie</strong> des Baugrundes eine besondere Relevanz hat(te).<br />

(a) Welche Erscheinungen waren zu beobachten?<br />

(b) Versuchen Sie die Situation zu skizzieren.<br />

(c) Welche baulichen Maßnahmen wurden getroffen?


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.1<br />

2. BEWEGUNG, FIGUR, AUFBAU UND DYNAMIK DER ERDE<br />

(Jahreszeiten/Kl<strong>im</strong>a, Schalenaufbau, Isostasie, Geothermie, Tektonik, Erdbeben)<br />

2.1 Bewegung und Figur der Erde<br />

Erde<br />

Oberfläche: 510 Mio. km2<br />

mittl. Radius: 6 371 km<br />

mittl. Dichte: 5,5 g/cm 3<br />

mittl. Schwere: 9,81 m/sec2<br />

Sonne<br />

Volumen: 1,1 * 1012 km3<br />

Äquator-Radius: 6378 km<br />

mittl. Dichte der oberen<br />

Kruste: 2,7 g/cm3<br />

(an der Erdoberfläche)<br />

Masse: 6 * 1024 kg<br />

Pol-Radius: 6356 km<br />

Masse: 2 * 1030 kg ca. 332 000 * Erdmasse<br />

mittl. Radius: 700 000 km ca. 109 * Erdradius<br />

mittl. Dichte: 1,4 g/cm 3 ca. 1/4 * Erddichte<br />

Dichte <strong>im</strong> Zentrum: 10 g/cm 3<br />

mittl. Schwere: ca. 28 * Erdschwere an der Oberfläche<br />

Die Schwerkraft der Erde hängt von der Entfernung vom Erdmittelpunkt ab. Die<br />

Fallbeschleunigung beträgt <strong>im</strong> Mittel 9,81 m/sec 2 . Örtliche Abweichungen des<br />

Erdschwerefeldes entstehen durch Heterogenitäten in der Massenverteilung; sie<br />

werden durch die Grav<strong>im</strong>etrie erforscht.<br />

Die Erde rotiert gegen den Uhrzeigersinn in 24 Stunden einmal um ihre Achse, die<br />

gegen die Erdbahn um 66 o 33' geneigt ist, wobei die Drehgeschwindigkeit am Äquator<br />

465 m/sec (1 700 km/h) beträgt.<br />

Die Erde bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von ca. 30 km/sec ( 108 000 km/h) auf<br />

einer nahezu kreisförmigen, etwa 940 Mio. km langen elliptischen Bahn (Ekliptik) um die<br />

Sonne, die in einem der beiden Brennpunkte steht. Der mittlere Abstand von Sonne und<br />

Erde beträgt ca. 150 Mio. km; er ist Anfang Januar um 2,5 Mio. km geringer, Anfang Juli<br />

2,5 Mio. km größer. Die Neigung der Rotationsachse gegen die Ekliptik ist die Ursache<br />

für die verschiedenen Jahreszeiten auf der Nord- und Süd-Halbkugel.<br />

Abb. 2.1 Jahresumlauf der Erde um die Sonne


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.2<br />

Sonne, Mond und andere H<strong>im</strong>melskörper wirken auf die Wassermassen der Erde durch<br />

gravitative Anziehung ein. Auch der feste Erdkörper wird durch diese Anziehungskräfte<br />

deformiert: Dehnung entlang der Linie Mond/Erdschwerpunkt, Stauchung senkrecht<br />

dazu. In Karlsruhe beträgt die Gezeitenschwingung ca. 50 cm.<br />

Der Mond läuft als natürlicher Satellit der Erde in 27,5 Tagen einmal um die Erde und<br />

best<strong>im</strong>mt ihre Gezeiten von Land und Wasser (Ebbe/Flut).<br />

2.2 Aufbau der Erde<br />

Die Erde ist in konzentrischen Schalen aufgebaut:<br />

Die äußere Schale ist eine gasförmige Hülle (Atmosphäre). Sie hat eine Mindesthöhe<br />

von 1 000 km, und ihre Dichte wird nach außen geringer; 90% der Luftmassen sind in<br />

den untersten 20 km enthalten.<br />

Unter der Atmosphäre liegen der vom Wasser eingenommene Bereich (Hydrosphäre)<br />

und die Landmassen (-> Kl<strong>im</strong>a -> Wetter -> Verwitterung). Sichtbare Teile der oberen<br />

Erdkruste sind die Gesteine, die durch Gebirgsbildung und -abtragung an die<br />

Erdoberfläche gelangt sind (-> Orogenese, Epirogenese), sowie das<br />

Oberflächenwasser.<br />

Mit geophysikalischen Methoden - besonders durch Auswertung der Laufzeiten von<br />

Erdbeben-Wellen - gewinnt man Aufschluß über den Aufbau der tiefergelegenen Teile<br />

des Erdkörpers: Sprunghafte Änderungen der Geschwindigkeit von seismischen Wellen<br />

in best<strong>im</strong>mten Tiefen sowie Brechung und Reflexion an Unstetigkeitsflächen belegen<br />

den Schalen-Aufbau des Erdkörpers: Erdkruste, Erdmantel und Erdkern; diese lassen<br />

sich jeweils noch weiter untergliedern (-> Seismologie).<br />

Abb. 2.2 Schalenförmiger Aufbau des Erdkörpers (Press & Siever, 2003)


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.3<br />

2.2.1 Erdbebenwellen<br />

Erdbebenwellen sind stoßartige elastische Verformungen (seismische Wellen), die von<br />

tieferen Teilen der festen Erdkruste ausgehen, sich durch den Erdkörper als<br />

Raumwellen (P- und S-Wellen) und entlang der Erdoberfläche als Oberflächenwellen<br />

(L- und R-Wellen) ausbreiten.<br />

Die Kompressionswellen (pr<strong>im</strong>äre Wellen = P-Wellen) sind am schnellsten. Sie laufen<br />

als Longitudinalwellen mit Geschwindigkeiten von mehreren km/sec durch den<br />

Erdkörper. Je härter ein Gestein ist, desto höher ist die Geschwindigkeit der P-Wellen.<br />

Die Scherungswellen (sekundäre Wellen = S-Wellen) sind Transversalwellen, die den<br />

P-Wellen mit etwa halber Geschwindigkeit folgen.<br />

Die M-Wellen ("Max<strong>im</strong>um") treffen zuletzt ein, da sie entlang der Erdoberfläche laufen.<br />

Nach der Art der Teilchenbewegung gliedert man sie weiter in R- (Rayleigh) und L-<br />

(Love) Wellen.<br />

(a)<br />

(b)<br />

Abb.2.3 Seismische Wellentypen (Press & Siever, 1995)<br />

(a) Kompressionswelle (c) Rayleigh-Welle (c)+(d) M-Welle<br />

(b) Scherungswelle (d) Love-Welle<br />

(c)<br />

(d)<br />

Abb. 2.4 Schema eines Horizontalseismographen nach Wiechert aus (Press &<br />

Siever, 2003)


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.4<br />

Abb. 2.5 Ausbreitung seismische Wellen in der Erde und typische Seismogramme<br />

mit Vorläufern (P, PP, S, SS, SSS) und Hauptphase (L, R)<br />

Abb. 2.6 Ausbreitung seismischer Raumwellen durch die Erde


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.5<br />

2.2.2 Erdkruste<br />

Unter dem Deckgebirge (= Sed<strong>im</strong>entdecke) liegt das Grundgebirge, das zu Tage tritt,<br />

wenn das Deckgebirge abgetragen ist. Es besteht aus magmatischen und<br />

metamorphen Gesteinen mit hohen Silicium- und Aluminium-Gehalten. Dieses<br />

Stockwerk heißt Oberkruste, Kontinentale Kruste oder Granitische Schale. Darin beträgt<br />

die Geschwindigkeit der P-Wellen 4 - 6,3 km/sec. Ihre mittlere Dichte liegt bei 2,7<br />

g/cm3.<br />

Die Dicke der Oberkruste beträgt in den Kontinenten 10 - 30 km; sie kann unter den<br />

jungen Gebirgen (z.B. Alpen, Anden, H<strong>im</strong>alaya) bis auf 60 km anwachsen<br />

(>Gebirgswurzel, Isostasie).<br />

Die Geschwindigkeit der P-Wellen und die Dichte des Gesteins erhöhen sich an der<br />

Unterfläche der Oberkruste, der Conrad-Diskontinuität. Darunter liegt die Unterkruste, in<br />

der Silizium und Aluminium abnehmen, Magnesium und Eisen aber zunehmen. Man<br />

nennt diese Zone Basaltische Kruste oder Gabbro-Schale.<br />

Unter den Ozeanen ist die Unterkruste 5 - 6 km mächtig. Ihre Dicke n<strong>im</strong>mt unter den<br />

Kontinenten auf 15 - 20 km zu. Im Mittel liegt die Untergrenze bei 30 - 35 km Tiefe.<br />

Die untere Begrenzung der Unterkruste ist eine deutliche Unstetigkeitsfläche für die P-<br />

Wellen-Ausbreitung; sie wird Mohorivicic-Diskontinuität ("Moho") genannt. Besonders<br />

tief reicht die Moho-Fläche unter den jungen Gebirgen.<br />

Abb. 2.7 Schematischer Querschnitt durch die Erdkruste (Press & Siever, 2003)<br />

2.2.3 Erdmantel<br />

Der Obere Mantel der Erde besteht <strong>im</strong> Wesentlichen aus Silicaten von basaltischperidotitischer<br />

Zusammensetzung. In der Geomechanik wird er mit der Erdkruste zur<br />

Lithosphäre zusammengefasst. Darunter liegt eine Zone von relativ geringer<br />

Materialfestigkeit und hoher Mobilität; sie heißt Asthenosphäre und steht mit der<br />

Lithosphäre <strong>im</strong> Massenaustausch - besonders an den mittelozeanischen Rücken, wo<br />

Material der Asthenosphäre aufsteigt, abkühlt und in der Lithosphäre erstarrt. Der<br />

umgekehrte Vorgang spielt sich in den Subduktionszonen ab. Bis in den untersten Teil


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.6<br />

des Oberen Mantels sind Inhomogenitäten nachweisbar (z.B. Benioff-Zonen an<br />

abtauchenden Lithosphärenplatten).<br />

Abb. 2.8 Subduktion der ozeanischen Kruste unter die kontinentale Kruste (Press &<br />

Siever, 1995)<br />

Im Mittleren Mantel n<strong>im</strong>mt die Dichte bis auf 4,6 g/cm 3 zu. Im Unteren Mantel steigt die<br />

Geschwindigkeit der P-Wellen mit zunehmender Tiefe auf ca. 14 km/sec an. In 2900 km<br />

fällt sie auf 8,1 km/sec zurück; dort liegt die Kern/Mantel-Grenze, wo die Dichte<br />

sprunghaft von 6,7 g/cm3 auf 9,4 g/cm3 ansteigt.<br />

2.2.4 Erdkern<br />

Man n<strong>im</strong>mt an, dass der Erdkern aus Eisen und Nickel mit Be<strong>im</strong>engungen von Silicaten<br />

des Eisens und Magnesiums besteht. Transversalwellen gehen durch den Erdkern nicht<br />

hindurch. Daraus schließt man, dass der äußere Erdkern flüssig sei. Der innere Erdkern<br />

unterscheidet sich vom äußeren Kern durch die P-Wellen-Geschwindigkeit und wird als<br />

fest angesehen.<br />

2.3 Erdoberfläche<br />

Etwa ⅔ der Oberfläche der Erde werden von Meeren, ca. ⅓ von Kontinenten, Mittel-<br />

und Hochgebirgen bedeckt. Die Kontinentaltafel und der Tiefseeboden nehmen<br />

besonders große Räume ein, während Höhen über 1 000 m (max. Höhe: Mt. Everest<br />

8882 m) relativ selten sind.<br />

Die Kontinentaltafel beginnt bei 1 000 m ü. NN und reicht bis zu 200 m tief u. NN. Der<br />

wasserbedeckte Teil eines Kontinentes heißt Schelf oder Festlandsockel. Der<br />

Kontinentalabhang begrenzt die Schelfe und fällt bis etwa 4 000 m ab. Es folgt die<br />

Tiefsee, deren ausgedehnte Flächen bis fast 6 000 m unter NN reichen.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.7<br />

Aus dem Tiefseeboden ragen langgestreckte Gebirgsrücken aus magmatischen<br />

Gesteinen hervor (Tiefseerücken).<br />

2.3.1 Kontinente<br />

Die durchschnittliche Höhe der gesamten Landoberfläche beträgt 875 m ü. NN. Im<br />

Norden lagern sich um das nördliche Eismeer die Kontinentalbereiche Nordamerikas,<br />

Asiens und Europas. Der Erdteil Antarktis bildet einen ausgedehnten Kontinent <strong>im</strong><br />

Bereich des Südpols. Auffallend ist der weitgehend kongruente Verlauf der atlantischen<br />

Ost- und Westküsten (-> Kontinentalverschiebung).<br />

Abb. 2.9 Kongruenz der zirkumatlantischen Kontinentalränder (Press & Siever,<br />

2003)<br />

(Grundlage der Kontinentalverschiebungstheorie von A. Wegener)<br />

Abb. 2.10 Schema der Plattentektonik der Lithosphäre (Press & Siever, 2003)


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.8<br />

2.3.2 Meere<br />

Von den großen Ozeanen (Pazifik, Atlantik, Indik) dringen Nebenmeere zwischen die<br />

Kontinentalblöcke ein. Diese Nebenmeere werden in Mittelmeere, welche die<br />

Kontinentalblöcke in Erdteile gliedern, und in Randmeere (z.B. Nordsee, Ostsee)<br />

eingeteilt. Die größten Tiefen des Meeresbodens erreichen die Tiefsee-Gräben (z.B.<br />

Marianen-Graben 11 000 m u. NN). Sie sind relativ schmale Senkungszonen, die bis zu<br />

tausenden von Kilometern lang sind und sich i.a. unmittelbar vor den Kontinenten oder<br />

Inselbögen mit jungen Gebirgen hinziehen (Subduktionszonen).<br />

An den Tiefseerücken steigen die magmatischen Schmelzen in tiefreichenden Bruch-<br />

und Dehnungszonen der Erdkruste empor (Divergenzzonen). Eine bedeutende<br />

submarine SchwelIe ist der Mittelatlantische Rücken, der den Atlantik durchzieht und<br />

Höhenunterschiede von mehr als 3000 m besitzt; auf ihm liegen Island, die Azoren und<br />

andere Inseln. In den Mittelatlantischen Rücken ist ein 20-50 km breiter, über 3000 m<br />

tiefer Zentralgraben ("Rift") eingesenkt.<br />

Abb. 2.11 Schema des "sea-floor-spreading"<br />

2.4 Erdwärme (Geothermie)<br />

Die Temperatur der Erdkruste n<strong>im</strong>mt pro 100 m Tiefe <strong>im</strong> Mittel um 3 oC zu. Dieser<br />

Temperatur-Gradient in [ o C/m] oder sein Kehrwert, die geothermische Tiefenstufe in<br />

[m/oC], hängen von radioaktiver Aufheizung, chemischen Prozessen, vulkanischen<br />

Vorgängen, jungen Gebirgsbildungen sowie von der Wärme-Leitfähigkeit der Gesteine<br />

ab. Die Geothermische Tiefenstufe schwankt zwischen 90 oC/km in den jungvulkanischen<br />

Gebieten (z.B. Anden) und 9 o C/km in den alten kontinentalen Schilden<br />

(z.B. Südafrika, Kanada, Skandinavien). Wahrscheinlich wird die Wärme tieferer<br />

Schalen - besonders <strong>im</strong> Erdmantel - durch aufsteigende Schmelzmassen in Form von<br />

Konvektionsströmungen nach oben transportiert; in der Kruste scheint dagegen<br />

Wärmeleitung zu dominieren.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.9<br />

2.5 Seismizität, Magnitude, Intensität und Schadenswirkung<br />

2.5.1 Seismizität<br />

Seismizität ist die Statistik der geographischen und zeitlichen Verteilung der Erdbeben.<br />

Die überwiegende Zahl der tektonischen Erdbeben ist an die Ränder der<br />

lithosphärischen Platten gebunden.<br />

Abb. 2.12 Seismizität der Erde, Erdbebenherde (Press & Siever, 1995)<br />

2.5.2 Magnitude<br />

Die Magnitude eines Erdbebens ist ein relatives Zahlenmaß für die freigesetzte Energie<br />

<strong>im</strong> Hypozentrum des Bebens. Sie wird aus dem dekadischen Logarithmus der<br />

max<strong>im</strong>alen Amplitude der seismischen Schwingweg-Registrierung an der Erdoberfläche<br />

best<strong>im</strong>mt, nachdem sie auf eine Herdentfernung von 100 km theoretisch reduziert<br />

worden ist (RICHTER-Skala, 1935):<br />

M = log (A / A0)<br />

A Amplitude in [µm]<br />

A0 = 1 [µm] Referenzamplitude<br />

Jede Stufe der RICHTERschen Magnitudenskala bedeutet eine Steigerung der<br />

Schwingweg-Amplitude um das jeweils 10-fache der darunterliegenden Stufe.<br />

Man unterscheidet zwischen Raumwellen-Magnituden (M b ) und Oberflächenwellen-<br />

Magnituden (M s ).


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.10<br />

2.5.3 Hypozentrum, Epizentrum, Intensität und Schadenswirkung<br />

Das Hypozentrum ist ein hypothetischer Punkt in der Erdkruste, von der das Erdbeben<br />

ausgeht.<br />

Das Epizentrum ist die radiale Projektion des Hypozentrums auf die Erdoberfläche.<br />

Die Intensität ist eine Kennzahl für die Stärke der Bodenbeschleunigung bei Erdbeben<br />

anhand der Auswirkungen auf Menschen und Objekte und anhand des Ausmaßes der<br />

Gebäudeschäden vor Ort. Die DIN 4149:2005-04 verwendet die Europäische<br />

Makroseismische Skala (EMS)<br />

2.5.4 Erdbebenzonen in Deutschland<br />

Die Erdbebenzonen der Bundesrepublik Deutschland sind in Bild 2.13 dargestellt.<br />

Den Erdbebenzonen werden auf der Grundlage berechneter Intensitäten in Tabelle 2.1<br />

Intensitätsintervalle zugeordnet. Die Gefährdung innerhalb jeder Erdbebenzone wird als<br />

einheitlich angesehen; abgesehen von Variationen, die sich durch unterschiedliche<br />

Untergrundbedingungen ergeben.<br />

Die Referenz-Wiederkehrperiode, für die die Erdbebengefährdungskarte bzw. die<br />

daraus abgeleitete Erdbebenzonenkarte, siehe Bild 2.13, erstellt wurde, beträgt 475<br />

Jahre; dem entspricht eine Wahrscheinlichkeit des Auftretens oder Überschreitens von<br />

10 % innerhalb von 50 Jahren.<br />

Als zonenspezifischer Einwirkungsparameter gilt ein Bemessungswert der Bodenbeschleunigung<br />

αg, der in Tabelle 2.1 den Erdbebenzonen zugeordnet ist und als<br />

Grundlage für den rechnerischen Erdbebennachweis anzusehen ist, sofern dieser<br />

erforderlich ist.<br />

Für die Zuordnung einzelner Kreise und Gemeinden zu den Erdbebenzonen wird ein<br />

Beiblatt zur DIN 4149:2005-04 erarbeitet.<br />

Erdbebenzone Intensitätsintervalle Bemessungswert der<br />

Bodenbeschleunigung<br />

αg [m/s²]<br />

0<br />

1<br />

2<br />

3<br />

6 ≤ I ≤ 6,5<br />

6,5 ≤ I ≤ 7<br />

7 ≤ I ≤ 7,5<br />

7,5 ≤ I<br />

Tab. 2.1 Zuordnung von Intensitätsintervallen und Bemessungswerten der Bodenbeschleunigung<br />

zu den Erdbebenzonen nach Abb. 2.13<br />

-<br />

0,4<br />

0,6<br />

0,8


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.11<br />

Abb. 2.13 Karte der Erdbebenzonen in der Bundesrepublik Deutschland (Bild 2 aus<br />

DIN 4149:2005-04)


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.12<br />

2.5.4 Untergrundverhältnisse, <strong>Geologie</strong> und Baugrund<br />

Der Einfluss der örtlichen Untergrundverhältnisse auf die Erdbebeneinwirkung ist<br />

generell durch eine Einstufung in eine der drei geologischen Untergrundklassen R, T, S<br />

und in eine der drei Baugrundklassen A, B, C zu berücksichtigen.<br />

Als Kombinationen von geologischem Untergrund und Baugrund können die Untergrundverhältnisse<br />

A-R, B-R, C-R, B-T, C-T und C-S vorkommen.<br />

2.5.4.1 Geologische Untergrundklassen<br />

Es wird zwischen den folgenden geologischen Untergrundklassen unterschieden:<br />

- Untergrundklasse R<br />

Gebiete mit felsartigem Gesteinsuntergrund.<br />

- Untergrundklasse T<br />

Übergangsbereiche zwischen den Gebieten der Untergrundklasse R und der<br />

Untergrundklasse S sowie Gebiete relativ flachgründiger Sed<strong>im</strong>entbecken.<br />

- Untergrundklasse S<br />

Gebiete tiefer Beckenstrukturen mit mächtiger Sed<strong>im</strong>entfüllung.<br />

Die geologischen Untergrundklassen in den Erdbebenzonen in Deutschland werden in<br />

Bild 2.14 gezeigt. Für die Zuordnung einzelner Kreise und Gemeinden zu den<br />

Untergrundklassen ist ein Beiblatt zur DIN 4149:2005-04 in Vorbereitung.<br />

2.5.4.2 Baugrundklassen<br />

Der Baugrundbegriff wird nach folgenden Baugrundklassen unterschieden:<br />

- Baugrundklasse A<br />

Unverwitterte (bergfrische) Festgesteine mit hoher Festigkeit.<br />

Dominierende Scherwellengeschwindigkeiten liegen höher als etwa 800 m/s.<br />

- Baugrundklasse B<br />

Mäßig verwitterte Festgesteine bzw. Festgesteine mit geringerer Festigkeit oder<br />

grobkörnige (rollige) bzw. gemischtkörnige Lockergesteine mit hohen<br />

Reibungseigenschaften in dichter Lagerung bzw. in fester Konsistenz (z. B. glazial<br />

vorbelastete Lockergesteine).<br />

Dominierende Scherwellengeschwindigkeiten liegen etwa zwischen 350 m/s und 800<br />

m/s.<br />

- Baugrundklasse C<br />

Stark bis völlig verwitterte Festgesteine.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.13<br />

Abb. 2.14 Geologische Untergrundklassen in den Erdbebenzonen in der Bundesrepublik<br />

Deutschland (Bild 3 aus DIN 4149:2005-04)


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.14<br />

2.6 Übungsaufgaben<br />

Ü 2.1 Was ist der Unterschied zwischen exogener und endogener Dynamik der Erde?<br />

Nennen Sie jeweils wichtigste Ursachen und Wirkungen.<br />

Ü 2.2 (a) Beschreiben Sie den Schalenaufbau des Erdkörpers.<br />

(b) Wodurch sind die einzelnen Schalen charakterisiert?<br />

(c) Woher kennt man sie?<br />

Ü 2.3 (a) Was sind isostatische Ausgleichsbewegungen der Erdkruste?<br />

(b) Nennen Sie Beispiele.<br />

Ü 2.4 (a) Beschreiben Sie das Prinzip der Plattentektonik der Erdkruste mit den<br />

Mechanismen Mantelkonvektion, Sea-Floor-Spreading, Subduktion,<br />

Vulkanismus, Erdbeben, Orogenese, Rifting, Kontinentalverschiebung.<br />

(b) Nennen Sie Beispiele für Subduktionszonen und intrakontinentale<br />

Riftzonen.<br />

Ü 2.5 (a) Zeigen Sie am Beispiel der San-Andreas-Verwerfung in Kalifornien die<br />

Bewegung der ostpazifischen Plattengrenze relativ zur nordamerikanischen<br />

sowie die Folgen dieser Bewegung.<br />

(b) Welche Möglichkeiten gibt es, diese Bewegungen zu beobachten und<br />

zu messen?<br />

Ü 2.6 (a) Erläutern Sie den Mechanismus eines tektonischen Erdbebens.<br />

(b) Wo sind die Erdbebenzonen hauptsächlich lokalisiert? Warum?<br />

(c) Was sind Nachbeben?<br />

Ü 2.7 (a) Wo gibt es in Europa Gebiete mit erhöhter seismischer Aktivität?<br />

(b) Welche Regeln müssen dort bei Ingenieurbauten beachtet werden?<br />

Ü 2.8 (a) Welche seismischen Bodenschwingungsformen sind für Ingenieurbauwerke<br />

besonders kritisch?<br />

(b) Welcher Baugrund ist bei Erdbeben am stärksten gefährdet? Warum?<br />

Stichworte zu Kap. 2 ( ... sind <strong>im</strong> Text erläutert)<br />

Asthenosphäre, Atmosphäre, Divergenz, Ekliptik, Erdbeben, Erdbebenwellen, Erdkern,<br />

Erdkruste, Erdmantel, Geothermie, Gezeiten, Grav<strong>im</strong>etrie, Hydrosphäre, Intensität,<br />

Isostasie, Jahreszeiten, kontinentale Kruste, Kontinentalverschiebung, Lithosphäre,<br />

Magnitude, Moho-Diskontinuität, ozeanische Kruste, Plattentektonik, Schwerkraft,<br />

Seismizität, Subduktion


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 3.1<br />

3. KRISTALLE, MINERALE, GESTEINE und GEBIRGE<br />

(Petrographische Grundlagen, Kreislauf der Gesteine)<br />

Abb. 3.1 Betrachtungsbereiche bei der stofflichen Zusammensetzung der Erde<br />

3.1 Geochemische Elemente, Kristalle<br />

Die (in Gewichtsprozent) häufigsten 8 chemischen Elemente der Oberkruste der Erde<br />

sind:<br />

Sauerstoff (O 2 ) ca. 47 %<br />

Silicium (Si) ca. 28 %<br />

Aluminium (Al) ca. 8 %<br />

Eisen (Fe) ca. 5 %<br />

Calcium (Ca) ca. 4 %<br />

Natrium (Na) ca. 3 %<br />

Kalium (K) ca. 3 %<br />

Magnesium (Mg) ca. 2 %<br />

Kristalle sind anorganische oder organische Festkörper mit definierter chemischer<br />

Zusammensetzung und geordneter, meist periodischer atomarer und geometrischer<br />

Struktur.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 3.2<br />

3.2 Minerale<br />

Minerale sind chemisch homogene anorganische Kristalle oder amorphe Feststoffe der<br />

Erde. Jedes Mineral hat eine chemische Formel. Die Minerale sind die Grundkörper der<br />

Gesteine. Am häufigsten sind die Silikate, z.B. Quarz (SiO 2 ). Minerale mit hohem Si-<br />

