BMG Modellprojekte Band 8 - Kuratorium Deutsche Altershilfe
BMG Modellprojekte Band 8 - Kuratorium Deutsche Altershilfe
BMG Modellprojekte Band 8 - Kuratorium Deutsche Altershilfe
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8<br />
BAND<br />
<strong>BMG</strong> <strong>Modellprojekte</strong><br />
Eine Dokumentation zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
HAUSGEMEINSCHAFTEN<br />
Die 4. Generation des Altenpflegeheimbaus<br />
Das Bundesministerium für Gesundheit<br />
Architektur<br />
Raumprogramm<br />
Projektbeispiele<br />
Leistungsangebote<br />
Personalkalkulation
Hausgemeinschaften · Die 4. Generation des Altenpflegeheimbaus<br />
„Sie hören<br />
das Brutzeln des Fleisches,<br />
sie riechen<br />
den Braten und<br />
den ofenfrischen Kuchen.“
8<br />
BAND<br />
<strong>BMG</strong> <strong>Modellprojekte</strong><br />
Eine Dokumentation zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
HAUSGEMEINSCHAFTEN<br />
Die 4.Generation des Altenpflegeheimbaus<br />
Das Bundesministerium für Gesundheit<br />
Architektur<br />
Raumprogramm<br />
Projektbeispiele<br />
Leistungsangebote<br />
Personalkalkulation<br />
Hans-Peter Winter<br />
Rolf Gennrich<br />
Peter Haß
Herausgeber:<br />
Das Bundesministerium für Gesundheit<br />
Erarbeitet vom<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />
Wilhelmine-Lübke-Stiftung e.V.<br />
An der Pauluskirche 3<br />
50677 Köln<br />
Telefon: 0221/9318 47-0<br />
Fax: 0221/9318 47-6<br />
Internet: http://www.kda.de<br />
E-Mail: architecture@kda.de<br />
Projektleitung:<br />
Hans-Peter Winter<br />
in Zusammenarbeit mit Rolf Gennrich<br />
Projektbearbeitung:<br />
Peter Haß<br />
Redaktion:<br />
Hans-Peter Winter, Rolf Gennrich, Peter Haß<br />
in Zusammenarbeit mit<br />
Gisela Crusius, Beatrix Michels, Ulrich Rieger, Christine Sowinski<br />
Typografie, Layout und digitale Realisation:<br />
Bernd Fischer, Evelyn Gabnach, Brigitte Jumpertz<br />
Produktion:<br />
Print Media Design Fischer<br />
Bischofsweg 48 –50<br />
50969 Köln<br />
Alle Rechte inklusive fotomechanischer<br />
Wiedergabe und Digitalisierung sowie<br />
Übersetzung vorbehalten<br />
©<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />
Köln, 2000<br />
Die Modellvorhaben und deren Dokumentation<br />
wurden realisiert mit finanzieller Unterstützung<br />
des Bundesministeriums für Gesundheit<br />
Referat 124, Am Probsthof 78a, 53108 Bonn
Inhaltsverzeichnis<br />
Vorwort Seite 7<br />
Einleitung Seite 8<br />
Kapitel 1<br />
Die Komponenten von Hausgemeinschaften Seite 17<br />
Kennzeichen von Hausgemeinschaften<br />
Architektur und Raumprogramm<br />
Variationen beim Bau von Hausgemeinschaften<br />
Zwischenschritte zur Hausgemeinschaft<br />
Kapitel 2<br />
Personalfragen und -kalkulation Seite 41<br />
Leitgedanken<br />
Personalkalkulation<br />
Perspektiven<br />
Besetzungspläne<br />
Tätigkeitsprofile<br />
Kapitel 3<br />
Projektbeispiele Seite 57<br />
Seniorenzentrum „Caroline Bertheau“ Berlin<br />
Seniorenwohnpark Dießen am Ammersee<br />
BRK-Altenheim Altötting<br />
Anhang<br />
Literatur und Quellen Seite 74
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
die Römer haben uns die Weisheit hinterlassen:<br />
Carpe Diem! – Nutze den Tag!<br />
Mit zunehmendem Alter kann ein jeder von uns<br />
diesen Gedanken neu reflektieren. Dabei werden<br />
die Antworten auf diese Reflexion von Lebensalter<br />
zu Lebensalter anders ausfallen. Ältere Menschen<br />
werden hierzu ihre eigenen Lebenserfahrungen<br />
und Lebenserwartungen anders einbringen<br />
als Jüngere. Die Normalität des alltäglichen<br />
Lebens erfährt Akzente, die sich auch in der Wahl<br />
des Wohnens niederschlagen. Jeder Mensch<br />
braucht ein Zuhause. Damit eine Wohnung ein<br />
Zuhause wird, bedarf es Räumen, die man mit<br />
dem eigenen Ich identifizieren kann. Darin unterscheidet<br />
sich Alt von Jung grundsätzlich nicht.<br />
Wichtig ist, daß das Zuhause mit den eigenen<br />
Lebensbedürfnissen übereinstimmt. In dieser<br />
grundsätzlichen Forderung unterscheiden sich<br />
Hausgemeinschaften im Pflegeheim nicht von<br />
Wohnanforderungen allgemeiner Art. Hausgemeinschaften<br />
bilden den Alltag ab, sollen Identifikation<br />
zulassen und ein Wohlgefühl für den einzelnen<br />
Bewohner ausstrahlen.<br />
Das Bundesministerium für Gesundheit legt<br />
zusammen mit dem <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />
den achten <strong>Band</strong> über die <strong>Modellprojekte</strong><br />
zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
vor. Was bereits im siebten <strong>Band</strong> begonnen wurde,<br />
wird nunmehr mit einem weiteren thematischen<br />
Schwerpunktband fortgesetzt. Hausgemeinschaften<br />
sind das zentrale Thema einer<br />
neuen Wahrnehmung von Pflegeeinrichtungen.<br />
Hausgemeinschaften versuchen das Leben, das<br />
der Pflegebedürftige vor seinem Heimaufenthalt<br />
zu Hause geführt hat, in das Pflegeheim zu übertragen.<br />
Auch pflegebedürftige Menschen beanspruchen<br />
für ihr Leben ein hohes Maß an Normalität.<br />
Dies will und soll die Hausgemeinschaft<br />
abbilden. Pflegebedürftige pochen zu Recht wie<br />
jeder von uns auf ihre Selbstständigkeit und<br />
Eigenverantwortlichkeit. Sie wollen ihr Leben in<br />
eigener Regie führen, selbst wenn Hilfe, Betreuung<br />
und Pflege notwendig werden. Allen Hausgemeinschaften<br />
ist gemeinsam, dass in ihnen<br />
Hauswirtschaft mit der pflegerischen und psychosozialen<br />
Betreuung Hand in Hand gehen.<br />
Keins der Aufgabenfelder hat ein grundsätzliches<br />
Übergewicht, sie bedingen und ergänzen einander.<br />
Auch für die Gruppe der in einer Hausgemeinschaft<br />
mit unterschiedlichen Pflegebedürftigkeiten<br />
lebenden Menschen gilt Carpe Diem.<br />
Nutze den Tag mit den verbleibenden Kompetenzen<br />
im Zusammenspiel mit den Angeboten der<br />
sie umgebenden Professionen. Wichtig ist, dass<br />
Hausgemeinschaften eine Art Lebensphilosophie<br />
beinhalten, die Nähe, aber auch Distanz ermöglicht.<br />
Das Ermöglichen eines Nähe-Distanz-<br />
Wohnumfeldes ist Aufgabe der Hausgemeinschaft.<br />
Es schafft Raum, sich zu Hause zu fühlen,<br />
indem man sich vom anderen angenommen<br />
fühlt. Das Alleinsein ist möglich, aber man<br />
braucht es nicht zu fürchten. Das Carpe Diem der<br />
Römer bedarf im Alter weniger der Burschikosität<br />
der jüngeren Jahre als vielmehr des Mutes zum Ja<br />
für jeden Tag. Hausgemeinschaften können hierfür<br />
den Rahmen schaffen.<br />
Das Bundesministerium für Gesundheit<br />
begleitet die Idee der Hausgemeinschaft ideell<br />
und finanziell durch das Modellprogramm zur<br />
Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger.<br />
Dadurch ist in Deutschland der Modellcharakter<br />
der Hausgemeinschaft als eine neue, andere<br />
Form des Zusammenlebens Pflegebedürftiger<br />
zum Standardprogramm geworden. Damit verhelfen<br />
wir Pflegebedürftigen zu der Möglichkeit,<br />
mitten in unserem sozialen Leben ihren Platz zu<br />
beanspruchen.<br />
Klaus Feckler<br />
Bundesministerium für Gesundheit<br />
Vorwort<br />
7
8<br />
Einleitung<br />
Die 1. Generation des Pflegeheimbaus<br />
bis Anfang der 60er Jahre<br />
…pflegebedürftiger „Insasse” wird „verwahrt”<br />
Die 2. Generation des Pflegeheimbaus<br />
60er und 70er Jahre<br />
…pflegebedürftiger „Patient” wird „behandelt”<br />
Leitbild:<br />
Krankenhaus<br />
• Optimierung von Teilaspekten<br />
der Pflegeabläufe<br />
(zum Beispiel Fäkalienbeseitigung)<br />
• Überbetonung der Technik<br />
• Stereotype räumliche<br />
Organisation<br />
• Reaktive Pflege (Funktionsmängel<br />
der Alten werden<br />
als gegeben angenommen<br />
• Rehabilitation erfolgt außerhalb<br />
der Station<br />
Die 3. Generation des Pflegeheimbaus<br />
80er und 90er Jahre<br />
…pflegebedürftiger „Bewohner” wird „aktiviert”<br />
Leitbild:<br />
Wohnheim/Wohnhaus<br />
• Versuch, Wohnbedürfnisse<br />
und Pflegeanforderungen<br />
zu verbinden<br />
• Diskretes Angebot der<br />
technischen Versorgung<br />
• Räumliche Gestaltung<br />
des Wohnumfeldes<br />
Leitbild:<br />
Verwahranstalt<br />
• Aus hohem Bedarf und<br />
wirtschaftlichen Zwängen<br />
resultierende einfachste<br />
Versorgungsform<br />
• Extrem hohe Belegungsdichte<br />
• Räumliche Enge<br />
• Minimale technische<br />
Ausstattung<br />
• Erschwerte Pflege<br />
• Motivation zur Selbstständigkeit<br />
• Aktivierung im<br />
Wohnbereich<br />
• Mehr Individualität/<br />
Privatheit<br />
• Mehr Kommunikation
Die 4. Generation des Pflegeheimbaus<br />
ab Ende der 90er Jahre<br />
„Alte Menschen erleben Geborgenheit und Normalität“<br />
Auf dem Weg zur vierten Generation im Pflegeheimbau<br />
Zu den Entwicklungen im<br />
Altenpflegeheimbau<br />
Die Entwicklung des Altenpflegeheimbaus hat in<br />
der Bundesrepublik Deutschland mehrere Stadien<br />
mit je verschiedener Schwerpunktbildung<br />
durchlaufen. Die Pflegeheime der ersten Generation<br />
wurden nach dem Muster von Verwahranstalten<br />
gebaut. Darauf folgte ungefähr mit<br />
Beginn der sechziger Jahre eine zweite Generation<br />
von Pflegeheimen, die – dem Reha-Gedanken<br />
folgend – nach dem Modell von Krankenhäusern<br />
errichtet wurden. Danach nahmen die<br />
Pflegeheime der dritten Generation in den achtziger<br />
Jahren mehr den Charakter von Wohnheimen<br />
beziehungsweise Wohnhäusern an, in<br />
denen vordringlich Wohn- und Pflegeplätze in<br />
Wohngruppen angeboten wurden, die sich zu<br />
Wohnbereichen addierten. Die Linie dieser heute<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
Leitbild:<br />
Familie<br />
• Die Architektur orientiert<br />
sich an einer Wohnung<br />
• Auflösung der Anstaltsstrukturen<br />
durch Abbau<br />
zentraler Versorgung<br />
• Kleine familienähnliche<br />
Gruppen mit permanent<br />
anwesender Bezugsperson<br />
• Die Aktivitäten orientieren<br />
sich an einem normalen<br />
Haushalt, die Pflege tritt in<br />
den Hintergrund<br />
• Jede Hausgemeinschaft ist<br />
autonom und kann im Verbund<br />
mit anderen oder<br />
einem Dienstleistungszentrum<br />
geführt werden<br />
• Hausgemeinschaften verstehen<br />
sich als quartiersbezogene<br />
Wohnangebote<br />
für Pflegebedürftige<br />
als „klassisch” anzusehenden Heime wieder verlassend,<br />
vollzieht die jüngere Geschichte des<br />
Altenpflegeheimbaus seit etwa drei Jahren die<br />
entscheidende Wende: Vermehrt entstehen in<br />
neuester Zeit Altenpflegeheime, die ein Konzept<br />
der „alltagsnahen Normalität” verfolgen und sich<br />
am Leitbild Familienleben orientieren. Weg von<br />
pflegedominierten und streng, manchmal sogar<br />
ausschließlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten<br />
ausgerichteten Einrichtungen hin zu<br />
„neuen Hilfeformen für mehr selbstbestimmtes<br />
Leben Pflegebedürftiger” (Klaus Feckler in „BMA<br />
<strong>Modellprojekte</strong>” <strong>Band</strong> 5, Hrsg. Bundesminister<br />
für Arbeit und Sozialordnung, Köln 1998), die<br />
humanen Maßstäben genügen, zugleich hohe<br />
Lebensqualität – bis hin zu Glück – statt vordergründiger<br />
Pflegequalität aufweisen und dennoch<br />
wirtschaftlich arbeiten. Diese neuerliche tiefgreifende<br />
Wandlung knüpft unmittelbar am Bedarf<br />
9
10<br />
Einleitung<br />
der älteren Menschen an: Die ältere Generation<br />
will an ihren gewohnten Lebensweisen ungeachtet<br />
ihres Alters festhalten und äußert bezogen auf<br />
den eigenen Alltag den konkreten, zutiefst verständlichen<br />
Wunsch nach eigenständiger beziehungsweise<br />
selbstbestimmter Lebensführung;<br />
dies auch oder gerade wenn mit dem Älterwerden<br />
ein erhöhtes Maß an Schutz, Begleitung,<br />
Betreuung bis hin zu Versorgung und Pflege notwendig<br />
werden sollte.<br />
„Die „Die Leistungen der Pflegeversicherung der Pflegeversicherung sollen<br />
den Pflegebedürftigen sollen den Pflegebedürftigen helfen, trotz helfen, ihres Hilfe- trotz<br />
bedarfs ein ihres möglichst Hilfebedarfs selbstständiges ein möglichst und selbststänselbstbestimmtesdiges Leben und zu selbstbestimmtes führen, das der Würde Leben des zu<br />
Menschen führen, entspricht. das der Die Würde Hilfen des sind Menschen darauf ausentzurichten,spricht. die körperlichen, Die Hilfen geistigen sind darauf und auszurichten,<br />
seelischen<br />
Kräfte der die Pflegebedürftigen körperlichen, geistigen wiederzugewinnen und seelischen oder<br />
zu erhalten.” Kräfte der Pflegebedürftigen SGB wiederzuge- XI, § 2 (1).<br />
winnen oder zu erhalten.” SGB XI, § 2 (1).<br />
Dem Trend zu mehr Selbstbestimmung trotz<br />
eintretendem Hilfebedarfs trägt auch das Pflege-<br />
Versicherungsgesetz an prominenter Stelle Rechnung.<br />
Und im Rahmen des Bundesmodellpro-<br />
Modell einer Wohngruppe für 8 Personen<br />
mit Gruppenraum und integriertem Küchenbereich.<br />
3 Wohngruppen bilden einen Wohnbereich.<br />
gramms zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
prägt das Bundesministerium für<br />
Gesundheit diese Entwicklungsrichtung weg von<br />
anstalts-, klinik- oder wohnheimähnlichen Varianten<br />
hin zu humaneren Projekten mit möglichst<br />
viel gelebter „Normalität” und Lebensqualität<br />
maßgeblich mit, unter anderem indem es seine<br />
finanzielle Förderung auch auf dementsprechend<br />
zukunftsweisende Projekte lenkt. Zudem hat sich<br />
das <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> seit längerem<br />
ebenfalls in den Dienst des Auf- und Ausbaus<br />
von Alternativen zum klassischen Pflegeheim<br />
gestellt.<br />
Ein wichtiger Markierungspunkt der Entwicklung<br />
hin zu Hausgemeinschaften findet sich<br />
bereits im Altenwohnhaus St. Sixtus in Haltern.<br />
Die Pflege- und Heimbereiche wurden hier schon<br />
Ende der achtziger Jahre – initiiert und beraten<br />
vom KDA – architektonisch nach dem Wohngruppen-Prinzip<br />
durchgliedert: Wohnräume für<br />
je acht Personen umschließen hier einen gemeinsamen<br />
Aufenthaltsbereich mit Küche. Das Hausgemeinschaftsmodell<br />
findet sich damit erstmals<br />
räumlich vorgebildet (siehe „Neue Konzepte für<br />
Seit über 25 Jahren beeinflusst<br />
das KDA die Entwicklungslinien<br />
im Pflegeheimbau: Die<br />
Entwicklung führt vom Altenwohnhaus<br />
St. Sixtus (Baujahr<br />
1989) zu den Hausgemeinschaften<br />
ins Jahr 2000.<br />
Das Altenwohnhaus St. Sixtus<br />
in Haltern ist, besonders<br />
unter dem architektonischen<br />
Blickwinkel, trotz der teilweisen<br />
Einplanung von Doppelzimmern<br />
als Vorläufer der<br />
heutigen Hausgemeinschaftsprojekte<br />
weiterhin<br />
von Interesse. Das Modell in<br />
Haltern zeichnet sich aus<br />
räumlicher und architektonischer<br />
Sicht durch seine stark<br />
ausgeprägte Gliederung in<br />
Form von Wohngruppen aus.<br />
Diese Wohngruppen sind so<br />
angelegt, dass die Wohn-/<br />
Pflegezimmer einen gemeinsamen<br />
Aufenthaltsraum mit<br />
Küche – den Wohngruppenraum<br />
– umschließen.
