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Neue Medien in der Lehrerausbildung

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schon die ersten Ansatzpunkte. Die Wissensvermittlung<br />

bzw. -aneignung im S<strong>in</strong>ne von‚ teleteach<strong>in</strong>g’ und ‚telelearn<strong>in</strong>g’<br />

ermöglicht allen bildungs<strong>in</strong>teressierten Menschen<br />

sich dann weiterbilden zu können, wann sie es wollen<br />

und benötigen. Damit e<strong>in</strong>her geht die Auflösung von<br />

Raum und Zeit als Determ<strong>in</strong>anten von Lernen und<br />

Erfahrung: ich b<strong>in</strong> nicht mehr an bestimmte Orte des<br />

Lernens gebunden als auch nicht mehr an festgelegte<br />

Zeiten. Das Privileg pädagogischer Institutionen auf<br />

Wissensvermittlung weicht zugunsten e<strong>in</strong>er Demokratisierung<br />

des Lernens auf. Pr<strong>in</strong>zipiell kann jede Person auf<br />

jeden Punkt <strong>der</strong> Welt zu je<strong>der</strong>zeit alles Lernen, was an<br />

Wissen o<strong>der</strong> genauer: Informationen zur Verfügung steht.<br />

Es ist das Komplementär zu Comenius’ Anspruch „Alle<br />

alles zu Lehren“ <strong>in</strong> dem die Lernenden im Vor<strong>der</strong>grund<br />

stehen und nicht mehr die Didaktik. Die neuen <strong>Medien</strong><br />

ermöglichen auch die Schaffung von neuen Erfahrungsräumen,<br />

die vorher nicht möglich gewesen waren. Alle<br />

<strong>Medien</strong> haben dies immer schon getan: das Buch hat die<br />

Menschen erlöst von dem Interpretationsmonopol <strong>der</strong><br />

Kleriker, die Zeitung hat ihnen politische Informationen<br />

unabhängig von <strong>der</strong> Mund-zu-Mund-Propaganda zur<br />

Verfügung gestellt; das Telefon, das Radio und das Fernsehen<br />

haben ihnen E<strong>in</strong>blick und Erfahrungen <strong>in</strong> an<strong>der</strong>e<br />

Welten, Kulturen und Gesellschaft gegeben, die sie durch<br />

direkte Erfahrungen nie hätten erwerben können; das<br />

Internet und die virtuellen Realitäten – besser: erweiterte<br />

Realitäten – werden diesen Horizont noch weiter h<strong>in</strong>ausschieben<br />

und bisher nie gekannte Erfahrungsräume eröffnen.<br />

E<strong>in</strong> weiteres Merkmal <strong>der</strong> Wissensgesellschaft, nämlich<br />

die Aneignung von Wissen als lebenslange Aufgabe,<br />

ist zwar schon e<strong>in</strong>e alte For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Erwachsenenbildung,<br />

aber sie gew<strong>in</strong>nt gerade im Zeitalter <strong>der</strong> neuen<br />

Informations- und Kommunikationstechniken sowie <strong>der</strong><br />

Auflösung des Berufs als identitätsbildendes biografisches<br />

Ereignis an beson<strong>der</strong>e Bedeutung. Auch wenn die Schule<br />

immer schon den Anspruch erhoben hat, dass die Schüler<br />

und Schüler<strong>in</strong>nen für das Leben lernen würden, war dieses<br />

Leben doch als sehr vorbestimmt gesehen worden.<br />

Die neuen Ansprüche des Wirtschaftssystems <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Wissensgesellschaft verlangen aber aufgrund <strong>der</strong> sich<br />

andauernd verän<strong>der</strong>nden Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>en regelmäßigen<br />

Anpassungsprozess an neue Herausfor<strong>der</strong>ungen.<br />

Nicht mehr die Inhalte werden entscheidend se<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>n<br />

das Lernen zu lernen steht im Vor<strong>der</strong>grund. Als letzten<br />

Aspekt <strong>der</strong> Wissensgesellschaft möchte ich die Globalisierung<br />

von Wissen herausstellen, die an das anknüpft,<br />

was ich bisher schon aufgezeigt habe. Die neuen <strong>Medien</strong><br />

werden das Privileg <strong>der</strong> Wissensvermittlung von lokalen<br />

Gegebenheiten – ob dies die Eltern, die Lehrer o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

Personen gewesen s<strong>in</strong>d – aufbrechen und den Lernenden<br />

ermöglichen, ihren Horizont auf das auszuweiten,<br />

was <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt alles an Wissen zur Verfügung steht. Der<br />