Gehalt heißen "sauer"; bei geringem Si-Gehalt nennt man sie "basisch".<br />

Silikate<br />

- Gerüstsilikate z.B. Quarz, Feldspäte<br />

- Schichtsilikate z.B. Gl<strong>im</strong>mer, Talk, Serpentin, Chlorit,<br />

Tonminerale<br />

- Bändersilikate (Amphibole) z.B. Hornblende<br />

- Kettensilikate (Pyroxene) z.B. Augit<br />

- Ringsilikate z.B. Turmalin<br />

- Gruppensilikate z.B. Disthen<br />

- Inselsilikate z.B. Olivin<br />

Weitere gesteinsbildende Minerale:<br />

Phosphate z.B. Apatit<br />

Sulfate z.B. Anhydrit, Gips, Baryt<br />

Karbonate z.B. Calcit, Dolomit, Siderit, Magnesit<br />

Oxide und Hydroxide z.B. Hämatit, Magnetit, Korund,<br />

L<strong>im</strong>onit<br />

Halogenide z.B. Fluorid, Steinsalz, Sylvin<br />

Sulfide z.B. Pyrit, Zinkblende<br />

Reine Elemente z.B. Gold, Silber, Kupfer, Schwefel,<br />

Kohlenstoff<br />

3.3 Gesteine<br />

a) <strong>im</strong> petrographischen Sinn: ein Gemenge von Mineralen,<br />

z.B. Granit, bestehend aus Feldspat, Quarz und Gl<strong>im</strong>mer<br />

b) <strong>im</strong> geologischen Sinn:<br />

alle anorganischen und organischen festen Bestandteile der Erdkruste<br />

(Magmatite, metamorphe Gesteine, Sed<strong>im</strong>entgesteine)<br />

c) in der Geomechanik werden die Gesteine weiter unterteilt in<br />

3.4 Gebirge, Fels<br />

Festgestein: Gestein, dessen Bestandteile (Körner) eine feste und<br />

dauerhafte Bindung besitzen, die unter Wassereinwirkung über längere<br />

Zeit nicht verloren geht<br />

Lockergestein: Boden, dessen Bestandteile keine oder nur eine sehr<br />

schwache Bindung aufweisen<br />

Veränderlich feste Gesteine verlieren ihren Zusammenhalt (Kohäsion)<br />

unter Einwirkung von Wasser<br />

Als Gebirge bezeichnet man in der Geotechnik makroskopisch jeden natürlichen<br />

Verband von Locker- und/oder Festgestein einschließlich des Gefüges (Schichtung,<br />

Schieferung, Klüftung, Störung, usw.) und des darin enthaltenen Wassers.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 3.3<br />

Festgestein <strong>im</strong> natürlichen Verband heißt Fels. Anders als <strong>im</strong> geographischen<br />

Sprachgebrauch bedeutet das Gebirge nicht notwendig <strong>im</strong>mer eine topographische<br />

Erhebung der Geländeoberfläche.<br />

3.5 Best<strong>im</strong>mung der Minerale und Gesteine<br />

Best<strong>im</strong>mungsweise Hilfsmittel Gesteins- bzw.<br />

Mineralmerkmale<br />

Lupe, Hammer, Gefügemerkmale,<br />

makroskopisch- Taschenmesser, Korn- bzw.<br />

Feldansprache<br />

verdünnte Salzsäure<br />

visuelle Ansprache<br />

(3 Teile Wasser, 1 Teil<br />

am Handstück bzw. konz. Salzsäure),<br />

Mineralform,<br />

Dichte, Härte,<br />

Kalkgehalt, Farbe,<br />

in-situ Strichplatte aus Strichfarbe,<br />

unglasiertem<br />

Porzellan<br />

Geschmack<br />

mikroskopische<br />

Gefügemerkmale,<br />

Untersuchung an<br />

Dünnschliffen,<br />

Polarisations-<br />

Farbe,<br />

Lichtbrechungs-<br />

polierten Gesteinsoberflächen<br />

oder<br />

mikroskopindex,<br />

Doppelbrechung,<br />

Mineralkörnern<br />

Kristallsystem<br />

Röntgenographisch Röntgendiffraktometer<br />

Kristallgitterabstände<br />

(Mineralart)<br />

Laboruntersuchung<br />

Elektronenoptisch Elektronenmikroskop<br />

Elektronenmikrosonde<br />

Mikrogefüge,<br />

Elemente d.<br />

Minerale<br />

Stoffbestand,<br />

Gefüge u. Textur,<br />

chemischchemisch-<br />

typische<br />

Reaktionsvorgänge<br />

physikalischephysikalisches<br />

Labor<br />

, alle chemischphysikalischen<br />

Analysen<br />

Eigenschaften<br />

eines Minerals oder<br />

Gesteins<br />

Mohs'sche Härteskala:<br />

1. Talk<br />

2. Steinsalz<br />

3. Calcit<br />

4. Flussspat<br />

5. Apatit<br />

6. Orthoklas<br />

7. Quarz<br />

8. Topas<br />

9. Korund<br />

10. Diamant<br />

mit dem Messer ritzbar<br />

ritzen Fensterglas<br />

schneiden Fensterglas<br />

mit dem Fingernagel ritzbar


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 3.4<br />

3.6 Kreislauf der Gesteine<br />

Darstellung nach Cloos, 1929:<br />

Schematisiert:


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 3.5<br />

3.7 Übungsaufgaben zu den Kapiteln 3 bis 6<br />

Ü 3.1 Wie heißen die häufigsten chemischen Elemente der Erdkruste?<br />

Ü 3.2 Umreißen Sie kurz den Kreislauf der Gesteine.<br />

Ü 3.3 Welches sind die für das <strong>Bauwesen</strong> jeweils wichtigsten Vertreter der<br />

(a) Sed<strong>im</strong>entgesteine, (b) Metamorphite und (c) Magmatite?<br />

Ü 3.4 Welcher Naturstein ist bei den Bauwerken in Karlsruhe bevorzugt<br />

verwendet worden? Warum?<br />

Ü 3.5 Entdecken Sie einen Steinbruch!<br />

(a) Wo liegt er?<br />

(b) Welches Gestein wird abgebaut?<br />

(c) Wie erfolgt der Abbau?<br />

(d) Worin bestehen die geologischen Besonderheiten?<br />

Ü 3.6 Nennen Sie je ein Beispiel für<br />

(a) homogenes, (b) inhomogenes, (c) isotropes, (d) anisotropes Gestein.<br />

Ü 3.7 Was versteht man unter dem Gefüge eines Gesteins?<br />

Welche Bildungsbedingungen best<strong>im</strong>men vorrangig das Gefüge von<br />

(a) klastischen Sed<strong>im</strong>enten, (b) Tiefengesteinen, (c) Metamorphiten?<br />

Ü 3.8 Sammeln Sie <strong>im</strong> Gelände Gesteinshandstücke:<br />

(a) Sed<strong>im</strong>entit, (b) Magmatit und (c) Metamorphit.<br />

Geben Sie die Fundstellen an, und charakterisieren Sie<br />

die Gefügemerkmale dieser Gesteinsproben.<br />

Ü 3.9 Mechanische Gesteinseigenschaften:<br />

Was versteht man unter (a) Härte, (b) Festigkeit, (c) Verformbarkeit?<br />

Ü 3.10 Was ist der Unterschied zwischen<br />

(a) sprödem und duktilem Materialverhalten?<br />

(b) Gesteinsfestigkeit und Gebirgsfestigkeit?


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 3.6<br />

Ergänzende Stichworte zu Kap. 3<br />

Anisotropie: siehe Isotropie<br />

Diagenese: Umbildung lockerer Sed<strong>im</strong>ente zu mehr oder weniger festen Gesteinen<br />

durch langzeitige Wirkung von Überlagerungsdruck, Temperatur, chemischer Lösung<br />

und Ausscheidung (Zementation). Die Diagenese geht in die niedrigsten Stufen der<br />

Metamorphose über.<br />

Feldspäte: häufigste Mineralgruppe der Erdkruste: Silikate mit Al, Ca, K und Na<br />

felsisch: aus hellen Silikaten bestehend (z.B. Feldspat, Quarz, Muskovit)<br />

Gemengteile: Mineralarten, aus denen ein Gestein zusammengesetzt ist. Sie werden<br />

untergliedert in die Hauptgemengteile, die den überwiegenden Teil eines Gesteins<br />

aufbauen und in die Nebengemengteile.<br />

Handstück: Gesteinsprobe von etwa Handgröße<br />

Homogenität: Gleichartigkeit eines betrachteten Bereichs in Bezug auf Aufbau und<br />

Eigenschaften (chemisch und physikalisch). Gegensatz: Inhomogenität<br />

Isotropie: Besonderheit eines Betrachtungsbereichs, bezüglich best<strong>im</strong>mter<br />

Eigenschaften (z.B. Härte, Festigkeit, Verformbarkeit, Durchlässigkeit, Lichtbrechung<br />

usw.) in allen Richtungen gleiche Reaktion zu zeigen. Gegensatz: Anisotropie<br />

Lagerstätte: Mineralische Anreicherungen, die sich wirtschaftlich verwerten lassen<br />

mafisch: aus dunklen Silikaten bestehend, reich an Mg und Fe, (Pyroxene, Amphibole)<br />

Matrix: feinkörnige Grundmasse gröberkörniger Gesteine<br />

Metamorphose: chemisch-strukturelle Gesteinsumwandlung unter veränderlichen<br />

Temperaturen und Drücken<br />

Silikate: Gemenge aus Verbindungen mit Quarz (SiO2 Polymerisation: Ketten- und<br />

Ringbildungen)<br />

Struktur: Geometrische Ausbildung der einzelnen Minerale eines Gesteins (z.B.<br />

Kornform, Korngröße)<br />

Textur: Räumliche Anordnung der Minerale und ihrer Aggregate <strong>im</strong> Gestein (z.B.<br />

Lagentextur, Fließtextur)


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.1<br />

4. MAGMATISCHE GESTEINE<br />

(Plutonite, Vulkanite, Ganggesteine)<br />

4.1 Magma, Lava<br />

Die Temperatur der Erde n<strong>im</strong>mt mit der Tiefe zu (geothermischer Gradient). Durch<br />

Aufschmelzung von Gesteinskomplexen unter geeigneten Temperatur- und<br />

Druckverhältnissen in der unteren Erdkruste oder <strong>im</strong> oberen Erdmantel entsteht Magma<br />

als eine Gesteinsschmelze mit gelösten Gasen, aus denen umgekehrt bei Abkühlung<br />

die Magmatite auskristallisieren.<br />

Der Schmelzprozess (Anatexis) hängt von den Temperatur- und Druckbedingungen<br />

sowie vom Anteil der Gase (z.B. H 2O, CO 2) in der Schmelze ab. Die meisten Gesteine<br />

setzen sich aus mehreren Mineralen zusammen, die jeweils unterschiedliche<br />

Schmelztemperaturen haben. Oft wird nur ein Teil der Minerale aufgeschmolzen<br />

(Teilschmelzen).<br />

An der Erdoberfläche austretendes Magma heißt Lava. Bei Vulkanen betragen die<br />

Eruptionstemperaturen der Lava 700 o C bis > 1200 o C. Der Chemismus der Laven<br />

hängt von der Temperatur ab und variiert entsprechend stark.<br />

Magmen und Laven enthalten unterschiedliche chemische Elemente (O 2 , Al, Fe, Mg,<br />

Ca, Na, K, u.a.), die sich zu Oxiden verbinden. Der Gehalt an Siliziumdioxid (SiO 2 )<br />

erlaubt eine Klassifizierung der Magmatite: Gehalte von 45 - 52 Vol. % SiO 2<br />

charakterisieren basische Gesteine; Gehalte von 52 - 65 Vol. % SiO 2 ergeben<br />

intermediäre Gesteine; und Gesteine mit über 65 Vol. % SiO 2 bezeichnet man als<br />

sauer. Vom Basischen zum Sauren nehmen die Fe- und Mg-Gehalte ab, während die<br />

Metalle Na und K relativ zunehmen.<br />

4.2 Magmatite, Magmendifferentation<br />

Magmatische Gesteine (Magmatite, Erstarrungsgesteine) sind Gesteine, die durch<br />

Abkühlung des Magmas entstehen (Abnahme von Temperatur und Dampfdruck). Sind<br />

sie <strong>im</strong> Erdinneren erstarrt, heißen sie Tiefengesteine. Dagegen sind Ergussgesteine an<br />

der Erdoberfläche erstarrt.<br />

Wegen seiner gegenüber dem Nebengestein geringeren Dichte steigt das flüssige<br />

Magma langsam auf. Die damit verbundene Ausdehnung erzeugt Druck, der das<br />

Magma (meist auf Risszonen) nach oben presst. Es kann die Erdoberfläche erreichen<br />

und dort in Vulkanen als Lava oder andere Auswurfprodukte eruptieren. Die daraus<br />

entstehenden Gesteine heißen Vulkanite oder Eruptivgesteine (Kap. 4.3). Wenn das<br />

Magma bereits be<strong>im</strong> Aufstieg erstarrt, bevor es die Erdoberfläche erreicht, bildet es die<br />

Plutonite (Intrusivgesteine Kap. 4.4).<br />

Magmatische Strukturen entstehen je nachdem, wieviel Zeit das Magma oder die Lava<br />

zum Abkühlen braucht, in welcher Weise die Minerale auskristallisieren, welche<br />

Viskosität herrscht und welche Bewegungen das abkühlende Gestein untern<strong>im</strong>mt. Als<br />

Faustregel gilt: Je schneller ein Magma abkühlt, desto feinkörniger wird seine Struktur.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.2<br />

Die Abkühlungsgeschwindigkeit hängt stark von der Größe und Gestalt des<br />

Magmenkörpers ab. Große Magmenmassen erstarren langsamer, Laven dagegen<br />

schneller als tiefsitzende Intrusionen, die von heißem Nebengestein umschlossen sind.<br />

Schlagartiges Abkühlen bringt oft Gesteinsglas hervor, das amorph ist.<br />

Das Gefüge der Magmatite hängt stark von der Abkühlungsgeschwindigkeit ab.<br />

1. Schnelle Erstarrung: Ergussgesteine (Vulkanite, Laven, Eruptiva)<br />

Glasig-kristallines, porphyrisches Gestein<br />

2. Erstarrung in Gängen: Ganggesteine<br />

Porphyrisches, holokristallines, gleichkörniges, richtungsloses Gestein<br />

3. Langsame Abkühlung: Tiefengesteine (Plutonite, Intrusiva)<br />

Holokristallines, gleichkörniges, richtungsloses Gestein<br />

Abb. 4.1 Schema der Magmendifferenziation<br />

Abkühlung<br />

--------------- ><br />

--------------------- ><br />

Zunahme an SiO2<br />

In basischen Ergussgesteinen findet man häufig Gasblasenhohlräume; in intermediären<br />

und sauren Gesteinen sind sie selten. Die sauren Gesteine zeigen dafür in einigen<br />

Fällen Fließstrukturen, die auf Magmendifferenziation während des Fließens hindeuten.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.3<br />

Magmendifferenziation bezeichnet die Änderung der mineralischen Zusammensetzung<br />

des Magmas. Bei Abkühlung fallen die unterschiedlichen Gesteinskomponenten durch<br />

sukzessive Erstarrung aus.<br />

Hauptkristallisation nennt man den Zeitabschnitt, in dem der Hauptteil eines Magmas<br />

auskristallisiert; vorher setzt die Frühkristallisation, danach die Restkristallisation ein.<br />

Der Mineralbestand der magmatischen Gesteine hängt von der Zusammensetzung der<br />

Schmelze ab. Neben dem Quarz stellen die Silikatschmelzen die Hauptgemengeteile<br />

dar, gegenüber denen die nicht-silikatischen Nebengemengeteile quantitativ sehr<br />

zurücktreten. Die Aufgliederung der Hauptgemengeteile in 2 Hauptgruppen geschieht<br />

nach der Reihenfolge ihrer Ausscheidung aus dem sich abkühlenden Magma (Tab.<br />

4.1):<br />

(1) kieselsäurearme (=basische), dunkel gefärbte melanokrate Minerale, die in der<br />

Schmelze eine Tendenz zum Absinken haben,<br />

(2) kieselsäurereiche (=saure), helle leukokrate Minerale, die spezifisch leichter als<br />

die Schmelze sind.<br />

Mit der allmählichen Abkühlung und der fortschreitenden Magmendifferenziation wird<br />

die anfangs relativ basische Schmelze <strong>im</strong>mer reicher an Kieselsäure. Daher zählen die<br />

magmatischen Gesteine, die aus dem Restmagma stammen, zu den "sauren<br />

Varianten".<br />

Tab. 4.1 Einteilung der Magmatite<br />

Sauer Interm ediär Basisch<br />

grobkörnig Granit Granodiorit D iorit Gabbro<br />

feinkörnig R hyolith D azit A ndestit B asalt<br />

Zunahm e des K ieselsäuregehalts<br />

Zunahm e des N atriumgehalts<br />

Zunahm e des K alium gehalts<br />

Zunahm e des C alciumgehalts<br />

Zunahm e des M agnesium gehalts<br />

Zunahm e des Eisengehalts<br />

Zunahm e der V iskosität<br />

Zunahm e der S chm elztem peratur<br />

hell dunkel<br />

geringer D ichte größer


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.4<br />

4.3 Vulkane, Vulkanite<br />

Eine Eruption ist das Empordringen von Magma oder Gasen aus dem Erdinneren bei<br />

einem Vulkanausbruch. Die dabei durch Erstarrung der Lava entstehenden Gesteine<br />

sind die Ergussgesteine (Eruptivgesteine, Vulkanite).<br />

Die Lava erreicht die Erdoberfläche über lange Spalten (Klüfte) oder eine Röhre<br />

(Schlot). Die Eruptionsmassen häufen sich um den Schlot zu einem Vulkan an. Neben<br />

den festen und flüssigen Eruptionsprodukten treten Gase aus (z.B. H 2O, SO 2), die zum<br />

größten Teil in die Atmosphäre entweichen.<br />

Viele Vulkanausbrüche sind mit starken Explosionen verbunden (z.B. Ätna, Mount St.<br />

Helens). Dabei wird teils festes, teils flüssiges Material empor geschleudert. Die<br />

größeren Brocken (Bomben) fallen schnell zurück, während sich das Feinmaterial<br />

(Asche) weit über die Umgebung verteilt. Im Lauf mehrerer Eruptionszyklen häufen sich<br />

die Bruchstücke um den Vulkan lagenweise an und verfestigen sich mit der Zeit zu<br />

Pyroklastika. Die Menge der weltweit durch Explosionen geförderten Lockerprodukte<br />

übersteigt die Masse der ruhig ausfließenden (=effusiven) Lavaströme bei weitem.<br />

Der SiO 2-Gehalt der Lava best<strong>im</strong>mt entscheidend deren Zähigkeit (Viskosität): Die<br />

Viskosität steigt mit sinkender Temperatur; je höher außerdem der Gehalt an SiO 2 ,<br />

desto zähflüssiger ist die Lava. Laven mit hohem SiO 2-Gehalt erzeugen kurze, dicke<br />

Ströme, Quellkuppen und Dome. Basische Laven mit ihren relativ geringen SiO2-<br />

Gehalten können dagegen weit ausgedehnte, nahezu horizontale Vulkanitdecken<br />

(Traps, z.B. Dekkan-Traps) bilden.<br />

Wahrscheinlich entsteht die Mehrzahl aller Vulkanite unter Wasser am Tiefseeboden als<br />

ozeanischer Basalt. Die rasche untermeerische Abkühlung erhöht die Viskosität so<br />

stark, dass die an den Riftzonen aufsteigende und auseinander fließende Lava<br />

kissenartige Formen bildet (Pillow Lava).<br />

Je nach Art der Förderung werden verschiedene Vulkantypen an der Erdoberfläche<br />

erzeugt: Schildvulkane und Stratovulkane.<br />

Schildvulkane sind flach gelagert und bestehen überwiegend aus Lavadecken<br />

(Abb. 4.2). Sie entstehen durch reine Effusivtätigkeit (z.B. auf Hawaii).<br />

Abb. 4.2 Schildvulkan (Press & Siever, 2003)


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.5<br />

Stratovulkane sind steil gelagert und bestehen aus einer Mischung von Lava und<br />

Lockermassen (Abb. 4.3). Sie entstehen aus einem Wechsel von effusiver und<br />

explosiver Tätigkeit (z.B. Vesuv).<br />

Abb. 4.3 Stratovulkan (Press & Siever, 2003)<br />

Der Basalt ist mit mengenmäßig mehr als 90% das weitaus häufigste vulkanische<br />

Gestein. Er ist schwarz gefärbt und enthält ca. 50% Si und größere Mengen an Eisen.<br />

Wegen seiner hohen Härte, Zähigkeit und Druckfestigkeit ist er bautechnisch von<br />

großer Bedeutung.<br />

4.4 Plutone, Plutonite<br />

Eine Intrusion ist das Eindringen einer Gesteinsschmelze in Teile der oberen Erdkruste.<br />

Bei ihrer Erstarrung entstehen die Plutone, die aus kristallinen Tiefengesteinen<br />

bestehen (Plutonite, Intrusivgesteine). Man findet sie <strong>im</strong> Grundgebirge unter Tage<br />

(Bergbau, Tunnelbau) und über Tage dort, wo das Deckgebirge durch Erosion<br />

abgetragen ist (z.B. Schwarzwald, Bayrischer Wald, Harz).<br />

Der Prozess der Intrusion gleicht einem Aufstemmen der Nebengesteinsschichten,<br />

wobei nicht selten auch das Deckgebirge durchschlagen wird; die Lagerung zueinander<br />

ist dann diskordant. Das aufsteigende Magma wird in Klüfte gedrückt und bewirkt ein<br />

Ablösen ganzer Blöcke, die in das Magma einsinken; dadurch kann das Magma selbst<br />

noch weiter nach oben dringen. Tiefengesteine aus diskordanten lntrusionen sind oft<br />

sauer.<br />

Vereinzelt (z.B. <strong>im</strong> Harz, Odenwald) findet man auch km-mächtige konkordante Lagen<br />

von basischen Intrusiva. Deren Plutonite haben eine oft lagige Struktur (z.B. Gabbros).<br />

Intrusivgesteine sind i. Allg. an kontinentale Orogene gebunden, während sie <strong>im</strong><br />

ozeanischen Bereich fast völlig fehlen. Sie werden nach Größe, Form, Entstehungstiefe<br />

und ihrer Stellung zum Nebengestein klassifiziert.<br />

Große rundliche Plutone mit einer Ausbissoberfläche von mehr als 100 km 2 , steil<br />

stehenden Kontaktflächen mit dem Nebengestein und tief reichenden Förderkanälen<br />

heißen Batholite (z.B. Brockenmassiv).


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.6<br />

Abb. 4.4 Batholith: Profil des Brockenmassivs mit Intrusionsfolge und Kontakthof<br />

Stellenweise kann das Deckgebirge be<strong>im</strong> Eindringen von Magma angehoben und<br />

ausgebeult worden sein, z.B. San Francisco Mountains. Der entsprechende<br />

Intrusivkörper hat eine domartige und an der Basis flache Form und heißt Lakkolith.<br />

Seine Magmenzufuhr kann aus der Tiefe oder von der Seite erfolgt sein.<br />

Abb. 4.5 Auftretensformen der Magmatite<br />

4.5 Magmatische Gänge, Ganggesteine<br />

Ein Gang ist die Füllung einer Felsspalte mit Mineralgemenge (Ganggestein), das<br />

jünger als das Nebengestein ist. Gänge sind Klein-Intrusionen, die diskordant oder<br />

konkordant auftreten und bis zu 100 km und mehr lang sein können. Sie entstammen<br />

oft einer in großer Tiefe liegenden Magmenkammer.<br />

Lagergänge (Sills) sind flache, konkordante Intrusionen; sie sind an flach gelagerte<br />

Schichtflächen des Nebengesteins gebunden. Das eindringende Magma muss<br />

entsprechend dünnflüssig gewesen sein und ist daher fast <strong>im</strong>mer basisch<br />

zusammengesetzt.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.7<br />

Quergänge (Dykes) sind senkrechte oder steil stehende diskordante Kluftfüllungen von<br />

wenigen Zent<strong>im</strong>etern bis mehreren Metern Dicke (Abb. 4.6). Sie können auch in<br />

Schwärmen von radial oder parallel verlaufenden Gangscharen auftreten. Ein<br />

charakteristisches Ganggestein ist Dolerit.<br />

Abb. 4.6 Quergänge<br />

4.6 Gefüge der Magmatite<br />

Wegen ihrer Zusammensetzung aus einzelnen Kristallen zählt man die Magmatite zu<br />

den kristallinen Gesteinen. Die Kristalle stoßen an den Korngrenzen ohne<br />

Zwischenmittel direkt aneinander und sind bei den Magmatiten i. Allg. regellos verteilt.<br />

Die Kristallisation der Magmatite aus der Schmelze geschieht bei fallender Temperatur:<br />

Zuerst kristallisieren die hochschmelzenden Minerale (z.B. Olivin), sobald ihre<br />

Schmelztemperatur unterschritten ist. Sie können ohne Zwängung ihre idiomorphe,<br />

charakteristische Kristallform ausbilden (z.B. die Einsprenglinge von Porphyrgesteinen).<br />

Mit weiterer Abkühlung und Auskristallisierung anderer Minerale wird das<br />

Kristallwachstum aus Platzgründen zunehmend behindert. Für die zuletzt erstarrenden<br />

Minerale bleibt nur noch wenig Raum, in dem die Kristalle dann irreguläre, xenomorphe<br />

Formen entwickeln.<br />

Das gegenseitige Anordnungsverhältnis der Kristallkörner <strong>im</strong> Gestein bezeichnet man<br />

als Struktur. Das Gefüge eines magmatischen Gesteins ergibt sich aus dessen Struktur<br />

und Textur.<br />

a. Struktur der Gesteinskomponenten<br />

- Kristallinität amorph (=glasig) bei vulkanischen Gesteinsgläsern durch<br />

schnelle Erstarrung (z.B. Obsidian)<br />

hemikristallin-porphyrisch: Einsprenglinge in dichter, z. T.<br />

glasiger Grundmasse, fast <strong>im</strong>mer bei Vulkaniten<br />

(z.B. Andesit)<br />

holokristallin-porphyrisch: vollkristallin, typisch für<br />

Tiefengesteine (z.B. Granit)<br />

- Kornform idiomorph bis xenomorph<br />

- Gestalt isometrisch, tafelig, prismatisch, stängelig, blättrig<br />

- Korngröße absolut: grobkörnig 5 - 30 mm<br />

mittelkörnig 1 - 5 mm<br />

feinkörnig < 1 mm<br />

relativ: gleichkörnig, ungleichförmig, porphyrisch


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.8<br />

(a) gleichkörnig (b) ungleichkörnig (c) porphyrisch<br />

Abb. 4.7: Strukturen, relative Korngrößen:<br />

(a) gleichkörnig (=holokristallin)<br />

(b) ungleichkörnig (=heteroklastisch)<br />

(c) porphyrisch<br />

b. Textur (=Gefügegeometrie): räumliche Einregelung der Minerale durch Platznahme,<br />

Abkühlungsbedingungen, Reaktion mit dem Nebengestein u.a.<br />

- massig, richtungslos typisch für Tiefengesteine, langsame<br />

(z.B. Granit, Diorit) Erstarrung, kaum Bewegung<br />

- lagig, schichtig entsteht durch Magmendifferenziation<br />

- fließend, gebändert typisch für Ergussgesteine, Schmelze<br />

(z.B. Quarzporphyr) war bei der Erstarrung an der Oberfläche<br />

noch in Bewegung<br />

- porös, blasig, schlackig Gasanreicherung <strong>im</strong> Magma entweicht<br />

(z.B. B<strong>im</strong>sstein) be<strong>im</strong> Austritt an die Erdoberfläche und<br />

hinterlässt porige Textur<br />

- drusig, mandelsteinförmig ehemalige Blasenräume <strong>im</strong> Gestein<br />