das Pflegeheim – auf der Suche nach mehr<br />
Wohnlichkeit”, KDA-Reihe vorgestellt Nr.46, Köln<br />
1988).<br />
In der Veröffentlichung „Planung humaner<br />
Pflegeheime“ (siehe KDA-Reihe Architektur +<br />
Gerontologie <strong>Band</strong> 1, Köln 1997) wird dann da-<br />
Von der „Station“ zum „Wohnbereich“<br />
Von den drei räumlichen<br />
Bereichen des stationären<br />
Altenpflegeheimes (Wohnbereiche,<br />
Zentrale Einrichtungen,<br />
Hauswirtschaftlicher<br />
Bereich) bilden die Wohnbereiche<br />
den eigentlichen<br />
Kern des Hauses. Drei oder<br />
vier Wohngruppen machen<br />
einen Wohnbereich aus. Hier<br />
leben die Heimbewohner, und<br />
hier finden die wesentlichen<br />
Wohn- und Pflegeaktivitäten<br />
statt, in deren Diensten die<br />
übrigen Heimbereiche stehen<br />
sollten. Vorgänger der<br />
„Wohnbereiche“ waren die<br />
aus der Krankenhausorganisation<br />
übernommenen<br />
„Pflegestationen“, in deren<br />
Mittelpunkt weniger die<br />
Wohnaktivitäten als vielmehr<br />
das „Schlafen und Pflegen“<br />
standen, während die<br />
Gemeinschaftsaktivitäten –<br />
wenn überhaupt – eher in<br />
zentralen Bereichen des<br />
Pflegeheimes stattfanden.<br />
Mit der Begriffswahl „Wohnbereich”<br />
soll – entsprechend<br />
Der Qualitätssprung bei den Hausgemeinschaften<br />
In den letzten Jahren nimmt das Konzept der<br />
Hausgemeinschaften Konturen an. Planer und<br />
Träger von innovativen Altenpflegeheimprojekten<br />
treten in Zusammenarbeit mit dem <strong>Kuratorium</strong><br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> – unterstützt von den<br />
zuständigen Ministerien des Bundes und einiger<br />
Länder – verstärkt für die Weiterentwicklung des<br />
Konzeptes der Hausgemeinschaften für pflegebedürftige<br />
und/oder verwirrte alte Menschen ein.<br />
In den Pflegeheimen der näheren und ferneren<br />
Zukunft soll, so das Ansinnen, ausreichende nutzergerechte,<br />
so weit wie möglich auch nutzergesteuerte<br />
Wohn- und Lebensqualität entstehen.<br />
Spätestens seit Erscheinen des Werkstattberichts<br />
zur Entwicklung familienähnlicher Wohnund<br />
Lebensformen für pflegebedürftige und/<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
rauf verwiesen, welche entscheidenden Vorteile<br />
die Wohnbereiche mit ihrer Betonung normaler<br />
Lebens- und Wohnaktivitäten als Kern von modernen<br />
Altenpflegeheimen gegenüber Pflegestationen<br />
mit ihrer Einengung auf Pflege- und<br />
Schlafplätze bieten.<br />
2. Generation: 3. Generation:<br />
Schlafen<br />
und<br />
Pflegen<br />
Station 6<br />
Station 5<br />
Station 4<br />
Station 3<br />
Station 2<br />
Station 1<br />
Essen und Gemeinschaft<br />
in gesonderten zentralen<br />
Bereichen<br />
der Entwicklung der Altenpflegeheime<br />
in den 80er<br />
Jahren – Wohn- und Lebens-<br />
Wohnbereich A<br />
Schlafen, Pflegen,<br />
Essen und Wohnbereich B<br />
Gemeinschaft<br />
Wohnbereich C<br />
qualität statt Pflege- und<br />
Krankenhausmilieu assoziiert<br />
werden können.<br />
oder verwirrte alte Menschen vor etwa anderthalb<br />
Jahren (siehe „Hausgemeinschaften”,<br />
KDA-Reihe Architektur + Gerontologie <strong>Band</strong> 2,<br />
Köln 1999) ist auch über die engere Fachöffentlichkeit<br />
hinaus erkennbar, dass es nicht nur bei<br />
europäischen Nachbarn wie Frankreich und den<br />
Niederlanden, sondern mittlerweile auch in<br />
Deutschland wegweisende Hausgemeinschafts-<br />
Projekte mit hohem Wohlfühlpotential gibt, die<br />
inhaltlich und wirtschaftlich erfolgreich arbeiten<br />
oder aber sich zumindest im Stadium der konkreten<br />
Planung befinden.<br />
11
12<br />
Einleitung<br />
Die Grundzüge<br />
einer Hausgemeinschaft<br />
Eine Hausgemeinschaft im hier verstandenen Sinne<br />
umfasst im Kern eine in einem gemeinsamen<br />
Haushalt lebende überschaubare soziale Gruppe<br />
von bis zu acht älteren pflegebedürftigen Personen.<br />
Jeder aus der Bewohnergruppe hat innerhalb<br />
der geräumigen, selbstverständlich barrierefreien<br />
Wohnung ein eigenes in sich geschlossenes<br />
Zimmer oder ein kleines Appartement mit kleiner<br />
Diele und je eigenem Duschbad und WC. Diese<br />
„eigenen vier Wände“ garantieren jedem einzelnen<br />
seine Privatsphäre mit Rückzugsmöglichkeiten.<br />
Die Privaträume sind um eine große, für<br />
einen achtköpfigen Haushalt ausgelegte Wohnküche<br />
beziehungsweise einen großzügigen Gemeinschafts-Wohn-/Essbereich<br />
mit einer offenen<br />
Küche als Mittelpunkt gruppiert. Dort spielt sich<br />
für alle aktiv mitzugestalten oder zumindest miterlebbar<br />
das alltägliche Leben der Hausgemeinschaft<br />
ab (Kochen, Essen, informelle Kontakte)<br />
mit all seinen lebendigen, das gesamte Sinnesspektrum<br />
ansprechenden Reizen (Gerüche,<br />
Küchengeräusche, Stimmengewirr). Der Ofen im<br />
Sinne einer wärmenden Feuerstelle ist das Zentrum.<br />
„Wirtschaftsräume müssen in der erforderlichen<br />
Zahl lichen und Größe Zahl vorhanden und Größe sein, vorhanden soweit die sein, Versorgung<br />
nicht soweit durch die Versorgung Betriebe außerhalb nicht durch des Betriebe Heimes<br />
sichergestellt außerhalb ist.” des Heimes sichergestellt ist.”<br />
Heimmindestbauverordnung, § 11.<br />
Als weitere Gemeinschaftsfläche kommt im<br />
Idealfall ein geschützter Außenbereich in Form<br />
einer Terrasse, eines Gartens oder begrünten<br />
Innenhofs hinzu. In jeder Hausgemeinschaft ist<br />
tagsüber eine Bezugsperson präsent, die als Präsenzmitarbeiterin<br />
oder als Alltagsassistentin in<br />
der Rolle einer Hausfrau beziehungsweise eines<br />
Hausmannes tätig ist. Die Bezugsperson übernimmt<br />
Verrichtungen wie Essenszubereitung und<br />
Wäschewaschen, Ankleidungshilfen, Stimulation<br />
und Motivation bis hin zu Kontaktpflege innerhalb<br />
der Gemeinschaft und nach außen (Ärzte,<br />
Angehörige etc.). Das sind diejenigen Aktivitäten,<br />
die im Rahmen der häuslichen Pflege gemeinhin<br />
von einem Angehörigen oder manchmal arbeitsteilig<br />
von mehreren Personen ebenfalls zu übernehmen<br />
wären. Pflegefachkräfte werden ambulant<br />
oder stationär je nach Bedarf für pflegerische<br />
Aufgaben hinzugezogen. Eine Nachtbereitschaft<br />
macht die personelle Präsenz einer Bezugsperson<br />
zum Rund-um-die-Uhr-Angebot.<br />
Die derart beschaffene Hausgemeinschaft versteht<br />
sich als gemeindenahes Wohnangebot mit<br />
dezent aus dem Hintergrund gesteuerter, individuell<br />
bemessener, tatsächlich benötigter Pflege.<br />
Die Hausgemeinschaft ist in sich autonom, versorgt<br />
sich also hauswirtschaftlich weitgehend<br />
selbst. Sie kann sich jedoch räumlich, teils auch<br />
organisatorisch mit anderen Hausgemeinschaften<br />
vernetzen – bis hin zu einem Netzwerk über<br />
mehrere Stadtteile hinweg –, und sie kann einen<br />
Verbund mit ambulanten Diensten beziehungsweise<br />
mit räumlich integrierten Dienstleistungszentren<br />
eingehen. Wie auch letztlich die einzelne<br />
Hausgemeinschaft oder das Ensemble mehrerer<br />
Hausgemeinschaften konstruiert sein mögen,<br />
immer steht im Mittelpunkt des Bestrebens die<br />
Autonomie des älteren Menschen und der möglichst<br />
weitgehende Erhalt seiner Kompetenz für<br />
die eigenen Belange. Sowohl die Architektur als<br />
auch die konzeptionellen „Maßnahmen“ für<br />
Schutz und Geborgenheit der älteren Menschen<br />
dürfen die Normalität des alltäglichen Lebens und<br />
Wohnens nicht deformieren oder gar zerstören.<br />
Notwendig werdende Pflegeaktivitäten dürfen<br />
die Individualität und Zuständigkeit der Bewohner<br />
für sich selbst sowie die Lebensqualität am<br />
Wohnort nicht aushebeln. Ein behutsames, an<br />
humanen Maßstäben ausgerichtetes Pflegekonzept<br />
hat sich vielmehr auszurichten nach dem<br />
Grundsatz: So viel Selbstständigkeit wie möglich,<br />
so viel Pflege und Hilfe wie nötig.<br />
An der Schwelle zur neuen<br />
Generation von Pflegeheimen<br />
Auch wenn die Entwicklung im Pflegeheimbau,<br />
wie dargestellt, weg von konventionellen Pflegeheimen<br />
auf Hausgemeinschaften als vierter Pflegeheimgeneration<br />
zuläuft, bedeutet das nicht,<br />
dass die Ablösung der dritten durch die vierte<br />
Generation heute bereits gänzlich vollzogen ist.<br />
De facto steht der Umbruch noch bevor, und es<br />
bedarf heute noch beträchtlichen Mutes und Pioniergeistes<br />
und durchweg eines langen Atems,<br />
um den Bau eines Pflegeheims nach dem Hausgemeinschaftsmodell<br />
mit seiner erheblich reduzierten<br />
beziehungsweise völlig fehlenden Zentralität<br />
durchzusetzen.
Hausgemeinschaft Evangelisches Johannesstift in Berlin-Spandau<br />
Der Ausschnitt vom Grundriss<br />
(1.OG) der Hausgemeinschaften<br />
zeigt eine gelungene<br />
Lösung der Raumzuordnungen<br />
in einer<br />
Hausgemeinschaft: In die<br />
Hausgemeinschafts-<br />
Wohnung ist gleichsam<br />
die Wahlmöglichkeit<br />
zwischen Nähe und<br />
Distanz auf diskrete<br />
Weise eingebaut (weitere<br />
Ausführungen siehe<br />
unten Kapitel 3).<br />
Kennzeichen der Hausgemeinschaften<br />
• Die Architektur orientiert<br />
sich an einer Wohnung<br />
• Auflösung der Anstaltsstrukturen<br />
durch Abbau<br />
zentraler Versorgung<br />
• Kleine familienähnliche<br />
Gruppen mit permanent<br />
anwesender Bezugsperson<br />
• Die Aktivitäten orientieren<br />
sich an einem normalen<br />
Haushalt, die Pflege tritt<br />
in den Hintergrund<br />
• Jede Hausgemeinschaft ist<br />
autonom und kann im Verbund<br />
mit anderen oder<br />
einem Dienstleistungszentrum<br />
geführt werden<br />
• Hausgemeinschaften verstehen<br />
sich als quartiersbezogene<br />
Wohnangebote<br />
für Pflegebedürftige<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
HAUSGEMEINSCHAFT B<br />
13
14<br />
Einleitung<br />
Obwohl die Zentralität der konventionellen<br />
Heime bisher in den Gesetzen auch nicht zwingend<br />
vorgeschrieben wird und auch bisher<br />
schon – allerdings rein aus Rationalisierungserwägungen,<br />
nicht aus konzeptionellen und humanitären<br />
Überlegungen, zum Beispiel aufgrund<br />
von Outsourcing – Küchen oder Wäschereien als<br />
zentrale Flächen in Heimen eingespart wurden,<br />
geht die mit dem Hausgemeinschaftskonzept<br />
verbundene Werteverschiebung vielen Entscheidungsträgern<br />
heute meist noch zu weit, um wirklich<br />
damit ernst zu machen, auch für pflegebedürftige<br />
ältere Menschen in den Heimen eine<br />
halbwegs normale Umwelt zu schaffen. Als zu<br />
krass wird immer noch – im Vergleich zu den<br />
überkommenen Gewohnheiten und Vorstellungen<br />
– der Bruch hinsichtlich „Philosphie“ und<br />
konzeptioneller Auffassung empfunden, aber<br />
auch hinsichtlich der auf das Hausgemeinschaftskonzept<br />
abgestimmten Architektur.<br />
Auch an der Hausgemeinschaftsarchitektur<br />
ist der radikale Schnitt und die massive Werteverschiebung<br />
gegenüber dem konventionellen Pflegeheim<br />
abzulesen: Die kostspieligen, dem Alltag<br />
der Bewohner eher fernen und fremden Flächen<br />
wie Eingangshalle, Verwaltungstrakt, Festsaal,<br />
Konferenzräume, ebenso wie Speisesäle, Zentralküche,<br />
Wäscherei und teure Reha-Abteilungen<br />
Wohnlichkeit und Möglichkeit zur menschlichen Nähe –<br />
zwei prägende Merkmale einer jeden Hausgemeinschaft<br />
werden in den Hausgemeinschaftsgebäuden erheblich<br />
reduziert beziehungsweise fallen vollends<br />
weg. Diese kostspieligen Flächenkontingente der<br />
Zentraleinrichtungen in den konventionellen<br />
Pflegeheimen werden in die einzelnen Hausgemeinschaften<br />
hinein verlagert: Zentralküchen,<br />
Empfangshallen, Speisesäle und Gemeinschaftseinrichtungen<br />
in großem Stil verschwinden und<br />
wandeln sich in den Hausgemeinschaften zu<br />
angemessen dimensionierten Wohnküchenbereichen<br />
für jeweils bis zu acht Personen. Aus dem<br />
Krankenhausbau übernommene „Schwesternstützpunkte“<br />
– die Wortwahl allein erinnert an<br />
Militärsprache – werden zu Minibüros oder<br />
Schreibplätzen innerhalb der einzelnen Hausgemeinschaften.<br />
Diverse Pflegearbeitsräume rein<br />
und unrein entfallen, da das „Massenproblem“,<br />
nämlich 30 Pflegebedürftige „auf“ einer Station<br />
zu pflegen, entfällt. Lounges und Foyers, die<br />
immer auch Sonderwohnform signalisieren, verschwinden<br />
zugunsten dezentraler Hauseingänge<br />
mit kleinen hellen Hausfluren, die die Normalität<br />
des Wohnens in den Vordergrund rücken. Die<br />
Flächenkennzahlen (ca. 45 – 55 qm NGF pro<br />
Platz) und die Kostenrichtwerte der Länder für<br />
den Pflegeheimbau (ca.150.000 –180.000 DM)<br />
werden so dennoch eingehalten, gleichzeitig<br />
aber durch die Dezentralisierung mehr Personalund<br />
Raumpräsenz und damit mehr Wohn- und<br />
Betreuungsqualität – sprich Lebensqualität – in<br />
die Hausgemeinschaften gebracht.<br />
Dass es jedoch, vor allem aber auf welchem<br />
Wege es bis in Details hinein, bei den bestehenden<br />
Voraussetzungen heute bereits möglich ist,<br />
Hausgemeinschaften ins Werk zu setzen, soll in<br />
dieser Publikation dargestellt werden. Konkretion<br />
ist angesagt. So können beim jetzigen Stand der<br />
Dinge anhand von Beispielen bereits exakte,<br />
detaillierte Angaben darüber gemacht werden,<br />
in welcher Weise und unter welchen Voraussetzungen<br />
Hausgemeinschaften in Abstimmung mit<br />
den kommunalen Instanzen und denen der Länder<br />
und des Bundes entstehen und langfristig<br />
funktionieren können. Betreuungs- und Pflegekonzepte,<br />
Raumprogramme und Architekturen<br />
von Hausgemeinschaften sowie Personalkalkulationen<br />
und Abstimmungen mit Heimaufsichtsbehörden<br />
oder Gesundheitsämtern stehen dabei im<br />
Mittelpunkt der Darstellung.
Veränderte Aufgabenverteilung hinsichtlich Hauswirtschaft, Pflege und Verwaltung<br />
Ein überschlägiger Vergleich<br />
der Aufgabenverteilungen in<br />
konventionellen Pflegeheimen<br />
mit denen in Hausgemeinschaften<br />
zeigt zum<br />
Überschlägiger Vergleich<br />
Hausgemeinschaften und Altenpflegeheime<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
Hausgemeinschaft Altenpflegeheim<br />
51% 23%<br />
47% 70%<br />
2% 7%<br />
Beispiel, dass verglichen mit<br />
Heimen die Tätigkeiten in<br />
Hausgemeinschaften von<br />
Hauswirtschaftskräften um<br />
fast ein Drittel zunehmen,<br />
Hauswirtschaft<br />
Pflege<br />
Verwaltung<br />
Hausgemeinschaft als Prototyp eines modernen Altenpflegeheims<br />
Konzentration auf den<br />
vollstationären Hausgemeinschaftstyp<br />
Das Interesse dieser Schrift richtet sich allein auf<br />
die Hausgemeinschaften in Ausprägung des vollstationären<br />
Altenpflegeheims. Eine Hausgemeinschaft<br />
ist – wenn auch mit spezifischer Struktur –<br />
ein Pflegeheim und stellt sich damit ausdrücklich<br />
in den bereits vorhandenen Kontext von Heimgesetzgebung,<br />
Pflegeversicherung, Hygieneverordnungen<br />
etc. Die zuständigen Stellen wie<br />
Heimaufsichtsbehörden, Gesundheits- und Sozialämter<br />
sowie die Pflegekassen sind und werden<br />
grundsätzlich von vorne herein mit in die<br />
Planungen dieser Hausgemeinschaften eingebunden.<br />
Denn man muss zurzeit noch um die<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
während sich die des Pflegepersonals<br />
im Gegenzug um<br />
etwa zwanzig Prozent reduzieren.<br />
Die Aktivitäten der<br />
Pflege- und Hauswirtschaftskräfte<br />
halten sich bei den<br />
Hausgemeinschaften in etwa<br />
die Waage, während die vom<br />
Pflegepersonal ausgeführten<br />
Tätigkeiten im herkömmlichen<br />
Heim gut siebzig<br />
Prozent aller anfallenden<br />
Aufgaben ausmachen.<br />
Pflegekräfte erhalten in Hausgemeinschaften<br />
die Möglichkeit,<br />
sich verstärkt auf die<br />
Pflegeprozesssteuerung zu<br />
konzentrieren. Das bedeutet<br />
im Prinzip, dass im Hausgemeinschafts-Konzept<br />
keine<br />
hauswirtschaftlichen Arbeiten<br />
mehr vom Pflegepersonal zu<br />
verrichten sind. Die SchnittstellenproblematikHauswirt-<br />
schaft/Pflege entfällt somit<br />
weitestgehend.<br />
In der veränderten Aufgabenverteilung<br />
ist ein weiteres<br />
Indiz für die in Hausgemeinschaften<br />
zu erwartenden<br />
tiefgreifenden Wandlungen<br />
zu sehen, unter anderem auch<br />
für eine nicht so einfach zu<br />
vollziehende Veränderung<br />
innerhalb der Personalstruktur,<br />
zumindest aber für<br />
notwendig werdende Sensibilisierungs-<br />
und Umschulungsmaßnahmen<br />
des herkömmlich<br />
ausgebildeten Heimpersonals,<br />
um es in Hausgemeinschaften<br />
adäquat einsetzen zu können.<br />
Akzeptanz des Hausgemeinschafts-Konzeptes<br />
werben, und das geht nur, wenn die zuständigen<br />
Behörden von Beginn der Planungen an mit einbezogen<br />
werden. Hausgemeinschaften sind so<br />
immer ein Produkt aus den Beratungsgesprächen,<br />
den zu leistenden Verhandlungen und<br />
dem Zusammenwirken der Initiatoren, Träger<br />
und Betreiber von Hausgemeinschafts-Projekten<br />
mit den Entscheidungsträgern auf kommunaler,<br />
Länder- und Bundesebene.<br />
Die Konzentration auf Hausgemeinschaften<br />
der vollstationären Ausprägung macht Sinn bei<br />
der Erstellung von Neubauprojekten,ebenso aber<br />
auch in Hinblick auf die derzeitige Pflegeheimlandschaft<br />
mit seinen weit mehr als eine halbe<br />
Million Pflegeheimplätzen, von denen zum jet-<br />
15
16<br />
Einleitung<br />
zigen Zeitpunkt schätzungsweise mindestens<br />
100.000 als dringend sanierungsbedürftig gelten<br />
können. Auch die Endprodukte der Modernisierungsmaßnahmen<br />
von bestehenden Pflegeheimplätzen<br />
können und sollen künftig Hausgemeinschaften<br />
sein.<br />
Überblick<br />
„Wenn man es recht betrachtet,<br />
ist es eigentlich nicht grandios.<br />
Wir haben kein Paradies,<br />
wir sind keine Engel,<br />
und wir versuchen auch nicht,<br />
alle superglücklich zu machen.<br />
Bei uns herrscht nicht mehr<br />
und nicht weniger als<br />
das ganz normale Leben.“<br />
Diese lapidar klingende Einschätzung von Niekde<br />
Boer, dem Mitinitiator des bedeutendsten niederländischen<br />
Wohnprojektes für pflegebedürftige<br />
und altersverwirrte Menschen, stellt die Hausgemeinschaften<br />
gleichsam auf ihre Füße. Sie wendet<br />
sich unter anderem gegen rein idealistische<br />
oder sozialromantische Vorstellungen, die den<br />
Hausgemeinschafts-Befürwortern häufig noch<br />
unterstellt werden. Der Anton-Pieck-Hofje arbeitet<br />
in den Niederlanden als Alternative zum gerontopsychiatrischen<br />
Pflegeheim seit über einem<br />
Jahrzehnt erfolgreich. Er stößt weltweit auf<br />
großes fachliches Interesse und hat auch der<br />
Hausgemeinschafts-Entwicklung in Deutschland<br />
ganz wesentliche Impulse gegeben. Seitdem<br />
haben Hausgemeinschaften in der Bundesrepublik<br />
allerdings erheblich an eigenem Profil hinzugewonnen.<br />
Wenn man Altenpflegeheime unter Humanisierungsgesichtspunkten<br />
künftig neu zu konzipieren<br />
oder aber bestehende durchgreifend zu<br />
sanieren beabsichtigt, können Lebensqualität<br />
und Pflegequalität nur dann gesichert werden,<br />
wenn neben einer konkreten Utopie auch ein realistisches<br />
methodisches Konzept vorhanden ist,<br />
das die entwickelten Betreuungs-, Pflege- und<br />
Qualitätsziele mit einer geeigneten Personal-<br />
struktur, einer entsprechenden Architektur und<br />
den dazugehörenden Raumangeboten verbindet.<br />
Welche verschiedenen Komponenten in<br />
einer vollstationären Hausgemeinschaft konkret<br />
zusammenspielen und wie die einzelnen Faktoren<br />
zu einem menschenfreundlichen voll funktionsfähigen,<br />
auch fachlich zufriedenstellenden<br />
und wirtschaftlich tragfähigen Gebilde namens<br />
Hausgemeinschaft im Pflegeheimbereich ineinander<br />
greifen, wird in den folgenden Kapiteln<br />
dargelegt. Dies soll all denen konkrete Planungshinweise<br />
geben, die beabsichtigen, Hausgemeinschaften<br />
auf den Weg zu bringen. Zugleich soll<br />
dadurch Überzeugungsarbeit bei denjenigen<br />
geleistet werden, die den Hausgemeinschaften<br />
bislang noch mit Skepsis begegnen.<br />
Hausgemeinschaften nutzen heute vermehrt<br />
gerade diejenige Infrastruktur, die bislang eher<br />
herkömmliche Altenpflegeheime hervorgebracht<br />
hat. Vollstationäre Hausgemeinschaften sind,<br />
auch wenn sie von konventionellen Pflegeheimen<br />
essentiell abweichen, von den bisher gewachsenen<br />
„Produktionsbedingungen“ aus planbar und<br />
realisierbar. Dies wird in Kapitel 3 anhand von<br />
konkreten Projektbeispielen bis in Details hinein<br />
demonstriert. In Kapitel 1 geht es zuvor jedoch<br />
um konzeptionelle und architektonische Grundmuster<br />
– inklusive Aussagen zum Raumprogramm<br />
– und die Variationsmöglichkeiten von<br />
Hausgemeinschaften der vollstationären Ausprägung.<br />
Ihre strukturellen Komponenten hinsichtlich<br />
inhaltlicher Konzeption und darauf abgestimmter<br />
Architektur werden in Kapitel 2 durch<br />
die Darstellung der für Hausgemeinschaften notwendig<br />
werdende Personalstruktur und durch<br />
eine Kalkulation der damit verbundenen Kosten<br />
ergänzt.