Trend zur Globalisierung geht aber gleichzeitig e<strong>in</strong>her mit<br />

e<strong>in</strong>er Betonung des Lokalen und Kulturellen. Nicht die<br />

von vielen gefor<strong>der</strong>te Weltgesellschaft sollte dabei das<br />

Ziel se<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Respekt und die Toleranz des<br />

jeweilig An<strong>der</strong>en und Fremden. Nicht zu letzt muss gese-<br />

hen werden, dass für all die genannten Aspekte von<br />

Wissensgesellschaft es notwendig ist, sich im Umgang mit<br />

<strong>Medien</strong> auszukennen und diese auch zu beherrschen. Wir<br />

bezeichnen diese Fähigkeit als <strong>Medien</strong>kompetenz. Sie gilt<br />

als e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Schlüsselqualifikationen, um <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er durch<br />

<strong>Medien</strong> geprägten Welt autonom, kompetent als auch<br />

sozial-verantwortlich handeln zu können. In diesem S<strong>in</strong>ne<br />

soll im Weiteren geklärt werden, was darunter zu verstehen<br />

ist.<br />

<strong>Medien</strong>kompetenz und medienpädagogische<br />

Kompetenz<br />

Ich gehe bei dem Entwurf zu <strong>Medien</strong>kompetenz von <strong>der</strong><br />

für mich wichtigen Unterscheidung zwischen <strong>Medien</strong>kompetenz<br />

und medienpädagogischer Kompetenz aus. Während<br />

sich die <strong>Medien</strong>kompetenz auf den direkten Umgang<br />

mit <strong>Medien</strong> bezieht, thematisiert die medienpädagogische<br />

Kompetenz erzieherische und didaktische<br />

Konzepte im Umgang mit diesen.<br />

Kommen wir aber zuerst zu dem Begriff <strong>Medien</strong>kompetenz.<br />

Im Gegensatz zu vielen an<strong>der</strong>en Konzeptionen dieses<br />

Begriffs (vgl. Grapski 2000) versuche ich, etwas systematischer<br />

darauf e<strong>in</strong>zugehen und diesen Begriff <strong>in</strong> den<br />

Kontext kommunikativer Verständigung e<strong>in</strong>zuordnen. Im<br />

Anschluss an dieses Konzept von Habermas ersche<strong>in</strong>en<br />

kognitive, moralische und affektive Aspekte e<strong>in</strong>e notwendige<br />

Voraussetzung zum kommunikativen Handeln zu<br />

se<strong>in</strong>. Ich habe <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Konzeption von <strong>Medien</strong>kompetenz<br />

die moralische Komponente von Habermas differenziert<br />

nach e<strong>in</strong>er sozialen und e<strong>in</strong>er ethischen Dimension;<br />

beides umfasst auch Moral. In den Diskussionen um den<br />

Kompetenzbegriff <strong>in</strong> den Sozialwissenschaften wird<br />

außerdem e<strong>in</strong>e ästhetische Dimension h<strong>in</strong>zugefügt, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

es um die Beurteilung des Schönen geht. Da <strong>Medien</strong> auch<br />

zu Gestaltung dienen, halte ich diese Dimension ebenfalls<br />

für wichtig:<br />

• E<strong>in</strong>e Handlungsdimension, die für den kompetenten<br />

und qualifizierten Umgang mit allen Arten von <strong>Medien</strong><br />

befähigt.<br />

• E<strong>in</strong>e kognitive Dimension, die sich u. a. auf das Wissen<br />

über und mit <strong>Medien</strong> sowie auf das Verstehen von<br />

<strong>Medien</strong> und ihrer Codierungen und Symbolik bezieht.<br />

• E<strong>in</strong>e soziale Dimension, die u. a. Themen <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungen<br />

sozialer Interaktion und Kommunikation durch<br />

und mit <strong>Medien</strong> sowie die politischen Aspekte von<br />

<strong>Medien</strong>systeme aufgreift.<br />

• E<strong>in</strong>e moralische Dimension, die u. a. die Aspekte des<br />

verantwortungsvollen Umgangs mit <strong>Medien</strong>, Fragen e<strong>in</strong>er<br />

<strong>Medien</strong>ethik sowie medienanthropologische Aspekte thematisiert.<br />

• E<strong>in</strong>e affektive Dimension, die u. a. den Erlebnisaspekt<br />

von und mit <strong>Medien</strong> als e<strong>in</strong>e bisher vernachlässigte<br />

Komponente <strong>der</strong> <strong>Medien</strong>erziehung herausstellt.<br />

• E<strong>in</strong>e ästhetische Dimension, die u. a. den Wahrnehmungs-<br />

sowie kommunikationskulturellen Aspekte <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Medien</strong>pädagogik betont.<br />

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