Großbritannien zu beobachten<strong>de</strong> Verschärfung <strong>de</strong>r strafrechtlichen Kontrolle alsKehrseite <strong>de</strong>r Verschärfung <strong>de</strong>s sozialen Klimas (vgl. Waquant 2000).Beispielhaft seien die exorbitante Steigerung <strong>de</strong>r Inhaftiertenzahlen in <strong>de</strong>n USAgenannt, die sich Mitte 2002 auf über 2.000.0000 Inhaftierte belief (vgl.Harrison/Karberg 2003; Le Mon<strong>de</strong> Diplomatique Nr. 7077 vom 13.06.2003, S. 22).Damit nimmt die USA im Internationalen Vergleich <strong>de</strong>n unangefochtenenSpitzenplatz ein, <strong>de</strong>utlich vor Län<strong>de</strong>rn wie Russland o<strong>de</strong>r China. Während sichin Russland „nur“ 628 Einwohner pro 100.000 in Haft befin<strong>de</strong>n, sind dies in <strong>de</strong>nUSA 686. Zum Vergleich: England und Portugal repräsentieren mit 135Inhaftierten pro 100.000 Einwohnern europäische Spitze. Loic Waquant (2000)spricht für Amerika von einem Paradigmenwechsel vom Krieg gegen die Armuthin zum Krieg gegen die Armen.Es wäre insgesamt ratsam, sich die Leitformel vom „För<strong>de</strong>rn und For<strong>de</strong>rn“ nichtall zu schnell zu eigen zu machen. Zumin<strong>de</strong>st sollte man sich <strong>de</strong>s miterkennbarem Unbehagen vorgetragenen Hinweises von Frank Braun (2001)vergegenwärtigen, dass die pädagogische Formel vom För<strong>de</strong>rn und For<strong>de</strong>rn etwain <strong>de</strong>r Jugendsozialarbeit traditionell etwas an<strong>de</strong>res meint als Zwang, nämlich<strong>de</strong>n notwendig for<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Charakter von Lernsituationen, ihrProvokationspotential für individuelle Entwicklungen.Ob es <strong>de</strong>r Sozialen Arbeit gelingt, angesichts <strong>de</strong>r aktuellen und zukünftigenVerän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r sozialpolitischen und ökonomischen Landschaft, <strong>de</strong>nerreichten Stand an professioneller Autonomie zu sichern, auch und gera<strong>de</strong> imInteresse ihrer Klienten, ist eine offene Frage. Gera<strong>de</strong> angesichts <strong>de</strong>r modischenMehr<strong>de</strong>utigen von Begriffen, Leitformeln und Konzepten ist <strong>de</strong>shalb fachlicheWachsamkeit und ein <strong>de</strong>zidiertes fachliches Profil das einzigerfolgsversprechen<strong>de</strong> Gegengift. Geert van <strong>de</strong>r Laan (2001, S. 109), umabschließend nochmals auf internationale Erfahrungen zurückzugreifen,empfiehlt <strong>de</strong>r Sozialen Arbeit auf <strong>de</strong>m Hintergrund nie<strong>de</strong>rländischerErfahrungen einen „offensiven Ansatz … Die Wertschätzung seitens <strong>de</strong>rför<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Instanzen und seitens <strong>de</strong>r Öffentlichkeit wächst in <strong>de</strong>m Maße, wieman an eigenen professionellen Standards festhält. (…) Eine nachvollziehbareOffenlegung <strong>de</strong>r Arbeit auf <strong>de</strong>r Grundlage von Argumentation im öffentlichenBereich bleibt die beste Legitimationsbasis <strong>de</strong>r Sozialarbeit. Dies wird aber nichtdurch <strong>de</strong>n Markt hervorgerufen. Das muss man selbst erzwingen, und zwar auf<strong>de</strong>r Grundlage einer klaren Auffassung von <strong>de</strong>r Rolle <strong>de</strong>s Bürgers und <strong>de</strong>r Rolle<strong>de</strong>s Professionellen.“ Die Entwicklung einer solchen „störrischen Professionalität“setzt zweifelsohne erhebliche Verständigungsprozesse voraus, insbeson<strong>de</strong>re, weilsie <strong>de</strong>r Qualität bedarf, sich auch bestimmter Zumutungen zu entziehen, und ggf.„nein“ etwa zur Teilhabe an <strong>de</strong>r Realisierung von Zwangsprogrammen zu sagen.17
Auch wenn die Soziale Arbeit <strong>de</strong>rzeit genügend mit ihrer eigenen Aktivierung zukämpfen hat, die sie in weiten Teilen als Ökonomisierung erlebt, dürfte es für dieSicherung und Weiterentwicklung professioneller Standards in <strong>de</strong>r SozialenArbeit unabdingbar sein, sich dieser Herausfor<strong>de</strong>rung zu stellen. Zugespitzt in<strong>de</strong>n Worten Werner Tholes beim Eröffnungsvortrag <strong>de</strong>s letzten Bun<strong>de</strong>skongressSoziale Arbeit in Kassel formuliert: „Eine Soziale Arbeit, die sich nicht auchpolitisch einmischt, ist un<strong>de</strong>nkbar. Wenn AkteurInnen <strong>de</strong>r Sozialen Arbeit sichauch zukünftig als VertreterInnen <strong>de</strong>r Aufklärung und nicht <strong>de</strong>rÖkonomisierung, Privatisierung, Destabilisierung und Flexibilisierung <strong>de</strong>s<strong>Sozialstaat</strong>es verstehen, kommen sie nicht umhin, in ihrem professionellenAlltag ihre Einmischungskompetenz kontinuierlich zu realisieren. Das Plädoyergoutiert die Rolle <strong>de</strong>r Sozialen Arbeit als Schalk im Nacken <strong>de</strong>r neoliberalenMo<strong>de</strong>rnisierer“ (Thole 2003, S. 38).18