Die Komponenten<br />
von Hausgemeinschaften<br />
Kennzeichen von Hausgemeinschaften<br />
Architektur und Raumprogramm<br />
Variationen beim Bau von Hausgemeinschaften<br />
Zwischenschritte zur Hausgemeinschaft<br />
Kapitel 1
18<br />
Komponenten von Hausgemeinschaften<br />
Kennzeichen von<br />
Hausgemeinschaften<br />
Zielgruppe und Aufgabenstellung<br />
Vollstationäre Hausgemeinschaften – die einzelnen<br />
und auch die zu mehreren unter einem Dach<br />
zusammengefassten Ensembles – sind ihren Ausgangsbedingungen<br />
nach Altenpflegeheime. Das<br />
bedeutet zum einen, dass sie der Heimgesetzgebung<br />
und so auch den Regularien der Heimaufsichtsbehörden<br />
unterliegen. Die Mindestanforderungen<br />
beziehungsweise Minimalstandards<br />
von Heimpersonal- und Heimmindestbauverordnung<br />
gelten in den Hausgemeinschaften wie<br />
in jedem anderen Pflegeheim auch. Ebenso<br />
wenig unterscheiden sich die Nutzer von Hausgemeinschaften<br />
von der Nutzergruppe eines herkömmlichen<br />
Altenpflegeheims mit Blick auf ihre<br />
Altersstruktur sowie hinsichtlich der Häufigkeit<br />
des Vorkommens der Pflegestufen und der<br />
Demenzerkrankungen.<br />
Die aus der Bewohnerstruktur einer Hausgemeinschaft<br />
resultierende Aufgabenstellung<br />
bezogen auf Betreuung und Pflege weicht demzufolge<br />
auch nicht grundsätzlich von derjenigen<br />
in herkömmlichen Altenpflegeheimen ab. Wegen<br />
der besonderen Möglichkeiten der von Hausgemeinschaften<br />
(Rückzugs- und Kontaktmöglichkeiten,<br />
anregungsreiches Milieu, Personaldichte,<br />
etc.) können sich jedoch gerade Hausgemeinschaften<br />
besonders gut auch der Gruppe der<br />
Demenzerkrankten annehmen, ohne dass dadurch<br />
eine Sonderinstitution oder Sonderarchitektur<br />
entstehen muss.<br />
Zur „Philosophie“<br />
von Hausgemeinschaften<br />
Als grundlegend anders – verglichen mit einem<br />
herkömmlichen Pflegeheim – zeigt sich hingegen<br />
die den Hausgemeinschaften zugrundeliegende<br />
„Philosophie“ und die von ihr beeinflusste Konzeption,<br />
Organisation und Architektur von Hausgemeinschaften.<br />
In der Regel sind Hausgemeinschaften<br />
ein Wohnangebot für alte Menschen<br />
mit hohem Pflege- und/oder Betreuungsbedarf.<br />
Der Umzug in eine Hausgemeinschaft erfolgt<br />
durchweg nicht freiwillig, sondern weil die häuslichen<br />
oder persönlichen Umstände bei der notwendig<br />
werdenden Hilfe keinen ausreichenden<br />
Schutz mehr bereit halten und zum Aufgeben der<br />
„gewohnten“ Wohnung und des selbstständigen<br />
Haushaltes zwingen. Die älteren Menschen<br />
wollen, nimmt man ihre Äußerungen – oder die<br />
der Angehörigen – wahr und ernst und macht<br />
diese zum Maßstab des weiteren Vorgehens,<br />
dennoch nichts anderes als ihr Leben „normal“<br />
so weiter leben, wie sie es von zu Hause her kennen.<br />
An diese ebenso banale wie tief greifende<br />
Erkenntnis schließt die Frage an, was denn im<br />
Prinzip ein Zuhause und Normalität ausmachen.<br />
Im Kern beinhaltet ein normales „Heim“– so die<br />
Hausgemeinschafts-Philosophie – die eigene<br />
Wohnung und die Chance auf eine möglichst<br />
HG<br />
Leben<br />
Wohnen<br />
Pflegen<br />
HG HG<br />
Leben<br />
Wohnen<br />
Pflegen<br />
HG<br />
Leben<br />
Wohnen<br />
Pflegen<br />
Leben<br />
Wohnen<br />
Pflegen<br />
selbstbestimmte Lebensführung. Dabei gedeiht<br />
normales Leben in einem Klima, welches das<br />
Bedürfnis nach Intimität ebenso befriedigt wie<br />
das Bedürfnis nach zwischenmenschlichen Kontakten.<br />
Nicht irgendwelche „übergeordnete“ Interessen<br />
und Erfordernisse einer Gesellschaft, einer<br />
Organisation, eines Betriebes, nicht durchrationalisierte<br />
Arbeitsabläufe oder abstrakte Gestaltungsideen<br />
bestimmen die Architektur und den<br />
Lebensalltag von Hausgemeinschaften. Der Maßstab<br />
für Hausgemeinschaften ist vielmehr dieses<br />
zwischen Nähe und Distanz oszillierende<br />
menschliche Grundanliegen. Von diesem Ansatz<br />
sind auch die in Hausgemeinschaften praktizierten<br />
„klientzentrierten“ und „biografieorientierten“<br />
Umgangsformen des Personals beeinflusst.<br />
Das professionelle Verhalten wird gesteuert von<br />
humanen Konzepten und Methoden. Diese integrieren<br />
Betreuung und Pflege in den gewohnten<br />
Die 4. Generation<br />
des Pflegeheimbaus<br />
= Hausgemeinschaften
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
Aufbruch zur 4. Generation des Altenpflegeheimbaus<br />
„Alte Menschen erleben Geborgenheit und Normalität.”<br />
• Nur durch den Abbau der zentralen Versorgungssysteme kann eine Auflösung der<br />
Anstaltsstrukturen realisiert werden.<br />
• Die Architektur muss wohnlich und überschaubar sein, denn Lebensqualität ist weit<br />
mehr als „nur” Pflegequalität.<br />
• Dem hohen Hilfe- und Betreuungsbedarf wird durch kleine familienähnliche<br />
Gruppen mit permanent anwesender Bezugsperson Rechnung getragen.<br />
• Die Aktivitäten in einer Hausgemeinschaft orientieren sich an einem „normalen”<br />
Haushalt, die Pflege wirkt dezent aus dem Hintergrund.<br />
• Jede Hausgemeinschaft ist autonom und kann im Verbund mit anderen<br />
Hausgemeinschaften oder mit einem Dienstleistungszentrum geführt werden.<br />
• Hausgemeinschaften verstehen sich als gemeindenahe Wohnangebote für<br />
pflegebedürftige ältere Menschen.<br />
Alltag der Bewohnerinnen und Bewohner, ohne<br />
dass der Lebensstil der älteren Menschen von<br />
Zeitvorgaben – zum Beispiel Mittagessen um elf<br />
Uhr – sowie Fremdversorgung oder Pflegemaßnahmen<br />
dominiert oder gar zerstört wird.<br />
Die Konzeption von Hausgemeinschaften<br />
zielt dem gemäß darauf ab, eine ethische, psychologische,<br />
soziale und räumliche Qualität zu<br />
erzeugen, die das ehemalige Wohnmilieu und<br />
das Feeling der Bewohner zum Vorbild nimmt,<br />
ohne auf fachliche Qualität von Betreuung und<br />
Pflege verzichten zu müssen. Ziel ist, dass die<br />
Menschen, die alleine nicht mehr zurecht kommen,<br />
nach ihrem Umzug zumindest eine Situation<br />
vorfinden, die möglichst viele Merkmale<br />
ihres früheren Lebens in sich trägt.<br />
Ob die Gebäude einladend sind, ob sie bei<br />
ihren Bewohnerinnen und Bewohnern besonderen<br />
Stress oder gar Angst verursachen oder ob sie<br />
zu deren Wohlergehen beitragen, ergibt sich daraus,<br />
inwieweit sich diese Häuser in Planung und<br />
Ausführung einschließlich Standortwahl auf die<br />
Bedürfnisse ihrer Bewohner einstellen wollen und<br />
können. Ältere Menschen ziehen in aller Regel<br />
das letzte Mal in ihrem Leben um, und dann fatalerweise,<br />
wenn man das Behördendeutsch wörtlich<br />
nimmt, nur in ein „Bett“ oder auf einen<br />
„Platz“. Verräterisch bei konventionellen Altenpflegeheimen<br />
– und oft ein Hinweis auf den<br />
bewussten oder unbewussten Tenor dieser Häuser<br />
– ist gemeinhin die Sprache. Die Bezeichnung<br />
„Schwesternstützpunkt” beispielsweise verweist<br />
auf militärische Zusammenhänge: Schwestern<br />
schweben Hubschraubern gleich auf dem Stützpunkt<br />
ein und heben wieder davon ab. „Station”<br />
ist aus der Krankenhaussprache entliehen, und<br />
„Nasszelle” erinnert an Gefängnis. Zur Normalität<br />
und Wohnlichkeit trägt auch nicht unbedingt<br />
bei, wenn in einem Wohnbereich auf einer Tür die<br />
Aufschrift „Fäkalausgussraum” steht. Für die<br />
Hausgemeinschafts-Kultur wird deshalb in der<br />
Folge auch eine neue Nomenklatur notwendig.<br />
Die grundlegenden Wohnbedürfnisse von<br />
Jung und Alt unterscheiden sich nicht wesentlich<br />
voneinander. Auch ältere Menschen bevorzugen<br />
ein Leben in eigener Regie und in gewohnter, vertrauter<br />
Umgebung, auch dann und gerade dann,<br />
wenn Hilfe, Betreuung und Pflege nicht mehr im<br />
eigenen Haushalt zu leisten sind. Diese ebenso<br />
profane wie tief greifende Erkenntnis ist der Ausgangspunkt<br />
für die „Erfindung” der Hausgemeinschaften<br />
und für alle Merkmale, die Hausgemeinschaften<br />
aus- und kennzeichnen.<br />
19
„So viel<br />
20<br />
Komponenten von Hausgemeinschaften<br />
Hausgemeinschaften kurz gefasst<br />
Pflegebedürftige und/oder verwirrte ältere Menschen leben in einem sinnlichen,<br />
anregungsreichen Milieu eines Altenpflegeheims der etwas anderen Art.<br />
Normalität<br />
Als Alternative zu klassischen Pfle-<br />
und Eigengeheimen gewinnen Hausgemeinverantwortungschaften<br />
zunehmend an Bedeutung.<br />
Hausgemeinschaften sind anders<br />
wie möglich,<br />
gebaute und anders organisierte,<br />
gerade so viel quartiernahe Angebote für pflege-<br />
Betreuung und bedürftige und/oder verwirrte ältere<br />
Hilfe wie Menschen. In jeder Hausgemeinschaft<br />
leben in einem gemeinsamen<br />
nötig.“<br />
Haushalt zwischen sechs und acht<br />
ältere Menschen – ähnlich wie in einer größeren Familie<br />
– zusammen. Jeder hat sein eigenes Wohn-/Schlafzimmer<br />
(Appartement mit eigenem Duschbad/WC und<br />
eigener Diele) und kann darüber hinaus alle Gemeinschaftsflächen<br />
der Wohnung (Wohnküche, Wohndiele,<br />
Garten, Terrasse etc.) nutzen. Das Gemeinschaftsleben<br />
spielt sich vor allem „rund um den Herd“ in der geräumigen<br />
Wohnküche der Hausgemeinschafts-Wohnung<br />
ab. Die Bewohner beteiligen sich – wenn sie denn können<br />
und mögen – an den alltäglichen Aktivitäten in der<br />
Küche. Oder sie sitzen ganz einfach dabei und nehmen<br />
das Leben in der Wohnküche in sich auf. Der ganz gewöhnliche<br />
Alltag mit seinen aus früheren Tagen vertrauten<br />
Bewegungsabläufen, Geräuschen und Gerüchen<br />
wird so gleichsam zur Stimulanz und – wenn<br />
man so will – zur „Therapie“. Die vertrauten Aktivitäten<br />
Definition einer Hausgemeinschaft<br />
und Dinge und die – im Vergleich zu herkömmlichen<br />
Heimen – wenigen und überschaubaren Räume ermöglichen<br />
aufgrund ihrer „Kleinräumlichkeit“ insbesondere<br />
verwirrten älteren Menschen eine wesentlich bessere<br />
Orientierung und sorgen so für mehr Sicherheit, Geborgenheit<br />
und Lebensqualität.<br />
Das Leben in familienähnlichen Hausgemeinschaften<br />
wird von festen Bezugspersonen, den sogenannten<br />
Präsenzkräften, begleitet. Sie helfen den<br />
Bewohnern beim Anziehen oder beim Anlegen von Verbänden,<br />
sie bereiten die Mahlzeiten zu, waschen die<br />
Wäsche oder helfen bei der Herstellung von Kontakten<br />
zu Bewohnern, Angehörigen, Ärzten oder Pflegefachkräften.<br />
Weitergehende Pflegeleistungen werden je<br />
nach individuellem Bedarf durch Fachkräfte eines<br />
hausinternen Pflegedienstes erbracht. Der Nachtdienst<br />
ist wie in herkömmlichen Pflegeheimen auch mit einer<br />
Pflegefachkraft besetzt. Bei den meisten Hausgemeinschaften<br />
beteiligen sich außerdem Angehörige, Nachbarn,<br />
Freunde und ehrenamtliche Helfer in der Regel<br />
gern, da sie von der Hauptlast der Pflege und Betreuung<br />
entbunden sind. Diese etwas andere Art eines Altenpflegeheims<br />
kostet zudem trotz der auf höchstem Niveau<br />
geleisteten Pflege- und Betreuung nicht mehr als herkömmliche<br />
Pflegeheime auch.<br />
• Eine Hausgemeinschaft ist eine räumliche und organisatorische Einheit,<br />
in der sechs bis acht ältere und pflegebedürftige Menschen leben.<br />
• Alle Pflege- und Betreuungsleistungen, die nicht von den Bewohnern selbst,<br />
den Angehörigen und/oder Freunden geleistet werden können, werden über die<br />
Präsenzkräfte im Zusammenhang mit den Tagesaktivitäten oder/und über den<br />
hauseigenen pflegerischen Dienst erbracht.<br />
• Hausgemeinschaften werden, anders als die Wohngemeinschaften, als<br />
zugelassene und pflegesatzfinanzierte vollstationäre Einrichtungen betrieben.<br />
Als Heime unterliegen sie unter anderem dem Heimgesetz.
Geborgenheit als zentraler Maßstab<br />
Die Kriterien von Vertrautheit und Geborgenheit<br />
spielen eine zentrale Rolle für eine Hausgemeinschaft.<br />
In unübersichtlichen und unpersönlichen<br />
Einrichtungen sind die psychischen und physischen<br />
Probleme und Ausraster älterer Menschen<br />
größer als in kleinräumigen Einrichtungen. Die<br />
Betroffenen wünschen sich zurück nach ihrem<br />
Zuhause und geben damit ihrer Sehnsucht nach<br />
heimischen Gefilden und Wohlergehen Ausdruck.<br />
Unwohlsein und ständige – meist vergebliche<br />
– Suche nach zu Hause erzeugen Ärger,<br />
Aggressivität oder Trauer. Je mehr Vertrautheit<br />
geschaffen wird, desto weniger Verwirrtheit und<br />
Wut oder – das andere Extrem – desto weniger<br />
Resignation und Apathie entstehen.<br />
Speziell bei demenziell erkrankten Menschen –<br />
nach Schätzungen leiden fast zwei Drittel der<br />
Heimbewohner an einer demenziellen Erkrankung<br />
oder an sonstigen psychischen Störungen –<br />
kommt noch hinzu, dass mit den Einbußen geistiger<br />
Fähigkeiten auch der Gegenwartsbezug<br />
lückenhaft wird oder ganz verloren geht. Dieser<br />
Zustand setzt Gefühle der Verlorenheit frei: Verlust<br />
von alltäglichen Fähigkeiten, Verlust von<br />
Freunden und Familienangehörigen, Verlust der<br />
eigenen Rolle in der Gesellschaft bestimmen das<br />
Lebensgefühl. Die neue Situation in einer ungewohnten<br />
Umgebung nach einem Umzug verstärkt<br />
die Verstimmungen und Ängste. Die älteren<br />
Menschen ziehen sich in sich selbst und in ihre<br />
Vergangenheit zurück. Das Kurzzeitgedächtnis<br />
und die Fähigkeit, Situationen zu überschauen,<br />
zu interpretieren und neu zu definieren, ist stark<br />
reduziert. Die demenziell erkrankten Menschen<br />
sind real und im übertragenen Sinne nicht mehr<br />
Herr im eigenen Hause. Hinzu kommt die zunehmende<br />
Abhängigkeit von anderen, von pflegenden<br />
Angehörigen oder anderen Pflege-Bezugspersonen.<br />
Hieraus entsteht ein Gefühl von Nutzlosigkeit<br />
verbunden mit der Sehnsucht nach Vertrautheit,<br />
nach Normalität, Sehnsucht nach der<br />
Mutter, der Heimat und damit nach Sicherheit<br />
und Geborgenheit.<br />
Prinzipien<br />
Das Prinzip Vertrautheit, das eine auf pflegebedürftige<br />
und/oder demente ältere Menschen<br />
zugeschnittene, familienähnliche Lebens- und<br />
Wohnform erzeugt, wird seit rund zwei Jahr-<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
zehnten in der französischen Wohnform des<br />
„Cantous“ erfolgreich praktiziert. Cantou bedeutet<br />
Feuerstelle im Haus, um die man sich zu<br />
versammeln pflegt(e). Um diesen „magischen”<br />
Mittelpunkt herum spielt sich das gemeinsame<br />
Leben ab. Ähnlich wie in den französischen Cantous<br />
geht es bei den deutschen Hausgemeinschaften<br />
darum, Lebensqualität für demenziell<br />
erkrankte und pflegebedürftige Bewohnerinnen<br />
und Bewohner zu schaffen, indem nach den folgenden<br />
Grundprinzipien gearbeitet wird:<br />
1. Schaffung von Lebensräumen: Jeder Bewohner<br />
wird als individueller Mensch betrachtet<br />
mit individuellen Charakteristika und Vorlieben.<br />
Menschliche Wärme, Zuwendung und<br />
Verständnis gehören ganz selbstverständlich<br />
zur Hausgemeinschaft und zu den Schlüsselqualifikationen<br />
des dort arbeitenden Personals.<br />
Herd freistehend im Raum, der Kuchen lockt<br />
2. Schaffung eines familienähnlichen Gemeinschaftslebens<br />
mit zwischenmenschlichen –<br />
auch informellen – Kontakten und Aktivitäten<br />
für und durch die Gruppe: Gerade häusliche<br />
Verrichtungen in der Küche gehören zu den<br />
alltäglichen Anforderungen, die auch von<br />
demenziell erkrankten Bewohnerinnen und<br />
Bewohnern intuitiv noch zu begreifen und auszuüben<br />
sind.<br />
2. Die Wohnküche ist tragender Mittelpunkt<br />
mit einem großen Tisch und ausreichenden<br />
Sitzgelegenheiten sowie mit einem wärmeund<br />
lebensspendenden Herd als Metapher für<br />
menschliches Leben überhaupt. Der Begriff<br />
21
22<br />
Komponenten von Hausgemeinschaften<br />
„Familie“ wird in diesem Zusammenhang<br />
nicht als soziologische Kategorie verwendet.<br />
„Familie“ ist hier nicht Kernfamilie, Kleinoder<br />
Großfamilie, sondern verweist vielmehr –<br />
ungeachtet ihres aktuellen Stellenwerts in der<br />
modernen Gesellschaft – auf ein tiefverwurzeltes<br />
psychologisches Muster menschlichen<br />
Zusammenhaltes, den jeder Mensch im Laufe<br />
seines Lebens in irgendeiner Form erfahren<br />
oder durchlebt hat und mehr oder weniger<br />
aktiv mitgestalten konnte. Familienähnlichkeit<br />
als Leitbild der 4. Generation im Pflegeheimbau<br />
richtet sich demnach prototypisch<br />
auf eine psychologische Dimension im Sinne<br />
von „Nestwärme“ oder auch (Ur-)Vertrauen,<br />
der Grundbedingung für gelungene Persönlichkeitsbildung<br />
und Sozialisation.<br />
3. Erhaltung und Förderung der Selbstständigkeit:<br />
Die noch vorhandene Kompetenz der<br />
älteren Menschen wird durch die alltäglich<br />
anstehenden Aufgaben und durch die gelebte<br />
Normalität gefordert und gefördert. Basis<br />
der Selbstständigkeit sind die eigenen vier<br />
Wände mit der Möglichkeit, sich zeitweise<br />
oder längere Zeit auf sich selbst zurückzuziehen,<br />
um dann wieder aus sich herauszugehen.<br />
4. Einbezug von Familienangehörigen, Nachbarn,<br />
Freunden: Die Verantwortung in Hausgemeinschaften<br />
soll auf mehrere Schultern<br />
verteilt sein, nämlich auf die der älteren<br />
Menschen selbst, auf die der Begleit- und<br />
Betreuungspersonen sowie der Angehörigen<br />
und Freunde. Eine Hausgemeinschaft bezieht<br />
– dies allerdings auf freiwilliger Basis – auch<br />
die Angehörigen, Nachbarn und Freunde mit<br />
ein. Eine Hausgemeinschaft entlastet zugleich<br />
die Angehörigen. Sie können sich nämlich einbringen,<br />
ohne dem gesamten Druck der Betreuung<br />
und Pflege ausgesetzt zu sein und<br />
ohne in der Institution Pflegeheim das Gefühl<br />
zu haben, zu stören.<br />
Vertrautheit wird in Hausgemeinschaften<br />
zusätzlich durch die permanent anwesende Präsenzkraft<br />
geschaffen. Zu den Urängsten des<br />
Menschen gehört, den Kontakt zur Gemeinschaft<br />
oder Gruppe zu verlieren. Dieser Verlust<br />
ist letztlich gleichzusetzen mit Trennung, mit<br />
Lebensgefahr oder gar Tod. Diese Urangst äußert<br />
sich besonders stark bei demenziell erkrankten<br />
Menschen. In großen Einrichtungen wechseln<br />
die Bezugspersonen ständig und es gibt unklare<br />
Aufgabenzuständigkeiten in den Teams, was die<br />
ohnehin vorhandenen Verwirrungszustände der<br />
älteren Menschen noch einmal verstärkt. Da man<br />
den Bewohnern nahestehende Personen mit in<br />
das Hausgemeinschaftskonzept einbezieht, befindet<br />
sich zumindest zeitweise eine vertraute<br />
Bezugsperson aus der Vergangenheit in der aktuellen<br />
Gemeinschaft. Wichtig in der Zusammenarbeit<br />
mit den Angehörigen ist dabei auch die Biografiearbeit.<br />
Denn gerade Demenzkranke benötigen<br />
das Gefühl, daß sie den Bezugspersonen gut<br />
bekannt sind und sich durch bestimmte Eigenschaften<br />
