1.2. <strong>Drehsinnes</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lagesinnesorgan</strong>Das Gehör <strong>und</strong> das Gleichgewichtsorgan sind zwei Sinnesorgane, die in ihrerFunktionsweise sehr nahe miteinander verwandt sind. Die Erregbarkeit der Sinneszellenbeider Organe beruht auf der Bewegung sogenannter Haarsinneszellen. Darüber hinaus istauch das Innere <strong>des</strong> Gleichgewichtsorgans mit einer Flüssigkeit gefüllt <strong>und</strong> die Sinnesreizewerden dementsprechend ähnlich, wie es bei der Hörfunktion bereits dargelegt wurde,aufgenommen <strong>und</strong> weitergeleitet. Auch ist das Gleichgewichtsorgan durch seine Lage imInnenohr eng mit dem Hörorgan assoziiert. 5Allgemein formuliert dient der Gleichgewichtssinn zusammen mit anderen Sinnesorganen,wie beispielsweise dem Auge, zur Orientierung im Raum, aber auch zur Aufrechterhaltungder Kopf <strong>und</strong> Körperhaltung, sowohl in Ruhe als auch in Bewegung. DasGleichgewichtsorgan setzt sich aus einem Vorhof <strong>und</strong> drei Bogengängen zusammen. DerVorhof ist, wie auch die Schnecke beim Hörvorgang, mit Flüssigkeit gefüllt. Der Vorhof selbstunterteilt sich in ein großes Vorhofsäckchen (Utriculus) <strong>und</strong> ein kleines Vorhofsäckchen(Sacculus), die durch zwei kleine Gänge verb<strong>und</strong>en sind. In ihnen enthalten sindHaarsinneszellen, die Bewegungen in der Flüssigkeit wahrnehmen <strong>und</strong> dadurch einen Reizaufnehmen können. Die Bogengänge stehen in den drei Raumebenen im rechten Winkelzueinander <strong>und</strong> beginnen <strong>und</strong> enden alle im Vorhof. Sie bilden mit diesem also einen Ring.Auch in den Bogengängen befindet sich Flüssigkeit <strong>und</strong> die schon mehrfach erwähntenHaarsinneszellen. 6Der Lagesinn ist im Vorhof lokalisiert. Hier reagieren die Sinneszellen auf Einwirkungen vonSchwerkraft <strong>und</strong> Beschleunigung, sowohl in vertikaler als auch in horizontaler Richtung. DieSinneshärchen werden auch hier durch die Bewegung in der Flüssigkeit, welche durchBewegungen <strong>des</strong> Körpers ausgelöst wird, stimuliert. Die Signale, die die Sinneszellen dannsenden, werden im ZNS aufgenommen <strong>und</strong> verarbeitet, was schließlich zu Empfindungenwie „Fallen“, „Bremsen“ oder „Steigen“ führt. Dies hat außerdem eine reflexartige Anpassung<strong>des</strong> Tonus <strong>und</strong> der Bewegung der Körpermuskulatur zur Folge. Der Drehsinn befindet sichin den drei Bogengängen. Hier reagieren die Haarsinneszellen auf Drehbewegungen. Beieiner solchen Drehbewegung kommt es zu einer entsprechenden Bewegung der Flüssigkeitin den Bogengängen, was letztlich wiederum zu einer Bewegung der Sinneshärchen <strong>und</strong>damit zu einer Stimulation der Sinneszellen führt. Dadurch können Drehbewegungen <strong>des</strong>Körpers bewusst empf<strong>und</strong>en <strong>und</strong> die Körperhaltung an die jeweilige Situation angepasstwerden. Allerdings führt die Trägheit der Flüssigkeit in den Bogengängen dazu, dass sichdiese nach einiger Zeit „mitdrehen“ <strong>und</strong> dadurch kein Reiz mehr übertragen wird. Folglichführen also nur Änderungen in der Drehbewegung zu einer Reizung <strong>des</strong>Bogengangsystems. 