Geologie im Bauwesen - IBF
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Arbeitsblätter zum Kurs<br />
<strong>Geologie</strong> <strong>im</strong> <strong>Bauwesen</strong><br />
Sommersemester 2011<br />
Dozenten: Priv. Dr. Jörg-Detlef Eckhardt<br />
Dipl.-Ing. Thomas Mutschler<br />
Institut für Bodenmechanik und<br />
Felsmechanik<br />
Institut für Massivbau und Baustofftechnologie<br />
KIT – Universität des Landes Baden-Württemberg und nationales Großforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft www.kit.edu
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Inhaltsverzeichnis<br />
Vorwort<br />
1. EINFÜHRUNG<br />
1.1 Stellung der Baugeologie <strong>im</strong> Rahmen der <strong>Geologie</strong><br />
1.2 Ingenieurgeologische und geotechnische Untersuchungsschwerpunkte<br />
1.3 Zusammenarbeit zwischen Bauingenieur und Baugeologe<br />
1.4 Übungsaufgaben<br />
2. BEWEGUNG, FIGUR, AUFBAU UND DYNAMIK DER ERDE<br />
2.1 Bewegung und Figur der Erde<br />
2.2 Aufbau der Erde<br />
2.3 Erdoberfläche<br />
2.4 Erdwärme (Geothermie)<br />
2.5 Seismizität, Magnitude, Intensität und Schadenswirkung<br />
2.6 Übungsaufgaben<br />
3. KRISTALLE, MINERALE, GESTEINE und GEBIRGE<br />
3.1 Geochemische Elemente, Kristalle<br />
3.2 Minerale<br />
3.3 Gesteine<br />
3.4 Gebirge, Fels<br />
3.5 Best<strong>im</strong>mung der Minerale und Gesteine<br />
3.6 Kreislauf der Gesteine<br />
3.7 Übungsaufgaben<br />
4. MAGMATISCHE GESTEINE<br />
4.1 Magma, Lava<br />
4.2 Magmatite, Magmendifferentiation<br />
4.3 Vulkane, Vulkanite<br />
4.4 Plutone, Plutonite<br />
4.5 Magmatische Gänge, Ganggesteine<br />
4.6 Gefüge der Magmatite<br />
4.7 Bautechnisch bedeutende Magmatite<br />
4.8 Übungsaufgaben<br />
5. METAMORPHE GESTEINE<br />
5.1 Temperatur- und Druckgradienten in der Erdkruste<br />
5.2 Metamorphose<br />
5.3 Einteilung der Metamorphite<br />
5.4 Migmatite<br />
5.5 Gefüge der Metamorphite<br />
5.6 Fazies<br />
5.7 Bautechnisch bedeutende Metamorphite<br />
5.8 Übungsaufgaben<br />
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6. SEDIMENTGESTEINE<br />
6.1 Einteilung der Sed<strong>im</strong>entgesteine<br />
6.2 Klastische Sed<strong>im</strong>ente<br />
6.3 Chemische Sed<strong>im</strong>ente<br />
6.4 Biogene Sed<strong>im</strong>ente<br />
6.5 Bautechnisch bedeutende Sed<strong>im</strong>entgesteine<br />
6.6 Übungsaufgaben<br />
7. ENTSTEHUNG UND KLASSIFIKATION VON LOCKER- UND<br />
FESTGESTEINEN<br />
7.1 Kl<strong>im</strong>a als Motor der Gesteinsbildung<br />
7.2 Verwitterung<br />
7.3 Erosion, Transport, Sed<strong>im</strong>entation<br />
7.4 Ansprache von Locker und Festgesteinen<br />
7.5 Übungsaufgaben<br />
8. ERDGESCHICHTE UND BAUGRUNDEIGENSCHAFTEN<br />
8.1 Erdgeschichtliche Epochen und geologische Formationen<br />
8.2 Geodynamik<br />
8.3 Meeresspiegelschwankungen<br />
8.4 Stratigraphie und Morphologie<br />
8.5 Stratigraphie und Baugrundeigenschaften<br />
8.6 Übungsaufgaben<br />
9. TEKTONISCHE GRUNDLAGEN<br />
9.1 Faltung, Deckenüberschiebung<br />
9.2 Geologische Verwerfungen<br />
9.3 Halokinese, Diapirismus<br />
9.4 Felsklüfte und -gefüge<br />
9.5 Übungsaufgaben<br />
10. DARSTELLUNG VON SCHICHTFLÄCHEN UND KLÜFTEN<br />
10.1 Streichen und Fallen von Schichtflächen und Klüften<br />
10.2 Lagenkugel-Analyse<br />
10.3 Übungsaufgaben zum Lagenkugeldiagramm mit Lösungen<br />
10.4 Weitere Übungsaufgaben zum Lagenkugeldiagramm<br />
11. GEOLOGISCHE ERKUNDUNGEN UND METHODEN<br />
11.1. Baugeologische Erkundung<br />
11.2 Bautechnische Bedeutung der Geomorphologie<br />
11.3 Hangbewegungen<br />
11.4 Erdfälle und Bodensenkungen<br />
11.5 Baugrundvergütung durch Injektionstechnik<br />
11.6 Karten und Profile<br />
11.7 Übungsausgaben<br />
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12. HYDROGEOLOGISCHE GRUNDLAGEN<br />
12.1. Wasserkreislauf<br />
12.2 Grundwasser<br />
12.3 Wasserdurchlässigkeit<br />
12.4 Porosität und Wasseraufnahme<br />
12.5 Quellen<br />
12.6 Karst<br />
12.7 Hydrogeologie <strong>im</strong> <strong>Bauwesen</strong><br />
12.8 Übungsaufgaben<br />
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Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite I<br />
VORWORT<br />
Die Vorlesung "<strong>Geologie</strong> <strong>im</strong> <strong>Bauwesen</strong>" ist eine Grundlagenvorlesung mit Übungen zur<br />
Einführung in das Studium des geotechnischen Ingenieurwesens. Sie vermittelt Ihnen<br />
am Anfang Ihrer Ausbildung zum Bauingenieur einen ersten Einblick in wesentliche<br />
Teilbereiche Ihrer späteren beruflichen Tätigkeit als Diplom-Ingenieur/in und findet ihre<br />
Fortsetzung in den Kursen „Bodenmechanik", „Grundbau" und „Felsmechanik". In den<br />
Masterkursen der Richtung „Geotechnisches Ingenieurwesen“ folgen vertiefende Kurse<br />
zu "Bodenmechanik", „Grundbau" und "Felsmechanik", die durch die Kurse „Tunnel-<br />
und Stollenbau", „Felsbau über Tage", „Erddammbau" und „Deponiebau" sowie weitere<br />
Spezialveranstaltungen ergänzt werden.<br />
Der Kurs „<strong>Geologie</strong> <strong>im</strong> <strong>Bauwesen</strong>" hat an unserer Hochschule eine lange Tradition. Sie<br />
wurde von Professor Leopold Müller Ende der sechziger Jahre begründet und später<br />
von den Professoren Günter Borm, Edwin Fecker und Otfried Natau fortgeführt mit dem<br />
Ziel, den Studenten des Bauingenieurwesens die Bedeutung der <strong>Geologie</strong> für ihre Studienrichtung<br />
klar zu machen. Spätestens dann, wenn Sie ein Vertiefungsstudium <strong>im</strong><br />
geotechnischen Ingenieurwesen aufnehmen, werden Sie erkennen, wie eng die <strong>Geologie</strong><br />
mit dem Bauingenieurwesen verquickt ist und dass Bauen ohne oder gar gegen die<br />
<strong>Geologie</strong> fatale Folgen haben kann.<br />
Die Ihnen vorliegenden Arbeitsblätter zum Kurs „<strong>Geologie</strong> <strong>im</strong> <strong>Bauwesen</strong>" enthalten den<br />
Vorlesungsstoff in stark kompr<strong>im</strong>ierter Form. Trotzdem sind alle geologischen Aspekte,<br />
die mit dem Bauingenieurwesen zusammenhängen, angesprochen. Dass dabei manches<br />
geologische Detail behandelt wird, was Sie in Ihrem späteren Berufsleben nicht<br />
mehr benötigen, lässt sich nicht vermeiden, weil sonst der geologische Zusammenhang<br />
verloren geht.<br />
Die Abbildungen und Tabellen dieses Skriptums sind oft der Fachliteratur entnommen,<br />
ohne dass in jedem Einzelfall alle Urheberrechte überprüft werden konnten. Sie sind<br />
daher nur für den persönlichen Gebrauch best<strong>im</strong>mt und dürfen nicht weiterkopiert werden.<br />
Für das Studium und Ihren späteren Beruf ist es nützlich, wenn Sie wenigstens eines<br />
der in der Literaturauswahl genannten Lehrbücher besitzen. Jedenfalls können Sie die<br />
Lehrbücher in der Universitätsbibliothek ausleihen oder <strong>im</strong> dortigen Lesesaal studieren.<br />
Im Lesesaal der Universitätsbibliothek finden Sie auch eine vollständige Sammlung aller<br />
DIN-Normen, jeweils in der aktuellen Fassung. Das Bauen ist durch Normen sehr<br />
stark reguliert, weshalb Sie sich intensiv mit diesen Normen befassen sollten.<br />
Die <strong>Geologie</strong> ist eine angewandte Wissenschaft und lässt sich nicht allein <strong>im</strong> Hörsaal<br />
und aus Büchern begreifen. Wir empfehlen daher über diese Vorlesung hinaus die aktive<br />
Teilnahme an einem geologischen Praktikum zur Gesteinskunde, welches vom Geologischen<br />
Lehrstuhl angeboten wird. Dort lernen Sie die wichtigsten Gesteine und gesteinsbildenden<br />
Minerale kennen und unterscheiden. Eine Fertigkeit, die Ihnen nicht<br />
nur in Ihrem Beruf von Vorteil sein wird, sondern die auch für Ihre Allgemeinbildung von<br />
großem Nutzen ist.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite II<br />
LEISTUNGSNACHWEIS<br />
Die Studienleistung <strong>im</strong> Kurs „<strong>Geologie</strong> <strong>im</strong> <strong>Bauwesen</strong>“ wird durch einen Leistungsnachweis<br />
ohne Benotung gemäß §17,2 der SPO für den Bachelorstudiengang bescheinigt.<br />
Der Leistungsnachweis ist mit einer erfolgreichen Teilnahme an einer mündlichen Befragung<br />
zu erbringen. Die Befragung wird in Gruppen zu jeweils drei Kandidaten am<br />
Ende des Semesters, noch in der Vorlesungszeit, stattfinden. Termin und Ort werden<br />
rechtzeitig bekannt gegeben.<br />
Gegenstand der Befragung ist der in Vorlesung und Übung behandelte Stoff. Die am<br />
Ende einiger Kapitel aufgelisteten Fragen können als Orientierung dienen. Die ergänzenden<br />
Stichworte sind in Kurzform erläutert und sollten in der Fachliteratur näher recherchiert<br />
werden. Die Arbeitsblätter sind z. T. ausführlicher als die Vorlesungen und<br />
Übungen. Sie sollten Ihnen bei Bedarf zum Nachschlagen dienen. Fragen zum Verständnis<br />
sind erlaubt, machen Sie Gebrauch davon!<br />
Diese Arbeitsblätter stehen <strong>im</strong> Internet unter<br />
http://www.ibf.uni-karlsruhe.de/gib_skript.html<br />
zum Download bereit.<br />
LITERATURAUSWAHL<br />
Allgemeine und historische <strong>Geologie</strong><br />
Murawski, H. und Meyer W. (2010): Geologisches Wörterbuch, 12. Auflage, Elsevier<br />
Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 24,95 EUR<br />
Press, F. und Siever, R. (2003): Allgemeine <strong>Geologie</strong>, 3. Auflage, Spektrum Akademischer<br />
Verlag, Heidelberg, TB 50,00 EUR, geb. Ausgabe: 72,00 EUR<br />
Richter, D. (1992): Allgemeine <strong>Geologie</strong>, 4. Auflage, de Gruyter, Berlin, 34,95 EUR<br />
Tarbuck, E. J. & Lutgens, F. K. (2008): Earth – Introduction to Physical Geology, 9. Auflage,<br />
Pearson Education Int., ca. 90 EUR<br />
Tektonik<br />
Eisbacher, G.H. (1996): Einführung in die Tektonik, 2. Auflage, Spektrum Akademischer<br />
Verlag, Heidelberg, (nur noch antiquarisch erhältlich)<br />
Baugeologie, Hydrogeologie<br />
Fecker, E. und Reik, G. (2001): Baugeologie, 2. Auflage, F. Enke Verlag, Stuttgart,<br />
30,00 EUR<br />
Hölting, B. und Coldewey, W.G. (2009): Hydrogeologie, 6. Auflage, Elsevier Spektrum<br />
Akademischer Verlag, Heidelberg, 39,95 EUR
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite III<br />
Klengel, K.J., Wagenbreth, O und Pasek j. (2001): Ingenieurgeologie, 3. Auflage,<br />
Spektrum Akademischer Verlag;<br />
Prinz, H und Strauß, R. (2006): Abriss der Ingenieurgeologie, 4. Auflage, Elsevier<br />
Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 79,95 EUR<br />
Reinsch, D. (1991): Natursteinkunde, Eine Einführung für Bauingenieure, Architekten,<br />
Denkmalpfleger und Steinmetze, Spektrum Akademischer Verlag.(nur noch antiquarisch<br />
erhältlich)<br />
Normen<br />
DIN 4020, Sept. 2003: Geotechnische Untersuchungen für bautechnische Zwecke<br />
DIN EN ISO 14688-1: Geotechnische Erkundung und Untersuchung - Benennung, Beschreibung<br />
und Klassifizierung von Boden - Teil 1: Benennung und Beschreibung (ISO<br />
14688-1:2002); Deutsche Fassung EN ISO 14688-1:2002<br />
DIN EN ISO 14688-2: Geotechnische Erkundung und Untersuchung - Benennung, Beschreibung<br />
und Klassifizierung von Boden - Teil 2: Grundlagen für Bodenklassifizierungen<br />
(ISO 14688-2:2004); Deutsche Fassung EN ISO 14688-2:2004<br />
DIN EN ISO 14689-1: Geotechnische Erkundung und Untersuchung - Benennung, Beschreibung<br />
und Klassifizierung von Fels - Teil 1: Benennung und Beschreibung (ISO<br />
14689-1:2003); Deutsche Fassung EN ISO 14689-1:2003<br />
DIN EN ISO 22475-1: Geotechnische Erkundung und Untersuchung - Probenentnahmeverfahren<br />
und Grundwassermessungen - Teil 1: Technische Grundlagen der Ausführung<br />
(ISO 22475-1:2006); Deutsche Fassung EN ISO 22475-1:2006<br />
DIN EN ISO 22475-2: Geotechnische Erkundung und Untersuchung - Probenentnahmeverfahren<br />
und Grundwassermessungen - Teil 2: Qualifikationskriterien für Unternehmen<br />
und Personal (ISO/TS 22475-2:2006); Deutsche Fassung CEN ISO/TS 22475-<br />
2:2006<br />
DIN 4023, März 1984: Baugrund- und Wasserbohrungen; Zeichnerische Darstellung<br />
der Ergebnisse<br />
DIN EN 1998-1: Eurocode 8: Auslegung von Bauwerken gegen Erdbeben - Teil 1:<br />
Grundlagen, Erdbebeneinwirkungen und Regeln für Hochbauten; Deutsche Fassung<br />
EN 1998-1:2004 + AC:2009
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 1.1<br />
1. EINFÜHRUNG<br />
(Wechselbeziehungen von <strong>Geologie</strong>, Baugrund und Bauwerk)<br />
Baugeologie ist die angewandte <strong>Geologie</strong> <strong>im</strong> <strong>Bauwesen</strong> bei Untersuchungen von<br />
Baugrund und Baustoffen aus natürlichem Gestein. Im Vordergrund steht dabei die<br />
Interpretation der geologischen Gegebenheiten für bautechnische Zwecke.<br />
Im Umweltschutz zählen zu den baugeologischen Aufgaben die Standortuntersuchungen<br />
für Deponien über und unter Tage, Gefährdungsabschätzungen,<br />
Altlastenerkundung, -sicherung und -sanierung, Erstellung von Karten zur Landschaftsnutzung<br />
und Raumplanung in Abhängigkeit von den Untergrundverhältnissen usw.<br />
Baugeologische Untersuchungen sind durch unterschiedliche Nutzungsansprüche an<br />
den Baugrund geprägt, wobei wirtschaftliche, sicherheitstechnische und ökologische<br />
Aspekte zu berücksichtigen sind. Voraussetzung hierfür ist eine fundierte Kenntnis über<br />
den Aufbau des Baugrundes und sein Verhalten bei bautechnischen Eingriffen.<br />
1.1 Stellung der Baugeologie <strong>im</strong> Rahmen der <strong>Geologie</strong><br />
<strong>Geologie</strong><br />
Allgemeine <strong>Geologie</strong> Historische <strong>Geologie</strong> Angewandte <strong>Geologie</strong><br />
physiograph. dynamische Stratigraphie Paläontologie<br />
<strong>Geologie</strong> <strong>Geologie</strong><br />
endogene Dynamik exogene Dynamik Tektonik<br />
Lagerstättengeologie Hydrogeologie Baugeologie Bodenkunde<br />
Benachbarte Disziplinen: Mineralogie, Petrographie, Geophysik<br />
Weiterführende Ingenieurdisziplinen:<br />
Bodenmechanik, Grundbau, Dammbau, Deponiebau, Felsmechanik, Felsbau, Tunnelbau,<br />
Bergbau<br />
_____________________________________________________________________<br />
Übung 1.0:<br />
Interpretieren Sie das obige Diagramm zur Stellung der Baugeologie <strong>im</strong> Rahmen der<br />
Geowissenschaften mit Hilfe der Definitionen auf der folgenden Seite. Beachten Sie<br />
dabei, dass die einzelnen Disziplinen i.a. miteinander verbunden sind.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 1.2<br />
<strong>Geologie</strong>: Wissenschaft von der Entwicklungsgeschichte und dem stofflichen Aufbau<br />
der Erde. Sie erforscht die Erdkruste mit ihren Gesteinen, deren Lagerungs- und<br />
Umwandlungserscheinungen sowie ihrem Fossilgehalt.<br />
Allgemeine <strong>Geologie</strong> (Geomorphologie, exogene und endogene Dynamik):<br />
Wissenschaft von den Formen der Erdoberfläche. Lehre von den physikalischchemischen<br />
Grundlagen geologischer Prozesse: Bildung und Umgestaltung der<br />
Gesteine unter Einwirkung von endogenen (=inneren) und exogenen (=äußeren)<br />
Kräften<br />
Historische <strong>Geologie</strong> (Erdgeschichte): Sie erforscht die Entwicklung der Erde -<br />
besonders ihrer Kruste - und des Lebens darauf über die erdgeschichtlichen<br />
Epochen. Urkunden und Zeugnisse dafür sind die Gesteine und Fossilien.<br />
Stratigraphie: Lehre von der Zusammensetzung, der zeitlichen Bildungsfolge und<br />
Fossilführung sowie der räumlichen Verbreitung der Sed<strong>im</strong>entgesteinsschichten.<br />
Aufstellung von Zeitskalen zur Datierung der geologischen Geschichte<br />
Paläontologie: Wissenschaft von den tierischen und pflanzlichen Lebewesen<br />
(Flora und Fauna) der verschiedenen erdgeschichtlichen Epochen<br />
Geochronologie: Wissenschaft vom relativen und absoluten Alter der Erde<br />
Angewandte <strong>Geologie</strong>: Anwendung geologischer Erkenntnisse und Methoden:<br />
Ingenieurgeologie: Lehre von der Verwertung und Anwendung geologischer<br />
Informationen auf Belange der Technik<br />
Montangeologie: Grundlage zur Suche und Untersuchung von natürlichen<br />
Rohstoffen (Lagerstättenkunde: Erdöl, Kohle, Salze, Erze, Steine, Erden)<br />
Hydrogeologie: Lehre vom Wasserhaushalt der Gesteine und Gesteinsverbände.<br />
Erforschung der Vorräte, Bewegung, Qualität und Quantität des Grundwassers<br />
Baugeologie: Teilgebiet der Ingenieurgeologie: Lehre von der Verwertung und<br />
Anwendung geologischer Erkenntnisse auf Belange des <strong>Bauwesen</strong>s. Diese sind:<br />
Geotechnik, technische Beherrschung der geologischen Randbedingungen,<br />
Baugrund, Gründungen, Erdarbeiten, Verkehrsbauten, Fels- und Tunnelbau,<br />
Talsperren, Rohöl- und Gasspeicherung, Abfall-Deponien über und unter Tage<br />
Mineralogie: Lehre von der physikalisch-chemischen Zusammensetzung und<br />
geometrischen Bildung der Minerale<br />
Petrographie (Gesteinskunde): Lehre von Entstehung, Zusammensetzung und<br />
Umbildung der Gesteine<br />
Geochemie: Stoffbestand und Stoffwechsel der Erde<br />
Geophysik: Physik der festen Erde, des Meeres und der Lufthülle. Sie befaßt sich mit<br />
den seismischen, gravitativen, magnetischen, thermischen und elektrischen<br />
Eigenschaften und Erscheinungen der Erde sowie dem physikalischen Aufbau des<br />
Erdinneren.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 1.3<br />
Angewandte Geophysik: nutzt die geophysikalischen Erkenntnisse und Methoden<br />
für das Aufsuchen von Lagerstätten und für die Sondierung von Baugrund.<br />
Geomechanik: Mechanisches Verhalten der Erdkruste gegenüber tektonischen oder<br />
technischen Einwirkungen<br />
Bodenmechanik und Felsmechanik: Teilgebiete der geotechnischen Ingenieurwissenschaften.<br />
Mechanische und physikalische Eigenschaften des Gebirges. Statik<br />
und Dynamik von Boden und Fels als Element einer Ingenieurkonstruktion<br />
1.2 Ingenieurgeologische und geotechnische Untersuchungsschwerpunkte<br />
Bauwerksart Untersuchungsschwerpunkte<br />
Hochbauten Standortwahl, Tragfähigkeit und Setzungsverhalten des<br />
Baugrundes, Standsicherheit der Baugrubenböschungen,<br />
Wasserverhältnisse<br />
Brücken Standortwahl, Standsicherheit und Setzungsverhalten der<br />
Stützenbereiche und Widerlager<br />
Verkehrswege Trassenlage (Hang- oder Tallage), Setzungsverhalten,<br />
Standsicherheit von natürlichen und künstlichen Böschungen,<br />
Frostverhalten der Gesteine<br />
Talsperren Wahl des Absperrquerschnittes, Belastbarkeit des<br />
Tunnel, Stollen,<br />
Schächte,<br />
Kavernen<br />
Untergrundes in den maßgebenden Richtungen,<br />
Standsicherheit der Felswiderlager, Dichtheit des Stauraumes<br />
und Sperrenbereiches, Verlandungsfragen, Erdbeben-<br />
sicherheit und induzierte Seismizität, Standsicherheit der<br />
Talhänge des Stauraumes<br />
Trassen- und Standortwahl, geologisch-geotechnische<br />
Prognose, Verhalten der verschiedenen Gebirgsarten be<strong>im</strong><br />
Ausbruch eines Hohlraumes, Gebirgsspannungen,<br />
Wasserverhältnisse, Temperatur, Quell- und Schwellverhalten,<br />
Gebirgsgase<br />
Flussbau Erosionstätigkeit, Erosionshindernisse, Sed<strong>im</strong>entations-<br />
tätigkeit, Standsicherheit von Uferböschungen, Fest-<br />
stoffführung<br />
See- und Hafenbau Erosions- und Verlandungsfragen, Gründungsfragen<br />
Deponien über<br />
Tage<br />
Deponien unter<br />
Tage<br />
Baugrundgeologie und -hydrogeologie, Basisabdichtung,<br />
Abdeckung, Standsicherheit<br />
Bewertung alter Bergwerke, geologische und geotechnische<br />
Barrieren, Standsicherheitsnachweise
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 1.4<br />
1.3 Zusammenarbeit zwischen Bauingenieur und Baugeologe<br />
Das Ziel jeder Zusammenarbeit zwischen dem Bauingenieur und dem Baugeologen ist<br />
in erster Linie eine Frage der Opt<strong>im</strong>ierung hinsichtlich größtmöglicher Sicherheit,<br />
Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit.<br />
Baugeologe Ingenieur<br />
Klärung der geologischen Situation <strong>im</strong><br />
Großen<br />
Klärung der geologischen Situation am<br />
gewählten Ort, Festlegung des<br />
Aufschlussprogrammes, Überwachung<br />
bzw. Durchführung der<br />
Aufschlussarbeiten, Baustofffragen<br />
Interpretation der Aufschlussverhältnisse<br />
und Durchführung ergänzender<br />
Untersuchungen, Disposition von Groß-<br />
und Laborversuchen<br />
Geologische Dokumentation und<br />
Bauberatung<br />
Mitarbeit bei der Deutung von<br />
Bauwerksbeobachtungen<br />
1.4 Übungsaufgaben<br />
Vorstudien<br />
Generelle Projektierung<br />
Detail-Projektierung<br />
Bauausführung<br />
Bauwerksüberwachung<br />
Grundsätzliche Entscheidung über<br />
Lokalität, Trassenführung, Hauptanlageverhältnisse<br />
Entscheidung über Bauwerkstypen,<br />
Gründungsarten, Baustofffragen<br />
Anpassung der Baukonstruktionen an<br />
das geologische Detail, Entscheidung<br />
über Art der Bauweise und<br />
Baudurchführung, Festlegung von<br />
Beobachtungssystemen<br />
Erforderlichenfalls Anpassung von<br />
Konstruktion und Ausführung an die <strong>im</strong><br />
Zuge des Baufortschrittes gewonnenen<br />
Daten, Messbeobachtungen<br />
Erforderlichenfalls ergänzende<br />
Maßnahmen<br />
Ü 1.1 Nennen Sie aus Ihrem persönlichen Erfahrungsbereich (He<strong>im</strong>atort, Studienort,<br />
Praktikum, Reisen usw.) eine Baustelle in Locker- oder Festgestein, bei der die<br />
<strong>Geologie</strong> des Baugrundes eine besondere Relevanz hat(te).<br />
(a) Welche Erscheinungen waren zu beobachten?<br />
(b) Versuchen Sie die Situation zu skizzieren.<br />
(c) Welche baulichen Maßnahmen wurden getroffen?