von anderen Menschen unterscheiden.<br />
Durch die Kenntnis der Biografie der Bewohnerinnen<br />
und Bewohner können darüber hinaus<br />
Aktivierung und Stimulierung durch ein phantasievolles<br />
und anregendes Milieu individuell und<br />
einfühlsam abgestimmt werden.<br />
Privatheit und räumliche Hülle<br />
Vertraute Möbel, Geräusche, Gerüche und andere<br />
Reize bieten den Bewohnerinnen und Bewohnern<br />
in den Hausgemeinschaften wichtige<br />
Orientierungspunkte. Noch vorhandene Fähigkeiten<br />
der Bewohner bekommen Anreize, verloren<br />
geglaubte Alltagskompetenzen werden<br />
erfahrungsgemäß wieder entdeckt, angenehme<br />
Erinnerungen geweckt und damit Wohlbefinden<br />
ausgelöst. Die Privaträume der Bewohner werden<br />
– wie in jeder anderen Wohnung auch – nach<br />
individuellen Vorlieben ausgestattet und gestaltet.<br />
Der eigene räumliche Mikrokosmos entsteht<br />
aus Kleinräumlichkeit bis hin zu Rückzugsnischen,<br />
die möglichst viel Vertrautes aus der<br />
eigenen Biografie bieten.<br />
Neben einer ansprechenden, überschaubaren<br />
und Sicherheit vermittelnden Architektur sind<br />
besonders Stimulationen durch Geräusche und<br />
Hier bin ich Mensch
Gerüche, die von Leben zeugen und die Erinnerungen<br />
wecken, wichtig. In der Hausgemeinschafts-Küche<br />
spielt sich – wie überwiegend in<br />
den „normalen“ Haushalten – das Alltagsleben<br />
ab. Die Bewohnerinnen und Bewohner können<br />
sich je nach Fähigkeiten aktiv an der Speiseplanung<br />
– wenn möglich auch an Einkaufsgängen –<br />
und am Kochen beteiligen. Oder sie sitzen einfach<br />
dabei und nehmen das sich ereignende<br />
Leben in sich auf. In der Küche sitzen, den<br />
frischen Kaffeeduft aufnehmen, die Zwiebeln in<br />
der Pfanne brutzeln hören, dazu der Lieblingsschlager<br />
aus dem Radio. Die vertrauten Eindrücke<br />
beziehen das gesamte Sinnesspektrum (riechen,<br />
schmecken, hören, tasten, sehen) mit ein. Diese<br />
Stimulationen und der sinnlich erfahrbare Tagesrhythmus<br />
sorgen gerade bei demenziell Erkrankten,<br />
aber nicht nur bei ihnen, für eine bessere<br />
Orientierung in Raum und Zeit und damit für<br />
mehr persönliche Sicherheit und Wohlbefinden.<br />
Die Bewohnerinnen und Bewohner einer<br />
Hausgemeinschaft leben gleichsam in einer<br />
großen Wohnung zusammen, die über eine<br />
Wohnküche, ein Esszimmer mit offener Küche,<br />
ebenso aber auch über private Räume für jede<br />
einzelne Person verfügt. Diese Aufteilung kommt<br />
dem Streben eines jeden Menschen nach sozialem<br />
Leben, aber auch nach Privatsphäre mit<br />
Rückzugsmöglichkeiten entgegen.<br />
Die meisten Menschen unserer Kultur sind es<br />
gewohnt zu bestimmen, wie viel Privatheit und<br />
wie viel soziale Kontakte sie haben möchten. In<br />
einem Mehrbettzimmer zum Beispiel sind die<br />
Bewohner einander ausgesetzt und können nicht<br />
bestimmen, wo das eigene Lebensumfeld aufhört<br />
und das des Mitbewohners anfängt. Der<br />
Kontrollverlust an Privatsphäre und persönlicher<br />
Aura führt zu Angst und Aggression oder aber<br />
zu Rückzug und Resignation. Der persönliche<br />
Lebensraum ist von besonderer Bedeutung, da er<br />
Individualität, Intimität und Schutz bietet. Dafür<br />
braucht jeder Mensch sein eigenes Territorium, zu<br />
dem er eine Beziehung hat, sei es, indem er an der<br />
Gestaltung eines Raumes mitwirken konnte oder<br />
dass der Raum mit persönlichen Gegenständen,<br />
die auch demenziell erkrankte Menschen als ihr<br />
Eigentum wahrnehmen können, „markiert“ ist.<br />
Selbstverständlich gehören hier auch die eigenen<br />
Möbel dazu. Fehlt diese individuelle Gestaltung,<br />
so findet ein verwirrter älterer Mensch sein Zimmer<br />
nicht mehr wieder oder findet sich darin<br />
nicht zurecht.<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
Alte Gewohnheiten in neuer, aber gewohnter Umgebung<br />
Zur konsequenten Privatsphäre gehören auch<br />
ein eigenes Duschbad und eine eigene Toilette.<br />
Besonders für Menschen, die an Inkontinenz leiden,<br />
ist dies von besonderer Bedeutung. Gerade<br />
wenn eine häufigere Intimpflege notwendig wird<br />
und dies in sanitären Anlagen, die von mehreren<br />
benutzt werden, geschehen muss, vermehrte das<br />
die Schamgefühle des betroffenen Bewohners<br />
extrem.<br />
Ältere Menschen benötigen also – wie jüngere<br />
auch – Räume, in denen sie sich wohlfühlen<br />
können. Dies wird hauptsächlich dadurch realisiert,<br />
dass ihnen im Zusammenleben mit anderen<br />
sowohl Distanz als auch Nähe ermöglicht wird.<br />
23
24<br />
Komponenten von Hausgemeinschaften<br />
Architektur und Raumprogramm<br />
Hausgemeinschaften sind auf kreatives Entwerfen,<br />
Bauen und Betreiben angewiesen. Hausgemeinschaften<br />
haben die Normalität des Wohnens<br />
zum Ziel. Insofern richten sie sich naturgemäß auf<br />
ein variantenreiches und breites Spektrum von<br />
Gebäuden und Wohnungen. Es liegt nun ein<br />
Dilemma darin, dass trotz der erforderlichen<br />
Spielräume für kreatives Gestalten – wenn auch<br />
humaneren Maßstäben verpflichtet – erneut<br />
Raumprogramme mit der Gefahr der Normierung<br />
oder gar Schematisierung festgeschrieben werden.<br />
Wenn in dieser Schrift dennoch Raumprogramme<br />
und Vergleichswerte für die Flächenund<br />
Kostenansätze vorgestellt werden, dann<br />
geschieht dies, um für die Konstruktion von<br />
Hausgemeinschaften den Weg zu markieren, auf<br />
dem ein Grundkonsenz mit den zuständigen<br />
Behörden und Institutionen erreichbar erscheint.<br />
Die im Folgenden skizzierten Vorschläge und<br />
beispielhaften Größen ersetzen bei der Planung<br />
und Umsetzung von Hausgemeinschaften nicht<br />
die intensive Auseinandersetzung mit den spezifischen<br />
örtlichen Gegebenheiten und den Anforderungen<br />
an das jeweilige Projekt vor Ort. Auch<br />
ersetzen sie nicht den möglichst frühzeitigen<br />
Gang zu den zuständigen Behörden, um deren im<br />
Heimgesetz festgeschriebene Beratungskompetenz<br />
in Anspruch zu nehmen.<br />
Die Parameter zum Raumprogramm sind Eckpunkte,<br />
mit denen sich Planer und Träger beim<br />
Altenpflegeheimbau im Zusammenhang mit dem<br />
Heimgesetz und den Förderrichtlinien stets auseinander<br />
zu setzen haben. Ziel ist, beim Bau von<br />
Hausgemeinschaften die im klassischen Pflegeheimbau<br />
zugrunde gelegten Richtwerte hinsichtlich<br />
Flächenansatz und Investitionskosten nicht<br />
zu überschreiten. Nur so können sich Hausgemeinschaften<br />
letztlich als echte Alternative zu<br />
den herkömmlichen Pflegeheimen etablieren.<br />
Standortbedingte Abweichungen von den angegebenen<br />
Parametern sind von den hier vorgeschlagenen<br />
Anhaltswerten aus einzelfallbezogen<br />
leichter einzuordnen und zu interpretieren.<br />
Die Hausgemeinschafts-Wohnung, in der<br />
sechs bis maximal acht Personen mit unterschiedlichem<br />
Pflege- beziehungsweise Betreuungsbedarf<br />
wohnen, ist für das Personal zugleich der<br />
Arbeitsplatz, an dem es seinen hauswirtschaftlichen<br />
und pflegerischen Aufgaben nachgeht.<br />
Die entscheidende Neuerung von Hausgemeinschaften<br />
ergibt sich aus einer „Werteverschie-<br />
Aufforderungscharakter durch Herd und Spülen<br />
bung von Zentral nach Dezentral“: Die aufwendigen<br />
zentralen Flächen der herkömmlichen<br />
Pflegeheime werden im Zuge der „Normalisierungsbestrebungen“<br />
zurück gefahren. Lange<br />
Flure (meist wie „Angströhren“ wirkend) sowie<br />
Flächen der Zentralen Einrichtungen und des<br />
Hauswirtschaftlichen Bereichs – insbesondere die<br />
Zentralküche und die Wäscherei, aber auch die<br />
„repräsentativen“ Empfangshallen, die Verwaltungseinheiten<br />
und Personalstützpunkte etc. –<br />
werden überwiegend den einzelnen Hausgemeinschaftswohnungen<br />
bezogen auf Flächen<br />
und Kosten anteilmäßig hinzugegeben. Neben<br />
den Personalressourcen werden also auch die<br />
Zentralräume und die damit verbundenen Erstellungskosten<br />
in die Hausgemeinschafts-Wohnungen<br />
hinein verlagert und mit dem Vorteil der besseren<br />
Ausnutzung in die unmittelbare Nähe der<br />
pflegebedürftigen älteren Menschen gebracht.<br />
Diese Komponenten führen – ohne zusätzlichen<br />
Kostenaufwand – zu dem die Hausgemeinschaften<br />
auszeichnenden Qualitätssprung.<br />
Bemerkungen zum Raumprogramm<br />
Das hier vorgestellte Raumprogramm bezieht<br />
sich zunächst auf eine Hausgemeinschaft, die in<br />
Ausnahmefällen, zum Beispiel bei unmittelbarer<br />
Nachbarschaft zu einem Heim, auch einzeln<br />
angeboten werden kann. Insbesondere für die<br />
Nachtwachenbesetzung mit einer nach dem<br />
Heimgesetz einzusetzenden Pflegefachkraft er-
gibt sich aus Kostengründen die Notwendigkeit,<br />
drei bis vier Hausgemeinschaften vorzusehen. Für<br />
diesen Verbund wiederum werden vom Heimgesetz<br />
weitere Raumangebote (vergleiche Auflistung<br />
Seite 27) gefordert. Das Nachbarschaftsund<br />
Angehörigencafé ist nicht obligatorisch, sondern<br />
eher als wünschenswert in der Auflistung<br />
zum Raumprogramm der Hausgemeinschaft aufgenommen.<br />
Jede Hausgemeinschaft besteht aus einer<br />
Gruppe von maximal acht älteren Menschen, die<br />
familienähnlich – gleichsam als Haushaltsgemeinschaft<br />
– in einer ausreichend dimensionierten<br />
Wohnung zusammen wohnen. Es steht ihr<br />
ein rund 50 qm großer Gemeinschaftsbereich mit<br />
voll funktionsfähiger Küche zur Verfügung. Hinzu<br />
kommt als Privatbereich für jeden Bewohner<br />
ein mindestens 16 qm großes separates Einzelzimmer<br />
(12 qm Minimum nach der Heimmindestbauverordnung)<br />
mit jeweils kleiner Diele und<br />
je eigenem Duschbad und WC. In der Wohnküche<br />
als zentralem Element spielt sich der größte<br />
Teil des Alltagslebens ab, in dem hauswirtschaftliche<br />
Aktivitäten jeglicher Art zur aktiven<br />
Teilnahme oder zumindest zur passiven Teilhabe<br />
stimulieren und eine sinnstiftende Rolle für die<br />
Strukturierung des Tagesablaufs übernehmen.<br />
Die Küche ist analog einer großen Familienküche<br />
technisch mit allem Notwendigen ausgestattet.<br />
Außer den erforderlichen funktionellen<br />
Einrichtungen gehört daher auch ein großer, freistehender<br />
Esstisch, an dem alle Bewohnerinnen<br />
und Bewohner sitzen können zur Grundausstattung<br />
der Wohnung. Der Ofen darf nicht an der<br />
Wand stehen, sondern ist frei im Raum zu plat-<br />
Der Ofen zieren, darf nicht so dass an er der für Wand alle – gegebenfalls stehen, sondern auch für ist<br />
frei im Raum Rollstuhlfahrer zu platzieren, – so gut dass sichtbar er für ist. alle Auch – gegeben- belässt<br />
falls auch für diese Rollstuhlfahrer Ofenposition – der gut dort sichtbar hantierenden und erreichHausbar ist. Auch wirtschafterin belässt diese den Ofenposition Blickkontakt der dort zu den hantie- am<br />
renden Hauswirtschafterin Esstisch sitzenden den Personen. Blickkontakt So kann zu sie den unter am<br />
Esstisch sitzenden anderem Personen. darauf achten, So kann ob die sie älteren unter Menschen anderem<br />
darauf achten, genug ob die essen älteren und Menschen – was besonders genug wichtig essen und ist –<br />
– was besonders auch wichtig genug trinken. ist – auch genug trinken.<br />
In Nachbarschaft zur Küche beziehungsweise<br />
zum Herd befindet sich der große Esstisch mit bis<br />
zu zehn bequemen, standsicheren Stühlen, so<br />
dass die Bewohner und zwei betreuende Personen<br />
(Angehörige oder Personal) ausreichend<br />
Platz daran finden. Der große Tisch sollte Steckverbindungen<br />
haben, damit er im Konfliktfall<br />
oder bei besonderen Situationen in kleinere<br />
Tische zergliedert werden kann. Die Stühle soll-<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
ten mit Armlehnen versehen sein und hohen Sitzkomfort<br />
aufweisen. Zusätzlich genügt allenfalls<br />
ein Sessel mit Stehlampe. Sessel bieten nämlich<br />
keinen so guten Halt, sondern fördern eher das<br />
Absacken und einseitige Wegkippen der in sich<br />
zusammengesunkenen Bewohner. Als weitere<br />
Möblierung der „Wohnküche“ bieten sich ein bis<br />
zwei Sofas (Zweisitzer mit Wolldecken) an verschiedenen<br />
Stellen des Raumes an. Es gebietet<br />
sich von selbst, dass auf eine typische Wohnzimmermöblierung<br />
verzichtet werden kann.<br />
Um die Zone mit Herd und Esstisch herum, die<br />
offen und einsehbar gehalten sein sollte, gruppieren<br />
sich verschiedene weitere Zonen mit<br />
bequemen Sitzgelegenheiten, Ablagetischen,<br />
Regalen usw., die zusammen die Atmosphäre<br />
eines normalen Wohnraumes erzeugen. Auch<br />
der Gemeinschaftsbereich sollte mit Möbeln und<br />
Accessoires der Bewohnerinnen und Bewohner<br />
ausgestattet sein. Dies verleiht ihm einen unverwechselbaren<br />
Charakter persönlichen Anknüpfungspunkten.<br />
Von allen Zonen aus sollten anregungsreiche<br />
Ausblicke über zum Teil raumhohe<br />
Fenstertüren sowohl nach außen als auch in den<br />
geschützten Außenbereich möglich sein. Letzterer<br />
sollte leicht zugänglich und vor allem gefahrlos<br />
ohne ständige Aufsicht zu nutzen sein. Bei<br />
erdgeschossiger Lage bietet sich als geschützter<br />
Außenbereich ein Garten in direkter Zuordnung<br />
zur Wohnküche an, bei Hausgemeinschaften im<br />
Obergeschoss eine direkt an den Wohnküchenbereich<br />
anschließende Terrasse. Die Erschließung<br />
der Wohnküche sollte möglichst offen unmittelbar<br />
vom Eingang her über einen kleinen Garderobenbereich<br />
erfolgen. Räumlich an die Küche<br />
angeschlossen ist ein Speisenvorratsraum. Durch<br />
die Wohnküche werden über einen oder mehrere<br />
Stichflure die Privatzimmer der Bewohner erschlossen,<br />
die als Schlafzimmer, aber auch als<br />
individuelle Wohn- und Rückzugsbereiche fungieren<br />
und entsprechend wohnlich – ebenfalls<br />
mit eigenen Möbeln und persönlichen Gegenständen<br />
– ausgestattet sind. Jedem Privatraum ist<br />
ein eigenes kleines Bad zugeordnet, mit bodengleichem<br />
Duschplatz, Toilette und Waschbecken<br />
(vergleiche auch Qualitative Anforderungen an<br />
den Pflegeheimbau: Das Pflegezimmer, KDA<br />
thema Heft Nr.112, Köln 1995). Der Eingangsbereich<br />
zu jedem Privatzimmer sollte Platz bieten für<br />
einen Einbauschrank und eine Garderobe mit<br />
Spiegel. Aus praktischen Gründen wird die Diele<br />
in der Regel zum Schlafraum hin keine Tür aufweisen.<br />
25
26<br />
Komponenten von Hausgemeinschaften<br />
Beispiel eines kompletten Raumprogramms<br />
für eine einzelne Hausgemeinschaft<br />
Prototyp einer Hausgemeinschaft<br />
entwickelt vom KDA<br />
für Projekt Dannenberg<br />
(siehe auch Seite 35)<br />
8 Plätze NGF = 391,23 qm<br />
48,9 qm/Platz
Das Raumprogramm einer Hausgemeinschaft<br />
Lfd. Anzahl Bezeichnung der Räume Sollfläche in qm Bemerkungen<br />
Nr. Räume je Raum gesamt<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
1 8 Einzelzimmer 16 qm als private Wohn-/Schlafräume mit<br />
jeweils zuzüglich<br />
Vorraum/Garderobe<br />
4 qm<br />
weitestgehender Eigenmöblierung,<br />
keine Zimmer in Nordlage<br />
jeweils zuzüglich zuge- 4,5 qm<br />
ordnetem Duschbad/WC<br />
*<br />
zu Lfd. Nr. 2 Badezimmer:<br />
insgesamt 24,5 qm 196 qm mit offener, bodenebener Dusche und<br />
frei aufgestelltem WC; entfällt hier, wenn<br />
2 1 Badezimmer 18 qm mindestens 2 HGs geplant sind<br />
3 1 Koch-/Essbereich 50–55 qm lebendige Mitte der Hausgemeinschaft<br />
mit ergänzender Wohn- möglichst mit angrenzendem geschütztem<br />
zimmermöblierung Außenbereich/Terrasse, Herd frei im Raum<br />
4 1 Speisekammer bzw. 6 qm an Küche angrenzend<br />
Vorratsraum<br />
5 1 Büro, alternativ auch 8 qm Schreib-/Arbeitszimmer für<br />
als offener Arbeitsplatz Präsenz- und Pflegekräfte<br />
6 1 WC in neutraler Lage 4 qm Gäste- und Personal-WC, behindertengerecht<br />
nach DIN 18025 Teil 1<br />
7 1 Hauswirtschaftsraum 8 qm mit Waschmaschine, Trockner,<br />
Ausgussbecken sowie Putzmittelund<br />
Besenschrank<br />
8 1 Abstellraum 8 qm für Geräte und Hilfsmittel<br />
9 1 Wohnungseingang als mit Garderobe sowie gegebenfalls<br />
Windfang/ Wohndiele mit unter Lfd. Nr. 6 benanntem WC<br />
10 1 Haustechnikraum 6 qm<br />
Nutzfläche pro Hausgemeinschaft 304 – 309 qm ca. 47,5 qm NGF/Bewohner<br />
Raumangebote für einen Verbund von 2 – 4 Hausgemeinschaften auf einer Ebene oder in einem oder mehreren Gebäuden<br />
11 1 Badezimmer 18 qm „Pflegebad“ mit freigestellter normaler<br />
Wanne, WC und bodengleicher Dusche<br />
12 1 Pflegearbeitsraum 3 qm mit Ausguss, Steckbeckenspüle<br />
und Regalen<br />
13 1 Abstellraum 16 qm auch als Außengebäude (z.B. aus Holz)<br />
von außen erschlossen denkbar, für Rollstühle, Terrassenmöbel etc.<br />
14 1 Müllsammelraum 5 qm<br />
15 Abstellräume für Bewohner aus Kostengründen vornehmlich in<br />
Keller- oder Speicherräumen anzulegen<br />
Zusätzliche Nutzfläche pro Haus (HG-Verbund) ca. 45 qm<br />
Gemeinschaftsräume ab 2 Hausgemeinschaften<br />
16 Angehörigen- und Fläche variiert je im direkten räumlichen Zusammenhang<br />
Nachbarschaftscafé nach Gegebenheiten mit den Hausgemeinschaften<br />
u.U. mit kleiner Teeküche, und Bedarf oder als solitäre Einrichtung<br />
WC und Schreibtisch
28<br />
Komponenten von Hausgemeinschaften<br />
Innerhalb einer Hausgemeinschaft ist außerdem<br />
ein Schreib- oder ein Arbeitszimmer mit<br />
Schreibplatz, abschließbaren Schränken und Regalen<br />
für die Haushälterin bzw. die Pflegefachkraft<br />
vorzusehen. Zu diskutieren wäre, ob auf dieses<br />
Minibüro nicht verzichtet werden könnte.<br />
Denn sobald eine Mitarbeiterin dort hantiert<br />
(zum Beispiel Pflegedokumentation erstellt oder<br />
Spritzen aufzieht), wird den Bewohnern zwangsläufig<br />
Zuwendung entzogen. Denkbar wäre, dass<br />
auch diese bewohnerbezogenen Verrichtungen<br />
ganz in unmittelbarer Nähe des Bewohners stattfinden,<br />
was dem Bewohner ein zusätzliches Aufmerksamkeitspotential<br />
erschließt.<br />
Als eine weitere Fläche kommt in einer Hausgemeinschaft<br />
in der Regel ein Hauswirtschaftsraum<br />
zur Wäscheversorgung mit Waschmaschine,<br />
Trockner, klappbaren Wäscheständer und<br />
Wäschesammlern hinzu. Außerdem muss Platz<br />
vorhanden sein für einen Putzmittel- und Besenschrank,<br />
für Wäschekorb, Bügelbrett und Bügeleisen<br />
sowie ausreichend Ablageflächen. Hinzu<br />
kommt ein Abstellraum für Geräte, Hilfsmittel<br />
und Pflegeutensilien und ein zusätzliches neutral<br />
gelegenes WC mit Waschbecken für Personal<br />
beziehungsweise Gäste. Wird diese Toilette nach<br />
der DIN 18025 Teil 1 gestaltet, so ist dies zugleich<br />
das behindertengerechte WC in der Hausgemeinschaft<br />
(siehe Seite 27, Lfd. Nr. 6).<br />
Hausbezogene Raumangebote<br />
Hausgemeinschaften sind von ihrem Charakter<br />
her kleine gemeindenahe Formen integrierter<br />
