Marktgeld statt MonopolyEine Privatisierung des Geldwesens ist gutgegen Finanzkrisen – von Thorsten PolleitDie Österreichische Schule der Nationalökonomieplädiert für eine Neuordnung desGeld- und Währungssystems nach marktwirtschaftlichenPrinzipien. Aus den ökonomisch-ethischenErkenntnissen ihres Wissenschaftsprogrammsfolgern die „Österreicher“:Das staatliche Geldangebotsmonopol solldurch eine privatisierte Geldproduktion – einSystem des freien Marktgeldes – ersetzt werden.Wie erklärt sich die Empfehlung derÖsterreicher, die der herrschenden Lehre derMainstream-Ökonomik diametral und unvereinbargegenübersteht?Aus Sicht der Österreicher gibt es keine belastbarewirtschaftliche, rechtliche und ethischeLegitimierung für die staatliche Hoheit überdie Geldproduktion. Sie zeigen zudem, dasssolch ein Arrangement sich als Störfaktor imSystem freier Märkte erweist. Ein Staatsgeldmonopolsteht nicht nur einem produktivenWährungswettbewerb entgegen, sondern eserlaubt, Geld durch Kreditvergabe zu produzieren.Die Geldmenge wird aufgrund politischerErwägungen ausgeweitet, ohne dassdabei echte Ersparnisse für zusätzliche Investitionenverfügbar wären. Die Geldprodukti-20
SCHWERPUNKTon durch Kreditvergabe senkt den Marktzinsunter den, wie Knut Wicksell (1851 bis 1926)ihn nannte, ,,natürlichen Zins“ – also denZins, der im Markt bestehen würde, wenn dieGeldmenge nicht künstlich durch Kreditvergabeausgeweitet worden wäre. Die Zinssenkungführt zu einem Scheinaufschwung. DieGeldmengenausweitung aus dem Nichts sorgtdafür, dass die Volkswirtschaft im wahrstenSinne des Wortes über ihre Verhältnisse lebt:Der Konsum steigt zu Lasten der Ersparnis,und gleichzeitig nehmen die Investitionen zu.Die Verminderung des Zinses verzerrt zudemdie gesamtwirtschaftliche Produktionsstruktur.Die Umwegsproduktion, wie Eugen vonBöhm-Bawerk sie bezeichnete, nimmt zu, dieProduktionswege werden zeitlich aufwändiger.Der wirtschaftliche Erfolg der Produktionsstrukturhängt nun davon ab, dass derZins niedrig bleibt, und dazu ist es erforderlichdie Kredit- und Geldmengen noch mehrauszuweiten. Geschieht das nicht, steigt derMarktzins auf sein Ursprungsniveau an – dennatürlichen Zins – und Investitionen und Arbeitsplätze,die durch die Zinssenkung angeregtwurden, erweisen sich als unrentabel.Es kommt zur Rezession (,,Bust“). Angesichtseines drohenden Busts werden in der ÖffentlichkeitRufe laut, die Krise zu ,,bekämpfen“.Im Bestreben, einen Produktionsrückgangabzuwenden, senkt die Zentralbank die Zinsenund sorgt für eine Vermehrung von Kreditund Geld. Der neue Einschuss von Kreditund Geld, bereitgestellt zu noch niedrigerenZinsen, kann zwar temporär dafür sorgen,dass der Abschwung in einen neuen (Schein)-Aufschwung umgemünzt wird. Doch auchdieser neue Boom bricht früher oder späteraus denselben Gründen wie der vorangegangenein sich zusammen.Die resultierenden Boom-Bust-Zyklen erlaubenes nun den Schuldnern, fällig werdendeKredite, die für eigentlich unrentable Investitionenaufgenommen wurden, mit niedrigenZinsen zu refinanzieren; zudem provozierensie weitere kreditfinanzierte Ausgaben. EineLiquidation von Fehlinvestitionen findet folglichnicht statt. Die Schu1denstände wachsenso über die Zyklen immer stärker an, als dieEinkommen zunehmen – sodass die Politikdes Bekämpfens der Boom-Bust-Zyklen mitmehr Kredit und Geld zu immer niedrigerenZinsen die Volkswirtschaft in die Überschuldungführt.Ein politisch-ökonomischer Aspekt, den dieÖsterreicher in diesem Zusammenhang herausarbeiten,ist, dass ein staatliches Geldsystem– das sie auch als Papier-, Fiat- oderSchein-Geldsystem bezeichnen – das Ausweitender Staatsaktivität zu Lasten der Privatwirtschaftbefördert. Zum einen werden dieKrisen, für die das Papiergeldsystem sorgt, inder Öffentlichkeit dem freien Marktsystemangelastet, und das leistet interventionistischenPolitiken Vorschub (wie zum BeispielRegulierung, Preiskontrollen etc.).Zum anderen erlaubt die politisch induzierteGeldvermehrung dem Staat, seine Ausgabentätigkeitmitunter erheblich über seine regulärenSteuereinnahmen hinaus auszuweiten.Beides untergräbt aus Sicht der Österreichernach und nach die Fundamente des freienMarktgeschehens: Vor allem aber beschwörenimmer weiter steigende Schuldenstände relativzum Einkommen eine Belastungssituationherauf, aus der sich die Gesellschaften durcheine kostenträchtige Hyperinflation zu befreiensuchen, weil sich in der Stunde der Not nurallzu leicht die Inflation als die Politik deskleinsten Übels erweist.21