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.1<br />
2. BEWEGUNG, FIGUR, AUFBAU UND DYNAMIK DER ERDE<br />
(Jahreszeiten/Kl<strong>im</strong>a, Schalenaufbau, Isostasie, Geothermie, Tektonik, Erdbeben)<br />
2.1 Bewegung und Figur der Erde<br />
Erde<br />
Oberfläche: 510 Mio. km2<br />
mittl. Radius: 6 371 km<br />
mittl. Dichte: 5,5 g/cm 3<br />
mittl. Schwere: 9,81 m/sec2<br />
Sonne<br />
Volumen: 1,1 * 1012 km3<br />
Äquator-Radius: 6378 km<br />
mittl. Dichte der oberen<br />
Kruste: 2,7 g/cm3<br />
(an der Erdoberfläche)<br />
Masse: 6 * 1024 kg<br />
Pol-Radius: 6356 km<br />
Masse: 2 * 1030 kg ca. 332 000 * Erdmasse<br />
mittl. Radius: 700 000 km ca. 109 * Erdradius<br />
mittl. Dichte: 1,4 g/cm 3 ca. 1/4 * Erddichte<br />
Dichte <strong>im</strong> Zentrum: 10 g/cm 3<br />
mittl. Schwere: ca. 28 * Erdschwere an der Oberfläche<br />
Die Schwerkraft der Erde hängt von der Entfernung vom Erdmittelpunkt ab. Die<br />
Fallbeschleunigung beträgt <strong>im</strong> Mittel 9,81 m/sec 2 . Örtliche Abweichungen des<br />
Erdschwerefeldes entstehen durch Heterogenitäten in der Massenverteilung; sie<br />
werden durch die Grav<strong>im</strong>etrie erforscht.<br />
Die Erde rotiert gegen den Uhrzeigersinn in 24 Stunden einmal um ihre Achse, die<br />
gegen die Erdbahn um 66 o 33' geneigt ist, wobei die Drehgeschwindigkeit am Äquator<br />
465 m/sec (1 700 km/h) beträgt.<br />
Die Erde bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von ca. 30 km/sec ( 108 000 km/h) auf<br />
einer nahezu kreisförmigen, etwa 940 Mio. km langen elliptischen Bahn (Ekliptik) um die<br />
Sonne, die in einem der beiden Brennpunkte steht. Der mittlere Abstand von Sonne und<br />
Erde beträgt ca. 150 Mio. km; er ist Anfang Januar um 2,5 Mio. km geringer, Anfang Juli<br />
2,5 Mio. km größer. Die Neigung der Rotationsachse gegen die Ekliptik ist die Ursache<br />
für die verschiedenen Jahreszeiten auf der Nord- und Süd-Halbkugel.<br />
Abb. 2.1 Jahresumlauf der Erde um die Sonne
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.2<br />
Sonne, Mond und andere H<strong>im</strong>melskörper wirken auf die Wassermassen der Erde durch<br />
gravitative Anziehung ein. Auch der feste Erdkörper wird durch diese Anziehungskräfte<br />
deformiert: Dehnung entlang der Linie Mond/Erdschwerpunkt, Stauchung senkrecht<br />
dazu. In Karlsruhe beträgt die Gezeitenschwingung ca. 50 cm.<br />
Der Mond läuft als natürlicher Satellit der Erde in 27,5 Tagen einmal um die Erde und<br />
best<strong>im</strong>mt ihre Gezeiten von Land und Wasser (Ebbe/Flut).<br />
2.2 Aufbau der Erde<br />
Die Erde ist in konzentrischen Schalen aufgebaut:<br />
Die äußere Schale ist eine gasförmige Hülle (Atmosphäre). Sie hat eine Mindesthöhe<br />
von 1 000 km, und ihre Dichte wird nach außen geringer; 90% der Luftmassen sind in<br />
den untersten 20 km enthalten.<br />
Unter der Atmosphäre liegen der vom Wasser eingenommene Bereich (Hydrosphäre)<br />
und die Landmassen (-> Kl<strong>im</strong>a -> Wetter -> Verwitterung). Sichtbare Teile der oberen<br />
Erdkruste sind die Gesteine, die durch Gebirgsbildung und -abtragung an die<br />
Erdoberfläche gelangt sind (-> Orogenese, Epirogenese), sowie das<br />
Oberflächenwasser.<br />
Mit geophysikalischen Methoden - besonders durch Auswertung der Laufzeiten von<br />
Erdbeben-Wellen - gewinnt man Aufschluß über den Aufbau der tiefergelegenen Teile<br />
des Erdkörpers: Sprunghafte Änderungen der Geschwindigkeit von seismischen Wellen<br />
in best<strong>im</strong>mten Tiefen sowie Brechung und Reflexion an Unstetigkeitsflächen belegen<br />
den Schalen-Aufbau des Erdkörpers: Erdkruste, Erdmantel und Erdkern; diese lassen<br />
sich jeweils noch weiter untergliedern (-> Seismologie).<br />
Abb. 2.2 Schalenförmiger Aufbau des Erdkörpers (Press & Siever, 2003)
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.3<br />
2.2.1 Erdbebenwellen<br />
Erdbebenwellen sind stoßartige elastische Verformungen (seismische Wellen), die von<br />
tieferen Teilen der festen Erdkruste ausgehen, sich durch den Erdkörper als<br />
Raumwellen (P- und S-Wellen) und entlang der Erdoberfläche als Oberflächenwellen<br />
(L- und R-Wellen) ausbreiten.<br />
Die Kompressionswellen (pr<strong>im</strong>äre Wellen = P-Wellen) sind am schnellsten. Sie laufen<br />
als Longitudinalwellen mit Geschwindigkeiten von mehreren km/sec durch den<br />
Erdkörper. Je härter ein Gestein ist, desto höher ist die Geschwindigkeit der P-Wellen.<br />
Die Scherungswellen (sekundäre Wellen = S-Wellen) sind Transversalwellen, die den<br />
P-Wellen mit etwa halber Geschwindigkeit folgen.<br />
Die M-Wellen ("Max<strong>im</strong>um") treffen zuletzt ein, da sie entlang der Erdoberfläche laufen.<br />
Nach der Art der Teilchenbewegung gliedert man sie weiter in R- (Rayleigh) und L-<br />
(Love) Wellen.<br />
(a)<br />
(b)<br />
Abb.2.3 Seismische Wellentypen (Press & Siever, 1995)<br />
(a) Kompressionswelle (c) Rayleigh-Welle (c)+(d) M-Welle<br />
(b) Scherungswelle (d) Love-Welle<br />
(c)<br />
(d)<br />
Abb. 2.4 Schema eines Horizontalseismographen nach Wiechert aus (Press &<br />
Siever, 2003)
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.4<br />
Abb. 2.5 Ausbreitung seismische Wellen in der Erde und typische Seismogramme<br />
mit Vorläufern (P, PP, S, SS, SSS) und Hauptphase (L, R)<br />
Abb. 2.6 Ausbreitung seismischer Raumwellen durch die Erde
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.5<br />
2.2.2 Erdkruste<br />
Unter dem Deckgebirge (= Sed<strong>im</strong>entdecke) liegt das Grundgebirge, das zu Tage tritt,<br />
wenn das Deckgebirge abgetragen ist. Es besteht aus magmatischen und<br />
metamorphen Gesteinen mit hohen Silicium- und Aluminium-Gehalten. Dieses<br />
Stockwerk heißt Oberkruste, Kontinentale Kruste oder Granitische Schale. Darin beträgt<br />
die Geschwindigkeit der P-Wellen 4 - 6,3 km/sec. Ihre mittlere Dichte liegt bei 2,7<br />
g/cm3.<br />
Die Dicke der Oberkruste beträgt in den Kontinenten 10 - 30 km; sie kann unter den<br />
jungen Gebirgen (z.B. Alpen, Anden, H<strong>im</strong>alaya) bis auf 60 km anwachsen<br />
(>Gebirgswurzel, Isostasie).<br />
Die Geschwindigkeit der P-Wellen und die Dichte des Gesteins erhöhen sich an der<br />
Unterfläche der Oberkruste, der Conrad-Diskontinuität. Darunter liegt die Unterkruste, in<br />
der Silizium und Aluminium abnehmen, Magnesium und Eisen aber zunehmen. Man<br />
nennt diese Zone Basaltische Kruste oder Gabbro-Schale.<br />
Unter den Ozeanen ist die Unterkruste 5 - 6 km mächtig. Ihre Dicke n<strong>im</strong>mt unter den<br />
Kontinenten auf 15 - 20 km zu. Im Mittel liegt die Untergrenze bei 30 - 35 km Tiefe.<br />
Die untere Begrenzung der Unterkruste ist eine deutliche Unstetigkeitsfläche für die P-<br />
Wellen-Ausbreitung; sie wird Mohorivicic-Diskontinuität ("Moho") genannt. Besonders<br />
tief reicht die Moho-Fläche unter den jungen Gebirgen.<br />
Abb. 2.7 Schematischer Querschnitt durch die Erdkruste (Press & Siever, 2003)<br />
2.2.3 Erdmantel<br />
Der Obere Mantel der Erde besteht <strong>im</strong> Wesentlichen aus Silicaten von basaltischperidotitischer<br />
Zusammensetzung. In der Geomechanik wird er mit der Erdkruste zur<br />
Lithosphäre zusammengefasst. Darunter liegt eine Zone von relativ geringer<br />
Materialfestigkeit und hoher Mobilität; sie heißt Asthenosphäre und steht mit der<br />
Lithosphäre <strong>im</strong> Massenaustausch - besonders an den mittelozeanischen Rücken, wo<br />
Material der Asthenosphäre aufsteigt, abkühlt und in der Lithosphäre erstarrt. Der<br />
umgekehrte Vorgang spielt sich in den Subduktionszonen ab. Bis in den untersten Teil
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.6<br />
des Oberen Mantels sind Inhomogenitäten nachweisbar (z.B. Benioff-Zonen an<br />
abtauchenden Lithosphärenplatten).<br />
Abb. 2.8 Subduktion der ozeanischen Kruste unter die kontinentale Kruste (Press &<br />
Siever, 1995)<br />
Im Mittleren Mantel n<strong>im</strong>mt die Dichte bis auf 4,6 g/cm 3 zu. Im Unteren Mantel steigt die<br />
Geschwindigkeit der P-Wellen mit zunehmender Tiefe auf ca. 14 km/sec an. In 2900 km<br />
fällt sie auf 8,1 km/sec zurück; dort liegt die Kern/Mantel-Grenze, wo die Dichte<br />
sprunghaft von 6,7 g/cm3 auf 9,4 g/cm3 ansteigt.<br />
2.2.4 Erdkern<br />
Man n<strong>im</strong>mt an, dass der Erdkern aus Eisen und Nickel mit Be<strong>im</strong>engungen von Silicaten<br />
des Eisens und Magnesiums besteht. Transversalwellen gehen durch den Erdkern nicht<br />
hindurch. Daraus schließt man, dass der äußere Erdkern flüssig sei. Der innere Erdkern<br />
unterscheidet sich vom äußeren Kern durch die P-Wellen-Geschwindigkeit und wird als<br />
fest angesehen.<br />
2.3 Erdoberfläche<br />
Etwa ⅔ der Oberfläche der Erde werden von Meeren, ca. ⅓ von Kontinenten, Mittel-<br />
und Hochgebirgen bedeckt. Die Kontinentaltafel und der Tiefseeboden nehmen<br />
besonders große Räume ein, während Höhen über 1 000 m (max. Höhe: Mt. Everest<br />
8882 m) relativ selten sind.<br />
Die Kontinentaltafel beginnt bei 1 000 m ü. NN und reicht bis zu 200 m tief u. NN. Der<br />
wasserbedeckte Teil eines Kontinentes heißt Schelf oder Festlandsockel. Der<br />
Kontinentalabhang begrenzt die Schelfe und fällt bis etwa 4 000 m ab. Es folgt die<br />
Tiefsee, deren ausgedehnte Flächen bis fast 6 000 m unter NN reichen.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.7<br />
Aus dem Tiefseeboden ragen langgestreckte Gebirgsrücken aus magmatischen<br />
Gesteinen hervor (Tiefseerücken).<br />
2.3.1 Kontinente<br />
Die durchschnittliche Höhe der gesamten Landoberfläche beträgt 875 m ü. NN. Im<br />
Norden lagern sich um das nördliche Eismeer die Kontinentalbereiche Nordamerikas,<br />
Asiens und Europas. Der Erdteil Antarktis bildet einen ausgedehnten Kontinent <strong>im</strong><br />
Bereich des Südpols. Auffallend ist der weitgehend kongruente Verlauf der atlantischen<br />
Ost- und Westküsten (-> Kontinentalverschiebung).<br />
Abb. 2.9 Kongruenz der zirkumatlantischen Kontinentalränder (Press & Siever,<br />
2003)<br />
(Grundlage der Kontinentalverschiebungstheorie von A. Wegener)<br />
Abb. 2.10 Schema der Plattentektonik der Lithosphäre (Press & Siever, 2003)
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.8<br />
2.3.2 Meere<br />
Von den großen Ozeanen (Pazifik, Atlantik, Indik) dringen Nebenmeere zwischen die<br />
Kontinentalblöcke ein. Diese Nebenmeere werden in Mittelmeere, welche die<br />
Kontinentalblöcke in Erdteile gliedern, und in Randmeere (z.B. Nordsee, Ostsee)<br />
eingeteilt. Die größten Tiefen des Meeresbodens erreichen die Tiefsee-Gräben (z.B.<br />
Marianen-Graben 11 000 m u. NN). Sie sind relativ schmale Senkungszonen, die bis zu<br />
tausenden von Kilometern lang sind und sich i.a. unmittelbar vor den Kontinenten oder<br />
Inselbögen mit jungen Gebirgen hinziehen (Subduktionszonen).<br />
An den Tiefseerücken steigen die magmatischen Schmelzen in tiefreichenden Bruch-<br />
und Dehnungszonen der Erdkruste empor (Divergenzzonen). Eine bedeutende<br />
submarine SchwelIe ist der Mittelatlantische Rücken, der den Atlantik durchzieht und<br />
Höhenunterschiede von mehr als 3000 m besitzt; auf ihm liegen Island, die Azoren und<br />
andere Inseln. In den Mittelatlantischen Rücken ist ein 20-50 km breiter, über 3000 m<br />
tiefer Zentralgraben ("Rift") eingesenkt.<br />
Abb. 2.11 Schema des "sea-floor-spreading"<br />
2.4 Erdwärme (Geothermie)<br />
Die Temperatur der Erdkruste n<strong>im</strong>mt pro 100 m Tiefe <strong>im</strong> Mittel um 3 oC zu. Dieser<br />
Temperatur-Gradient in [ o C/m] oder sein Kehrwert, die geothermische Tiefenstufe in<br />
[m/oC], hängen von radioaktiver Aufheizung, chemischen Prozessen, vulkanischen<br />
Vorgängen, jungen Gebirgsbildungen sowie von der Wärme-Leitfähigkeit der Gesteine<br />
ab. Die Geothermische Tiefenstufe schwankt zwischen 90 oC/km in den jungvulkanischen<br />
Gebieten (z.B. Anden) und 9 o C/km in den alten kontinentalen Schilden<br />
(z.B. Südafrika, Kanada, Skandinavien). Wahrscheinlich wird die Wärme tieferer<br />
Schalen - besonders <strong>im</strong> Erdmantel - durch aufsteigende Schmelzmassen in Form von<br />
Konvektionsströmungen nach oben transportiert; in der Kruste scheint dagegen<br />
Wärmeleitung zu dominieren.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.9<br />
2.5 Seismizität, Magnitude, Intensität und Schadenswirkung<br />
2.5.1 Seismizität<br />
Seismizität ist die Statistik der geographischen und zeitlichen Verteilung der Erdbeben.<br />
Die überwiegende Zahl der tektonischen Erdbeben ist an die Ränder der<br />
lithosphärischen Platten gebunden.<br />
Abb. 2.12 Seismizität der Erde, Erdbebenherde (Press & Siever, 1995)<br />
2.5.2 Magnitude<br />
Die Magnitude eines Erdbebens ist ein relatives Zahlenmaß für die freigesetzte Energie<br />
<strong>im</strong> Hypozentrum des Bebens. Sie wird aus dem dekadischen Logarithmus der<br />
max<strong>im</strong>alen Amplitude der seismischen Schwingweg-Registrierung an der Erdoberfläche<br />
best<strong>im</strong>mt, nachdem sie auf eine Herdentfernung von 100 km theoretisch reduziert<br />
worden ist (RICHTER-Skala, 1935):<br />
M = log (A / A0)<br />
A Amplitude in [µm]<br />
A0 = 1 [µm] Referenzamplitude<br />
Jede Stufe der RICHTERschen Magnitudenskala bedeutet eine Steigerung der<br />
Schwingweg-Amplitude um das jeweils 10-fache der darunterliegenden Stufe.<br />
Man unterscheidet zwischen Raumwellen-Magnituden (M b ) und Oberflächenwellen-<br />
Magnituden (M s ).
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.10<br />
2.5.3 Hypozentrum, Epizentrum, Intensität und Schadenswirkung<br />
Das Hypozentrum ist ein hypothetischer Punkt in der Erdkruste, von der das Erdbeben<br />
ausgeht.<br />
Das Epizentrum ist die radiale Projektion des Hypozentrums auf die Erdoberfläche.<br />
Die Intensität ist eine Kennzahl für die Stärke der Bodenbeschleunigung bei Erdbeben<br />
anhand der Auswirkungen auf Menschen und Objekte und anhand des Ausmaßes der<br />
Gebäudeschäden vor Ort. Die DIN 4149:2005-04 verwendet die Europäische<br />
Makroseismische Skala (EMS)<br />
2.5.4 Erdbebenzonen in Deutschland<br />
Die Erdbebenzonen der Bundesrepublik Deutschland sind in Bild 2.13 dargestellt.<br />
Den Erdbebenzonen werden auf der Grundlage berechneter Intensitäten in Tabelle 2.1<br />
Intensitätsintervalle zugeordnet. Die Gefährdung innerhalb jeder Erdbebenzone wird als<br />
einheitlich angesehen; abgesehen von Variationen, die sich durch unterschiedliche<br />
Untergrundbedingungen ergeben.<br />
Die Referenz-Wiederkehrperiode, für die die Erdbebengefährdungskarte bzw. die<br />
daraus abgeleitete Erdbebenzonenkarte, siehe Bild 2.13, erstellt wurde, beträgt 475<br />
Jahre; dem entspricht eine Wahrscheinlichkeit des Auftretens oder Überschreitens von<br />
10 % innerhalb von 50 Jahren.<br />
Als zonenspezifischer Einwirkungsparameter gilt ein Bemessungswert der Bodenbeschleunigung<br />
αg, der in Tabelle 2.1 den Erdbebenzonen zugeordnet ist und als<br />
Grundlage für den rechnerischen Erdbebennachweis anzusehen ist, sofern dieser<br />
erforderlich ist.<br />
Für die Zuordnung einzelner Kreise und Gemeinden zu den Erdbebenzonen wird ein<br />
Beiblatt zur DIN 4149:2005-04 erarbeitet.<br />
Erdbebenzone Intensitätsintervalle Bemessungswert der<br />
Bodenbeschleunigung<br />
αg [m/s²]<br />
0<br />
1<br />
2<br />
3<br />
6 ≤ I ≤ 6,5<br />
6,5 ≤ I ≤ 7<br />
7 ≤ I ≤ 7,5<br />
7,5 ≤ I<br />
Tab. 2.1 Zuordnung von Intensitätsintervallen und Bemessungswerten der Bodenbeschleunigung<br />
zu den Erdbebenzonen nach Abb. 2.13<br />
-<br />
0,4<br />
0,6<br />
0,8
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.11<br />
Abb. 2.13 Karte der Erdbebenzonen in der Bundesrepublik Deutschland (Bild 2 aus<br />
DIN 4149:2005-04)
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.12<br />
2.5.4 Untergrundverhältnisse, <strong>Geologie</strong> und Baugrund<br />
Der Einfluss der örtlichen Untergrundverhältnisse auf die Erdbebeneinwirkung ist<br />
generell durch eine Einstufung in eine der drei geologischen Untergrundklassen R, T, S<br />
und in eine der drei Baugrundklassen A, B, C zu berücksichtigen.<br />
Als Kombinationen von geologischem Untergrund und Baugrund können die Untergrundverhältnisse<br />
A-R, B-R, C-R, B-T, C-T und C-S vorkommen.<br />
2.5.4.1 Geologische Untergrundklassen<br />
Es wird zwischen den folgenden geologischen Untergrundklassen unterschieden:<br />
- Untergrundklasse R<br />
Gebiete mit felsartigem Gesteinsuntergrund.<br />
- Untergrundklasse T<br />
Übergangsbereiche zwischen den Gebieten der Untergrundklasse R und der<br />
Untergrundklasse S sowie Gebiete relativ flachgründiger Sed<strong>im</strong>entbecken.<br />
- Untergrundklasse S<br />
Gebiete tiefer Beckenstrukturen mit mächtiger Sed<strong>im</strong>entfüllung.<br />
Die geologischen Untergrundklassen in den Erdbebenzonen in Deutschland werden in<br />
Bild 2.14 gezeigt. Für die Zuordnung einzelner Kreise und Gemeinden zu den<br />
Untergrundklassen ist ein Beiblatt zur DIN 4149:2005-04 in Vorbereitung.<br />
2.5.4.2 Baugrundklassen<br />
Der Baugrundbegriff wird nach folgenden Baugrundklassen unterschieden:<br />
- Baugrundklasse A<br />
Unverwitterte (bergfrische) Festgesteine mit hoher Festigkeit.<br />
Dominierende Scherwellengeschwindigkeiten liegen höher als etwa 800 m/s.<br />
- Baugrundklasse B<br />
Mäßig verwitterte Festgesteine bzw. Festgesteine mit geringerer Festigkeit oder<br />
grobkörnige (rollige) bzw. gemischtkörnige Lockergesteine mit hohen<br />
Reibungseigenschaften in dichter Lagerung bzw. in fester Konsistenz (z. B. glazial<br />
vorbelastete Lockergesteine).<br />
Dominierende Scherwellengeschwindigkeiten liegen etwa zwischen 350 m/s und 800<br />
m/s.<br />
- Baugrundklasse C<br />
Stark bis völlig verwitterte Festgesteine.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.13<br />
Abb. 2.14 Geologische Untergrundklassen in den Erdbebenzonen in der Bundesrepublik<br />
Deutschland (Bild 3 aus DIN 4149:2005-04)
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 2.14<br />
2.6 Übungsaufgaben<br />
Ü 2.1 Was ist der Unterschied zwischen exogener und endogener Dynamik der Erde?<br />
Nennen Sie jeweils wichtigste Ursachen und Wirkungen.<br />
Ü 2.2 (a) Beschreiben Sie den Schalenaufbau des Erdkörpers.<br />
(b) Wodurch sind die einzelnen Schalen charakterisiert?<br />
(c) Woher kennt man sie?<br />
Ü 2.3 (a) Was sind isostatische Ausgleichsbewegungen der Erdkruste?<br />
(b) Nennen Sie Beispiele.<br />
Ü 2.4 (a) Beschreiben Sie das Prinzip der Plattentektonik der Erdkruste mit den<br />
Mechanismen Mantelkonvektion, Sea-Floor-Spreading, Subduktion,<br />
Vulkanismus, Erdbeben, Orogenese, Rifting, Kontinentalverschiebung.<br />
(b) Nennen Sie Beispiele für Subduktionszonen und intrakontinentale<br />
Riftzonen.<br />
Ü 2.5 (a) Zeigen Sie am Beispiel der San-Andreas-Verwerfung in Kalifornien die<br />
Bewegung der ostpazifischen Plattengrenze relativ zur nordamerikanischen<br />
sowie die Folgen dieser Bewegung.<br />
(b) Welche Möglichkeiten gibt es, diese Bewegungen zu beobachten und<br />
zu messen?<br />
Ü 2.6 (a) Erläutern Sie den Mechanismus eines tektonischen Erdbebens.<br />
(b) Wo sind die Erdbebenzonen hauptsächlich lokalisiert? Warum?<br />
(c) Was sind Nachbeben?<br />
Ü 2.7 (a) Wo gibt es in Europa Gebiete mit erhöhter seismischer Aktivität?<br />
(b) Welche Regeln müssen dort bei Ingenieurbauten beachtet werden?<br />
Ü 2.8 (a) Welche seismischen Bodenschwingungsformen sind für Ingenieurbauwerke<br />
besonders kritisch?<br />
(b) Welcher Baugrund ist bei Erdbeben am stärksten gefährdet? Warum?<br />
Stichworte zu Kap. 2 ( ... sind <strong>im</strong> Text erläutert)<br />
Asthenosphäre, Atmosphäre, Divergenz, Ekliptik, Erdbeben, Erdbebenwellen, Erdkern,<br />
Erdkruste, Erdmantel, Geothermie, Gezeiten, Grav<strong>im</strong>etrie, Hydrosphäre, Intensität,<br />
Isostasie, Jahreszeiten, kontinentale Kruste, Kontinentalverschiebung, Lithosphäre,<br />
Magnitude, Moho-Diskontinuität, ozeanische Kruste, Plattentektonik, Schwerkraft,<br />
Seismizität, Subduktion
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 3.1<br />
3. KRISTALLE, MINERALE, GESTEINE und GEBIRGE<br />
(Petrographische Grundlagen, Kreislauf der Gesteine)<br />
Abb. 3.1 Betrachtungsbereiche bei der stofflichen Zusammensetzung der Erde<br />
3.1 Geochemische Elemente, Kristalle<br />
Die (in Gewichtsprozent) häufigsten 8 chemischen Elemente der Oberkruste der Erde<br />
sind:<br />
Sauerstoff (O 2 ) ca. 47 %<br />
Silicium (Si) ca. 28 %<br />
Aluminium (Al) ca. 8 %<br />
Eisen (Fe) ca. 5 %<br />
Calcium (Ca) ca. 4 %<br />
Natrium (Na) ca. 3 %<br />
Kalium (K) ca. 3 %<br />
Magnesium (Mg) ca. 2 %<br />
Kristalle sind anorganische oder organische Festkörper mit definierter chemischer<br />
Zusammensetzung und geordneter, meist periodischer atomarer und geometrischer<br />
Struktur.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 3.2<br />
3.2 Minerale<br />
Minerale sind chemisch homogene anorganische Kristalle oder amorphe Feststoffe der<br />
Erde. Jedes Mineral hat eine chemische Formel. Die Minerale sind die Grundkörper der<br />
Gesteine. Am häufigsten sind die Silikate, z.B. Quarz (SiO 2 ). Minerale mit hohem Si-<br />
Gehalt heißen "sauer"; bei geringem Si-Gehalt nennt man sie "basisch".<br />
Silikate<br />
- Gerüstsilikate z.B. Quarz, Feldspäte<br />
- Schichtsilikate z.B. Gl<strong>im</strong>mer, Talk, Serpentin, Chlorit,<br />
Tonminerale<br />
- Bändersilikate (Amphibole) z.B. Hornblende<br />
- Kettensilikate (Pyroxene) z.B. Augit<br />
- Ringsilikate z.B. Turmalin<br />
- Gruppensilikate z.B. Disthen<br />
- Inselsilikate z.B. Olivin<br />
Weitere gesteinsbildende Minerale:<br />
Phosphate z.B. Apatit<br />
Sulfate z.B. Anhydrit, Gips, Baryt<br />
Karbonate z.B. Calcit, Dolomit, Siderit, Magnesit<br />
Oxide und Hydroxide z.B. Hämatit, Magnetit, Korund,<br />
L<strong>im</strong>onit<br />
Halogenide z.B. Fluorid, Steinsalz, Sylvin<br />
Sulfide z.B. Pyrit, Zinkblende<br />
Reine Elemente z.B. Gold, Silber, Kupfer, Schwefel,<br />
Kohlenstoff<br />
3.3 Gesteine<br />
a) <strong>im</strong> petrographischen Sinn: ein Gemenge von Mineralen,<br />
z.B. Granit, bestehend aus Feldspat, Quarz und Gl<strong>im</strong>mer<br />
b) <strong>im</strong> geologischen Sinn:<br />
alle anorganischen und organischen festen Bestandteile der Erdkruste<br />
(Magmatite, metamorphe Gesteine, Sed<strong>im</strong>entgesteine)<br />
c) in der Geomechanik werden die Gesteine weiter unterteilt in<br />
3.4 Gebirge, Fels<br />
Festgestein: Gestein, dessen Bestandteile (Körner) eine feste und<br />
dauerhafte Bindung besitzen, die unter Wassereinwirkung über längere<br />
Zeit nicht verloren geht<br />
Lockergestein: Boden, dessen Bestandteile keine oder nur eine sehr<br />
schwache Bindung aufweisen<br />
Veränderlich feste Gesteine verlieren ihren Zusammenhalt (Kohäsion)<br />
unter Einwirkung von Wasser<br />
Als Gebirge bezeichnet man in der Geotechnik makroskopisch jeden natürlichen<br />
Verband von Locker- und/oder Festgestein einschließlich des Gefüges (Schichtung,<br />
Schieferung, Klüftung, Störung, usw.) und des darin enthaltenen Wassers.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 3.3<br />
Festgestein <strong>im</strong> natürlichen Verband heißt Fels. Anders als <strong>im</strong> geographischen<br />
Sprachgebrauch bedeutet das Gebirge nicht notwendig <strong>im</strong>mer eine topographische<br />
Erhebung der Geländeoberfläche.<br />
3.5 Best<strong>im</strong>mung der Minerale und Gesteine<br />
Best<strong>im</strong>mungsweise Hilfsmittel Gesteins- bzw.<br />
Mineralmerkmale<br />
Lupe, Hammer, Gefügemerkmale,<br />
makroskopisch- Taschenmesser, Korn- bzw.<br />
Feldansprache<br />
verdünnte Salzsäure<br />
visuelle Ansprache<br />
(3 Teile Wasser, 1 Teil<br />
am Handstück bzw. konz. Salzsäure),<br />
Mineralform,<br />
Dichte, Härte,<br />
Kalkgehalt, Farbe,<br />
in-situ Strichplatte aus Strichfarbe,<br />
unglasiertem<br />
Porzellan<br />
Geschmack<br />
mikroskopische<br />
Gefügemerkmale,<br />
Untersuchung an<br />
Dünnschliffen,<br />
Polarisations-<br />
Farbe,<br />
Lichtbrechungs-<br />
polierten Gesteinsoberflächen<br />
oder<br />
mikroskopindex,<br />
Doppelbrechung,<br />
Mineralkörnern<br />
Kristallsystem<br />
Röntgenographisch Röntgendiffraktometer<br />
Kristallgitterabstände<br />
(Mineralart)<br />
Laboruntersuchung<br />
Elektronenoptisch Elektronenmikroskop<br />
Elektronenmikrosonde<br />
Mikrogefüge,<br />
Elemente d.<br />
Minerale<br />
Stoffbestand,<br />
Gefüge u. Textur,<br />
chemischchemisch-<br />
typische<br />
Reaktionsvorgänge<br />
physikalischephysikalisches<br />
Labor<br />
, alle chemischphysikalischen<br />
Analysen<br />
Eigenschaften<br />
eines Minerals oder<br />
Gesteins<br />
Mohs'sche Härteskala:<br />
1. Talk<br />
2. Steinsalz<br />
3. Calcit<br />
4. Flussspat<br />
5. Apatit<br />
6. Orthoklas<br />
7. Quarz<br />
8. Topas<br />
9. Korund<br />
10. Diamant<br />
mit dem Messer ritzbar<br />
ritzen Fensterglas<br />
schneiden Fensterglas<br />
mit dem Fingernagel ritzbar
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 3.4<br />
3.6 Kreislauf der Gesteine<br />
Darstellung nach Cloos, 1929:<br />
Schematisiert:
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 3.5<br />
3.7 Übungsaufgaben zu den Kapiteln 3 bis 6<br />
Ü 3.1 Wie heißen die häufigsten chemischen Elemente der Erdkruste?<br />
Ü 3.2 Umreißen Sie kurz den Kreislauf der Gesteine.<br />
Ü 3.3 Welches sind die für das <strong>Bauwesen</strong> jeweils wichtigsten Vertreter der<br />
(a) Sed<strong>im</strong>entgesteine, (b) Metamorphite und (c) Magmatite?<br />
Ü 3.4 Welcher Naturstein ist bei den Bauwerken in Karlsruhe bevorzugt<br />
verwendet worden? Warum?<br />
Ü 3.5 Entdecken Sie einen Steinbruch!<br />
(a) Wo liegt er?<br />
(b) Welches Gestein wird abgebaut?<br />
(c) Wie erfolgt der Abbau?<br />
(d) Worin bestehen die geologischen Besonderheiten?<br />
Ü 3.6 Nennen Sie je ein Beispiel für<br />
(a) homogenes, (b) inhomogenes, (c) isotropes, (d) anisotropes Gestein.<br />
Ü 3.7 Was versteht man unter dem Gefüge eines Gesteins?<br />
Welche Bildungsbedingungen best<strong>im</strong>men vorrangig das Gefüge von<br />
(a) klastischen Sed<strong>im</strong>enten, (b) Tiefengesteinen, (c) Metamorphiten?<br />
Ü 3.8 Sammeln Sie <strong>im</strong> Gelände Gesteinshandstücke:<br />
(a) Sed<strong>im</strong>entit, (b) Magmatit und (c) Metamorphit.<br />
Geben Sie die Fundstellen an, und charakterisieren Sie<br />
die Gefügemerkmale dieser Gesteinsproben.<br />
Ü 3.9 Mechanische Gesteinseigenschaften:<br />
Was versteht man unter (a) Härte, (b) Festigkeit, (c) Verformbarkeit?<br />
Ü 3.10 Was ist der Unterschied zwischen<br />
(a) sprödem und duktilem Materialverhalten?<br />
(b) Gesteinsfestigkeit und Gebirgsfestigkeit?