Wohn-, Betreuungs- und Pflegeangebote. Sie<br />
sind von daher nicht in beliebig großer Zahl aufaddierbar,<br />
bis man dann doch wieder bei Institutionen<br />
mit übergroßen Heimplatzkapazitäten<br />
angelangt ist. Die Hausgemeinschaften sind<br />
möglichst ebenerdig oder auf zwei Ebenen zu<br />
überschaubaren Einheiten (Häusern) räumlich<br />
zusammengefasst. Sinnvoll – aus Verwaltungsoder<br />
Kostengründen, auch um den Nachtdienst<br />
für mehrere Hausgemeinschaften zusammenzulegen<br />
– wäre es zum Beispiel, zwei bis vier Hausgemeinschafts-Wohnungen<br />
zu einem Haus zusammenzufassen.<br />
Alle Bereiche vor dem Haus<br />
und im Gebäude sind nach DIN 18025 Teil 2 barrierefrei<br />
und gegebenenfalls behindertengerecht<br />
nach DIN 18025 Teil 1 auszuführen. Pro Haus ist<br />
ein geschützter, stufenlos erreichbarer und ausreichend<br />
zu beleuchtender Eingang vorzusehen,<br />
der in der Regel – wie bei anderen Mietshäusern<br />
auch – von außen nicht unmittelbar frei zugänglich<br />
ist. Vom Gebäudezugang aus gelangt man in<br />
die halböffentlichen Hausflure, die die Hausgemeinschafts-Wohnungen<br />
erschließen. Die Hausflure<br />
sind zugleich sekundäre Wohnbereiche und<br />
entsprechend einladend mit Sitzecken, Pflanzen<br />
und Bildern zu gestalten. So können die Kontakte<br />
der Bewohner untereinander erleichtert werden.<br />
Vom halböffentlichen Hausflur aus gelangt<br />
man in die einzelnen Hausgemeinschafts-Wohnungen.<br />
Bratenduft – die Gruppengröße<br />
einer Hausgemeinschaft<br />
umfasst acht Personen<br />
(siehe Portionierung in der<br />
Pfanne)
In möglichst zentraler Lage zu jeweils zwei<br />
oder mehr Hausgemeinschaften liegt mit geschütztem<br />
Zugang ein Badezimmer („Pflegebad“).<br />
Zur Ausstattung gehört eine normale<br />
Wanne (keine Hubwanne) sowie ein WC und<br />
Waschbecken. Die Heimmindestbauverordnung<br />
ordnet 20 Bewohnern ein Bad mit mindestens<br />
einer Dusche oder einer Badewanne zu. Zur<br />
Erleichterung des Badens werden unauffällige<br />
mobile Hilfsgeräte, wie zum Beispiel hydraulische<br />
Sitze an Stelle von technischen, furchterregenden<br />
Liftern eingesetzt. Die räumliche Gestaltung sollte<br />
durch möglichst natürliche Belichtung, helle<br />
freundliche Farben, eventuell Grünpflanzen, eine<br />
gut funktionierende Be- und Entlüftung Anlass<br />
dazu geben, sich auch im Badezimmer wohl zu<br />
fühlen. Abstellräume für persönliche Gegenstände<br />
der Bewohner, möglichst ohne Treppen geschützt<br />
zu erreichen, ein zentraler Abstellraum<br />
für Rollstühle, Fahrräder und Gerät sowie ein<br />
Müllsammelraum komplettieren das Raumangebot.<br />
Freilich sind im Sinne von Normalität auch<br />
Gruppierungen von Hausgemeinschaften möglich,<br />
die untereinander nicht räumlich verbunden<br />
sind. Dann ist jede Hausgemeinschaft entsprechend<br />
auszustatten (siehe Seite 27 Auflistung<br />
Raumprogramm).<br />
Reizthema „Küche“<br />
Beim Planen und Bauen von Hausgemeinschaften<br />
konzentrieren sich die Diskussionen immer<br />
wieder auf das Thema Küche. Das Spektrum der<br />
Fragen ist breit: Sind die Hausgemeinschaftsküchen,<br />
die dezentral die Funktion der Speisenzubereitung<br />
für die Bewohner je einer Hausgemeinschaft<br />
übernommen haben, Produktionsküchen,<br />
die in vollem Umfang das Essen für die<br />
Hausgemeinschaft produzieren? Sollen sie eher<br />
die Funktion von Verteilerküchen haben, die das<br />
Essen, das aus der nahen Krankenhausküche geliefert<br />
wird, aufbereiten und weitergeben? Sind<br />
sie besser ausgestattete Teeküchen, in denen für<br />
den Eigenbedarf zeitweise auch gekocht werden<br />
kann? Oder sind Hausgemeinschaftsküchen gar<br />
Therapieküchen, in denen vordringlich zu therapeutischen<br />
Zwecken die Zubereitung der Speisen<br />
vorgenommen wird? Die Heimmindestbauverordnung<br />
schreibt vor, dass in Pflegeheimen ausreichende<br />
Kochgelegenheiten für die Bewohner<br />
vorhanden sein müssen, dies zudem in ausrei-<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
Zufriedenheit<br />
am „Arbeitsplatz<br />
Wohnküche“<br />
in einem<br />
Altenpflegeheim<br />
chender Zahl und den Besonderheiten der Pflegebedürftigkeit<br />
angepasst. Deshalb ist der Abgleich<br />
mit den Heimaufsichtsbehörden von diesem Ausgangspunkt<br />
aus meist leicht zu erreichen.<br />
Als schwieriger hat sich bislang die Abstimmung<br />
mit den zuständigen Vertretern der Gesundheitsämter<br />
herausgestellt. Schon die enge<br />
Auslegung einer Hygiene-Verordnung kann zu<br />
einer hohen Hürde auf dem Weg zur Umsetzung<br />
des Hausgemeinschafts-Konzeptes werden. Die<br />
Kernfrage ist derzeit: Sind die relativ kleinen<br />
Hausgemeinschafts-Küchen, die das Essen lediglich<br />
für den Eigenbedarf der Hausgemeinschafts-<br />
Mitglieder produzieren, denselben Kontroll-<br />
Bestimmungen unterlegen wie die großen Zentralküchen,<br />
wo beträchtliche Mengen Essen für<br />
eine erhebliche Anzahl Menschen außerhalb des<br />
Küchenbereiches zubereitet werden? Es ist davon<br />
auszugehen, dass die für zentrale Speisenproduktionsküchen<br />
geltende HACCP im Zusammenhang<br />
mit Hausgemeinschaften nicht greift. Auch<br />
wenn das Heimgesetz keine Aussage dazu<br />
macht, gilt allerdings die Lebensmittelhygieneverordnung<br />
(LMHV). Und diese lässt unter hygienisch<br />
erwandfreien Bedingungen die dezentrale<br />
Essensproduktion zu, unter der Bedingung, dass<br />
die Speisen dort verzehrt werden, wo sie zubereitet<br />
werden. Bereits praktizierte Lösungen zu diesem<br />
Thema und ein – möglicherweise – richtungsweisender<br />
Merkblattentwurf werden auf<br />
den folgenden Seiten (siehe auch Kapitel 3) vorgestellt.<br />
29
30<br />
Komponenten von Hausgemeinschaften<br />
Merkblatt für Wohnformen mit dezentraler Speisenversorgung<br />
Eine Speisenversorgung, die durch Dritte sichergestellt wird, unterliegt der Lebensmittelhygieneverordnung<br />
(LMHV). Dies gilt auch nach derzeitigem Stand für das gemeinschaftliche<br />
Wohnen in Gruppen im Bereich der Altenhilfe. Ziel dieses Merkblattentwurfes ist es,<br />
Maßnahmen festzulegen, die einerseits den Anforderungen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes<br />
im Sinne der LMHV gerecht werden, andererseits jedoch die begrüßenswerten<br />
Einrichtungen nicht durch überzogene Hygieneanforderungen gefährden.<br />
Gemeinschaftliches Wohnen in Gruppen<br />
mit dezentraler Versorgung<br />
Bei den derzeit etablierten oder sich entwickelnden<br />
Hausgemeinschaften lassen<br />
sich unterschiedliche Organisationsformen<br />
beschreiben. Unter anderem gibt es:<br />
• Den „vollstationären“ Typ I<br />
Solitäre oder im Verbund betriebene<br />
Hausgemeinschaften mit jeweils<br />
ca. 6 – 8 Personen<br />
• Den „vollstationären“ Typ II<br />
Wohngruppen oder Wohnbereiche eines<br />
Heimes oder Teile einer Einrichtung<br />
Allen Typen gemeinsam ist die selbstständige<br />
und dezentrale hauswirtschaftliche<br />
Versorgung, inklusive der Vorbereitung und<br />
Zubereitung der Speisen ausschließlich für<br />
die dort wohnenden Heimbewohner:<br />
Die Lebensmittelhygieneverordnung findet<br />
hier Anwendung. Die nachfolgenden<br />
Empfehlungen beziehen sich auf die Wohnformen<br />
des stationären Typs I und II.<br />
Es wird grundsätzlich empfohlen, schon in<br />
der Planungsphase oder bei maßgeblichen<br />
Veränderungen solcher Projekte Kontakt<br />
zum zuständigen Lebensmittelüberwachungsamt<br />
aufzunehmen und auf dessen<br />
Beratungskompetenz zurückzugreifen.<br />
Eckpunkte<br />
1. Bauliche Voraussetzungen<br />
Es muss gewährleistet werden, dass die<br />
Speisen vor nachteiligen Beeinflussungen<br />
– auch durch die Bewohner – geschützt<br />
sind, auch ist die Sicherheit des Arbeitsplatzes<br />
(Arbeitsschutz) angemessen zu<br />
berücksichtigen.<br />
• Durch eine entsprechende Ausstattung<br />
und Einrichtung sollte eine angemessene<br />
Sicherung des sensiblen Bereiches (Zubereitung<br />
und Kochen) realisiert werden.<br />
Mögliche gestalterische Elemente sind<br />
zum Beispiel ein Tresen, eine Arbeitsplatte<br />
oder eine entsprechende Bestuhlung.<br />
Hierdurch können gleichzeitig verbindende<br />
und sichernde Elemente geschaffen<br />
werden die sowohl für den notwendigen<br />
Schutz sorgen, aber auch die Wahrnehmung<br />
von Sinneseindrücken und die<br />
Beteiligung der Bewohner ermöglichen.<br />
• Der für die Bewohner leicht zugängliche<br />
Bereich (Essbereich), kann hygienisch unempfindliche<br />
Einrichtungen wie zum Beispiel<br />
Kaffeemaschine, Geschirrschränke<br />
u.s.w. enthalten.<br />
• Für die Lebensmittel zur Speisenzubereitung<br />
muss ein nur der hauswirtschaftlichen<br />
Kraft zugänglicher Kühlschrank<br />
mit ausreichend dimensionierter Kühlkapazität<br />
vorhanden sein (eventuell ein<br />
gesonderter Kühlschrank für Zwischenkühlung).
• Darüber hinaus sollte sich im leicht<br />
zugänglichen Bereich ein separater<br />
Kühlschrank für private Lebensmittel<br />
befinden.<br />
• Für die Bewohner muss sich im leicht<br />
zugänglichen Bereich der Küche ein<br />
Handwaschbecken mit Einmalhandtüchern<br />
befinden.<br />
2. Persönliche Hygiene/Arbeitshygiene<br />
Zur Vermeidung nachteiliger Beeinflussung<br />
der Speisen gelten für die hauswirtschaftlich<br />
tätigen Personen die allgemeinen<br />
Hygieneanforderungen (persönliche<br />
Hygiene, saubere Arbeitskleidung, Umkleidemöglichkeiten,<br />
...)<br />
• Vor Betreten des sensiblen Küchenbereiches<br />
und nach direktem Umgang mit den<br />
Bewohnern ist es erforderlich, die Hände<br />
gründlich zu reinigen.<br />
• Sensible Produkte müssen von dem<br />
Einfluss der Bewohner fern gehalten<br />
werden.<br />
• Bevor die Bewohner aktiv in die Zubereitung<br />
eingreifen, ist das Händewaschen<br />
unerlässlich.<br />
• Der Gesundheitsstatus der Bewohner<br />
muss berücksichtigt werden.<br />
• Die Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes<br />
für die Arbeitskräfte müssen<br />
berücksichtigt werden.<br />
3. Eigenkontrollen<br />
Die Erstellung eines Eigenkontrollsystems<br />
im Sinne der LMHV sollte unter pragmatischen<br />
Gesichtspunkten erfolgen.<br />
• In die Kontrolle einbezogen werden<br />
müssen die Lagerung von Speisen und<br />
Zutaten sowie die Verwendung von<br />
Zusatzstoffen (zum Beispiel Süßstoffen).<br />
• Überprüfung der festgelegten Verantwortlichkeiten<br />
muss erfolgen. (Werden<br />
die Tätigkeiten auch tatsächlich von den<br />
dafür vorgesehenen Personen ausgeführt?)<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
4. Dokumentation der Arbeitsabläufe/<br />
Verantwortlichkeiten<br />
• Verantwortlichkeiten und Kompetenzen<br />
festlegen,<br />
• Speisenmanagement erstellen:<br />
Was wird wann von wem zubereitet?<br />
Was geschieht mit Resten?<br />
• Nachvollziehbarkeit von Speiseplänen,<br />
• Tätigkeitsfelder für Personal und Bewohner<br />
festlegen, Gesundheitszustand der<br />
Bewohner berücksichtigen,<br />
• Frage der Aufsicht klären, wenn Personal<br />
die Küche verlassen muss.<br />
5. Fort- und Weiterbildung<br />
Das Personal ist regelmäßig, systematisch<br />
zu schulen. Dies ist in Schulungsplänen<br />
festzulegen. Darüber hinaus sollten bei<br />
gegebenem Anlass zusätzliche Schulungen<br />
stattfinden (zum Beispiel gründliche Einweisung<br />
bei Neueinstellungen):<br />
• Anforderungen an die Qualifikation des<br />
Personals festlegen (zum Beispiel<br />
Fachkraft),<br />
• Regeln für die Bewohner vermitteln.<br />
6. Weiterer Regelungsbedarf<br />
besteht bezüglich Medikamentenausgabe,<br />
der Raucher-/Nichtraucherproblematik und<br />
bezogen auf Tierhaltung.<br />
Dieser Merkblattentwurf wurde redaktionell<br />
für diese Schrift überarbeitet. Er<br />
spiegelt den Diskussionsstand einer vom<br />
KDA initiierten Arbeitsgruppe zum Thema<br />
„Hausgemeinschaften und Lebensmittelhygiene“<br />
wider, die im NRW-Umweltministerium<br />
angesiedelt ist.<br />
31
32<br />
Komponenten von Hausgemeinschaften<br />
Variationen beim Bau von Hausgemeinschaften<br />
Entwerfen und Bauen von Hausgemeinschaften ist eine ebenso anspruchsvolle wie reizvolle<br />
architektonische Aufgabe. Für das Neue Wohnen im Alter sind keineswegs beliebig<br />
oft kopierbare Einheitslösungen gefragt. Der kreative Spielraum wird durch das oben<br />
dargestellte Raumprogramm vom Grundsatz her nicht eingeschränkt. Abweichungen von<br />
den Empfehlungen sind selbstverständlich möglich, falls die Funktionalität keinen Schaden<br />
nimmt und die Kostenrichtwerte für den Heimbau nicht überschritten werden. Die mit der<br />
Hausgemeinschafts-Idee verbundenen konzeptionellen Ansprüche, die sich im Raumprogramm<br />
als Minimalvorgabe spiegeln, ebenso aber auch die unterschiedlichen ökonomischen,<br />
ökologischen, kulturellen und klimatischen Bedingungen in den Regionen<br />
fordern Fachkompetenz, Stilgefühl und Inspiration der Architekten, Bauherren und<br />
Betreiber von Hausgemeinschaftsprojekten heraus. Auch mit Blick auf den vorherigen<br />
Abschnitt ist jedes konkrete Projekt vom Prinzip her ein individuelles unwiederholbares<br />
Produkt und somit zwangsläufig eine Modifikation der im letzten Abschnitt umrissenen<br />
„archetypischen“ Hausgemeinschaft. In den hier vorgestellten „Variationen“ werden<br />
ansatzweise einige der Spielarten aufgegriffen, die sich in der noch jungen Geschichte<br />
des Bauens von Hausgemeinschaften jetzt bereits abzeichnen.<br />
Distanztyp oder Umklammerungstyp<br />
Auf einen unverzichtbaren Standard beim Bau<br />
von Hausgemeinschaften soll an dieser Stelle<br />
noch einmal ausdrücklich verwiesen werden:<br />
Gefordert wird für den Bau von Hausgemeinschaften<br />
ein 100-Prozent-Anteil von Einpersonen-Zimmern.<br />
Für„Zweibettzimmer“besteht von<br />
Bewohnerseite aus nur in äußerst seltenen Ausnahmefällen<br />
ein Bedarf. Nur die Privaträume für<br />
jeweils eine Person ermöglichen das in der Hausgemeinschaft<br />
konzeptionell angestrebte Gleichgewicht<br />
zwischen Nähe und Distanz. Bei Positionierung<br />
des Gemeinschaftsbereichs innerhalb der<br />
Ausschnitt Erdgeschoss<br />
Johann-Friedrich-Stift in Lich<br />
N<br />
gesamten Hausgemeinschafts-Wohnung lassen<br />
sich sowohl aus architektonischer als auch aus<br />
konzeptioneller Sicht zwei Ausprägungsrichtungen<br />
unterscheiden: Bei einer häufig gewählten<br />
Anordnungsform folgt der Gemeinschaftsbereich<br />
vor Kopf der Wohnung unmittelbar aus dem<br />
Eingangsbereich der Hausgemeinschaft. Daran<br />
erst schließt sich ein Flur an, der zu einer relativ<br />
geschlossenen Gruppierung oder zu einer Reihung<br />
der Privatzimmer führt. In einer anderen<br />
Raumfolge bewegen sich die Bewohnerzimmer<br />
auf den Gemeinschaftsbereich zu, indem die Privaträume<br />
vom Grundriss her das Zentrum der<br />
Gemeinschaft enger umfassen.<br />
Der moderne Distanztyp<br />
mit klarer Orientierung:<br />
Gemeinschafts- und Privatbereich<br />
heben sich durch Lage<br />
und durch den größeren Anteil<br />
von Verkehrsflächen voneinander<br />
ab. In diesem größere Neutralität<br />
anstrebenden Beispiel<br />
sind die Bewohnerzimmer<br />
tendenziell von den gemeinschaftlichen<br />
Räumen und Funktionen<br />
stärker abgesetzt. Insgesamt<br />
wird dadurch der Rückzugsmöglichkeit<br />
der Bewohner<br />
mehr Raum und Gewicht zuerkannt,<br />
ohne der Gefahr der<br />
Isolation zu erliegen.
Hausgemeinschaft Wetter<br />
Zweipersonen-Wohnungen in und an Hausgemeinschaften<br />
Grundriss Münster-Nienberge<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
Eine weitere Grundrissmodifikation<br />
entsteht bei<br />
einer Hausgemeinschaft auch<br />
dadurch, dass zwei Einzelzimmer<br />
zu einer kleinen<br />
Zweiraum-Wohnung mit<br />
nach Wohnen und Schlafen<br />
differenzierten Räumen<br />
zusammengefügt werden.<br />
Für ein älteres Paar zum<br />
Beispiel entsteht so innerhalb<br />
der Hausgemeinschaft ein<br />
eigener kleiner Wohn-/Schlaftrakt<br />
inklusive Diele, Bad<br />
und WC, gleichsam eine Wohnung<br />
in der Wohnung.<br />
Eine weitere Variation wird<br />
ermöglicht durch den Einbau<br />
einer zusätzlichen Zugangstür<br />
zur Hausgemeinschaft. So<br />
können eine Hausgemein-<br />
Der Umklammerungstyp:<br />
Die Fläche für Flure reduziert<br />
sich auf ein Minimum. Hier<br />
erleichtert die Raumanordnung<br />
jedem Bewohner das<br />
rasche Umschalten von Privat<br />
auf Halböffentlich und umgekehrt.<br />
Auch hier sind sowohl<br />
der Individualbereich als auch<br />
die Gemeinschaftsfläche<br />
gleichwertig ausgebildet,<br />
jedoch mit stärkerem Bezug<br />
aufeinander und dem Akzent<br />
auf das Gemeinschaftszentrum.<br />
Das Grundrissbeispiel<br />
zeigt eine von drei um<br />
einen Innenhof gruppierte<br />
Hausgemeinschaften eines<br />
Projektes der Altenhilfe<br />
Wetter.<br />
schafts-Wohnung und andere<br />
Wohneinheiten auf der<br />
selben Ebene, im Grundrissbeipiel<br />
eine voll ausgebildete<br />
Zweipersonen-Wohnung,<br />
obwohl getrennt voneinander<br />
erschlossenen, stärker aufeinander<br />
bezogen werden. Die<br />
assoziierte Wohneinheit<br />
eignet sich zum Beispiel gut<br />
für ein Paar, bei dem einer der<br />
beiden Partner den anderen,<br />
der pflegebedürftig ist,<br />
betreut. Durch die leichter<br />
erreichbare Hausgemeinschaft<br />
erhält das Paar zusätzliche<br />
Sicherheit, ohne auf<br />
ein komplettes eigenes Territorium<br />
in Form einer getrennt<br />
zugänglichen Wohnung<br />
verzichten zu müssen.<br />
33
34<br />
Komponenten von Hausgemeinschaften<br />
Grundriss 1.Obergeschoss, Johanniterhaus Dannenberg<br />
Hausgemeinschafts-Satelliten<br />
Das Alten- und Pflegeheim der Johanniter in Dannenberg<br />
wird nach Gutachten und Modernisierungsentwurf<br />
der Abteilung Architektur im KDA<br />
total modernisiert. Statt der bisherigen 110 Plätze<br />
des alten Johanniterhauses entstehen auf dem<br />
Gelände durch Um- und Neubau 64 Plätze in acht<br />
Hausgemeinschaften. Die durch die Modernisierung<br />
verloren gehenden Pflegeplätze werden<br />
nicht wie üblich durch große Anbauten ersetzt,<br />
sondern zu den Pflegebedürftigen in die Gemeinden<br />
vor Ort transportiert. Pflege geht also, salopp<br />
gesagt, zu den Menschen und nicht umgekehrt,<br />
Menschen kommen zur Pflege. Zusätzliche Hausgemeinschafts-Plätze<br />
werden durch den Neubau<br />
von Satelliten-Hausgemeinschaften in den Vorortgemeinden<br />
Qickborn (8 Plätze) und Clenze (24<br />
Plätze) geschaffen. Die Gemeinden haben eine<br />
enge Zusammenarbeit im Rahmen dieses Projektes<br />
angekündigt. So wächst ein gemeindenahes<br />
Verbundsystem an drei Standorten, für das – gerade<br />
auch wegen der Beteiligung der Gemeinden<br />
– durch das Bundesministerium für Gesundheit<br />
eine Förderung in Aussicht gestellt wurde.
