50 | KUNST.INVESTOR Kunsthalle Wien Foto:© Kunsthalle Wien: Cäcilia Brown, Drehfoyer, 2014, Courtesy Gabriele Senn Galerie, Foto: Iris Ranzinge
51 | KUNST.INVESTOR Kunsthalle Wien Foto:© Kunsthalle Wien: Anna Artaker, Courtesy Arbeiterkammer Wien, Foto: Hertha Hurnaus, 2013 Die Drehtür kann nicht durchschritten, sondern von außen betrachtet werden. Stop making sense war der Titel eines berühmten Konzertfilms der Talking Heads von 1983. Eva Egermann lasst diesen Slogan gemeinsam mit vielen anderen konventionswidrigen Aussagen in einem neuen Kontext auferstehen: Instrumental begleitet intoniert sie in ihren Videos widerständige Praktiken und Aneignungen entlang von Devianz, Krankheit und Behinderung durch unterschiedliche geschichtliche Kontexte und Raume. Konkret mit Geschichte befasste sich Anna Artaker für ihre Rekonstruktion der Rothschildschen Gemäldesammlung in Wien. Insgesamt 80 Abbildungen der einst opulenten Sammlung, die von den Nationalsozialisten geraubt, vom Staat Osterreich nur zögerlich restituiert und letztlich in alle Welt verstreut wurde, konnte die Künstlerin recherchieren. Ihre Rekonstruktion verdichtet sich zu einem konzentrierten Bild verdrängter österreichischer Geschichte. Andere Leerstellen der Geschichte hingegen sind Gegenstand der von Johann Schoiswohl erstellten Dia-Serie Nichts gesehen!, die auf einem Fotoalbum einer deutsch-österreichischen Familie aus den Jahren 1939 bis 1955 basiert, aus dem alle Fotos herausgerissen wurden. Ubrig bleiben nur die Bildunterschriften und Kommentare. Der Kunstler befasst sich mit der Rolle von Bildern und Perspektiven bei der Entstehung von kollektiven und persönlichen Erinnerungen. Auch Heribert Friedls Installation coexist entschlüsselt sich nicht auf den ersten Blick. Verschiedene auf die Wand aufgetragene Duftlasuren mussen haptisch aktiviert werden, damit sie als Geruche wahrgenommen werden können. Ob diese dann etwas über den Naschmarkt, den Fiaker-Stand am Stephansplatz, das Cafe Sacher oder die Kaisergruft erzählen, wird Diskussionsgegenstand der Beriecher/innen sein. Anderswo wieder steht ein dunkler Schrank an der Wand. In einer seiner Türen steckt ein Schlüssel, der sich wie von unsichtbarer Hand langsam im Kreise dreht. Die Tur bleibt dennoch geschlossen, denn Leander Schonweger luftet Geheimnisse nicht, sondern erinnert uns daran, dass es sie gibt. Paul Leitners Apparaturen hingegen sind sichtbar und spurbar, wenn sie so wie in seinen the traveler genannten Skulpturen mittels Windkanaltechnik versuchen, natürliche Prozesse in der Schwebe zu halten: Einzelne pflanzliche Flugsamen werden durch Luftstrome fixiert und somit daran gehindert, ihre Reise zu Destinationen ihrer Keimung fortzusetzen. Daneben floriert, fliest, morpht und expandiert eine Natur, die es von Natur aus nicht gibt: Karin Pliems gemalte Kunst- Biotope lassen Pflanzen aus unterschiedlichen Weltteilen und Lebensraumen zusammenkommen, wo sie gemeinsam neue Arten, Hybride und Mutationen generieren. Wahrend die Malerin ihre Vor-Bilder als draußen gefundene Materialien im Atelier versammelt, bringt Michael Heindl Materialien aus seinem Atelier in den Stadtraum, um es dort durch zivilisatorische Errungenschaften modifizieren zu lassen.