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 3.6<br />
Ergänzende Stichworte zu Kap. 3<br />
Anisotropie: siehe Isotropie<br />
Diagenese: Umbildung lockerer Sed<strong>im</strong>ente zu mehr oder weniger festen Gesteinen<br />
durch langzeitige Wirkung von Überlagerungsdruck, Temperatur, chemischer Lösung<br />
und Ausscheidung (Zementation). Die Diagenese geht in die niedrigsten Stufen der<br />
Metamorphose über.<br />
Feldspäte: häufigste Mineralgruppe der Erdkruste: Silikate mit Al, Ca, K und Na<br />
felsisch: aus hellen Silikaten bestehend (z.B. Feldspat, Quarz, Muskovit)<br />
Gemengteile: Mineralarten, aus denen ein Gestein zusammengesetzt ist. Sie werden<br />
untergliedert in die Hauptgemengteile, die den überwiegenden Teil eines Gesteins<br />
aufbauen und in die Nebengemengteile.<br />
Handstück: Gesteinsprobe von etwa Handgröße<br />
Homogenität: Gleichartigkeit eines betrachteten Bereichs in Bezug auf Aufbau und<br />
Eigenschaften (chemisch und physikalisch). Gegensatz: Inhomogenität<br />
Isotropie: Besonderheit eines Betrachtungsbereichs, bezüglich best<strong>im</strong>mter<br />
Eigenschaften (z.B. Härte, Festigkeit, Verformbarkeit, Durchlässigkeit, Lichtbrechung<br />
usw.) in allen Richtungen gleiche Reaktion zu zeigen. Gegensatz: Anisotropie<br />
Lagerstätte: Mineralische Anreicherungen, die sich wirtschaftlich verwerten lassen<br />
mafisch: aus dunklen Silikaten bestehend, reich an Mg und Fe, (Pyroxene, Amphibole)<br />
Matrix: feinkörnige Grundmasse gröberkörniger Gesteine<br />
Metamorphose: chemisch-strukturelle Gesteinsumwandlung unter veränderlichen<br />
Temperaturen und Drücken<br />
Silikate: Gemenge aus Verbindungen mit Quarz (SiO2 Polymerisation: Ketten- und<br />
Ringbildungen)<br />
Struktur: Geometrische Ausbildung der einzelnen Minerale eines Gesteins (z.B.<br />
Kornform, Korngröße)<br />
Textur: Räumliche Anordnung der Minerale und ihrer Aggregate <strong>im</strong> Gestein (z.B.<br />
Lagentextur, Fließtextur)
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.1<br />
4. MAGMATISCHE GESTEINE<br />
(Plutonite, Vulkanite, Ganggesteine)<br />
4.1 Magma, Lava<br />
Die Temperatur der Erde n<strong>im</strong>mt mit der Tiefe zu (geothermischer Gradient). Durch<br />
Aufschmelzung von Gesteinskomplexen unter geeigneten Temperatur- und<br />
Druckverhältnissen in der unteren Erdkruste oder <strong>im</strong> oberen Erdmantel entsteht Magma<br />
als eine Gesteinsschmelze mit gelösten Gasen, aus denen umgekehrt bei Abkühlung<br />
die Magmatite auskristallisieren.<br />
Der Schmelzprozess (Anatexis) hängt von den Temperatur- und Druckbedingungen<br />
sowie vom Anteil der Gase (z.B. H 2O, CO 2) in der Schmelze ab. Die meisten Gesteine<br />
setzen sich aus mehreren Mineralen zusammen, die jeweils unterschiedliche<br />
Schmelztemperaturen haben. Oft wird nur ein Teil der Minerale aufgeschmolzen<br />
(Teilschmelzen).<br />
An der Erdoberfläche austretendes Magma heißt Lava. Bei Vulkanen betragen die<br />
Eruptionstemperaturen der Lava 700 o C bis > 1200 o C. Der Chemismus der Laven<br />
hängt von der Temperatur ab und variiert entsprechend stark.<br />
Magmen und Laven enthalten unterschiedliche chemische Elemente (O 2 , Al, Fe, Mg,<br />
Ca, Na, K, u.a.), die sich zu Oxiden verbinden. Der Gehalt an Siliziumdioxid (SiO 2 )<br />
erlaubt eine Klassifizierung der Magmatite: Gehalte von 45 - 52 Vol. % SiO 2<br />
charakterisieren basische Gesteine; Gehalte von 52 - 65 Vol. % SiO 2 ergeben<br />
intermediäre Gesteine; und Gesteine mit über 65 Vol. % SiO 2 bezeichnet man als<br />
sauer. Vom Basischen zum Sauren nehmen die Fe- und Mg-Gehalte ab, während die<br />
Metalle Na und K relativ zunehmen.<br />
4.2 Magmatite, Magmendifferentation<br />
Magmatische Gesteine (Magmatite, Erstarrungsgesteine) sind Gesteine, die durch<br />
Abkühlung des Magmas entstehen (Abnahme von Temperatur und Dampfdruck). Sind<br />
sie <strong>im</strong> Erdinneren erstarrt, heißen sie Tiefengesteine. Dagegen sind Ergussgesteine an<br />
der Erdoberfläche erstarrt.<br />
Wegen seiner gegenüber dem Nebengestein geringeren Dichte steigt das flüssige<br />
Magma langsam auf. Die damit verbundene Ausdehnung erzeugt Druck, der das<br />
Magma (meist auf Risszonen) nach oben presst. Es kann die Erdoberfläche erreichen<br />
und dort in Vulkanen als Lava oder andere Auswurfprodukte eruptieren. Die daraus<br />
entstehenden Gesteine heißen Vulkanite oder Eruptivgesteine (Kap. 4.3). Wenn das<br />
Magma bereits be<strong>im</strong> Aufstieg erstarrt, bevor es die Erdoberfläche erreicht, bildet es die<br />
Plutonite (Intrusivgesteine Kap. 4.4).<br />
Magmatische Strukturen entstehen je nachdem, wieviel Zeit das Magma oder die Lava<br />
zum Abkühlen braucht, in welcher Weise die Minerale auskristallisieren, welche<br />
Viskosität herrscht und welche Bewegungen das abkühlende Gestein untern<strong>im</strong>mt. Als<br />
Faustregel gilt: Je schneller ein Magma abkühlt, desto feinkörniger wird seine Struktur.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.2<br />
Die Abkühlungsgeschwindigkeit hängt stark von der Größe und Gestalt des<br />
Magmenkörpers ab. Große Magmenmassen erstarren langsamer, Laven dagegen<br />
schneller als tiefsitzende Intrusionen, die von heißem Nebengestein umschlossen sind.<br />
Schlagartiges Abkühlen bringt oft Gesteinsglas hervor, das amorph ist.<br />
Das Gefüge der Magmatite hängt stark von der Abkühlungsgeschwindigkeit ab.<br />
1. Schnelle Erstarrung: Ergussgesteine (Vulkanite, Laven, Eruptiva)<br />
Glasig-kristallines, porphyrisches Gestein<br />
2. Erstarrung in Gängen: Ganggesteine<br />
Porphyrisches, holokristallines, gleichkörniges, richtungsloses Gestein<br />
3. Langsame Abkühlung: Tiefengesteine (Plutonite, Intrusiva)<br />
Holokristallines, gleichkörniges, richtungsloses Gestein<br />
Abb. 4.1 Schema der Magmendifferenziation<br />
Abkühlung<br />
--------------- ><br />
--------------------- ><br />
Zunahme an SiO2<br />
In basischen Ergussgesteinen findet man häufig Gasblasenhohlräume; in intermediären<br />
und sauren Gesteinen sind sie selten. Die sauren Gesteine zeigen dafür in einigen<br />
Fällen Fließstrukturen, die auf Magmendifferenziation während des Fließens hindeuten.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.3<br />
Magmendifferenziation bezeichnet die Änderung der mineralischen Zusammensetzung<br />
des Magmas. Bei Abkühlung fallen die unterschiedlichen Gesteinskomponenten durch<br />
sukzessive Erstarrung aus.<br />
Hauptkristallisation nennt man den Zeitabschnitt, in dem der Hauptteil eines Magmas<br />
auskristallisiert; vorher setzt die Frühkristallisation, danach die Restkristallisation ein.<br />
Der Mineralbestand der magmatischen Gesteine hängt von der Zusammensetzung der<br />
Schmelze ab. Neben dem Quarz stellen die Silikatschmelzen die Hauptgemengeteile<br />
dar, gegenüber denen die nicht-silikatischen Nebengemengeteile quantitativ sehr<br />
zurücktreten. Die Aufgliederung der Hauptgemengeteile in 2 Hauptgruppen geschieht<br />
nach der Reihenfolge ihrer Ausscheidung aus dem sich abkühlenden Magma (Tab.<br />
4.1):<br />
(1) kieselsäurearme (=basische), dunkel gefärbte melanokrate Minerale, die in der<br />
Schmelze eine Tendenz zum Absinken haben,<br />
(2) kieselsäurereiche (=saure), helle leukokrate Minerale, die spezifisch leichter als<br />
die Schmelze sind.<br />
Mit der allmählichen Abkühlung und der fortschreitenden Magmendifferenziation wird<br />
die anfangs relativ basische Schmelze <strong>im</strong>mer reicher an Kieselsäure. Daher zählen die<br />
magmatischen Gesteine, die aus dem Restmagma stammen, zu den "sauren<br />
Varianten".<br />
Tab. 4.1 Einteilung der Magmatite<br />
Sauer Interm ediär Basisch<br />
grobkörnig Granit Granodiorit D iorit Gabbro<br />
feinkörnig R hyolith D azit A ndestit B asalt<br />
Zunahm e des K ieselsäuregehalts<br />
Zunahm e des N atriumgehalts<br />
Zunahm e des K alium gehalts<br />
Zunahm e des C alciumgehalts<br />
Zunahm e des M agnesium gehalts<br />
Zunahm e des Eisengehalts<br />
Zunahm e der V iskosität<br />
Zunahm e der S chm elztem peratur<br />
hell dunkel<br />
geringer D ichte größer
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.4<br />
4.3 Vulkane, Vulkanite<br />
Eine Eruption ist das Empordringen von Magma oder Gasen aus dem Erdinneren bei<br />
einem Vulkanausbruch. Die dabei durch Erstarrung der Lava entstehenden Gesteine<br />
sind die Ergussgesteine (Eruptivgesteine, Vulkanite).<br />
Die Lava erreicht die Erdoberfläche über lange Spalten (Klüfte) oder eine Röhre<br />
(Schlot). Die Eruptionsmassen häufen sich um den Schlot zu einem Vulkan an. Neben<br />
den festen und flüssigen Eruptionsprodukten treten Gase aus (z.B. H 2O, SO 2), die zum<br />
größten Teil in die Atmosphäre entweichen.<br />
Viele Vulkanausbrüche sind mit starken Explosionen verbunden (z.B. Ätna, Mount St.<br />
Helens). Dabei wird teils festes, teils flüssiges Material empor geschleudert. Die<br />
größeren Brocken (Bomben) fallen schnell zurück, während sich das Feinmaterial<br />
(Asche) weit über die Umgebung verteilt. Im Lauf mehrerer Eruptionszyklen häufen sich<br />
die Bruchstücke um den Vulkan lagenweise an und verfestigen sich mit der Zeit zu<br />
Pyroklastika. Die Menge der weltweit durch Explosionen geförderten Lockerprodukte<br />
übersteigt die Masse der ruhig ausfließenden (=effusiven) Lavaströme bei weitem.<br />
Der SiO 2-Gehalt der Lava best<strong>im</strong>mt entscheidend deren Zähigkeit (Viskosität): Die<br />
Viskosität steigt mit sinkender Temperatur; je höher außerdem der Gehalt an SiO 2 ,<br />
desto zähflüssiger ist die Lava. Laven mit hohem SiO 2-Gehalt erzeugen kurze, dicke<br />
Ströme, Quellkuppen und Dome. Basische Laven mit ihren relativ geringen SiO2-<br />
Gehalten können dagegen weit ausgedehnte, nahezu horizontale Vulkanitdecken<br />
(Traps, z.B. Dekkan-Traps) bilden.<br />
Wahrscheinlich entsteht die Mehrzahl aller Vulkanite unter Wasser am Tiefseeboden als<br />
ozeanischer Basalt. Die rasche untermeerische Abkühlung erhöht die Viskosität so<br />
stark, dass die an den Riftzonen aufsteigende und auseinander fließende Lava<br />
kissenartige Formen bildet (Pillow Lava).<br />
Je nach Art der Förderung werden verschiedene Vulkantypen an der Erdoberfläche<br />
erzeugt: Schildvulkane und Stratovulkane.<br />
Schildvulkane sind flach gelagert und bestehen überwiegend aus Lavadecken<br />
(Abb. 4.2). Sie entstehen durch reine Effusivtätigkeit (z.B. auf Hawaii).<br />
Abb. 4.2 Schildvulkan (Press & Siever, 2003)
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.5<br />
Stratovulkane sind steil gelagert und bestehen aus einer Mischung von Lava und<br />
Lockermassen (Abb. 4.3). Sie entstehen aus einem Wechsel von effusiver und<br />
explosiver Tätigkeit (z.B. Vesuv).<br />
Abb. 4.3 Stratovulkan (Press & Siever, 2003)<br />
Der Basalt ist mit mengenmäßig mehr als 90% das weitaus häufigste vulkanische<br />
Gestein. Er ist schwarz gefärbt und enthält ca. 50% Si und größere Mengen an Eisen.<br />
Wegen seiner hohen Härte, Zähigkeit und Druckfestigkeit ist er bautechnisch von<br />
großer Bedeutung.<br />
4.4 Plutone, Plutonite<br />
Eine Intrusion ist das Eindringen einer Gesteinsschmelze in Teile der oberen Erdkruste.<br />
Bei ihrer Erstarrung entstehen die Plutone, die aus kristallinen Tiefengesteinen<br />
bestehen (Plutonite, Intrusivgesteine). Man findet sie <strong>im</strong> Grundgebirge unter Tage<br />
(Bergbau, Tunnelbau) und über Tage dort, wo das Deckgebirge durch Erosion<br />
abgetragen ist (z.B. Schwarzwald, Bayrischer Wald, Harz).<br />
Der Prozess der Intrusion gleicht einem Aufstemmen der Nebengesteinsschichten,<br />
wobei nicht selten auch das Deckgebirge durchschlagen wird; die Lagerung zueinander<br />
ist dann diskordant. Das aufsteigende Magma wird in Klüfte gedrückt und bewirkt ein<br />
Ablösen ganzer Blöcke, die in das Magma einsinken; dadurch kann das Magma selbst<br />
noch weiter nach oben dringen. Tiefengesteine aus diskordanten lntrusionen sind oft<br />
sauer.<br />
Vereinzelt (z.B. <strong>im</strong> Harz, Odenwald) findet man auch km-mächtige konkordante Lagen<br />
von basischen Intrusiva. Deren Plutonite haben eine oft lagige Struktur (z.B. Gabbros).<br />
Intrusivgesteine sind i. Allg. an kontinentale Orogene gebunden, während sie <strong>im</strong><br />
ozeanischen Bereich fast völlig fehlen. Sie werden nach Größe, Form, Entstehungstiefe<br />
und ihrer Stellung zum Nebengestein klassifiziert.<br />
Große rundliche Plutone mit einer Ausbissoberfläche von mehr als 100 km 2 , steil<br />
stehenden Kontaktflächen mit dem Nebengestein und tief reichenden Förderkanälen<br />
heißen Batholite (z.B. Brockenmassiv).
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.6<br />
Abb. 4.4 Batholith: Profil des Brockenmassivs mit Intrusionsfolge und Kontakthof<br />
Stellenweise kann das Deckgebirge be<strong>im</strong> Eindringen von Magma angehoben und<br />
ausgebeult worden sein, z.B. San Francisco Mountains. Der entsprechende<br />
Intrusivkörper hat eine domartige und an der Basis flache Form und heißt Lakkolith.<br />
Seine Magmenzufuhr kann aus der Tiefe oder von der Seite erfolgt sein.<br />
Abb. 4.5 Auftretensformen der Magmatite<br />
4.5 Magmatische Gänge, Ganggesteine<br />
Ein Gang ist die Füllung einer Felsspalte mit Mineralgemenge (Ganggestein), das<br />
jünger als das Nebengestein ist. Gänge sind Klein-Intrusionen, die diskordant oder<br />
konkordant auftreten und bis zu 100 km und mehr lang sein können. Sie entstammen<br />
oft einer in großer Tiefe liegenden Magmenkammer.<br />
Lagergänge (Sills) sind flache, konkordante Intrusionen; sie sind an flach gelagerte<br />
Schichtflächen des Nebengesteins gebunden. Das eindringende Magma muss<br />
entsprechend dünnflüssig gewesen sein und ist daher fast <strong>im</strong>mer basisch<br />
zusammengesetzt.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.7<br />
Quergänge (Dykes) sind senkrechte oder steil stehende diskordante Kluftfüllungen von<br />
wenigen Zent<strong>im</strong>etern bis mehreren Metern Dicke (Abb. 4.6). Sie können auch in<br />
Schwärmen von radial oder parallel verlaufenden Gangscharen auftreten. Ein<br />
charakteristisches Ganggestein ist Dolerit.<br />
Abb. 4.6 Quergänge<br />
4.6 Gefüge der Magmatite<br />
Wegen ihrer Zusammensetzung aus einzelnen Kristallen zählt man die Magmatite zu<br />
den kristallinen Gesteinen. Die Kristalle stoßen an den Korngrenzen ohne<br />
Zwischenmittel direkt aneinander und sind bei den Magmatiten i. Allg. regellos verteilt.<br />
Die Kristallisation der Magmatite aus der Schmelze geschieht bei fallender Temperatur:<br />
Zuerst kristallisieren die hochschmelzenden Minerale (z.B. Olivin), sobald ihre<br />
Schmelztemperatur unterschritten ist. Sie können ohne Zwängung ihre idiomorphe,<br />
charakteristische Kristallform ausbilden (z.B. die Einsprenglinge von Porphyrgesteinen).<br />
Mit weiterer Abkühlung und Auskristallisierung anderer Minerale wird das<br />
Kristallwachstum aus Platzgründen zunehmend behindert. Für die zuletzt erstarrenden<br />
Minerale bleibt nur noch wenig Raum, in dem die Kristalle dann irreguläre, xenomorphe<br />
Formen entwickeln.<br />
Das gegenseitige Anordnungsverhältnis der Kristallkörner <strong>im</strong> Gestein bezeichnet man<br />
als Struktur. Das Gefüge eines magmatischen Gesteins ergibt sich aus dessen Struktur<br />
und Textur.<br />
a. Struktur der Gesteinskomponenten<br />
- Kristallinität amorph (=glasig) bei vulkanischen Gesteinsgläsern durch<br />
schnelle Erstarrung (z.B. Obsidian)<br />
hemikristallin-porphyrisch: Einsprenglinge in dichter, z. T.<br />
glasiger Grundmasse, fast <strong>im</strong>mer bei Vulkaniten<br />
(z.B. Andesit)<br />
holokristallin-porphyrisch: vollkristallin, typisch für<br />
Tiefengesteine (z.B. Granit)<br />
- Kornform idiomorph bis xenomorph<br />
- Gestalt isometrisch, tafelig, prismatisch, stängelig, blättrig<br />
- Korngröße absolut: grobkörnig 5 - 30 mm<br />
mittelkörnig 1 - 5 mm<br />
feinkörnig < 1 mm<br />
relativ: gleichkörnig, ungleichförmig, porphyrisch
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.8<br />
(a) gleichkörnig (b) ungleichkörnig (c) porphyrisch<br />
Abb. 4.7: Strukturen, relative Korngrößen:<br />
(a) gleichkörnig (=holokristallin)<br />
(b) ungleichkörnig (=heteroklastisch)<br />
(c) porphyrisch<br />
b. Textur (=Gefügegeometrie): räumliche Einregelung der Minerale durch Platznahme,<br />
Abkühlungsbedingungen, Reaktion mit dem Nebengestein u.a.<br />
- massig, richtungslos typisch für Tiefengesteine, langsame<br />
(z.B. Granit, Diorit) Erstarrung, kaum Bewegung<br />
- lagig, schichtig entsteht durch Magmendifferenziation<br />
- fließend, gebändert typisch für Ergussgesteine, Schmelze<br />
(z.B. Quarzporphyr) war bei der Erstarrung an der Oberfläche<br />
noch in Bewegung<br />
- porös, blasig, schlackig Gasanreicherung <strong>im</strong> Magma entweicht<br />
(z.B. B<strong>im</strong>sstein) be<strong>im</strong> Austritt an die Erdoberfläche und<br />
hinterlässt porige Textur<br />
- drusig, mandelsteinförmig ehemalige Blasenräume <strong>im</strong> Gestein<br />
(z.B. Mandelsteine) werden sekundär durch Quarz, Kalkspat<br />
o. a. Verbindungen ausgefüllt<br />
(a) (b) (c) (d)<br />
Abb. 4.8: Texturen: (a) massig, (b) lagig, (c) fluidal, (d) gebändert
Tab. 4.2: Bautechnisch bedeutende Magmatite<br />
Name<br />
Granit<br />
Granodiorit<br />
Syenit<br />
Diorit<br />
Gabbro<br />
Quarzporphyr<br />
Porphyr<br />
Porphyrit<br />
Diabas<br />
Basalt (häufiges<br />
Vulkanit-<br />
Gestein)<br />
Farbe<br />
hellgrau bis<br />
rotbraun<br />
rotbraun<br />
mittelgrau<br />
dunkelgrau<br />
bis schwarz<br />
grauschwarz<br />
bis<br />
rotbraun<br />
schwarz bis<br />
dunkelgrün<br />
schwarz<br />
Hauptminerale<br />
Quarz, Feldspat,<br />
Gl<strong>im</strong>mer, Hornblende,<br />
Augit<br />
Feldspat,<br />
Hornblende (10 - 30%)<br />
(Augit)<br />
Feldspat, Hornblende,<br />
Augit, Gl<strong>im</strong>mer<br />
Feldspat, Hornblende,<br />
Augit, Gl<strong>im</strong>mer, Olivin<br />
Quarz, Feldspat,<br />
Feldspat, Hornblende,<br />
Gl<strong>im</strong>mer<br />
Feldspat, Augit,<br />
(Hornblende)<br />
Feldspat, Feldspatvertreter,<br />
Hornblende,<br />
Augit, Olivin,<br />
Einsprenglinge<br />
Gefüge<br />
richtungslos-körnig<br />
hypidiomorph-körnig,<br />
richtungslos<br />
bis gerichtet<br />
hypidiomorph-körnig<br />
hypidiomorph-körnig,<br />
richtungslos<br />
porphyrisch,<br />
feinkörnige bis dichte<br />
Grundmasse, oft<br />
gerichtet<br />
sperrig, relativ<br />
gleichkörnig<br />
sperrig, z.T. geregelt<br />
dicht<br />
Technische Merkmale<br />
widerstandsfähig, hart,<br />
spröde, regelmäßig<br />
teilbar, polierbar, gut<br />
bearbeitbar<br />
verschleißfest, zäh,<br />
kantenfest, regel- bis<br />
unregelmäßig teilbar, gut<br />
polierbar<br />
sehr hart, zäh, kantenfest,<br />
schwer bearbeitbar, gut<br />
polierbar<br />
hart, zäh, schwer bearbeitbar,<br />
hohe Bohrhärte,<br />
großer Sprengstoffverbrauch,<br />
polierbar<br />
hart, oft großer<br />
Porenanteil<br />
verschleißfest, zäh,<br />
schwer bearbeitbar<br />
verschleißfest, sehr hart,<br />
schwer bearbeitbar, oft<br />
säulenförmig<br />
einaxiale<br />
Druckfestigkeit<br />
[N/mm 2 ]<br />
180 - 280<br />
160 - 240<br />
170 - 300<br />
170 - 300<br />
180 - 300<br />
180 - 250<br />
250 - 400<br />
Rohdichte<br />
[g/cm 3 ]<br />
2,5 - 2,6<br />
2,6 - 2,8<br />
2,8 - 3,0<br />
2,8 - 3,0<br />
2,6 - 2,8<br />
2,8 - 2,9<br />
2,9 - 3,1<br />
Verwendung<br />
Bausteine<br />
aller Art<br />
Packlage,<br />
Schotter,<br />
Splitt<br />
Bausteine,<br />
Schotter<br />
Bausteine,<br />
Schotter<br />
Bausteine,<br />
Packlage,<br />
Schotter,<br />
Splitt<br />
Schotter,<br />
Pflaster<br />
Bausteine,<br />
Pflaster<br />
4.7 Bautechnisch bedeutende Magmatite<br />
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.9
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.10<br />
4.8 Übungsaufgaben (siehe auch Kap. 3.7)<br />
Ü 4.1 (a) Welche unterschiedlichen Vulkantypen kennen Sie?<br />
(b) Nennen Sie für die verschiedenen Typen jeweils Namensbeispiele!<br />
Ü 4.2 Welche Temperaturbedingungen führen bei der Magmendifferenziation zu den<br />
folgenden Strukturen von Magmatiten?<br />
(a) grobkristallin, gleichkörnig, richtungslos<br />
(b) porphyrisch, richtungslos<br />
(c) glasig kristallin<br />
Ü 4.3 Üben Sie be<strong>im</strong> Gang über einen Friedhof, wo Sie typische Tiefengesteine als<br />
Grabplatten gesägt und poliert in großer Zahl entdecken können, oder an einem<br />
Bauwerk mit Natursteinverblendung die visuelle Best<strong>im</strong>mung von Tiefengesteinen<br />
nach der folgenden Anleitung:<br />
(a) Wählen Sie eine Platte aus Tiefengestein aus und dokumentieren Sie die<br />
beobachteten Merkmale in Worten und durch eine Skizze oder ein Foto!<br />
(b) Kann man die Kristalle mit dem bloßen Auge erkennen?<br />
• grobkörnig?<br />
• mittelkörnig?<br />
• kleinkörnig?<br />
(c) Sind die Kristalle<br />
• gleichförmig,<br />
• ungleichförmig oder<br />
• porphyrisch?<br />
(d) Wie könnte das betrachtete Tiefengestein entstanden sein?<br />
Hinweise:<br />
Gesteine der großen Intrusionen sind i. Allg. grobkörnig.<br />
Die Gesteine der kleineren Intrusionen kühlen wegen der Nähe zur Oberfläche<br />
schneller ab und haben daher mittelkörnige bis porphyrische Strukturen.<br />
Laven erstarren durch rasche Abkühlung zu feinkörnigen, porphyrischen oder<br />
amorphen Gesteinen.<br />
Bei den Tiefengesteinen überwiegen die granitischen Gesteine wie Granit und<br />
Granodiorit, bei den vulkanischen Gesteinen die basischen wie Basalt und Andesit.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.11<br />
Ergänzende Stichworte zu Kap. 4<br />
amorph: glasige Struktur, die bei vulkanischen Gesteinsgläsern durch sehr rasche<br />
Abkühlung entsteht<br />
Basaltsäulen: polygonale Säulen, die be<strong>im</strong> Abkühlen von Basaltergüssen entstehen<br />
basisch: Bezeichnung für quarzlose oder quarzarme Magmatite<br />
Caldera: durch Explosion oder Einsturz entstandener, kesselförmig stark erweiterter<br />
Krater eines Vulkans<br />
Diskordanz: Gegensatz von Konkordanz<br />
Einsprengling: Kristall, der in einer feinerkörnigen Grundmasse eingebettet ist (z.B.<br />
porphyrische Struktur bei magmatischen Gesteinen)<br />
Eruption: Empordringen von Magma oder Gasen aus dem Erdinneren bei einem<br />
Vulkanausbruch<br />
Eruptivgesteine (Eruptiva): die bei einer vulkanischen Eruption durch Erstarrung des<br />
Magmas entstandenen Gesteine ( = Tiefen-, Erguss- oder magmatische Gesteine)<br />
Fließtextur: liegt vor, wenn sich die unterschiedlichen Komponenten eines Gesteins <strong>im</strong><br />
flüssigen oder gasförmigen Zustand so geordnet haben, dass die Fließrichtung der<br />
Schmelze auch <strong>im</strong> verfestigten Gestein noch erkennbar ist<br />
Gang: Füllung einer Felsspalte mit Mineralien, die jünger als das Nebengestein sind.<br />
Ganggesteine: Gesteine, die Spalten in anderen Gesteinen füllen; die Gänge können<br />
bis zu mehreren Kilometern mächtig und über hundert Kilometer lang sein.<br />
holokristallin: volle Kristallinität sämtlicher Gesteinsgemengeteile<br />
idiomorph: Form von Kristallen in Magmatiten mit gut ausgebildeter Eigengestalt der<br />
Kristallflächen<br />
Intrusion: Eindringen einer Gesteinsschmelze in Teile der Erdkruste. Die bei der<br />
Erstarrung solcher Schmelzen entstehenden Intrusionskörper werden Plutone genannt;<br />
große rundliche Plutone heißen Batholithe.<br />
Konkordanz: ungestörte, schichtparallele Lagerung von Gesteinen. Gegensatz:<br />
Diskordanz<br />
Kristallisation: Hauptkristallisation: Zeitabschnitt, in dem der Hauptteil eines Magmas<br />
auskristallisiert; davor setzt die Frühkristallisation, danach die Restkristallisation ein.<br />
Lava: an der Erdoberfläche austretende zähflüssige Gesteinsschmelze. Be<strong>im</strong> Erstarren<br />
entstehen daraus Ergussgesteine.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 4.12<br />
leukokrat: Bezeichnung für Magmatite, die reich an felsischen (hellen) Mineralen sind<br />
Maar: meist kreisförmige, oft wassergefüllte, kraterartige Vertiefungen in vulkanischen<br />
Gebieten, die durch Explosion unterirdischer Gas- und Dampfmassen entstanden sind<br />
(z.B. in der Eifel oder in den Vogesen)<br />
Magma: Gesteinsschmelze mit gelösten Gasen aus größerer Tiefe der Erdkruste und<br />
des oberen Erdmantels: Grundsubstanz der Magmatite<br />
Magmatische Gesteine (Magmatite, Erstarrungsgesteine): Gesteine, die durch<br />
Abkühlung des Magmas entstehen (Abnahme der Temperatur und des Dampfdrucks).<br />
Wenn sie <strong>im</strong> Erdinneren erstarrt sind, heißen sie Tiefengesteine. Dagegen sind<br />
Ergussgesteine oder vulkanische Gesteine an der Erdoberfläche erstarrt.<br />
Magmendifferenziation: Änderung der mineralischen Zusammensetzung des<br />
Magmas; bei Abkühlung fallen durch stufenweise Erstarrung unterschiedliche<br />
Gesteinskomponenten aus.<br />
melanokrat: Bezeichnung für Magmatite mit vorwiegend mafischen (dunklen)<br />
Mineralen<br />
Pluton: Intrusivkörper in der Erdkruste, der aus kristallinen Tiefengesteinen besteht<br />
Porphyr: Magmatit mit grobkörnigen Einsprenglingen in einer feinkörnigen Grundmasse<br />
Ultrabasite: Magmatite, die vorwiegend aus mafischen Mineralen (z.B. Olivin, Pyroxen,<br />
Amphibol, Biotit) bestehen<br />
Vulkanische (a) Aschen, (b) Bomben, (c) Schlacken: vom Vulkan ausgeworfene (a)<br />
feinkörnige Lockermassen, (b) Gesteinsbruchstücke, (c) poröse, miteinander<br />
verbackene Auswurfsbrocken<br />
xenomorph: Form von Kristallen in Magmatiten, die durch Einzwängung bei der<br />
Erstarrung ihre natürliche Eigengestalt nicht ausbilden konnten. Gegensatz: idiomorph
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 5.1<br />
5. METAMORPHE GESTEINE<br />
(Regional-, Kontakt- und Ultrametamorphose, Schieferung)<br />
Metamorphe Gesteine (Metamorphite) sind durch Temperatur- und Druckeinwirkungen<br />
umgewandelte sed<strong>im</strong>entäre oder magmatische Gesteine mit - gegenüber dem<br />
Ausgangsgestein - veränderten Mineralen, Strukturen und Texturen. Pr<strong>im</strong>äres<br />
Gefügemerkmal der Metamorphite ist i. Allg. eine mehr oder weniger stark ausgeprägte<br />
Paralleltextur (Schieferung). Bautechnisch wichtige Metamorphite sind z.B. Quarzit,<br />
Marmor, Phyllit, Gl<strong>im</strong>merschiefer und Gneis.<br />
5.1 Temperatur- und Druckgradienten in der Erdkruste<br />
Das Verhalten der Gesteine hängt stark vom Druck und der Temperatur in der<br />
Erdkruste ab. In der Nähe der Erdoberfläche reagieren die festen Gesteine<br />
überwiegend als spröde Körper, während sie sich mit zunehmender Tiefe und damit<br />
steigendem Umgebungsdruck eher wie zähe Flüssigkeiten (duktil) verhalten.<br />
5.1.1 Geothermischer Gradient<br />
Maß für die Temperaturzunahme mit der Tiefe:<br />
Je nach Region 25 °C/km bis 35 °C/km, durchschnittlich 30 °C/km<br />
Sein Reziprokwert ist die Geothermische Tiefenstufe.<br />
5.1.2 Lithostatischer Druckgradient<br />
Die Druckzunahme durch das Eigengewicht der Gesteine beträgt in der oberen Kruste<br />
270 - 300 bar (27 - 30 MPa) pro Kilometer. Der lithostatische Druck <strong>im</strong> Erdinneren ergibt<br />
sich aus dem spezifischen Gewicht und der Mächtigkeit des überlagernden Gebirges.<br />
5.2 Metamorphose<br />
Metamorphose ist die Umwandlung der Strukturen von vorhandenen Gesteinen unter<br />
Einwirkung von Druck und/oder Temperatur. Man unterscheidet<br />
Kontaktmetamorphose: eine lokale Temperaturerhöhung be<strong>im</strong> Kontakt eines<br />
(thermisch) Gesteinskörpers mit seiner Umgebung (z.B. intrudierende<br />
Magmen) erzeugt eine Mineralumwandlung.<br />
Dabei entstehen die Kontaktgesteine<br />
Dynamometamorphose: Veränderung durch gerichteten Druck:<br />
(mechanisch) Einregelung der Mineral-Lagen (Textur), z. T. auch<br />
mechanische Zerscherung (Mylonitisierung)<br />
Regionalmetamorphose: großräumige Druck- und Temperaturänderungen<br />
(mechanisch und thermisch) z.B. bei Epirogenese, Orogenese:<br />
Versenkung von Gesteinspartien in größere Tiefen mit<br />
einem Anstieg von Umgebungsdruck und -temperatur.<br />
Dabei entstehen kristalline Schiefer (z.B. Gneise).