(z.B. Mandelsteine) werden sekundär durch Quarz, Kalkspat<br />

o. a. Verbindungen ausgefüllt<br />

(a) (b) (c) (d)<br />

Abb. 4.8: Texturen: (a) massig, (b) lagig, (c) fluidal, (d) gebändert


Tab. 4.2: Bautechnisch bedeutende Magmatite<br />

Name<br />

Granit<br />

Granodiorit<br />

Syenit<br />

Diorit<br />

Gabbro<br />

Quarzporphyr<br />

Porphyr<br />

Porphyrit<br />

Diabas<br />

Basalt (häufiges<br />

Vulkanit-<br />

Gestein)<br />

Farbe<br />

hellgrau bis<br />

rotbraun<br />

rotbraun<br />

mittelgrau<br />

dunkelgrau<br />

bis schwarz<br />

grauschwarz<br />

bis<br />

rotbraun<br />

schwarz bis<br />

dunkelgrün<br />

schwarz<br />

Hauptminerale<br />

Quarz, Feldspat,<br />

Gl<strong>im</strong>mer, Hornblende,<br />

Augit<br />

Feldspat,<br />

Hornblende (10 - 30%)<br />

(Augit)<br />

Feldspat, Hornblende,<br />

Augit, Gl<strong>im</strong>mer<br />

Feldspat, Hornblende,<br />

Augit, Gl<strong>im</strong>mer, Olivin<br />

Quarz, Feldspat,<br />

Feldspat, Hornblende,<br />

Gl<strong>im</strong>mer<br />

Feldspat, Augit,<br />

(Hornblende)<br />

Feldspat, Feldspatvertreter,<br />

Hornblende,<br />

Augit, Olivin,<br />

Einsprenglinge<br />

Gefüge<br />

richtungslos-körnig<br />

hypidiomorph-körnig,<br />

richtungslos<br />

bis gerichtet<br />

hypidiomorph-körnig<br />

hypidiomorph-körnig,<br />

richtungslos<br />

porphyrisch,<br />

feinkörnige bis dichte<br />

Grundmasse, oft<br />

gerichtet<br />

sperrig, relativ<br />

gleichkörnig<br />

sperrig, z.T. geregelt<br />

dicht<br />

Technische Merkmale<br />

widerstandsfähig, hart,<br />

spröde, regelmäßig<br />

teilbar, polierbar, gut<br />

bearbeitbar<br />

verschleißfest, zäh,<br />

kantenfest, regel- bis<br />

unregelmäßig teilbar, gut<br />

polierbar<br />

sehr hart, zäh, kantenfest,<br />

schwer bearbeitbar, gut<br />

polierbar<br />

hart, zäh, schwer bearbeitbar,<br />

hohe Bohrhärte,<br />

großer Sprengstoffverbrauch,<br />

polierbar<br />

hart, oft großer<br />

Porenanteil<br />

verschleißfest, zäh,<br />

schwer bearbeitbar<br />

verschleißfest, sehr hart,<br />

schwer bearbeitbar, oft<br />

säulenförmig<br />

einaxiale<br />

Druckfestigkeit<br />

[N/mm 2 ]<br />

180 - 280<br />

160 - 240<br />

170 - 300<br />

170 - 300<br />

180 - 300<br />

180 - 250<br />

250 - 400<br />

Rohdichte<br />

[g/cm 3 ]<br />

2,5 - 2,6<br />

2,6 - 2,8<br />

2,8 - 3,0<br />

2,8 - 3,0<br />

2,6 - 2,8<br />

2,8 - 2,9<br />

2,9 - 3,1<br />

Verwendung<br />

Bausteine<br />

aller Art<br />

Packlage,<br />

Schotter,<br />

Splitt<br />

Bausteine,<br />

Schotter<br />

Bausteine,<br />

Schotter<br />

Bausteine,<br />

Packlage,<br />

Schotter,<br />

Splitt<br />

Schotter,<br />

Pflaster<br />

Bausteine,<br />

Pflaster<br />

4.7 Bautechnisch bedeutende Magmatite<br />

Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.9


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.10<br />

4.8 Übungsaufgaben (siehe auch Kap. 3.7)<br />

Ü 4.1 (a) Welche unterschiedlichen Vulkantypen kennen Sie?<br />

(b) Nennen Sie für die verschiedenen Typen jeweils Namensbeispiele!<br />

Ü 4.2 Welche Temperaturbedingungen führen bei der Magmendifferenziation zu den<br />

folgenden Strukturen von Magmatiten?<br />

(a) grobkristallin, gleichkörnig, richtungslos<br />

(b) porphyrisch, richtungslos<br />

(c) glasig kristallin<br />

Ü 4.3 Üben Sie be<strong>im</strong> Gang über einen Friedhof, wo Sie typische Tiefengesteine als<br />

Grabplatten gesägt und poliert in großer Zahl entdecken können, oder an einem<br />

Bauwerk mit Natursteinverblendung die visuelle Best<strong>im</strong>mung von Tiefengesteinen<br />

nach der folgenden Anleitung:<br />

(a) Wählen Sie eine Platte aus Tiefengestein aus und dokumentieren Sie die<br />

beobachteten Merkmale in Worten und durch eine Skizze oder ein Foto!<br />

(b) Kann man die Kristalle mit dem bloßen Auge erkennen?<br />

• grobkörnig?<br />

• mittelkörnig?<br />

• kleinkörnig?<br />

(c) Sind die Kristalle<br />

• gleichförmig,<br />

• ungleichförmig oder<br />

• porphyrisch?<br />

(d) Wie könnte das betrachtete Tiefengestein entstanden sein?<br />

Hinweise:<br />

Gesteine der großen Intrusionen sind i. Allg. grobkörnig.<br />

Die Gesteine der kleineren Intrusionen kühlen wegen der Nähe zur Oberfläche<br />

schneller ab und haben daher mittelkörnige bis porphyrische Strukturen.<br />

Laven erstarren durch rasche Abkühlung zu feinkörnigen, porphyrischen oder<br />

amorphen Gesteinen.<br />

Bei den Tiefengesteinen überwiegen die granitischen Gesteine wie Granit und<br />

Granodiorit, bei den vulkanischen Gesteinen die basischen wie Basalt und Andesit.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.11<br />

Ergänzende Stichworte zu Kap. 4<br />

amorph: glasige Struktur, die bei vulkanischen Gesteinsgläsern durch sehr rasche<br />

Abkühlung entsteht<br />

Basaltsäulen: polygonale Säulen, die be<strong>im</strong> Abkühlen von Basaltergüssen entstehen<br />

basisch: Bezeichnung für quarzlose oder quarzarme Magmatite<br />

Caldera: durch Explosion oder Einsturz entstandener, kesselförmig stark erweiterter<br />

Krater eines Vulkans<br />

Diskordanz: Gegensatz von Konkordanz<br />

Einsprengling: Kristall, der in einer feinerkörnigen Grundmasse eingebettet ist (z.B.<br />

porphyrische Struktur bei magmatischen Gesteinen)<br />

Eruption: Empordringen von Magma oder Gasen aus dem Erdinneren bei einem<br />

Vulkanausbruch<br />

Eruptivgesteine (Eruptiva): die bei einer vulkanischen Eruption durch Erstarrung des<br />

Magmas entstandenen Gesteine ( = Tiefen-, Erguss- oder magmatische Gesteine)<br />

Fließtextur: liegt vor, wenn sich die unterschiedlichen Komponenten eines Gesteins <strong>im</strong><br />

flüssigen oder gasförmigen Zustand so geordnet haben, dass die Fließrichtung der<br />

Schmelze auch <strong>im</strong> verfestigten Gestein noch erkennbar ist<br />

Gang: Füllung einer Felsspalte mit Mineralien, die jünger als das Nebengestein sind.<br />

Ganggesteine: Gesteine, die Spalten in anderen Gesteinen füllen; die Gänge können<br />

bis zu mehreren Kilometern mächtig und über hundert Kilometer lang sein.<br />

holokristallin: volle Kristallinität sämtlicher Gesteinsgemengeteile<br />

idiomorph: Form von Kristallen in Magmatiten mit gut ausgebildeter Eigengestalt der<br />

Kristallflächen<br />

Intrusion: Eindringen einer Gesteinsschmelze in Teile der Erdkruste. Die bei der<br />

Erstarrung solcher Schmelzen entstehenden Intrusionskörper werden Plutone genannt;<br />

große rundliche Plutone heißen Batholithe.<br />

Konkordanz: ungestörte, schichtparallele Lagerung von Gesteinen. Gegensatz:<br />

Diskordanz<br />

Kristallisation: Hauptkristallisation: Zeitabschnitt, in dem der Hauptteil eines Magmas<br />

auskristallisiert; davor setzt die Frühkristallisation, danach die Restkristallisation ein.<br />

Lava: an der Erdoberfläche austretende zähflüssige Gesteinsschmelze. Be<strong>im</strong> Erstarren<br />

entstehen daraus Ergussgesteine.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.12<br />

leukokrat: Bezeichnung für Magmatite, die reich an felsischen (hellen) Mineralen sind<br />

Maar: meist kreisförmige, oft wassergefüllte, kraterartige Vertiefungen in vulkanischen<br />

Gebieten, die durch Explosion unterirdischer Gas- und Dampfmassen entstanden sind<br />

(z.B. in der Eifel oder in den Vogesen)<br />

Magma: Gesteinsschmelze mit gelösten Gasen aus größerer Tiefe der Erdkruste und<br />

des oberen Erdmantels: Grundsubstanz der Magmatite<br />

Magmatische Gesteine (Magmatite, Erstarrungsgesteine): Gesteine, die durch<br />

Abkühlung des Magmas entstehen (Abnahme der Temperatur und des Dampfdrucks).<br />

Wenn sie <strong>im</strong> Erdinneren erstarrt sind, heißen sie Tiefengesteine. Dagegen sind<br />

Ergussgesteine oder vulkanische Gesteine an der Erdoberfläche erstarrt.<br />

Magmendifferenziation: Änderung der mineralischen Zusammensetzung des<br />

Magmas; bei Abkühlung fallen durch stufenweise Erstarrung unterschiedliche<br />

Gesteinskomponenten aus.<br />

melanokrat: Bezeichnung für Magmatite mit vorwiegend mafischen (dunklen)<br />

Mineralen<br />

Pluton: Intrusivkörper in der Erdkruste, der aus kristallinen Tiefengesteinen besteht<br />

Porphyr: Magmatit mit grobkörnigen Einsprenglingen in einer feinkörnigen Grundmasse<br />

Ultrabasite: Magmatite, die vorwiegend aus mafischen Mineralen (z.B. Olivin, Pyroxen,<br />

Amphibol, Biotit) bestehen<br />

Vulkanische (a) Aschen, (b) Bomben, (c) Schlacken: vom Vulkan ausgeworfene (a)<br />

feinkörnige Lockermassen, (b) Gesteinsbruchstücke, (c) poröse, miteinander<br />

verbackene Auswurfsbrocken<br />

xenomorph: Form von Kristallen in Magmatiten, die durch Einzwängung bei der<br />

Erstarrung ihre natürliche Eigengestalt nicht ausbilden konnten. Gegensatz: idiomorph


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 5.1<br />

5. METAMORPHE GESTEINE<br />

(Regional-, Kontakt- und Ultrametamorphose, Schieferung)<br />

Metamorphe Gesteine (Metamorphite) sind durch Temperatur- und Druckeinwirkungen<br />

umgewandelte sed<strong>im</strong>entäre oder magmatische Gesteine mit - gegenüber dem<br />

Ausgangsgestein - veränderten Mineralen, Strukturen und Texturen. Pr<strong>im</strong>äres<br />

Gefügemerkmal der Metamorphite ist i. Allg. eine mehr oder weniger stark ausgeprägte<br />

Paralleltextur (Schieferung). Bautechnisch wichtige Metamorphite sind z.B. Quarzit,<br />

Marmor, Phyllit, Gl<strong>im</strong>merschiefer und Gneis.<br />

5.1 Temperatur- und Druckgradienten in der Erdkruste<br />

Das Verhalten der Gesteine hängt stark vom Druck und der Temperatur in der<br />

Erdkruste ab. In der Nähe der Erdoberfläche reagieren die festen Gesteine<br />

überwiegend als spröde Körper, während sie sich mit zunehmender Tiefe und damit<br />

steigendem Umgebungsdruck eher wie zähe Flüssigkeiten (duktil) verhalten.<br />

5.1.1 Geothermischer Gradient<br />

Maß für die Temperaturzunahme mit der Tiefe:<br />

Je nach Region 25 °C/km bis 35 °C/km, durchschnittlich 30 °C/km<br />

Sein Reziprokwert ist die Geothermische Tiefenstufe.<br />

5.1.2 Lithostatischer Druckgradient<br />

Die Druckzunahme durch das Eigengewicht der Gesteine beträgt in der oberen Kruste<br />

270 - 300 bar (27 - 30 MPa) pro Kilometer. Der lithostatische Druck <strong>im</strong> Erdinneren ergibt<br />

sich aus dem spezifischen Gewicht und der Mächtigkeit des überlagernden Gebirges.<br />

5.2 Metamorphose<br />

Metamorphose ist die Umwandlung der Strukturen von vorhandenen Gesteinen unter<br />

Einwirkung von Druck und/oder Temperatur. Man unterscheidet<br />

Kontaktmetamorphose: eine lokale Temperaturerhöhung be<strong>im</strong> Kontakt eines<br />

(thermisch) Gesteinskörpers mit seiner Umgebung (z.B. intrudierende<br />

Magmen) erzeugt eine Mineralumwandlung.<br />

Dabei entstehen die Kontaktgesteine<br />

Dynamometamorphose: Veränderung durch gerichteten Druck:<br />

(mechanisch) Einregelung der Mineral-Lagen (Textur), z. T. auch<br />

mechanische Zerscherung (Mylonitisierung)<br />

Regionalmetamorphose: großräumige Druck- und Temperaturänderungen<br />

(mechanisch und thermisch) z.B. bei Epirogenese, Orogenese:<br />

Versenkung von Gesteinspartien in größere Tiefen mit<br />

einem Anstieg von Umgebungsdruck und -temperatur.<br />

Dabei entstehen kristalline Schiefer (z.B. Gneise).


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 5.2<br />

Impaktmetamorphose: Metamorphose durch z.B. Meteoriteneinschlag<br />

Retrograde Metamorphose: läuft bei abnehmenden Temperaturen und Drücken<br />

ab; dabei werden Hochdruck- und Hochtemperatur-<br />

mineralien in neue Mineralien umgewandelt, die bei<br />

relativ tieferen Temperaturen und Drücken stabil sind.<br />

5.3 Einteilung der Metamorphite<br />

a) Regionalmetamorphose b) Kontaktmetamorphose<br />

Abb. 5.1 Regional- und Kontaktmetamorphose (Press & Siever, 1995)<br />

Tab. 5.1


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 5.3<br />

5.4 Migmatite<br />

Unter den veränderlichen Druck- und Temperaturbedingungen in der Lithosphäre sind<br />

die Grenzen des Bereichs der Metamorphose gegen die Bereiche Diagenese und<br />

Wiederaufschmelzung (Anatexis) fließend. Die Migmatite entstehen bei teilweiser Aufschmelzung<br />

oder Vermischung mit Magma als besonders komplexe Gesteine.<br />

5.5 Gefüge der Metamorphite<br />

Das Gefüge ist der Oberbegriff für Struktur + Textur. Es ist ein Indiz für die bei der Gesteinsbildung<br />

herrschenden physikalischen und chemischen Umgebungsbedingungen.<br />

Je nach Grad der Metamorphose werden die ursprünglichen strukturellen Merkmale<br />

(z.B. Schichtung von Sed<strong>im</strong>entgesteinen) teilweise oder völlig überprägt. Die<br />

Metamorphose kann zu einer Homogenisierung und Verfestigung (z.B. Gneise aus<br />

Magmatiten oder Sed<strong>im</strong>entiten) aber auch - besonders bei Gesteinen mit hohen<br />

Anteilen an Gl<strong>im</strong>mern, Graphit oder Tonmineralen - zu einer Anisotropie <strong>im</strong><br />

Verformungs- und Festigkeitsverhalten führen.<br />

5.5.1 Struktur<br />

Alle Metamorphite sind holokristallin (=vollkristallin). Ihre Struktur ist der Oberbegriff für<br />

Form, Größe und gegenseitige Abgrenzung der einzelnen Minerale:<br />

- fein- oder grobkristallin<br />

- gleich- oder ungleichkörnig<br />

- klastisch (tektonische Trümmerstrukturen, z.B. Mylonit)<br />

5.5.2 Textur<br />

Textur ist die räumliche Anordnung der Mineralkörner <strong>im</strong> Gestein. Häufige Texturen der<br />

Metamorphite sind:<br />

(a)massig, richtungslos z.B. Marmor, Quarzit<br />

(b) schiefrig z.B. Gl<strong>im</strong>merschiefer<br />

(c) gebändert, lagig z.B. Bändergneis<br />

(d) linear, gestreckt<br />

Abb. 5.2 Texturmerkmale von Metamorphiten<br />

Schieferung ist eine typische Gefügeeigenschaft metamorpher Gesteine ("kristalline<br />

Schiefer"). Die Paralleltextur der Schichtsilikate (z.B. Gl<strong>im</strong>merschiefer) entsteht nicht<br />

pr<strong>im</strong>är durch Schichtung sondern sekundär durch den Druck auf das Gestein während<br />

der Metamorphose.


Tab. 5.2: Bautechnisch bedeutende Metamorphite<br />

Name<br />

Quarzit<br />

Marmor<br />

Phyllit<br />

Gl<strong>im</strong>merschiefer<br />

Gneis<br />

Farbe<br />

weiß, grau<br />

weiß-grau<br />

(alle<br />

Färbungen<br />

möglich)<br />

graugrün,<br />

seidigglänzend<br />

grau<br />

grau, rötlich<br />

Hauptminerale<br />

Quarz,<br />

(Serizit,<br />

Feldspat)<br />

Kalkspat,<br />

(Silicatminerale) <br />

Feinschuppiger<br />

Gl<strong>im</strong>mer,,<br />

Quarz<br />

Quarz,<br />

Gl<strong>im</strong>mer,<br />

(Feldspat)<br />

Quarz,<br />

Feldspat,<br />

Gl<strong>im</strong>mer<br />

Korngefüge<br />

granoblastisch,<br />

grobkörnig bis<br />

dicht, geschiefert<br />

granoblastisch,<br />

mittel-, grobkörnig,<br />

gut bis<br />

nicht geschiefert<br />

feinkörnig, stark<br />

geschiefert<br />

lepidoblastisch,<br />

grobkornig, gut<br />

geschiefert<br />

granoblastisch<br />

(lagenweise<br />

Anordnung der<br />

Gl<strong>im</strong>mer),<br />

grobkörnig<br />

Technische<br />

Merkmale<br />

sehr hart,<br />

widerstandsfähig,<br />

spröde, oft massig<br />

gut polierfähig<br />

weich, oft stark<br />

geklüftet, oft<br />

frostveränderlich<br />

mittelhart<br />

gebankt, trotz<br />

verbreiteter massiger<br />

Ausbildung<br />

anisotropes<br />

Verhalten<br />

einaxiale<br />

Druckfestigkeit<br />

[N/mm 2 ]<br />

150 - 500<br />

80 - 180<br />

bis 50<br />

bis 100<br />

150 - 280<br />

Rohdichte<br />

[g/cm 3 ]<br />

2,7 - 2,8<br />

2,65 - 2,85<br />

2,6 - 2,8<br />

2,6 - 2,8<br />

2,65 - 3,0<br />

Verwendung<br />

Schotter, Splitt,<br />

Packlage,<br />

(Pflaster)<br />

Innenarchitektur,<br />

Verblender<br />

Schüttmaterial<br />

Schüttmaterial<br />

Packlage,<br />

Pflaster,<br />

Bausteine<br />

aller Art<br />

5.7 Bautechnisch bedeutende Metamorphite<br />

Grünschieferfazies ist eine Sammelbezeichnung für metamorphe Gesteine der Epizone,<br />

die durch Gehalte an Epidot, Chlorit und anderen grünen Mineralien ausgezeichnet<br />

sind; sie entstehen meist aus Gabbros oder anderen basischen Gesteinen.<br />

Fazies ist die Gesamtheit der Merkmale eines Gesteins. Mineralogisch wichtig ist die<br />

metamorphe Fazies, die durch die Vergesellschaftung der Mineralien <strong>im</strong> Gestein eine<br />

Einordnung des Gesteins in best<strong>im</strong>mte Metamorphosebereiche erlaubt.<br />

5.6 Fazies<br />

Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 5.4


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 5.5<br />

5.8 Übungen zu Kap. 5 (siehe auch Kap. 3.7)<br />

Ü 5.1 Wodurch unterscheiden sich die baugeologischen Eigenschaften des metamorphen<br />

Gesteins Gneis qualitativ von denen des Tiefengesteins Granit?<br />

Ü 5.2 (a) Was ist Metamorphose, wo tritt sie auf?<br />

(b) Was ist ein Quarzit, was ein Marmor, aus welchen Ausgangsgesteinen<br />

entstehen sie?<br />

Ergänzende Stichworte zu Kap. 5<br />

Anatexis: Endstufe der Metamorphose mit teilweiser Aufschmelzung des Gesteins. Bei<br />

weiterer Temperaturerhöhung treten eine vollständige Wiederaufschmelzung des Gesteins<br />

und die Bildung von Magma ein (Palingenese) ein.<br />

Orthogesteine: (veraltete) Bezeichnung für metamorphe Gesteine mit magmatischen<br />

Ausgangsmaterialien<br />

Paragesteine: (veraltete) Bezeichnung für metamorphe Gesteine mit nicht-magmatischen<br />

Ausgangsmaterialien<br />

Schieferung: (Foliation). Makroskopisch <strong>im</strong> Wesentlichen parallel gerichtetes, engständiges<br />

Flächengefüge mit meist eingeregelten Mineralneubildungen. Charakteristische<br />

Gefügeeigenschaft der metamorphen Gesteine durch die Paralleltextur der Schichtsilikate<br />

(z.B. Gl<strong>im</strong>merschiefer).<br />

Struktur: beschreibende Bezeichnung für die Merkmale der Form, Größe und<br />

gegenseitige Abgrenzung der einzelnen Gemengteile (z.B. glasig, gleich- oder<br />

ungleichkörnig, klastisch, konglomeratisch, brekziös, fein- oder grobkristallin, porphyrisch).<br />

Indiz für die bei der Gesteinsbildung herrschenden physikalisch-chemischen Bedingungen.<br />

Struktur und Textur bilden das Gefüge eines Gesteins<br />

Textur: geometrische (räumliche) Anordnung der Mineralkörner in einem Gestein (z.B.<br />

richtungslos, geschiefert, gebändert, fließend, porig)


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 6.1<br />

6. SEDIMENTGESTEINE<br />

(klastische, chemische und biogene Sed<strong>im</strong>ente)<br />

Die Sed<strong>im</strong>entgesteine entstehen <strong>im</strong> Kreislauf der Gesteine durch<br />

Verwitterung -> Abtragung (Erosion) -> Transport und Sortierung - ><br />

Ablagerung (Sed<strong>im</strong>entation) -> Verfestigung (Diagenese).<br />

Ein pr<strong>im</strong>äres Gefügemerkmal der Sed<strong>im</strong>entgesteine ist daher in den meisten Fällen<br />

eine Schichtung in Lagen mit unterschiedlichen Kornarten und -größen.<br />

Abb. 6.1 Sed<strong>im</strong>entgesteine und ihre Vorkommen (Siever & Press, 2003)<br />

6.1 Einteilung der Sed<strong>im</strong>entgesteine<br />

Nach der Art der Entstehung (Genese) werden die Sed<strong>im</strong>entgesteine in klastische,<br />

chemische und biogene Sed<strong>im</strong>ente eingeteilt.<br />

Klastische Sed<strong>im</strong>ente Chemische Sed<strong>im</strong>ente Organogene Sed<strong>im</strong>ente<br />

Festland<br />

Kies, Sand, Schluff, Ton Süßwasserkalk CaCO3 Süßwasserkalk z. T. CaCO3<br />

Fließendes Wasser (Gesteinsbruchstücke,<br />

Quarz, Tonminerale u.a.)<br />

Travertin CaCO3<br />

Teiche und Seen Sand, Schluff, Ton (Quarz, Travertin CaCO3<br />

Tonminerale)<br />

Seekreide CaCO3<br />

Travertin z. T. CaCO3<br />

Faulschlamm<br />

(Kohlenstoffverbindungen<br />

mit Ton)<br />

Moore - Raseneisenerz Torf, Braunkohle<br />

Fe(OH)3<br />

+ Quarz<br />

(Kohlenstoffverbindungen)<br />

Wind (Wüste, Steppe) Dünensand (meist Quarz)<br />

Löss (Quarz, Tonminerale,<br />

Feldspat, Kalk)<br />

- -<br />

Eis (Gletscher) Geschiebemergel<br />

Bänderton<br />

Sand<br />

- -<br />

Meer Kies, Sand, Schluff, Ton Kalkstein CaCO3 Kalkstein z. T. CaCO3<br />

(Gesteinsbruchstücke,<br />

Quarz, Tonminerale u. a.)<br />

Dolomit CaMg(CO3)2<br />

Gips CaSO4 2 H2O<br />

Anhydrit CaSO4<br />

Steinsalz NaCl<br />

Kalisalze KCl u. a.<br />

(Riffkalke u. a.)<br />

Tab. 6.1 Einteilung der Sed<strong>im</strong>ente nach Entstehungsart und –ort


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 6.2<br />

6.2 Klastische Sed<strong>im</strong>ente (mechanische Sed<strong>im</strong>ente, Trümmergesteine)<br />

Klastische Sed<strong>im</strong>ente sind aus den mechanisch zerkleinerten Bruchstücken älterer<br />

Gesteine aufgebaut.<br />

6.2.1 Grobkörnige Trümmergesteine<br />

- Korndurchmesser > 2mm<br />

- "Kies" Lockergestein<br />

- "Konglomerat", "Brekzie" mit gerundeten Geröllen, mit eckigen Gesteinsbrocken<br />

6.2.2 Mittelkörnige Trümmergesteine<br />

- Korndurchmesser 2 - 0.06 mm<br />

- "Sand" Lockergestein<br />

- "Sandstein" Festgestein<br />

- Quarzsandstein, Kalksandstein<br />

- Arkosesandstein, Grauwacke<br />

- kalkiger, kieseliger, toniger Sandstein<br />

6.2.3 Feinkörnige Trümmmergesteine<br />

- Korndurchmesser < 0.06 mm<br />

"Schluff, (Silt, Siltstein)“, "Ton", "Schieferton, Tonschiefer";<br />

"Bentonit" (stark quellfähig)<br />

Ältere<br />

wissenschaftl.Bezeichnung<br />

Psephite > 63<br />

Korndurchmesser<br />

[mm] Gesteinsart<br />

63-20<br />

20-6<br />

6-2<br />

Psammite 2-0,6<br />

0,6-0,2<br />

0,2-0,06<br />

Pelite 0,06-0,02<br />

0,02-0,006<br />

0,006-0,002<br />

< 0,002<br />

Geröll, Steine<br />

Grobkies<br />

Mittelkies<br />

Feinkies<br />

Grobsand<br />

Mittelsand<br />

Feinsand<br />

Grobschluff<br />

Mittelschluff<br />

Feinschluff<br />

Ton<br />

Lockergesteine<br />

Gesteinsunterarten<br />

(nach Bildungsart) Gesteinsart<br />

Flussschotter<br />

Strandgeröll<br />

Flussschotter<br />

Standgeröll<br />

Flusssand<br />

Dünensand<br />

Seifensand<br />

Geschiebelehm<br />

Löss<br />

Bänderton<br />

Auelehm<br />

Festgesteine<br />

(mit Bindemittel verkittet)<br />

Konglomerat<br />

Sandstein<br />

Schluffstein<br />

Tonstein<br />

Tab. 6.2 Einteilung der klastischen Sed<strong>im</strong>entgesteine nach Korngröße<br />

