48 Das Maßhemd
– Prolog – Mit Haifisch nach Kent � 1871 ließ der englische Hemden<strong>schneider</strong> Brown, Davis & Co. das erste Hemd mit durchknöpfbarer Brust registrieren. Vorher zog man es stets über den Kopf! Bis ins 18. Jahrh<strong>und</strong>ert hinein zählte das Hemd übrigens zur Unterwäsche. Dies erklärt, warum es auch heute noch zu bestimmten Anlässen als „unfein“ gilt, wenn man sich unaufgefordert seiner Jacke entledigt. Als Inbegriff der Vornehmheit galt bis zum Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts das weiße Hemd. Nur wer über genügend Geld verfügte, seine Hemden regelmäßig reinigen zu lassen, <strong>und</strong> zudem genügend Exemplare zum Wechseln besaß, konnte es sich leisten, weiße Hemden zu tragen. Dies erklärt vielleicht, warum bis heute das weiße Hemd als besonders fein gilt <strong>und</strong> Weiß zur offi ziellen Garderobe (Frack, Cut, Smoking) die einzig erlaubte Farbe darstellt. Gestreifte Hemden kamen erst mit Beginn des letzten Jahrh<strong>und</strong>erts in Mode. Sie hatten es jedoch zunächst schwer, sich im Geschäftsleben zu behaupten, <strong>und</strong> so wurden die bunten Hemden mit weißen Krägen <strong>und</strong> weißen Manschetten versehen. Eine Eigenart, die in informierten Kreisen derzeit wieder – wie zuvor schon in den 1980ern – eine Renaissance erfährt. Als wesentliches Stilmerkmal eines Hemdes gilt der Kragen. Prinzipiell ist zwischen Steh- <strong>und</strong> Umlegekragen zu unterscheiden. Bis zum Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts dominierte der Stehkragen die Mode, er wurde jedoch sukzessive vom Umlegekragen verdrängt. Seit den dreißiger Jahren des letzten Jahrh<strong>und</strong>erts wird der Stehkragen – häufi g als Vatermörder tituliert – nur noch zum Smoking <strong>und</strong> zum Frack getragen. Das Hemd, wie wir es heute kennen, hat sich seit Ende des Ersten Weltkriegs kaum noch verändert. Lediglich die als etwas rustikal geltende Brusttasche ist in den 1960ern – mit dem schleichenden Rückzug der Anzugsweste – neu hinzugekommen. Elegante Hemden haben jedoch auch heute keine Brusttasche. Was zeichnet ein Maßhemd aus? Ein Maßhemd ist vor allem eins: bequem! Dazu gehört so viel Weite, dass man einen Finger zwischen Hals <strong>und</strong> Kragen schieben kann. Die Manschette lugt immer etwa einen Zentimeter unter dem Sakkoärmel heraus, die Manschettenweiten sind an den individuellen Handgelenksumfang angepasst (die linke etwas weiter – je nach Stärke der Armbanduhr), die Ärmellöcher sind eng geschnitten <strong>und</strong> geben dadurch mehr – <strong>und</strong> nicht, wie häufi g vermutet, weniger Bewegungsfreiheit. Das Hemd schmiegt sich – das ist auch für den Sitz des Anzugs wichtig – perfekt um Brust <strong>und</strong> Taille <strong>und</strong> selbst über den Bauch. Ein Zwickel verstärkt die Seitenteilnaht des Hemdes. Wer den alltäglichen Kampf mit zu kurzen Ärmeln oder engen Kragen kennt, weiß die Annehmlichkeiten eines handgefertigten Maßhemds zu schätzen, das auch nach 14 St<strong>und</strong>en weder schabt noch kneift. Ein solches sorgfältig verarbeitetes Stück ist kaum teurer als ein vernünftiges Hemd von der Stange. Und zudem deutlich individueller auf Ihren Geschmack, Ihre Garderobe <strong>und</strong> Ihre Persönlichkeit abgestimmt. Gr<strong>und</strong>sätzlich haben Sie drei Möglichkeiten, die Maße Ihres Hemdes zu defi nieren: 1. Sie haben bereits ein Hemd, das Ihnen besonders gut passt. Um sich die leidige Selbstvermessung mit ihren Tücken <strong>und</strong> Fehlerquellen zu ersparen, schicken Sie uns einfach Ihr Lieblingshemd zu, wir vermessen es <strong>und</strong> schicken es Ihnen mit den neuen Hemden zu. 2. Sie besuchen uns in einem unserer Ateliers oder bei unseren Maßtagen in Ihrer Stadt, <strong>und</strong> unsere erfahrenen Maß<strong>schneider</strong> vermessen Ihre exakten Hemdenmaße. 3. Sie haben gute Erfahrungen mit Standardgrößen gemacht, wünschen sich aber ein Hemd nach Ihren Vorstellungen. Dann wählen Sie entsprechend Ihrer Kragenweite eine Standardgröße aus <strong>und</strong> wir fertigen nach den Standardmaßen ein Hemd individuell nach Ihren Vorstellungen. Bestellung leicht gemacht: Können Sie sich mit unserem blauen Hemden-Bestellformular nicht so recht anfre<strong>und</strong>en, reicht es uns, wenn Sie uns die Kürzel der gewünschten Kragenformen (K1–K12), Manschetten (M1–M12), Knopfl eisten (L1–L5), Rückenmodelle (R1-R5) etc. sowie die gewünschte Hemdenstoff-Nummer mitteilen. Wir senden Ihnen dann vor Anfertigung eine übersichtliche Auftragsbestätigung zur Kontrolle zu! Sollten Sie uns Teilentscheidungen überlassen, wählen wir für Sie jeweils die mit pinkfarbenen Untertiteln versehenen Optionen aus. 49