Das sogenannte Satelliten-System beinhaltet<br />
zusätzliche „Rationalisierungspotenziale“.Ein bestimmter<br />
Prototyp von Hausgemeinschaft wird<br />
planerisch vorentwickelt: Zwei Elemente mit je<br />
vier gleich großen Zimmern (jeweils inklusive Diele,<br />
Bad, WC) werden mitsamt den hausgemeinschaftseigenen<br />
Funktionsräumen (verteilt auf die<br />
beiden Elemente) vorgefertigt. Wenn diese Teile<br />
in vorelementierter Bauweise lieferbar sind, ergeben<br />
sich bei der baulichen Umsetzung der Hausgemeinschaft<br />
– in erster Linie in Folge einer Minimierung<br />
der Bauzeiten – Einspareffekte.<br />
Die beiden Vierzimmer-Hälften der Hausgemeinschaft<br />
docken an einen Gemeinschaftskern<br />
an, der zum Beispiel in der ortsüblichen Bauweise<br />
erstellt oder individuell entworfen wird. Dieser<br />
Kern gibt der Hausgemeinschaft ihren spezifischen<br />
baulichen Charakter. Der Hausgemeinschafts-Prototyp<br />
kann an einem einzelnen Ort<br />
oder netzwerkartig über mehrere Orte hinweg<br />
realisiert werden.<br />
Der kleine Satellit in Quickborn<br />
Das Beispiel in Quickborn (Landkreis Lüchow-Dannenberg)<br />
zeigt die Lage einer Hausgemeinschaft<br />
mit acht vollstationären Hausgemeinschafts-<br />
Pflegeplätzen, gelegen an der Hauptstraße in der<br />
Nähe eines Pflegeheims. Mit diesem ist die Hausgemeinschaft<br />
unter anderem durch eine Rufbereitschaft<br />
des Nachts verbunden.<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
Der Prototyp<br />
Der größere Satellit in Clenze<br />
In einem weiteren Schritt findet sich der Hausgemeinschafts-Prototyp<br />
in einer benachbarten Ortschaft<br />
wieder, gegebenenfalls mit einem baulich<br />
anders gestalteten Gemeinschaftskern.<br />
In Clenze fügt der Träger den Hausgemeinschafts-<br />
Prototyp mit zwei weiteren zu einer Einheit<br />
zusammen, so dass ein Ensemble von drei ebenerdigen<br />
Hausgemeinschaften mit insgesamt<br />
24 Hausgemeinschafts-Pflegeplätzen entsteht.<br />
HG 8 Plätze<br />
NGF = 391,23 qm<br />
pro Platz 48,9 qm<br />
(siehe Seite 26)<br />
35
36<br />
Komponenten von Hausgemeinschaften<br />
Grundriss und Seitenansicht<br />
Heimverbundene Hausgemeinschaft<br />
„Auf dem Höhlchen“<br />
Heimverbundene Hausgemeinschaft<br />
Zur Sicherung der Strukturqualität ihrer stationären<br />
Bereiche befindet sich die Altenhilfe<br />
Wetter (in Trägerschaft des St. Elisabeth-Vereins<br />
Marburg) generell in der Planungsphase zu umfassenden<br />
Sanierungs- und voraussichtlich auch<br />
Neubaumaßnahmen in Zusammenhang mit ihrem<br />
Alten- und Pflegeheim an der Schulstraße in<br />
Wetter (zurzeit 85 Plätze). Der grundlegende Umstrukturierungsprozess<br />
des „Stammhauses“ richtet<br />
sich schwerpunktmäßig auf die Betreuung<br />
demenziell erkrankter älterer Menschen, für die<br />
in der Region bislang spezialisierte Pflege- und<br />
Wohnangebote fehlten. Durch entsprechende<br />
bauliche Maßnahmen sollen für diesen Personenkreis<br />
auch stationäre Hausgemeinschaften errichtet<br />
werden. Zwischenzeitlich wurde bereits eine<br />
einzelne Hausgemeinschaft für sechs demenzkranke<br />
ältere Menschen als Modellprojekt auf<br />
dem Höhlchen (Straßenname) auf den Weg gebracht.<br />
Diese Außenwohngruppe entstand etwa<br />
fünf Autominuten vom stationären „Stammhaus“<br />
entfernt im vormals Neunfamilienhaus auf<br />
etwa 223 qm durch Umbau und Zusammenlegung<br />
von drei Eigentumswohnungen.<br />
Der Wohn-/Essbereich mit<br />
integrierter offener Küche hat<br />
eine Größe von ca. 50 qm. Er<br />
ist zentral angeordnet, so<br />
dass die Mitglieder der Hausgemeinschaft,<br />
wenn sie sich<br />
hier aufhalten, „mitten drin“<br />
sind im Geschehen. Eine<br />
große Tür ermöglicht den<br />
Zutritt zu Terrasse und Garten<br />
direkt vom Wohn-/Esszimmer<br />
aus. Alle Gemeinschaftsbereiche,<br />
einschließlich Küche, sind<br />
jederzeit, auch nachts, zugänglich.<br />
Die Anzahl der Wirtschaftsräume<br />
bemisst sich an<br />
einer Ausstattung eines Familienhaushaltes<br />
dieser Größe<br />
und entspricht den mit der<br />
Heimaufsichtsbehörde abgestimmten<br />
Anforderungen. Ein<br />
Raum dient als Dienstzimmer<br />
für Telefonate, Aufbewahren<br />
der Medikamente und Pflegedokumentationen.<br />
Diese heimverbundene Hausgemeinschaft ist als<br />
Außenwohngruppe des bestehenden Alten- und<br />
Pflegeheims konzipiert und erprobt in einer dreijährigen<br />
Modell-Lernphase unter wissenschaftlicher<br />
Supervision das Hausgemeinschafts-Konzept.<br />
Die Verwaltung wird als zentrale Dienstleistung<br />
für die externe Hausgemeinschaft vom<br />
Stammhaus erbracht. Die Begegnungen mit den<br />
anderen sechs Familien im Hause, besonders<br />
auch über die Kinder, finden in gutnachbarschaftlicher<br />
Manier statt. Gleichsam zufällig hat<br />
sich so durch die Implementierung einer Hausgemeinschaft<br />
in ein Wohnhaus im Bestand ein<br />
Mehrgenerationenwohnen eingestellt. Dies fügt<br />
sich ein in den „Kodex“ der Hausgemeinschaft,<br />
die sich zwei „hohen“ Grundsätzen verpflichtet<br />
sieht, nämlich die Vertrautheit des Wohnens trotz<br />
Betreuungs- und Pflegebedarfs auch im Alter zu<br />
gewährleisten sowie den normalen Alltag – mit<br />
Arbeit und Freizeit, mit Essen und Trinken, Kontakten<br />
und Rückzugsmöglichkeiten, auch mit<br />
Reibungsstellen – in den Vordergrund des Erlebens<br />
zu rücken.
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
In Abstimmung mit der zuständigen Heimaufsichtsbehörde werden die Erfordernisse<br />
der Heimmindestbauverordnung Auf dem Höhlchen modifiziert umgesetzt:<br />
1. Statt einer freigestellten Badewanne wird bei Bedarf durch einen Badewannenlifter das<br />
Be- und Entsteigen der Wanne ermöglicht.<br />
2. Auf Handläufe im Wohnungsbereich wird bei Gehfähigkeit der Hausgemeinschafts-<br />
Bewohner verzichtet.<br />
3. In möglichst vielen Privaträumen (ca. 4 Zimmer) werden, wenn technisch machbar,<br />
Anschlüsse für Waschbecken gelegt.<br />
4. Es wird keine Rufanlage installiert. Sollte ein Rufsystem für einzelne Bewohner<br />
notwendig werden, wird dieses durch geeignete drahtfreie Technik ermöglicht.<br />
5. Ein Bewohnertelefon wird in Form eines schnurlosen Telefons vorgehalten.<br />
6. Eine ausreichende Kochgelegenheit für die Bewohner wird durch die allen zugängliche<br />
Küche, in der auch gemeinsam die Speisenzubereitung erfolgt, vorgehalten.<br />
7. Der gemeinsame Wohn-/Essraum dient auch als „Gemeinschafts- und<br />
Therapieraum“.<br />
Folgende Erfordernisse hingegen waren zwingend zu erfüllen:<br />
1. In einem Badezimmer ist eine bodengleiche Dusche einzurichten.<br />
2. In den sanitären Anlagen sind entsprechende Haltegriffe etc. anzubringen.<br />
3. Die Flurbeleuchtung muss nachts als Dauerbeleuchtung schaltbar sein.<br />
4. An der Treppe des Hauseingangs sind beidseitige Handläufe anzubringen.<br />
5. In einem Arbeitsraum muss durch entsprechende Sanitärinstallation die<br />
Reinigung stark verschmutzter Wäsche, von Nachtstuhleimern etc. ermöglicht<br />
werden.<br />
6. Eine Besuchertoilette sollte zur Verfügung gestellt werden.<br />
In Abstimmung mit der zuständigen Heimaufsichtsbehörde wurden Auf dem Höhlchen<br />
die personellen Erfordernisse des Heimgesetzes wie folgt umgesetzt:<br />
1. Die Personalbesetzung in dieser Hausgemeinschaft wird so geplant, dass eine<br />
auf die Bewohner abgestimmte Fachbesetzung gewährleistet ist. Eine Fachbesetzung<br />
wird angenommen, wenn mindestens eine Pflegefachkraft tagsüber<br />
vor Ort präsent oder für bestimmte Stunden des Tages durch eine Rufbereitschaft<br />
verfügbar ist.<br />
2. Grundsätzlich sind zwei Mitarbeiterinnen pro Schicht eingesetzt.<br />
3. Eine Anpassung des Personalbedarfs (Verstärkung/Reduzierung des Personaleinsatzes)<br />
wird mit der zuständigen Heimaufsicht abgestimmt.<br />
4. Während der Nachtstunden kann der Dienst durch eine Pflegehilfskraft wahrgenommen<br />
werden, wenn<br />
• im Stammhaus in der Schulstraße zwei Pflegefachkräfte im Nachtdienst<br />
eingesetzt sind und durch eine von ihnen eine Notrufbereitschaft geleistet wird<br />
oder<br />
• im Stammhaus in der Schulstraße eine Pflegefachkraft und eine Hilfskraft im<br />
Nachtdienst eingesetzt sind und die Notrufbereitschaft durch eine in Wetter<br />
wohnende Pflegefachkraft übernommen wird.<br />
37
38<br />
Komponenten von Hausgemeinschaften<br />
Ursprüngliche<br />
Planung<br />
Zwischenschritte zur Hausgemeinschaft<br />
Einige Heime der dritten Pflegeheimbau-Generation<br />
vollziehen den großen Schritt von einer engagierten<br />
Wohnbereichspflege zur Hausgemeinschaftsstruktur<br />
noch nicht ganz. Sie halten sich<br />
jedoch eine Option in Richtung vollstationärer<br />
Hausgemeinschaftsstruktur für die Zukunft offen.<br />
Pflegezentrum Rablinghausen in Bremen<br />
Wohngruppen mit Hausgemeinschafts-Charakter<br />
Im Pflegezentrum Rablinghausen<br />
wurde eine familienorientierteWohnbereichspflege<br />
mit Hausgemeinschafts-Charakter<br />
installiert.<br />
Die ursprüngliche Planung<br />
zielte auf 21 Appartements<br />
mit einem Gemeinschafts-/<br />
Küchenbereich auf der Ebene<br />
des Erdgeschosses, nach Überplanung<br />
– bereits während<br />
des Bauens – entstanden zwei<br />
kleinere Wohngruppen mit<br />
jeweils eigenem Wohn-/Ess-/<br />
Kochbereich. Mitten im Bremer<br />
Stadtteil Rablinghausen<br />
liegt auf dem Gelände des<br />
ehemaligen Bauernhofes der<br />
Familie Vagt die Einrichtung<br />
der Bremer Heimstiftung<br />
„Tönjes Vagt Hof – Stiftungsdorf<br />
Rablinghausen“. In unmittelbarer<br />
Nähe des renovierten<br />
alten Bauernhauses<br />
mit seinen Gemeinschaftseinrichtungen<br />
sind 56 seniorengerechte<br />
und behindertenfreundlicheService-Mietwoh-<br />
Zwischenschritte in Richtung Hausgemeinschaft<br />
finden sich zum Beispiel im Bochumer Buchen-Hof,<br />
in dem 96 Heimplätze – unter anderem mittels<br />
Schließung der Zentralküche – zu acht Wohngruppen<br />
mit Hausgemeinschafts-Charakter für je zwölf<br />
Personen umorganisiert wurden. Auch im Alten-<br />
Ausgeführte<br />
Planung<br />
nungen entstanden. Sie bilden<br />
gemeinsam mit dem 62<br />
Plätze umfassenden Pflegezentrum<br />
Rablinghausen das<br />
Stiftungsdorf.<br />
Das Pflegezentrum bietet<br />
mit seinen 58 großzügigen<br />
Einpersonenappartements<br />
und zwei Doppelappartements<br />
auf drei Ebenen der<br />
pflegebedürftigen Bewohnerschaft<br />
ein hohes Maß an Komfort.<br />
Neben der Betreuung in<br />
der stationären Langzeitpfle-<br />
ge gibt es auch die Möglichkeit<br />
der zeitlich begrenzten<br />
Versorgung im Rahmen der<br />
Kurzzeitpflege. Verstellbare<br />
Betten, Einbauschränke,<br />
Pantry, Duschbad, Telefon und<br />
Notrufanlage gehören zur<br />
Ausstattung jedes Appartements.<br />
Durch die Mitnahme<br />
von eigenen Möbeln, Bildern<br />
und Lampen wird die Einrichtung<br />
entsprechend dem<br />
persönlichen Geschmack der<br />
Bewohnerschaft abgerundet.
wohnhaus St. Sixtus in Haltern aus den 80er Jahren<br />
(siehe Einleitung) stecken mit der Ausbildung<br />
eines Wohngruppenraums und eines integrierten<br />
Küchenbereichs für je acht ältere Menschen<br />
bereits wesentliche Komponenten der Hausgemeinschafts-Struktur,<br />
die eine vollständige Umsetzung<br />
einer Hausgemeinschafts-Konzeption<br />
begünstigen. Ein anderer Zwischenschritt ergibt<br />
sich aus einer Variation des Wohnküchenkonzeptes:<br />
Das Essen wird beispielsweise noch in einer<br />
Zentralküche vorbereitet, nachgegart aber und<br />
ergänzt wird es jeweils innerhalb der dezentralen<br />
Wohngruppenküche.EindeutlichesSignal inRichtung<br />
Hausgemeinschaft gibt auch eine familien-<br />
Pro Ebene leben im Pflegezentrum<br />
Rablinghausen zehn<br />
oder elf Bewohner in je zwei<br />
Wohngruppen. Lebensmittelpunkt<br />
für jede Wohngruppe<br />
ist eine gemütlich eingerichtete<br />
Wohnküche. Die<br />
Mahlzeiten werden unter Mitwirkung<br />
der Bewohner der<br />
jeweiligen Hausgemeinschaft<br />
selbst zubereitet. Alle Arbeits-<br />
abläufe hinsichtlich Pflege,<br />
Hauswirtschaft und sozialer<br />
Betreuung sind auf das Wohnen<br />
und die Selbstbestimmung<br />
und -gestaltung der<br />
Lebensführung der Bewohnerschaft<br />
hin auszurichten.<br />
Arbeitsabläufe werden<br />
dezentralisiert und nach Möglichkeit<br />
den Hausgemeinschaften<br />
zugeordnet. In die-<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
sen überschaubaren Gemeinschaften<br />
soll die Tages- und<br />
Lebensgestaltung möglichst<br />
frei sein von heimtypischen<br />
Organisationsstrukturen. Das<br />
Leben wird bestimmt durch<br />
die Bedürfnisse alter Menschen<br />
nach Kleinräumlichkeit,<br />
Vertrautheit, Kommunikation,<br />
Aktivität und menschlicher<br />
Nähe. Alltägliche Aufgaben<br />
Bei der Einrichtung der Wohnküchen wurde Folgendes berücksichtigt:<br />
Die Küchenzeile wird so angeordnet, dass den Bewohnerinnen eine<br />
Mitarbeit möglich ist.<br />
Die Ausstattung muss mindestens folgende Geräte enthalten:<br />
• Geschirrspüler (halbgewerblich/kurze Laufzeit), Backofen,<br />
Großraumkühlschränke, Gefrierschrank, 5-Plattenherd, Mikrowelle,<br />
Küchenmaschine, Kaffeemaschine, Wasserkocher.<br />
Weitere Ausstattung:<br />
• Großes Spülbecken (auch zum Spülen von Blechen und großen Töpfen<br />
geeignet), Armatur mit Schlauch, große Arbeitsflächen,<br />
• ausreichend Schränke (für große Töpfe, Nährmittel, Schüsseln usw.),<br />
Geschirrschrank im Wohnraum, Kellenleiste.<br />
Die Ausstattung muss funktional, aber dennoch betont wohnlich sein.<br />
• Abtrennung für gemütliche Ecke mit Sofa, Fernseher, Schrank.<br />
wie Essensvorbereitung,<br />
Kochen, Tischdecken, Essen,<br />
Spülen und das Falten von<br />
Wäsche strukturieren den<br />
Tagesablauf. Durch die Teilhabe<br />
an diesem Alltag werden<br />
die Bewohner an<br />
Gewohntes erinnert, und verlorengegangene<br />
Fähigkeiten<br />
werden neu belebt.<br />
39
40<br />
Komponenten von Hausgemeinschaften<br />
orientierte Wohnbereichspflege, die das Personal<br />
der Zentralküche zumindest zeitweise (zum Beispiel<br />
zwei oder drei Tage pro Woche) in der Nähe<br />
der Bewohnerinnen und Bewohner in den Wohnküchen<br />
tätig werden lässt.<br />
Im Rahmen der Bremer Heimstiftung wurde<br />
noch während der Rohbauphase eines dreigeschossigen<br />
Neubaus für 62 Pflegeheimplätze die<br />
ursprünglich vorgesehene klassische Planung des<br />
Pflegezentrums Rablinghausen umgestellt auf<br />
ein Wohnküchenkonzept für kleinere Gruppen:<br />
Zuerst war für jede der drei Wohnbereichsebenen<br />
mit je 21 Appartements nur ein einziger Gruppenraum<br />
mit integrierter Küche geplant. In der<br />
Überplanung wurde jede Ebene jedoch noch einmal<br />
aufgegliedert in zwei kleinere Wohngruppen<br />
für zehn oder elf Personen, denen jeweils eine um<br />
die 40 qm große Wohnküche zugeordnet wurde.<br />
Es entstand somit auf den drei Gebäude-Ebenen<br />
eine familienorientierte Wohnbereichspflege mit<br />
Hausgemeinschafts-Charakter für insgesamt<br />
sechs Wohngruppen à zehn oder elf Personen.<br />
Als besonderes organisatorisches Kennzeichen<br />
weist das Pflegezentrums Rablinghausen eine Art<br />
Pflegezentrum Rablinghausen:<br />
Zwei Wohnküchen für zwei kleinere Wohngruppen auf einer Ebene<br />
„ambulantes Handeln in stationären Strukturen“<br />
auf: Die Bremer Heimpflege gGmbH als Träger<br />
hat nämlich mit dem Paritätischen Pflegedienst<br />
und dem Bremer Stiftungs-Service zwei eigenständige<br />
Kooperationspartner für pflegerische<br />
und hauswirtschaftliche Aufgaben im Pflegezentrum<br />
beauftragt.<br />
Die räumlichen Bedingungen im Pflegezentrum<br />
lassen eine Lagerhaltung vor Ort in den<br />
Wohnküchen nicht zu. Aus logistischen Gründen<br />
ist deshalb eine zentrale Bestellung und Lagerhaltung<br />
erforderlich. Für eine zentrale Versorgung<br />
ist auch ein abgestimmter Speiseplan und<br />
eine entsprechende Vorplanung notwendig. Eine<br />
Speiseplankommission, bestehend aus Bewohnerinnen<br />
und Mitarbeiterinnen der Wohngruppen,<br />
erstellt einen Wochenspeiseplan für jede<br />
Wohngruppe. Die Hauswirtschaftsleitung ermittelt<br />
den benötigten Bedarf und übernimmt die<br />
Bestellung der Lebensmittel. Die Waren werden<br />
zentral geliefert und eingelagert. Die Wohngruppen<br />
selbst holen sich dann täglich die entsprechenden<br />
Waren ab.
