Museumsdorf Niedersulz / 36Kleinhäusler LebensweltenAM Rand DES DORFESIm Rahmen des niederösterreichischen Viertelfestivals präsentiert das Museumsdorf die Ausstellung„Kleinhäusler Lebenswelten“.Kleinhäusler-Haus aus Wilfersdorf im Museumsdorf Niedersulz.Peter Huber in der Schusterwerkstatt aus Mistelbach.Das Weinviertler Museumsdorf Niedersulzhat sich vom heurigen Motto des Viertelfestivals„Brandungszone“ inspirieren lassen:Schließlich ist die Dorfgemeinschaftauch eine Art „Brandungszone“, wo verschiedenesoziale Schichten aufeinandertreffen.Wir wollen diejenigen Leute undGebäude in den Fokus unserer Recherchenund Präsentation stellen, die üblicherweisenicht im Mittelpunkt stehen – also Kleinhäusler,aber auch Inwohner und Dienstbotenim Weinviertel des 19. Jahrhunderts.Diese Bevölkerungsschicht war in jedemWeinviertler Dorf vertreten und übertraf anPersonen oft die bäuerliche Oberschicht.Kleinhäusler besaßen – wie der Name schonsagt – ein kleines Haus (im Gegensatz zueinem größeren Zwerchhof), bestehend ausKüche, Stube, Kammer und kleinen Stallungen.Charakteristisch sind auch Lehmbödenund Strohdächer sowie die bescheidenereInnenausstattung. Diese Kleinhäuserstanden nicht zentral an der Dorfzeile, sondernetwas außerhalb: am Rand der Kellergasse,in Neben- oder „Hintausgassen“ oderam Ortsende. Kleinhäusler besaßen wenigeigenen Grund, meist einen kleinen Weingarten,und bescheidenen Viehbestand –zwei bis drei Schweine, in besseren Fällenein Pferd oder eine Kuh sowie Ziegen undHühner – zur Selbstversorgung.TaglöhnerUm trotzdem ihr Auslagen finden zu können,verdingten sie sich bei Bauern als Taglöhnerzu Arbeitsspitzen im Weinbau undder Getreideernte. Oft gab es langfristigeschaufenster / <strong>Kultur</strong>.<strong>Region</strong> / <strong>Juli</strong>/<strong>August</strong> <strong>2013</strong>
Museumsdorf Niedersulz / 37Verbindungen zwischen einer Bauern- undeine Kleinhäusler-Familie, von der beideprofitierten: Die Bauern konnten sich aufausreichende Arbeitskräfte verlassen, unddie Kleinhäusler wiederum konnten ihrenWein beim Bauern pressen lassen undlagern, da sie nicht über eigene Presshäuserund Keller verfügten. Außerdem war demKleinhäusler geholfen, wenn der Bauer mitseinem Gespann Pflugdienste oder Fuhrenfür ihn erledigte. Kleinhäusler-Eltern strebtenoft danach, diese Verbindung außerdemmittels Patenschaften für ihre Kinder durchdas Bauern-Ehepaar zu verstärken.Manchmal betrieben Kleinhäusler zusätzlichnoch ein Handwerk wie Schuster,Schneider, Besenbinder, Strohdecker, Seileroder Korbflechter. Da die Werkstätten meistin der Stube untergebracht waren, schränktendiese den ohnehin schon bescheidenenWohnraum zusätzlich ein.InwohnerAls Inwohner bezeichnet man eine sozialniedrige Gruppe von Arbeitskräften in Getreide-und Weinbau ohne eigenen Wohnsitzund meist auch ohne Grundbesitz. Siewohnten entweder direkt im Bauernhausoder in einem separaten Gebäude wie demAusgedinge, der „Ausnahm“, die üblicherweisedem Altbauernpaar als Alterswohnsitzdiente. Manche besaßen einen kleinenWeingarten für den Eigenbedarf.Dienstboten waren im Weinviertel aufgrunddes vorherrschenden Getreide- und Weinbausnicht sehr