Gesteinsunterarten<br />

Brekzie<br />

Grauwacke<br />

Quarzit<br />

Grauwacke<br />

Arkose<br />

Grauwacken-<br />

schiefer<br />

Tonschiefer


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 6.3<br />

Abb. 6.2 Körnungslinien der Lockergesteine<br />

6.3 Chemische Sed<strong>im</strong>ente (Rückstands- und Ausfällungsgesteine)<br />

Chemische Sed<strong>im</strong>ente sind durch chemische Umwandlung von Gesteinen entstanden.<br />

In den meisten Fällen sind sie diagenetisch zu Festgesteinen mit kristallinem Gefüge<br />

umgewandelt (z.B. Kalkstein. Gips, Steinsalz).<br />

6.3.1 Rückstandsgesteine (Residuate)<br />

Unlösliche Reste der chemischen Verwitterung: Böden<br />

6.3.2 Ausfällungsgesteine (Präzipitate)<br />

Ausfällungsgesteine sind anorganische Feststoffausfällungen aus übersättigter Lösung<br />

(meistens Karbonate) bei Verringerung des Kohlensäuregehaltes (CO 2-Verbrauch)<br />

- kalkige Gesteine Hauptbestandteil Ca CO 3<br />

- Kalksand, Kalkstein (auslaugungsgefährdeter Baustoff)<br />

- Mergel, Mergelstein<br />

- dolomitische Gesteine Hauptbestandteil Ca Mg (CO 3 ) 2<br />

- Dolomit<br />

- dolomitischer Kalkstein, dolomitischer Mergelstein<br />

Karbonatgesteine mit Tonanteilen zwischen 25% und 75% heißen "Mergelsteine".<br />

6.3.3 Oxidgesteine (Oxidate)<br />

Feststoffausfällungen unter Einwirkung von Sauerstoff (z.B. Eisen-Oolith)


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 6.4<br />

6.3.4 Eindampfungsgesteine (Evaporite)<br />

Ausscheidungen bei Wasserverdunstung aus Lösungen (Verdunstung von See- oder<br />

Meerwasser) bei relativ hohen Temperaturen, warmem Kl<strong>im</strong>a, geringem Niederschlag<br />

und zeitweiser Sperre des Wasserzuflusses (z.B. Lagune, Barre).<br />

- Sulfatgesteine Hauptbestandteil Ca SO 4<br />

- Anhydrit Ca SO 4 (bei Wasserzutritt quellfähig)<br />

- Gips Ca SO 4 * 2 H 2O (wasserlöslich)<br />

- Chloridgesteine<br />

- Steinsalz Na Cl<br />

- Kalisalz (Sylvin) K Cl<br />

- Carnallit K Cl * Mg Cl 2 * H 2O<br />

6.4 Biogene Sed<strong>im</strong>ente (kalkig, kieselig, bituminös)<br />

Biogene Sed<strong>im</strong>ente sind vorwiegend durch die Hart- und Weichteile von abgestorbenen<br />

Organismen aufgebaut.<br />

- kalkig-organogene Sed<strong>im</strong>ente z.B. Kalkalgen Korallen, Riffkalk<br />

- kieselig-organogene Sed<strong>im</strong>ente z.B. Kieselalgen, Kieselgur<br />

- bituminöse Sed<strong>im</strong>ente z.B. Faulschlamm, Torf, Kohle, Anthrazit<br />

Anorganisch Organogen<br />

Eindampfungs- Gips (Anhydrit), CaSO4 2 H2O<br />

gesteine<br />

Steinsalz, NaCl<br />

(Evaporite) Kalisalz, KCl<br />

Ausfällungs- Kalkstein CaCO3<br />

Kalkstein CaCO3<br />

gesteine<br />

Oolithkalk<br />

Foraminiferenschlick<br />

Spatkalk<br />

Riffkalk<br />

Dichter Kalk<br />

Schillkalk (Schalentrümmer)<br />

Mergel (Ton und Kalk)<br />

Dolomit, CaMg(CO3)2<br />

Eisen- und Mangansed<strong>im</strong>ente<br />

Bone bed (Knochentrümmer)<br />

Kieselige Sed<strong>im</strong>ente<br />

Kieselige Sed<strong>im</strong>ente<br />

Hornstein<br />

Kieselkalk (vorw. aus Schwamm-<br />

Kieselschiefer<br />

Nadeln)<br />

Radiolarite (aus Radiolarien)<br />

Kieselgur (aus Diatomeen)<br />

Kaustobiolithe Torf-Kohle (vorw. aus Pflanzen)<br />

Ölschiefer (vorw. aus Plankton)<br />

Erdöl, Erdgas (vorw. aus Plankton)<br />

Tab. 6.3 Gliederung der chemischen und biogenen Sed<strong>im</strong>entgesteine


Tab. 6.4 Bautechnisch bedeutende Sed<strong>im</strong>entgesteine<br />

Name<br />

witterungsbeständiger<br />

Sandstein<br />

witterungsempfindlicher<br />

Sandstein<br />

Schieferton<br />

Tonschiefer<br />

Kalkstein<br />

Dolomitstein<br />

Farbe<br />

alle Tönungen<br />

je nach<br />

Be<strong>im</strong>engung<br />

u.a. grauweiß,<br />

graubraun,<br />

rötlich<br />

dunkelgrau<br />

bis schwarz<br />

grau, gelb,<br />

braun<br />

grau<br />

Hauptminerale<br />

Quarz (Feldspat),<br />

(Gl<strong>im</strong>mer) mit<br />

SiO2<br />

CaCO3<br />

Fe2O3<br />

Quarz (Gl<strong>im</strong>mer),<br />

(Feldspat) mit Ton-<br />

Mergel-FeOOH<br />

Gl<strong>im</strong>mer, Chlorit,<br />

Tonminerale<br />

Quarz<br />

Kalkspat<br />

Dolomitspat,<br />

Kalkspat<br />

Schichtung<br />

fein geschichtet bis<br />

gebankt,<br />

fein- bis grobkörnig<br />

feingeschichtet, dicht<br />

bis feinkörnig<br />

feingeschichtet und<br />

geschiefert, dicht<br />

massig, bankig bis<br />

feingeschichtet,<br />

dicht bis grobkörnig<br />

Technische Merkmale<br />

hart bis weich und<br />

bröckelig<br />

(je nach Bindemittelart<br />

und -typ)<br />

zerfällt bei Luft- und<br />

Wasserzutritt bzw.<br />

Frosteinfluss zu<br />

bindigem Lockermaterial<br />

weich bis mittelhart,<br />

witterungsempfindlich<br />

hart, gut teilbar,<br />

zusammenhängendes<br />

Gl<strong>im</strong>mer-"gewebe" wirkt<br />

wasserabweisend,<br />

witterungsbeständig<br />

bearbeitbar, polierbar,<br />

dichte<br />

Abarten sind<br />

schlagempfindlich hart<br />

einaxiale<br />

Druckfestigkeit<br />

[N/mm 2 ]<br />

30 - 180<br />

80 - 100<br />

20 - 30<br />

20 - 40<br />

80 - 180<br />

Rohdichte<br />

[g/cm 3 ]<br />

1,9 - 2,6<br />

2,7 - 2,8<br />

1,8 - 2,85<br />

Verwendung<br />

vielseitig<br />

verwendbarer<br />

Werkstein<br />

Schüttmaterial<br />

Schüttmaterial,<br />

Platten<br />

Schotter, Splitt,<br />

Baustein<br />

6.5 Bautechnisch bedeutende Sed<strong>im</strong>entgesteine<br />

Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 6.5


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 6.6<br />

6.6 Übungsaufgaben (siehe auch Kap. 3.7)<br />

Ü 6.1 (a) Woraus besteht Mergel?<br />

(b) Was ist ein Schluff, was ist ein Sand?<br />

Ü 6.2 (a) Was ist Diagenese, wodurch unterscheidet sich die Diagenese von einer<br />

Metamorphose?<br />

Ü 6.3 (a) Welche Bindemittel halten die festen Sed<strong>im</strong>entgesteine zusammen?<br />

(b) Wie anfällig sind diese Bindungen gegen Wasser?<br />

Ü 6.4 Wie unterscheidet man eine Brekzie von einem Konglomerat nach Struktur und<br />

Bildungsbedingungen?<br />

Ergänzende Stichworte zu Kap. 6<br />

Boden: Anhäufung (Sed<strong>im</strong>ente) von Gesteinspartikeln (Körner) verschiedener Größe<br />

und Beschaffenheit ohne chemische Kornbindung (Verkittung). Unterteilung: bindige<br />

Böden und rollige Böden<br />

Evaporite: chemische Sed<strong>im</strong>ente: Gruppe der Salzgesteine. Salzlagerstättenbildung<br />

durch Eindampfung von Wasser in isolierten Buchten, Neben- oder Binnenmeeren<br />

Kalksinter: poröser, sehr lockerer Kalkstein, der sich um Pflanzenreste herum<br />

abgesetzt hat (z.B. Travertin)<br />

Kies: klastisches Lockergestein mit Korngrößen von 2 - 63 mm<br />

klastisch: Bezeichnung für Sed<strong>im</strong>ente, die aus Bruchstücken anderer Gesteine<br />

gebildet sind (z.B. Gerölle, Gesteinsschutt)<br />

Konkordanz: ungestörte, parallel übereinander gelagerte Schichtung von Gesteinen.<br />

Gegensatz: Diskordanz<br />

Konkretion: knollenförmige Mineralanreicherungen in Sed<strong>im</strong>entgesteinen, die ganz<br />

vom Nebengestein eingeschlossen sind (z.B. Feuerstein, Drusen)<br />

Lehm: stark mit Sand vermischter, meist kalkarmer Ton; wegen des Eisenoxydgehaltes<br />

oft gelblichbraun bis braun gefärbt<br />

Letten: grauer, oft sandiger Ton mit geringem Kalkgehalt, der Spalten und Klüfte füllt<br />

marin: <strong>im</strong> Meer entstanden; z.B. Sed<strong>im</strong>ente wie Evaporite, Muschelkalk, Kreide<br />

Mergel: Kalksteine mit hohen Tongehalten, die nur wenig verfestigt sind<br />

Sand: klastisches Lockergestein aus überwiegend Quarzkörnern mit Korngrößen von<br />

0.02 - 2 mm; weitere Einteilung in Fein-, Mittel- und Grobsand


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 6.7<br />

Schichtung: Typisches Gefügemerkmal der Sed<strong>im</strong>entgesteine; sie entsteht durch<br />

unterschiedliche Ablagerungsbedingungen und bewirkt unterschiedliche Festigkeitseigenschaften,<br />

Farben usw. der einzelnen Schichten<br />

Schluff: Lockergestein mit Korngrößen von 2 - 60 µm<br />

Sed<strong>im</strong>entgesteine: fein- bis grobkörnige Verwitterungsprodukte, die z.B. durch<br />

Wasser, Gletscher oder Wind transportiert und danach wieder abgesetzt worden sind.<br />

Sie können locker (z.B. Sand, Kies) oder fest (z.B. Kalkstein, Sandstein) sein. Sie sind<br />

oft geschichtet und können Überreste von Tieren und Pflanzen (Fossilien) enthalten.<br />

Sieblinie: Logarithmische Auftragung des Siebdurchganges über dem<br />

Korndurchmesser; sie charakterisiert den Kornaufbau eines Bodens<br />

terrestrisch: auf dem Festland entstanden; z.B. Dünen oder Bergsturzmassen<br />

Ton: klastisches Lockergestein mit Korngrößen < 2 µm, bei Wasseraufnahme quellfähig<br />

Toneisenstein: Konkretionen von Eisenoxyden in Tongesteinen<br />

Tonschiefer: durch Druck verfestigter und geschieferter Ton. Schieferton ist weniger<br />

verfestigt.<br />

Zement: meist kristallines Bindemittel zwischen den Sed<strong>im</strong>entkörnern aus Calcit<br />

(CaCO 3 ), Quarz (SiO 2 ) oder Eisenoxyden (Fe 2 O 3 )


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.1<br />

7. ENTSTEHUNG UND KLASSIFIKATION VON LOCKER- UND<br />

FESTGESTEINEN<br />

Die Sed<strong>im</strong>entgesteine sind Produkte von Verwitterung, Abtragung, Transport und Sed<strong>im</strong>entation,<br />

deren Ursache die exogene Dynamik der Erde mit Sonne, Wind und Wasser<br />

ist.<br />

7.1 Kl<strong>im</strong>a als Motor der Gesteinsbildung<br />

- exogene Dynamik:<br />

Thermodynamik der Atmosphäre (Hoch- und Tiefdruckzonen)<br />

Hydrodynamik der Ozeane (globale Meeresströmungen)<br />

- Wind, Niederschläge, Wasserkreislauf:<br />

humides, semi-arides, arides Kl<strong>im</strong>a (erdgeschichtlich veränderlich)<br />

Abb. 7.1: Schema der Windzirkulation und Niederschlagsverteilung auf der Erde


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.2<br />

Abb. 7.2: Faktoren der Verwitterung und Bodenbildung in einem Profil<br />

vom Pol zum Äquator<br />

7.2 Verwitterung<br />

7.2.1 Physikalische Verwitterung<br />

- Temperaturänderungen, Frostverwitterung<br />

- Salzsprengung, Umkristallisation, Quellung<br />

Abb. 7.3: Physikalische Verwitterung:<br />

Abhängigkeit der Böschungsneigung von der Gesteinsart<br />

(Press & Siever, 1995)


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.3<br />

Abb. 7.4: Physikalische Verwitterung<br />

a. unverwitterter Kluftkörper<br />

b. kantengerundeter Kluftkörper<br />

c. gerundeter Block in Ursprungslage<br />

d. abgestürzter Block<br />

e. in Verwitterungsschutt eingebetteter Block<br />

f. Geröll<br />

g. Verwitterungsschutt -> Bodenbildung<br />

7.2.2 Chemische Verwitterung<br />

- Lösung, Oxidation, Hydrolyse, Kohlensäureverwitterung<br />

Abb. 7.5: Auslaugung eines Salzstockes mit Einsturztrichter des Deckgebirges


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.4<br />

Abb. 7.6: Karst-Erscheinungen<br />

1. Karstquelle 5. Spaltenhöhle<br />

2. Flussversickerung 6. Erdfälle (Dolinen)<br />

3. unterirdischer Fluss 7. Überdeckung<br />

4. Tropfsteinhöhle 8. verstürzte Karsthohlräume<br />

7.2.3 Biogene Verwitterung<br />

Gesteinsauflockerung durch Organismen und Pflanzen: Fäulnis, Zersetzung<br />

7.2.4 Verwitterungsprodukte (Lockergesteine, Hangschutt, Humus, Torf)<br />

Feste Gesteine haben i.Allg. ein massives, festes Gefüge und erfahren unter Wassereinfluss<br />

kurzzeitig weder chemisch noch physikalisch eine Veränderung. Sie zeichnen<br />

sich durch folgende Eigenschaften aus:<br />

- relativ hohe Kohäsion<br />

- meist fester Raumgitterbau der Minerale<br />

- geringere Wasserlöslichkeit als Kalk<br />

- längerfristige Volumenbeständigkeit gegenüber kl<strong>im</strong>atischen Einflüssen<br />

Exogene oder endogene Prozesse können aus ursprünglich festen Gesteinen veränderlich-feste<br />

Gesteine erzeugen:<br />

- Verwitterung unter Bildung sekundärer Mineralien, z.B. Kaolinisierung von<br />

Feldspäten<br />

- Freilegung von wasser- und luftunbeständigen Gesteinseinschlüssen<br />

- zerstörerische tektonische Einwirkung auf das Gesteinsgefüge (z.B. Mylonitisierung)<br />

- Veränderliche Gesteine verlieren an Festigkeit durch Berührung, Zersetzung und<br />

Lösung mit Wasser


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.5<br />

Zu den Lockergesteinen zählen die nichtbindigen Sed<strong>im</strong>entgesteine (z.B. Blockschutt,<br />

Geröll, Kies, Sand), die sich durch geringe oder fehlende Kohäsion und relativ hohe<br />

Porositäten (>25%) auszeichnen, sowie die bindigen Lockergesteine (Ton, Löss).<br />

Bezeichnung Merkmal Gestein Merkmal Gebirge<br />

unverwittert Unverwittert, frisch, kein Verwitterungseinfluss<br />

erkennbar<br />

angewittert Auf frischer Bruchfläche Verwitterung<br />

von einzelnen Mineralkörnern<br />

erkennbar (Lupe),<br />

beginnende Mineralumbildung<br />

und Verfärbung<br />

entfestigt Durch Verwitterungsvorgänge<br />

gelockertes, jedoch noch <strong>im</strong><br />

Verband befindliches Mineralgefüge,<br />

meist in Verbindung<br />

mit Mineralumbildung, insbesondere<br />

mit und an Trennflächen<br />

zersetzt Noch <strong>im</strong> Gesteinsverband befindliches,<br />

durch Mineralneubildung<br />

verändertes Gestein<br />

ohne Festgesteinseigenschaften<br />

(z.B. Umwandlung von<br />

Feldspäten zu Tonmineralien,<br />

von Tonschiefer zu Ton)<br />

Abb. 7.7: Bodenbildung durch Verwitterung von Festgestein<br />

Beschreibung des Verwitterungsgrades von Fels<br />

Keine verwitterungsbedingte<br />

Auflockerung an Trennflächen<br />

Teilweise Auflockerung an<br />

Trennflächen<br />

Vollständige Auflockerung an<br />

Trennflächen<br />

Kluftkörper ohne Festgesteinseigenschaften


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.6<br />

7.3 Erosion, Transport, Sed<strong>im</strong>entation<br />

7.3.1 Erosion (Abtragung)<br />

- Schwerkraft, Gletscher, Wasser<br />

Abb. 7.8: Entwicklung eines alpinen Gletschertals<br />

a. Vergletscherung Trogtal<br />

b. Trogtal mit seitlichen Hängetälern nach Gletscherschmelze<br />

c. teilweise Auffüllung des Trogtales durch alluviale Sed<strong>im</strong>ente<br />

Abb. 7.9: Erosion und Sed<strong>im</strong>entation durch einen Fluss auf dem Festland<br />

a. Oberlauf: V-Tal mit Schichtrippen<br />

b. Mittellauf: Sohlental mit Mäander<br />

c. Unterlauf: Auental mit Mäander


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.7<br />

Abb. 7.10: Schema eines Flussmäanders mit Prall- und Gleithängen<br />

7.3.2 Transport<br />

- Gletscher, Wasser, Wind<br />

- Teilchengröße und Strömungsgeschwindigkeit<br />

- Moränen, Oberflächenwasser, Karstwasser<br />

Abb. 7.11: Frachtvermögen des fließenden Wassers als Funktion von Korngröße und<br />

Strömungsgeschwindigkeit (Hjulström-Diagramm)


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.8<br />

Wasser Eis Wind<br />

Bewegung rasch, laminar – turbulent<br />

Transport rollend, Größe je<br />

nach Wassergeschwindigkeit,<br />

Auslese nach Härte<br />

Typische<br />

Sed<strong>im</strong>ente<br />

Formen in der<br />

Landschaft<br />

und Gestalt<br />

Kies, runde Komponenten,<br />

stark sortiert,<br />

Sand, Schrägschichtung<br />

Rinnen, Canyons,<br />

V-Täler, Schwemmlandschaft,Terrassen,<br />

Deltas<br />

langsame, zähe<br />

Fließbewegung<br />

schiebend, keine<br />

Auslese nach Härte<br />

und Korngröße<br />

Moräne, unsortiert,<br />

feine und grobe<br />

Korngrößen nebeneinander,<br />

locker, geschrammteGeschiebe,<br />

Fehlen der<br />

Schichtung<br />

Tab. 7.1: Transportmittel bei der Verwitterung<br />

7.3.3 Sed<strong>im</strong>entation (Ablagerung)<br />

- Sortierung, Kumulation<br />

- Schichtung<br />

Rundhöcker, ältere<br />

Formen abgeschliffen<br />

und überprägt, U-<br />

Täler, Moränenhügel,<br />

Toteisdellen<br />

stoßweise wehend,<br />

unregelmäßig, flä-<br />

chenhaft arbeitend<br />

feiner Staub kann<br />

über riesige Entfernungen<br />

verfrachtet<br />

werden<br />

Flugsand, Löss, Verbreitung<br />

bedeutend,<br />

best<strong>im</strong>mte Korngrößen<br />

(60-70 Gew.-%<br />

aus Korngrößenbereich<br />

0,1- 0,02 mm)<br />

Unzahl von Kleinformen<br />

in der Wüste<br />

durch Ausblasung<br />

und Ausschleifen,<br />

Dünen, Lössdecken<br />

Abb. 7.12: Längsschnitt durch einen Flussdeltakegel: Schrägschichtung<br />

Abnahme der Korngröße mit zunehmendem Transportweg


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.9<br />

Abb. 7.13: Sed<strong>im</strong>entäre Abschnitte des Gesteinskreislaufs (Press & Siever, 2003)


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.10<br />

7.4 Ansprache von Locker und Festgesteinen<br />

7.4.1. Unterteilung von Locker- und Festgesteinen<br />

Definition: Festgesteine weisen atomare Bindungskräfte zwischen den einzelnen<br />

Kristall- und Materialkörnern auf (echte Kohäsion). Festgestein wird auch<br />

als Fels bezeichnet.<br />

Lockergesteine besitzen keine echte Kohäsion. Treten intergranulare<br />

Bindungskräfte auf, beruhen sie auf Bindungskräften des Wassers (kapillare<br />

Kohäsion). Lockergestein wird auch als Boden bezeichnet.<br />

Veränderliche, pseudofeste Gesteine sind Gesteine, deren atomare<br />

Bindungskräfte so schwach sind, dass sie bei 24-stündiger Wasserlagerung<br />

mehr als 20% ihrer Masse durch Zerfall verlieren.<br />

Tiefengesteine<br />

oder<br />

Plutonite<br />

Granite<br />

Syenite<br />

Diorite<br />

Gabbros<br />

nicht bindig<br />

Steine<br />

Kiese<br />

Sande<br />

Magmatische<br />

Gesteine<br />

Ganggesteine<br />

oder<br />

Subvulkanite<br />

Lamprophyre<br />

Aplite<br />

Ergussgesteine<br />

oder<br />

Vulkanite<br />

Basalte<br />

Rhyolithe<br />

Andesite<br />

Festgesteine<br />

Trümmergesteine<br />

Brekzien<br />

Konglomerate<br />

Grauwacken<br />

Sand- u. Tonst.<br />

Metamorphe Gesteine<br />

Gneise, Schiefer, Phylite, Serpentinite, Quarzite, Marmor<br />

Verfestigte<br />

Sed<strong>im</strong>ente<br />

Chemische<br />

Sed<strong>im</strong>ente<br />

Kalke<br />

Dolomite<br />

Mergel, Salz,<br />

Gips, Anhydrit<br />

Abb. 7.14: Untergliederung der Festgesteine<br />

Mineralische<br />

Ablagerungen<br />

schwach<br />

bindig<br />

Schluffe<br />

tonige, lehmige<br />

oder mergelige<br />

Sande<br />

stark<br />

bindig<br />

Tone<br />

Lehme<br />

Mergel<br />

Lockergesteine<br />

gemengte:<br />

anmoorige<br />

Sande und<br />

Lehme<br />

Humusböden<br />

Organische<br />

Ablagerungen<br />

reine:<br />

Moore<br />

Torfe<br />

Organische<br />

Ablagerungen<br />

Braun- und Steinkohlen,<br />

Anthrazite<br />

Stinkkalke<br />

Ölschiefer<br />

Faulschlammhaltige<br />

Ablagerungen<br />

Mudden<br />

faulschllammhaltige<br />

Sande<br />

und Tone


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.11<br />

Abb. 7.15: Untergliederung der Lockergesteine<br />

7.4.2. Benennung und Beschreibung von Bodenarten<br />

Lockergesteine werden nach ihrer Körngröße eingeteilt und benannt.<br />

Benennung<br />

Fels, allgemein<br />

Kurz-<br />

zeichen<br />

Korn-Ø<br />

[mm]<br />

Blöcke Y -<br />

Steine X > 60<br />

Erkennung<br />

Z - kompakte Kluftkörper <strong>im</strong> Verband<br />

einzelne kompakte Kluftkörper nicht <strong>im</strong> Verband (größer<br />

Kopfgröße)<br />

einzelne kompakte Kluftkörper nicht <strong>im</strong> Verband (größer<br />

Hühnerei)<br />

Kies G 2 – 60 kleiner Hühnerei, größer Streichholzkopf<br />

Sand S 0,06 – 2 kleiner Streichholzkopf bis Grenze der Sichtbarkeit<br />

Schluff U<br />

0,02 –<br />

0,06<br />

niedrige Trockenfestigkeit<br />

Ton T < 0,02 hohe Trockenfestigkeit<br />

Tab. 7.2: Benennen und Beschreiben von Bodenarten nach DIN 4022<br />

Die in Tab. 7.2 genannten Bodenarten Kies, Sand, Schluff und Ton kommen in der Natur<br />

nur selten ohne Be<strong>im</strong>engungen vor. Man spricht dann von gemischtkörnigen Böden.<br />

Attribute der Benennung Kurzzeichen<br />

Haupt-Bodenart G, S, U, T<br />

Be<strong>im</strong>engungen g, s, u, t<br />

Attribut "grob" gG, gS, gU<br />

Attribut "mittel" mG, mS, mU<br />

Attribut "fein" fG, fS, fU<br />

Nebenanteil "schwach" < 15% g´, s´, u´, t´<br />

Nebenanteil "stark" > 30% g , s,<br />

u,<br />

t<br />

Tab. 7.3: Attribute der Benennung von gemischtkörnigen Bodenarten nach DIN 4022


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.12<br />

Tab. 7.4: Kurzformen, Zeichen, und Farbkennzeichnungen für Bodenarten nach<br />

DIN ISO 14688-1


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.13<br />

Tab. 7.5: Beispiele von Kurzformen, Zeichen, und Farbkennzeichnungen für gemischtkörnige<br />

Boden- und Felsarten nach DIN ISO 14688-1<br />

Abb. 7.16: Beispiel für die Darstellung von Bohrprofilen (E DIN 4023:2004-09)


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.14<br />

Boden Benennung Kurzzeichen Zeichen<br />

A<br />

B<br />

C<br />

D<br />

E<br />

F<br />

Abb. 7.17: Übung zur Benennung von Bodenarten<br />

7.4.3 Benennung und Beschreibung von Felsarten<br />

- Ansprache von klastischen Sed<strong>im</strong>entgesteinen<br />

Klastische Sed<strong>im</strong>entgesteine (Trümmergesteine) werden nach der Bodenart angesprochen,<br />

aus der sie durch Verfestigung entstanden sind:<br />

aus Ton wird Tonstein (Tst)<br />

aus Schluff wird Schluffstein (Ust)<br />

aus Sand wird Sandstein (Sst)<br />

aus Kies wird Konglomerat (Gst)


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.15<br />

Wie bei den Bodenarten kommen auch bei den Sed<strong>im</strong>entgesteinen in der Natur Gemenge<br />

verschiedener Korngrößengruppen vor. Weiterhin ist bei allen Festgesteinen der<br />

