Aller Anfang ist Bildung. - Deutsche Kinder und Jugendstiftung
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Ein <strong>Anfang</strong>... für Veränderungen<br />
Ein <strong>Kinder</strong>garten in der Randsiedlung einer deutschen Großstadt. Wer in<br />
dieser Gegend wohnt, tut das nicht freiwillig. Die Chance, dass später eines<br />
der Kitakinder nach einem erfolgreichen Schulabschluss Lehrer, Poliz<strong>ist</strong>in,<br />
Elektriker oder Krankenschwester wird, <strong>ist</strong> erschreckend gering.<br />
Sagt die Stat<strong>ist</strong>ik. Man <strong>ist</strong> geneigt, ihr zuzustimmen, liest man die soziodemographischen<br />
Daten für den Stadtteil <strong>und</strong> schaut sich die fahlen Neubaublöcke<br />
r<strong>und</strong>herum an. Darunter den, wo in einer dunklen, ehemaligen<br />
Wohnung der <strong>Kinder</strong>garten untergebracht <strong>ist</strong>. Wenn man aber die<br />
Mädchen <strong>und</strong> Jungen beim Spielen <strong>und</strong> Lernen beobachtet, wenn man<br />
die Leiterin <strong>und</strong> ihr Team befragt <strong>und</strong> mit den Eltern spricht, gewinnt<br />
man Hoffnung, dass auch eine andere Realität möglich <strong>ist</strong>. Hier wie an<br />
jedem anderen Ort in unserem Land. Was also können <strong>und</strong> müssen wir<br />
tun, um den Status quo zu ändern? Das sind die Fragen, die uns bei der<br />
<strong>Deutsche</strong>n <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendstiftung</strong> umtreiben. Allen <strong>Kinder</strong>n gute<br />
Bedingungen zum Aufwachsen <strong>und</strong> Lernen zu geben, bleibt das große<br />
Ziel der Stiftung. Es <strong>ist</strong> wichtiger denn je, auch wenn es in seiner Dimension<br />
visionär erscheint. Eine Übersetzung, wie sie in Programmen der<br />
DKJS realisiert wird, heißt: <strong>Kinder</strong> erleben zu lassen, dass sie willkommen<br />
sind, dass sie etwas können <strong>und</strong> sie einladen, an unserer Gesellschaft<br />
teilzuhaben.<br />
Ob das gelingt, hängt nicht in erster Linie an Baulichkeiten oder Gesetzen,<br />
sondern an Menschen. Mutigen, starken <strong>und</strong> manchmal auch verzweifelten<br />
Menschen wie den Kitamitarbeiterinnen <strong>und</strong> -mitarbeitern in meinem<br />
Beispiel. Sie müssen täglich damit umgehen, dass sich kleine <strong>Kinder</strong><br />
anders verhalten, wenn ihr Aufwachsen durch Unsicherheit, Armut<br />
oder Gewalt geprägt <strong>ist</strong>, <strong>und</strong> sie sich fühlen müssen wie angeschwemmtes<br />
Treibholz. Wie groß ihre eigene Verantwortung für diese Heranwachsenden<br />
<strong>ist</strong>, spüren die Pädagogen jeden Tag. Das kann erdrückend sein.<br />
Oder zum Antrieb werden, selbst etwas zu verändern: Die Kitaleiterin hat<br />
viel Neues angestoßen in den letzten Jahren. Besonders wichtig <strong>ist</strong> ihr die<br />
Zusammenarbeit mit der nahen Gr<strong>und</strong>schule <strong>und</strong> anderen Kitas in einer<br />
gemeinsamen Lernwerkstatt. Das hilft den <strong>Kinder</strong>n, nicht schon in den<br />
ersten Monaten am System Schule zu scheitern <strong>und</strong> den Lehrkräften, einzelne<br />
Schulanfänger gezielt zu fördern. Und es macht die Schultern ein<br />
wenig breiter, wenn man sich unter Kollegen austauschen kann.<br />
Das Thema Veränderung zieht sich als roter Faden durch das Jahrbuch.<br />
So zeigt die Fotoserie diesmal keine <strong>Kinder</strong>, sondern ausschließlich<br />
Erwachsene. Sie stehen exemplarisch für jene, die junge Menschen<br />
direkt begleiten oder in Schlüsselfunktionen der umgebenden Systeme<br />
bestimmen, ob <strong>und</strong> wie <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendliche gefördert werden. In unseren<br />
Programmen arbeiten wir mit vielen solcher erwachsenen Begleiter<br />
<strong>und</strong> Entscheider zusammen: Erzieher, Lehrkräfte, Eltern, Sozialarbeiter,<br />