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 5.2<br />
Impaktmetamorphose: Metamorphose durch z.B. Meteoriteneinschlag<br />
Retrograde Metamorphose: läuft bei abnehmenden Temperaturen und Drücken<br />
ab; dabei werden Hochdruck- und Hochtemperatur-<br />
mineralien in neue Mineralien umgewandelt, die bei<br />
relativ tieferen Temperaturen und Drücken stabil sind.<br />
5.3 Einteilung der Metamorphite<br />
a) Regionalmetamorphose b) Kontaktmetamorphose<br />
Abb. 5.1 Regional- und Kontaktmetamorphose (Press & Siever, 1995)<br />
Tab. 5.1
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 5.3<br />
5.4 Migmatite<br />
Unter den veränderlichen Druck- und Temperaturbedingungen in der Lithosphäre sind<br />
die Grenzen des Bereichs der Metamorphose gegen die Bereiche Diagenese und<br />
Wiederaufschmelzung (Anatexis) fließend. Die Migmatite entstehen bei teilweiser Aufschmelzung<br />
oder Vermischung mit Magma als besonders komplexe Gesteine.<br />
5.5 Gefüge der Metamorphite<br />
Das Gefüge ist der Oberbegriff für Struktur + Textur. Es ist ein Indiz für die bei der Gesteinsbildung<br />
herrschenden physikalischen und chemischen Umgebungsbedingungen.<br />
Je nach Grad der Metamorphose werden die ursprünglichen strukturellen Merkmale<br />
(z.B. Schichtung von Sed<strong>im</strong>entgesteinen) teilweise oder völlig überprägt. Die<br />
Metamorphose kann zu einer Homogenisierung und Verfestigung (z.B. Gneise aus<br />
Magmatiten oder Sed<strong>im</strong>entiten) aber auch - besonders bei Gesteinen mit hohen<br />
Anteilen an Gl<strong>im</strong>mern, Graphit oder Tonmineralen - zu einer Anisotropie <strong>im</strong><br />
Verformungs- und Festigkeitsverhalten führen.<br />
5.5.1 Struktur<br />
Alle Metamorphite sind holokristallin (=vollkristallin). Ihre Struktur ist der Oberbegriff für<br />
Form, Größe und gegenseitige Abgrenzung der einzelnen Minerale:<br />
- fein- oder grobkristallin<br />
- gleich- oder ungleichkörnig<br />
- klastisch (tektonische Trümmerstrukturen, z.B. Mylonit)<br />
5.5.2 Textur<br />
Textur ist die räumliche Anordnung der Mineralkörner <strong>im</strong> Gestein. Häufige Texturen der<br />
Metamorphite sind:<br />
(a)massig, richtungslos z.B. Marmor, Quarzit<br />
(b) schiefrig z.B. Gl<strong>im</strong>merschiefer<br />
(c) gebändert, lagig z.B. Bändergneis<br />
(d) linear, gestreckt<br />
Abb. 5.2 Texturmerkmale von Metamorphiten<br />
Schieferung ist eine typische Gefügeeigenschaft metamorpher Gesteine ("kristalline<br />
Schiefer"). Die Paralleltextur der Schichtsilikate (z.B. Gl<strong>im</strong>merschiefer) entsteht nicht<br />
pr<strong>im</strong>är durch Schichtung sondern sekundär durch den Druck auf das Gestein während<br />
der Metamorphose.
Tab. 5.2: Bautechnisch bedeutende Metamorphite<br />
Name<br />
Quarzit<br />
Marmor<br />
Phyllit<br />
Gl<strong>im</strong>merschiefer<br />
Gneis<br />
Farbe<br />
weiß, grau<br />
weiß-grau<br />
(alle<br />
Färbungen<br />
möglich)<br />
graugrün,<br />
seidigglänzend<br />
grau<br />
grau, rötlich<br />
Hauptminerale<br />
Quarz,<br />
(Serizit,<br />
Feldspat)<br />
Kalkspat,<br />
(Silicatminerale) <br />
Feinschuppiger<br />
Gl<strong>im</strong>mer,,<br />
Quarz<br />
Quarz,<br />
Gl<strong>im</strong>mer,<br />
(Feldspat)<br />
Quarz,<br />
Feldspat,<br />
Gl<strong>im</strong>mer<br />
Korngefüge<br />
granoblastisch,<br />
grobkörnig bis<br />
dicht, geschiefert<br />
granoblastisch,<br />
mittel-, grobkörnig,<br />
gut bis<br />
nicht geschiefert<br />
feinkörnig, stark<br />
geschiefert<br />
lepidoblastisch,<br />
grobkornig, gut<br />
geschiefert<br />
granoblastisch<br />
(lagenweise<br />
Anordnung der<br />
Gl<strong>im</strong>mer),<br />
grobkörnig<br />
Technische<br />
Merkmale<br />
sehr hart,<br />
widerstandsfähig,<br />
spröde, oft massig<br />
gut polierfähig<br />
weich, oft stark<br />
geklüftet, oft<br />
frostveränderlich<br />
mittelhart<br />
gebankt, trotz<br />
verbreiteter massiger<br />
Ausbildung<br />
anisotropes<br />
Verhalten<br />
einaxiale<br />
Druckfestigkeit<br />
[N/mm 2 ]<br />
150 - 500<br />
80 - 180<br />
bis 50<br />
bis 100<br />
150 - 280<br />
Rohdichte<br />
[g/cm 3 ]<br />
2,7 - 2,8<br />
2,65 - 2,85<br />
2,6 - 2,8<br />
2,6 - 2,8<br />
2,65 - 3,0<br />
Verwendung<br />
Schotter, Splitt,<br />
Packlage,<br />
(Pflaster)<br />
Innenarchitektur,<br />
Verblender<br />
Schüttmaterial<br />
Schüttmaterial<br />
Packlage,<br />
Pflaster,<br />
Bausteine<br />
aller Art<br />
5.7 Bautechnisch bedeutende Metamorphite<br />
Grünschieferfazies ist eine Sammelbezeichnung für metamorphe Gesteine der Epizone,<br />
die durch Gehalte an Epidot, Chlorit und anderen grünen Mineralien ausgezeichnet<br />
sind; sie entstehen meist aus Gabbros oder anderen basischen Gesteinen.<br />
Fazies ist die Gesamtheit der Merkmale eines Gesteins. Mineralogisch wichtig ist die<br />
metamorphe Fazies, die durch die Vergesellschaftung der Mineralien <strong>im</strong> Gestein eine<br />
Einordnung des Gesteins in best<strong>im</strong>mte Metamorphosebereiche erlaubt.<br />
5.6 Fazies<br />
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 5.4
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 5.5<br />
5.8 Übungen zu Kap. 5 (siehe auch Kap. 3.7)<br />
Ü 5.1 Wodurch unterscheiden sich die baugeologischen Eigenschaften des metamorphen<br />
Gesteins Gneis qualitativ von denen des Tiefengesteins Granit?<br />
Ü 5.2 (a) Was ist Metamorphose, wo tritt sie auf?<br />
(b) Was ist ein Quarzit, was ein Marmor, aus welchen Ausgangsgesteinen<br />
entstehen sie?<br />
Ergänzende Stichworte zu Kap. 5<br />
Anatexis: Endstufe der Metamorphose mit teilweiser Aufschmelzung des Gesteins. Bei<br />
weiterer Temperaturerhöhung treten eine vollständige Wiederaufschmelzung des Gesteins<br />
und die Bildung von Magma ein (Palingenese) ein.<br />
Orthogesteine: (veraltete) Bezeichnung für metamorphe Gesteine mit magmatischen<br />
Ausgangsmaterialien<br />
Paragesteine: (veraltete) Bezeichnung für metamorphe Gesteine mit nicht-magmatischen<br />
Ausgangsmaterialien<br />
Schieferung: (Foliation). Makroskopisch <strong>im</strong> Wesentlichen parallel gerichtetes, engständiges<br />
Flächengefüge mit meist eingeregelten Mineralneubildungen. Charakteristische<br />
Gefügeeigenschaft der metamorphen Gesteine durch die Paralleltextur der Schichtsilikate<br />
(z.B. Gl<strong>im</strong>merschiefer).<br />
Struktur: beschreibende Bezeichnung für die Merkmale der Form, Größe und<br />
gegenseitige Abgrenzung der einzelnen Gemengteile (z.B. glasig, gleich- oder<br />
ungleichkörnig, klastisch, konglomeratisch, brekziös, fein- oder grobkristallin, porphyrisch).<br />
Indiz für die bei der Gesteinsbildung herrschenden physikalisch-chemischen Bedingungen.<br />
Struktur und Textur bilden das Gefüge eines Gesteins<br />
Textur: geometrische (räumliche) Anordnung der Mineralkörner in einem Gestein (z.B.<br />
richtungslos, geschiefert, gebändert, fließend, porig)
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 6.1<br />
6. SEDIMENTGESTEINE<br />
(klastische, chemische und biogene Sed<strong>im</strong>ente)<br />
Die Sed<strong>im</strong>entgesteine entstehen <strong>im</strong> Kreislauf der Gesteine durch<br />
Verwitterung -> Abtragung (Erosion) -> Transport und Sortierung - ><br />
Ablagerung (Sed<strong>im</strong>entation) -> Verfestigung (Diagenese).<br />
Ein pr<strong>im</strong>äres Gefügemerkmal der Sed<strong>im</strong>entgesteine ist daher in den meisten Fällen<br />
eine Schichtung in Lagen mit unterschiedlichen Kornarten und -größen.<br />
Abb. 6.1 Sed<strong>im</strong>entgesteine und ihre Vorkommen (Siever & Press, 2003)<br />
6.1 Einteilung der Sed<strong>im</strong>entgesteine<br />
Nach der Art der Entstehung (Genese) werden die Sed<strong>im</strong>entgesteine in klastische,<br />
chemische und biogene Sed<strong>im</strong>ente eingeteilt.<br />
Klastische Sed<strong>im</strong>ente Chemische Sed<strong>im</strong>ente Organogene Sed<strong>im</strong>ente<br />
Festland<br />
Kies, Sand, Schluff, Ton Süßwasserkalk CaCO3 Süßwasserkalk z. T. CaCO3<br />
Fließendes Wasser (Gesteinsbruchstücke,<br />
Quarz, Tonminerale u.a.)<br />
Travertin CaCO3<br />
Teiche und Seen Sand, Schluff, Ton (Quarz, Travertin CaCO3<br />
Tonminerale)<br />
Seekreide CaCO3<br />
Travertin z. T. CaCO3<br />
Faulschlamm<br />
(Kohlenstoffverbindungen<br />
mit Ton)<br />
Moore - Raseneisenerz Torf, Braunkohle<br />
Fe(OH)3<br />
+ Quarz<br />
(Kohlenstoffverbindungen)<br />
Wind (Wüste, Steppe) Dünensand (meist Quarz)<br />
Löss (Quarz, Tonminerale,<br />
Feldspat, Kalk)<br />
- -<br />
Eis (Gletscher) Geschiebemergel<br />
Bänderton<br />
Sand<br />
- -<br />
Meer Kies, Sand, Schluff, Ton Kalkstein CaCO3 Kalkstein z. T. CaCO3<br />
(Gesteinsbruchstücke,<br />
Quarz, Tonminerale u. a.)<br />
Dolomit CaMg(CO3)2<br />
Gips CaSO4 2 H2O<br />
Anhydrit CaSO4<br />
Steinsalz NaCl<br />
Kalisalze KCl u. a.<br />
(Riffkalke u. a.)<br />
Tab. 6.1 Einteilung der Sed<strong>im</strong>ente nach Entstehungsart und –ort
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 6.2<br />
6.2 Klastische Sed<strong>im</strong>ente (mechanische Sed<strong>im</strong>ente, Trümmergesteine)<br />
Klastische Sed<strong>im</strong>ente sind aus den mechanisch zerkleinerten Bruchstücken älterer<br />
Gesteine aufgebaut.<br />
6.2.1 Grobkörnige Trümmergesteine<br />
- Korndurchmesser > 2mm<br />
- "Kies" Lockergestein<br />
- "Konglomerat", "Brekzie" mit gerundeten Geröllen, mit eckigen Gesteinsbrocken<br />
6.2.2 Mittelkörnige Trümmergesteine<br />
- Korndurchmesser 2 - 0.06 mm<br />
- "Sand" Lockergestein<br />
- "Sandstein" Festgestein<br />
- Quarzsandstein, Kalksandstein<br />
- Arkosesandstein, Grauwacke<br />
- kalkiger, kieseliger, toniger Sandstein<br />
6.2.3 Feinkörnige Trümmmergesteine<br />
- Korndurchmesser < 0.06 mm<br />
"Schluff, (Silt, Siltstein)“, "Ton", "Schieferton, Tonschiefer";<br />
"Bentonit" (stark quellfähig)<br />
Ältere<br />
wissenschaftl.Bezeichnung<br />
Psephite > 63<br />
Korndurchmesser<br />
[mm] Gesteinsart<br />
63-20<br />
20-6<br />
6-2<br />
Psammite 2-0,6<br />
0,6-0,2<br />
0,2-0,06<br />
Pelite 0,06-0,02<br />
0,02-0,006<br />
0,006-0,002<br />
< 0,002<br />
Geröll, Steine<br />
Grobkies<br />
Mittelkies<br />
Feinkies<br />
Grobsand<br />
Mittelsand<br />
Feinsand<br />
Grobschluff<br />
Mittelschluff<br />
Feinschluff<br />
Ton<br />
Lockergesteine<br />
Gesteinsunterarten<br />
(nach Bildungsart) Gesteinsart<br />
Flussschotter<br />
Strandgeröll<br />
Flussschotter<br />
Standgeröll<br />
Flusssand<br />
Dünensand<br />
Seifensand<br />
Geschiebelehm<br />
Löss<br />
Bänderton<br />
Auelehm<br />
Festgesteine<br />
(mit Bindemittel verkittet)<br />
Konglomerat<br />
Sandstein<br />
Schluffstein<br />
Tonstein<br />
Tab. 6.2 Einteilung der klastischen Sed<strong>im</strong>entgesteine nach Korngröße<br />
Gesteinsunterarten<br />
Brekzie<br />
Grauwacke<br />
Quarzit<br />
Grauwacke<br />
Arkose<br />
Grauwacken-<br />
schiefer<br />
Tonschiefer
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 6.3<br />
Abb. 6.2 Körnungslinien der Lockergesteine<br />
6.3 Chemische Sed<strong>im</strong>ente (Rückstands- und Ausfällungsgesteine)<br />
Chemische Sed<strong>im</strong>ente sind durch chemische Umwandlung von Gesteinen entstanden.<br />
In den meisten Fällen sind sie diagenetisch zu Festgesteinen mit kristallinem Gefüge<br />
umgewandelt (z.B. Kalkstein. Gips, Steinsalz).<br />
6.3.1 Rückstandsgesteine (Residuate)<br />
Unlösliche Reste der chemischen Verwitterung: Böden<br />
6.3.2 Ausfällungsgesteine (Präzipitate)<br />
Ausfällungsgesteine sind anorganische Feststoffausfällungen aus übersättigter Lösung<br />
(meistens Karbonate) bei Verringerung des Kohlensäuregehaltes (CO 2-Verbrauch)<br />
- kalkige Gesteine Hauptbestandteil Ca CO 3<br />
- Kalksand, Kalkstein (auslaugungsgefährdeter Baustoff)<br />
- Mergel, Mergelstein<br />
- dolomitische Gesteine Hauptbestandteil Ca Mg (CO 3 ) 2<br />
- Dolomit<br />
- dolomitischer Kalkstein, dolomitischer Mergelstein<br />
Karbonatgesteine mit Tonanteilen zwischen 25% und 75% heißen "Mergelsteine".<br />
6.3.3 Oxidgesteine (Oxidate)<br />
Feststoffausfällungen unter Einwirkung von Sauerstoff (z.B. Eisen-Oolith)
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 6.4<br />
6.3.4 Eindampfungsgesteine (Evaporite)<br />
Ausscheidungen bei Wasserverdunstung aus Lösungen (Verdunstung von See- oder<br />
Meerwasser) bei relativ hohen Temperaturen, warmem Kl<strong>im</strong>a, geringem Niederschlag<br />
und zeitweiser Sperre des Wasserzuflusses (z.B. Lagune, Barre).<br />
- Sulfatgesteine Hauptbestandteil Ca SO 4<br />
- Anhydrit Ca SO 4 (bei Wasserzutritt quellfähig)<br />
- Gips Ca SO 4 * 2 H 2O (wasserlöslich)<br />
- Chloridgesteine<br />
- Steinsalz Na Cl<br />
- Kalisalz (Sylvin) K Cl<br />
- Carnallit K Cl * Mg Cl 2 * H 2O<br />
6.4 Biogene Sed<strong>im</strong>ente (kalkig, kieselig, bituminös)<br />
Biogene Sed<strong>im</strong>ente sind vorwiegend durch die Hart- und Weichteile von abgestorbenen<br />
Organismen aufgebaut.<br />
- kalkig-organogene Sed<strong>im</strong>ente z.B. Kalkalgen Korallen, Riffkalk<br />
- kieselig-organogene Sed<strong>im</strong>ente z.B. Kieselalgen, Kieselgur<br />
- bituminöse Sed<strong>im</strong>ente z.B. Faulschlamm, Torf, Kohle, Anthrazit<br />
Anorganisch Organogen<br />
Eindampfungs- Gips (Anhydrit), CaSO4 2 H2O<br />
gesteine<br />
Steinsalz, NaCl<br />
(Evaporite) Kalisalz, KCl<br />
Ausfällungs- Kalkstein CaCO3<br />
Kalkstein CaCO3<br />
gesteine<br />
Oolithkalk<br />
Foraminiferenschlick<br />
Spatkalk<br />
Riffkalk<br />
Dichter Kalk<br />
Schillkalk (Schalentrümmer)<br />
Mergel (Ton und Kalk)<br />
Dolomit, CaMg(CO3)2<br />
Eisen- und Mangansed<strong>im</strong>ente<br />
Bone bed (Knochentrümmer)<br />
Kieselige Sed<strong>im</strong>ente<br />
Kieselige Sed<strong>im</strong>ente<br />
Hornstein<br />
Kieselkalk (vorw. aus Schwamm-<br />
Kieselschiefer<br />
Nadeln)<br />
Radiolarite (aus Radiolarien)<br />
Kieselgur (aus Diatomeen)<br />
Kaustobiolithe Torf-Kohle (vorw. aus Pflanzen)<br />
Ölschiefer (vorw. aus Plankton)<br />
Erdöl, Erdgas (vorw. aus Plankton)<br />
Tab. 6.3 Gliederung der chemischen und biogenen Sed<strong>im</strong>entgesteine
Tab. 6.4 Bautechnisch bedeutende Sed<strong>im</strong>entgesteine<br />
Name<br />
witterungsbeständiger<br />
Sandstein<br />
witterungsempfindlicher<br />
Sandstein<br />
Schieferton<br />
Tonschiefer<br />
Kalkstein<br />
Dolomitstein<br />
Farbe<br />
alle Tönungen<br />
je nach<br />
Be<strong>im</strong>engung<br />
u.a. grauweiß,<br />
graubraun,<br />
rötlich<br />
dunkelgrau<br />
bis schwarz<br />
grau, gelb,<br />
braun<br />
grau<br />
Hauptminerale<br />
Quarz (Feldspat),<br />
(Gl<strong>im</strong>mer) mit<br />
SiO2<br />
CaCO3<br />
Fe2O3<br />
Quarz (Gl<strong>im</strong>mer),<br />
(Feldspat) mit Ton-<br />
Mergel-FeOOH<br />
Gl<strong>im</strong>mer, Chlorit,<br />
Tonminerale<br />
Quarz<br />
Kalkspat<br />
Dolomitspat,<br />
Kalkspat<br />
Schichtung<br />
fein geschichtet bis<br />
gebankt,<br />
fein- bis grobkörnig<br />
feingeschichtet, dicht<br />
bis feinkörnig<br />
feingeschichtet und<br />
geschiefert, dicht<br />
massig, bankig bis<br />
feingeschichtet,<br />
dicht bis grobkörnig<br />
Technische Merkmale<br />
hart bis weich und<br />
bröckelig<br />
(je nach Bindemittelart<br />
und -typ)<br />
zerfällt bei Luft- und<br />
Wasserzutritt bzw.<br />
Frosteinfluss zu<br />
bindigem Lockermaterial<br />
weich bis mittelhart,<br />
witterungsempfindlich<br />
hart, gut teilbar,<br />
zusammenhängendes<br />
Gl<strong>im</strong>mer-"gewebe" wirkt<br />
wasserabweisend,<br />
witterungsbeständig<br />
bearbeitbar, polierbar,<br />
dichte<br />
Abarten sind<br />
schlagempfindlich hart<br />
einaxiale<br />
Druckfestigkeit<br />
[N/mm 2 ]<br />
30 - 180<br />
80 - 100<br />
20 - 30<br />
20 - 40<br />
80 - 180<br />
Rohdichte<br />
[g/cm 3 ]<br />
1,9 - 2,6<br />
2,7 - 2,8<br />
1,8 - 2,85<br />
Verwendung<br />
vielseitig<br />
verwendbarer<br />
Werkstein<br />
Schüttmaterial<br />
Schüttmaterial,<br />
Platten<br />
Schotter, Splitt,<br />
Baustein<br />
6.5 Bautechnisch bedeutende Sed<strong>im</strong>entgesteine<br />
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 6.5
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 6.6<br />
6.6 Übungsaufgaben (siehe auch Kap. 3.7)<br />
Ü 6.1 (a) Woraus besteht Mergel?<br />
(b) Was ist ein Schluff, was ist ein Sand?<br />
Ü 6.2 (a) Was ist Diagenese, wodurch unterscheidet sich die Diagenese von einer<br />
Metamorphose?<br />
Ü 6.3 (a) Welche Bindemittel halten die festen Sed<strong>im</strong>entgesteine zusammen?<br />
(b) Wie anfällig sind diese Bindungen gegen Wasser?<br />
Ü 6.4 Wie unterscheidet man eine Brekzie von einem Konglomerat nach Struktur und<br />
Bildungsbedingungen?<br />
Ergänzende Stichworte zu Kap. 6<br />
Boden: Anhäufung (Sed<strong>im</strong>ente) von Gesteinspartikeln (Körner) verschiedener Größe<br />
und Beschaffenheit ohne chemische Kornbindung (Verkittung). Unterteilung: bindige<br />
Böden und rollige Böden<br />
Evaporite: chemische Sed<strong>im</strong>ente: Gruppe der Salzgesteine. Salzlagerstättenbildung<br />
durch Eindampfung von Wasser in isolierten Buchten, Neben- oder Binnenmeeren<br />
Kalksinter: poröser, sehr lockerer Kalkstein, der sich um Pflanzenreste herum<br />
abgesetzt hat (z.B. Travertin)<br />
Kies: klastisches Lockergestein mit Korngrößen von 2 - 63 mm<br />
klastisch: Bezeichnung für Sed<strong>im</strong>ente, die aus Bruchstücken anderer Gesteine<br />
gebildet sind (z.B. Gerölle, Gesteinsschutt)<br />
Konkordanz: ungestörte, parallel übereinander gelagerte Schichtung von Gesteinen.<br />
Gegensatz: Diskordanz<br />
Konkretion: knollenförmige Mineralanreicherungen in Sed<strong>im</strong>entgesteinen, die ganz<br />
vom Nebengestein eingeschlossen sind (z.B. Feuerstein, Drusen)<br />
Lehm: stark mit Sand vermischter, meist kalkarmer Ton; wegen des Eisenoxydgehaltes<br />
oft gelblichbraun bis braun gefärbt<br />
Letten: grauer, oft sandiger Ton mit geringem Kalkgehalt, der Spalten und Klüfte füllt<br />
marin: <strong>im</strong> Meer entstanden; z.B. Sed<strong>im</strong>ente wie Evaporite, Muschelkalk, Kreide<br />
Mergel: Kalksteine mit hohen Tongehalten, die nur wenig verfestigt sind<br />
Sand: klastisches Lockergestein aus überwiegend Quarzkörnern mit Korngrößen von<br />
0.02 - 2 mm; weitere Einteilung in Fein-, Mittel- und Grobsand
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 6.7<br />
Schichtung: Typisches Gefügemerkmal der Sed<strong>im</strong>entgesteine; sie entsteht durch<br />
unterschiedliche Ablagerungsbedingungen und bewirkt unterschiedliche Festigkeitseigenschaften,<br />
Farben usw. der einzelnen Schichten<br />
Schluff: Lockergestein mit Korngrößen von 2 - 60 µm<br />
Sed<strong>im</strong>entgesteine: fein- bis grobkörnige Verwitterungsprodukte, die z.B. durch<br />
Wasser, Gletscher oder Wind transportiert und danach wieder abgesetzt worden sind.<br />
Sie können locker (z.B. Sand, Kies) oder fest (z.B. Kalkstein, Sandstein) sein. Sie sind<br />
oft geschichtet und können Überreste von Tieren und Pflanzen (Fossilien) enthalten.<br />
Sieblinie: Logarithmische Auftragung des Siebdurchganges über dem<br />
Korndurchmesser; sie charakterisiert den Kornaufbau eines Bodens<br />
terrestrisch: auf dem Festland entstanden; z.B. Dünen oder Bergsturzmassen<br />
Ton: klastisches Lockergestein mit Korngrößen < 2 µm, bei Wasseraufnahme quellfähig<br />
Toneisenstein: Konkretionen von Eisenoxyden in Tongesteinen<br />
Tonschiefer: durch Druck verfestigter und geschieferter Ton. Schieferton ist weniger<br />
verfestigt.<br />
Zement: meist kristallines Bindemittel zwischen den Sed<strong>im</strong>entkörnern aus Calcit<br />
(CaCO 3 ), Quarz (SiO 2 ) oder Eisenoxyden (Fe 2 O 3 )
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.1<br />
7. ENTSTEHUNG UND KLASSIFIKATION VON LOCKER- UND<br />
FESTGESTEINEN<br />
Die Sed<strong>im</strong>entgesteine sind Produkte von Verwitterung, Abtragung, Transport und Sed<strong>im</strong>entation,<br />
deren Ursache die exogene Dynamik der Erde mit Sonne, Wind und Wasser<br />
ist.<br />
7.1 Kl<strong>im</strong>a als Motor der Gesteinsbildung<br />
- exogene Dynamik:<br />
Thermodynamik der Atmosphäre (Hoch- und Tiefdruckzonen)<br />
Hydrodynamik der Ozeane (globale Meeresströmungen)<br />
- Wind, Niederschläge, Wasserkreislauf:<br />
humides, semi-arides, arides Kl<strong>im</strong>a (erdgeschichtlich veränderlich)<br />
Abb. 7.1: Schema der Windzirkulation und Niederschlagsverteilung auf der Erde
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.2<br />
Abb. 7.2: Faktoren der Verwitterung und Bodenbildung in einem Profil<br />
vom Pol zum Äquator<br />
7.2 Verwitterung<br />
7.2.1 Physikalische Verwitterung<br />
- Temperaturänderungen, Frostverwitterung<br />
- Salzsprengung, Umkristallisation, Quellung<br />
Abb. 7.3: Physikalische Verwitterung:<br />
Abhängigkeit der Böschungsneigung von der Gesteinsart<br />
(Press & Siever, 1995)
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.3<br />
Abb. 7.4: Physikalische Verwitterung<br />
a. unverwitterter Kluftkörper<br />
b. kantengerundeter Kluftkörper<br />
c. gerundeter Block in Ursprungslage<br />
d. abgestürzter Block<br />
e. in Verwitterungsschutt eingebetteter Block<br />
f. Geröll<br />
g. Verwitterungsschutt -> Bodenbildung<br />
7.2.2 Chemische Verwitterung<br />
- Lösung, Oxidation, Hydrolyse, Kohlensäureverwitterung<br />
Abb. 7.5: Auslaugung eines Salzstockes mit Einsturztrichter des Deckgebirges
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.4<br />
Abb. 7.6: Karst-Erscheinungen<br />
1. Karstquelle 5. Spaltenhöhle<br />
2. Flussversickerung 6. Erdfälle (Dolinen)<br />
3. unterirdischer Fluss 7. Überdeckung<br />
4. Tropfsteinhöhle 8. verstürzte Karsthohlräume<br />
7.2.3 Biogene Verwitterung<br />
Gesteinsauflockerung durch Organismen und Pflanzen: Fäulnis, Zersetzung<br />
7.2.4 Verwitterungsprodukte (Lockergesteine, Hangschutt, Humus, Torf)<br />
Feste Gesteine haben i.Allg. ein massives, festes Gefüge und erfahren unter Wassereinfluss<br />
kurzzeitig weder chemisch noch physikalisch eine Veränderung. Sie zeichnen<br />
sich durch folgende Eigenschaften aus:<br />
- relativ hohe Kohäsion<br />
- meist fester Raumgitterbau der Minerale<br />
- geringere Wasserlöslichkeit als Kalk<br />
- längerfristige Volumenbeständigkeit gegenüber kl<strong>im</strong>atischen Einflüssen<br />
Exogene oder endogene Prozesse können aus ursprünglich festen Gesteinen veränderlich-feste<br />
Gesteine erzeugen:<br />
- Verwitterung unter Bildung sekundärer Mineralien, z.B. Kaolinisierung von<br />
Feldspäten<br />
- Freilegung von wasser- und luftunbeständigen Gesteinseinschlüssen<br />
- zerstörerische tektonische Einwirkung auf das Gesteinsgefüge (z.B. Mylonitisierung)<br />
- Veränderliche Gesteine verlieren an Festigkeit durch Berührung, Zersetzung und<br />
Lösung mit Wasser
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.5<br />
Zu den Lockergesteinen zählen die nichtbindigen Sed<strong>im</strong>entgesteine (z.B. Blockschutt,<br />
Geröll, Kies, Sand), die sich durch geringe oder fehlende Kohäsion und relativ hohe<br />
Porositäten (>25%) auszeichnen, sowie die bindigen Lockergesteine (Ton, Löss).<br />
Bezeichnung Merkmal Gestein Merkmal Gebirge<br />
unverwittert Unverwittert, frisch, kein Verwitterungseinfluss<br />
erkennbar<br />
angewittert Auf frischer Bruchfläche Verwitterung<br />
von einzelnen Mineralkörnern<br />
erkennbar (Lupe),<br />
beginnende Mineralumbildung<br />
und Verfärbung<br />
entfestigt Durch Verwitterungsvorgänge<br />
gelockertes, jedoch noch <strong>im</strong><br />
Verband befindliches Mineralgefüge,<br />
meist in Verbindung<br />
mit Mineralumbildung, insbesondere<br />
mit und an Trennflächen<br />