Verwitterungszustand von großer bautechnischer Bedeutung. Tabelle 7.6 zeigt die Attribute<br />

der Benennung des Verwitterungszustandes mit jeweiligen Kurzzeichen<br />

Attribute der Benennung Kurzzeichen<br />

Felsarten Gst, Sst, Ust, Tst<br />

leichte Verwitterung (Gst),( Sst), (Ust), (Tst)<br />

starke Verwitterung ((Gst)),(( Sst)), ((Ust)), ((Tst))<br />

völlige Zersetzung Kurzzeichen für Bodenarten<br />

nicht bekannte oder nicht benannte Felsart<br />

bedeutungsvolle und bekannte Felsart Kst, Mst, Ma (siehe Tab 3, DIN 4023)<br />

Tab. 7.6: Attribute der Benennung von klastischen Sed<strong>im</strong>enten nach DIN 4022<br />

- Ansprache von Magmatiten, Metamorphiten und nicht klastischen Sed<strong>im</strong>enten<br />

Die Ansprache von Magmatiten, Metamorphiten und nicht klastischen Sed<strong>im</strong>enten ist in<br />

den Kapiteln 4 bis 6 dargestellt und erfordert z. T. aufwändige geologische und mineralogische<br />

Untersuchungen.<br />

- Trennflächengefüge <strong>im</strong> Fels<br />

Die bautechnischen Eigenschaften von Festgesteinen werden maßgeblich vom vorhandenen<br />

Trennflächengefüge (Schicht-, Schieferungs- und Kluftflächen) mitbest<strong>im</strong>mt.<br />

Gestein - Gebirge<br />

Definitionen:<br />

Gestein ist charakterisiert durch seine Mineralvergesellschaftung.<br />

Gebirge ist die Erscheinungsform des Gesteins in der Natur, gekennzeichnet durch die<br />

Mineralvergesellschaftung und das Trennflächengefüge.<br />

Gesteinsfestigkeit = Substanzfestigkeit<br />

Gebirgsfestigkeit = Verbandsfestigkeit<br />

Z


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.16<br />

Abb. 7.18: Räumliche Darstellung eines<br />

mehrscharig durchtrennten<br />

Felskörpers<br />

Abb. 7.19: Typen von Kluftkörperverbänden<br />

a) → d): Zunahme der<br />

Materialbrücken<br />

Abb. 7.20: Schematische Klassifizierung einer Gesteinsmasse nach dem Grad seiner<br />

Zerlegung (nach L. Müller)<br />

a) Einkörpersystem (nicht geklüftet) c) Vielkörpersystem (durchklüftet)<br />

b) Mehrkörpersystem (angeklüftet) d) Vielkörpersystem des Locker-<br />

gesteins<br />

- Ebener Kluftflächenanteil κe<br />

Fk<br />

κ e =<br />

F<br />

ges<br />

Abb. 7.21: Ebener Kluftflächenanteil κe Darstellung an drei orthogonalen Kluftscharen<br />

(K1, K2, K3)


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.17<br />

Prinzipieller Zusammenhang zwischen Klüftung und Gebirgsfestigkeit (nach L. Müller)<br />

Abb. 7.22: Abhängigkeit der Gebirgsfestigkeit vom ebenen Kluftflächenanteil und von<br />

der Klüftigkeit<br />

Abb. 7.23: Abhängigkeit der Gebirgsfestigkeit von der Klüftigkeit und der Verwitterung<br />

- Homogenität – Inhomogenität und Isotropie - Anisotropie<br />

Homogenität<br />

Ein Körper ist in einem Betrachtungsbereich homogen, wenn seine Eigenschaften ortsunabhängig<br />

sind. Repräsentative Teilbereiche sind beliebig austauschbar, ohne das<br />

Gesamtgefüge statistisch zu verändern.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.18<br />

Isotropie<br />

Ein Körper ist in einem Betrachtungsbereich isotrop, wenn die betrachtete physikalische<br />

Eigenschaft in jedem Punkt richtungsunabhängig ist.<br />

Betrachtungsbereich<br />

Abb. 7.24: Betrachtungsbereich


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.19<br />

a)<br />

b)<br />

Abb. 7.25: Homogenität - Inhomogenität und Isotropie – Anisotropie (nach Wittke, 1984)<br />

a) homogen und isotrop, d. h. gleichmäßig und richtungslos (z. B. Porphyr)<br />

b) homogen und flächig anisotrop, d. h. gleichmäßig und richtungsabhängig<br />

(z. B. Gneis)<br />

c) homogen und linear anisotrop, , d. h. gleichmäßig und richtungsabhängig<br />

(z. B. Säulenbasalt)<br />

7.5 Übungsaufgaben<br />

Ü 7.1 Welche Hauptursachen der Verwitterung kennen Sie?<br />

Ü 7.2 Beschreiben Sie die verschiedenen Arten der chemischen Verwitterung,<br />

wie wirken sich diese Vorgänge auf den Baugrund aus (Stichwort: Karst)?<br />

Aus welchen Regionen Deutschlands sind entsprechende Baugrundprobleme<br />

bekannt?<br />

Ü 7.3 Wodurch unterscheiden sich Locker- von Festgesteinen?<br />

Ü 7.4 In welche Kornfraktionen werden die klastischen Sed<strong>im</strong>ente Kies, Sand,<br />

Schluff und Ton untergliedert?<br />

Ü 7.5 Welches sind die Hauptursachen für Talbildungen?<br />

Ü 7.6 Nennen Sie verschiedene Transportmittel der Abtragung und deren<br />

typische Sed<strong>im</strong>entarten. Wie unterscheiden sich die Sed<strong>im</strong>ente<br />

hinsichtlich Kornform, Korngröße und Sortierung?<br />

Ü 7.7 (a) Wie sind fluviatile Talform, Schleppkraft und transportierte<br />

Korngröße miteinander verknüpft?<br />

(b) Was sind Mäander, wie entstehen Altwasserarme und Umlaufberge?<br />

Ü 7.8 Wodurch unterscheiden sich fluviatile Sed<strong>im</strong>ente von glaziogenen in den<br />

baugeologischen Eigenschaften?<br />

Ü 7.9 Was sind (a) Geschiebemergel und (b) erratische Blöcke?<br />

(c) Welche geotechnischen Probleme können sie bereiten?<br />

Ü 7.10 Was versteht man unter einem aggressiven Wasser?<br />

c)


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.20<br />

Ü 7.11 Nennen Sie chemische Sed<strong>im</strong>entgesteine, die <strong>im</strong> Grundwasser<br />

(a) leicht löslich, (b) schwer löslich sind.<br />

Ü 7.12 Warum eignet sich Marmor als Ornamentenstein besser als Kalkstein?<br />

Ü 7.13 Welche Lockergesteine sind als Baugrund (a) gut, (b) schlechter<br />

geeignet? Warum?<br />

Ü 7.14 Be<strong>im</strong> Neubau einer Autobahn wurde ein Tunnel in veränderlich-festem<br />

Schiefergestein aufgefahren. Da sich das Gebirge be<strong>im</strong> Sprengvortrieb<br />

als standfest erwies, beschloss man, das Aushubmaterial für eine Dammschüttung<br />

in der Fortsetzung der Fahrbahntrasse zu verwenden. Diese<br />

zeigte sich in der Folgezeit als nicht tragfähig. Wie lässt sich das erklären?<br />

Ü 7.15: Was ist der Unterschied zwischen Gestein und Gebirge?<br />

Ü 7.16: Benennen Sie die in den Kornverteilungslinien in Abb. 7.16 dargestellten<br />

Bodenarten!<br />

Ü 7.17: Was versteht man unter bindigen und nicht-bindigen Böden?<br />

Ü 7.18: Welche Faktoren best<strong>im</strong>men maßgeblich die Festigkeit von geklüftetem<br />

Fels?<br />

Ergänzende Stichworte zu Kap. 7<br />

Abrasion: Abtragung von Meeresküsten durch Brandung und Sturmfluten (Kliffbildung)<br />

äolisch: vom Wind verursacht (z.B. Löss, Dünen mit Luv- und Leeseite)<br />

arid: wüstenhaft (z.B. heißes, trockenes Kl<strong>im</strong>a); Gegenteil: humid<br />

Blockwerk: Ansammlung von Gesteinsbruchstücken in Größen bis zu mehreren Metern<br />

Boden: Anhäufung (Sed<strong>im</strong>ente) von Gesteinspartikeln (Körner) verschiedener Größe<br />

und Beschaffenheit ohne chemische Kornbindung (Verkittung). Unterteilung: bindige<br />

Böden und rollige Böden<br />

Canyon (Cañon): steilwandiges, tief eingeschnittenes, nach unten schluchtartig verengtes<br />

Flusstal; es bildet sich vor allem dort, wo reißende Flüsse aus regenreichen Gebirgen<br />

ein Trockengebiet durchfließen (z. B. Grand Canyon des Colorado River)<br />

Delta: Mündungsgebiet eines Flusses mit einem Netz von Flussarmen, das sich durch<br />

fortwährende Ablagerung von Sed<strong>im</strong>entschichten in das Meer oder in einen See hinein<br />

erweitert (z.B. Rhein-, Donau-, Nil-, Ganges-, Mississippi-, Amazonas-Delta)<br />

Doline: Auslaugungshohlraum oder Einsturztrichter in Karstgebieten


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.21<br />

endogene und exogene Dynamik: Die endogenen Energien, die zur Umgestaltung der<br />

Erde und ihrer Gesteine führen, stammen aus dem Inneren der Erde. Dagegen haben<br />

die exogenen, auf die Erde einwirkenden Energien einen kosmischen Ursprung: Kl<strong>im</strong>a,<br />

Wetter und Gesteinsverwitterung werden vorrangig von der Sonne gesteuert.<br />

Erosion: Abtragung und Einebnung der Erdoberfläche durch Verwitterung und Abtransport<br />

des Gesteins: fluviatile E., marine E., glaziale E., äolische E., anthropogene E.<br />

fluviatil: mit einem Fluss zusammenhängend, z.B. fluviatile Erosion; fluvio-glazial: mit<br />

Gletscherwasser zusammenhängend, z.B. fluvio-glaziale Sed<strong>im</strong>ente<br />

Fjord: tief in das Land eingreifender Meeresarm, entstanden aus ehemaligem Flusstal,<br />

das während der Eiszeiten von Gletschern zu einem Trogtal umgestaltet worden ist<br />

Geest: langwellige, eiszeitlich geprägte Aufschüttungslandschaft aus trockenen Sandböden<br />

mit Heide, feuchten Wiesen und Mooren (z.B. Norddeutschland)<br />

Geröll: durch fluviatilen oder marinen Transport gerundete klastische Sed<strong>im</strong>ente: z.B.<br />

Fluss-Schotter, eiszeitliche Geschiebe mit erratischen Blöcken (Findlinge)<br />

glazial: eiszeitlich; z.B. glaziale Erosion, glaziale Landschaft (Moränen mit Findlingen)<br />

Gletscher: der Schwerkraft folgende, plastisch fließende, von Längs- und Querspalten<br />

durchzogene Eisströme in Hochgebirgen und Polargebieten<br />

humid (=feucht): <strong>im</strong> humiden Kl<strong>im</strong>a überwiegen die Niederschläge die Verdunstung;<br />

dort gibt es starke chemische Verwitterung und dauerhaft wasserführende Flüsse<br />

Korngrenze: Grenze zwischen den einzelnen miteinander verwachsenen Mineralkörnern;<br />

wegen der relativ geringeren Festigkeit setzt von dort her i.Allg. die Verwitterung<br />

ein<br />

Lehm: stark mit Sand vermischter, meist kalkarmer Ton; wegen des Eisenoxydgehaltes<br />

oft gelblich braun bis braun gefärbt<br />

Letten: grauer, oft sandiger Ton mit geringem Kalkgehalt, der Spalten und Klüfte füllt<br />

Löss: eiszeitlich-äolische Sed<strong>im</strong>ente von ca. 10-50 µm feinen Quarz- und Tonpartikeln<br />

mit relativ hohen Kalkgehalten (8-20%); gelbgrau, porös; sie bilden fruchtbare und i.Allg.<br />

standfeste Böden<br />

Mäander: geschlängelte, halb- bis fast vollkreisförmige Windungen eines Flusses mit<br />

geringem Gefälle<br />

Marsch: aus Sand und Ton bestehende Anschwemmungen an flachen Gezeitenküsten;<br />

fruchtbare, schwierig bebaubare, weiche Böden (z.B. Niederelbe, holländische Nordseeküste)<br />

Moräne: von Gletschern transportierter und abgelagerter Schutt aus Sanden, Lehmen,<br />

Schotter und Gesteinsblöcken (Findlingen); unter dem Eis bildet sich die Grundmoräne,<br />

an den Rändern jeweils die Seitenmoräne und an der Spitze die Endmoräne


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.22<br />

Oberlauf/Unterlauf: Der Oberlauf eines Flusses ist wegen des relativ großen Gefälles<br />

vorwiegend von Erosion geprägt. Mit wachsendem Transportweg und abnehmender<br />

Strömungsgeschwindigkeit werden die Korndurchmesser der Ablagerungen gegen den<br />

Unterlauf hin zunehmend feiner (vgl. Hjulström-Diagramm).<br />

Schichtstufenlandschaft: durch Erosion geprägte Landschaft mit Wechsel von steilen<br />

Gebirgsstufen und sanft geneigten Hängen (z.B. Schwäbische Alb)<br />

Schlucht: durch Tiefenerosion entstandene Talform mit fast senkrecht fallenden Hängen<br />

Schuttkegel: kegelförmig aufgeschüttete klastische Sed<strong>im</strong>ente, z.B. in Flussdeltas<br />

Tafelberg: durch fluviatile Erosion entstehende Bergform mit horizontaler Oberfläche<br />

Trogtal (U-Tal): von Gletscherstrom umgeformtes ursprüngliches Flusstal (Kerb- oder<br />

V-Tal)<br />

Urstromtal: durch Schmelzwässer der eiszeitlichen Gletscher erzeugtes breites, flaches<br />

Tal mit Sand- und Schotterablagerungen (z.B. Elbe, Oder, Donau, Po)<br />

veränderlich feste Gesteine: verändern unter Wassereinfluss deutlich ihre Festigkeitseigenschaften<br />

in relativ kurzer Zeit<br />

Vergrusung: Mechanische Zerstörung des Gesteins durch Lockerung der Korngrenzen.<br />

Dabei entsteht der Gesteingsgrus als lockere Anhäufung eckiger Gesteinspartikel<br />

(z.B. Granitgrus).<br />

Verwitterung: An der Erdoberfläche durch exogene Kräfte (Sonneneinstrahlung, Frost,<br />

Wasser und Gase der Atmosphäre) verursachte Zerstörung und Umwandlung von Mineralien<br />

und Gesteinen.<br />

- physikalisch-mechanisch: Temperatur-V. (Insolation), Frost-V., Salz-V.<br />

- chemisch: durch Wasser, Salze, Säuren, Basen, CO 2 , O 2 usw.<br />

- biologisch: biologisch-physikalisch (z.B. mechanisch durch Pflanzenwurzeln)<br />

biologisch-chemisch: (z.B. Ätzung durch Humussäuren)<br />

Die Verwitterung ist der wichtigste bodenbildende Vorgang. Sie liefert auch das Ausgangsmaterial<br />

für die Sed<strong>im</strong>entgesteine und gestaltet die Morphologie der Landschaft.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.1<br />

8. ERDGESCHICHTE UND BAUGRUNDEIGENSCHAFTEN<br />

8.1 Erdgeschichtliche Epochen und geologische Formationen<br />

Das Präkambrium umfasst mit ca. 2,5 - 3,3 Milliarden Jahren den weitaus längsten<br />

Abschnitt der Erdgeschichte. Präkambrische Gesteine kommen vor allem in den sog.<br />

alten Schilden der Erde vor (Abb. 8.1). Darin wurden Erzlagerstätten von heute<br />

weltwirtschaftlicher Bedeutung gebildet. Das Kambrium lagert fast überall diskordanttransgressiv<br />

über dem präkambrischen Untergrund.<br />

Eine gut dokumentierte Geschichte des Lebens auf der Erde kann man erst vom<br />

Kambrium an schreiben (Tab. 8.1). Es gibt zwar auch ältere Anzeichen von Leben,<br />

doch lassen diese sich stratigraphisch nicht mehr auswerten.<br />

Bis tief in das Silur gibt es Leben nur <strong>im</strong> Meer. Während dieser Zeit besiedeln Pflanzen<br />

das feste Land, das damit den nachrückenden Tieren Nahrung bietet. Im Karbon<br />

erheben sich die ersten Insekten in die Luft.<br />

Die Evolution führt zu mehrzelligen Organismen. Wirbellose Tiere gibt es schon <strong>im</strong><br />

Kambrium. Im Paläozoikum und Mesozoikum dominieren die Trilobiten, Graptolithen<br />

und Ammoniten.<br />

Im Silur treten die ersten Fische auf, mit denen der Bauplan der Wirbeltiere seine<br />

heutige Gestalt gewinnt. Von hier aus führt der Weg über die amphibischen<br />

Dachschädler zu den Reptilien, die bereits dem Landleben voll angepasst sind. Im<br />

Mesozoikum sind die Saurier <strong>im</strong> Wasser, auf der Erde und in der Luft weit verbreitet.<br />

Krokodile, Schlangen, Eidechsen, Lurche und Schildkröten sind heute deren<br />

Nachfahren.<br />

Von den Reptilien stammen zwei wichtige Tiergattungen ab: Die Vögel, die <strong>im</strong> Jura<br />

erscheinen und die Säugetiere. Die wichtigste Errungenschaft dieser Organismen ist die<br />

konstante Körpertemperatur. Jura und Kreide enthalten verschiedene Gruppen<br />

pr<strong>im</strong>itiver Säuger. Beuteltiere und Schnabeltiere sind Überreste davon, die sich in<br />

Australien bis heute erhalten haben.<br />

Am Ende der Kreidezeit erscheinen die ersten modernen Säuger. Ihre explosive<br />

Entfaltung beginnt nach dem Entstehen der bedecktsamigen Blütenpflanzen und<br />

unmittelbar nach dem Erlöschen der Saurier.<br />

Im frühen Tertiär sind alle heutigen Hauptgruppen der Säugetiere vorhanden. Raubtiere<br />

und Pflanzenfresser entwickeln sich aus pr<strong>im</strong>itiven Allesfressern.<br />

Der Mensch erscheint vor etwa 1 Million Jahren in Ostafrika. Seine nächsten<br />

Verwandten unter den Säugetieren sind die Affen.<br />

Im Holozän n<strong>im</strong>mt das Erdbild sein heutiges Aussehen an. Die vom Eis entlasteten<br />

Gebiete steigen z. T. auch heute noch auf (z.B. Skandinavien). Es werden meist lockere<br />

Schwemmsed<strong>im</strong>ente abgelagert (Alluvium). Die vom Mensch unbeeinflussten<br />

Veränderungen in der Lebewelt sind seit Ende des Tertiärs nicht sehr einschneidend.


Känozoikum (Erdneuzeit)<br />

Mesozoikum (Erdmittelalter)<br />

Paläozoikum (Erdaltertum)<br />

Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.2<br />

Zeitalter Formation<br />

Quartär<br />

Tertiär<br />

Holozän<br />

(Alluvium,<br />

Gegenwart)<br />

Pleistozän<br />

(Diluvium,<br />

Eiszeit)<br />

Jungtertiär:<br />

Pliozän, Miozän<br />

Alttertiär:<br />

Oligozän, Eozän,<br />

Paleozän<br />

Dauer Alter<br />

in Mill. Jahren<br />

in Dtschld<br />

0,0015<br />

1-2<br />

60<br />

1-2<br />

Lebensentwicklung<br />

Pflanzen u. Tiere<br />

der Gegenwart<br />

arkt. Flora u. Fauna,<br />

Mammut, Höhlenbär,<br />

Auftritt des Menschen<br />

Herrschaft der<br />

Blütenpflanzen:<br />

schnelle und reiche<br />

Entfaltung der<br />

Säugetiere<br />

Geol. Vorgänge,<br />

insbesondere in<br />

Mitteleuropa<br />

Dünen, Marschen,<br />

Moore<br />

Vereisung N-Dtschlds u.<br />

d. Alpen, Urstromtäler,<br />

3 Wärmezwischenzeiten<br />

Alpen- und Karpaten-<br />

Auffaltung, Vulkanismus<br />

in Süd- u. Mitteldtschld.,<br />

Bruchfaltung der<br />

mitteldtsch.<br />

Schollengebirge,<br />

Rheintalgraben<br />

Nutzbare Gesteine<br />

Torf, Kies, Sand,<br />

Lehm, Ton<br />

Mergel, Kies,<br />

Sand, Torf<br />

Braunkohlen, Stein-<br />

u. Kalisalze,<br />

Bernstein, Kaolin,<br />

Erdöl, Basalt, Kies,<br />

Sand, Ton<br />

Kreide<br />

Obere Kreide<br />

Untere Kreide<br />

65<br />

60<br />

125<br />

Ende d. Großsaurier<br />

und<br />

Ammoniten,<br />

Laubhölzer<br />

größte Meeres –<br />

ausdehnung,<br />

Beginn d. Alpenauffaltg.<br />

Quadersandstein,<br />

Schreibkreide,<br />

Plattenkalk, Deisterkohle,<br />

Erdöl<br />

Jura Malm (weißer Jura)<br />

Dogger (braun. Jura)<br />

Lias (schwarz. Jura)<br />

45<br />

170<br />

Urvogel, Riesensaurier,<br />

Flugsaurier,<br />

Ammoniten, erste<br />

Knochenfische<br />

Solnhofener Schiefer<br />

Meeresbedeckung in Eisenerze (Minette)<br />

N- u. S-Dtschld., Erdöl (NW-<br />

Hebung in Mitteldtschld. Dtschld.)<br />

Schiefertone<br />

Trias<br />

Keuper<br />

45<br />

reiche Entfaltung der<br />

Alpen: Meer<br />

Dachsteinkalk<br />

Salz, Gipsmergel<br />

Muschelkalk<br />

Saurier: Ichthyo-und<br />

Dinosaurier;<br />

Alpen: Meer<br />

Wettersteinkalk<br />

Kalkstein, Salz, Gips<br />

Buntsandstein<br />

21 5<br />

erste Säugetiere<br />

Wüstenbildungen<br />

feinkörniger, roter<br />

Sandstein, Uran<br />

Perm<br />

(Dyas) Zechstein<br />

45<br />

erste Nadelhölzer,<br />

N- u. Mitteldtschld<br />

überflutet<br />

Kupferschiefer,<br />

Kalisalze, Salz<br />

Rotliegendes<br />

260<br />

letzte Trilobiten<br />

wüstenhaftes Kl<strong>im</strong>a Sandstein, Erdgas<br />

Karbon<br />

Oberkarbon<br />

Unterkarbon<br />

80<br />

340<br />

Sumpfwälder mit<br />

Farnen, Schachtelhalmen,<br />

Siegel- u.<br />

Schuppenbäumen<br />

erste Reptilien<br />

Variskische<br />

Gebirgsbildung<br />

(jetzige<br />

Mittelgebirge)<br />

Steinkohle<br />

Erze <strong>im</strong> Harz u.<br />

Erzgebirge<br />

Devon Ober-, Mittel-.<br />

Unterdevon<br />

50<br />

390<br />

Trilobiten, erste Panzerlurche<br />

u. Fische<br />

Meeresbedeckung<br />

Rhein. Dachschiefer,<br />

Eisenerze, Erdöl<br />

Silur<br />

Gotlandium<br />

Ordovizium<br />

100<br />

490<br />

erste Landpfl.<br />

und –tiere,<br />

Panzerfische<br />

Meeresbedeckung,<br />

kaledonische<br />

Gebirgsbildung<br />

Thüringische Dachschiefer,<br />

Uran<br />

Kambrium<br />

Ober-, Mittel-,<br />

Unterkambrium<br />

100<br />

590<br />

alle Stämme<br />

wirbelloser Tiere<br />

Meeresbedeckung<br />

Alaunschiefer,<br />

Erdöl<br />

Präkam -<br />

brium Proterozoikum<br />

(Algonkium)<br />

100<br />

690<br />

Blaualgen, Weichtiere,<br />

Schwämme<br />

Algonkische Revolution,<br />

assyntetische<br />

Gebirgsbildung<br />

Granit, Erze,<br />

Schiefer<br />

Archaikum<br />

ca. 2300 ca. 3000<br />

Bakterienartige<br />

Organismen<br />

Laurentische<br />

Gebirgsbildung<br />

Granit, Syenit, Erze<br />

ca. 1600 ca. 4600 Entstehung der Erde. Bildung der festen Erdkruste<br />

Frühzeit<br />

Tab. 8.1: Erdgeschichtliche Gliederung, Lebensentwicklung, geologische<br />

Formationen, Meeresspiegelschwankungen, Orogenesen, Gesteins-<br />

bildung und -umwandlung


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.3<br />

Abb. 8.1: Zeitlicher Ablauf der Erdgeschichte (Press & Siever, 1995)


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.4<br />

Abb. 8.2: Tektonisch-geochronologische Gliederung Europas


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.5<br />

8.2 Geodynamik<br />

8.2.1 Epirogenese<br />

Unter Epirogenese versteht man <strong>im</strong> Gegensatz zur Orogenese die allmählichen, lange<br />

anhaltenden Hebungen und Senkungen weitgespannter Gebiete der Erdkruste mit<br />

unwesentlichen Veränderungen der inneren Strukturen und ohne besondere seismische<br />

oder vulkanische Aktivität. Epirogene Vertikalbewegungen wirken z.B. <strong>im</strong> Bereich von<br />

Nordeuropa (Skandinavien, Nordsee, Ostsee) und <strong>im</strong> Osten Nordamerikas seit über<br />

300 Mio Jahren.<br />

Die durch weiträumige Hebungsvorgänge gebildeten Aufwölbungen heißen<br />

Geoantiklinen, die aber überwiegend erodiert werden. Bei epirogener Absenkung<br />

entstehen Becken (Geosynklinen), in denen verstärkt Sed<strong>im</strong>entation stattfindet.<br />

Bei epirogenetischen Vertikalbewegungen unterscheidet man zwischen isostatischer<br />

Kompensation und dynamischen Bewegungen. Kombinationen davon treten bei der<br />

Gebirgsbildung (Orogenese) auf.<br />

8.2.2 Isostatische Kompensation<br />

Eine isostatische Kompensationsbewegung ist die viskoplastische Verformung der<br />

Lithosphäre nach einer Belastungsänderung durch Änderung der Massenverteilung.<br />

Abb. 8.3: Gebirgserosion und isostatischer Massenausgleich der Erdkruste<br />

Die nacheiszeitliche (= postglaziale) schildförmige Aufwölbung Skandinaviens verursacht<br />

ein Zurückweichen des Meeres, besonders in der nördlichen Ostsee. Der<br />

Hebungsbetrag lässt sich an alten marinen Strandlinien ablesen, die heute hoch über<br />

dem Meeresspiegel an Land beobachtet werden können. Ursache der Aufwölbung ist<br />

eine Entlastung der Erdkruste be<strong>im</strong> Abschmelzen des Eises.<br />

Ausdehnung der Hebungszone Skandinaviens: Bereich der Vereisung der letzen<br />

Eiszeit. Größte Hebung: Gebiet der ehemalig stärksten Eisdicke. Die Hebung erreichte<br />

in den letzten 10000 Jahren max<strong>im</strong>al 300 m (geologisch "sehr rasch").