Kapitel 2<br />
Personalfragen und -kalkulation<br />
Leitgedanken<br />
Personalkalkulation<br />
Perspektiven<br />
Besetzungspläne<br />
Tätigkeitsprofile
42<br />
Personalfragen und -kalkulation<br />
Leitgedanken Normalität und<br />
Dezentralisierung<br />
Menschen bewohnen Häuser. Häuser bewohnen<br />
aber auch Menschen. Ob die Gebäude bei ihren<br />
Bewohnerinnen und Bewohnern besonderen<br />
Stress oder gar Angst verursachen oder ob sie zu<br />
deren Wohlergehen beitragen, ergibt sich daraus,<br />
inwieweit sich diese Häuser in Planung und<br />
Ausführung einschließlich Standortwahl auf die<br />
Bedürfnisse ihrer Bewohner einstellen können.<br />
Hausgemeinschaften verstehen sich als quartiernahe<br />
Wohnangebote für pflegebedürftige<br />
und/oder verwirrte ältere Menschen. Dieser Nähe<br />
zum angestammten Wohnquartier des Bewohners<br />
kommt eine besondere Bedeutung zu. So<br />
werden Besuche von Nachbarn und Freunden<br />
erleichtert. Die geplanten, aber auch ungeplanten<br />
Kontakte zum früheren Lebensumfeld<br />
sichern nach dem Umzug letztendlich in der<br />
Hausgemeinschaft ein Stück „Normalität“. Familienangehörige,<br />
Freunde, Nachbarn sind in Hausgemeinschaften<br />
gern gesehene Gäste, die sich<br />
dort einbringen können und sollten.<br />
Obwohl das Wohnen im Vordergrund steht,<br />
handelt es sich bei den Hausgemeinschaften in<br />
erster Linie um zugelassene vollstationäre und<br />
pflegesatzfinanzierte Einrichtungen. In diesen<br />
Heimen orientieren sich alle Aktivitäten im Versorgungs-,<br />
Betreuungs- und Pflegebereich an der<br />
spezifischen Lebenswelt und an der individuellen<br />
Biografie sowie an der aktuellen Situation jedes<br />
einzelnen Bewohners. So bietet eine Hausgemeinschaft<br />
im Gegensatz zu einer traditionellen<br />
Pflegeeinrichtung seinen Bewohnerinnen und<br />
Bewohnern ein hohes Maß an Wohn- und<br />
Lebensqualität. Sie räumt den pflegebedürftigen<br />
älteren Menschen ausdrücklich – auch bei intensiver<br />
Pflegebedürftigkeit, auch bei schwereren<br />
Demenzerkrankungen – eine möglichst große<br />
Selbstständigkeit und Mitbestimmungsmöglichkeit<br />
ein.<br />
Ein derart anspruchsvolles Konzept ist nur<br />
unter ganz bestimmten Voraussetzungen realisierbar.<br />
Die mit dieser besonderen Betreuungsform<br />
verbundenen Pflegesätze, also die Kosten<br />
für Unterkunft und Verpflegung sowie die nicht<br />
geförderten Investitionskosten, dürfen einen vertretbaren,<br />
sprich marktgerechten Rahmen nicht<br />
überschreiten. Ein entscheidender Faktor bei der<br />
Planung und Umsetzung von Hausgemeinschaften<br />
ist ein schlüssiges Betreuungs- und Personal-<br />
konzept. Mit einer solchen Konzeption steht und<br />
fällt eine Hausgemeinschaft. Nur mit ihr kann sie<br />
sowohl unter Qualitätsgesichtspunkten als auch<br />
unter wirtschaftlichen Aspekten mit den traditionellen<br />
Angeboten der Altenhilfe konkurrieren.<br />
Analog zur Architektur und Raumplanung<br />
(siehe Kapitel 1) muss auch beim Personal und bei<br />
den Funktionsabläufen eine Dezentralisierung<br />
konsequent umgesetzt werden. Zentrale Anstalts-<br />
und Versorgungsstrukturen und das ihnen<br />
zugeordnete Personal, vordringlich Zentralküche<br />
und Zentralwäscherei mit seinen Hauswirtschaftskräften,<br />
werden statt an bewohnerfernen<br />
zentralisierten Standorten anteilig den einzelnen<br />
Hausgemeinschaften zugeordnet.<br />
Durch diese Umverteilung der Ressourcen in<br />
die einzelnen Einheiten hinein wird ein doppelt<br />
wirksamer positiver Effekt erzielt, ohne dass<br />
zusätzliche Kosten entstehen:<br />
1. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die unter<br />
Umständen fernab der Bewohner ihren Aufgaben<br />
nachgehen, werden in die unmittelbare<br />
Nähe der Bewohner gebracht. Dies hat zur Folge,<br />
dass ihre Tätigkeiten und Dienstleistungen<br />
im persönlichen Umfeld derjenigen stattfinden,<br />
auf die sie sich letztendlich beziehen.<br />
2. Zudem entsteht – für alle Beteiligten unmittelbar<br />
sinnlich erfahrbar – ein einigermaßen normaler<br />
Alltag mit vertrauten Gesichtern und mit<br />
eigenen Rhythmen. Die Bewohnerschaft hat<br />
dank einer Fülle von belebenden, sinnstiftenden<br />
Abläufen und Verrichtungen innerhalb der<br />
Hausgemeinschaft viele Anknüpfungspunkte<br />
zu aktiver Teilnahme oder zumindest zu rezeptiver<br />
Teilhabe am Geschehen.<br />
Es ist der Lebensalltag der Bewohnerinnen<br />
und Bewohner, und sie empfinden ihn auch authentisch<br />
als den ihren. Hieraus erwächst gleichsam<br />
automatisch ein nach zwei Seiten hin ablaufender<br />
weicher „Kontrollmechanismus“: Bewohner<br />
geben den Mitarbeitern informell Feed-back,<br />
und umgekehrt das Personal der Bewohnerschaft.<br />
Da mit den Tätigkeiten und Funktionen<br />
immer auch Personal verbunden ist, hat dies zur<br />
Folge, daß Menschen in die Nähe des Bewohners<br />
gelangen. Gleichsam zwangsläufig (die Hausarbeit<br />
muss ja gemacht werden) ist so ständig<br />
jemand in der Hausgemeinschaft anwesend. Diese<br />
Person wird über ihre eigentliche berufliche<br />
Aufgabe hinaus natürlich auch mit den Bewohnern<br />
kommunizieren. So erhalten die Bewohner
HG<br />
3<br />
Personalkalkulation<br />
Abbildung 2: Ermittlung der Nettojahresarbeitszeit<br />
Nettojahresarbeitstage<br />
Kalendertage 365<br />
abzüglich Sa./So. 104<br />
Feiertage 11 115<br />
Bruttoarbeitstage gesamt<br />
abzüglich Ausfallzeiten<br />
250<br />
Urlaubstage 30<br />
Krankheit 11<br />
Fortbildung 5 46<br />
gesamt<br />
Nettoarbeitsstunden<br />
204<br />
Stunden pro Woche einer VZK 38,5<br />
durchschnittliche Tagesarbeitszeit (5-Tage-Woche) 7,7<br />
Gesamt Nettoarbeitszeit in Stunden pro Jahr (gerundet) 1.570<br />
Eine Präsenzkraft wird – so die Annahme für die Kalkulation –<br />
täglich von 8 bis 22 Uhr, also 14 Sunden, an 365 Tagen im Jahr<br />
in der „Muster-Hausgemeinschaft“ eingesetzt. In der Hausgemeinschaft<br />
werden deshalb rund 3,25 Vollzeitkräfte für die<br />
Präsenzfunktion benötigt. Dies auch dann, wenn in der Hausgemeinschaft<br />
weniger als acht Personen leben.<br />
Bei mehr als acht Personen Gruppengröße würde es für eine<br />
einzelne Präsenzkraft schwierig, ihre Aufgaben fachgerecht zu<br />
erfüllen, so dass anteilmäßig eine zweite Kraft täglich hinzugezogen<br />
werden müsste. Die Präsenzkräfte werden in dieser<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
Die Gesamtkosten werden Hausgemeinschaft“, durchkal-<br />
durch die durchschnittliche kuliert. Es wird angenommen,<br />
Höhe der Personalkosten, aber dass in der achtköpfigen<br />
auch durch die tatsächliche Gruppe zwei ältere Menschen<br />
HG<br />
Zusammensetzung der jeweili- sind, die in Pflegestufe I ein-<br />
HG<br />
4➟Anzahl<br />
Hausgemeinschaft, die „Muster- im Jahr an.<br />
Abbildung 1: Bewohnerstruktur einer<br />
Muster-Hausgemeinschaft nach Pflegestufen<br />
der Hausgemeinschaften 3–4 Pflegestufen<br />
2<br />
gen Hausgemeinschaft bedingt. gruppiert sind, vier Personen in<br />
Die Personalkosten werden in Stufe II sowie zwei in Stufe III.<br />
HG<br />
1<br />
der folgenden Rechnung für<br />
eine achtköpfige – fiktive –<br />
Bei acht Bewohnern fallen<br />
8 x 365, also 2.920 Pflegetage<br />
Pflegetage je Hausgemeinschaft pro Jahr 2.920 I II III<br />
Bewohner je Hausgemeinschaft 8 2 4 2<br />
Die Nettojahresarbeitszeit ist die jährliche<br />
Regelarbeitszeit minus Ausfallzeiten für Urlaub,<br />
Fortbildung und Krankheit. Unter anderem<br />
11 Krankheitstage sind bei einer Nettojahresarbeitszeit<br />
von 1.570 Sunden für eine Vollzeitkraft<br />
(VZK) pro Jahr einkalkuliert. Krankheitsbedingte<br />
Ausfallzeiten von insgesamt 66 Tagen pro Jahr –<br />
bei sechs Vollzeitstellen in einem Hausgemeinschafts-Team<br />
– gehen also bereits in die Rechnung<br />
ein. In den neuen Bundesländern ist derzeit<br />
noch von einer 40-Stundenwoche auszugehen,<br />
also von einer Nettojahresarbeitszeit von<br />
momentan rund 1.630 Stunden.<br />
Abbildung 3: Kalkulation der benötigten Präsenzkräfte<br />
Vollzeitkräfte (VZK)<br />
Besetzung pro Tag in Stunden 8.00 – 22.00 h 14<br />
Vorhaltung an 365 Tagen in Stunden 14 x 365 5.110<br />
: Nettoarbeitszeit in Stunden einer Vollzeitkraft 1.570 3,25 VZK<br />
Kalkulation ausschließlich mit ausgebildeten Hauswirtschaftskräften<br />
(siehe zum Beispiel „Die geprüfte Fachhauswirtschafterin“<br />
am Ende des Kapitels) besetzt.<br />
43
44<br />
Personalfragen und -kalkulation<br />
einer Hausgemeinschaft, ohne zusätzlichen Personal-<br />
und Kostenaufwand durch die „Umverteilung<br />
von Zentral nach Dezentral“ quantitativ wie<br />
qualitativ mehr Leistungen, sprich „mehr“ Personal.<br />
Die Bewohner kommen in den Genuss der<br />
menschlichen Nähe von kompetenten Ansprechpartnern,<br />
die allein schon durch ihre Präsenz dem<br />
erhöhten Schutzbedürfnis von Pflegebedürftigen<br />
entgegenkommen. Und sie können zudem besser<br />
angeleitet und unterstützt oder auch nur<br />
unaufdringlich „im Auge behalten“ werden. Dies<br />
sind alles wichtige, qualitätssteigernde Betreuungs-<br />
und auch Pflegewirkungen, die trotz ihrer<br />
Bedeutsamkeit durch keine eigene Finanzierungsmöglichkeit<br />
im Elften Buch des Sozialgesetzbuches,<br />
der Sozialen Pflegeversicherung,<br />
abgedeckt sind.<br />
Jede Hausgemeinschaft hat stark ausgepräg-<br />
Jede te Hausgemeinschaft autonome Züge. Selbst hat stark wenn ausgeprägte<br />
eine Hausge-<br />
autonome Züge. meinschaft Selbst – wenn was der eine Regelfall Hausgemeinschaft,<br />
sein wird – in<br />
was der Regelfall einem sein Verbund wird, mit in anderen einem Verbund Einheiten, mit zum andeBeiren Einheiten, spiel zum mit Beispiel weiteren mit Hausgemeinschaften weiteren Hausgemein- und mit<br />
schaften und einem mit einem Dienstleistungszentrum, geführt geführt werden<br />
werden sollte, sollte, bleibt bleibt sie von sie von ihrer ihrer Organisation her ein<br />
autarkes Gebilde.<br />
autarkes Gebilde.<br />
Im Gegensatz zu einer nach dem Wohngruppenkonzept<br />
betriebenen Einrichtung mit Wohnbereichen,<br />
die auch eine dezentrale Versorgung<br />
anbietet (vergleiche oben Kapitel 1 Zwischenschritte),<br />
ist eine Hausgemeinschaft eine räumliche<br />
und organisatorischen Einheit, in der maximal<br />
acht pflegebedürftige und/oder verwirrte<br />
ältere Menschen zusammenleben. Diese acht<br />
Personen haben einen ständig anwesenden<br />
Ansprechpartner als zentrale Bezugsperson (auch<br />
Präsenzkraft, Alltagsassistenz oder Alltagsmoderatorin<br />
genannt) zur „Verfügung“, die – so die<br />
Grundannahme – bei dieser Gruppengröße noch<br />
in der Lage ist, ihre Aufgaben alleine innerhalb<br />
ihre „Schicht“ zu bewältigen (siehe Abbildung 9).<br />
Durch den Einsatz der Pflegefachkräfte kommt<br />
allerdings weiteres Personal zum permanenten<br />
Ansprechpartner hinzu, so dass tagsüber in der<br />
Hausgemeinschaft simultan meist zwei, manchmal<br />
sogar – zu bestimmten Spitzenzeiten oder<br />
falls bei Notfällen erforderlich – drei Kräfte anzutreffen<br />
sind (siehe Abbildung 12).<br />
Die Gruppengröße Acht rechtfertigt gerade<br />
eben noch, bezogen auf Hausgemeinschaften<br />
von „kleinen familienähnlichen Gruppen“ zu<br />
sprechen. In deren persönlicher Atmosphäre sind<br />
bei den Bewohnerinnen und Bewohnern die vorhandenen<br />
Ressourcen, zum Beispiel verbliebenes<br />
Orientierungsvermögen bei stark Verwirrten,<br />
noch relativ leicht zu erkennen und daraufhin zu<br />
üben und zu stabilisieren. Eine kleinere Gruppe –<br />
von vielleicht sechs Bewohnern – bedeutete vielleicht<br />
ein Mehr an Nähe oder an menschlicher<br />
Geborgenheit. Doch auch eine Achter-Gruppe<br />
ermöglicht noch genügend achtsamen Umgang<br />
miteinander und lässt – freilich in einer großzügigen<br />
Wohnung – noch genügend Spielraum sowohl<br />
für persönliche und informelle Kontakte als<br />
auch für die ebenso lebenswichtigen Rückzugsmöglichkeiten.<br />
Die Aktivitäten in der Hausgemeinschaft orientieren<br />
sich am Vorbild eines „normalen Haushalts“.<br />
Die Tätigkeiten, die in einem Haushalt gewöhnlich<br />
und regelhaft anfallen (Essen, Kochen,<br />
Einkaufen, Wäschewaschen, Spülen, Putzen),<br />
strukturieren auf eingängige Weise den Tagesablauf<br />
einer Hausgemeinschaft und damit den ihrer<br />
Bewohnerinnen und Bewohner. Der Alltag erhält<br />
Sinn und Reiz und Struktur. Er wird von den älteren<br />
als Bestandteil des eigenen Lebens akzeptiert<br />
und gesucht. Wie die bisherigen Erfahrungen in<br />
bestehenden Hausgemeinschaften zeigen, sind<br />
zumindest die Chancen für die Bewohner zur<br />
Identifikation mit dem Alltagsleben sehr groß,<br />
zumal die ständig anwesende Bezugsperson eine<br />
ihrer wesentlichen Aufgaben darin sieht, durch<br />
unterstützende Maßnahmen die selbständige<br />
Lebensgestaltung der älteren Menschen – im Sinne<br />
von Hilfe zur Selbsthilfe – in Gang zu halten.<br />
Die angemessene und erforderliche Pflege<br />
wird in den Hausgemeinschaften eher dezent<br />
und aus dem Hintergrund wirkend erbracht. Im<br />
Idealfall soll versucht werden, die notwendigen<br />
Pflegeleistungen als Selbstpflege von den Bewohnern<br />
selbst oder von ihren Angehörigen bzw.<br />
Freunden zu erbringen. In der Regel werden sie<br />
aber über den hauseigenen pflegerischen Dienst<br />
(siehe Abbildung 12) bzw. auch von dem permanenten<br />
Ansprechpartner in Zusammenhang mit<br />
den sonst anfallenden Tagesaktivitäten erbracht.<br />
Dabei orientiert sich der zur Verfügung gestellte<br />
Service und die Anzahl der Pflegefachkräfte an<br />
dem regelhaften Grundbedarf, der in erster Linie<br />
auf den konkreten individuell erforderlichen Pflegebedarf<br />
der einzelnen älteren Menschen zugeschnitten<br />
ist und nicht so sehr auf das gesamte<br />
Spektrum theoretisch möglicher Pflegeanforderungen<br />
(siehe Abbildung 4).
Abbildung 4: Kalkulation der erforderlichen Pflegezeit<br />
pro Tag nach Pflegestufen<br />
Individueller Bedarf an Pflege Pflegestufen nach SGB XI<br />
I II III<br />
Tag<br />
Anzahl der Einsätze<br />
2 2 3<br />
Einsatz in Minuten<br />
15 30 30<br />
Summe der Einsätze in Minuten über Tag<br />
Nacht<br />
30 60 90<br />
Anzahl der Einsätze<br />
1 2 2<br />
Einsatz in Minuten<br />
10 15 20<br />
Summe der Einsätze in Minuten pro Nacht 10 30 40<br />
Pflege gesamt pro Tag in Minuten<br />
40 90 130<br />
Abbildung 6: Kalkulation des benötigten Pflegepersonals<br />
Vollzeitkräfte<br />
Besetzung pro Tag für individuellen Bedarf an Pflege 11,66 Stunden<br />
Bereitstellung an 365 Tagen 11,66 Stunden x 365 4.258 Stunden<br />
: Nettoarbeitszeit einer VZK 1.570 Stunden 2,75 VZK<br />
Personalkalkulation<br />
Ausgehend von der angenommenen<br />
Bewohnerbelegung wird<br />
über die zugeordneten Zeitbedarfe<br />
je Pflegestufe die erforderliche<br />
Pflegezeit ermittelt. Der<br />
angemessene regelhafte Grundbedarf<br />
an Pflege wird in dieser<br />
vereinfachten Leistungseinheiten-Rechnung<br />
– für jede<br />
Pflegestufe gesondert – durch<br />
die benötigte Anzahl der Einsät-<br />
ze sowie Pflegeminuten pro Tag<br />
und Nacht ausgedrückt. Bei der<br />
angenommenen Zusammensetzung<br />
der Muster-Hausgemeinschaft<br />
(2/4/2 Personen in I/II/III)<br />
werden täglich 700 Pflegeminuten<br />
(= 11,66 Stunden)<br />
benötigt, was einem Bedarf von<br />
rund 2,75 Vollzeitäquivalenten<br />
Pflegefachkräfte pro Jahr und<br />
Hausgemeinschaft, um die<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
Abbildung 5: Kalkulation der bereitzustellenden Pflege<br />
Struktur der Muster– HG Belegung 100 % Individ. Bedarf an Pflege<br />
8 BewohnerInnen 8 x 365 Tage = 2.920 Tage<br />
2 Pflegestufe I 2 x 40 Minuten = 80 Minuten<br />
4 Pflegestufe II 4 x 90 Minuten = 360 Minuten<br />
2 Pflegestufe III 2 x 130 Minuten = 260 Minuten<br />
Gesamt Pflege Tag 700 Minuten = 11,66 Stunden<br />
Stunden Jahr 365 x 11.66 = 4.258 Stunden<br />
tatsächlich täglich anfallenden<br />
Pflegeanforderungen an jedem<br />
Kalendertag im Jahr erfüllen zu<br />
können. Durch Einsatz eines präzisen<br />
Pflegezeit- und Personalbemessungsinstruments<br />
– wie<br />
zum Beispiel dem kanadischen<br />
Verfahren PLAISIR ® – kann künftig<br />
ein wesentlich genaueres<br />
Abbild der erforderlichen Pflegezeiten<br />
in einer zur Frage stehen-<br />
den Organisationseinheit erstellt<br />
werden. So sind Personalfehlplanungen<br />
bezogen auf den<br />
aktuellen Einzelfall sicherer zu<br />
vermeiden. Erste positive Ergebnisse<br />
zum Einsatz des PLAISIR ® -<br />
Verfahrens in Deutschland liegen<br />
bereits vor (siehe ProALTER Heft-<br />
Nr. 3/2000).<br />
45
46<br />
Personalfragen und -kalkulation<br />
Personalkalkulation<br />
In Hausgemeinschaften gilt – und ebenso in den<br />
folgenden Überlegungen zur Kalkulation der Personalkosten<br />
–, dass an jedem Tag im Jahr, ohne<br />
reduzierte Einsatzpläne an Wochenenden und<br />
Feiertagen, tagsüber eine permanente Bezugsperson<br />
in der Hausgemeinschaft zur Verfügung<br />
steht. Bei einer achtköpfigen Hausgemeinschaft<br />
sind dem gemäß insgesamt 2.920 Pflegetage (8<br />
mal 365 Tage) zu bewältigen (siehe Abbildung 1).<br />
Im Nachtdienst ist in jeder Hausgemeinschaft,<br />
wie für Heime vorgeschrieben, eine Pflegefachkraft<br />
anwesend.<br />
Allerdings wird eine Fachkraft in der Regel<br />
für mehrere Hausgemeinschaften verantwortlich<br />
sein.Tagsüber braucht in einer Hausgemeinschaft<br />
die Position der permanenten Bezugsperson<br />
nicht mit einer Pflegefachkraft besetzt zu sein, da<br />
jederzeit Pflege angefordert werden kann oder<br />
ohnehin Pflegefachkräfte anwesend sind. Es sind<br />
über Tag in der Regel – zum Beispiel zwischen 8<br />
und 22 Uhr (siehe Abbildung 3) – kompetente<br />
Hauswirtschaftskräfte mit einer persönlichen Eignung<br />
eingesetzt. Sie lassen als Präsenzkräfte –<br />
neben ihren hauswirtschaftlichen Aufgaben und<br />
den von ihnen auszuführenden Betreuungsleistungen<br />
– die sozialpsychologische Betreuung<br />
und „Kontaktpflege“ in den Ablauf der Alltagsaktivitäten<br />
der Hausgemeinschafts-Bewohner<br />
„einfließen“ (siehe „Die geprüfte Fachhauswirtschafterin“<br />
am Kapitelende).<br />
„Permanente „Permanente Bezugsperson“ Bezugsperson“ bezeichnet bezeichnet nicht hier<br />
in erster Linie nicht eine in erster einzige Linie eine feste einzige Person, feste sondern Person, son-<br />
vielmehr eine dern Funktion.<br />
vielmehr eine Funktion.<br />