zersetzt Noch <strong>im</strong> Gesteinsverband befindliches,<br />
durch Mineralneubildung<br />
verändertes Gestein<br />
ohne Festgesteinseigenschaften<br />
(z.B. Umwandlung von<br />
Feldspäten zu Tonmineralien,<br />
von Tonschiefer zu Ton)<br />
Abb. 7.7: Bodenbildung durch Verwitterung von Festgestein<br />
Beschreibung des Verwitterungsgrades von Fels<br />
Keine verwitterungsbedingte<br />
Auflockerung an Trennflächen<br />
Teilweise Auflockerung an<br />
Trennflächen<br />
Vollständige Auflockerung an<br />
Trennflächen<br />
Kluftkörper ohne Festgesteinseigenschaften
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.6<br />
7.3 Erosion, Transport, Sed<strong>im</strong>entation<br />
7.3.1 Erosion (Abtragung)<br />
- Schwerkraft, Gletscher, Wasser<br />
Abb. 7.8: Entwicklung eines alpinen Gletschertals<br />
a. Vergletscherung Trogtal<br />
b. Trogtal mit seitlichen Hängetälern nach Gletscherschmelze<br />
c. teilweise Auffüllung des Trogtales durch alluviale Sed<strong>im</strong>ente<br />
Abb. 7.9: Erosion und Sed<strong>im</strong>entation durch einen Fluss auf dem Festland<br />
a. Oberlauf: V-Tal mit Schichtrippen<br />
b. Mittellauf: Sohlental mit Mäander<br />
c. Unterlauf: Auental mit Mäander
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.7<br />
Abb. 7.10: Schema eines Flussmäanders mit Prall- und Gleithängen<br />
7.3.2 Transport<br />
- Gletscher, Wasser, Wind<br />
- Teilchengröße und Strömungsgeschwindigkeit<br />
- Moränen, Oberflächenwasser, Karstwasser<br />
Abb. 7.11: Frachtvermögen des fließenden Wassers als Funktion von Korngröße und<br />
Strömungsgeschwindigkeit (Hjulström-Diagramm)
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.8<br />
Wasser Eis Wind<br />
Bewegung rasch, laminar – turbulent<br />
Transport rollend, Größe je<br />
nach Wassergeschwindigkeit,<br />
Auslese nach Härte<br />
Typische<br />
Sed<strong>im</strong>ente<br />
Formen in der<br />
Landschaft<br />
und Gestalt<br />
Kies, runde Komponenten,<br />
stark sortiert,<br />
Sand, Schrägschichtung<br />
Rinnen, Canyons,<br />
V-Täler, Schwemmlandschaft,Terrassen,<br />
Deltas<br />
langsame, zähe<br />
Fließbewegung<br />
schiebend, keine<br />
Auslese nach Härte<br />
und Korngröße<br />
Moräne, unsortiert,<br />
feine und grobe<br />
Korngrößen nebeneinander,<br />
locker, geschrammteGeschiebe,<br />
Fehlen der<br />
Schichtung<br />
Tab. 7.1: Transportmittel bei der Verwitterung<br />
7.3.3 Sed<strong>im</strong>entation (Ablagerung)<br />
- Sortierung, Kumulation<br />
- Schichtung<br />
Rundhöcker, ältere<br />
Formen abgeschliffen<br />
und überprägt, U-<br />
Täler, Moränenhügel,<br />
Toteisdellen<br />
stoßweise wehend,<br />
unregelmäßig, flä-<br />
chenhaft arbeitend<br />
feiner Staub kann<br />
über riesige Entfernungen<br />
verfrachtet<br />
werden<br />
Flugsand, Löss, Verbreitung<br />
bedeutend,<br />
best<strong>im</strong>mte Korngrößen<br />
(60-70 Gew.-%<br />
aus Korngrößenbereich<br />
0,1- 0,02 mm)<br />
Unzahl von Kleinformen<br />
in der Wüste<br />
durch Ausblasung<br />
und Ausschleifen,<br />
Dünen, Lössdecken<br />
Abb. 7.12: Längsschnitt durch einen Flussdeltakegel: Schrägschichtung<br />
Abnahme der Korngröße mit zunehmendem Transportweg
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.9<br />
Abb. 7.13: Sed<strong>im</strong>entäre Abschnitte des Gesteinskreislaufs (Press & Siever, 2003)
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.10<br />
7.4 Ansprache von Locker und Festgesteinen<br />
7.4.1. Unterteilung von Locker- und Festgesteinen<br />
Definition: Festgesteine weisen atomare Bindungskräfte zwischen den einzelnen<br />
Kristall- und Materialkörnern auf (echte Kohäsion). Festgestein wird auch<br />
als Fels bezeichnet.<br />
Lockergesteine besitzen keine echte Kohäsion. Treten intergranulare<br />
Bindungskräfte auf, beruhen sie auf Bindungskräften des Wassers (kapillare<br />
Kohäsion). Lockergestein wird auch als Boden bezeichnet.<br />
Veränderliche, pseudofeste Gesteine sind Gesteine, deren atomare<br />
Bindungskräfte so schwach sind, dass sie bei 24-stündiger Wasserlagerung<br />
mehr als 20% ihrer Masse durch Zerfall verlieren.<br />
Tiefengesteine<br />
oder<br />
Plutonite<br />
Granite<br />
Syenite<br />
Diorite<br />
Gabbros<br />
nicht bindig<br />
Steine<br />
Kiese<br />
Sande<br />
Magmatische<br />
Gesteine<br />
Ganggesteine<br />
oder<br />
Subvulkanite<br />
Lamprophyre<br />
Aplite<br />
Ergussgesteine<br />
oder<br />
Vulkanite<br />
Basalte<br />
Rhyolithe<br />
Andesite<br />
Festgesteine<br />
Trümmergesteine<br />
Brekzien<br />
Konglomerate<br />
Grauwacken<br />
Sand- u. Tonst.<br />
Metamorphe Gesteine<br />
Gneise, Schiefer, Phylite, Serpentinite, Quarzite, Marmor<br />
Verfestigte<br />
Sed<strong>im</strong>ente<br />
Chemische<br />
Sed<strong>im</strong>ente<br />
Kalke<br />
Dolomite<br />
Mergel, Salz,<br />
Gips, Anhydrit<br />
Abb. 7.14: Untergliederung der Festgesteine<br />
Mineralische<br />
Ablagerungen<br />
schwach<br />
bindig<br />
Schluffe<br />
tonige, lehmige<br />
oder mergelige<br />
Sande<br />
stark<br />
bindig<br />
Tone<br />
Lehme<br />
Mergel<br />
Lockergesteine<br />
gemengte:<br />
anmoorige<br />
Sande und<br />
Lehme<br />
Humusböden<br />
Organische<br />
Ablagerungen<br />
reine:<br />
Moore<br />
Torfe<br />
Organische<br />
Ablagerungen<br />
Braun- und Steinkohlen,<br />
Anthrazite<br />
Stinkkalke<br />
Ölschiefer<br />
Faulschlammhaltige<br />
Ablagerungen<br />
Mudden<br />
faulschllammhaltige<br />
Sande<br />
und Tone
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.11<br />
Abb. 7.15: Untergliederung der Lockergesteine<br />
7.4.2. Benennung und Beschreibung von Bodenarten<br />
Lockergesteine werden nach ihrer Körngröße eingeteilt und benannt.<br />
Benennung<br />
Fels, allgemein<br />
Kurz-<br />
zeichen<br />
Korn-Ø<br />
[mm]<br />
Blöcke Y -<br />
Steine X > 60<br />
Erkennung<br />
Z - kompakte Kluftkörper <strong>im</strong> Verband<br />
einzelne kompakte Kluftkörper nicht <strong>im</strong> Verband (größer<br />
Kopfgröße)<br />
einzelne kompakte Kluftkörper nicht <strong>im</strong> Verband (größer<br />
Hühnerei)<br />
Kies G 2 – 60 kleiner Hühnerei, größer Streichholzkopf<br />
Sand S 0,06 – 2 kleiner Streichholzkopf bis Grenze der Sichtbarkeit<br />
Schluff U<br />
0,02 –<br />
0,06<br />
niedrige Trockenfestigkeit<br />
Ton T < 0,02 hohe Trockenfestigkeit<br />
Tab. 7.2: Benennen und Beschreiben von Bodenarten nach DIN 4022<br />
Die in Tab. 7.2 genannten Bodenarten Kies, Sand, Schluff und Ton kommen in der Natur<br />
nur selten ohne Be<strong>im</strong>engungen vor. Man spricht dann von gemischtkörnigen Böden.<br />
Attribute der Benennung Kurzzeichen<br />
Haupt-Bodenart G, S, U, T<br />
Be<strong>im</strong>engungen g, s, u, t<br />
Attribut "grob" gG, gS, gU<br />
Attribut "mittel" mG, mS, mU<br />
Attribut "fein" fG, fS, fU<br />
Nebenanteil "schwach" < 15% g´, s´, u´, t´<br />
Nebenanteil "stark" > 30% g , s,<br />
u,<br />
t<br />
Tab. 7.3: Attribute der Benennung von gemischtkörnigen Bodenarten nach DIN 4022
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.12<br />
Tab. 7.4: Kurzformen, Zeichen, und Farbkennzeichnungen für Bodenarten nach<br />
DIN ISO 14688-1
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.13<br />
Tab. 7.5: Beispiele von Kurzformen, Zeichen, und Farbkennzeichnungen für gemischtkörnige<br />
Boden- und Felsarten nach DIN ISO 14688-1<br />
Abb. 7.16: Beispiel für die Darstellung von Bohrprofilen (E DIN 4023:2004-09)
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.14<br />
Boden Benennung Kurzzeichen Zeichen<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
E<br />
F<br />
Abb. 7.17: Übung zur Benennung von Bodenarten<br />
7.4.3 Benennung und Beschreibung von Felsarten<br />
- Ansprache von klastischen Sed<strong>im</strong>entgesteinen<br />
Klastische Sed<strong>im</strong>entgesteine (Trümmergesteine) werden nach der Bodenart angesprochen,<br />
aus der sie durch Verfestigung entstanden sind:<br />
aus Ton wird Tonstein (Tst)<br />
aus Schluff wird Schluffstein (Ust)<br />
aus Sand wird Sandstein (Sst)<br />
aus Kies wird Konglomerat (Gst)
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.15<br />
Wie bei den Bodenarten kommen auch bei den Sed<strong>im</strong>entgesteinen in der Natur Gemenge<br />
verschiedener Korngrößengruppen vor. Weiterhin ist bei allen Festgesteinen der<br />
Verwitterungszustand von großer bautechnischer Bedeutung. Tabelle 7.6 zeigt die Attribute<br />
der Benennung des Verwitterungszustandes mit jeweiligen Kurzzeichen<br />
Attribute der Benennung Kurzzeichen<br />
Felsarten Gst, Sst, Ust, Tst<br />
leichte Verwitterung (Gst),( Sst), (Ust), (Tst)<br />
starke Verwitterung ((Gst)),(( Sst)), ((Ust)), ((Tst))<br />
völlige Zersetzung Kurzzeichen für Bodenarten<br />
nicht bekannte oder nicht benannte Felsart<br />
bedeutungsvolle und bekannte Felsart Kst, Mst, Ma (siehe Tab 3, DIN 4023)<br />
Tab. 7.6: Attribute der Benennung von klastischen Sed<strong>im</strong>enten nach DIN 4022<br />
- Ansprache von Magmatiten, Metamorphiten und nicht klastischen Sed<strong>im</strong>enten<br />
Die Ansprache von Magmatiten, Metamorphiten und nicht klastischen Sed<strong>im</strong>enten ist in<br />
den Kapiteln 4 bis 6 dargestellt und erfordert z. T. aufwändige geologische und mineralogische<br />
Untersuchungen.<br />
- Trennflächengefüge <strong>im</strong> Fels<br />
Die bautechnischen Eigenschaften von Festgesteinen werden maßgeblich vom vorhandenen<br />
Trennflächengefüge (Schicht-, Schieferungs- und Kluftflächen) mitbest<strong>im</strong>mt.<br />
Gestein - Gebirge<br />
Definitionen:<br />
Gestein ist charakterisiert durch seine Mineralvergesellschaftung.<br />
Gebirge ist die Erscheinungsform des Gesteins in der Natur, gekennzeichnet durch die<br />
Mineralvergesellschaftung und das Trennflächengefüge.<br />
Gesteinsfestigkeit = Substanzfestigkeit<br />
Gebirgsfestigkeit = Verbandsfestigkeit<br />
Z
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.16<br />
Abb. 7.18: Räumliche Darstellung eines<br />
mehrscharig durchtrennten<br />
Felskörpers<br />
Abb. 7.19: Typen von Kluftkörperverbänden<br />
a) → d): Zunahme der<br />
Materialbrücken<br />
Abb. 7.20: Schematische Klassifizierung einer Gesteinsmasse nach dem Grad seiner<br />
Zerlegung (nach L. Müller)<br />
a) Einkörpersystem (nicht geklüftet) c) Vielkörpersystem (durchklüftet)<br />
b) Mehrkörpersystem (angeklüftet) d) Vielkörpersystem des Locker-<br />
gesteins<br />
- Ebener Kluftflächenanteil κe<br />
Fk<br />
κ e =<br />
F<br />
ges<br />
Abb. 7.21: Ebener Kluftflächenanteil κe Darstellung an drei orthogonalen Kluftscharen<br />
(K1, K2, K3)
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.17<br />
Prinzipieller Zusammenhang zwischen Klüftung und Gebirgsfestigkeit (nach L. Müller)<br />
Abb. 7.22: Abhängigkeit der Gebirgsfestigkeit vom ebenen Kluftflächenanteil und von<br />
der Klüftigkeit<br />
Abb. 7.23: Abhängigkeit der Gebirgsfestigkeit von der Klüftigkeit und der Verwitterung<br />
- Homogenität – Inhomogenität und Isotropie - Anisotropie<br />
Homogenität<br />
Ein Körper ist in einem Betrachtungsbereich homogen, wenn seine Eigenschaften ortsunabhängig<br />
sind. Repräsentative Teilbereiche sind beliebig austauschbar, ohne das<br />
Gesamtgefüge statistisch zu verändern.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.18<br />
Isotropie<br />
Ein Körper ist in einem Betrachtungsbereich isotrop, wenn die betrachtete physikalische<br />
Eigenschaft in jedem Punkt richtungsunabhängig ist.<br />
Betrachtungsbereich<br />
Abb. 7.24: Betrachtungsbereich
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.19<br />
a)<br />
b)<br />
Abb. 7.25: Homogenität - Inhomogenität und Isotropie – Anisotropie (nach Wittke, 1984)<br />
a) homogen und isotrop, d. h. gleichmäßig und richtungslos (z. B. Porphyr)<br />
b) homogen und flächig anisotrop, d. h. gleichmäßig und richtungsabhängig<br />
(z. B. Gneis)<br />
c) homogen und linear anisotrop, , d. h. gleichmäßig und richtungsabhängig<br />
(z. B. Säulenbasalt)<br />
7.5 Übungsaufgaben<br />
Ü 7.1 Welche Hauptursachen der Verwitterung kennen Sie?<br />
Ü 7.2 Beschreiben Sie die verschiedenen Arten der chemischen Verwitterung,<br />
wie wirken sich diese Vorgänge auf den Baugrund aus (Stichwort: Karst)?<br />
Aus welchen Regionen Deutschlands sind entsprechende Baugrundprobleme<br />
bekannt?<br />
Ü 7.3 Wodurch unterscheiden sich Locker- von Festgesteinen?<br />
Ü 7.4 In welche Kornfraktionen werden die klastischen Sed<strong>im</strong>ente Kies, Sand,<br />
Schluff und Ton untergliedert?<br />
Ü 7.5 Welches sind die Hauptursachen für Talbildungen?<br />
Ü 7.6 Nennen Sie verschiedene Transportmittel der Abtragung und deren<br />
typische Sed<strong>im</strong>entarten. Wie unterscheiden sich die Sed<strong>im</strong>ente<br />
hinsichtlich Kornform, Korngröße und Sortierung?<br />
Ü 7.7 (a) Wie sind fluviatile Talform, Schleppkraft und transportierte<br />
Korngröße miteinander verknüpft?<br />
(b) Was sind Mäander, wie entstehen Altwasserarme und Umlaufberge?<br />
Ü 7.8 Wodurch unterscheiden sich fluviatile Sed<strong>im</strong>ente von glaziogenen in den<br />
baugeologischen Eigenschaften?<br />
Ü 7.9 Was sind (a) Geschiebemergel und (b) erratische Blöcke?<br />
(c) Welche geotechnischen Probleme können sie bereiten?<br />
Ü 7.10 Was versteht man unter einem aggressiven Wasser?<br />
c)
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.20<br />
Ü 7.11 Nennen Sie chemische Sed<strong>im</strong>entgesteine, die <strong>im</strong> Grundwasser<br />
(a) leicht löslich, (b) schwer löslich sind.<br />
Ü 7.12 Warum eignet sich Marmor als Ornamentenstein besser als Kalkstein?<br />
Ü 7.13 Welche Lockergesteine sind als Baugrund (a) gut, (b) schlechter<br />
geeignet? Warum?<br />
Ü 7.14 Be<strong>im</strong> Neubau einer Autobahn wurde ein Tunnel in veränderlich-festem<br />
Schiefergestein aufgefahren. Da sich das Gebirge be<strong>im</strong> Sprengvortrieb<br />
als standfest erwies, beschloss man, das Aushubmaterial für eine Dammschüttung<br />
in der Fortsetzung der Fahrbahntrasse zu verwenden. Diese<br />
zeigte sich in der Folgezeit als nicht tragfähig. Wie lässt sich das erklären?<br />
Ü 7.15: Was ist der Unterschied zwischen Gestein und Gebirge?<br />
Ü 7.16: Benennen Sie die in den Kornverteilungslinien in Abb. 7.16 dargestellten<br />
Bodenarten!<br />
Ü 7.17: Was versteht man unter bindigen und nicht-bindigen Böden?<br />
Ü 7.18: Welche Faktoren best<strong>im</strong>men maßgeblich die Festigkeit von geklüftetem<br />
Fels?<br />
Ergänzende Stichworte zu Kap. 7<br />
Abrasion: Abtragung von Meeresküsten durch Brandung und Sturmfluten (Kliffbildung)<br />
äolisch: vom Wind verursacht (z.B. Löss, Dünen mit Luv- und Leeseite)<br />
arid: wüstenhaft (z.B. heißes, trockenes Kl<strong>im</strong>a); Gegenteil: humid<br />
Blockwerk: Ansammlung von Gesteinsbruchstücken in Größen bis zu mehreren Metern<br />
Boden: Anhäufung (Sed<strong>im</strong>ente) von Gesteinspartikeln (Körner) verschiedener Größe<br />
und Beschaffenheit ohne chemische Kornbindung (Verkittung). Unterteilung: bindige<br />
Böden und rollige Böden<br />
Canyon (Cañon): steilwandiges, tief eingeschnittenes, nach unten schluchtartig verengtes<br />
Flusstal; es bildet sich vor allem dort, wo reißende Flüsse aus regenreichen Gebirgen<br />
ein Trockengebiet durchfließen (z. B. Grand Canyon des Colorado River)<br />
Delta: Mündungsgebiet eines Flusses mit einem Netz von Flussarmen, das sich durch<br />
fortwährende Ablagerung von Sed<strong>im</strong>entschichten in das Meer oder in einen See hinein<br />
erweitert (z.B. Rhein-, Donau-, Nil-, Ganges-, Mississippi-, Amazonas-Delta)<br />
Doline: Auslaugungshohlraum oder Einsturztrichter in Karstgebieten
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.21<br />
endogene und exogene Dynamik: Die endogenen Energien, die zur Umgestaltung der<br />
Erde und ihrer Gesteine führen, stammen aus dem Inneren der Erde. Dagegen haben<br />
die exogenen, auf die Erde einwirkenden Energien einen kosmischen Ursprung: Kl<strong>im</strong>a,<br />
Wetter und Gesteinsverwitterung werden vorrangig von der Sonne gesteuert.<br />
Erosion: Abtragung und Einebnung der Erdoberfläche durch Verwitterung und Abtransport<br />
des Gesteins: fluviatile E., marine E., glaziale E., äolische E., anthropogene E.<br />
fluviatil: mit einem Fluss zusammenhängend, z.B. fluviatile Erosion; fluvio-glazial: mit<br />
Gletscherwasser zusammenhängend, z.B. fluvio-glaziale Sed<strong>im</strong>ente<br />
Fjord: tief in das Land eingreifender Meeresarm, entstanden aus ehemaligem Flusstal,<br />
das während der Eiszeiten von Gletschern zu einem Trogtal umgestaltet worden ist<br />
Geest: langwellige, eiszeitlich geprägte Aufschüttungslandschaft aus trockenen Sandböden<br />
mit Heide, feuchten Wiesen und Mooren (z.B. Norddeutschland)<br />
Geröll: durch fluviatilen oder marinen Transport gerundete klastische Sed<strong>im</strong>ente: z.B.<br />
Fluss-Schotter, eiszeitliche Geschiebe mit erratischen Blöcken (Findlinge)<br />
glazial: eiszeitlich; z.B. glaziale Erosion, glaziale Landschaft (Moränen mit Findlingen)<br />
Gletscher: der Schwerkraft folgende, plastisch fließende, von Längs- und Querspalten<br />
durchzogene Eisströme in Hochgebirgen und Polargebieten<br />
humid (=feucht): <strong>im</strong> humiden Kl<strong>im</strong>a überwiegen die Niederschläge die Verdunstung;<br />
dort gibt es starke chemische Verwitterung und dauerhaft wasserführende Flüsse<br />
Korngrenze: Grenze zwischen den einzelnen miteinander verwachsenen Mineralkörnern;<br />
wegen der relativ geringeren Festigkeit setzt von dort her i.Allg. die Verwitterung<br />
ein<br />
Lehm: stark mit Sand vermischter, meist kalkarmer Ton; wegen des Eisenoxydgehaltes<br />
oft gelblich braun bis braun gefärbt<br />
Letten: grauer, oft sandiger Ton mit geringem Kalkgehalt, der Spalten und Klüfte füllt<br />
Löss: eiszeitlich-äolische Sed<strong>im</strong>ente von ca. 10-50 µm feinen Quarz- und Tonpartikeln<br />
mit relativ hohen Kalkgehalten (8-20%); gelbgrau, porös; sie bilden fruchtbare und i.Allg.<br />
standfeste Böden<br />
Mäander: geschlängelte, halb- bis fast vollkreisförmige Windungen eines Flusses mit<br />
geringem Gefälle<br />
Marsch: aus Sand und Ton bestehende Anschwemmungen an flachen Gezeitenküsten;<br />
fruchtbare, schwierig bebaubare, weiche Böden (z.B. Niederelbe, holländische Nordseeküste)<br />
Moräne: von Gletschern transportierter und abgelagerter Schutt aus Sanden, Lehmen,<br />
Schotter und Gesteinsblöcken (Findlingen); unter dem Eis bildet sich die Grundmoräne,<br />
an den Rändern jeweils die Seitenmoräne und an der Spitze die Endmoräne
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 7.22<br />
Oberlauf/Unterlauf: Der Oberlauf eines Flusses ist wegen des relativ großen Gefälles<br />
vorwiegend von Erosion geprägt. Mit wachsendem Transportweg und abnehmender<br />
Strömungsgeschwindigkeit werden die Korndurchmesser der Ablagerungen gegen den<br />
Unterlauf hin zunehmend feiner (vgl. Hjulström-Diagramm).<br />
Schichtstufenlandschaft: durch Erosion geprägte Landschaft mit Wechsel von steilen<br />
Gebirgsstufen und sanft geneigten Hängen (z.B. Schwäbische Alb)<br />
Schlucht: durch Tiefenerosion entstandene Talform mit fast senkrecht fallenden Hängen<br />
Schuttkegel: kegelförmig aufgeschüttete klastische Sed<strong>im</strong>ente, z.B. in Flussdeltas<br />
Tafelberg: durch fluviatile Erosion entstehende Bergform mit horizontaler Oberfläche<br />
Trogtal (U-Tal): von Gletscherstrom umgeformtes ursprüngliches Flusstal (Kerb- oder<br />
V-Tal)<br />
Urstromtal: durch Schmelzwässer der eiszeitlichen Gletscher erzeugtes breites, flaches<br />
Tal mit Sand- und Schotterablagerungen (z.B. Elbe, Oder, Donau, Po)<br />
veränderlich feste Gesteine: verändern unter Wassereinfluss deutlich ihre Festigkeitseigenschaften<br />
in relativ kurzer Zeit<br />
Vergrusung: Mechanische Zerstörung des Gesteins durch Lockerung der Korngrenzen.<br />
Dabei entsteht der Gesteingsgrus als lockere Anhäufung eckiger Gesteinspartikel<br />
(z.B. Granitgrus).<br />
Verwitterung: An der Erdoberfläche durch exogene Kräfte (Sonneneinstrahlung, Frost,<br />
Wasser und Gase der Atmosphäre) verursachte Zerstörung und Umwandlung von Mineralien<br />
und Gesteinen.<br />
- physikalisch-mechanisch: Temperatur-V. (Insolation), Frost-V., Salz-V.<br />
- chemisch: durch Wasser, Salze, Säuren, Basen, CO 2 , O 2 usw.<br />
- biologisch: biologisch-physikalisch (z.B. mechanisch durch Pflanzenwurzeln)<br />
biologisch-chemisch: (z.B. Ätzung durch Humussäuren)<br />
Die Verwitterung ist der wichtigste bodenbildende Vorgang. Sie liefert auch das Ausgangsmaterial<br />
für die Sed<strong>im</strong>entgesteine und gestaltet die Morphologie der Landschaft.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.1<br />
8. ERDGESCHICHTE UND BAUGRUNDEIGENSCHAFTEN<br />
8.1 Erdgeschichtliche Epochen und geologische Formationen<br />
Das Präkambrium umfasst mit ca. 2,5 - 3,3 Milliarden Jahren den weitaus längsten<br />
Abschnitt der Erdgeschichte. Präkambrische Gesteine kommen vor allem in den sog.<br />
alten Schilden der Erde vor (Abb. 8.1). Darin wurden Erzlagerstätten von heute<br />
weltwirtschaftlicher Bedeutung gebildet. Das Kambrium lagert fast überall diskordanttransgressiv<br />
über dem präkambrischen Untergrund.<br />
Eine gut dokumentierte Geschichte des Lebens auf der Erde kann man erst vom<br />
Kambrium an schreiben (Tab. 8.1). Es gibt zwar auch ältere Anzeichen von Leben,<br />
doch lassen diese sich stratigraphisch nicht mehr auswerten.<br />
Bis tief in das Silur gibt es Leben nur <strong>im</strong> Meer. Während dieser Zeit besiedeln Pflanzen<br />
das feste Land, das damit den nachrückenden Tieren Nahrung bietet. Im Karbon<br />
erheben sich die ersten Insekten in die Luft.<br />
Die Evolution führt zu mehrzelligen Organismen. Wirbellose Tiere gibt es schon <strong>im</strong><br />
Kambrium. Im Paläozoikum und Mesozoikum dominieren die Trilobiten, Graptolithen<br />
und Ammoniten.<br />
Im Silur treten die ersten Fische auf, mit denen der Bauplan der Wirbeltiere seine<br />
heutige Gestalt gewinnt. Von hier aus führt der Weg über die amphibischen<br />
Dachschädler zu den Reptilien, die bereits dem Landleben voll angepasst sind. Im<br />
Mesozoikum sind die Saurier <strong>im</strong> Wasser, auf der Erde und in der Luft weit verbreitet.<br />
Krokodile, Schlangen, Eidechsen, Lurche und Schildkröten sind heute deren<br />
Nachfahren.<br />
Von den Reptilien stammen zwei wichtige Tiergattungen ab: Die Vögel, die <strong>im</strong> Jura<br />
erscheinen und die Säugetiere. Die wichtigste Errungenschaft dieser Organismen ist die<br />
konstante Körpertemperatur. Jura und Kreide enthalten verschiedene Gruppen<br />
pr<strong>im</strong>itiver Säuger. Beuteltiere und Schnabeltiere sind Überreste davon, die sich in<br />
Australien bis heute erhalten haben.<br />
Am Ende der Kreidezeit erscheinen die ersten modernen Säuger. Ihre explosive<br />
Entfaltung beginnt nach dem Entstehen der bedecktsamigen Blütenpflanzen und<br />
unmittelbar nach dem Erlöschen der Saurier.<br />
Im frühen Tertiär sind alle heutigen Hauptgruppen der Säugetiere vorhanden. Raubtiere<br />
und Pflanzenfresser entwickeln sich aus pr<strong>im</strong>itiven Allesfressern.<br />
Der Mensch erscheint vor etwa 1 Million Jahren in Ostafrika. Seine nächsten<br />
Verwandten unter den Säugetieren sind die Affen.<br />
Im Holozän n<strong>im</strong>mt das Erdbild sein heutiges Aussehen an. Die vom Eis entlasteten<br />
Gebiete steigen z. T. auch heute noch auf (z.B. Skandinavien). Es werden meist lockere<br />
Schwemmsed<strong>im</strong>ente abgelagert (Alluvium). Die vom Mensch unbeeinflussten<br />
Veränderungen in der Lebewelt sind seit Ende des Tertiärs nicht sehr einschneidend.
