[ 46 ] | INTERVIEWeine wissenschaftliche Analyse anwendet,dann kann man sehr schön ökonomische <strong>und</strong>neuroökonomische Prinzipien anlegen. Dochletztendlich bleibt es immer in <strong>der</strong> Analyse desSystems 1 – des Autopiloten.Was bedeutet das?Wir nutzen die Theorie des NobelpreisträgersKahnemann, <strong>der</strong> zwischen zwei Systemen imGehirn unterscheidet, die uns prägen. System 1ist <strong>der</strong> Autopilot im Kopf. Er ist schnell, intuitiv<strong>und</strong> Entscheidungen laufen automatisiert ab.Hier spielt die Marke stark mit rein. System 2ist zum Nachdenken da. Es reagiert auf dieexpliziten Botschaften. Doch ist es fast immernachgelagert <strong>und</strong> nicht <strong>der</strong> Treiber <strong>der</strong> Entscheidung.Es spielt keine herausragende Rolle.Wie untersuchen Sie das Kaufverhalten?Wir konzentrieren uns hauptsächlich auf denAutopiloten <strong>und</strong> wenden hier eine rein konstitutionelleAnalyse an, bei <strong>der</strong> wir die bereitserwähnten Zusammenhänge <strong>von</strong> Belohnung<strong>und</strong> Schmerz untersuchen.Was haben Sie dabei festgestellt?Es geht immer darum, K<strong>und</strong>enziele zu definieren<strong>und</strong> zu erfüllen. Daher muss jedes Unternehmendie Frage des K<strong>und</strong>en beantworten: Wie hilft mirdas Produkt o<strong>der</strong> die Marke etwas zu tun, etwaszu haben, etwas zu sein o<strong>der</strong> zu werden? Dabeisollte man wissen, dass Faktoren wie Sympathie,Ehrlichkeit, Offenheit keine K<strong>und</strong>enziele sind, dassind <strong>Marken</strong>werte. Es besteht die Theorie, dassMenschen mit <strong>Marken</strong> eine Beziehung eingehen.Ich beurteile das als Unsinn. Neuroökonomischgesehen geht es immer um die Frage: Wie hilftmir die Marke, ein Ziel zu erreichen? <strong>Die</strong> Zielekönnen dabei unterschiedlich sein. Zum Beispielgibt es die übergeordneten Ziele Sicherheit, dasBeste zu haben, Anerkennung. Dann gibt es herkömmliche,tangible Ziele, die das Produkt betreffen:beispielsweise, dass eine Maschine funktionieren<strong>und</strong> sehr effizient arbeiten muss. BeiMenschen kommen psychologische Ziele hinzu.<strong>Die</strong>se führen dann zum Kipp-Punkt, dem TippingPoint, <strong>der</strong> dazu führt, dass sich ein K<strong>und</strong>e für dieeine <strong>und</strong> gegen die an<strong>der</strong>e Marke entscheidet.<strong>Die</strong>se Ziele kann man ansprechen.Wie regiert denn das Gehirn beimB2B-K<strong>und</strong>en. Tickt es an<strong>der</strong>s alsdas des Endverbrauchers?In gewisser Weise ja. Denn beim schon erwähntenVerhältnis Belohnung minus Schmerz mussman wissen, dass es den Menschen doppeltso stark motiviert, Schmerz zu vermeiden, alseine Belohnung zu erhalten. Wenn wir Preis mitSchmerz gleichsetzen, was neuropsychologisch<strong>der</strong> Fall ist, dann wird es nicht rational verarbeitet,son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Preis bestimmt die Reaktionendes Gehirns. Hinzu kommt <strong>der</strong> Faktor Unsicherheit.Das menschliche Gehirn versucht in ersterLinie, Unsicherheiten zu vermeiden <strong>und</strong> das Risikozu minimieren. Bevor wir Neues anstrebeno<strong>der</strong> Trends suchen, wollen wir sicher sein, dasswir keine Fehler machen. Das ist im B2B-Bereichdeutlich ausgeprägter als im B2C-Bereich. Darüberhinaus existieren soziale Prozesse. Menschensuchen Anerkennung <strong>und</strong> möchten nichtdas Gesicht verlieren. Das ist im Geschäftsbereichimmer <strong>der</strong> Fall.Wie lässt sich das für Unternehmennutzen?Unternehmen müssen nach den Zielen ihrerK<strong>und</strong>en fragen, die sie mit ihren Produkten <strong>und</strong><strong>der</strong> Marke erfüllen wollen. Dafür ist eine ausführlicheZielanalyse nötig. Mit ihr lässt sichfeststellen, was mit meinen Produkten <strong>und</strong>meiner Marke möglich ist. Das lässt sich mit unterschiedlichenMessmethoden analysieren. Anschließendweiß das Unternehmen, für welcheProdukteigenschaften es steht <strong>und</strong> welche psychologischenZiele die K<strong>und</strong>en mit ihm verbinden.Danach macht sich das Unternehmen aufdie Suche nach Wachstumsmöglichkeiten. ZumBeispiel: Gibt es Ziele, die noch <strong>von</strong> niemandembesetzt werden? Wenn man diese hat, kann dasUnternehmen einen Key Performance Indicator(KPI) entwickeln. Daraus folgt dann ein klassischesVorgehen. Das Unternehmen kann darausdie <strong>Marken</strong>architektur bauen, es intern kommunizieren<strong>und</strong> mit allen üblichen Instrumentenim Marketing-Mix zum Leben erwecken.Lässt sich das wissenschaftlichbegleiten?Ja. Wir nutzen dafür in erster Linie verhaltensbasierteTests. Hierbei