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CORE Nr. 04 (PDF) - Heyne Hardcore

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jetzt erst recht!Die BibelJames Frey gilt als Stern einer neuen Generationamerikanischer Schriftsteller, die sich denSchattenseiten unserer Gesellschaft widmen.Sein neues Buch Das letzte Testament derHeiligen Schrift verbindet die ironische Schärfeeines Bret Easton Ellis mit der Stimmung vonJim Jarmusch-Filmen. Doch wer ist James Freywirklich? Ist hier ein anarchistischer Atheistoder ein tiefgläubiger Mensch am Werke? Oderkeines von beiden? James Frey klärt auf.Ich glaube, dass die ersten beiden Teile der HeiligenSchrift, das Alte und das Neue Testament, eine Mischungaus Fakten und Fiktion sind. Sie sind gleichermaßenMythologie und Realität und handeln vomLeben, wie es ist und wie es sein sollte. Ich glaube,dass die Verfasser dieser Bücher unzuverlässige Erzählersind – genau wie die Autoren der Evangelien.Ich glaube, dass die ersten beiden Teile der Bibel vonLeuten wie mir geschrieben wurden: von Geschichtenerzählern,die durch ihre Arbeit die Welt erklärenund ein moralisches Gerüst errichten wollten, andem man sich in seinem Leben orientieren kann. Ichglaube, dass man diese Texte nicht für die buchstäblicheWahrheit halten sollte. Man muss die Bibel alsKunstwerk betrachten. Und wie jede große Kunst beeinflusstsie unser Leben, verändert es und verbessertes sogar – aber sie darf unser Leben nicht beherrschen.22 23Die Idee zu Das Letzte Testament der Heiligen Schrifthatte ich 1994. Damals arbeitete ich in Chicago imLager eines Bekleidungsgeschäfts. Der Geschäftsleiternannte mich »Schreiberling« und fragte regelmäßignach, womit ich mich gerade beschäftigte und welcheProjekte ich plante. Damals las ich fast täglichim Daodejing. Eines Nachmittags stellte er mir folgendeFrage: Wenn ich schreiben könnte, was ichwollte, welches Buch würde es dann sein? Inspiriertvom Dao antwortete ich: »Das große Buch desLebens«. Er lachte, schnippte mit den Fingern undsagte, dieses Buch gäbe es schon – Die Bibel. Ich lächelteund dachte insgeheim: Ja, das stimmt. Ungefährfünf Sekunden später überlegte ich mir: Warumsollte ich es nicht noch mal versuchen? Das Alte unddas Neue Testament existiert bereits, also schreibeich das Letzte. Diese Idee verfolgte mich, und 2009brachte ich das Ganze dann zu Papier.Mein Buch ist der Versuch einer Schilderung, waspassieren könnte, wenn der Messias oder wiedergekehrteChristus im 21. Jahrhundert in New York lebenwürde. Was wäre das für eine Person, woran würdesie glauben, wie würde sie leben, woher wüssten wir,dass sie göttlich ist? Für die Recherche sprach ich mitRabbis, katholischen Geistlichen, evangelischen Pastoren,Neurochirurgen, Unfallchirurgen, Anwälten,Polizisten und Psychiatern. Ich hatte nicht die Absicht,die Christus-Geschichte noch einmal zu erzählen.Das wurde ja bereits erfolgreich versucht. Nein,ich wollte eine neue Mythologie schaffen, die auchin einer Welt der Atomwaffen, der Naturwissenschaften,des Internet und der Gentests und ManipulationBestand hat. Einer Welt, die Homosexualität nicht alsfreie Entscheidung betrachtet. Mein Ziel war es, eineGeschichte zu erzählen und eine Mythologie und einKunstwerk zu erschaffen, die in einer Welt Sinn ergeben,in der Dinge bekannt sind, die die Menschen(und Schriftsteller) vor 2000 Jahren weder wissennoch sich überhaupt vorstellen konnten. Ob mir dasgelungen ist, werden die Leser und – mit der Zeit –auch die Geschichte entscheiden.James Frey(Aus dem Amerikanischen von Kristof Kurz)448 Seiten, Broschur€ 9,99 [D] / € 10,30 [A] / CHF 14,90 (UVP)ISBN 978-3-453-41<strong>04</strong>8-0Aus dem Amerikanischen von Harry Rowohlt, Juli Zeh,Kristof Magnusson u. a.November 2013© Terry Richardson

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