Känozoikum (Erdneuzeit)<br />
Mesozoikum (Erdmittelalter)<br />
Paläozoikum (Erdaltertum)<br />
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.2<br />
Zeitalter Formation<br />
Quartär<br />
Tertiär<br />
Holozän<br />
(Alluvium,<br />
Gegenwart)<br />
Pleistozän<br />
(Diluvium,<br />
Eiszeit)<br />
Jungtertiär:<br />
Pliozän, Miozän<br />
Alttertiär:<br />
Oligozän, Eozän,<br />
Paleozän<br />
Dauer Alter<br />
in Mill. Jahren<br />
in Dtschld<br />
0,0015<br />
1-2<br />
60<br />
1-2<br />
Lebensentwicklung<br />
Pflanzen u. Tiere<br />
der Gegenwart<br />
arkt. Flora u. Fauna,<br />
Mammut, Höhlenbär,<br />
Auftritt des Menschen<br />
Herrschaft der<br />
Blütenpflanzen:<br />
schnelle und reiche<br />
Entfaltung der<br />
Säugetiere<br />
Geol. Vorgänge,<br />
insbesondere in<br />
Mitteleuropa<br />
Dünen, Marschen,<br />
Moore<br />
Vereisung N-Dtschlds u.<br />
d. Alpen, Urstromtäler,<br />
3 Wärmezwischenzeiten<br />
Alpen- und Karpaten-<br />
Auffaltung, Vulkanismus<br />
in Süd- u. Mitteldtschld.,<br />
Bruchfaltung der<br />
mitteldtsch.<br />
Schollengebirge,<br />
Rheintalgraben<br />
Nutzbare Gesteine<br />
Torf, Kies, Sand,<br />
Lehm, Ton<br />
Mergel, Kies,<br />
Sand, Torf<br />
Braunkohlen, Stein-<br />
u. Kalisalze,<br />
Bernstein, Kaolin,<br />
Erdöl, Basalt, Kies,<br />
Sand, Ton<br />
Kreide<br />
Obere Kreide<br />
Untere Kreide<br />
65<br />
60<br />
125<br />
Ende d. Großsaurier<br />
und<br />
Ammoniten,<br />
Laubhölzer<br />
größte Meeres –<br />
ausdehnung,<br />
Beginn d. Alpenauffaltg.<br />
Quadersandstein,<br />
Schreibkreide,<br />
Plattenkalk, Deisterkohle,<br />
Erdöl<br />
Jura Malm (weißer Jura)<br />
Dogger (braun. Jura)<br />
Lias (schwarz. Jura)<br />
45<br />
170<br />
Urvogel, Riesensaurier,<br />
Flugsaurier,<br />
Ammoniten, erste<br />
Knochenfische<br />
Solnhofener Schiefer<br />
Meeresbedeckung in Eisenerze (Minette)<br />
N- u. S-Dtschld., Erdöl (NW-<br />
Hebung in Mitteldtschld. Dtschld.)<br />
Schiefertone<br />
Trias<br />
Keuper<br />
45<br />
reiche Entfaltung der<br />
Alpen: Meer<br />
Dachsteinkalk<br />
Salz, Gipsmergel<br />
Muschelkalk<br />
Saurier: Ichthyo-und<br />
Dinosaurier;<br />
Alpen: Meer<br />
Wettersteinkalk<br />
Kalkstein, Salz, Gips<br />
Buntsandstein<br />
21 5<br />
erste Säugetiere<br />
Wüstenbildungen<br />
feinkörniger, roter<br />
Sandstein, Uran<br />
Perm<br />
(Dyas) Zechstein<br />
45<br />
erste Nadelhölzer,<br />
N- u. Mitteldtschld<br />
überflutet<br />
Kupferschiefer,<br />
Kalisalze, Salz<br />
Rotliegendes<br />
260<br />
letzte Trilobiten<br />
wüstenhaftes Kl<strong>im</strong>a Sandstein, Erdgas<br />
Karbon<br />
Oberkarbon<br />
Unterkarbon<br />
80<br />
340<br />
Sumpfwälder mit<br />
Farnen, Schachtelhalmen,<br />
Siegel- u.<br />
Schuppenbäumen<br />
erste Reptilien<br />
Variskische<br />
Gebirgsbildung<br />
(jetzige<br />
Mittelgebirge)<br />
Steinkohle<br />
Erze <strong>im</strong> Harz u.<br />
Erzgebirge<br />
Devon Ober-, Mittel-.<br />
Unterdevon<br />
50<br />
390<br />
Trilobiten, erste Panzerlurche<br />
u. Fische<br />
Meeresbedeckung<br />
Rhein. Dachschiefer,<br />
Eisenerze, Erdöl<br />
Silur<br />
Gotlandium<br />
Ordovizium<br />
100<br />
490<br />
erste Landpfl.<br />
und –tiere,<br />
Panzerfische<br />
Meeresbedeckung,<br />
kaledonische<br />
Gebirgsbildung<br />
Thüringische Dachschiefer,<br />
Uran<br />
Kambrium<br />
Ober-, Mittel-,<br />
Unterkambrium<br />
100<br />
590<br />
alle Stämme<br />
wirbelloser Tiere<br />
Meeresbedeckung<br />
Alaunschiefer,<br />
Erdöl<br />
Präkam -<br />
brium Proterozoikum<br />
(Algonkium)<br />
100<br />
690<br />
Blaualgen, Weichtiere,<br />
Schwämme<br />
Algonkische Revolution,<br />
assyntetische<br />
Gebirgsbildung<br />
Granit, Erze,<br />
Schiefer<br />
Archaikum<br />
ca. 2300 ca. 3000<br />
Bakterienartige<br />
Organismen<br />
Laurentische<br />
Gebirgsbildung<br />
Granit, Syenit, Erze<br />
ca. 1600 ca. 4600 Entstehung der Erde. Bildung der festen Erdkruste<br />
Frühzeit<br />
Tab. 8.1: Erdgeschichtliche Gliederung, Lebensentwicklung, geologische<br />
Formationen, Meeresspiegelschwankungen, Orogenesen, Gesteins-<br />
bildung und -umwandlung
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.3<br />
Abb. 8.1: Zeitlicher Ablauf der Erdgeschichte (Press & Siever, 1995)
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.4<br />
Abb. 8.2: Tektonisch-geochronologische Gliederung Europas
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.5<br />
8.2 Geodynamik<br />
8.2.1 Epirogenese<br />
Unter Epirogenese versteht man <strong>im</strong> Gegensatz zur Orogenese die allmählichen, lange<br />
anhaltenden Hebungen und Senkungen weitgespannter Gebiete der Erdkruste mit<br />
unwesentlichen Veränderungen der inneren Strukturen und ohne besondere seismische<br />
oder vulkanische Aktivität. Epirogene Vertikalbewegungen wirken z.B. <strong>im</strong> Bereich von<br />
Nordeuropa (Skandinavien, Nordsee, Ostsee) und <strong>im</strong> Osten Nordamerikas seit über<br />
300 Mio Jahren.<br />
Die durch weiträumige Hebungsvorgänge gebildeten Aufwölbungen heißen<br />
Geoantiklinen, die aber überwiegend erodiert werden. Bei epirogener Absenkung<br />
entstehen Becken (Geosynklinen), in denen verstärkt Sed<strong>im</strong>entation stattfindet.<br />
Bei epirogenetischen Vertikalbewegungen unterscheidet man zwischen isostatischer<br />
Kompensation und dynamischen Bewegungen. Kombinationen davon treten bei der<br />
Gebirgsbildung (Orogenese) auf.<br />
8.2.2 Isostatische Kompensation<br />
Eine isostatische Kompensationsbewegung ist die viskoplastische Verformung der<br />
Lithosphäre nach einer Belastungsänderung durch Änderung der Massenverteilung.<br />
Abb. 8.3: Gebirgserosion und isostatischer Massenausgleich der Erdkruste<br />
Die nacheiszeitliche (= postglaziale) schildförmige Aufwölbung Skandinaviens verursacht<br />
ein Zurückweichen des Meeres, besonders in der nördlichen Ostsee. Der<br />
Hebungsbetrag lässt sich an alten marinen Strandlinien ablesen, die heute hoch über<br />
dem Meeresspiegel an Land beobachtet werden können. Ursache der Aufwölbung ist<br />
eine Entlastung der Erdkruste be<strong>im</strong> Abschmelzen des Eises.<br />
Ausdehnung der Hebungszone Skandinaviens: Bereich der Vereisung der letzen<br />
Eiszeit. Größte Hebung: Gebiet der ehemalig stärksten Eisdicke. Die Hebung erreichte<br />
in den letzten 10000 Jahren max<strong>im</strong>al 300 m (geologisch "sehr rasch").
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.6<br />
Beispielsweise erfolgt gleichzeitig mit der nacheiszeitlichen Hebung Skandinaviens eine<br />
schüsselförmige Absenkung <strong>im</strong> südlichen Teil der Nordsee (Beweis: Funde von 10000<br />
Jahren alten Torflagern am Meeresgrund auf der Doggerbank bei - 40 m). Die stärkste<br />
Absenkung geschieht gegenwärtig an der flandrischen Küste: In Holland reicht die<br />
Basis der 10 - 20 tausend Jahre alten Ablagerungen bis in 600 m Tiefe. Die seit langem<br />
anhaltende Senkung des Untergrundes löst kontinuierlich Flachwasserablagerungen<br />
aus.<br />
Abb. 8.4: Postglaziale Aufwölbung Fennoscandiens<br />
Linien gleicher Hebung (Isobasen)<br />
a) Gesamthebung in m in den letzten 10 000 Jahren<br />
b) Rezente Hebungsrate in mm/a<br />
8.2.3 Dynamische Vertikalbewegungen<br />
Neben oder unabhängig von isostatischen Ausgleichsbewegungen können dynamische<br />
Vertikalbewegungen durch Einwirkung von Differenzspannungen in der Lithosphäre<br />
auftreten (endogene Dynamik).<br />
Umgekehrt können endogene, tektonische Kräfte der Isostasie auch entgegenwirken:<br />
z.B. Po-Ebene. Obwohl hier eine isostatische Hebung zu erwarten wäre, liegt die Basis<br />
der tiefsten, ca. 5 Mio Jahre alten Sed<strong>im</strong>ente heute schon bis zu 6 000 m tief (Grund:<br />
Orogenese des Apennins). Bedeutende Absenkbewegungen erfolgen auch be<strong>im</strong> Rifting<br />
der kontinentalen Kruste.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.7<br />
8.3 Meeresspiegelschwankungen<br />
8.3.1 Eustatische Meeresspiegelschwankungen<br />
Eustatische Hebungen oder Senkungen des Meeresspiegels entstehen durch<br />
kl<strong>im</strong>atische Änderungen <strong>im</strong> Wasserhaushalt der Erde in geologischen Zeiträumen mit<br />
der Folge von Regressionen oder Transgressionen des Meeres.<br />
Der Meeresspiegel als Bezugspunkt für Niveauänderungen der Erdoberfläche ist<br />
geologisch nicht konstant. So betrugen z. Β. die max<strong>im</strong>alen eiszeitlichen und zwischeneiszeitlichen<br />
Meeresspiegelschwankungen bis zu 200 m. Zur Zeit des Max<strong>im</strong>ums der<br />
letzten Vergletscherung (vor ca. 20 000 Jahren) lag der Meeresspiegel über 100 m<br />
tiefer als heute.<br />
Bei vollständigem Abschmelzen der heutigen Eismassen würde der Meeresspiegel um<br />
mehr als 50 m weiter ansteigen. Meeresspiegelmessungen seit Ende des 19. Jahrhunderts<br />
zeigen allgemein einen Anstieg von 0,5 - 1 mm/Jahr. Regional kann der Anstieg<br />
des Meeresspiegels auch rascher sein, z.B. an der Nordseeküste um 3 mm/Jahr,<br />
oder durch Hebungen des Festlandes kompensiert werden, z.B. Teile von<br />
Skandinavien.<br />
8.3.2 Transgression und Regression, Schichtablagerung<br />
Die Schwankungen des Meeresspiegels relativ zur Erdoberfläche bringen eine<br />
Verschiebung der Küstenlinien:<br />
Regression langfristiges Zurückweichen des Meeres<br />
Transgression langfristiges Vordringen des Meeres<br />
Abb. 8.5: Lagerung und Aufbau der Sed<strong>im</strong>entgesteinsschichten bei<br />
(a) Transgression und (b) Regression des Meeres
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.8<br />
Die Überflutung be<strong>im</strong> Vordringen des Meeres kann zur Ablagerung von<br />
Transgressionskonglomerat über der alten Festlandoberfläche führen. Dieses wird dann<br />
nacheinander von Sed<strong>im</strong>enten überlagert, die sich in <strong>im</strong>mer größerer Entfernung von<br />
der Küste und oft auch in zunehmend tieferem Wasser bilden: Wandern der<br />
Fazieszonen.<br />
Bei der Regression werden die Fazieszonen in umgekehrter Richtung verschoben,<br />
wobei die Schichtenreihe oft abbricht (Schichtlücken), da terrestrische Sed<strong>im</strong>ente bei<br />
der Erosion seltener erhalten bleiben als marine.<br />
8.4 Stratigraphie und Morphologie<br />
Abb. 8.6: Geologisch bedingte Landschaftsformen (Morphologie) Süddeutschlands<br />
Schichtstufenlandschaft der Schwäbischen Alb: Kalk-, Sand- und<br />
Tonsteine
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.9<br />
Abb. 8.7: Geologische Übersicht von Südwestdeutschland (vereinfacht)<br />
a) Geologische Karte b) NW-SE-Vertikalschnitt<br />
a)<br />
b)
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.10<br />
8.5 Stratigraphie und Baugrundeigenschaften<br />
Tab. 8.2: Baugrundeigenschaften der Formationen Obere Trias bis Quartär
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.11<br />
Tab. 8.3: Baugrundeigenschaften der Formationen unterhalb des Keupers
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.12<br />
8.6 Übungsaufgaben<br />
Ü 8.1 Was versteht man unter (a) Epirogenese, (b) Orogenese?<br />
Ü 8.2 Welche (a) jüngeren und (b) älteren Orogene durchziehen Europa?<br />
Ü.8.3 Überwiegt an der Erdoberfläche in Mitteleuropa das Grundgebirge<br />
oder das Deckgebirge?<br />
Nennen Sie mindestens 2 Regionen, in denen das Grundgebirge<br />
an der Oberfläche aufgeschlossen ist.<br />
Ü 8.4 Mit welchen Methoden kann man das Alter von geologischen Formationen<br />
und deren Gesteinen (a) relativ und (b) absolut ermitteln?<br />
Ü 8.5 Wie erklären sich Sed<strong>im</strong>entmächtigkeiten von mehreren tausend Metern,<br />
wenn diese in einem Flachmeer abgelagert worden sind?<br />
(Hinweis: Beckenbildung)<br />
Ü 8.6 (a) Erklären Sie den mehrfachen Wechsel festländischer (=terrestrischer)<br />
und meerischer (=mariner) Sed<strong>im</strong>entgesteine <strong>im</strong> Aufbau einer Schicht-<br />
stufenlandschaft.<br />
(b) Erläutern Sie das Wandern der Fazieszonen.<br />
Ü 8.7 (a) Wie sind ungestörte geologische Schichten generell abgelagert?<br />
(b) Was ist eine geologische Störung?
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.13<br />
Ergänzende Stichworte zu Kap. 8<br />
Antiklinale (Sattel): Falte mit nach unten divergierenden Schenkeln (vgl. Synklinale)<br />
Buntsandstein: untere Epoche der Trias<br />
Eozän: Stufe des Alttertiärs<br />
Epirogenese: Säkulare tektonische weitgespannte Hebungen und Senkungen der<br />
Erdkruste; Dabei bilden sich Schwellen (Geoantiklinale) und Senken (Geosynklinale).<br />
Durch epirogenetische Hebung weicht in den betroffenen Bereichen das Meer zurück<br />
(Regression, z.B. Skandinavien), Absenkungen können Meereseinbrüche zur Folge<br />
haben (Transgression, z.B. Jütland). Als Ursache der Epirogenese werden u. a.<br />
isostatische Ausgleichsbewegungen angenommen.<br />
Erdzeitalter: die in Formationen unterteilten großen Zeiträume der Entwicklungsgeschichte<br />
der Erde (Tab. 8.1)<br />
Fauna: die Tierwelt eines Gebiets<br />
Fazies: Charakteristische pr<strong>im</strong>äre Eigenschaften eines Sed<strong>im</strong>entgesteins oder einer<br />
Schichtgruppe nach petrographischen (Lithofazies) und paläontologischen Befunden<br />
(Biofazies); aus der Gesteins-Fazies kann man auf die bei der Ablagerung der<br />
betreffenden Sed<strong>im</strong>ente herrschenden physikalischen und geologischen Bedingun-<br />
gen schließen.<br />
Flora: die Pflanzenwelt eines Gebiets<br />
Fossilien: Versteinerungen von Pflanzen und Organismen<br />
Flysch: schiefrige und sandige, fossilarme Schichten des alpinen älteren Tertiärs und<br />
der oberen Kreide<br />
Geomorphologie: Wissenschaft von den Formen der Erdoberfläche nach Art,<br />
Verbreitung und Entstehung<br />
Günz, Mindel, Riss, Würm: die Eiszeiten des Quartärsystems<br />
Hangendes: Eine Gesteinsformation, die unmittelbar über der jeweils betrachteten<br />
Gesteinsmasse, Lagerstätte oder Störung liegt. Gegenteil: Liegendes<br />
Jura: mittlere Abteilung des Mesozoikums<br />
Känozoikum (Erdneuzeit): Tertiär (mit alpidischer Gebirgsbildung), Quartär<br />
Kreide: jüngste Abteilung des Mesozoikums<br />
Leitfossil: Fossil, das für eine best<strong>im</strong>mte stratigraphische Einheit charakteristisch und<br />
daher oft namensgebend ist<br />
Lias: untere Serie des Jura
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 8.14<br />
Liegendes: Eine Gesteinsformation, die unmittelbar unter der jeweils betrachteten<br />
Gesteinsmasse, Lagerstätte oder Störung liegt. Gegenteil: Hangendes<br />
Malm: obere Serie des Jura<br />
Mesozoikum (Erdmittelalter): Trias, Jura, Kreide<br />
Molasse: tertiäre Konglomerate, Sandsteine und Mergelbildungen des alpinen Mittel-<br />
und Vorlandes<br />
Oligozän: mittlere Serie des Tertiärs<br />
Paläozoikum (Erdaltertum): Kambrium, Silur (mit kaledonischer Gebirgsbildung),<br />
Devon, Karbon (mit variskischer Gebirgsbildung), Perm<br />
Pangäa: Bezeichnung für einen bis in das Jung-Paläozoikum zusammenhängenden<br />
Urkontinent, der ab dem Mesozoikum auseinanderdriftet, wobei sich u. a. der<br />
Atlantische Ozean neu gebildet und Südamerika von Afrika abgetrennt hat.<br />
Präkambrium (Frühzeit): Archaikum, Proterozoikum (Algonkium)<br />
Profil: Aufrisszeichung der senkrechten Schnittfläche durch das Relief eines Teils der<br />
Erdoberfläche<br />
Relief: die durch geographische Höhenunterschiede best<strong>im</strong>mten Formen eines Gebiets<br />
der Erdoberfläche<br />
Stratigraphie: Lehre von der Abfolge der geologischen Schichten, deren Gesteinsaufbau,<br />
Entstehung und Alter<br />
stratigraphische Alterbest<strong>im</strong>mung: relative A. mit Hilfe von Leitfossilien, absolute A.<br />
radiometrisch, dendrochronologisch oder pollenanalytisch<br />
Synklinale (Mulde): Falte mit nach oben divergierenden Schenkeln (vgl. Antiklinale)<br />
Tertiär: System (Formation) der geologischen Neuzeit<br />
Trias: älteste Formation des Mesozoikums (Buntsandstein, Muschelkalk, Keuper)<br />
Zeugenberg: Bei der Erosion eines Tafel- oder Schichtstufenlandes entstandene,<br />
isoliert stehengebliebene Berge, die den ursprünglichen Schichtenaufbau noch zeigen.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 9.1<br />
9. TEKTONISCHE GRUNDLAGEN<br />
Tektonik ist die Lehre vom Bau der Erdkruste und den endogenen Bewegungen und<br />
Kräften, die diesen bewirken. Sie ermittelt aus den Strukturen, Störungen und<br />
Deformationen die erzeugenden Bewegungen nach Bahn, Richtung, Zeit, Dauer und<br />
Ursache.<br />
Orogenese (= Tektogenese) ist die Bezeichnung für die Gebirgsbildung durch Hebung,<br />
Faltung und Deckenbildung eines Geosynklinalbereiches, verbunden mit Metamorphose<br />
oder Erosion der Gesteine:<br />
(a) alpinotype Orogenese mit intensiver plastischer Faltenbildung (-> Kap. 9.1)<br />
(b) germanotype Orogenese in steiferen kratonischen Krustenbereichen mit spröden<br />
Bruchschollenbildungen (-> Kap. 9.2)<br />
9.1 Faltung, Deckenüberschiebung<br />
Faltung ist eine in geschichteten Gesteinen häufige Form der Deformation, die<br />
besonders typisch für Gebirgszonen ist. Der Begriff Falte besagt, dass eine ursprünglich<br />
ebene Struktur, wie beispielsweise eine Sed<strong>im</strong>entschicht, verbogen worden ist. Eine<br />
Aufwölbung geschichteter Gesteine wird als Sattel oder Antikline bezeichnet; eine<br />
Einwölbung heißt Mulde oder Synkline.<br />
Abb. 9.1: Sättel oder Antiklinen und Mulden oder Synklinen (Press & Siever, 2003)<br />
Neben vertikalen Faltenachsen, von denen die Flanken symmetrisch von der Achse<br />
weg einfallen (aufrechte Falten), gibt es auch asymmetrische Formen, bei denen eine<br />
Flanke steiler abfällt als die anderen (vergente Falten). Wenn die Deformation intensiv<br />
ist und eine Flanke über die Vertikale hinaus verkippt wurde, spricht man von einer<br />
überkippten Falte; beide Flanken fallen dann in dieselbe Richtung ein.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 9.2<br />
Abb. 9.2: Aufrechte, vergente und überkippte Falten (Press & Siever, 1995)<br />
Eine Deckenüberschiebung entsteht bei tektonischer Einengung auf horizontaler oder<br />
flach geneigter Gleitbahn geschobener Gesteinsmasse, die von ihrem Ursprungsgebiet<br />
über weite Strecken bewegt worden sein kann ("Allochton"). Fazies, Alter und Baustil<br />
von Decken und Unterlage sind weitgehend verschieden; die ursprünglichen<br />
Ablagerungsräume waren getrennt (z.B. helvetische und penninische Decken in den<br />
Westalpen, H<strong>im</strong>alaya).<br />
b) beginnende Überschiebung<br />
und weitere Heraushebung bei<br />
anhaltender Abtragung<br />
d) Ende der Bewegung und starke<br />
Erosion der Decke; Isolierte<br />
Deckenreste <strong>im</strong> Vorland des<br />
eigentlichen Deckenkörpers<br />
werden als "Klippen" bezeichnet.<br />
a) Faltenbildung und beginnende<br />
Zerstörung des Faltenscheitels<br />
c) Deckenüberschiebung und<br />
fortschreitende Abtragung und<br />
Erosion; Bildung von Schichtstufen<br />
an der Deckenstirn<br />
Abb. 9.3: Schema der Faltung und Deckenüberschiebung eines Gebirges
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 9.3<br />
9.2 Geologische Verwerfungen<br />
Eine Aufschiebung ist eine geologische Verwerfung, an der eine Gesteinsscholle relativ<br />
zu einer benachbarten aufgeschoben wird.<br />
Eine Abschiebung ist eine geologische Verwerfung, an der eine Gesteinsscholle relativ<br />
zu einer benachbarten abgeschoben wird. Der Betrag der vertikalen Absenkung heißt<br />
Sprunghöhe.<br />
Eine Blattverschiebung (=Transversalverschiebung) ist eine geneigte oder vertikale<br />
Verwerfung, an der eine Gesteinsscholle zu einer benachbarten relativ seitwärts<br />
verschoben wird.<br />
Abb. 9.4 Aufschiebung, Abschiebung, Blattverschiebung (Press & Siever, 1995)<br />
Abb. 9.5 Bruchstufenlandschaft durch mehrfach gestaffelte Abschiebungen
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 9.4<br />
Abb. 9.6: Der Oberrheingraben mit Vogesen und Schwarzwald als intra-<br />
kontinentale tektonische Zerrungszone<br />
Stratigraphie des Oberrheingrabens<br />
variskisches Grundgebirge: Gesteine, die bei der variskischen Gebirgsbildung in der<br />
Karbonzeit tief in der Erdkruste hohen Temperaturen und Drücken ausgesetzt waren.<br />
Rotliegendes: Zur Rotliegend-Zeit abgelagerte Ton- und Sandsteine, Konglomerate<br />
und vulkanische Gesteine.<br />
Buntsandstein: Zur Buntsandstein-Zeit abgelagerte rote Ton- und Sandsteine.<br />
Muschelkalk: Zur Muschelkalk-Zeit abgelagerte Kalksteine.<br />
Keuper: Zur Keuper-Zeit abgelagerte Sandsteine.<br />
Jura: Zur Jura-Zeit abgelagerte Ton- und Kalksteine.<br />
Eozän und Oligozän: Zur Eozän- und Oligozän-Zeit abgelagerte Tone, Mergel und<br />
Salzgesteine.<br />
Miozän, Pliozän, Pleistozän: Zur Miozän-, Pliozän- und Pleistozän-Zeit abgelagerte<br />
Tone, Mergel, Sande und Kiese.<br />
Holozän: In der Holozän-Zeit (Jetzt-Zeit, vor 10.000 Jahren bis heute) abgelagerter<br />
Ton, Lehm, Sand und Kies.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 9.5<br />
9.3 Halokinese, Diapirismus<br />
Abb. 9.7: Gefügeschema von Diapirs (Pluton) mit Längs-, Quer- und Diagonalklüften<br />
Abb. 9.8: Halokinese: tektonische Stadien be<strong>im</strong> Aufstieg von Salzstöcken
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 9.6<br />
9.4 Felsklüfte und -gefüge<br />
Abb. 9.9: Kluftflächen in Fels (K 1 , K 2 , ... K n )<br />
Abb. 9.10: Schichtflächen (S s ), Kluftflächen (K1,K2) und Störungsflächen (S t ) <strong>im</strong><br />
Fels<br />
*
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 9.7<br />
9.5 Übungsaufgaben<br />
Ü 9.1 Nennen Sie die elementaren Formen der tektonischen Deformationen<br />
und Bruchbildungen in der Erdkruste (Zeichnungen!) und geben Sie<br />
eine mechanische Deutung der ihnen zugrunde liegenden Einwirkungen.<br />
Ü 9.2 Was versteht man in der Geomechanik unter (a) Brechen, (b) Fließen?<br />
Ü 9.3 Wie zeigen sich rezente tektonische Spannungen <strong>im</strong> Baugrund?<br />
Ü 9.4 Was versteht man in der Geotechnik unter dem Begriff "druckhaft"?<br />
Ü 9.5 In welcher Tiefenlage liegt die Obergrenze des Hauptbuntsandsteins in<br />
Karlsruhe (a) am Turmberg, (b) an der Universität?<br />
(c) Erklären Sie den Unterschied.<br />
Ü 9.6 Wie unterscheidet sich eine Bruchstufenlandschaft von einer<br />
Schichtstufenlandschaft?<br />
Ü 9.7 (a) Was versteht man unter dem Gefüge von Fels?<br />
(b) Wie beeinflußt das Gefüge die bautechnischen Eigenschaften von<br />
Fels?<br />
Ü 9.8 Erläutern Sie für eine Kluftschar KK<br />
(a) den Durchtrennungsgrad<br />
(b) den Kluftabstand<br />
(c) die Raumstellung<br />
Ü 9.9 Warum verursacht das Durchfahren einer geologischen Störungszone<br />
be<strong>im</strong> Tunnelbau oftmals eine Unterbrechung des Tunnelvortriebes?<br />
Ü 9.10 Steinsalzlagerstätten sind in einigen Ländern zur Endlagerung toxischer<br />
Abfälle vorgeschlagen worden. Was wäre aus baugeologischer Sicht<br />
vorzuziehen: ein Salzstock oder eine horizontale Lagerung des<br />
Salinars? Warum?<br />
Ergänzende Stichworte zu Kap. 9<br />
Blattverschiebung (Seitenverschiebung): steile Bruch- und Bewegungsflächen mit<br />
überwiegendem Horizontalversatz; Der Bewegungssinn wird, von oben betrachtet,<br />
entweder als sinistral (= relativ nach links verschiebend) oder dextral (= relativ nach<br />
rechts verschiebend) angegeben.<br />
Dislokation: tektonische, relative Versetzung<br />
Durchtrennungsgrad: Flächenanteil der Klüfte in einer Kluft-Ebene<br />
Faltung: durch überwiegend horizontal wirkende tektonische Kräfte erzeugte Auf- und<br />
Abbiegung von Schichten der Erdkruste. Die Aufwölbung einer Falte heißt Antiklinale<br />
(Sattel); zwei Sättel schließen eine Mulde (= Synklinale) ein. Nach ihrer Lage<br />
unterscheidet man stehende, schiefe, überkippte und liegende Falten.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 9.8<br />
Flächengefüge: Summe der Raumdaten flächenhafter Strukturelemente (z.B. Klüfte)<br />
innerhalb eines betrachteten Größenbereichs: Streichen und Fallen, Kluftscharen,<br />
Abstände, Erstreckung usw.<br />
Grabenbruch: ein relativ zu seiner Umgebung an mehr oder weniger parallel<br />
streichenden Verwerfungen abgeschobener Streifen der Erdkruste (z.B.<br />
Oberrheingraben)<br />
Horst: ein relativ zu seiner Umgebung an mehr oder weniger parallel streichenden<br />
Verwerfungen aufgeschobener Streifen der Erdkruste (z.B. Thüringer Wald)<br />
Harnisch: Bewegungsschrammen auf gegeneinander verschobenen Gesteinstrennflächen<br />
Kluft: Trennfläche <strong>im</strong> Gestein; in der Geomechanik und in der Baugeologie werden<br />
dazu auch Schicht- und Schieferungsfugen gezählt. Man unterscheidet zwischen<br />
Scherklüften (Diagonalklüfte) und Zerrklüften (Trennklüfte). Sie können ganz oder<br />
teilweise mit Mineralbildungen gefüllt sein.<br />
Klüftigkeitsziffer: Maß für die Kluftdichte: Zahl der Klüfte pro laufender Meter eines<br />
Gebirgsaufschlusses; der Reziprokwert heißt mittlerer Kluftabstand.<br />
Kluftkörper: idealisierter parallelflächiger Körper, der von Kluftflächenpaaren in<br />
mittlerer Raumstellung und in mittlerem Kluftabstand begrenzt ist<br />
Kluftkörperverband: Summe aller Klüfte von gleicher oder annähernd gleicher<br />
Raumstellung; in geologischen Körpern sind häufig drei Kluftscharen ausgebildet.<br />
Lineament: großräumige, relativ geradlinige Erstreckung einer Blattverschiebung<br />
Mylonit: durch tektonische Bewegungen zerriebenes Gestein einer Störungszone; bei<br />
grobem Korn nennt man ihn auch "Reibungsbrekzie"<br />
Salzstock (Diapir): steilwandiger Salzköper, entstanden durch Auftrieb des Salzes aus<br />
der Tiefe mit Hebung und Scherung des überlagernden Gebirges; die Flanken bilden<br />