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.6<br />

Beispielsweise erfolgt gleichzeitig mit der nacheiszeitlichen Hebung Skandinaviens eine<br />

schüsselförmige Absenkung <strong>im</strong> südlichen Teil der Nordsee (Beweis: Funde von 10000<br />

Jahren alten Torflagern am Meeresgrund auf der Doggerbank bei - 40 m). Die stärkste<br />

Absenkung geschieht gegenwärtig an der flandrischen Küste: In Holland reicht die<br />

Basis der 10 - 20 tausend Jahre alten Ablagerungen bis in 600 m Tiefe. Die seit langem<br />

anhaltende Senkung des Untergrundes löst kontinuierlich Flachwasserablagerungen<br />

aus.<br />

Abb. 8.4: Postglaziale Aufwölbung Fennoscandiens<br />

Linien gleicher Hebung (Isobasen)<br />

a) Gesamthebung in m in den letzten 10 000 Jahren<br />

b) Rezente Hebungsrate in mm/a<br />

8.2.3 Dynamische Vertikalbewegungen<br />

Neben oder unabhängig von isostatischen Ausgleichsbewegungen können dynamische<br />

Vertikalbewegungen durch Einwirkung von Differenzspannungen in der Lithosphäre<br />

auftreten (endogene Dynamik).<br />

Umgekehrt können endogene, tektonische Kräfte der Isostasie auch entgegenwirken:<br />

z.B. Po-Ebene. Obwohl hier eine isostatische Hebung zu erwarten wäre, liegt die Basis<br />

der tiefsten, ca. 5 Mio Jahre alten Sed<strong>im</strong>ente heute schon bis zu 6 000 m tief (Grund:<br />

Orogenese des Apennins). Bedeutende Absenkbewegungen erfolgen auch be<strong>im</strong> Rifting<br />

der kontinentalen Kruste.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.7<br />

8.3 Meeresspiegelschwankungen<br />

8.3.1 Eustatische Meeresspiegelschwankungen<br />

Eustatische Hebungen oder Senkungen des Meeresspiegels entstehen durch<br />

kl<strong>im</strong>atische Änderungen <strong>im</strong> Wasserhaushalt der Erde in geologischen Zeiträumen mit<br />

der Folge von Regressionen oder Transgressionen des Meeres.<br />

Der Meeresspiegel als Bezugspunkt für Niveauänderungen der Erdoberfläche ist<br />

geologisch nicht konstant. So betrugen z. Β. die max<strong>im</strong>alen eiszeitlichen und zwischeneiszeitlichen<br />

Meeresspiegelschwankungen bis zu 200 m. Zur Zeit des Max<strong>im</strong>ums der<br />

letzten Vergletscherung (vor ca. 20 000 Jahren) lag der Meeresspiegel über 100 m<br />

tiefer als heute.<br />

Bei vollständigem Abschmelzen der heutigen Eismassen würde der Meeresspiegel um<br />

mehr als 50 m weiter ansteigen. Meeresspiegelmessungen seit Ende des 19. Jahrhunderts<br />

zeigen allgemein einen Anstieg von 0,5 - 1 mm/Jahr. Regional kann der Anstieg<br />

des Meeresspiegels auch rascher sein, z.B. an der Nordseeküste um 3 mm/Jahr,<br />

oder durch Hebungen des Festlandes kompensiert werden, z.B. Teile von<br />

Skandinavien.<br />

8.3.2 Transgression und Regression, Schichtablagerung<br />

Die Schwankungen des Meeresspiegels relativ zur Erdoberfläche bringen eine<br />

Verschiebung der Küstenlinien:<br />

Regression langfristiges Zurückweichen des Meeres<br />

Transgression langfristiges Vordringen des Meeres<br />

Abb. 8.5: Lagerung und Aufbau der Sed<strong>im</strong>entgesteinsschichten bei<br />

(a) Transgression und (b) Regression des Meeres


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.8<br />

Die Überflutung be<strong>im</strong> Vordringen des Meeres kann zur Ablagerung von<br />

Transgressionskonglomerat über der alten Festlandoberfläche führen. Dieses wird dann<br />

nacheinander von Sed<strong>im</strong>enten überlagert, die sich in <strong>im</strong>mer größerer Entfernung von<br />

der Küste und oft auch in zunehmend tieferem Wasser bilden: Wandern der<br />

Fazieszonen.<br />

Bei der Regression werden die Fazieszonen in umgekehrter Richtung verschoben,<br />

wobei die Schichtenreihe oft abbricht (Schichtlücken), da terrestrische Sed<strong>im</strong>ente bei<br />

der Erosion seltener erhalten bleiben als marine.<br />

8.4 Stratigraphie und Morphologie<br />

Abb. 8.6: Geologisch bedingte Landschaftsformen (Morphologie) Süddeutschlands<br />

Schichtstufenlandschaft der Schwäbischen Alb: Kalk-, Sand- und<br />

Tonsteine


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.9<br />

Abb. 8.7: Geologische Übersicht von Südwestdeutschland (vereinfacht)<br />

a) Geologische Karte b) NW-SE-Vertikalschnitt<br />

a)<br />

b)


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.10<br />

8.5 Stratigraphie und Baugrundeigenschaften<br />

Tab. 8.2: Baugrundeigenschaften der Formationen Obere Trias bis Quartär


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.11<br />

Tab. 8.3: Baugrundeigenschaften der Formationen unterhalb des Keupers


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.12<br />

8.6 Übungsaufgaben<br />

Ü 8.1 Was versteht man unter (a) Epirogenese, (b) Orogenese?<br />

Ü 8.2 Welche (a) jüngeren und (b) älteren Orogene durchziehen Europa?<br />

Ü.8.3 Überwiegt an der Erdoberfläche in Mitteleuropa das Grundgebirge<br />

oder das Deckgebirge?<br />

Nennen Sie mindestens 2 Regionen, in denen das Grundgebirge<br />

an der Oberfläche aufgeschlossen ist.<br />

Ü 8.4 Mit welchen Methoden kann man das Alter von geologischen Formationen<br />

und deren Gesteinen (a) relativ und (b) absolut ermitteln?<br />

Ü 8.5 Wie erklären sich Sed<strong>im</strong>entmächtigkeiten von mehreren tausend Metern,<br />

wenn diese in einem Flachmeer abgelagert worden sind?<br />

(Hinweis: Beckenbildung)<br />

Ü 8.6 (a) Erklären Sie den mehrfachen Wechsel festländischer (=terrestrischer)<br />

und meerischer (=mariner) Sed<strong>im</strong>entgesteine <strong>im</strong> Aufbau einer Schicht-<br />

stufenlandschaft.<br />

(b) Erläutern Sie das Wandern der Fazieszonen.<br />

Ü 8.7 (a) Wie sind ungestörte geologische Schichten generell abgelagert?<br />

(b) Was ist eine geologische Störung?


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.13<br />

Ergänzende Stichworte zu Kap. 8<br />

Antiklinale (Sattel): Falte mit nach unten divergierenden Schenkeln (vgl. Synklinale)<br />

Buntsandstein: untere Epoche der Trias<br />

Eozän: Stufe des Alttertiärs<br />

Epirogenese: Säkulare tektonische weitgespannte Hebungen und Senkungen der<br />

Erdkruste; Dabei bilden sich Schwellen (Geoantiklinale) und Senken (Geosynklinale).<br />

Durch epirogenetische Hebung weicht in den betroffenen Bereichen das Meer zurück<br />

(Regression, z.B. Skandinavien), Absenkungen können Meereseinbrüche zur Folge<br />

haben (Transgression, z.B. Jütland). Als Ursache der Epirogenese werden u. a.<br />

isostatische Ausgleichsbewegungen angenommen.<br />

Erdzeitalter: die in Formationen unterteilten großen Zeiträume der Entwicklungsgeschichte<br />

der Erde (Tab. 8.1)<br />

Fauna: die Tierwelt eines Gebiets<br />

Fazies: Charakteristische pr<strong>im</strong>äre Eigenschaften eines Sed<strong>im</strong>entgesteins oder einer<br />

Schichtgruppe nach petrographischen (Lithofazies) und paläontologischen Befunden<br />

(Biofazies); aus der Gesteins-Fazies kann man auf die bei der Ablagerung der<br />

betreffenden Sed<strong>im</strong>ente herrschenden physikalischen und geologischen Bedingun-<br />

gen schließen.<br />

Flora: die Pflanzenwelt eines Gebiets<br />

Fossilien: Versteinerungen von Pflanzen und Organismen<br />

Flysch: schiefrige und sandige, fossilarme Schichten des alpinen älteren Tertiärs und<br />

der oberen Kreide<br />

Geomorphologie: Wissenschaft von den Formen der Erdoberfläche nach Art,<br />

Verbreitung und Entstehung<br />

Günz, Mindel, Riss, Würm: die Eiszeiten des Quartärsystems<br />

Hangendes: Eine Gesteinsformation, die unmittelbar über der jeweils betrachteten<br />

Gesteinsmasse, Lagerstätte oder Störung liegt. Gegenteil: Liegendes<br />

Jura: mittlere Abteilung des Mesozoikums<br />

Känozoikum (Erdneuzeit): Tertiär (mit alpidischer Gebirgsbildung), Quartär<br />

Kreide: jüngste Abteilung des Mesozoikums<br />

Leitfossil: Fossil, das für eine best<strong>im</strong>mte stratigraphische Einheit charakteristisch und<br />

daher oft namensgebend ist<br />

Lias: untere Serie des Jura


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.14<br />

Liegendes: Eine Gesteinsformation, die unmittelbar unter der jeweils betrachteten<br />

Gesteinsmasse, Lagerstätte oder Störung liegt. Gegenteil: Hangendes<br />

Malm: obere Serie des Jura<br />

Mesozoikum (Erdmittelalter): Trias, Jura, Kreide<br />

Molasse: tertiäre Konglomerate, Sandsteine und Mergelbildungen des alpinen Mittel-<br />

und Vorlandes<br />

Oligozän: mittlere Serie des Tertiärs<br />

Paläozoikum (Erdaltertum): Kambrium, Silur (mit kaledonischer Gebirgsbildung),<br />

Devon, Karbon (mit variskischer Gebirgsbildung), Perm<br />

Pangäa: Bezeichnung für einen bis in das Jung-Paläozoikum zusammenhängenden<br />

Urkontinent, der ab dem Mesozoikum auseinanderdriftet, wobei sich u. a. der<br />

Atlantische Ozean neu gebildet und Südamerika von Afrika abgetrennt hat.<br />

Präkambrium (Frühzeit): Archaikum, Proterozoikum (Algonkium)<br />

Profil: Aufrisszeichung der senkrechten Schnittfläche durch das Relief eines Teils der<br />

Erdoberfläche<br />

Relief: die durch geographische Höhenunterschiede best<strong>im</strong>mten Formen eines Gebiets<br />

der Erdoberfläche<br />

Stratigraphie: Lehre von der Abfolge der geologischen Schichten, deren Gesteinsaufbau,<br />

Entstehung und Alter<br />

stratigraphische Alterbest<strong>im</strong>mung: relative A. mit Hilfe von Leitfossilien, absolute A.<br />

radiometrisch, dendrochronologisch oder pollenanalytisch<br />

Synklinale (Mulde): Falte mit nach oben divergierenden Schenkeln (vgl. Antiklinale)<br />

Tertiär: System (Formation) der geologischen Neuzeit<br />

Trias: älteste Formation des Mesozoikums (Buntsandstein, Muschelkalk, Keuper)<br />

Zeugenberg: Bei der Erosion eines Tafel- oder Schichtstufenlandes entstandene,<br />

isoliert stehengebliebene Berge, die den ursprünglichen Schichtenaufbau noch zeigen.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 9.1<br />

9. TEKTONISCHE GRUNDLAGEN<br />

Tektonik ist die Lehre vom Bau der Erdkruste und den endogenen Bewegungen und<br />

Kräften, die diesen bewirken. Sie ermittelt aus den Strukturen, Störungen und<br />

Deformationen die erzeugenden Bewegungen nach Bahn, Richtung, Zeit, Dauer und<br />

Ursache.<br />

Orogenese (= Tektogenese) ist die Bezeichnung für die Gebirgsbildung durch Hebung,<br />

Faltung und Deckenbildung eines Geosynklinalbereiches, verbunden mit Metamorphose<br />

oder Erosion der Gesteine:<br />

(a) alpinotype Orogenese mit intensiver plastischer Faltenbildung (-> Kap. 9.1)<br />

(b) germanotype Orogenese in steiferen kratonischen Krustenbereichen mit spröden<br />

Bruchschollenbildungen (-> Kap. 9.2)<br />

9.1 Faltung, Deckenüberschiebung<br />

Faltung ist eine in geschichteten Gesteinen häufige Form der Deformation, die<br />

besonders typisch für Gebirgszonen ist. Der Begriff Falte besagt, dass eine ursprünglich<br />

ebene Struktur, wie beispielsweise eine Sed<strong>im</strong>entschicht, verbogen worden ist. Eine<br />

Aufwölbung geschichteter Gesteine wird als Sattel oder Antikline bezeichnet; eine<br />

Einwölbung heißt Mulde oder Synkline.<br />

Abb. 9.1: Sättel oder Antiklinen und Mulden oder Synklinen (Press & Siever, 2003)<br />

Neben vertikalen Faltenachsen, von denen die Flanken symmetrisch von der Achse<br />

weg einfallen (aufrechte Falten), gibt es auch asymmetrische Formen, bei denen eine<br />

Flanke steiler abfällt als die anderen (vergente Falten). Wenn die Deformation intensiv<br />

ist und eine Flanke über die Vertikale hinaus verkippt wurde, spricht man von einer<br />

überkippten Falte; beide Flanken fallen dann in dieselbe Richtung ein.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 9.2<br />

Abb. 9.2: Aufrechte, vergente und überkippte Falten (Press & Siever, 1995)<br />

Eine Deckenüberschiebung entsteht bei tektonischer Einengung auf horizontaler oder<br />

flach geneigter Gleitbahn geschobener Gesteinsmasse, die von ihrem Ursprungsgebiet<br />

über weite Strecken bewegt worden sein kann ("Allochton"). Fazies, Alter und Baustil<br />

von Decken und Unterlage sind weitgehend verschieden; die ursprünglichen<br />

Ablagerungsräume waren getrennt (z.B. helvetische und penninische Decken in den<br />

Westalpen, H<strong>im</strong>alaya).<br />

b) beginnende Überschiebung<br />

und weitere Heraushebung bei<br />

anhaltender Abtragung<br />

d) Ende der Bewegung und starke<br />

Erosion der Decke; Isolierte<br />

Deckenreste <strong>im</strong> Vorland des<br />

eigentlichen Deckenkörpers<br />

werden als "Klippen" bezeichnet.<br />

a) Faltenbildung und beginnende<br />

Zerstörung des Faltenscheitels<br />

c) Deckenüberschiebung und<br />

fortschreitende Abtragung und<br />

Erosion; Bildung von Schichtstufen<br />

an der Deckenstirn<br />

Abb. 9.3: Schema der Faltung und Deckenüberschiebung eines Gebirges


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 9.3<br />

9.2 Geologische Verwerfungen<br />

Eine Aufschiebung ist eine geologische Verwerfung, an der eine Gesteinsscholle relativ<br />

zu einer benachbarten aufgeschoben wird.<br />

Eine Abschiebung ist eine geologische Verwerfung, an der eine Gesteinsscholle relativ<br />

zu einer benachbarten abgeschoben wird. Der Betrag der vertikalen Absenkung heißt<br />

Sprunghöhe.<br />

Eine Blattverschiebung (=Transversalverschiebung) ist eine geneigte oder vertikale<br />

Verwerfung, an der eine Gesteinsscholle zu einer benachbarten relativ seitwärts<br />

verschoben wird.<br />

Abb. 9.4 Aufschiebung, Abschiebung, Blattverschiebung (Press & Siever, 1995)<br />

Abb. 9.5 Bruchstufenlandschaft durch mehrfach gestaffelte Abschiebungen


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 9.4<br />

Abb. 9.6: Der Oberrheingraben mit Vogesen und Schwarzwald als intra-<br />

kontinentale tektonische Zerrungszone<br />

Stratigraphie des Oberrheingrabens<br />

variskisches Grundgebirge: Gesteine, die bei der variskischen Gebirgsbildung in der<br />

Karbonzeit tief in der Erdkruste hohen Temperaturen und Drücken ausgesetzt waren.<br />

Rotliegendes: Zur Rotliegend-Zeit abgelagerte Ton- und Sandsteine, Konglomerate<br />

und vulkanische Gesteine.<br />

Buntsandstein: Zur Buntsandstein-Zeit abgelagerte rote Ton- und Sandsteine.<br />

Muschelkalk: Zur Muschelkalk-Zeit abgelagerte Kalksteine.<br />

Keuper: Zur Keuper-Zeit abgelagerte Sandsteine.<br />

Jura: Zur Jura-Zeit abgelagerte Ton- und Kalksteine.<br />

Eozän und Oligozän: Zur Eozän- und Oligozän-Zeit abgelagerte Tone, Mergel und<br />

Salzgesteine.<br />

Miozän, Pliozän, Pleistozän: Zur Miozän-, Pliozän- und Pleistozän-Zeit abgelagerte<br />

Tone, Mergel, Sande und Kiese.<br />

Holozän: In der Holozän-Zeit (Jetzt-Zeit, vor 10.000 Jahren bis heute) abgelagerter<br />

Ton, Lehm, Sand und Kies.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 9.5<br />

9.3 Halokinese, Diapirismus<br />

Abb. 9.7: Gefügeschema von Diapirs (Pluton) mit Längs-, Quer- und Diagonalklüften<br />

Abb. 9.8: Halokinese: tektonische Stadien be<strong>im</strong> Aufstieg von Salzstöcken


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 9.6<br />

9.4 Felsklüfte und -gefüge<br />

Abb. 9.9: Kluftflächen in Fels (K 1 , K 2 , ... K n )<br />

Abb. 9.10: Schichtflächen (S s ), Kluftflächen (K1,K2) und Störungsflächen (S t ) <strong>im</strong><br />

Fels<br />

*


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 9.7<br />

9.5 Übungsaufgaben<br />

Ü 9.1 Nennen Sie die elementaren Formen der tektonischen Deformationen<br />

und Bruchbildungen in der Erdkruste (Zeichnungen!) und geben Sie<br />

eine mechanische Deutung der ihnen zugrunde liegenden Einwirkungen.<br />

Ü 9.2 Was versteht man in der Geomechanik unter (a) Brechen, (b) Fließen?<br />

Ü 9.3 Wie zeigen sich rezente tektonische Spannungen <strong>im</strong> Baugrund?<br />

Ü 9.4 Was versteht man in der Geotechnik unter dem Begriff "druckhaft"?<br />

Ü 9.5 In welcher Tiefenlage liegt die Obergrenze des Hauptbuntsandsteins in<br />

Karlsruhe (a) am Turmberg, (b) an der Universität?<br />

(c) Erklären Sie den Unterschied.<br />

Ü 9.6 Wie unterscheidet sich eine Bruchstufenlandschaft von einer<br />

Schichtstufenlandschaft?<br />

Ü 9.7 (a) Was versteht man unter dem Gefüge von Fels?<br />

(b) Wie beeinflußt das Gefüge die bautechnischen Eigenschaften von<br />

Fels?<br />

Ü 9.8 Erläutern Sie für eine Kluftschar KK<br />

(a) den Durchtrennungsgrad<br />

(b) den Kluftabstand<br />

(c) die Raumstellung<br />

Ü 9.9 Warum verursacht das Durchfahren einer geologischen Störungszone<br />

be<strong>im</strong> Tunnelbau oftmals eine Unterbrechung des Tunnelvortriebes?<br />

Ü 9.10 Steinsalzlagerstätten sind in einigen Ländern zur Endlagerung toxischer<br />

Abfälle vorgeschlagen worden. Was wäre aus baugeologischer Sicht<br />

vorzuziehen: ein Salzstock oder eine horizontale Lagerung des<br />

Salinars? Warum?<br />

Ergänzende Stichworte zu Kap. 9<br />

Blattverschiebung (Seitenverschiebung): steile Bruch- und Bewegungsflächen mit<br />

überwiegendem Horizontalversatz; Der Bewegungssinn wird, von oben betrachtet,<br />

entweder als sinistral (= relativ nach links verschiebend) oder dextral (= relativ nach<br />

rechts verschiebend) angegeben.<br />

Dislokation: tektonische, relative Versetzung<br />

Durchtrennungsgrad: Flächenanteil der Klüfte in einer Kluft-Ebene<br />

Faltung: durch überwiegend horizontal wirkende tektonische Kräfte erzeugte Auf- und<br />

Abbiegung von Schichten der Erdkruste. Die Aufwölbung einer Falte heißt Antiklinale<br />

(Sattel); zwei Sättel schließen eine Mulde (= Synklinale) ein. Nach ihrer Lage<br />

unterscheidet man stehende, schiefe, überkippte und liegende Falten.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 9.8<br />

Flächengefüge: Summe der Raumdaten flächenhafter Strukturelemente (z.B. Klüfte)<br />

innerhalb eines betrachteten Größenbereichs: Streichen und Fallen, Kluftscharen,<br />

Abstände, Erstreckung usw.<br />

Grabenbruch: ein relativ zu seiner Umgebung an mehr oder weniger parallel<br />

streichenden Verwerfungen abgeschobener Streifen der Erdkruste (z.B.<br />

Oberrheingraben)<br />

Horst: ein relativ zu seiner Umgebung an mehr oder weniger parallel streichenden<br />

Verwerfungen aufgeschobener Streifen der Erdkruste (z.B. Thüringer Wald)<br />

Harnisch: Bewegungsschrammen auf gegeneinander verschobenen Gesteinstrennflächen<br />

Kluft: Trennfläche <strong>im</strong> Gestein; in der Geomechanik und in der Baugeologie werden<br />

dazu auch Schicht- und Schieferungsfugen gezählt. Man unterscheidet zwischen<br />

Scherklüften (Diagonalklüfte) und Zerrklüften (Trennklüfte). Sie können ganz oder<br />

teilweise mit Mineralbildungen gefüllt sein.<br />

Klüftigkeitsziffer: Maß für die Kluftdichte: Zahl der Klüfte pro laufender Meter eines<br />

Gebirgsaufschlusses; der Reziprokwert heißt mittlerer Kluftabstand.<br />

Kluftkörper: idealisierter parallelflächiger Körper, der von Kluftflächenpaaren in<br />

mittlerer Raumstellung und in mittlerem Kluftabstand begrenzt ist<br />

Kluftkörperverband: Summe aller Klüfte von gleicher oder annähernd gleicher<br />

Raumstellung; in geologischen Körpern sind häufig drei Kluftscharen ausgebildet.<br />

Lineament: großräumige, relativ geradlinige Erstreckung einer Blattverschiebung<br />

Mylonit: durch tektonische Bewegungen zerriebenes Gestein einer Störungszone; bei<br />

grobem Korn nennt man ihn auch "Reibungsbrekzie"<br />

Salzstock (Diapir): steilwandiger Salzköper, entstanden durch Auftrieb des Salzes aus<br />

der Tiefe mit Hebung und Scherung des überlagernden Gebirges; die Flanken bilden<br />

günstige Bedingungen für Erdöl- und Erdgaslagerstätten<br />

Scherbruch (Gleitungsbruch): Bruch entlang von Schubspannungsebenen mit relativ<br />

glatter Bruchoberfläche und Scherspuren ("Harnische")<br />

Scholle: durch Verwerfungen begrenztes, sprödes Bruchstück der Erdkruste<br />

Störung (Verwerfung): großräumige, relativ ebene Bruchfläche <strong>im</strong> Gebirge, die eine<br />

horizontale (="söhlige"), vertikale (="saigere"), flache (


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 10.1<br />

10. DARSTELLUNG VON SCHICHTFLÄCHEN UND KLÜFTEN<br />

10.1 Streichen und Fallen von Schichtflächen und Klüften<br />

Abb. 10.1: a) Streichen und Fallen einer Kluft b) Geologenkompaß<br />

a)<br />

b)<br />

Abb. 10.2: Einmessen und Darstellen von (a) Flächen und (b) Linearen


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 10.2<br />

10.2 Lagenkugel-Analyse<br />

Abb. 10.3: a) Lagenkugel in Querlage<br />

b) Lagenkugel in Pollage<br />

a) Axonometrische Darstellung einer Lagen-<br />

kugel und ihrer Verschneidung mit einer Kluftfläche<br />

α = Fallrichtungswinkel<br />

β = Einfallwinkel<br />

h = horizontale Hauptlinie oder Streichlinie<br />

f = Fallinie<br />

L = Normalendurchstoßpunkt<br />

b) Parallelprojektion von Äquatorebene und<br />

Großkreis der Kluft in axonometrischer<br />

Darstellung.<br />

c) Parallelprojektion von Äquatorebene und<br />

Großkreis <strong>im</strong> Grundriss.<br />

Abb. 10.4: Lagenkugel-Analyse einer geologischen Kluftfläche


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 10.3<br />

Abb. 10.5: Lagenkugel-Analyse der Verschneidung zweier Kluftflächen<br />

(a) axonometrische Darstellung der beiden Kluftflächen K1 und K2 (b) Normalendurchstoßpunkt L1 und L2 (Flächenpole der beiden<br />

Kluftflächen<br />

(c) Messung des Raumwinkels auf einem Großkreis der Lagenkugel in<br />

Querlage<br />

Abb. 10.6: Kluftkörper in einer Felsböschung<br />

a) Gleitkeil in der Verschneidung zweier nichtparalleler Kluftflächen<br />

b) Gleitblöcke auf böschungsparalleler Kluftschar


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 10.4<br />

10.3 Übungsaufgaben zum Lagenkugeldiagramm mit Lösungen<br />

Gegebene Situation:<br />

Be<strong>im</strong> Bau einer Landstraße, die genau in Ost-West-Richtung verläuft, ist es <strong>im</strong><br />

Zuge der Linienführung erforderlich, auf der nördlichen Straßenseite einen Felshang<br />

auf eine Höhe von 30 m anzuschneiden, der <strong>im</strong> Verhältnis 2 : 1 abgeböscht<br />

werden soll. Bei der Gefügeaufnahme der geologischen Voruntersuchung sind <strong>im</strong><br />

Bereich der geplanten Böschung zahlreiche, fast völlig durchtrennte Felsklüfte mit<br />

den folgenden Raumstellungen eingemessen worden:<br />

270/55 235/60 160/55 240/60 275/50 280/55 235/55 240/70<br />

290/45 290/50 245/60 285/60 260/40 280/60 255/35 275/60<br />

150/60 270/60 235/60 140/50 155/60 290/55 240/50 070/50<br />

155/65 285/55 150/65 245/60 275/55 150/55 240/60 145/65<br />

290/60 270/55 145/55 285/65 010/70 160/60 280/50 245/65<br />

165/60 140/65 240/65 280/45 155/60 280/55 235/65 245/55<br />

150/60 120/30 140/60 250/55 240/55 145/60 200/40 155/70<br />

Aufgaben und Fragen:<br />

1. Tragen Sie die Normalenpole der gemessenen Klüfte und der geplanten<br />

Böschung in das Lagenkugeldiagramm (Pollage) ein.<br />

2. Ermitteln Sie, wie viele Kluftscharen das Gebirge zerlegen und geben Sie die<br />

Daten der mittleren Raumstellungen dieser Kluftscharen an.<br />

3. Best<strong>im</strong>men Sie die Winkel zwischen diesen Kluftscharen.<br />

4. Geben Sie die Verschneidungslinien dieser Kluftscharen an.<br />

5. Welche dieser Kluftscharen haben die steilste Verschneidungslinie?<br />

6. Entlang welcher Verschneidungslinien sind Rutschungen möglich? Welche<br />

davon ist am stärksten gefährdet? (Annahme: gleiches Materialverhalten auf<br />

allen Klüften)<br />

7. Welche Baumaßnahmen könnte man ggf. zur Erhöhung der Standfestigkeit der<br />

Felsböschung treffen?<br />

Arbeitsunterlagen:<br />

1 Lagenkugel-Diagramm in Pollage, 1 Lagenkugel-Diagramm in Querlage<br />

Lösung der Übungsaufgaben<br />

1. s.u. Lagenkugeldiagramm (Abb. 10.8)<br />

2. drei Hauptkluftscharen: KK1 = 240/60, KK2 = 150/60 und KK3 = 280/55<br />

3. Winkel zwischen den Kluftscharen: ε1|2 = 76°, ε1|3 = 34° und ε2|3 = 80°<br />

4. Verschneidungs-Vektoren: V1|2 = 195/51, V1|3 = 275/55 und V2|3 = 218/33<br />

5. steilster Verschneidungs-Vektor: V1|3 = 275/55<br />

6. Rutschungen sind entlang von V1|2 und V2|3 kinematisch möglich, am<br />

wahrscheinlichsten in Richtung des größeren Gefälles V1|2 = 195/51<br />

7. Mögliche bautechnische Sicherungsmaßnahmen wären eine Verankerung der<br />

Felsböschung zur Erhöhung der Reibungskräfte auf den Klüften oder eine<br />

Stützmauer vor der Böschung als Widerlager für die Schubkräfte aus den<br />

Gleitmassen.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 10.5<br />

Abb. 10.7 Lagenkugel in Querlage, flächentreue Projektion (Originalmaßstab)


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 10.6<br />

Abb. 10.8 Lösung der Übungsaufgabe auf der Lagenkugel in Pollage


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 10.7<br />

10.4 Übungsaufgaben<br />

Ü 10.1 Was versteht man unter dem Streichen und Fallen einer Schicht?<br />

Ü 10.2 Definieren Sie den Unterschied zwischen einer Fläche und einer Linearen<br />

<strong>im</strong> Lagenkugeldiagramm in Pollage.<br />

Ü 10.3 Wo liegt in diesem Diagramm der Pol<br />

(a) einer horizontalen Ebene?<br />

(b) einer vertikalen Südwand?<br />

Ü 10.4 Kennzeichnen Sie die folgenden Kluftflächen durch ihre Pole und<br />

Großkreise <strong>im</strong> Lagenkugeldiagramm in Pollage:<br />

KK 1 = 160/40, K 2 = 030/60, K 3 = 280/50<br />

Ü 10.5 Best<strong>im</strong>men Sie die Schnittlinien der Kluftflächen nach Fallrichtung und<br />

-winkel.<br />

Ü 10.6 Unter welchen Winkeln schneiden sich die Kluftflächen gegenseitig?<br />

Ü 10.7 Be<strong>im</strong> Bau einer Landstraße, die genau von Osten nach Westen verlaufe,<br />

sei es erforderlich, an der rechten Seite einen Felshang <strong>im</strong> Verhältnis 1:1<br />

abzuböschen, für den die o.a. Kluftdaten aufgenommen worden sind.<br />

(a) Entlang welcher Verschneidungslinie wäre eine Felsgleitung<br />

kinematisch möglich?<br />

(b) Welche zusätzlichen Informationen benötigte man für eine Analyse<br />

der Standsicherheit dieser Böschung?


