Tradition und Erneuerung im heutigen ... - Froburger Olten
Tradition und Erneuerung im heutigen ... - Froburger Olten
Tradition und Erneuerung im heutigen ... - Froburger Olten
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
von Studentenliedern verfasst, der in<br />
seiner musikalischen <strong>und</strong> dichterischen<br />
Fülle <strong>und</strong> Qualität schwer zu übertreffen<br />
ist. Das «Schweizer Commers<br />
Buch“ der Schweiz. Vereinigung für<br />
Studentengeschichte SVSt trägt den<br />
Besonderheiten des Schweizer Kantus’<br />
Rechnung. Im letzten Jahrh<strong>und</strong>ert sind<br />
viele Kantusprügel neu aufgelegt worden.<br />
Es sind auch Studentenliedtexte<br />
<strong>im</strong> Taschenformat erschienen, neuerdings<br />
u.a. die «Hammer-Cantusprügel»<br />
von Wolfram Martel (AV Steinacher <strong>und</strong><br />
Corona Sangallensis), wo lateinische<br />
Wörter sogar übersetzt sind.<br />
Ausser neuen Couleurstrophen, der<br />
Vertonung bestehender Lyrik <strong>und</strong><br />
der Erweitertung von Liedern ist seit<br />
Jahrzehnten kein couleurstudentisches<br />
Lied mit überregionaler Verbreitung<br />
mehr entstanden. Der vor 100 Jahren<br />
geschaffene Kantus „Student sein,<br />
wenn die Veilchen blühen“ dürfte einer<br />
der letzten gewesen sein. Ganz anders<br />
als be<strong>im</strong> Kantus entstanden <strong>im</strong> letzten<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert unzählige <strong>und</strong> z.T. neuartige<br />
Volks-, Soldaten- <strong>und</strong> Kirchenlieder,<br />
einbezogen die geistlichen Gesänge<br />
von Taizé oder der Gospel aus der<br />
afroamerikanischen Kirchenkultur.<br />
Gleichzeitig ist eine hohe Anzahl neuer<br />
Volkslieder dazugekommen, Tausende<br />
von französischen Chansons beglücken<br />
<strong>im</strong>mer noch die bürgerliche<br />
Gesellschaft <strong>und</strong> in der neuen Welt<br />
spielt man H<strong>und</strong>erte von Standards<br />
aus dem „Great American Song Book“,<br />
wobei alle Schichten die Evergreens<br />
kennen <strong>und</strong> auch singen.<br />
R<strong>und</strong> um den Alkohol<br />
Der Student sei «einer, der auf der<br />
Hochschule sich studienhalber aufhält,<br />
raucht, sauft, pusirt, studirt <strong>und</strong><br />
renommirt», sagt Johannes Vollmann<br />
alias Johannes Grässli in seinem 1846<br />
in Ragaz erschienenen «Burschicosen<br />
Wörterbuch». Der Couleurstudent<br />
hat hedonistische Neigungen <strong>und</strong><br />
will Grenzen erfahren. Am Biertisch<br />
herrscht ein gewisser Gruppendruck<br />
<strong>und</strong> wenn Mitglieder auf Anordnung ein<br />
best<strong>im</strong>mtes Quantum zu trinken haben,<br />
ist gelegentlich von «Trinkzwang» die<br />
Rede. Im Komment selbst habe ich den<br />
Ausdruck vergebens gesucht. Gemäss<br />
Golücke sprach man Ende des 19. Jh.<br />
vom Trinkzwang, als einige Esswirte<br />
aus Renditegründen verlangten, dass<br />
zum Essen Bier getrunken werde.<br />
Wer als Couleurstudent nach einem<br />
Absturz in stiller Kammer Busse tut,<br />
lernt allmählich mit seiner Freiheit sinnvoll<br />
umzugehen. Der Komment sorgt<br />
für geordnete Verhältnisse <strong>und</strong> schafft<br />
bei spielerischer Anwendung ein Kl<strong>im</strong>a<br />
geselligen Zusammenseins. Wer sich<br />
den Spielregeln eines vernünftig angewandten<br />
Komments nicht unterordnen<br />
will, gehört nicht in eine Verbindung.<br />
Wo der Präsident Anarchie duldet, geht<br />
die Verbindungsgemeinschaft zugr<strong>und</strong>e.<br />
Für Chaoten <strong>und</strong> Süchtige ist die<br />
Studentenverbindung ohnehin der falsche<br />
Verein.<br />
In der zweiten Hälfte des 19. Jh. führte<br />
der Alkoholismus zur Verelendung<br />
der unteren Gesellschaftsschichten.<br />
Umgerechnet wurden 27 l reiner<br />
Alkohol pro Kopf der Bevölkerung getrunken,<br />
dre<strong>im</strong>al mehr als heute. Eine<br />
Abstinentenverbindung an der Uni Basel<br />
bezeichnete den Alkohol als suchterzeugendes,<br />
physiologisches Gift, als soziale<br />
Droge. Seit den 1960er-Jahren sind<br />
die abstinenten Farbenverbindungen<br />
bedeutungslos. Anderseits beginnt heute<br />
der Alkoholkonsum schon bei den<br />
13jährigen Buben <strong>und</strong> Mädchen. Der<br />
Schweizerische Studentenverein StV<br />
offeriert seit Jahren allen Mittelschulen,<br />
Kantonsschulen <strong>und</strong> Gymnasien<br />
Suchtmittel-Präventionstage an, wo<br />
auch auf den Umgang mit Alkohol eingegangen<br />
wird.<br />
Couleurstudenten trinken vorwiegend<br />
Bier. Schon die Babylonier, Aegypter<br />
D E R F R O B U R G E R 6