günstige Bedingungen für Erdöl- und Erdgaslagerstätten<br />
Scherbruch (Gleitungsbruch): Bruch entlang von Schubspannungsebenen mit relativ<br />
glatter Bruchoberfläche und Scherspuren ("Harnische")<br />
Scholle: durch Verwerfungen begrenztes, sprödes Bruchstück der Erdkruste<br />
Störung (Verwerfung): großräumige, relativ ebene Bruchfläche <strong>im</strong> Gebirge, die eine<br />
horizontale (="söhlige"), vertikale (="saigere"), flache (
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 10.1<br />
10. DARSTELLUNG VON SCHICHTFLÄCHEN UND KLÜFTEN<br />
10.1 Streichen und Fallen von Schichtflächen und Klüften<br />
Abb. 10.1: a) Streichen und Fallen einer Kluft b) Geologenkompaß<br />
a)<br />
b)<br />
Abb. 10.2: Einmessen und Darstellen von (a) Flächen und (b) Linearen
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 10.2<br />
10.2 Lagenkugel-Analyse<br />
Abb. 10.3: a) Lagenkugel in Querlage<br />
b) Lagenkugel in Pollage<br />
a) Axonometrische Darstellung einer Lagen-<br />
kugel und ihrer Verschneidung mit einer Kluftfläche<br />
α = Fallrichtungswinkel<br />
β = Einfallwinkel<br />
h = horizontale Hauptlinie oder Streichlinie<br />
f = Fallinie<br />
L = Normalendurchstoßpunkt<br />
b) Parallelprojektion von Äquatorebene und<br />
Großkreis der Kluft in axonometrischer<br />
Darstellung.<br />
c) Parallelprojektion von Äquatorebene und<br />
Großkreis <strong>im</strong> Grundriss.<br />
Abb. 10.4: Lagenkugel-Analyse einer geologischen Kluftfläche
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 10.3<br />
Abb. 10.5: Lagenkugel-Analyse der Verschneidung zweier Kluftflächen<br />
(a) axonometrische Darstellung der beiden Kluftflächen K1 und K2 (b) Normalendurchstoßpunkt L1 und L2 (Flächenpole der beiden<br />
Kluftflächen<br />
(c) Messung des Raumwinkels auf einem Großkreis der Lagenkugel in<br />
Querlage<br />
Abb. 10.6: Kluftkörper in einer Felsböschung<br />
a) Gleitkeil in der Verschneidung zweier nichtparalleler Kluftflächen<br />
b) Gleitblöcke auf böschungsparalleler Kluftschar
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 10.4<br />
10.3 Übungsaufgaben zum Lagenkugeldiagramm mit Lösungen<br />
Gegebene Situation:<br />
Be<strong>im</strong> Bau einer Landstraße, die genau in Ost-West-Richtung verläuft, ist es <strong>im</strong><br />
Zuge der Linienführung erforderlich, auf der nördlichen Straßenseite einen Felshang<br />
auf eine Höhe von 30 m anzuschneiden, der <strong>im</strong> Verhältnis 2 : 1 abgeböscht<br />
werden soll. Bei der Gefügeaufnahme der geologischen Voruntersuchung sind <strong>im</strong><br />
Bereich der geplanten Böschung zahlreiche, fast völlig durchtrennte Felsklüfte mit<br />
den folgenden Raumstellungen eingemessen worden:<br />
270/55 235/60 160/55 240/60 275/50 280/55 235/55 240/70<br />
290/45 290/50 245/60 285/60 260/40 280/60 255/35 275/60<br />
150/60 270/60 235/60 140/50 155/60 290/55 240/50 070/50<br />
155/65 285/55 150/65 245/60 275/55 150/55 240/60 145/65<br />
290/60 270/55 145/55 285/65 010/70 160/60 280/50 245/65<br />
165/60 140/65 240/65 280/45 155/60 280/55 235/65 245/55<br />
150/60 120/30 140/60 250/55 240/55 145/60 200/40 155/70<br />
Aufgaben und Fragen:<br />
1. Tragen Sie die Normalenpole der gemessenen Klüfte und der geplanten<br />
Böschung in das Lagenkugeldiagramm (Pollage) ein.<br />
2. Ermitteln Sie, wie viele Kluftscharen das Gebirge zerlegen und geben Sie die<br />
Daten der mittleren Raumstellungen dieser Kluftscharen an.<br />
3. Best<strong>im</strong>men Sie die Winkel zwischen diesen Kluftscharen.<br />
4. Geben Sie die Verschneidungslinien dieser Kluftscharen an.<br />
5. Welche dieser Kluftscharen haben die steilste Verschneidungslinie?<br />
6. Entlang welcher Verschneidungslinien sind Rutschungen möglich? Welche<br />
davon ist am stärksten gefährdet? (Annahme: gleiches Materialverhalten auf<br />
allen Klüften)<br />
7. Welche Baumaßnahmen könnte man ggf. zur Erhöhung der Standfestigkeit der<br />
Felsböschung treffen?<br />
Arbeitsunterlagen:<br />
1 Lagenkugel-Diagramm in Pollage, 1 Lagenkugel-Diagramm in Querlage<br />
Lösung der Übungsaufgaben<br />
1. s.u. Lagenkugeldiagramm (Abb. 10.8)<br />
2. drei Hauptkluftscharen: KK1 = 240/60, KK2 = 150/60 und KK3 = 280/55<br />
3. Winkel zwischen den Kluftscharen: ε1|2 = 76°, ε1|3 = 34° und ε2|3 = 80°<br />
4. Verschneidungs-Vektoren: V1|2 = 195/51, V1|3 = 275/55 und V2|3 = 218/33<br />
5. steilster Verschneidungs-Vektor: V1|3 = 275/55<br />
6. Rutschungen sind entlang von V1|2 und V2|3 kinematisch möglich, am<br />
wahrscheinlichsten in Richtung des größeren Gefälles V1|2 = 195/51<br />
7. Mögliche bautechnische Sicherungsmaßnahmen wären eine Verankerung der<br />
Felsböschung zur Erhöhung der Reibungskräfte auf den Klüften oder eine<br />
Stützmauer vor der Böschung als Widerlager für die Schubkräfte aus den<br />
Gleitmassen.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 10.5<br />
Abb. 10.7 Lagenkugel in Querlage, flächentreue Projektion (Originalmaßstab)
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 10.6<br />
Abb. 10.8 Lösung der Übungsaufgabe auf der Lagenkugel in Pollage
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 10.7<br />
10.4 Übungsaufgaben<br />
Ü 10.1 Was versteht man unter dem Streichen und Fallen einer Schicht?<br />
Ü 10.2 Definieren Sie den Unterschied zwischen einer Fläche und einer Linearen<br />
<strong>im</strong> Lagenkugeldiagramm in Pollage.<br />
Ü 10.3 Wo liegt in diesem Diagramm der Pol<br />
(a) einer horizontalen Ebene?<br />
(b) einer vertikalen Südwand?<br />
Ü 10.4 Kennzeichnen Sie die folgenden Kluftflächen durch ihre Pole und<br />
Großkreise <strong>im</strong> Lagenkugeldiagramm in Pollage:<br />
KK 1 = 160/40, K 2 = 030/60, K 3 = 280/50<br />
Ü 10.5 Best<strong>im</strong>men Sie die Schnittlinien der Kluftflächen nach Fallrichtung und<br />
-winkel.<br />
Ü 10.6 Unter welchen Winkeln schneiden sich die Kluftflächen gegenseitig?<br />
Ü 10.7 Be<strong>im</strong> Bau einer Landstraße, die genau von Osten nach Westen verlaufe,<br />
sei es erforderlich, an der rechten Seite einen Felshang <strong>im</strong> Verhältnis 1:1<br />
abzuböschen, für den die o.a. Kluftdaten aufgenommen worden sind.<br />
(a) Entlang welcher Verschneidungslinie wäre eine Felsgleitung<br />
kinematisch möglich?<br />
(b) Welche zusätzlichen Informationen benötigte man für eine Analyse<br />
der Standsicherheit dieser Böschung?
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 10.8<br />
Ergänzende Stichworte zu Kap. 10<br />
Fallrichtung: Winkel α zwischen der Nordrichtung und der Richtung der Fallinie einer<br />
Ebene (Kluftfläche); Die Fallrichtung wird <strong>im</strong> Uhrzeigersinn von Nord (N=000°) über Ost<br />
(E=090°), Süd (S=180°), West (W=270°) nach Nord (N=360°) gezählt.<br />
Fallwinkel: Winkel β zwischen der Horizontalen und der Fallinie; Er wird positiv von 00°<br />
nach 90° abwärts gezählt.<br />
Flächengefüge: Summe der Raumdaten flächenhafter Strukturelemente (z.B. Klüfte,<br />
Schieferungsflächen, Schichtflächen) innerhalb eines betrachteten Größenbereichs:<br />
Streichen und Fallen, Kluftscharen, Abstände, Erstreckung usw.<br />
Größenbereich: in der Gefügekunde: die Größenordnung eines räumlichen Bereiches,<br />
in dem die mechanischen Zusammenhänge statistischen Gesetzmäßigkeiten unterliegen,<br />
z.B. cm-Bereich, Handstück- oder Kluftkörperbereich, Baugrubenaufschlußbereich,<br />
Bereich eines geologischen Profils durch ein Gebirge<br />
Lagenkugel: Hilfsmittel zur Darstellung der Orientierung von Gefügeelementen. In der<br />
Geomechanik wird die flächentreue Projektion der Lagenkugel zur Darstellung von<br />
Gefügeelementen und zur Ermittlung von Winkelbeziehungen zwischen diesen<br />
verwendet. Man unterscheidet zwischen der Lagenkugel in Querlage (Hilfsnetz) und der<br />
Lagenkugel in Pollage (Zeichenebene).<br />
Raumstellung: Orientierung einer Ebene <strong>im</strong> Raum, best<strong>im</strong>mt durch Fallrichtung und<br />
Fallwinkel oder durch Streichen und Fallen<br />
Streichen: in der Geomechanik der Winkel zwischen der Nordrichtung und der<br />
Richtung der Hauptlinie (Horizontale) geologischer Flächen
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.1<br />
11. BAUGEOLOGISCHE ERKUNDUNG; GEOMORPHOLOGIE;<br />
HANGBEWEGUNGEN UND ERDFÄLLE; KARTEN UND PROFILE<br />
11.1 Baugeologische Erkundung<br />
11.1.1 Objekte<br />
Ansprache<br />
- Arten des Baugrundes<br />
- Lockergestein, Böden<br />
- Festgestein, Fels<br />
Tragfähigkeit<br />
- Nutzung der Tragfähigkeit<br />
- Tragfähigkeit charakteristischer Bodenarten<br />
- Maßnahmen zur Erhöhung der Tragfähigkeit<br />
Setzungen und Hebungen<br />
- waagerechte und lotrechte Setzungen<br />
- Setzungsverhalten charakteristischer Bodenarten<br />
- technische Maßnahmen<br />
Hangbewegungen<br />
- Standsicherheit natürlicher und künstlicher Böschungen<br />
- Auswirkungen technischer Eingriffe<br />
- Arten der Hangbewegungen<br />
- Ursachen von Hangbewegungen<br />
- Erkennen von rutschgefährdetem Gelände<br />
- bautechnische Sicherungsmaßnahmen<br />
11.1.2 Erkundungsziele<br />
Erkundung der für die vorgesehene Baumaßnahme erforderlichen Kennwerte des Baugrundes,<br />
z.B. Reaktion der Bauwerke auf Bodensetzungen, Standsicherheitsprobleme.<br />
Welche Daten sind <strong>im</strong> konkreten Fall relevant und wie viel Aufwand an Zeit und Kosten<br />
muss zu ihrer Gewinnung betrieben werden? (z.B. <strong>Geologie</strong>, Gefüge, Grundwasser)<br />
11.1.3 Aufschlussmethoden<br />
Direkte Aufschlussmethoden<br />
- natürliche Aufschlüsse (ohne großen technischen Aufwand frei zugänglich)<br />
- Felsfreilegungen (großflächige Abhebung von Bodenschichten)<br />
- Schürfgruben (Ausräumen von Gräben mit Großgeräten, z.B. Bagger)<br />
- Sondierstollen und -schächte (kurze bis lange Erkundungsstollen)<br />
- Bohrungen (z.B. Kernbohrungen)<br />
- Grundwasserpegelmessungen<br />
Indirekte Aufschlussmethoden<br />
- mechanische Methoden (Schlagsondierung)<br />
- optische Methoden (Bohrloch-Fernsehsonde, Scanner)<br />
- geophysikalische Methoden (Seismik, Geoelektrik)
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.2<br />
Fernerkundung („Remote Sensing“)<br />
- Luftbildauswertung<br />
- Satellitenfotografie<br />
Die Geofernerkundung mit Hilfe von Satelliten und Flugzeugen ist ein fester Bestandteil<br />
der angewandten geologischen Erkundung. Sie ermöglicht eine schnelle, flächenhafte und<br />
kostengünstige Erfassung beliebiger, oft auch unzugänglicher Geländeabschnitte, und<br />
geht häufig den aufwendigen, zeit- und kostenintensiven konventionellen Untersuchungsmethoden<br />
voraus.<br />
Aufgrund der geringen Auflösung kommen Satellitendaten (z.B. LANDSAT, SPOT) nur zur<br />
Klärung regionaler Zusammenhänge in Maßstäben von 1:500 000 bis 1:100 000 zur Anwendung.<br />
Beispiele hierfür sind z.B. das Monitoring von landschaftsverändernden Vorgängen<br />
wie Desertifikation und Veränderungen von Küsten, sowie die Überwachung bei<br />
Umweltkatastrophen wie Tankerunfälle oder Flächenbrände.<br />
Für geotechnisch und umweltorientierte Fragestellungen <strong>im</strong> ingenieurgeologischen Einsatz<br />
sind dagegen hochauflösende Daten notwendig, die durch flugzeuggestützte Luftbildaufnahmen<br />
<strong>im</strong> Maßstab bis 1:5000 zur Verfügung stehen. Man verwendet <strong>im</strong> Wesentlichen<br />
photographische Schwarzweiß-Luftbilder, bei deren Aufnahme die optische Achse senkrecht<br />
zur Erdoberfläche orientiert ist. Diese Senkrechtaufnahmen werden in Flugrichtung<br />
mit einer Überlappung von 60% und zwischen benachbarten Bildflugtrassen mit einer solchen<br />
von 30% aufgenommen (vgl. Abb.11.1). Die stereoskopische Betrachtung benachbarter<br />
Bilder („Stereopaare“) vermittelt dem Betrachter einen räumlichen Geländeeindruck<br />
und ermöglicht eine quantitative Auswertung der Bilder. Die Auswertung erfolgt mit dem<br />
Linsen- oder Spiegelstereoskop.<br />
Abb.11.1: Schema eines Bildfluges (aus Kronberg, 1984)<br />
Für die ingenieurgeologische Erkundung bietet die quantitative Luftbildauswertung folgende<br />
Möglichkeiten (u.a.):<br />
- Erfassen von Geländerelief und Landschaftsformen<br />
- Untersuchung des Gewässernetzes und der Vegetation<br />
- Abgrenzung unterschiedlicher Gesteinseinheiten und deren Lagerungsverhältnisse<br />
(Raumstellung von Schichtflächen, Schichtmächtigkeiten etc.)<br />
- Erfassen tektonischer Elemente wie Lineationen, Kluftsysteme, Falten und<br />
Domstrukturen<br />
- Planungsgrundlage für die Trassierung von Verkehrswegen<br />
- Erfassung von Senkungsvorgängen in Subrosions- und Bergbaugebieten<br />
- Abgrenzung von Deponiestandorten und Information über die Art und Weise der<br />
Abfalldeponierung (durch multitemporale Luftbildbefliegungen)<br />
Die verschiedenen Methoden der Baugrunderkundung werden <strong>im</strong> Einzelnen oder in Kombination<br />
eingesetzt. Dabei erfolgt der Ablauf der Untersuchungen in einzelnen Phasen, bei<br />
denen die Erkundung nach Bedarf sukzessive verdichtet wird.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.3<br />
11.2 Bautechnische Bedeutung der Geomorphologie<br />
11.2.1 Baugrundeigenschaften von Gebieten mit wenig gestörter Lagerung<br />
Gelände<br />
- i.Allg. weiträumig<br />
- relativ einheitliche Gesteinsverhältnisse<br />
- fast ausschließlich Sed<strong>im</strong>entgesteine<br />
(Tone, Tongesteine, Sande, Mergel, Sandsteine, Kalksteine, ... )<br />
Fundierungen<br />
- meist nicht sehr schwierig<br />
- jedoch Beachtung der Schichtfolge unterhalb der Fundamente !<br />
Verkehrswege<br />
- keine besonderen Schwierigkeiten<br />
- Böschungsprobleme be<strong>im</strong> Anschneiden von tonigen Schichten !<br />
Tunnelbauten<br />
- meist gleichförmige geologische Verhältnisse<br />
- in Württemberg und in der Schweiz Gipskeuperprobleme !<br />
- bei ausgeprägter Klüftung Gefahr von Mehrausbrüchen !<br />
Talsperren<br />
- oft Dichtungsprobleme durch weitläufige Umströmungen<br />
- geringer Reibungswiderstand auf horizontalen Fugen<br />
- bei tonigen Gesteinen Belastbarkeitsprobleme<br />
Hangstabilität<br />
- fast nur von Gesteinsart abhängig<br />
- wenig standsichere Schichten:<br />
Knollenmergel, Opalinuston, tertiäre Tone und Schluffe<br />
Bergwasser<br />
- meist an best<strong>im</strong>mte Horizonte gebunden (besonders Kalke)<br />
- tonige Gesteine wirken weiträumig grundwasserstauend<br />
(z.B. U-Bahn Frankfurt)<br />
11.2.2 Baugeologische Eigenschaften von Gebieten mit stark gestörter Lagerung in<br />
Faltengebirgen<br />
Gelände<br />
- häufige Wechsel in Gestein und Orientierung der Kluftflächen<br />
- in Faltenkernen vorwiegend Granite (Skandinavien, Schwarzwald)<br />
- oft metamorphe Schiefer<br />
- i.Allg. lebhafte Morphologie (z.B. Alpen)<br />
- starke Erosion<br />
- große Höhenunterschiede auf kurzen Strecken<br />
Verkehrswege<br />
- besondere Schwierigkeiten durch lebhafte Morphologie<br />
- z.B. Brenner-Autobahn: 11 km Brücken auf 36 km Straße<br />
Tunnelbauten<br />
- häufig wechselnde geologische Verhältnisse<br />
- Einflüsse großer Überlagerungshöhen<br />
- Probleme der Tunnel-Vorhersage
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.4<br />
- Bedeutung von Streichen und Fallen bei Durchfahrung von geneigten Schichten<br />
- Gefahr von Wassereinbrüchen und Verbrüchen<br />
Hangstabilität<br />
- Zusammenwirken von wechselnden Gesteinseigenschaften und Richtung der<br />
Klüfte, Schichtung und Schieferung<br />
- durch junge, rasche Erosion häufig instabile Hänge, Rutschungen, Talzuschübe,<br />
Bergstürze<br />
Bergwasser<br />
- oft unregelmäßige Verhältnisse<br />
- tiefes Eindringen des Wassers an Klüften in das Gebirge<br />
- schwierige Vorhersage<br />
11.3 Hangbewegungen<br />
11.3.1 Mechanische Ursachen<br />
- geringe Scherfestigkeit bei Böden<br />
- geringe Massenfestigkeit oder/und Kluftreibung bei Fels<br />
- Spannungsumlagerungen<br />
- Erschütterungen<br />
- Strömungsdruck<br />
- hydrostatischer Druck<br />
11.3.2 Geologische Bedingungen<br />
- Tone und Schluffe<br />
- ton- und schluffhaltige Gesteine<br />
- gleitfähige Kluftfüllungen<br />
- ungünstig orientierte Klüftung, Schichtung, Schieferung<br />
- intensive Zerklüftung<br />
- Verwitterung<br />
11.3.3 Umweltbedingte Ursachen<br />
- Niederschläge, Wassersättigung<br />
- Veränderung des Wassergehalts<br />
- Erosion (z.B. Unterschneidung, Übersteilung durch Wasserläufe)<br />
- Spaltenfrost<br />
- Vernichtung der Vegetation<br />
11.3.4 Arten der Hangbewegungen<br />
Definition:<br />
Eine Rutschung ist eine Gebirgsbewegung als Folge der Schwerkraft aus höheren<br />
Lagen in tiefere Lagen mit seitlicher Massenverlagerung<br />
Ursachen von Hangbewegungen (Rutschungen):
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.5<br />
mechanisch bedingt geologisch bedingt umweltbedingt<br />
- geringe Scherfestigkeit<br />
(bei Böden)<br />
- geringe Massenfestigkeit<br />
und/oder Kluftreibung (bei<br />
Fels)<br />
- Spannungsumlagerungen<br />
- Erschütterungen<br />
- Strömungsdruck<br />
- hydrostatischer Druck<br />
- Tone und Schluffe<br />
- ton- und schluffhaltige<br />
Gesteine<br />
- gleitfähige Kluftfüllungen<br />
- ungünstig orientierte Kluft-<br />
, Schieferungs- und<br />
Schichtflächen<br />
- intensive Zerklüftung<br />
- Verwitterung<br />
- Niederschläge (Wassersättigung)<br />
- Änderungen des Wassergehaltes,<br />
Erosion (Unterschneidung<br />
und Übersteilung<br />
durch Wasserläufe<br />
und Gletscher)<br />
- Spaltenfrost<br />
- Zerstörung der Vegetation<br />
In grober Einteilung werden folgende vier Arten von Rutschungen unterschieden:<br />
- Kriechrutschung<br />
- Gleitrutschung<br />
- Fließrutschung<br />
- Bergsturz<br />
Kriechbewegungen<br />
geologisch lang andauernde Bewegungen; Flächen- bzw. Massenkriechen je nach Vorhandensein<br />
ausgeprägter Gleitflächen<br />
Talzuschub: großräumiges und tiefgehendes Kriechen von Talhängen
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.6<br />
Fließbewegungen<br />
Hangbewegungen von Lockergesteinen; Analogie zur Bewegung von Flüssigkeiten (wasserübersättigte<br />
Massen)<br />
Gleitungen (Rutschungen)<br />
Hangbewegungen zusammenhängender Massen entlang einer Gleitfläche<br />
(a) Gleiten entlang einer gekrümmten Bruchfläche (Bodengleitung):<br />
(b) Gleiten entlang einer vorgegebenen Gleitfläche (Boden- oder Felsgleitung):
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.7<br />
Abb. 11.2: Elemente einer Rutschung<br />
Bergstürze<br />
Plötzliche Hangbewegungen in mehr oder minder freiem Fall. Die bewegte Masse verliert<br />
ihren inneren Zusammenhalt.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.8<br />
11.4 Erdfälle und Bodensenkungen<br />
11.4.1 Faktoren und Mechanismen<br />
- Petrofazies (besonders bezüglich des mechanischen Verhaltens der Gesteine)<br />
- Mineralaufbau (bezüglich Löslichkeit)<br />
- Gebirgsaufbau (Fazies)<br />
- Kl<strong>im</strong>a (physikalischer und chemischer Angriff)<br />
- Vegetation (physikalische und chemische Einwirkungen)<br />
- CO2-Gehalt in Wasser und Kluft<br />
- tektonische Verhältnisse (Gefüge)<br />
- Topographie, Morphologie<br />
- Hydrogeologie<br />
- boden- und felsmechanische Eigenschaften<br />
- Gebirgsspannungszustand<br />
- Erschütterungen<br />
- Subrosion, Korrosion, Erosion<br />
- Tiefenlage, Größe und Gestalt vorhandener Hohlräume<br />
Abb. 11.3: Einbruchsschlot <strong>im</strong> Buntsandstein: Tunnelverbruch<br />
11.4.2 Maßnahmen be<strong>im</strong> Bauen in Erdfallgebieten<br />
Sicherheit und Wirtschaftlichkeit betreffender Maßnahmen hängen entscheidend von der<br />
Zuverlässigkeit der Ergebnisse der Untergrunderkundung ab. Wichtig ist die frühzeitige<br />
Erkennung der Erdfallsituation.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.9<br />
11.4.3 Verbesserung des Untergrundes<br />
(a) Oberflächennahe Hohlräume<br />
- Verfüllung mit Beton<br />
- Verfüllung mit Erdstoffen unter Einspülen, Einrütteln, Einstampfen usw.<br />
(b) Trichterfüllungen<br />
- Verdichtung mit Oberflächen- oder Tiefenrüttlern, Fallgewichten oder Stampfplatten<br />
- Bodenaustausch mit Beton oder Erdstoff<br />
(c) Tiefe Hohlräume<br />
- Methoden nach (a) oder (b) sind selten möglich oder wirtschaftlich. Alternativ oder ergänzend<br />
sind konstruktive Maßnahmen zu treffen.<br />
- Bei Straßen, Verkehrsdämmen und Böschungen n<strong>im</strong>mt man das Risiko z.T. hin und<br />
stellt sich auf eine ggf. spätere notwendige Sanierung ein.<br />
11.4.4 Konstruktive Maßnahmen bei Hoch-, Industrie- und Brückenbauten<br />
- ausweichen auf ungefährdete Bereiche oder Aussparung gefährdeter Zonen<br />
- Tiefenführung der Lasten in tragfähigen Untergrund (z.B. mit Pfählen)<br />
- gering halten zusätzlicher Lasten (z.B. Aushub = Neulast)<br />
- Bevorzugung lastverteilender Gründungsformen<br />
- D<strong>im</strong>ensionierung der Gründungselemente für mögliche Hohlräume<br />
- Wahl statisch best<strong>im</strong>mter (weicher) Systeme<br />
- Auflösung größerer Baukörper in kleine für sich steife Einheiten<br />
- besondere Bauweisen zur Ermöglichung des Nachrichtens von Bauwerken<br />
- (z.B. Unterpressung)<br />
- Messeinrichtungen zur Beobachtung<br />
11.4.5 Talsperren<br />
Erdfallgefahr <strong>im</strong> Dammbereich: Sorgfältige Maßnahmen zur Anpassung an Setzungen bei<br />
Erddämmen günstiger als bei Staumauern<br />
Erdfallgefahr <strong>im</strong> Beckenbereich: Sicherung und Abdichtung begrenzter Bereiche durch Injektionen,<br />
Lehmteppiche, Folien, Verplombung von Erdfällen usw.<br />
11.5 Baugrundvergütung durch Injektionstechnik<br />
11.5.1 Hohlrauminjektionen<br />
- Verfüllen von Verbrüchen bei bergmännischen Hohlräumen<br />
- Hinterfüllen von Schacht- oder Stollenauskleidungen<br />
- Verfüllen von Karsthohlräumen<br />
11.5.2 Kluft-, Spalteninjektion (Festgesteinsinjektionen)<br />
- Schleierinjektionen<br />
- Flächenvergütung<br />
- Abdichten von Wasserzuflüssen <strong>im</strong> Bergbau
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.10<br />
11.5.3 Poren-Injektionen (Lockergesteinsinjektionen)<br />
- Schleierinjektionen<br />
- Erhöhung der Tragfähigkeit<br />
- Verfestigung von Füllmassen<br />
11.5.4 Verdrängungsinjektion<br />
- Herstellen tragfähiger Gerüste in anorganischen Ablagerungen (soil fracturing)<br />
- Verdichten nichtbindiger Böden und Erhöhung ihrer Tragfähigkeit (compaction grouting)<br />
- Böschungsstabilisierung durch soil fracturing<br />
- Unterfangung oder Sanierung von Bauwerksgründungen<br />
11.5.5 Spezialinjektionen<br />
- Vergütung von Rissen <strong>im</strong> Mauerwerk von Brücken und Mauern<br />
- freie Durchtränkung zur Verfestigung von Aufschüttungen<br />
- Nachverpressen von Ortbetonpfählen<br />
Geotechnische Injektionen werden also vor allem zum Verfestigen und zum Abdichten von<br />
Baugrund und Bauwerken eingesetzt, z.B. bei Gründungen und Unterfangungen, Ankerungen<br />
und Ortbetonpfählen, <strong>im</strong> Bergbau, <strong>im</strong> Grund- und Felsbau über und unter Tage<br />
sowie <strong>im</strong> Damm- und Talsperrenbau.<br />
11.6 Karten und Profile<br />
11.6.1 Maßstäbe topographischer Karten<br />
Maßstab Kartenbeispiele Art der Karte<br />
1 : 500<br />
1 : 1 000<br />
Katasterpläne<br />
1 : 2 000 Flurkarten<br />
Plankarten<br />
1 : 5 000 Deutsche Grundkarte<br />
1 : 10 000 Stadtpläne<br />
1 : 20 000 Messtischblätter<br />
1 : 25 000<br />
1 : 50 000<br />
1 : 75 000<br />
2 cm-Karte<br />
Spezialkarten<br />
1 : 100 000 1 cm-Karte<br />
Übersichtskarten<br />
1 : 300 000 Übersichtskarte von Mitteleuropa<br />
bis etwa<br />
1 : 500 000<br />
Generalkarten<br />
bis etwa<br />
1 : 10 Mill.<br />
Übersichtskarte von Europa und<br />
Vorderasien 1 : 800 000<br />
Internationale Weltkarte<br />
Regional- und Länderkarten<br />
ab<br />
1 : 20 Mill.<br />
Erdteilkarten
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.11<br />
11.6.2 Farbkennzeichnung<br />
Holozän: Blassgrün oder weiß<br />
Pleistozän: Graugelb oder blassgelb<br />
Tertiär: Hellgelb bis dunkelgraugelb<br />
Jura: Blau<br />
Trias: Violett<br />
Perm: Rehbraun, graubraun<br />
Karbon: Dunkelgrau<br />
Devon: Gelbbraun<br />
Silur/Ordovizium: Blaugrün<br />
Kreide: Gelbgrün<br />
Kambrium: Graugrün<br />
Proterozoikum: Blassgrün<br />
Archaikum: Rosa<br />
Junge Eruptiva: Hellrot<br />
Alte Eruptiva: Dunkelrot<br />
11.6.3 Symbole der Gesteinsarten und tektonischen Elemente<br />
Abb.11.4: Symbole von Gesteinen und tektonischen Elementen in der geologischen Karte
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.12<br />
11.6.4 Falten - und Bruchstrukturen in der geologischen Karte<br />
Abb. 11.5: Darstellung von Falten- und Bruchstrukturen in der geologischen Karte
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.13<br />
11.6.5 Konstruktion von Schichtstreichen und -fallen<br />
Abb.11.6: Konstruktion von Schichtstreichen und -fallen aus der geologischen Karte.<br />
Schichtstreichen längs der Horizontalen an der Schichtfläche: Linie A B C<br />
Schichtfallen in der Projektion von B o B B` B`` in der Profil-Ebene<br />
11.6.6 Interpretation geologischer Karten<br />
Aufgabe 1: Geneigte Lagerungsverhältnisse I (Abb. 11.7)<br />
- Für jede geologische Grenzfläche sind Streichlinien zu zeichnen und zu beschriften.<br />
- Der Betrag des Streichens, die Fallrichtung sowie der Fallwinkel sind zu ermitteln.<br />
- Ein geologisches Normalprofil und eine Legende sind zu entwerfen.<br />
- Welches ist die älteste, welches die jüngste Schicht?<br />
- Die Mächtigkeiten der einzelnen Schichten ist anzugeben.<br />
- Ein geologisches Querprofil mit einem Max<strong>im</strong>um an Informationen ist zu konstruieren.<br />
- In welcher Teufe würde eine in Punkt A vertikal abgeteufte Bohrung die Schichtgrenze<br />
U/T erreichen?