wird getestet, wie lange<strong>der</strong> Autopilot im Kopf dominiert. Das lässt sichprüfen, indem wir Fragen stellen, die schnellbeantwortet werden müssen. Benötigt <strong>der</strong> Probandlänger als vier Sek<strong>und</strong>en, wissen wir, dasssein Gehirn spätestens dann mit dem Nachdenkenbeginnt. Er beginnt seine Antwort zu reflektieren<strong>und</strong> zu modulieren. <strong>Die</strong> Antwort wirddamit nicht mehr so glaubwürdig sein.Warum ist das so wichtig?Es ist im Prinzip relativ einfach. Das Gehirntrifft fast immer innerhalb einer Sek<strong>und</strong>e einVorurteil. Öffnet beispielsweise ein K<strong>und</strong>e dieInternetseite eines B2B-Anbieters, dann triffter innerhalb dieser Sek<strong>und</strong>e ein Urteil. Schnellsteht fest, ob die Seite vertrauenerweckend isto<strong>der</strong> ob sie ansprechend ist. <strong>Die</strong>ses Urteil än<strong>der</strong>tsich meist nur noch wenig, wenn wir dieseProbanden eine Minute später befragen. Dasbedeutet aber nicht, dass eine solche Entscheidungirrational o<strong>der</strong> impulsiv ist. Eine ähnlicheSituation haben wir auch auf <strong>der</strong> persönlichenEbene. Kommt jemand in einen Raum, in demmehrere Menschen sitzen, dann fallen auch hierinnerhalb einer Sek<strong>und</strong>e erste Entscheidungenüber die Anwesenden im Raum. Doch bleibenwir beim Beispiel Internetseite. Man sollte berücksichtigen,dass sich die Nutzer auch schonzuvor mit dem Thema o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Firma auseinan<strong>der</strong>gesetzthaben. In <strong>der</strong> Wissenschaft sprichtman deshalb <strong>von</strong> Top-Down-Prozessen. Dassind Prozesse, die vom Gehirn auf die Sinneübertragen werden. Das sollte jedes Unternehmenberücksichtigen.Was folgt daraus für Unternehmen?Sie sollten alles auf die K<strong>und</strong>enziele hin ausrichten.Wenn ich weiß, welche Ziele meine K<strong>und</strong>enverfolgen, kann ich wirklich alles – jeden Text,jede Bildkomposition, jede Broschüre – auf dieseZiele hin prüfen. Ein gutes Prüfinstrument imMarketing ist es beispielsweise, Texte einfachmal wegzulassen, um zu sehen, was das Bildeigentlich kommuniziert. Eine weitere Möglichkeitist, Milchglas darüber zu legen. Damit kannman simulieren, was das Gehirn über das Augewirklich wahrnimmt. Denn wir sehen nicht allesscharf. Es ist immer nur ein DaumennagelgroßerBereich, den wir scharf sehen. Alles an<strong>der</strong>eist erst einmal verschwommen. So siehtes auch <strong>der</strong> Autopilot. Wenn wir die explizitenBotschaften wegnehmen, dann haben wir aufeinmal austauschbare Bil<strong>der</strong> <strong>von</strong> Menschen, diesich die Hände schütteln. O<strong>der</strong> Sie legen maldas Logo des Wettbewerbers drauf. Wenn dasauch funktioniert, sind Sie auch hier austauschbarbeziehungsweise Sie kommunizieren diegleichen Ziele wie die Mitbewerber.Gibt es beson<strong>der</strong>e Merkmale, die einUnternehmen berücksichtigen sollte,wenn es eine Marke etablieren will?Es ist sehr wichtig, die Ziele zu definieren, die esadressieren möchte. Hier sollte sich je<strong>der</strong> Unternehmerfragen, ob sie relevant genug sind <strong>und</strong>ob Sie wirklich etwas Neues schaffen. Bei <strong>der</strong>Umsetzung folgen dann empirische Tests, umfestzustellen, ob Sie Vertrauen erwecken. DennVertrauen gewinnen Sie in erster Linie, wenn Sierelevant <strong>und</strong> glaubwürdig sind. Zudem musssich das Unternehmen <strong>von</strong> an<strong>der</strong>en unterscheiden,an<strong>der</strong>e K<strong>und</strong>enziele ansprechen. Betrachtetman den Nutzfahrzeugmarkt, dann wird esfür neue Unternehmen schwer, eine Marke zuetablieren. Denn wie schon zu Beginn erwähnt:„The winner takes it all.“Herr Dr. Scheier, herzlichen Dankfür das Gespräch.<strong>Die</strong> <strong>Besten</strong> <strong>Marken</strong> <strong>2015</strong>
Liebe Leser,seit Bestehen <strong>der</strong> ETM-<strong>Leserwahl</strong> »<strong>Die</strong> besten <strong>Marken</strong>«haben Sie uns in <strong>der</strong> Kategorie »Tuning & Styling« 11 Malauf Platz 1 gesetzt. <strong>Die</strong>s macht uns stolz <strong>und</strong> dankbar.Für uns ist Ihre Wahl die Bestätigung unserer Arbeit <strong>und</strong>zugleich Motivation. Wir sehen uns als Partner <strong>der</strong> Fahrersowie <strong>der</strong> gesamten Nutzfahrzeugbranche. Uns liegt vieldaran, für Sie auch in Zukunft innovative <strong>und</strong> qualitativhochwertige Produkte mit hohem Anwen<strong>der</strong>nutzen zuentwickeln.Wir sagen DankeSchön.www.hs-schoch.de<strong>2015</strong>2005 –<strong>2015</strong>HS-Schoch GmbHLKW-ZubehörTruckstylingAm Mühlweg 273466 Lauchheim