A L END ER | P L ANER | SC HR EIB T ISC H UN T ER L A G EN
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Jeder für sich und keiner fürs<br />
Ganze? Klar, nur an sich zu<br />
denken, gilt als unanständig. Aber die<br />
moralische Bewertung eines Denkprozesses,<br />
wenn in dessen Rahmen von<br />
Führungskräften das „große Ganze“ heranzitiert<br />
wird, fällt doch wohl deutlich<br />
schwieriger aus. Meist ist es schließlich<br />
die Firma, die als solches gilt. Gerne<br />
auch der Markt. Sie sind es, die im Wirtschaftsalltag<br />
des 21. Jahrhunderts die<br />
Entfremdung selbst von engsten Freunden<br />
rechtfertigen. Nicht aus Egoismus,<br />
der bekanntlich unanständig ist, sondern<br />
selbstverständlich ausschließlich aus<br />
Entschlossenheit dem großen Ganzen<br />
gegenüber. Und damit hebt sie sich, die<br />
Schranke zwischen Gut und Böse.<br />
Ob dies hier ein böses Plädoyer für ein<br />
„Jeder für sich“ sein soll? Keineswegs.<br />
Denn schließlich lehrt uns die Physik,<br />
dass das Ganze oft weniger ist als die<br />
Summe seiner Teile. Weil Masse und<br />
Kraftaufwand in Relation stehen, kann<br />
es sich lohnen zu teilen. Allein, um aus<br />
vielen kleinen Elementen ein umso kräf-<br />
tuell<br />
tigeres, also gutes Ganzes zu erhalten.<br />
Der entscheidende Einfl ussfaktor dabei<br />
nennt sich Bindungsenergie. Und diese<br />
ist heutzutage eine knappe Ressource.<br />
Insbesondere für Führungskräfte.<br />
Das weiß beispielsweise auch unsere<br />
Frau Bundeskanzlerin. Als gelernte<br />
Physikerin hat sie kürzlich vorgeführt,<br />
dass sie besagte Bindungsenergie sogar<br />
regenerativ erzeugen kann. Und entfernte<br />
damit den NRW-Wahlverlierer aus<br />
ihrer Kabinettsmasse. In der jetzt neuen<br />
Summe der Ministerteile, allesamt Lieblingsteile,<br />
hat sie das Ganze nunmehr für<br />
sich. Damit ist sie eine fürs Ganze. Zumindest<br />
für sich.<br />
Oder fragen Sie doch Facebook-Gründer<br />
Marc Zuckerberg, was er, heute,<br />
nach dem Börsengang seines Unternehmens,<br />
von Egoismus in Führungsetagen<br />
hält. Der frischgebackene Börsenmilliardär<br />
wird seinem gesamten sozialen<br />
Netzwerk posten: „Teilen macht Spaß“.<br />
Und wir werden mit Sicherheit wie auf<br />
Kommando klicken: Gefällt mir. Anständig,<br />
wie wir nun `mal sind.<br />
AN <strong>UN</strong>D FÜR SICH FÜRS GANZE<br />
KOLUMNE<br />
MATTHIAS CIESLAK<br />
KOLUMN<strong>EN</strong>-FEEDBACK:<br />
M.CIESLAK@WIRT<strong>SC</strong>HAFT-REGIONAL.NET<br />
WIR 06 05 | 2012 17