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.14<br />
Abb.11.7: Zu Aufgabe 1, Geneigte Lagerungsverhältnisse I
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.15<br />
Aufgabe 2: Geneigte Lagerungsverhältnisse II<br />
Ein Kohleflöz ist an nur drei Stellen (A, B, C) aufgeschlossen (Abb. 11.8). Für die weitere<br />
Exploration ist es notwendig, den Ausbiss dieses Kohleflözes an der Erdoberfläche zu<br />
konstruieren. Weiterhin soll geklärt werden, ob ein weiteres, <strong>im</strong> Nachbarbereich 100 m tiefer<br />
liegendes Flöz <strong>im</strong> dargestellten Gebiet erschürft werden kann.<br />
Abb.11.8: Zu Aufgabe 2, Geneigte Lagerungsverhältnisse II
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.16<br />
- Das Streichen und Einfallen für Flöz 1 ist zu konstruieren.<br />
- Die Ausstrichlinie für Flöz 1 ist in die Karte einzutragen.<br />
- Die Frage, ob ein 100 m tiefer liegendes Flöz 2 <strong>im</strong> dargestellten Gebiet ausstreicht, ist<br />
zu klären. Wenn ja, ist die Ausstrichlinie in die Karte einzuzeichnen.<br />
- Zum Aufschluss des Kohlenfeldes eignet sich als Schachtansatzpunkt besonders<br />
Punkt D. In diesem Punkt soll eine Bohrung abgeteuft werden. Stellen Sie für diese<br />
Bohrung ein Profil auf, das die zu erwartende Schichtenfolge und Teufenlage der Kohleflöze<br />
angibt.<br />
Aufgabe 3: Störung und Kohleflöz<br />
Auf der geologischen Karte (Abb. 11.9) sind die Ausstrichlinien eines Kohleflözes und einer<br />
Störung F dargestellt. Zusätzlich sind Bohrungen geplant, um die Verbreitung des<br />
Kohleflözes festzustellen.<br />
- Als Vorarbeit hierzu soll aufgrund der schon bekannten Daten eine Karte entworfen<br />
werden, in der jene Gebiete hervorgehoben sind, wo eine senkrecht abgeteufte Bohrung<br />
das Kohleflöz erreichen müsste.<br />
- Je nach Art der Störung könnte das Kohleflöz in best<strong>im</strong>mten Gebieten auch zwe<strong>im</strong>al<br />
durchteuft werden. Stellen Sie die Art der Störung fest und heben Sie evtl. Gebiete<br />
hervor, in denen das Kohleflöz zwe<strong>im</strong>al übereinander auftritt.<br />
- Zeichnen Sie ein geologisches Profil von X nach Y.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.17<br />
Abb.11.9: Zu Aufgabe 3, Störung und Kohleflöz
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.18<br />
11.6.7 Bauplanungskarten<br />
Für den modernen Städtebau bilden die ingenieur- und hydrogeologischen Geländeuntersuchungen<br />
wichtige Grundlagen. Gute Kenntnis der Boden- und Wasserverhältnisse ist<br />
eine Vorraussetzung für die opt<strong>im</strong>ale Erschließung.<br />
Die Klassifizierung des Baugrundes beeinflusst die Planung bis hin zur Notwendigkeit von<br />
Bodenverbesserungsmaßnahmen. Die Vorkenntnis ggf. erforderlicher bautechnischer<br />
Maßnahmen bereits bei der Planung kann erhebliche Einsparungen an Arbeitskraft, Baustoffen<br />
und Kapital bringen.<br />
Baugrundkarten sollen Fehlplanungen bei der Festlegung von Bauwerken regional (für<br />
ganze Stadtteile) und lokal (für einzelne Gebäude) vermeiden und sollen Angaben über<br />
die Beschaffenheit und Eignung des Baugrundes sowie die Möglichkeiten der Baurohstoffgewinnung<br />
enthalten.<br />
Hydrogeologische Karten sind für alle kulturtechnischen Maßnahmen notwendig. Sie liefern<br />
Informationen über Höhe und Strömungsrichtung des Grundwassers, Wasserstockwerke,<br />
stehende Gewässer (Seen, Teiche), Vorfluter, Drainagen mit Abflussrichtung,<br />
Chemismus der Wässer u.a.<br />
Stadtplanungskarten enthalten die wichtigsten kommunalen und bautechnischen Planungsdaten.<br />
Informationsquellen: (nach DIN 4020)<br />
- Bohrprofile: Geologisches Landesamt, Bauämter<br />
- Grundwasserverhältnisse: Wasserwirtschaftsamt, Bauämter, Geologisches Landesamt,<br />
Wasserversorgungsunternehmen<br />
- Boden und Fels: Erd- und Grundbau-Institute, geologische Karten 1:25000<br />
mit Erläuterungen<br />
- Setzungsbeobachtungen: Bauverwaltungen, Bauunternehmen, Erd- und Grundbau-<br />
Institute<br />
- Bergbau, Bergsenkungen: Landesbergamt, Geologisches Landesamt, Bergbaugesellschaften<br />
- Flussbau, Kulturbau: Vermessungsämter, Wasserwirtschaftsamt, Flurbereinigungsamt<br />
- Baubestand: Örtliche Bauämter, Landesdenkmalamt, Stadtarchive
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.19<br />
11.7 Übungsaufgaben<br />
Ü 11.1 (a) Welche direkten Aufschlussmethoden kennen Sie?<br />
(b) Nennen Sie Quellen von Fehlinterpretationen bei Erkundungsbohrungen <strong>im</strong><br />
Hinblick auf die Art und Klüftigkeit des Baugrundes.<br />
(c) Welche Ursache und Bedeutung haben Kernverluste bei Aufschlussbohrungen?<br />
Ü 11.2 (a) Welche Haupttypen von Hangrutschungen kennen Sie?<br />
(b) Welche technischen Eingriffe können Rutschungen auslösen?<br />
(c) Bei welchen Gesteinen muß man bevorzugt mit Gleitungen rechnen?<br />
(d) Zu welchen Jahreszeiten treten Rutschungen am ehesten auf?<br />
(e) Welche Möglichkeiten gibt es be<strong>im</strong> Verkehrswegebau, einen rutschgefährdeten<br />
Hang zu überwinden?<br />
(f) Wie kann man einen gleitgefährdeten Hang messtechnisch überwachen?<br />
Ü 11.3 Welche geologischen und geotechnischen Ursachen hatte die Katastrophe der<br />
Vajont-Talsperre?<br />
Ü 11.4 (a) Wie entsteht eine Bergzerreissung?<br />
(b) Was ist ein Talzuschub?<br />
Ü 11.5 Welche Auswirkungen hat der Zutritt von Wasser in ein anhydrithaltiges Gebirge<br />
(a) auf Straßenbauten,<br />
(b) auf Tunnelbauten?<br />
Ü 11.6 (a) Wodurch entstehen Baugrundsetzungen?<br />
(b) Was versteht man unter der Tragfähigkeit eines Baugrundes?<br />
Ü 11.7 (a) Wie entstehen Erdfälle und Bodensenkungen?<br />
(b) Welche Bedeutung haben diese für die Bautechnik?<br />
Ü 11.8 Im Böschungsbereich (von Aufgabe Ü 10.6) mache die Straße in westlicher Richtung<br />
eine Linkskurve um 20°. Durch Festigkeitsuntersuchungen hat man für die<br />
kohäsionslose Kluftschar KK1, die in diesem Fall für die Standfestigkeit der Böschung<br />
maßgeblich ist, einen Reibungswinkel von Φ = 25° best<strong>im</strong>mt.<br />
(a) Ermitteln Sie die Standsicherheit einer 30 m hohen Böschung nach Fellenius<br />
unter der Annahme, daß die Felsoberfläche an der Böschungsoberkante eine<br />
horizontale Ebene sei. Die durchschnittliche Wichte des Gesteins betrage 25<br />
kN/m 3 .<br />
(b) Empfehlen Sie eine konstruktive Maßnahme für die Sicherung der Böschung<br />
und d<strong>im</strong>ensionieren Sie diese für eine Sicherheit nach Fellenius von ν = 1,5.<br />
Gesucht ist die erforderliche Stützkraft pro lfm der Böschung.<br />
(c) Wie verändert sich die erforderliche Kraft gegenüber (b), wenn bei gleicher<br />
Sicherheit auch eine Erdbebeneinwirkung nach dem Regelwert von DIN<br />
4149 für die Erdbebenzone 4 einbezogen werden soll?<br />
(d) Welche Baugrunduntersuchungen und -methoden würden Sie hier vorrangig<br />
vorschlagen?
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 11.20<br />
Ergänzende Stichworte zu Kapitel 11<br />
Aufschluss: Eine offene Stelle <strong>im</strong> Gelände, die dem Betrachter einen Einblick in das Erdreich<br />
und in die Gesteinslagerung unter der Oberfläche gewährt (z.B. Steinbruch, Kiesgrube,<br />
Geländeanschnitt).<br />
Baugrund: Zusammenfassende Umschreibung für einen Bereich von Boden und/oder<br />
Fels und Grundwasser, in dem ein Ingenieurbauwerk erstellt werden soll. Das Benennen<br />
und Bezeichnen der Bodenarten kann nach DIN 4022, Blatt 1 und der Felsarten nach DIN<br />
4023 erfolgen.<br />
Geologische Karte: Graphische Darstellung aller bei der Geländeuntersuchung (= geologische<br />
Kartierung) planmäßig aufgenommenen geologischen Daten, die in eine topographische<br />
Karte eingetragen sind, z.B.: Verläufe von Schichtgrenzen, Störungen, Einfallen<br />
der Schichten, Quellen usw.; die Gesteine der verschiedenen geologischen Formationen<br />
werden mit charakteristischer Farbgebung in den Karten gekennzeichnet und in der jeweiligen<br />
Legende erläutert. Zusätzliche - für den Bauingenieur oft sehr wertvolle Informationen<br />
- findet man in den "Erläuterungen zur geologischen Karte", die von den geologischen<br />
Landesämtern herausgegeben werden.<br />
Höhenlinien (Isohypsen): Auf Karten zur Geländedarstellung benutzte Linien, die alle<br />
Punkte von jeweils gleicher Höhe über dem Meeresspiegel (h ü. NN) verbinden; je steiler<br />
das Gelände ist, desto dichter verlaufen die Höhenlinien.<br />
Katasterplan: Lageplan eines Geländes, der von den örtlichen Katasterämtern erstellt und<br />
herausgegeben wird (i.Allg. <strong>im</strong> Maßstab 1:500 oder 1:1000).<br />
Legende: Zusammenstellung und Erläuterung der in einem Kartenbild verwendeten Symbole,<br />
Farben, Abkürzungen, usw.<br />
Messtischblatt: Bezeichnung für die topographische Karte 1:25000 ("4 cm-Karte").<br />
Normalnull (NN): Höhe des mittleren Wasserstandes be<strong>im</strong> Amsterdamer Pegel als Bezugshöhe<br />
für alle geographischen Höhenmessungen (z.B. 300 m ü. NN, 10 m ü. NN).<br />
Topographie: Zusammenfassende Umschreibung für alle Bodenformen, Gewässer, Siedlungen,<br />
Verkehrswege usw. eines Gebietes der Erdoberfläche.<br />
Topographische Karten: Karten mit besonderer Berücksichtigung der Topographie, besonders<br />
die amtlichen Karten 1:5000 bis 1:200000.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.1<br />
12. HYDROGEOLOGISCHE GRUNDLAGEN<br />
(Grundwasser, Porosität, Durchlässigkeit, Quellen, Karst)<br />
Wasser <strong>im</strong> Untergrund hat bei der baugeologischen Beurteilung einen besonders hohen<br />
Stellenwert. Hydrogeologische Untersuchungen sind darum ein wesentlicher Bestandteil<br />
der baugeologischen Erkundung u.a. mit den folgenden Zielsetzungen:<br />
- Wasserzuflüsse in Baugruben, Einschnitten oder unterirdischen Anlagen,<br />
- Veränderung der mechanischen Gebirgseigenschaften durch Änderung des Wasserstandes<br />
und Sickerung,<br />
- Möglichkeit der Auslaugung wasserlöslicher Gesteine <strong>im</strong> Baugrund,<br />
- Prüfung der aggressiven Eigenschaften unterirdischer Wässer,<br />
- Möglichkeit von Wasserverlusten durch Um- und Unterläufigkeit an Talsperren.<br />
12.1 Wasserkreislauf (marin - atmosphärisch - terrestrisch)<br />
Abb. 12.1: Schema des Wasserkreislaufes auf der Erde (Watson und Burnett, 1995)<br />
Das Grundwasser wird von den meteorischen Niederschlägen gespeist.<br />
Für den Wasserhaushalt der Erde gilt folgende Bilanzgleichung:<br />
NIEDERSCHLAG = ABFLUSS + VERDUNSTUNG + SPEICHERUNG
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.2<br />
Niederschlag (meteorisch): Regen, Schnee, Eis, Tau<br />
Verdunstung: Gegenteil des Niederschlags<br />
Abfluss der Niederschläge über Flüsse und Seen in die Meere:<br />
- entlang der Erdoberfläche<br />
- unterirdisch (> 90% )<br />
- ca. 37 000 km 3 /Jahr<br />
Speicherung (Reservoir):<br />
- Gletscher<br />
- Seen<br />
- Grundwasser<br />
- Bodenfeuchte (Haftwasser)<br />
- Biomasse (Pflanzen, Tiere)<br />
Abb. 12.2: Bilanzierung von Niederschlägen und Verdunstung auf der Erde<br />
12.2 Grundwasser (GW)<br />
Grundwasser ist alles <strong>im</strong> Boden natürlich auftretende Wasser:<br />
(a) oberhalb des GW-Spiegels: Haftwasser, Kapillarwasser<br />
(b) unterhalb des GW-Spiegels: ungespannt, gespannt oder artesisch
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.3<br />
Kapillar aufsteigendes Wasser: Die Steighöhe ist stark von der Größe und Art der Poren<br />
abhängig:<br />
- Kies und Grobsand: unter 0,1 m<br />
- Mittelsand: bis zu 0,5 m<br />
- Feinsand: bis zu 2 m<br />
- Schluff: bis zu 5 m über GWS<br />
Haftwasser: Grundwasser, das in den Zwickeln der Poren blockiert ist<br />
Wasserdampf: Ist in den nicht wassergefüllten Poren enthalten.<br />
Gebundenes Wasser: Ist z.B. durch Tonmineralien chemisch gebunden.<br />
1 Grundwasser<br />
2 Grundwasserspiegel<br />
3 geschlossenes Kapillarwasser<br />
4 offenes Kapillarwasser<br />
5 Haftwasser<br />
6 Porenwinkelwasser<br />
7 Gas (Grundluft mit Wasserdampf)<br />
8 Mineralkorn mit adsorbiertem Wasser<br />
9 Sickerwasser<br />
Abb. 12.3: Erscheinungsformen des Grundwassers (nach ZUNKER, 1930)<br />
Grundwasser-Speichergesteine vermögen in zahlreichen Poren oder Klüften große Wassermengen<br />
aufzunehmen und dank der geringen Reibung rasch fortzuleiten: Kiese, Sande,<br />
poröse Sandsteine, geklüftete Kalke, Dolomite und magmatische Gesteine.<br />
Grundwasserstauende Gesteine sind i.Allg. ungeklüftet und haben eine sehr geringe Porosität:<br />
Schluffe und Tone.<br />
Der Grundwasserspiegel ist die obere Begrenzung des Wasserstandes in einem GW-<br />
Leiter. Man unterscheidet zwischen freiem und gespanntem GW-Spiegel.<br />
Ein Grundwassersee hat einen horizontalen GW-Spiegel und daher stationäres GW.<br />
Ein Grundwasserstrom hat ein Druckgefälle <strong>im</strong> GW-Spiegel und daher fließendes GW.<br />
Grundwasserstockwerke sind verschiedene Grundwasserleiter, die durch GW-stauende<br />
Gesteins- oder Bodenschichten vertikal voneinander getrennt sind.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.4<br />
Abb. 12.4: Grundwasser in einem zusammenhängenden Aquifer (DIN 4021, Teil 3)<br />
12.3 Wasserdurchlässigkeit (Permeabilität)<br />
Die Wasserdurchlässigkeit (Permeabilität) hängt ab von der Porengröße, Porenverbindung,<br />
Querschnittsgestaltung und Wasserbindung der Festsubstanz. Die Permeabilität ist<br />
für viele bautechnische Fragen von Bedeutung, z.B. bei Grundwasserabsenkungen, Frosterscheinungen<br />
und anderen Verwitterungsfolgen in Locker- oder Festgesteinen usw. Die<br />
Durchlässigkeit ist bei Tonen sehr klein, bei Feinsand mittel und bei Kiesen sehr hoch.<br />
12.3.1 DARCY-Gesetz<br />
Laminares Fließen des Grundwassers:<br />
Q / F = k (h1 – h2) / l<br />
worin Q Abflußmenge in [m 3 /s]<br />
F Querschnittsfläche in [m 2 ]<br />
l Länge der Filterstrecke in [m]<br />
h1 – h2 Potenzialdifferenz in [m Wassersäule]<br />
(h1 – h2) / l hydraulischer Gradient [-]<br />
k hydraulische Leitfähigkeit [m/s]<br />
(= Durchlässigkeits-Koeffizient, "k-Wert")<br />
Der "k-Wert" hängt bei Lockergesteinen maßgeblich von der Kornverteilung, Korngröße,<br />
Kornform und vom Tongehalt ab. Be<strong>im</strong> Fels sind die Verhältnisse i.Allg. sehr viel komplexer.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.5<br />
Abb. 12.5: Best<strong>im</strong>mung des Durchlässigkeits-Koeffizienten k<br />
12.3.2 Gesteins-Durchlässigkeit<br />
Gesteinsart<br />
1. Kalksteine<br />
2. Sandsteine<br />
Karbon<br />
Devon<br />
3. Mischgesteine<br />
sandig-kalkig<br />
tonig-sandig<br />
kalkig-tonig<br />
4. Granit<br />
5. Schiefer<br />
6. Kalkstein<br />
7. Dolomit<br />
Durchlässigkeitsbeiwert<br />
[cm/s]<br />
0,36 - 23 x 10 -13<br />
0,29 - 6 x 10 -11<br />
0,21 - 2 x 10 -11<br />
0,33 - 33 x 10 -12<br />
0,85 - 130 x 10 -13<br />
0,27 - 80 x 10 -12<br />
0,50 - 2,0 x 10 -10<br />
0,70 - 1,6 x 10 -10<br />
0,70 - 120 x 10 -10<br />
0,50 - 1,2 x 10 -8<br />
Tab. 12.1: Beispiele für Durchlässigkeitsbeiwerte verschiedener Gesteine<br />
12.3.3 Kluft-Durchlässigkeit<br />
Spaltweite 2a<br />
[mm]<br />
0,1<br />
0,2<br />
0,4<br />
0,7<br />
1,0<br />
2,0<br />
4,0<br />
6,0<br />
Durchlässigeitsbeiwerte in der Kluftrichtung<br />
[cm/s]<br />
0,7 x 10 -4<br />
0,6 x 10 -3<br />
0,5 x 10 -2<br />
2,5 x 10 -2<br />
0,7 x 10 -1<br />
0,6 x 10 0<br />
0,5 x 10 1<br />
1,6 x 10 1<br />
Tab. 12.2: Beispiele für Durchlässigkeitsbeiwerte einer Felskluft bei unterschiedlichen<br />
Öffnungsweiten der Kluft (pro lfm)
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.6<br />
12.4 Porosität und Wasseraufnahme<br />
Jedes Gestein enthält neben den festen Bestandteilen (Minerale und Gesteinskörner, organische<br />
Gemengteile) auch gas- oder flüssigkeitsgefüllte Poren. Das Porenvolumen ist<br />
der von Gas oder Flüssigkeit erfüllte Raum <strong>im</strong> Gestein. Die Kenntnis der Porosität ist für<br />
viele bautechnische Fragen von Bedeutung, z.B. bei der Frostbeständigkeit oder bei der<br />
Zusammendrückbarkeit. Festgesteine haben in den meisten Fällen eine geringere Porosität<br />
als Lockergesteine.<br />
Die Wasseraufnahme hängt ebenfalls von der Korngröße, dem Mineralbestand und den<br />
organischen Be<strong>im</strong>engungen ab. Viele Tonminerale besitzen zwischen ihren Schichten eine<br />
sehr starke Wasseraufnahmefähigkeit.<br />
12.4.1 Porosität von Lockergestein<br />
Gesamtporosität n:<br />
n = Volumen der Hohlräume / Gesamtvolumen der Probe<br />
Nutzbare Porosität n':<br />
n' = durchfließbares Porenvolumen / Gesamtvolumen der Probe<br />
Abb. 12.6: Porenraum bei gleichkörnigen und ungleichkörnigen Sanden.<br />
Eine dichte Lagerung vermindert k, n und n'. Ebenso abmindernd wirkt eine Mischung<br />
(Abstufung) der Korngrößen. Tonmineralien bewirken eine weitere Reduktion.<br />
Fließgeschwindigkeit v <strong>im</strong> Lockergestein = Filtergeschwindigkeit pro nutzbarer Porosität<br />
v = vF/n´ = k( h1 - h2 ) / (l n ` )`<br />
12.4.2 Porosität von Festgestein<br />
- Porenziffer analog zum Lockergestein (Porenraum zwischen den Körnern)<br />
- n und n‘ sind oft kleiner als bei Lockergesteinen wegen Kompaktion und Zementierung<br />
(Diagenese).<br />
- Bei magmatischen oder metamorphen Gesteinen ist oft n < 1% und selten n > 3%.<br />
- Die nutzbare Porosität ist oft klein wegen der Isolation der Poren.<br />
- Dennoch können ausgedehnte, mächtige Felskörper bedeutende Wasserspeicher<br />
sein.
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.7<br />
12.5 Quellen<br />
Abb. 12.7: Verschiedene Arten von Quellen<br />
d = durchlässiges Gestein, u = undurchlässiges Gestein<br />
12.6 Karst<br />
Landschaft aus überwiegend Kalksteinen, in denen sich der Kalk durch Wasserzuflüsse<br />
löst. Dadurch kann oberirdisch ein Netz von Trockentälern und unterirdisch ein System<br />
von Spalten, Höhlen und Flüssen entstehen.<br />
Lösungsverwitterung direkt bei Gips und Steinsalz<br />
Kohlensäureverwitterung bei Karbonatgesteinen (Kalk, Dolomit)<br />
- Wichtig: Partialdruck des <strong>im</strong> Wasser gelösten CO2 ist abhängig von der Temperatur.<br />
- CO2 entsteht durch biochemische Oxidation von organischem Material <strong>im</strong> Boden.<br />
- Kalklösung bei Untersättigung des Wassers mit Ca 2+ oder Mg 2+<br />
Abb. 12.8: CO2 -Löslichkeit als Funktion der Temperatur bei atmosphärischem Druck
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.8<br />
Vorkommen:<br />
- weltweit verbreitet<br />
- an der Oberfläche erfolgt Lösung längs der Fallinie oder an Schwächezonen<br />
- in der Tiefe wird das Gebirge ausgehöhlt:<br />
weiträumige, weitverzweigte Höhlensysteme mit Tropfsteinen<br />
- Hauptrichtungen sind Schwächezonen und Kluftscharen<br />
- tief und flächig lösen sich besonders die Salze NaCl, KCl usw.<br />
- Lösungsrückstände: Ton, Schluff, Feinsand, Mergel: Höhlenlehm<br />
Abb. 12.9: Karstlandschaft mit Höhle, Naturschacht, Einsturz-Dolinen<br />
12.7 Hydrogeologie <strong>im</strong> <strong>Bauwesen</strong><br />
(1) Auftreten des Grund- und Bergwassers:<br />
- <strong>im</strong> Lockergestein und Boden<br />
- <strong>im</strong> Fels<br />
(2) Hydrologische Typen von Gesteinen<br />
(3) Technische Auswirkungen des Grund- und Bergwassers<br />
- Auftrieb<br />
- Strömungsdruck<br />
- Kluftwasserschub<br />
- Entfestigung des Grundkörpermaterials<br />
- Plastifizierung der Kluftzwischenmittel<br />
- Porenwasserüberdruck in den Kluftzwischenmitteln<br />
- chemische Zersetzung von Beton und Mörtel<br />
(4) Wasserzudrang zu Tunneln und Bauwerken<br />
(5) Quellen und Quellbeeinflussung durch Bauwerke<br />
(6) Geologische Bedingungen für Dichtungs- und Drainagemaßnahmen
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.9<br />
Abb. 12.10: Talsperre in metamorphen Schiefern:<br />
Felsgleitung auf Schieferflächen am Hang (a) und<br />
tiefreichende Verwitterungszone (Wasserverluste) am Hang (b)<br />
12.8 Übungsaufgaben<br />
Ü 12.1 Nennen Sie typische geotechnische Probleme von Karstlandschaften.<br />
Ü 12.2 Wo gibt es in Deutschland Karstlandschaften?<br />
Ü 12.3 Welchen Einfluss hat das Bergwasser auf die Standfestigkeit der<br />
Felswiderlager von Talsperren?
Arbeitsblätter zum Kurs "GEOLOGIE IM BAUWESEN" Seite 12.10<br />
Ergänzende Stichworte zu Kapitel 12<br />
Abfluss: Alle Transportvorgänge, die die meteorischen Niederschläge (Regen, Schnee,<br />
Eis, Tau) über die Flüsse und Seen in die Meere zurückführen. Gegenteil: Versickerung.<br />
Artesisches Wasser: Gespanntes Grundwasser, das zwischen muldenförmig nach unten<br />
gebogenen, wasserundurchlässigen Bodenschichten liegt und an einer höher gelegenen<br />
Stelle einen Zufluss erhält. Durchörtert man die darüberliegende Stauschicht so entsteht<br />
durch den dort herrschenden Überdruck ein natürlicher Springbrunnen (artesischer Brunnen),<br />
wenn der Entnahmepunkt tiefer liegt als der freie Grundwasserspiegel <strong>im</strong> Speichergestein.<br />
Bergwasser: Alles <strong>im</strong> Fels auftretende Wasser wie Porenwasser <strong>im</strong> Gestein und in den<br />
Kluftzwischenmitteln oder freies Kluftwasser.<br />
Grundwasserbeschaffenheit: Qualitative und quantitative Zusammensetzung des GW<br />
nach Art und Menge der darin enthaltenen und transportierten Stoffe; Maß für die Filterwirkung<br />
des Bodens<br />
Grundwasserleiter (Aquifer): Wasserdurchlässige Gesteinsformation, die mit GW teilweise<br />
oder ganz gefüllt sein kann<br />
Grundwasserstauer: gering durchlässige Gesteinsformation, die einen GW-Leiter nach<br />
oben oder unten abgrenzt<br />
Hydrogeologie: Lehre vom Wasserhaushalt des Untergrundes (Vorräte, Dynamik, Zusammensetzung<br />
des Grundwassers)<br />
Kapillarität: Grundwasseranstieg in den Kapillaren des Bodens durch die Oberflächenspannung<br />
an der Grenzfläche von Wasser und Luft<br />
Thermen (=Thermalquellen): Quellen von aus größeren Tiefen - meist an geologischen<br />
Verwerfungen - aufsteigenden warmen oder heißen, mineralhaltigen Wässern (z.B. Thermen<br />
von Baden-Baden); eruptive Quellen von Wasserdampf und heißem Wasser in vulkanischen<br />
Gebieten nennt man dagegen Geysire (z.B. in Island).<br />
Tropfsteine: In Karsthöhlen tropft aus Spalten und Poren gewöhnlich kalkhaltiges Wasser.<br />
An der Aufschlagstelle scheidet sich Kalkspat aus (Tropfsteine) und bildet zapfenähnliche<br />
Gebilde, die in die Höhe wachsen (Stalagmiten). Die von den Decken herabwachsenden,<br />
hängenden Zapfen heißen Stalaktiten. Verwachsen Stalagmiten mit Stalaktiten<br />
entstehen Tropfsteinsäulen oder Stalagnaten.<br />
Wasserhärte: Maß für gelöste Ca- und Mg-Verbindungen <strong>im</strong> Wasser: ein deutscher Härtegrad<br />
(1° d. H.) entspricht 10 mg CaO oder 18 mg CaCO3 pro Liter Wasser.<br />
Wasserwegigkeit: Eigenschaft klüftigen Gebirges, dem Wasser entlang der Klüfte bevorzugte<br />
Sickerwege zu bieten; die Wasserwegigkeit kann in verschiedenen Richtungen sehr<br />
unterschiedlich sein.