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 10.8<br />

Ergänzende Stichworte zu Kap. 10<br />

Fallrichtung: Winkel α zwischen der Nordrichtung und der Richtung der Fallinie einer<br />

Ebene (Kluftfläche); Die Fallrichtung wird <strong>im</strong> Uhrzeigersinn von Nord (N=000°) über Ost<br />

(E=090°), Süd (S=180°), West (W=270°) nach Nord (N=360°) gezählt.<br />

Fallwinkel: Winkel β zwischen der Horizontalen und der Fallinie; Er wird positiv von 00°<br />

nach 90° abwärts gezählt.<br />

Flächengefüge: Summe der Raumdaten flächenhafter Strukturelemente (z.B. Klüfte,<br />

Schieferungsflächen, Schichtflächen) innerhalb eines betrachteten Größenbereichs:<br />

Streichen und Fallen, Kluftscharen, Abstände, Erstreckung usw.<br />

Größenbereich: in der Gefügekunde: die Größenordnung eines räumlichen Bereiches,<br />

in dem die mechanischen Zusammenhänge statistischen Gesetzmäßigkeiten unterliegen,<br />

z.B. cm-Bereich, Handstück- oder Kluftkörperbereich, Baugrubenaufschlußbereich,<br />

Bereich eines geologischen Profils durch ein Gebirge<br />

Lagenkugel: Hilfsmittel zur Darstellung der Orientierung von Gefügeelementen. In der<br />

Geomechanik wird die flächentreue Projektion der Lagenkugel zur Darstellung von<br />

Gefügeelementen und zur Ermittlung von Winkelbeziehungen zwischen diesen<br />

verwendet. Man unterscheidet zwischen der Lagenkugel in Querlage (Hilfsnetz) und der<br />

Lagenkugel in Pollage (Zeichenebene).<br />

Raumstellung: Orientierung einer Ebene <strong>im</strong> Raum, best<strong>im</strong>mt durch Fallrichtung und<br />

Fallwinkel oder durch Streichen und Fallen<br />

Streichen: in der Geomechanik der Winkel zwischen der Nordrichtung und der<br />

Richtung der Hauptlinie (Horizontale) geologischer Flächen


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.1<br />

11. BAUGEOLOGISCHE ERKUNDUNG; GEOMORPHOLOGIE;<br />

HANGBEWEGUNGEN UND ERDFÄLLE; KARTEN UND PROFILE<br />

11.1 Baugeologische Erkundung<br />

11.1.1 Objekte<br />

Ansprache<br />

- Arten des Baugrundes<br />

- Lockergestein, Böden<br />

- Festgestein, Fels<br />

Tragfähigkeit<br />

- Nutzung der Tragfähigkeit<br />

- Tragfähigkeit charakteristischer Bodenarten<br />

- Maßnahmen zur Erhöhung der Tragfähigkeit<br />

Setzungen und Hebungen<br />

- waagerechte und lotrechte Setzungen<br />

- Setzungsverhalten charakteristischer Bodenarten<br />

- technische Maßnahmen<br />

Hangbewegungen<br />

- Standsicherheit natürlicher und künstlicher Böschungen<br />

- Auswirkungen technischer Eingriffe<br />

- Arten der Hangbewegungen<br />

- Ursachen von Hangbewegungen<br />

- Erkennen von rutschgefährdetem Gelände<br />

- bautechnische Sicherungsmaßnahmen<br />

11.1.2 Erkundungsziele<br />

Erkundung der für die vorgesehene Baumaßnahme erforderlichen Kennwerte des Baugrundes,<br />

z.B. Reaktion der Bauwerke auf Bodensetzungen, Standsicherheitsprobleme.<br />

Welche Daten sind <strong>im</strong> konkreten Fall relevant und wie viel Aufwand an Zeit und Kosten<br />

muss zu ihrer Gewinnung betrieben werden? (z.B. <strong>Geologie</strong>, Gefüge, Grundwasser)<br />

11.1.3 Aufschlussmethoden<br />

Direkte Aufschlussmethoden<br />

- natürliche Aufschlüsse (ohne großen technischen Aufwand frei zugänglich)<br />

- Felsfreilegungen (großflächige Abhebung von Bodenschichten)<br />

- Schürfgruben (Ausräumen von Gräben mit Großgeräten, z.B. Bagger)<br />

- Sondierstollen und -schächte (kurze bis lange Erkundungsstollen)<br />

- Bohrungen (z.B. Kernbohrungen)<br />

- Grundwasserpegelmessungen<br />

Indirekte Aufschlussmethoden<br />

- mechanische Methoden (Schlagsondierung)<br />

- optische Methoden (Bohrloch-Fernsehsonde, Scanner)<br />

- geophysikalische Methoden (Seismik, Geoelektrik)


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.2<br />

Fernerkundung („Remote Sensing“)<br />

- Luftbildauswertung<br />

- Satellitenfotografie<br />

Die Geofernerkundung mit Hilfe von Satelliten und Flugzeugen ist ein fester Bestandteil<br />

der angewandten geologischen Erkundung. Sie ermöglicht eine schnelle, flächenhafte und<br />

kostengünstige Erfassung beliebiger, oft auch unzugänglicher Geländeabschnitte, und<br />

geht häufig den aufwendigen, zeit- und kostenintensiven konventionellen Untersuchungsmethoden<br />

voraus.<br />

Aufgrund der geringen Auflösung kommen Satellitendaten (z.B. LANDSAT, SPOT) nur zur<br />

Klärung regionaler Zusammenhänge in Maßstäben von 1:500 000 bis 1:100 000 zur Anwendung.<br />

Beispiele hierfür sind z.B. das Monitoring von landschaftsverändernden Vorgängen<br />

wie Desertifikation und Veränderungen von Küsten, sowie die Überwachung bei<br />

Umweltkatastrophen wie Tankerunfälle oder Flächenbrände.<br />

Für geotechnisch und umweltorientierte Fragestellungen <strong>im</strong> ingenieurgeologischen Einsatz<br />

sind dagegen hochauflösende Daten notwendig, die durch flugzeuggestützte Luftbildaufnahmen<br />

<strong>im</strong> Maßstab bis 1:5000 zur Verfügung stehen. Man verwendet <strong>im</strong> Wesentlichen<br />

photographische Schwarzweiß-Luftbilder, bei deren Aufnahme die optische Achse senkrecht<br />

zur Erdoberfläche orientiert ist. Diese Senkrechtaufnahmen werden in Flugrichtung<br />

mit einer Überlappung von 60% und zwischen benachbarten Bildflugtrassen mit einer solchen<br />

von 30% aufgenommen (vgl. Abb.11.1). Die stereoskopische Betrachtung benachbarter<br />

Bilder („Stereopaare“) vermittelt dem Betrachter einen räumlichen Geländeeindruck<br />

und ermöglicht eine quantitative Auswertung der Bilder. Die Auswertung erfolgt mit dem<br />

Linsen- oder Spiegelstereoskop.<br />

Abb.11.1: Schema eines Bildfluges (aus Kronberg, 1984)<br />

Für die ingenieurgeologische Erkundung bietet die quantitative Luftbildauswertung folgende<br />

Möglichkeiten (u.a.):<br />

- Erfassen von Geländerelief und Landschaftsformen<br />

- Untersuchung des Gewässernetzes und der Vegetation<br />

- Abgrenzung unterschiedlicher Gesteinseinheiten und deren Lagerungsverhältnisse<br />

(Raumstellung von Schichtflächen, Schichtmächtigkeiten etc.)<br />

- Erfassen tektonischer Elemente wie Lineationen, Kluftsysteme, Falten und<br />

Domstrukturen<br />

- Planungsgrundlage für die Trassierung von Verkehrswegen<br />

- Erfassung von Senkungsvorgängen in Subrosions- und Bergbaugebieten<br />

- Abgrenzung von Deponiestandorten und Information über die Art und Weise der<br />

Abfalldeponierung (durch multitemporale Luftbildbefliegungen)<br />

Die verschiedenen Methoden der Baugrunderkundung werden <strong>im</strong> Einzelnen oder in Kombination<br />

eingesetzt. Dabei erfolgt der Ablauf der Untersuchungen in einzelnen Phasen, bei<br />

denen die Erkundung nach Bedarf sukzessive verdichtet wird.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.3<br />

11.2 Bautechnische Bedeutung der Geomorphologie<br />

11.2.1 Baugrundeigenschaften von Gebieten mit wenig gestörter Lagerung<br />

Gelände<br />

- i.Allg. weiträumig<br />

- relativ einheitliche Gesteinsverhältnisse<br />

- fast ausschließlich Sed<strong>im</strong>entgesteine<br />

(Tone, Tongesteine, Sande, Mergel, Sandsteine, Kalksteine, ... )<br />

Fundierungen<br />

- meist nicht sehr schwierig<br />

- jedoch Beachtung der Schichtfolge unterhalb der Fundamente !<br />

Verkehrswege<br />

- keine besonderen Schwierigkeiten<br />

- Böschungsprobleme be<strong>im</strong> Anschneiden von tonigen Schichten !<br />

Tunnelbauten<br />

- meist gleichförmige geologische Verhältnisse<br />

- in Württemberg und in der Schweiz Gipskeuperprobleme !<br />

- bei ausgeprägter Klüftung Gefahr von Mehrausbrüchen !<br />

Talsperren<br />

- oft Dichtungsprobleme durch weitläufige Umströmungen<br />

- geringer Reibungswiderstand auf horizontalen Fugen<br />

- bei tonigen Gesteinen Belastbarkeitsprobleme<br />

Hangstabilität<br />

- fast nur von Gesteinsart abhängig<br />

- wenig standsichere Schichten:<br />

Knollenmergel, Opalinuston, tertiäre Tone und Schluffe<br />

Bergwasser<br />

- meist an best<strong>im</strong>mte Horizonte gebunden (besonders Kalke)<br />

- tonige Gesteine wirken weiträumig grundwasserstauend<br />

(z.B. U-Bahn Frankfurt)<br />

11.2.2 Baugeologische Eigenschaften von Gebieten mit stark gestörter Lagerung in<br />

Faltengebirgen<br />

Gelände<br />

- häufige Wechsel in Gestein und Orientierung der Kluftflächen<br />

- in Faltenkernen vorwiegend Granite (Skandinavien, Schwarzwald)<br />

- oft metamorphe Schiefer<br />

- i.Allg. lebhafte Morphologie (z.B. Alpen)<br />

- starke Erosion<br />

- große Höhenunterschiede auf kurzen Strecken<br />

Verkehrswege<br />

- besondere Schwierigkeiten durch lebhafte Morphologie<br />

- z.B. Brenner-Autobahn: 11 km Brücken auf 36 km Straße<br />

Tunnelbauten<br />

- häufig wechselnde geologische Verhältnisse<br />

- Einflüsse großer Überlagerungshöhen<br />

- Probleme der Tunnel-Vorhersage


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.4<br />

- Bedeutung von Streichen und Fallen bei Durchfahrung von geneigten Schichten<br />

- Gefahr von Wassereinbrüchen und Verbrüchen<br />

Hangstabilität<br />

- Zusammenwirken von wechselnden Gesteinseigenschaften und Richtung der<br />

Klüfte, Schichtung und Schieferung<br />

- durch junge, rasche Erosion häufig instabile Hänge, Rutschungen, Talzuschübe,<br />

Bergstürze<br />

Bergwasser<br />

- oft unregelmäßige Verhältnisse<br />

- tiefes Eindringen des Wassers an Klüften in das Gebirge<br />

- schwierige Vorhersage<br />

11.3 Hangbewegungen<br />

11.3.1 Mechanische Ursachen<br />

- geringe Scherfestigkeit bei Böden<br />

- geringe Massenfestigkeit oder/und Kluftreibung bei Fels<br />

- Spannungsumlagerungen<br />

- Erschütterungen<br />

- Strömungsdruck<br />

- hydrostatischer Druck<br />

11.3.2 Geologische Bedingungen<br />

- Tone und Schluffe<br />

- ton- und schluffhaltige Gesteine<br />

- gleitfähige Kluftfüllungen<br />

- ungünstig orientierte Klüftung, Schichtung, Schieferung<br />

- intensive Zerklüftung<br />

- Verwitterung<br />

11.3.3 Umweltbedingte Ursachen<br />

- Niederschläge, Wassersättigung<br />

- Veränderung des Wassergehalts<br />

- Erosion (z.B. Unterschneidung, Übersteilung durch Wasserläufe)<br />

- Spaltenfrost<br />

- Vernichtung der Vegetation<br />

11.3.4 Arten der Hangbewegungen<br />

Definition:<br />

Eine Rutschung ist eine Gebirgsbewegung als Folge der Schwerkraft aus höheren<br />

Lagen in tiefere Lagen mit seitlicher Massenverlagerung<br />

Ursachen von Hangbewegungen (Rutschungen):


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.5<br />

mechanisch bedingt geologisch bedingt umweltbedingt<br />

- geringe Scherfestigkeit<br />

(bei Böden)<br />

- geringe Massenfestigkeit<br />

und/oder Kluftreibung (bei<br />

Fels)<br />

- Spannungsumlagerungen<br />

- Erschütterungen<br />

- Strömungsdruck<br />

- hydrostatischer Druck<br />

- Tone und Schluffe<br />

- ton- und schluffhaltige<br />

Gesteine<br />

- gleitfähige Kluftfüllungen<br />

- ungünstig orientierte Kluft-<br />

, Schieferungs- und<br />

Schichtflächen<br />

- intensive Zerklüftung<br />

- Verwitterung<br />

- Niederschläge (Wassersättigung)<br />

- Änderungen des Wassergehaltes,<br />

Erosion (Unterschneidung<br />

und Übersteilung<br />

durch Wasserläufe<br />

und Gletscher)<br />

- Spaltenfrost<br />

- Zerstörung der Vegetation<br />

In grober Einteilung werden folgende vier Arten von Rutschungen unterschieden:<br />

- Kriechrutschung<br />

- Gleitrutschung<br />

- Fließrutschung<br />

- Bergsturz<br />

Kriechbewegungen<br />

geologisch lang andauernde Bewegungen; Flächen- bzw. Massenkriechen je nach Vorhandensein<br />

ausgeprägter Gleitflächen<br />

Talzuschub: großräumiges und tiefgehendes Kriechen von Talhängen


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.6<br />

Fließbewegungen<br />

Hangbewegungen von Lockergesteinen; Analogie zur Bewegung von Flüssigkeiten (wasserübersättigte<br />

Massen)<br />

Gleitungen (Rutschungen)<br />

Hangbewegungen zusammenhängender Massen entlang einer Gleitfläche<br />

(a) Gleiten entlang einer gekrümmten Bruchfläche (Bodengleitung):<br />

(b) Gleiten entlang einer vorgegebenen Gleitfläche (Boden- oder Felsgleitung):


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.7<br />

Abb. 11.2: Elemente einer Rutschung<br />

Bergstürze<br />

Plötzliche Hangbewegungen in mehr oder minder freiem Fall. Die bewegte Masse verliert<br />

ihren inneren Zusammenhalt.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.8<br />

11.4 Erdfälle und Bodensenkungen<br />

11.4.1 Faktoren und Mechanismen<br />

- Petrofazies (besonders bezüglich des mechanischen Verhaltens der Gesteine)<br />

- Mineralaufbau (bezüglich Löslichkeit)<br />

- Gebirgsaufbau (Fazies)<br />

- Kl<strong>im</strong>a (physikalischer und chemischer Angriff)<br />

- Vegetation (physikalische und chemische Einwirkungen)<br />

- CO2-Gehalt in Wasser und Kluft<br />

- tektonische Verhältnisse (Gefüge)<br />

- Topographie, Morphologie<br />

- Hydrogeologie<br />

- boden- und felsmechanische Eigenschaften<br />

- Gebirgsspannungszustand<br />

- Erschütterungen<br />

- Subrosion, Korrosion, Erosion<br />

- Tiefenlage, Größe und Gestalt vorhandener Hohlräume<br />

Abb. 11.3: Einbruchsschlot <strong>im</strong> Buntsandstein: Tunnelverbruch<br />

11.4.2 Maßnahmen be<strong>im</strong> Bauen in Erdfallgebieten<br />

Sicherheit und Wirtschaftlichkeit betreffender Maßnahmen hängen entscheidend von der<br />

Zuverlässigkeit der Ergebnisse der Untergrunderkundung ab. Wichtig ist die frühzeitige<br />

Erkennung der Erdfallsituation.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.9<br />

11.4.3 Verbesserung des Untergrundes<br />

(a) Oberflächennahe Hohlräume<br />

- Verfüllung mit Beton<br />

- Verfüllung mit Erdstoffen unter Einspülen, Einrütteln, Einstampfen usw.<br />

(b) Trichterfüllungen<br />

- Verdichtung mit Oberflächen- oder Tiefenrüttlern, Fallgewichten oder Stampfplatten<br />

- Bodenaustausch mit Beton oder Erdstoff<br />

(c) Tiefe Hohlräume<br />

- Methoden nach (a) oder (b) sind selten möglich oder wirtschaftlich. Alternativ oder ergänzend<br />

sind konstruktive Maßnahmen zu treffen.<br />

- Bei Straßen, Verkehrsdämmen und Böschungen n<strong>im</strong>mt man das Risiko z.T. hin und<br />

stellt sich auf eine ggf. spätere notwendige Sanierung ein.<br />

11.4.4 Konstruktive Maßnahmen bei Hoch-, Industrie- und Brückenbauten<br />

- ausweichen auf ungefährdete Bereiche oder Aussparung gefährdeter Zonen<br />

- Tiefenführung der Lasten in tragfähigen Untergrund (z.B. mit Pfählen)<br />

- gering halten zusätzlicher Lasten (z.B. Aushub = Neulast)<br />

- Bevorzugung lastverteilender Gründungsformen<br />

- D<strong>im</strong>ensionierung der Gründungselemente für mögliche Hohlräume<br />

- Wahl statisch best<strong>im</strong>mter (weicher) Systeme<br />

- Auflösung größerer Baukörper in kleine für sich steife Einheiten<br />

- besondere Bauweisen zur Ermöglichung des Nachrichtens von Bauwerken<br />

- (z.B. Unterpressung)<br />

- Messeinrichtungen zur Beobachtung<br />

11.4.5 Talsperren<br />

Erdfallgefahr <strong>im</strong> Dammbereich: Sorgfältige Maßnahmen zur Anpassung an Setzungen bei<br />

Erddämmen günstiger als bei Staumauern<br />

Erdfallgefahr <strong>im</strong> Beckenbereich: Sicherung und Abdichtung begrenzter Bereiche durch Injektionen,<br />

Lehmteppiche, Folien, Verplombung von Erdfällen usw.<br />

11.5 Baugrundvergütung durch Injektionstechnik<br />

11.5.1 Hohlrauminjektionen<br />

- Verfüllen von Verbrüchen bei bergmännischen Hohlräumen<br />

- Hinterfüllen von Schacht- oder Stollenauskleidungen<br />

- Verfüllen von Karsthohlräumen<br />

11.5.2 Kluft-, Spalteninjektion (Festgesteinsinjektionen)<br />

- Schleierinjektionen<br />

- Flächenvergütung<br />

- Abdichten von Wasserzuflüssen <strong>im</strong> Bergbau


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.10<br />

11.5.3 Poren-Injektionen (Lockergesteinsinjektionen)<br />

- Schleierinjektionen<br />

- Erhöhung der Tragfähigkeit<br />

- Verfestigung von Füllmassen<br />

11.5.4 Verdrängungsinjektion<br />

- Herstellen tragfähiger Gerüste in anorganischen Ablagerungen (soil fracturing)<br />

- Verdichten nichtbindiger Böden und Erhöhung ihrer Tragfähigkeit (compaction grouting)<br />

- Böschungsstabilisierung durch soil fracturing<br />

- Unterfangung oder Sanierung von Bauwerksgründungen<br />

11.5.5 Spezialinjektionen<br />

- Vergütung von Rissen <strong>im</strong> Mauerwerk von Brücken und Mauern<br />

- freie Durchtränkung zur Verfestigung von Aufschüttungen<br />

- Nachverpressen von Ortbetonpfählen<br />

Geotechnische Injektionen werden also vor allem zum Verfestigen und zum Abdichten von<br />

Baugrund und Bauwerken eingesetzt, z.B. bei Gründungen und Unterfangungen, Ankerungen<br />

und Ortbetonpfählen, <strong>im</strong> Bergbau, <strong>im</strong> Grund- und Felsbau über und unter Tage<br />

sowie <strong>im</strong> Damm- und Talsperrenbau.<br />

11.6 Karten und Profile<br />

11.6.1 Maßstäbe topographischer Karten<br />

Maßstab Kartenbeispiele Art der Karte<br />

1 : 500<br />

1 : 1 000<br />

Katasterpläne<br />

1 : 2 000 Flurkarten<br />

Plankarten<br />

1 : 5 000 Deutsche Grundkarte<br />

1 : 10 000 Stadtpläne<br />

1 : 20 000 Messtischblätter<br />

1 : 25 000<br />

1 : 50 000<br />

1 : 75 000<br />

2 cm-Karte<br />

Spezialkarten<br />

1 : 100 000 1 cm-Karte<br />

Übersichtskarten<br />

1 : 300 000 Übersichtskarte von Mitteleuropa<br />

bis etwa<br />

1 : 500 000<br />

Generalkarten<br />

bis etwa<br />

1 : 10 Mill.<br />

Übersichtskarte von Europa und<br />

Vorderasien 1 : 800 000<br />

Internationale Weltkarte<br />

Regional- und Länderkarten<br />

ab<br />

1 : 20 Mill.<br />

Erdteilkarten


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.11<br />

11.6.2 Farbkennzeichnung<br />

Holozän: Blassgrün oder weiß<br />

Pleistozän: Graugelb oder blassgelb<br />

Tertiär: Hellgelb bis dunkelgraugelb<br />

Jura: Blau<br />

Trias: Violett<br />

Perm: Rehbraun, graubraun<br />

Karbon: Dunkelgrau<br />

Devon: Gelbbraun<br />

Silur/Ordovizium: Blaugrün<br />

Kreide: Gelbgrün<br />

Kambrium: Graugrün<br />

Proterozoikum: Blassgrün<br />

Archaikum: Rosa<br />

Junge Eruptiva: Hellrot<br />

Alte Eruptiva: Dunkelrot<br />

11.6.3 Symbole der Gesteinsarten und tektonischen Elemente<br />

Abb.11.4: Symbole von Gesteinen und tektonischen Elementen in der geologischen Karte


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.12<br />

11.6.4 Falten - und Bruchstrukturen in der geologischen Karte<br />

Abb. 11.5: Darstellung von Falten- und Bruchstrukturen in der geologischen Karte


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.13<br />

11.6.5 Konstruktion von Schichtstreichen und -fallen<br />

Abb.11.6: Konstruktion von Schichtstreichen und -fallen aus der geologischen Karte.<br />

Schichtstreichen längs der Horizontalen an der Schichtfläche: Linie A B C<br />

Schichtfallen in der Projektion von B o B B` B`` in der Profil-Ebene<br />

11.6.6 Interpretation geologischer Karten<br />

Aufgabe 1: Geneigte Lagerungsverhältnisse I (Abb. 11.7)<br />

- Für jede geologische Grenzfläche sind Streichlinien zu zeichnen und zu beschriften.<br />

- Der Betrag des Streichens, die Fallrichtung sowie der Fallwinkel sind zu ermitteln.<br />

- Ein geologisches Normalprofil und eine Legende sind zu entwerfen.<br />

- Welches ist die älteste, welches die jüngste Schicht?<br />

- Die Mächtigkeiten der einzelnen Schichten ist anzugeben.<br />

- Ein geologisches Querprofil mit einem Max<strong>im</strong>um an Informationen ist zu konstruieren.<br />

- In welcher Teufe würde eine in Punkt A vertikal abgeteufte Bohrung die Schichtgrenze<br />

U/T erreichen?