7 Eine bekannte Sinnestäuschung in diesem Zusammenhang ist derDrehschwindel. Da die Flüssigkeit in den Bogengängen bei dauerndem Drehen in eineRichtung die Bewegung mitmacht, wird wie beschrieben kein Reiz mehr übertragen, mangewöhnt sich sozusagen an die Drehbewegung. Stoppt diese Körperbewegung dannplötzlich ab, strömt die Flüssigkeit aufgr<strong>und</strong> ihrer Trägheit zunächst weiter. In diesemMoment werden die Sinneshärchen wieder „gebogen“ <strong>und</strong> ein Sinnesreiz übertragen.5 Vgl. Campbell N.A., u.a. (Hrsg.) (2006): Biologie. S. 12766 Vgl. Menche N. (Hrsg.) (2007): Biologie, Anatomie, Physiologie. S. 172f7 Vgl. Menche N. (Hrsg.) (2007): Biologie, Anatomie, Physiologie. S. 1734
Schließlich führt dies zu einem Gefühl einer entgegen gesetzten Drehbewegung <strong>und</strong> damitzum Drehschwindel, wie im Drehstuhlversuch aufgezeigt werden kann. 82. Didaktische Reflexion <strong>und</strong> Entscheidungen2.1. Bezug zum Bildungsplan NWAIn den Leitgedanken zum Kompetenzerwerb für Naturwissenschaftliches Arbeiten wirdgefordert, dass Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten durch eigenes Experimentieren, Recherchieren<strong>und</strong> Reflektieren erworben werden können, dass die Naturwissenschaftliche Arbeit dieSchüler Natur erfahren <strong>und</strong> begreifen lässt. Dabei bietet der NaturwissenschaftlicheFächerverb<strong>und</strong> ein hohes Maß an Handlungsorientierung. 9Die Schüler verstehen den eigenen Körper, indem sie „durch Kenntnisse von Bau <strong>und</strong>Funktion wichtiger Organsysteme den eigenen Körper als komplexes System begreifen“ 10 .Zusätzlich erwerben die Schüler Kompetenzen im projektorientierten Unterricht der Klassen10 in der Einheit Sinnesorgane <strong>und</strong> Nervensystem, indem sie z.B.: die Bauteile <strong>des</strong> <strong>Ohrs</strong>bzw. Innenohrs mit Hilfe eines Modells beschreiben. Außerdem sollen die Schüler Datenerheben durch Messen, Beobachten, Beschreiben, Vergleichen. 11Die Untersuchung <strong>des</strong> <strong>Drehsinnes</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lagesinnesorgan</strong>s ist für die Schüler wichtig, damitsie verstehen, welche Leistungen ein Sinnesorgan erbringen muss.Dabei ist das Durchführen von Versuchen eine wichtige Kompetenz, die auch in den anderenFächern <strong>des</strong> Fächerverb<strong>und</strong>s gefordert wird. Ergebnisse müssen dokumentiert werden,damit Erkenntnisse durch Primärerfahrungen gewonnen werden können.2.2. Relevanz für die SchülerJedem Schüler war es bestimmt schon einmal schwindelig oder er hatte einensogenannten „Drehwurm“ – ist es nicht spannend herauszufinden wieso sich plötzlichalles dreht? Und vor allem, was hat das alles mit unseren Ohren zu tun? Das Ohrwird von den Schülern meist nur als Organ zum Hören verstanden. Oft ziert Schmuckso manche Ohrmuschel. Aber was im Inneren verborgen ist, ist für die Schüler vonhoher Relevanz. Es laufen hoch komplexe Vorgänge im Innenohr ab, die die Schülerzum Staunen bringen werden.8 Vgl. Bayrhuber H., u.a. (Hrsg.) (1998): Linder Biologie. S. 2059 Vgl. Ministerium für Kultus, Jugend <strong>und</strong> Sport 2004, S. 9610 Vgl.Ministerium für Kultus, Jugend <strong>und</strong> Sport 2004, S. 9911 Vgl.Ministerium für Kultus, Jugend <strong>und</strong> Sport 2004, S. 975