Mitarbeiter <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen der <strong>Bildung</strong>sverwaltung, Bürgerme<strong>ist</strong>er…<br />
Der DKJS <strong>ist</strong> es wichtig, ihre Bedürfnisse ernst zu nehmen, auf ihre<br />
Erfahrungen zu bauen <strong>und</strong> ihre Arbeit zu unterstützen. Wir wollen den<br />
Akteuren von Veränderung Gestaltungsspielräume für eigene Lösungen<br />
eröffnen, sie miteinander ins Gespräch bringen <strong>und</strong> sie letztlich zu<br />
Änderern des Systems machen. Das Jahrbuch erzählt von Menschen, die<br />
sich entschieden haben, als Subjekt der Veränderung zu handeln <strong>und</strong> eingefahrene<br />
Pfadabhängigkeiten zu durchbrechen. Das erfordert Mut <strong>und</strong><br />
Kraft, denn jede Veränderung führt in unbekanntes Gelände, vertraute<br />
Muster gelten nicht mehr, <strong>und</strong> jeder, der sich auf einen Wandel einlässt,<br />
kann auch verlieren.<br />
Es reicht nicht zu konstatieren, dass sich etwas ändern muss. Gebraucht<br />
werden Handlungsmut <strong>und</strong> Lösungsorientierung quer durch alle Ebenen<br />
unserer Gesellschaft. Die Bereitschaft dazu <strong>ist</strong> da. Das merken wir an<br />
vielen Stellen wie den Zukunftskonferenzen im Rahmen von Anschwung<br />
für frühe Chancen. Damit konnte die DKJS Kommunen in ganz Deutschland<br />
einladen <strong>und</strong> ihnen Kraft geben, den ersten Schritt für eine bessere<br />
Förderung ihrer jüngsten Einwohner zu gehen. Die Nachfrage war groß<br />
<strong>und</strong> die 60 Konferenzen im Nu vergeben. Ich freue mich auf die Initiativen,<br />
die daraus wachsen, <strong>und</strong> bin mir sicher, dass neben Zukunftsvisionen<br />
auch ganz konkrete Verabredungen entstehen werden.<br />
Nicht verändert hat sich, dass die <strong>Deutsche</strong> <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendstiftung</strong><br />
Partner <strong>und</strong> Unterstützer braucht, die unsere Vision teilen, allen <strong>Kinder</strong>n<br />
gute <strong>Bildung</strong>schancen zu ermöglichen. Deshalb: Herzlichen Dank für Ihr<br />
Engagement!<br />
Ihre Heike Kahl<br />
Mehr Veränderung in: Themenheft 14 <strong>und</strong> 15 der Schriftenreihe „Ideen für mehr! Ganztägig<br />
lernen.“ zu Veränderungen an Ganztagsschulen oder „Steuerung im <strong>Bildung</strong>swesen“.<br />
www.dkjs.de/Publikationen<br />
Petra Czuratis, 53, Bernburg, <strong>Bildung</strong>sdezernentin<br />
Drei Landkreise fusionieren zu einem. „Veränderung war in diesem Fall einfach notwendig <strong>und</strong> ließ sich nicht vermeiden“,<br />
sagt Petra Czuratis. Sie <strong>ist</strong> die Dezernentin für Jugend, Familie <strong>und</strong> <strong>Bildung</strong> im 2007 neu entstandenen Salzlandkreis.<br />
Aus drei unterschiedlichen Regionen wollte sie damals eine <strong>Bildung</strong>slandschaft formen. Nicht dreien das Konzept<br />
einer überstülpen, „sondern in allen dreien das finden, was am besten funktioniert hat, <strong>und</strong> daraus etwas gänzlich<br />
Neues bauen“, sagt die 53-Jährige. Im „Kleinen“ <strong>ist</strong> das der Campus Technicus, eine Fusion aus drei Schulen in neuer,<br />
offener Architektur im Zentrum der Kreisstadt. Weitergedacht soll der Campus Ausgangspunkt für eine vielfältige<br />
<strong>Bildung</strong>slandschaft in Bernburg <strong>und</strong> im gesamten Landkreis werden. „Wenn der Landkreis wüsste, was der Landkreis<br />
weiß“ sei ihr Motto, sagt die Dezernentin. Nicht nur <strong>Kinder</strong> möchte sie für das Lernen bege<strong>ist</strong>ern. „Wir müssen die Eltern<br />
<strong>und</strong> die Großeltern genauso mit ins Boot holen“, meint Petra Czuratis. Lebenslang <strong>und</strong> ganzheitlich im gesamten<br />
Salzlandkreis lernen zu können, das <strong>ist</strong> das Ziel der Dezernentin. „Dort sind wir noch lange nicht angekommen“, sagt<br />
sie. „Aber die bisher angestoßenen Veränderungen erfreuen sich inzwischen zunehmender Akzeptanz.“<br />
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