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.14<br />

Abb.11.7: Zu Aufgabe 1, Geneigte Lagerungsverhältnisse I


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.15<br />

Aufgabe 2: Geneigte Lagerungsverhältnisse II<br />

Ein Kohleflöz ist an nur drei Stellen (A, B, C) aufgeschlossen (Abb. 11.8). Für die weitere<br />

Exploration ist es notwendig, den Ausbiss dieses Kohleflözes an der Erdoberfläche zu<br />

konstruieren. Weiterhin soll geklärt werden, ob ein weiteres, <strong>im</strong> Nachbarbereich 100 m tiefer<br />

liegendes Flöz <strong>im</strong> dargestellten Gebiet erschürft werden kann.<br />

Abb.11.8: Zu Aufgabe 2, Geneigte Lagerungsverhältnisse II


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.16<br />

- Das Streichen und Einfallen für Flöz 1 ist zu konstruieren.<br />

- Die Ausstrichlinie für Flöz 1 ist in die Karte einzutragen.<br />

- Die Frage, ob ein 100 m tiefer liegendes Flöz 2 <strong>im</strong> dargestellten Gebiet ausstreicht, ist<br />

zu klären. Wenn ja, ist die Ausstrichlinie in die Karte einzuzeichnen.<br />

- Zum Aufschluss des Kohlenfeldes eignet sich als Schachtansatzpunkt besonders<br />

Punkt D. In diesem Punkt soll eine Bohrung abgeteuft werden. Stellen Sie für diese<br />

Bohrung ein Profil auf, das die zu erwartende Schichtenfolge und Teufenlage der Kohleflöze<br />

angibt.<br />

Aufgabe 3: Störung und Kohleflöz<br />

Auf der geologischen Karte (Abb. 11.9) sind die Ausstrichlinien eines Kohleflözes und einer<br />

Störung F dargestellt. Zusätzlich sind Bohrungen geplant, um die Verbreitung des<br />

Kohleflözes festzustellen.<br />

- Als Vorarbeit hierzu soll aufgrund der schon bekannten Daten eine Karte entworfen<br />

werden, in der jene Gebiete hervorgehoben sind, wo eine senkrecht abgeteufte Bohrung<br />

das Kohleflöz erreichen müsste.<br />

- Je nach Art der Störung könnte das Kohleflöz in best<strong>im</strong>mten Gebieten auch zwe<strong>im</strong>al<br />

durchteuft werden. Stellen Sie die Art der Störung fest und heben Sie evtl. Gebiete<br />

hervor, in denen das Kohleflöz zwe<strong>im</strong>al übereinander auftritt.<br />

- Zeichnen Sie ein geologisches Profil von X nach Y.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.17<br />

Abb.11.9: Zu Aufgabe 3, Störung und Kohleflöz


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.18<br />

11.6.7 Bauplanungskarten<br />

Für den modernen Städtebau bilden die ingenieur- und hydrogeologischen Geländeuntersuchungen<br />

wichtige Grundlagen. Gute Kenntnis der Boden- und Wasserverhältnisse ist<br />

eine Vorraussetzung für die opt<strong>im</strong>ale Erschließung.<br />

Die Klassifizierung des Baugrundes beeinflusst die Planung bis hin zur Notwendigkeit von<br />

Bodenverbesserungsmaßnahmen. Die Vorkenntnis ggf. erforderlicher bautechnischer<br />

Maßnahmen bereits bei der Planung kann erhebliche Einsparungen an Arbeitskraft, Baustoffen<br />

und Kapital bringen.<br />

Baugrundkarten sollen Fehlplanungen bei der Festlegung von Bauwerken regional (für<br />

ganze Stadtteile) und lokal (für einzelne Gebäude) vermeiden und sollen Angaben über<br />

die Beschaffenheit und Eignung des Baugrundes sowie die Möglichkeiten der Baurohstoffgewinnung<br />

enthalten.<br />

Hydrogeologische Karten sind für alle kulturtechnischen Maßnahmen notwendig. Sie liefern<br />

Informationen über Höhe und Strömungsrichtung des Grundwassers, Wasserstockwerke,<br />

stehende Gewässer (Seen, Teiche), Vorfluter, Drainagen mit Abflussrichtung,<br />

Chemismus der Wässer u.a.<br />

Stadtplanungskarten enthalten die wichtigsten kommunalen und bautechnischen Planungsdaten.<br />

Informationsquellen: (nach DIN 4020)<br />

- Bohrprofile: Geologisches Landesamt, Bauämter<br />

- Grundwasserverhältnisse: Wasserwirtschaftsamt, Bauämter, Geologisches Landesamt,<br />

Wasserversorgungsunternehmen<br />

- Boden und Fels: Erd- und Grundbau-Institute, geologische Karten 1:25000<br />

mit Erläuterungen<br />

- Setzungsbeobachtungen: Bauverwaltungen, Bauunternehmen, Erd- und Grundbau-<br />

Institute<br />

- Bergbau, Bergsenkungen: Landesbergamt, Geologisches Landesamt, Bergbaugesellschaften<br />

- Flussbau, Kulturbau: Vermessungsämter, Wasserwirtschaftsamt, Flurbereinigungsamt<br />

- Baubestand: Örtliche Bauämter, Landesdenkmalamt, Stadtarchive


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.19<br />

11.7 Übungsaufgaben<br />

Ü 11.1 (a) Welche direkten Aufschlussmethoden kennen Sie?<br />

(b) Nennen Sie Quellen von Fehlinterpretationen bei Erkundungsbohrungen <strong>im</strong><br />

Hinblick auf die Art und Klüftigkeit des Baugrundes.<br />

(c) Welche Ursache und Bedeutung haben Kernverluste bei Aufschlussbohrungen?<br />

Ü 11.2 (a) Welche Haupttypen von Hangrutschungen kennen Sie?<br />

(b) Welche technischen Eingriffe können Rutschungen auslösen?<br />

(c) Bei welchen Gesteinen muß man bevorzugt mit Gleitungen rechnen?<br />

(d) Zu welchen Jahreszeiten treten Rutschungen am ehesten auf?<br />

(e) Welche Möglichkeiten gibt es be<strong>im</strong> Verkehrswegebau, einen rutschgefährdeten<br />

Hang zu überwinden?<br />

(f) Wie kann man einen gleitgefährdeten Hang messtechnisch überwachen?<br />

Ü 11.3 Welche geologischen und geotechnischen Ursachen hatte die Katastrophe der<br />

Vajont-Talsperre?<br />

Ü 11.4 (a) Wie entsteht eine Bergzerreissung?<br />

(b) Was ist ein Talzuschub?<br />

Ü 11.5 Welche Auswirkungen hat der Zutritt von Wasser in ein anhydrithaltiges Gebirge<br />

(a) auf Straßenbauten,<br />

(b) auf Tunnelbauten?<br />

Ü 11.6 (a) Wodurch entstehen Baugrundsetzungen?<br />

(b) Was versteht man unter der Tragfähigkeit eines Baugrundes?<br />

Ü 11.7 (a) Wie entstehen Erdfälle und Bodensenkungen?<br />

(b) Welche Bedeutung haben diese für die Bautechnik?<br />

Ü 11.8 Im Böschungsbereich (von Aufgabe Ü 10.6) mache die Straße in westlicher Richtung<br />

eine Linkskurve um 20°. Durch Festigkeitsuntersuchungen hat man für die<br />

kohäsionslose Kluftschar KK1, die in diesem Fall für die Standfestigkeit der Böschung<br />

maßgeblich ist, einen Reibungswinkel von Φ = 25° best<strong>im</strong>mt.<br />

(a) Ermitteln Sie die Standsicherheit einer 30 m hohen Böschung nach Fellenius<br />

unter der Annahme, daß die Felsoberfläche an der Böschungsoberkante eine<br />

horizontale Ebene sei. Die durchschnittliche Wichte des Gesteins betrage 25<br />

kN/m 3 .<br />

(b) Empfehlen Sie eine konstruktive Maßnahme für die Sicherung der Böschung<br />

und d<strong>im</strong>ensionieren Sie diese für eine Sicherheit nach Fellenius von ν = 1,5.<br />

Gesucht ist die erforderliche Stützkraft pro lfm der Böschung.<br />

(c) Wie verändert sich die erforderliche Kraft gegenüber (b), wenn bei gleicher<br />

Sicherheit auch eine Erdbebeneinwirkung nach dem Regelwert von DIN<br />

4149 für die Erdbebenzone 4 einbezogen werden soll?<br />

(d) Welche Baugrunduntersuchungen und -methoden würden Sie hier vorrangig<br />

vorschlagen?


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.20<br />

Ergänzende Stichworte zu Kapitel 11<br />

Aufschluss: Eine offene Stelle <strong>im</strong> Gelände, die dem Betrachter einen Einblick in das Erdreich<br />

und in die Gesteinslagerung unter der Oberfläche gewährt (z.B. Steinbruch, Kiesgrube,<br />

Geländeanschnitt).<br />

Baugrund: Zusammenfassende Umschreibung für einen Bereich von Boden und/oder<br />

Fels und Grundwasser, in dem ein Ingenieurbauwerk erstellt werden soll. Das Benennen<br />

und Bezeichnen der Bodenarten kann nach DIN 4022, Blatt 1 und der Felsarten nach DIN<br />

4023 erfolgen.<br />

Geologische Karte: Graphische Darstellung aller bei der Geländeuntersuchung (= geologische<br />

Kartierung) planmäßig aufgenommenen geologischen Daten, die in eine topographische<br />

Karte eingetragen sind, z.B.: Verläufe von Schichtgrenzen, Störungen, Einfallen<br />

der Schichten, Quellen usw.; die Gesteine der verschiedenen geologischen Formationen<br />

werden mit charakteristischer Farbgebung in den Karten gekennzeichnet und in der jeweiligen<br />

Legende erläutert. Zusätzliche - für den Bauingenieur oft sehr wertvolle Informationen<br />

- findet man in den "Erläuterungen zur geologischen Karte", die von den geologischen<br />

Landesämtern herausgegeben werden.<br />

Höhenlinien (Isohypsen): Auf Karten zur Geländedarstellung benutzte Linien, die alle<br />

Punkte von jeweils gleicher Höhe über dem Meeresspiegel (h ü. NN) verbinden; je steiler<br />

das Gelände ist, desto dichter verlaufen die Höhenlinien.<br />

Katasterplan: Lageplan eines Geländes, der von den örtlichen Katasterämtern erstellt und<br />

herausgegeben wird (i.Allg. <strong>im</strong> Maßstab 1:500 oder 1:1000).<br />

Legende: Zusammenstellung und Erläuterung der in einem Kartenbild verwendeten Symbole,<br />

Farben, Abkürzungen, usw.<br />

Messtischblatt: Bezeichnung für die topographische Karte 1:25000 ("4 cm-Karte").<br />

Normalnull (NN): Höhe des mittleren Wasserstandes be<strong>im</strong> Amsterdamer Pegel als Bezugshöhe<br />

für alle geographischen Höhenmessungen (z.B. 300 m ü. NN, 10 m ü. NN).<br />

Topographie: Zusammenfassende Umschreibung für alle Bodenformen, Gewässer, Siedlungen,<br />

Verkehrswege usw. eines Gebietes der Erdoberfläche.<br />

Topographische Karten: Karten mit besonderer Berücksichtigung der Topographie, besonders<br />

die amtlichen Karten 1:5000 bis 1:200000.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.1<br />

12. HYDROGEOLOGISCHE GRUNDLAGEN<br />

(Grundwasser, Porosität, Durchlässigkeit, Quellen, Karst)<br />

Wasser <strong>im</strong> Untergrund hat bei der baugeologischen Beurteilung einen besonders hohen<br />

Stellenwert. Hydrogeologische Untersuchungen sind darum ein wesentlicher Bestandteil<br />

der baugeologischen Erkundung u.a. mit den folgenden Zielsetzungen:<br />

- Wasserzuflüsse in Baugruben, Einschnitten oder unterirdischen Anlagen,<br />

- Veränderung der mechanischen Gebirgseigenschaften durch Änderung des Wasserstandes<br />

und Sickerung,<br />

- Möglichkeit der Auslaugung wasserlöslicher Gesteine <strong>im</strong> Baugrund,<br />

- Prüfung der aggressiven Eigenschaften unterirdischer Wässer,<br />

- Möglichkeit von Wasserverlusten durch Um- und Unterläufigkeit an Talsperren.<br />

12.1 Wasserkreislauf (marin - atmosphärisch - terrestrisch)<br />

Abb. 12.1: Schema des Wasserkreislaufes auf der Erde (Watson und Burnett, 1995)<br />

Das Grundwasser wird von den meteorischen Niederschlägen gespeist.<br />

Für den Wasserhaushalt der Erde gilt folgende Bilanzgleichung:<br />

NIEDERSCHLAG = ABFLUSS + VERDUNSTUNG + SPEICHERUNG


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.2<br />

Niederschlag (meteorisch): Regen, Schnee, Eis, Tau<br />

Verdunstung: Gegenteil des Niederschlags<br />

Abfluss der Niederschläge über Flüsse und Seen in die Meere:<br />

- entlang der Erdoberfläche<br />

- unterirdisch (> 90% )<br />

- ca. 37 000 km 3 /Jahr<br />

Speicherung (Reservoir):<br />

- Gletscher<br />

- Seen<br />

- Grundwasser<br />

- Bodenfeuchte (Haftwasser)<br />

- Biomasse (Pflanzen, Tiere)<br />

Abb. 12.2: Bilanzierung von Niederschlägen und Verdunstung auf der Erde<br />

12.2 Grundwasser (GW)<br />

Grundwasser ist alles <strong>im</strong> Boden natürlich auftretende Wasser:<br />

(a) oberhalb des GW-Spiegels: Haftwasser, Kapillarwasser<br />

(b) unterhalb des GW-Spiegels: ungespannt, gespannt oder artesisch


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.3<br />

Kapillar aufsteigendes Wasser: Die Steighöhe ist stark von der Größe und Art der Poren<br />

abhängig:<br />

- Kies und Grobsand: unter 0,1 m<br />

- Mittelsand: bis zu 0,5 m<br />

- Feinsand: bis zu 2 m<br />

- Schluff: bis zu 5 m über GWS<br />

Haftwasser: Grundwasser, das in den Zwickeln der Poren blockiert ist<br />

Wasserdampf: Ist in den nicht wassergefüllten Poren enthalten.<br />

Gebundenes Wasser: Ist z.B. durch Tonmineralien chemisch gebunden.<br />

1 Grundwasser<br />

2 Grundwasserspiegel<br />

3 geschlossenes Kapillarwasser<br />

4 offenes Kapillarwasser<br />

5 Haftwasser<br />

6 Porenwinkelwasser<br />

7 Gas (Grundluft mit Wasserdampf)<br />

8 Mineralkorn mit adsorbiertem Wasser<br />

9 Sickerwasser<br />

Abb. 12.3: Erscheinungsformen des Grundwassers (nach ZUNKER, 1930)<br />

Grundwasser-Speichergesteine vermögen in zahlreichen Poren oder Klüften große Wassermengen<br />

aufzunehmen und dank der geringen Reibung rasch fortzuleiten: Kiese, Sande,<br />

poröse Sandsteine, geklüftete Kalke, Dolomite und magmatische Gesteine.<br />

Grundwasserstauende Gesteine sind i.Allg. ungeklüftet und haben eine sehr geringe Porosität:<br />

Schluffe und Tone.<br />

Der Grundwasserspiegel ist die obere Begrenzung des Wasserstandes in einem GW-<br />

Leiter. Man unterscheidet zwischen freiem und gespanntem GW-Spiegel.<br />

Ein Grundwassersee hat einen horizontalen GW-Spiegel und daher stationäres GW.<br />

Ein Grundwasserstrom hat ein Druckgefälle <strong>im</strong> GW-Spiegel und daher fließendes GW.<br />

Grundwasserstockwerke sind verschiedene Grundwasserleiter, die durch GW-stauende<br />

Gesteins- oder Bodenschichten vertikal voneinander getrennt sind.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.4<br />

Abb. 12.4: Grundwasser in einem zusammenhängenden Aquifer (DIN 4021, Teil 3)<br />

12.3 Wasserdurchlässigkeit (Permeabilität)<br />

Die Wasserdurchlässigkeit (Permeabilität) hängt ab von der Porengröße, Porenverbindung,<br />

Querschnittsgestaltung und Wasserbindung der Festsubstanz. Die Permeabilität ist<br />

für viele bautechnische Fragen von Bedeutung, z.B. bei Grundwasserabsenkungen, Frosterscheinungen<br />

und anderen Verwitterungsfolgen in Locker- oder Festgesteinen usw. Die<br />

Durchlässigkeit ist bei Tonen sehr klein, bei Feinsand mittel und bei Kiesen sehr hoch.<br />

12.3.1 DARCY-Gesetz<br />

Laminares Fließen des Grundwassers:<br />

Q / F = k (h1 – h2) / l<br />

worin Q Abflußmenge in [m 3 /s]<br />

F Querschnittsfläche in [m 2 ]<br />

l Länge der Filterstrecke in [m]<br />

h1 – h2 Potenzialdifferenz in [m Wassersäule]<br />

(h1 – h2) / l hydraulischer Gradient [-]<br />

k hydraulische Leitfähigkeit [m/s]<br />

(= Durchlässigkeits-Koeffizient, "k-Wert")<br />

Der "k-Wert" hängt bei Lockergesteinen maßgeblich von der Kornverteilung, Korngröße,<br />

Kornform und vom Tongehalt ab. Be<strong>im</strong> Fels sind die Verhältnisse i.Allg. sehr viel komplexer.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.5<br />

Abb. 12.5: Best<strong>im</strong>mung des Durchlässigkeits-Koeffizienten k<br />

12.3.2 Gesteins-Durchlässigkeit<br />

Gesteinsart<br />

1. Kalksteine<br />

2. Sandsteine<br />

Karbon<br />

Devon<br />

3. Mischgesteine<br />

sandig-kalkig<br />

tonig-sandig<br />

kalkig-tonig<br />

4. Granit<br />

5. Schiefer<br />

6. Kalkstein<br />

7. Dolomit<br />

Durchlässigkeitsbeiwert<br />

[cm/s]<br />

0,36 - 23 x 10 -13<br />

0,29 - 6 x 10 -11<br />

0,21 - 2 x 10 -11<br />

0,33 - 33 x 10 -12<br />

0,85 - 130 x 10 -13<br />

0,27 - 80 x 10 -12<br />

0,50 - 2,0 x 10 -10<br />

0,70 - 1,6 x 10 -10<br />

0,70 - 120 x 10 -10<br />

0,50 - 1,2 x 10 -8<br />

Tab. 12.1: Beispiele für Durchlässigkeitsbeiwerte verschiedener Gesteine<br />

12.3.3 Kluft-Durchlässigkeit<br />

Spaltweite 2a<br />

[mm]<br />

0,1<br />

0,2<br />

0,4<br />

0,7<br />

1,0<br />

2,0<br />

4,0<br />

6,0<br />

Durchlässigeitsbeiwerte in der Kluftrichtung<br />

[cm/s]<br />

0,7 x 10 -4<br />

0,6 x 10 -3<br />

0,5 x 10 -2<br />

2,5 x 10 -2<br />

0,7 x 10 -1<br />

0,6 x 10 0<br />

0,5 x 10 1<br />

1,6 x 10 1<br />

Tab. 12.2: Beispiele für Durchlässigkeitsbeiwerte einer Felskluft bei unterschiedlichen<br />

Öffnungsweiten der Kluft (pro lfm)


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.6<br />

12.4 Porosität und Wasseraufnahme<br />

Jedes Gestein enthält neben den festen Bestandteilen (Minerale und Gesteinskörner, organische<br />

Gemengteile) auch gas- oder flüssigkeitsgefüllte Poren. Das Porenvolumen ist<br />

der von Gas oder Flüssigkeit erfüllte Raum <strong>im</strong> Gestein. Die Kenntnis der Porosität ist für<br />

viele bautechnische Fragen von Bedeutung, z.B. bei der Frostbeständigkeit oder bei der<br />

Zusammendrückbarkeit. Festgesteine haben in den meisten Fällen eine geringere Porosität<br />

als Lockergesteine.<br />

Die Wasseraufnahme hängt ebenfalls von der Korngröße, dem Mineralbestand und den<br />

organischen Be<strong>im</strong>engungen ab. Viele Tonminerale besitzen zwischen ihren Schichten eine<br />

sehr starke Wasseraufnahmefähigkeit.<br />

12.4.1 Porosität von Lockergestein<br />

Gesamtporosität n:<br />

n = Volumen der Hohlräume / Gesamtvolumen der Probe<br />

Nutzbare Porosität n':<br />

n' = durchfließbares Porenvolumen / Gesamtvolumen der Probe<br />

Abb. 12.6: Porenraum bei gleichkörnigen und ungleichkörnigen Sanden.<br />

Eine dichte Lagerung vermindert k, n und n'. Ebenso abmindernd wirkt eine Mischung<br />

(Abstufung) der Korngrößen. Tonmineralien bewirken eine weitere Reduktion.<br />

Fließgeschwindigkeit v <strong>im</strong> Lockergestein = Filtergeschwindigkeit pro nutzbarer Porosität<br />

v = vF/n´ = k( h1 - h2 ) / (l n ` )`<br />

12.4.2 Porosität von Festgestein<br />

- Porenziffer analog zum Lockergestein (Porenraum zwischen den Körnern)<br />

- n und n‘ sind oft kleiner als bei Lockergesteinen wegen Kompaktion und Zementierung<br />

(Diagenese).<br />

- Bei magmatischen oder metamorphen Gesteinen ist oft n < 1% und selten n > 3%.<br />

- Die nutzbare Porosität ist oft klein wegen der Isolation der Poren.<br />

- Dennoch können ausgedehnte, mächtige Felskörper bedeutende Wasserspeicher<br />

sein.


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.7<br />

12.5 Quellen<br />

Abb. 12.7: Verschiedene Arten von Quellen<br />

d = durchlässiges Gestein, u = undurchlässiges Gestein<br />

12.6 Karst<br />

Landschaft aus überwiegend Kalksteinen, in denen sich der Kalk durch Wasserzuflüsse<br />

löst. Dadurch kann oberirdisch ein Netz von Trockentälern und unterirdisch ein System<br />

von Spalten, Höhlen und Flüssen entstehen.<br />

Lösungsverwitterung direkt bei Gips und Steinsalz<br />

Kohlensäureverwitterung bei Karbonatgesteinen (Kalk, Dolomit)<br />

- Wichtig: Partialdruck des <strong>im</strong> Wasser gelösten CO2 ist abhängig von der Temperatur.<br />

- CO2 entsteht durch biochemische Oxidation von organischem Material <strong>im</strong> Boden.<br />

- Kalklösung bei Untersättigung des Wassers mit Ca 2+ oder Mg 2+<br />

Abb. 12.8: CO2 -Löslichkeit als Funktion der Temperatur bei atmosphärischem Druck


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.8<br />

Vorkommen:<br />

- weltweit verbreitet<br />

- an der Oberfläche erfolgt Lösung längs der Fallinie oder an Schwächezonen<br />

- in der Tiefe wird das Gebirge ausgehöhlt:<br />

weiträumige, weitverzweigte Höhlensysteme mit Tropfsteinen<br />

- Hauptrichtungen sind Schwächezonen und Kluftscharen<br />

- tief und flächig lösen sich besonders die Salze NaCl, KCl usw.<br />

- Lösungsrückstände: Ton, Schluff, Feinsand, Mergel: Höhlenlehm<br />

Abb. 12.9: Karstlandschaft mit Höhle, Naturschacht, Einsturz-Dolinen<br />

12.7 Hydrogeologie <strong>im</strong> <strong>Bauwesen</strong><br />

(1) Auftreten des Grund- und Bergwassers:<br />

- <strong>im</strong> Lockergestein und Boden<br />

- <strong>im</strong> Fels<br />

(2) Hydrologische Typen von Gesteinen<br />

(3) Technische Auswirkungen des Grund- und Bergwassers<br />

- Auftrieb<br />

- Strömungsdruck<br />

- Kluftwasserschub<br />

- Entfestigung des Grundkörpermaterials<br />

- Plastifizierung der Kluftzwischenmittel<br />

- Porenwasserüberdruck in den Kluftzwischenmitteln<br />

- chemische Zersetzung von Beton und Mörtel<br />

(4) Wasserzudrang zu Tunneln und Bauwerken<br />

(5) Quellen und Quellbeeinflussung durch Bauwerke<br />

(6) Geologische Bedingungen für Dichtungs- und Drainagemaßnahmen


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.9<br />

Abb. 12.10: Talsperre in metamorphen Schiefern:<br />

Felsgleitung auf Schieferflächen am Hang (a) und<br />

tiefreichende Verwitterungszone (Wasserverluste) am Hang (b)<br />

12.8 Übungsaufgaben<br />

Ü 12.1 Nennen Sie typische geotechnische Probleme von Karstlandschaften.<br />

Ü 12.2 Wo gibt es in Deutschland Karstlandschaften?<br />

Ü 12.3 Welchen Einfluss hat das Bergwasser auf die Standfestigkeit der<br />

Felswiderlager von Talsperren?


Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.10<br />

Ergänzende Stichworte zu Kapitel 12<br />

Abfluss: Alle Transportvorgänge, die die meteorischen Niederschläge (Regen, Schnee,<br />

Eis, Tau) über die Flüsse und Seen in die Meere zurückführen. Gegenteil: Versickerung.<br />

Artesisches Wasser: Gespanntes Grundwasser, das zwischen muldenförmig nach unten<br />

gebogenen, wasserundurchlässigen Bodenschichten liegt und an einer höher gelegenen<br />

Stelle einen Zufluss erhält. Durchörtert man die darüberliegende Stauschicht so entsteht<br />

durch den dort herrschenden Überdruck ein natürlicher Springbrunnen (artesischer Brunnen),<br />

wenn der Entnahmepunkt tiefer liegt als der freie Grundwasserspiegel <strong>im</strong> Speichergestein.<br />

Bergwasser: Alles <strong>im</strong> Fels auftretende Wasser wie Porenwasser <strong>im</strong> Gestein und in den<br />

Kluftzwischenmitteln oder freies Kluftwasser.<br />

Grundwasserbeschaffenheit: Qualitative und quantitative Zusammensetzung des GW<br />

nach Art und Menge der darin enthaltenen und transportierten Stoffe; Maß für die Filterwirkung<br />

des Bodens<br />

Grundwasserleiter (Aquifer): Wasserdurchlässige Gesteinsformation, die mit GW teilweise<br />

oder ganz gefüllt sein kann<br />

Grundwasserstauer: gering durchlässige Gesteinsformation, die einen GW-Leiter nach<br />

oben oder unten abgrenzt<br />

Hydrogeologie: Lehre vom Wasserhaushalt des Untergrundes (Vorräte, Dynamik, Zusammensetzung<br />

des Grundwassers)<br />

Kapillarität: Grundwasseranstieg in den Kapillaren des Bodens durch die Oberflächenspannung<br />

an der Grenzfläche von Wasser und Luft<br />

Thermen (=Thermalquellen): Quellen von aus größeren Tiefen - meist an geologischen<br />

Verwerfungen - aufsteigenden warmen oder heißen, mineralhaltigen Wässern (z.B. Thermen<br />

von Baden-Baden); eruptive Quellen von Wasserdampf und heißem Wasser in vulkanischen<br />

Gebieten nennt man dagegen Geysire (z.B. in Island).<br />

Tropfsteine: In Karsthöhlen tropft aus Spalten und Poren gewöhnlich kalkhaltiges Wasser.<br />

An der Aufschlagstelle scheidet sich Kalkspat aus (Tropfsteine) und bildet zapfenähnliche<br />

Gebilde, die in die Höhe wachsen (Stalagmiten). Die von den Decken herabwachsenden,<br />

hängenden Zapfen heißen Stalaktiten. Verwachsen Stalagmiten mit Stalaktiten<br />

entstehen Tropfsteinsäulen oder Stalagnaten.<br />

Wasserhärte: Maß für gelöste Ca- und Mg-Verbindungen <strong>im</strong> Wasser: ein deutscher Härtegrad<br />

(1° d. H.) entspricht 10 mg CaO oder 18 mg CaCO3 pro Liter Wasser.<br />

Wasserwegigkeit: Eigenschaft klüftigen Gebirges, dem Wasser entlang der Klüfte bevorzugte<br />

Sickerwege zu bieten; die Wasserwegigkeit kann in verschiedenen Richtungen sehr<br />

unterschiedlich sein.

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