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Michael Galuske Der aktivierende Sozialstaat - jugendfest.de

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machen, mithin die Frage auf die Tagesordnung zu setzten, in was für einerGesellschaft wir in Zukunft leben wollen, welches Maß an Gerechtigkeit undSolidarität wir anstreben, wie wir soziale Integration organisieren, ist ersterSchritt und notwendige Voraussetzung <strong>de</strong>r Demokratisierung einesgesellschaftlichen Wan<strong>de</strong>ls, <strong>de</strong>ren Bewältigung <strong>de</strong>rzeit eher getrieben als geplanterscheint und in <strong>de</strong>r politische Alternativen zur Neoliberalisierung <strong>de</strong>rzeit nuraußerhalb <strong>de</strong>r im Parlament vertretenen Parteien in Regierung und Oppositiongedacht und diskutiert wer<strong>de</strong>n(2) <strong>Der</strong> mit Zwangscharakter ausgestatte Verpflichtungsgedanke <strong>aktivieren<strong>de</strong></strong>r<strong>Sozialstaat</strong>smo<strong>de</strong>lle enthält – zum Zweiten - notwendig eine Stigmakomponente,in<strong>de</strong>m sie letztlich das Verhalten <strong>de</strong>r Betroffenen zur selbstverschul<strong>de</strong>tenUrsache <strong>de</strong>s sozialen Scheiterns erklärt. Lawrence Mead, einer <strong>de</strong>r gedanklichenVäter <strong>de</strong>s amerikanischen und britischen workfare betont dies in dankenswerterDeutlichkeit: „Wenn Armut (so Mead) eher <strong>de</strong>m Verhalten <strong>de</strong>r Armenzuzuschreiben ist als <strong>de</strong>n sozialen Schranken, muss man dieses Verhalten nichtdie Gesellschaft verän<strong>de</strong>rn“ (Mead zit. nach Waquant 2000, S. 40). In <strong>de</strong>r Tatscheint sich eine individualisieren<strong>de</strong> Leitfigur zu etablieren, die Lothar Böhnischund Wolfgang Schröer als „flexiblen Lerner“ bezeichnet haben. „<strong>Der</strong> Mensch (soBöhnisch und Schröer) wird in eine ständige Bewerbungssituation gedrängt, ersoll selbst prüfen, ob er <strong>de</strong>n neuen Anfor<strong>de</strong>rungen gewachsen ist, ansonsten musser lernen. <strong>Der</strong> Mensch muss ständig beweisen, dass er flexibel genug ist, umbestehen zu können. <strong>Der</strong> flexible Lerner ist die Vergesellschaftungsformindividueller Lebensführung im digitalen Kapitalismus (…) Handlungsfähig ist,wer im digitalen Kapitalismus Erfolg hat, die an<strong>de</strong>ren Menschen müssenflexibler wer<strong>de</strong>n und lernen“ (Böhnisch/Schröer 2001, S. 92).Zwangs- und Verpflichtungsprogramme tragen dazu bei, einer solchenindividualisieren<strong>de</strong>n Problemsicht Geltung zu verschaffen. Mehr noch: „AlleFormen von workfare (so Andre Gorz 2000, S. 114) stigmatisieren dieArbeitslosen als Versager und Faulenzer, die von <strong>de</strong>r Gesellschaftberechtigterweise und zu <strong>de</strong>ren eigenem Besten zur Arbeit zu zwingen sind. DieGesellschaft überzeugt sich so selbst von <strong>de</strong>r Ursache <strong>de</strong>r Arbeitslosigkeit: DieseUrsache seien die Arbeitslosen selbst. Sie besäßen we<strong>de</strong>r die Qualifikation nochdie sozialen Kompetenzen, noch <strong>de</strong>n notwendigen Willen, um einen Arbeitsplatzzu erhalten.“ Und in <strong>de</strong>r Tat tragen Faulenzer<strong>de</strong>batten, undSozialmissbrauchsvorwurf ebenso wie Verschärfung von Zumutbarkeitsregelnund sanktionsflankierte Arbeitsverpflichtung dazu bei, das Bild vomunzulänglichen Arbeitslosen zu stabilisieren, <strong>de</strong>r letztlich aufgrund mangeln<strong>de</strong>rFlexibilität und Bereitschaft scheitert. Auch wenn man <strong>de</strong>moskopische Daten12

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