Weindorfzeitung Speisen & Getränke
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Die Geschichte des Weins in Kirchheim/Teck und Umgebung<br />
Ob bereits die Römer in Kirchheim Weinbau<br />
betrieben haben ist nicht überliefert, aber dass<br />
sie hier Wein getrunken haben, dürfen wir<br />
annehmen. Im 1. Jahrhundert n. Chr. trafen in<br />
Kirchheim zwei Römerstraßen aufeinander.<br />
Römische Siedlungsspuren sind nachgewiesen<br />
und Wein galt im Altertum als Grundnahrungsmittel.<br />
Reichlich Wein wurde sicher auch<br />
an den Markttagen getrunken, nachdem<br />
Kaiser Otto I. Mitte des 11. Jh. den Kirchheimern<br />
das Marktrecht verliehen hatte.<br />
Belegt ist Weinbau für unsere Gegend ab dem<br />
12. Jh. 1112 wurden in Jesingen, am Südhang<br />
des Schafhofes, Rebstöcke gep anzt. Eine<br />
Urkunde von 1275 belegt „de vineis sitis in<br />
monte versus Atelingen“ (Wein auf dem Berge<br />
gegen Ötlingen). Bis zum 30 jährigen Krieg<br />
(1618 – 1648) gewann der Weinbau kontinuierlich<br />
an Bedeutung. Die Weingärtner<br />
bildeten bald eine eigene Bruderschaft. 1406<br />
wurden „maister und die schower der<br />
wingarten zu kirchain, die von dem gericht<br />
dazu erwelt sint“ erwähnt. Wein wurde in der<br />
Kirchheimer Markung an den Steilhängen der<br />
„Halden“ angebaut. Die Weinberge gehörten<br />
meist dem Adel oder den Klöstern. Die<br />
Weingärtner waren abgabep ichtig. Wurde<br />
der Wein gekeltert, elen weitere Abgaben an:<br />
2 Imi (= 36 Liter) von jedem Fuder (= 1763<br />
Liter) an die Kelterknechte; 1/24 des gekelterten<br />
Weins als Kelterwein und 1/10 als Zehnt<br />
bekam die Herrschaft.<br />
Im 15. und 16. Jh. gab es in Kirchheim fünf<br />
Keltern. Die Stadtkelter im heutigen Bereich<br />
Widerholtplatz/Marktplatz, die Mittelkelter,<br />
auch „Große Kelter“, auf dem Gelände<br />
Alleenstraße 126, die Äußere Kelter, auch<br />
„Totenkelter“, im Bereich Friedhofsweg 2, die<br />
„Magerskelter“, nach dem Vogt Volmar Mager<br />
benannt, im östlichen Bereich der heutigen<br />
Wollmarktstraße und die Klosterkelter, auf<br />
dem Areal Lindachstraße 5.<br />
Auch in den umliegenden Gemeinden, im<br />
Lenninger Tal, in Bissingen und Nabern wurde<br />
im Mittelalter Wein angebaut. Kurz vor<br />
Ausbruch des 30 jährigen Krieges war so viel<br />
Nutzland in Weinberge umgewandelt, dass die<br />
herzogliche Regierung ein Anbauverbot<br />
verhängte, das der Krieg dann allerdings<br />
hinfällig machte. Nach dem Krieg wurde der<br />
Anbau sogar gefördert, denn selbst weniger<br />
gute Lagen brachten gute Steuereinnahmen<br />
und bis ins 19. Jh. durften Güterbesitzer den<br />
Anbau ohne behördliche Genehmigung nicht<br />
wechseln. Wein war unter anderem Bestandteil<br />
der Besoldung von Staatsbediensteten.<br />
Den Weingärtner war untersagt, die Trauben<br />
zu verkaufen. Sie durften sie auch nicht in<br />
ihren Obstpressen, sondern nur in den<br />
zugewiesenen Keltern weiterverarbeiten.<br />
BrachtedochjederArbeitsschrittGeldfürdie<br />
Staatskassen. Das „Umgeld“, das beim<br />
Weinausschank fällig wurde, war eine weitere<br />
wichtige Steuereinnahme. Um diese auch bei<br />
saueren Weinjahrgängen sicherzustellen,<br />
wurde, um den Weinkonsum hochzuhalten,<br />
kurzerhand die Mostbereitung verboten und<br />
das Bierbrauen streng reglementiert.<br />
Um die Qualität zu erhöhen, wurde erst 1828<br />
zu „Schulungszwecken“, ein Musterweinberg<br />
angelegt und bessere Rebsorten eingeführt.<br />
1831 ließ Herzogin Henriette kostenlos<br />
50.000 Schnittlinge an hiesige Weingärtner<br />
verteilen.<br />
Anfang des 20. Jh. machten Missernten, die<br />
Reblaus und auswärtiger Wein den Weinbau in<br />
der Region unrentabel. In Kirchheim wurde<br />
1905 der letzte Wein gelesen. Heute wird nur<br />
noch in Weilheim, Beuren und Neuffen der<br />
sogenannte „Täleswein“ angebaut.<br />
Mehr Wissenswertes zum Weinbau in der<br />
Region auf www.weindorf-kirchheim.de<br />
Text: Angelika Kröninger