häufig, da bei diesen Landwirtschaftszweigennur zu bestimmtenZeiten (und nicht wie bei der in Westösterreichverbreiteten Viehwirtschaft das ganzeJahr über) hoher Personalbedarf bestand.Dieser Bedarf an Hilfskräften wurde ebenmeist durch Kleinhäusler abgedeckt. ImWeinviertel verdingten sich manchmal ledigejunge Frauen und Männer für einebestimmte Zeit als Mägde und Knechte beigrößeren Bauern, wo sie auch wohnten, bissie heirateten und selbst einen Hausstandgründeten.Zu den Aufgaben der Mägde zählten beispielsweisedas Hüten der Kleinkinder undKüchendienste, aber auch Hilfsarbeiten inder Landwirtschaft. Die Knechte waren –neben Arbeiten vor allem in der Erntezeit –für die Pferde zuständig und schliefen auchim Stall, um praktisch immer ein Auge aufdie wertvollen Tiere haben zu können.Wetzelsdorfer HausExemplarisch für diese sozialen Schichteneines Weinviertler Dorfes wird die Geschichteeines Kleinhäusler-Haus aus Wetzelsdorfund ihrer Bewohner mithilfe der bewährtenehrenamtlichen Mitarbeitern des Museumsdorfserforscht und präsentiert. Das Gebäudegeht auf ein aus Lehmbatzen errichtetesHaus aus dem Ende des 18. Jahrhundertszurück. Es wurde in der heutigen Form 1816erbaut und 1994 im Museumsdorf wiederaufgebaut. Die Lage des Originalstandortsam Rand der Kellergasse wurde auch imMuseumsdorf berücksichtigt.Die Umsetzung der Forschungsergebnissewill Häuser zum Erzählen bringen: DasWetzelsdorfer Haus wird so authentisch wiemöglich eingerichtet und erhält eine Dokumentationseiner Haus- und Familiengeschichte.Dazu soll auch die letzte Bewohnerindes Hauses in Form von Interviewpassagenzu Wort kommen. Zusätzlich machenInterventionen – also deutlich erkennbareHinweise und Informationen zu derenGeschichte(n) – in weiteren Kleinhäusler-Häusern des Museumsdorfs (z. B. Schusterhausaus Mistelbach, Kleinhäusler-Haus ausKleinhadersdorf) auf die Thematik aufmerksamund lassen Häuser und ihre ehemaligenBewohner sozusagen selbst ihreGeschichte erzählen. /Text: Veronika Plöckinger-WalentaFotos: Museumsdorf NiedersulzKLEINHÄUSLERLEBENSWELTEN———————————————————Museumdorf NiedersulzEröffnung, So, 28. 7. <strong>2013</strong>, 11.00 UhrWetzelsdorfer Haus2224 Niedersulz 250Tel. 02534 333www.museumsdorf.atFoto: NÖ Werbung/Rita Newmannaturgartenfest &BenefizveranstaltunghilFE IM EIGENEN LAND———————————————————Sa, 14. 9. <strong>2013</strong>, 10.00–18.00 UhrMuseumsdorf NiedersulzHistorische Weinviertler Dorfarchitekturmit typischen, spätsommerlichenBauern- und Gemüsegärten bilden denRahmen für ein Fest, das alle Sinneanspricht.Frühschoppen mit der MilitärmusikNiederösterreich, Gartenschwerpunkt„Kümmel, Koriander & Co.“ mit Vorträgenund Führungen, Kunsthandwerksmarkt,großes Chöre- und Singgruppentreffenund Volkstanz.Im Rahmen des Naturgartenfestes findetdas Herbstfest der Organisation HILFEIM EIGENEN LAND statt.Museumsdorf Niedersulz2224 Niedersulz 250Museumsdorf Niedersulzwww.museumsdorf.atEine Veranstaltung in Kooperationmit „Natur im Garten“.HILFE IMEIGENEN LANDKATASTROPHENHILFEÖSTERREICHISCHER FRAUENschaufenster / <strong>Kultur</strong>.<strong>Region</strong> / <strong>Juli</strong>/<strong>August</strong> <strong>2013</strong>