Logo der Wahlalternative 2013„Ein Staatsbankrott ist unangenehm,aber keine Katastrophe“Interview mit Prof. Bernd Lucke, dem Sprecherder Wahlalternative 2013Herr Lucke, seit ein paar Wochen bietenSie eine Alternative für die in einem Jahranstehende Bundestagswahl. Die Wahlalternative2013 ist jedoch keine Partei. Wosoll der Wähler sein Kreuz machen?Bernd Lucke: Wir wollen mit einer Parteizusammenarbeiten, vermutlich mit den FreienWählern. Viele von uns haben lange Bindungenan eine der etablierten Parteien hintersich und finden, dass man Parteien nichtwechseln sollte wie das tägliche Hemd. Vielefühlen sich ja auch den Grundsätzen ihrer altenParteien noch verpflichtet, nur dass sie dasGefühl haben, die Partei habe diese Grundsätzeaufgegeben. Deshalb ist es sinnvoll, eineInitiative zu schaffen, in der man sich als Parteiloserengagieren kann.Sie sind also wirklich der Meinung, dassmit den Freien Wählern eine Alternativezu CDU, SPD, FDP & Co. existiert? Die66
POLITIKFreien Wähler gibt es ja nicht erst seitgestern, warum waren sie das also nichtschon früher?Haben Sie jemals bei einer Bundestagswahl dieFreien Wähler auf dem Wahlzettel gesehen?Die Freien Wähler gibt es zwar schon lange alslose zusammenhängende, kommunalpolitischaktive Gruppen. Aber eine bundesweite Parteientsteht erst seit kurzem. Diese Partei wächstvon den Graswurzeln her. Das geschieht ähnlichwie bei den Grünen, die in den 1970erJahren aus vielen kleinen Initiativen zusammenwuchsen.Und angesichts des Versagensund der Gesichtslosigkeit der Regierungsparteienist es doch sehr erfreulich, dass eineKraft mit bürgerlicher Prägung entsteht.Auf Ihrer Webseite bieten Sie gezieltArgumente für Ex-SPD/Grünen-Wählersowie für Ex-Unions/FDP-Wähler an.Letzteren wollen Sie eine neue „politischeZuflucht“ bieten, für die ersteren diewahre „linke Politik“ machen. Wie soll dasdenn zusammenpassen?Wir setzen uns nicht für rechte oder linkePolitik ein, sondern schlicht für die sachlichrichtige. Das mag abgedroschen klingen, deshalbhier die Konkretion: Wir sind für eineEntschuldung der insolventen Staaten. Dasist nicht links oder rechts, das ist die Anerkennungdes Faktischen: Wer pleite ist, kannnicht mehr zahlen.Zweitens wollen wir, dass die Kosten der Entschuldungvorrangig von den Privatgläubigerngetragen werden, die ja aus freien Stücken dasRisiko eingegangen sind. Das ist auch wederlinks noch rechts, sondern schlicht die korrektemarktwirtschaftliche Lösung. Aber weres gewohnt ist, in Klassengegensätzen zu denken,kann das natürlich links interpretieren:Der Klassenkampf zwischen armen Griechenund kapitalistischen Banken wird zugunstender Griechen gelöst. Meinetwegen.Mir geht es um die Sache, nicht um die Interpretation.Aber ich habe mir erlaubt, daraufhinzuweisen, dass man die gegenwärtigePolitik, die von SPD und Grünen unterstütztwird, definitiv nicht links interpretieren kann.Denn da dürfen die Banken ihre Risiken aufden Steuerzahler abwälzen und die Griechenverbleiben in der Schuldknechtschaft.Inhaltlich distanziert sich die Wahlalternative2013 von den im Bundestag vertretenenParteien vor allem durch eine andereEuro-Politik: Statt ESM eine flexibleWährungsunion ohne Schuldentransfer.Wie stellen Sie sich das vor?Wollen Sie das nicht lieber Theo Waigel undHelmut Kohl fragen? Wir wollen genau das,was die uns damals versprochen haben: KeinStaat haftet für die Schulden anderer Staaten.Warum soll denn das nicht gehen? Staatsbankrottesind in der Wirtschaftsgeschichte immerwieder vorgekommen, auch kürzlich und inEuropa: In Russland z. B., in der Ukraineund in Moldawien. Das ist unangenehm, aberkeine Katastrophe. Zumal es durchaus Wegegibt, das geordnet durchzuführen, also einenKollaps des Finanzsystems zu verhindern.Und was bedeutet das konkret fürDeutschland? Zurück zur D-Mark?Nein. Wenn es nur um die Staatsschuldenkriseginge, wäre es noch nicht einmal zwingend,dass der bankrotte Staat aus dem Euro ausscheidet.Das eigentliche Euro-Problem liegtin der Wettbewerbsfähigkeit des Privatsektors67