Mehrere, aber nicht inflationär viele oder häufig<br />
wechselnde Personen (in der vorliegenden<br />
Musterkalkulation sind es sechs einzelne Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter (MA1 bis MA6, siehe<br />
Abbildungen 10 und 11) übernehmen in Früh-,<br />
Mittel- und Spätschicht nach einem bestimmten<br />
Tages- und Wochenzeitraster sukzessive das<br />
„Amt“ der zentralen Bezugsperson (siehe Abbildungen<br />
9, 10 und 11).<br />
Für die weiter gehenden individuell erforderlichen<br />
Pflegeaufgaben innerhalb der Hausgemeinschaft<br />
ist ein hausinterner Pflegedienst zuständig,<br />
der jedoch ähnlich wie ein ambulanter<br />
häuslicher Dienst seine Arbeit in der Hausge-<br />
meinschaft organisiert und verrichtet (Schlagwort:<br />
ambulantes Denken in stationären Strukturen)<br />
(siehe Abbildung 12). Bei Extrem-, Krisenoder<br />
Notfällen, die bei der Kalkulation des angemessenen,<br />
regelhaften Grundbedarfs naturgemäß<br />
keine Berücksichtigung finden können,<br />
muss das System Hausgemeinschaft in der Lage<br />
sein, zusätzliche Leistungen vom Pflegedienst<br />
oder aber auch von externen Anbietern (zum Beispiel<br />
bei Speisenversorgern oder Reinigungsfirmen)<br />
auf schnellen und „intelligenten“ Wegen<br />
hinzu zu schalten. Aber dies ist immer nur zeitlich<br />
begrenzt und exakt auf den akuten Bedarfsfall<br />
abgestimmt. Unter Beachtung einer „normalen“<br />
Pflegebedürftigkeitsstruktur und unter den vorgenannten<br />
Vorgaben kann von ca. 5,5 bis 6 Vollzeitstellen<br />
für eine „durchschnittliche“ Achter-<br />
Hausgemeinschaft ausgegangen werden.<br />
Als Faustformel kann gelten, dass für eine<br />
Hausgemeinschaft mit maximal acht älteren pflegebedürftigen<br />
Menschen in einer bestimmten<br />
zugrunde gelegten Zusammensetzung (Muster-<br />
Hausgemeinschaft siehe Abbildung 1) 3,25 Vollzeitstellen<br />
im hauswirtschaftlichen Bereich und<br />
der allgemeinen Betreuung für die Gewährleistung<br />
der ständigen Mitarbeiterpräsenz von 8 bis<br />
22 Uhr nötig werden (siehe Abbildung 3). Wird<br />
eine geringere Präsenzzeit zugrunde gelegt,<br />
reduzieren sich diese Stellen natürlich entsprechend<br />
(beispielsweise wenn nur eine Besetzungszeit<br />
von 8 bis 21 Uhr (13 Stunden) vorgesehen<br />
werden soll). Aus den Erfahrungszusammenhängen<br />
im In- und Ausland – auch innerhalb der<br />
Psychiatrie und Behindertenhilfe – kann eine Präsenzkraft<br />
selbst bei hohem Hilfebedarf die hauswirtschaftlichen<br />
Aufgaben noch erfüllen, ohne<br />
dadurch so belastet zu werden, dass die betreuerischen<br />
Tätigkeiten in den Hintergrund treten<br />
müssen. (Hauswirtschaft darf also nicht zum<br />
„Eigenläufer und Selbstzweck“ werden.) Hausgemeinschaften<br />
mit mehr als acht Bewohnerinnen<br />
und Bewohnern würden mehr als 3,25 Vollzeitkräfte<br />
für die Präsenzfunktion beanspruchen.<br />
Bei kleineren Gruppen (zum Beispiel bei sechs<br />
Personen) können die veranschlagten 3,25 Stellenäquivalente<br />
nicht weiter reduziert werden, da<br />
sonst keine tägliche 14-stündige Anwesenheit,<br />
wie auch im Berechnungsbeispiel ausgewiesen,<br />
erreichbar wäre.<br />
Hinzu kommen – je nach Pflegebedürftigkeit<br />
der Bewohner variiert dieser Stellenanteil – noch
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
Abbildung 7: Ermittlung der durchschnittlichen Personalkosten pro Tag<br />
Muster-HG (8 Bewohner/2.920 Pflegetagen)<br />
2,75 Pflegekräfte 1 VZK 75.000,00 DM/Jahr<br />
Gesamt ca. 200.000,00 DM/Jahr Bei der Kalkulation des Personalbedarfs für Pflege wurde zur Verein-<br />
3,25 Präsenzkräfte 1 VZK 60.000,00 DM/Jahr fachung der Rechnung eine 100-prozentige Auslastung der Muster-<br />
Gesamt ca. 190.000,00 DM/Jahr Hausgemeinschaft vorausgesetzt. Einen ersten Anhaltswert für die<br />
Personalkosten insgesamt 390.000,00 DM/Jahr Personalkalkulation geben die durchschnittlichen Personalkosten pro<br />
Personalkosten pro Tag 133,56 DM<br />
Tag und Bewohner der Muster-Hausgemeinschaft, die allerdings noch<br />
nicht nach Pflegestufen (siehe Abbildung 8) differenziert sind. Die<br />
Alternative 1 (8 Bewohner/2.920 Pflegetagen)<br />
Personal-Durchschnittskosten betragen bei der Muster-Hausgemein-<br />
2,00 Pflegekräfte ca. 145.000,00 DM/Jahr schaft täglich etwa 135 DM pro Bewohner (390.000 DM : 8 Personen:<br />
3,25 Präsenzkräfte ca. 190.000,00 DM/Jahr 365 Tage). Die bei der Rechnung eingesetzten durchschnittlichen<br />
Pflegekosten insgesamt 335.000,00 DM/Jahr Personalkosten pro Jahr sind gerundete Werte und können bei den<br />
Personalkosten pro Tag 114,72 DM<br />
jeweils individuell vorzunehmenden Kalkulationen gegebenenfalls<br />
durch präzisere Beträge ersetzt werden (siehe Rubrik für eigene Berech-<br />
Alternative 2 (8 Bewohner/2.920 Pflegetagen)<br />
nungsmöglichkeiten in Abbildung 7 a). Die verwendeten Durchschnitts-<br />
3,00 Pflegekräfte ca. 225.000,00 DM/Jahr Personalkosten liegen eng beim Durchschnittswert der in Altenheim<br />
3,25 Präsenzkräfte ca. 190.000,00 DM/Jahr Heft-Nr. 8/2000, S.12 erhobenen Größen. In den neuen Bundesländern<br />
Pflegekosten insgesamt 415.000,00 DM/Jahr liegen die durchschnittlichen Personalkosten für Pflege- und Hauswirt-<br />
Personalkosten pro Tag 142,12 DM<br />
schaftsfachkräfte jährlich jeweils um grob 12.000 DM niedriger.<br />
Je nach Pflegeaufwand, der sich<br />
nach individueller Zusammen-<br />
Abbildung 7a: Kalkulation der durchschnittlichen Personalkosten pro Tag<br />
bei einer Hausgemeinschaftsgruppe mit acht Personen (Muster-HG)<br />
setzung der Hausgemeinschafts-<br />
Gruppe ändert, variiert auch die<br />
Zahl der einzusetzenden Pflege-<br />
Erforderliche Einsatzzeiten Pflegekräfte Raum für<br />
fachkräfte und damit der betref-<br />
Zusammensetzung der HG Angenommener Plegebedarf eigene Notizen fende Personalkostenanteil pro<br />
Anzahl Muster-HG<br />
Bewohner. Bei zwei Pflegekräf-<br />
Pflegestufe I 2 Personen 40 Min. 80 Min.<br />
ten beträgt der durchschnittliche<br />
Pflegestufe II 4 Personen 90 Min. 360 Min.<br />
Personalkostenanteil pro Kopf<br />
Pflegestufe III 2 Personen 130 Min. 260 Min.<br />
und Tag ca. 115 DM, bei drei<br />
Gesamt täglich erforderliche Pflegezeiten 700 Min.<br />
Kräften rund 142 DM. Die Zahl<br />
: 60 Min. 11,666 Std.<br />
der eingesetzten 3,25 VZK in der<br />
Erforderliche Pflegezeiten im Jahr x 365 Tage 4.258 Std.<br />
Hauswirtschaft bleibt bis zu<br />
Nettoarbeitszeit pro VZK : 1.570 Std.<br />
einer Hausgemeinschafts-Größe<br />
Benötigte Pflegevollzeitstellen 2,75 VZK<br />
von acht älteren Menschen<br />
Bruttopersonalkosten Pflege<br />
ungeachtet des Grades ihrer<br />
Durchschnittl. Jahresgehalt 1 VZK 75.000 DM<br />
Pflegebedürftigkeit gleich, da<br />
x 2,75 206.250,00 DM<br />
nur so eine durchgehende<br />
Personalkosten Pflege pro Jahr gerundet 200.000,00 DM<br />
Präsenz von 8 bis 22 Uhr ermög-<br />
Erforderliche Einsatzzeiten Präsenzkräfte<br />
licht wird.<br />
Besetzung täglich 8 –22 Uhr 14 Std.<br />
Vorhaltung für 365 Kalendertage x 365 5.110 Std.<br />
Nettoarbeitszeit pro VZK : 1.570 Std.<br />
Benötigte Vollzeitstellen für Präsenzkräfte<br />
Bruttopersonalkosten Präsenzkräfte<br />
Durchschnittl. Jahresgehalt 1 VZK 60.000 DM<br />
3,25 VZK<br />
x 3,25 VZK 190.000,00 DM<br />
Bruttopersonalkosten gesamt<br />
8 x 365 = 2.920 Kalendertage<br />
390.000,00 DM<br />
Pflegetage pro Jahr : 2.920<br />
Personalkosten pro Tag je Bewohner 133,56 DM<br />
47
48<br />
Personalfragen und -kalkulation<br />
ca. 2,75 Stellen für Fachpersonal des pflegerischen<br />
Dienstes (siehe Abbildung 6), der sowohl<br />
zeitweise tagsüber als auch durchgehend nachts<br />
in der Hausgemeinschaft bereitzustellen ist.<br />
Der Bereich Mitarbeiterpräsenz einschließlich<br />
Hauswirtschaft und Betreuung sowie der Bereich<br />
Pflege erfordern also insgesamt rund sechs Vollzeitstellen<br />
in einer Achter-Hausgemeinschaft.<br />
Diese Modellrechnung setzt eine Vollbelegung<br />
der Hausgemeinschaft voraus und geht – das sei<br />
hier noch einmal betont – von einer als „durchschnittlich“<br />
angenommenen Verteilung der Pflegestufen<br />
aus (siehe Abbildung 1).<br />
Rechnerisch unberücksichtigt bleibt zudem<br />
Rechnerisch noch die unberücksichtigt Problematik, dass bleibt zur Zeit die in Proble- der Praxis<br />
matik, dass der zur Pflegebedarf Zeit in der insbesondere Praxis der demenziell Pflegebedarf beein-<br />
insbesondere trächtigter demenziell Pflegebedürftiger beeinträchtigter über die Pflegebedürftiger<br />
über dürftigkeits-Feststellung die Pflegebedürftigkeits-Feststellung<br />
nicht ausreichend erfas-<br />
nicht ausreichend st ist. erfasst ist.<br />
Es wird aber davon auszugehen sein, daß es<br />
mittelfristig zu einer sachgerechten Berücksichtigung<br />
des in der Regel sehr hohen Betreuungsbedarfs<br />
dieses Personenkreises kommen wird.<br />
Bei der achtköpfigen Muster-Hausgemeinschaft<br />
wurde angenommen das zwei Personen<br />
nach Pflegestufe I, vier nach Stufe II und zwei weitere<br />
nach III eingestuft sind. Bei einer Veränderung<br />
dieser Verteilung, ergeben sich zwangsläufig<br />
andere Personalanforderungen und andere<br />
durchschnittliche Personalkosten (siehe Abbildung<br />
7). Bei Einsetzung von den entsprechenden<br />
Jahresgehältern (eine Pflege-Vollzeitstelle wird<br />
hier mit 75.000 DM im Jahr veranschlagt, eine<br />
Hauswirtschafts-Vollzeitstelle mit 60.000 DM)<br />
ergeben sich für die benötigten 2,75 Pflegefachkräfte<br />
und 3,25 Präsenzkräfte bei den 2.920 jährlichen<br />
Pflegetagen in der achtköpfigen Hausgemeinschaft<br />
durchschnittlich Personalkosten pro<br />
Tag und Bewohner von etwas unter 135 DM (siehe<br />
Abbildungen 7 und 7a). Diese Personalkosten<br />
bilden einen erstenAnhaltswert. Sie müssen allerdings<br />
noch sachgerecht auf die Personalkosten<br />
für Pflege bzw. für die pflegebedingte Unterkunft<br />
und Verpflegung (U+V) aufgeteilt und nach Pflegeklassen<br />
differenziert werden. Entsprechend<br />
den teils länderspezifischen Rahmenvereinbarungen<br />
und den teils je nach Region unterschiedlichen<br />
Äquivalenzziffern ergeben sich hieraus<br />
auch sehr verschiedene Pflegesätze oder Heimentgelte<br />
(siehe Abbildungen 8, 8 a und 8 b).<br />
Perspektiven<br />
Die Bemessung der in einer Hausgemeinschaft<br />
zur Verfügung gestellten Betreuung und Pflege<br />
basiert auf einem angemessenen regelhaften<br />
Grundbedarf, der sich auf der Grundlage der individuell<br />
für jeden einzelnen Hausgemeinschafts-<br />
Bewohner erforderlichen Pflege ergibt (siehe<br />
Abbildungen 4 und 5). Idealerweise sollte dieser<br />
mit Hilfe eines operationalisierten Verfahrens,<br />
wie beispielsweise PLAISIR ® , festgestellt werden.<br />
Die im Gegensatz dazu in der Modellberechnung<br />
benutzten Pflegestufen sind zur Bemessung des<br />
regelhaften Grundbedarf an Pflege unpräziser, da<br />
diese ja gerade nicht den so wichtigen Bereich der<br />
Kommunikation und der allgemeinen Anleitung<br />
und Aufsicht berücksichtigen und vom Grundsatz<br />
her an der Situation im häuslichen Bereich<br />
orientiert sind. Die dort unterstellte familiäre Hilfe<br />
muss in einer Pflegeeinrichtung aber von Mitarbeitern<br />
erbracht werden, die quasi das familiäre<br />
Netzwerk zu ersetzen haben. Darüber hinaus<br />
kann gerade bei demenziell erkrankten Bewohnern<br />
kein starrer Arbeitsablauf zu Grunde gelegt<br />
werden, da der Hilfebedarf zeitlich häufig<br />
„unvorhersehbar“ entsteht. Insofern wird der<br />
Betreuungs- und Pflegebedarf oft nicht adäquat<br />
„bedient“, mit der Folge, dass vermehrt Verhaltensaufälligkeiten<br />
(Ängste, Unruhe) entstehen,<br />
die wiederum den Pflege-und Betreuungsbedarf<br />
eklatant hochschrauben.<br />
Die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner<br />
werden zum Maß der professionellen<br />
Betreuung und Pflege. Die an der Gesamtheit der<br />
Person orientierte und klientenzentrierte Bezugspersonenpflege<br />
(siehe Aufgabenkatalog der<br />
Pflegefachkraft am Ende dieses Kapitels) löst<br />
somit die herkömmliche Funktionspflege ab.<br />
Funktionspflege bedeutet, dass die einzelnen<br />
Verrichtungen – wie aus dem Bett holen, ins Bad<br />
führen, beim Ankleiden helfen etc. und das<br />
„Rundendrehen auf der Station“ (beim Inkontinenztraining,<br />
auf die Toilette führen, Medikamente<br />
reichen etc.) – nacheinander an den Klienten<br />
„vollgezogen“ werden. Im Stress jedoch werden<br />
sie oft oberflächlich oder teilweise gar nicht<br />
ausgeführt. Dem entgegen wirken Hausgemeinschaften<br />
präventiv „pflegeverhindernd“, das bedeutet,<br />
dass viele kritische Pflegesituationen erst<br />
gar nicht entstehen können, weil unmittelbar<br />
interveniert und reagiert werden kann.
Obwohl die vorangegangene differenzierte<br />
Betrachtung den Eindruck erweckt, dass Pflege<br />
und Betreuung, beziehungsweise Hauswirtschaft<br />
und Pflege nicht miteinander kooperieren, ist es<br />
eher so, dass alle Aktivitäten aufeinander abgestimmt<br />
werden. Wenn es also in den Hausgemeinschaften<br />
– bewohnerbezogen oder auch<br />
vom Arbeitsablauf – sinnvoll erscheint, sind für<br />
die Pflegefachkräfte im Zuge ihrer aktuell zu leistenden<br />
Pflege auch anfallende hauswirtschaftliche<br />
Tätigkeiten nicht tabu. Die permanenten<br />
Bezugspersonen der Bewohnerinnen und Bewohner<br />
sind tagsüber aber die Hauswirtschaftskräfte.<br />
Sie gestalten mit den Bewohnerinnen und<br />
Bewohnern gemeinsam den Tag, organisieren<br />
den Haushalt und erledigen im Rahmen der<br />
Aktivitätenbegleitung den Großteil der anfallenden<br />
hauswirtschaftlichen Aufgaben. Sie übernehmen<br />
daneben auch sozialpflegerische und<br />
auch pflegerische Aufgaben unter Supervision<br />
der Pflegefachkräfte.<br />
Im Klima der Hausgemeinschaft wächst auch<br />
die Zufriedenheit des Personals<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
Beide Berufsgruppen arbeiten in Hausgemeinschaften<br />
aufgrund des ganzheitlichen und<br />
klientenzentrierten Ansatzes eng zusammen. Die<br />
Aufgabenfelder sind in Hausgemeinschaften<br />
zum Teil neu zu sortieren und zu klären.<br />
Klare Stellenbeschreibungen mit präzisen<br />
Anforderungsprofilen sowie Tätigkeitskataloge<br />
mit Aufgabenverteilungen, aber auch mit gewünschten<br />
Aufgabenkombinationen helfen, die<br />
Vorteile des ganzheitlichen Ansatzes für beide<br />
beteiligten Berufsgruppen nutzbar zu machen<br />
(vergleiche hierzu die Aufgabenkataloge am<br />
Kapitelende). Da die Hauswirtschaftskräfte als<br />
zentrale Bezugspersonen intern wie extern<br />
Ansprechpartner für Bewohner, Angehörige,<br />
Pflegedienste etc. sind, tragen sie gemeinsam mit<br />
dem internen Pflegedienst auch die Gesamtverantwortung<br />
für die Qualität der Hausgemeinschaft.<br />
Insofern ist damit für die Hauswirtschaftskräfte<br />
in Hausgemeinschaften eine deutliche<br />
Aufwertung ihres Berufsfeldes verbunden. Wenn<br />
der hauswirtschaftliche Bereich in den Hausgemeinschaften<br />
– wie oben beschrieben – gut<br />
funktioniert und auch allgemeine pflegerische<br />
und betreuerische Aufgaben übernimmt, können<br />
sich die Pflegefachkräfte durch diese Entlastung<br />
stärker auf die pflegerischen Aktivitäten und<br />
deren Prozesssteuerung konzentrieren. Diese<br />
Schwerpunktsetzung auf Diagnostik (Pflegebedarfserhebung),<br />
Planung und Durchführung der<br />
notwendigen Maßnahmen sowie Anleitung und<br />
Überwachung (Supervision) und Qualitätsüberwachung<br />
(Evaluation) – das sind die Sektoren dieser<br />
Steuerung (siehe Aufgabenkatalog am Kapitelende)<br />
– kommt wiederum dem gesamten<br />
Hausgemeinschafts-Team, insbesondere dann<br />
den Bewohnerinnen und Bewohnern, zugute.<br />
Die oben vorgestellte Musterkalkulation berücksichtigt<br />
den Einsatz ausschließlich von voll<br />
ausgebildeten Fachkräften der Pflege und Hauswirtschaft<br />
(siehe Abbildungen 7 und 7a). Sie<br />
gelangt dennoch hinsichtlich der Pflegesätze in<br />
Hausgemeinschaften zu moderaten Ergebnissen.<br />
Die Hausgemeinschafts-Kalkulation könnte also<br />
ganz ohne Einbeziehung von sogenannten Pflegehilfskräften<br />
funktionieren. So erreichen die<br />
Hausgemeinschaften durch die weiter oben beschriebene<br />
Umverteilung der Ressourcen von<br />
Zentral nach Dezentral und durch die Verlagerung<br />
des Einsatzes von Fachkräften in die Nähe<br />
der Bewohner eine deutliche Steigerung der<br />
Fachlichkeit und Qualität.<br />
49
50<br />
Personalfragen und -kalkulation<br />
Abbildung 8: Kalkulation der Pflegeklassen nach Monatspauschalen<br />
2920 Pflegetage Monatliche Pflegekassenpauschale In Äquivalenzziffern (ÄZ)<br />
Pflegestufe I 2.000,00 DM 1,00<br />
Pflegestufe II 2.500,00 DM 1,25<br />
Pflegestufe III 2.800,00 DM 1,40<br />
190.000 DM Jahresgehalt Präsenzkräfte 200.000 DM Jahresgehalt Pflegekräfte<br />
95.000 DM Sockelbetrag für Personalkosten U+V 95.000 DM : 2920 = 32,53 DM<br />
95.000 DM + 200.000 DM = 295.000 DM Jahresgehälter (Hälfte von 3,25 VZK Präsenz plus 2,75 VZK Pflege)<br />
In Pflegestufe I 730 Pflegetage (da 2 Personen) x 1,00 (ÄZ) = 730 wertgleiche Pflegetage<br />
In Pflegestufe II 1.460 Pflegetage (da 4 Personen) x 1,25 (ÄZ) = 1.825 wertgleiche Pflegetage<br />
In Pflegestufe III 730 Pflegetage (da 2 Personen) x 1,40 (ÄZ) = 1.022 wertgleiche Pflegetage<br />
Summe 3.577 wertgleiche Pflegetage<br />
Wertgleiche Pflegetage 3.577<br />
295.000 DM : 3.577 = 82,47 DM „wertgleicher Pflegesatz“<br />
Pflegestufe I 82,47 DM x 1,00 + 32,53 DM = 115,00 DM<br />
Pflegestufe II 82,47 DM x 1,25 + 32,53 DM = 135,69 DM<br />
Pflegestufe III 82,47 DM x 1,40 + 32,53 DM = 147,99 DM<br />
Abbildung 8a: Kalkulation der Pflegeklassen nach bereitzustellender Pflegezeit<br />
Bereitzustellende Pflegezeit für In ÄZ ausgedrückt Wertgleiche Pflegetage<br />
Pflegestufe I 40 Minuten 1,00 730 x 1,00 = 730,0<br />
Pflegestufe II 90 Minuten 2,25 1.460 x 2,25 = 3.285,0<br />
Pflegestufe III 130 Minuten 3,25 730 x 3,25 = 2.372,5<br />
Summe 6.387,5<br />
295.000 DM : 6.387,5 = 46,18 DM „wertgleicher Pflegesatz“ Gesamt Pflegesatz<br />
Pflegestufe I 46,18 DM x 1,00 + 32,53 DM = 78,71 DM<br />
Pflegestufe II 46,18 DM x 2,25 + 32,53 DM = 136,44 DM<br />
Pflegestufe III 46,18 DM x 3,25 + 32,53 DM = 171,08 DM<br />
Art, Höhe und Laufzeit der<br />
Pflegesätze werden zwischen<br />
Pflegeheimträger und der zuständigen<br />
Pflegekasse vereinbart<br />
(SGB XI § 85). Die Pflegesätze<br />
differenzieren sich nach<br />
den Pflegestufen I, II und III. Sie<br />
können über den Umweg von<br />
Äquivalenzziffern (ÄZ) gebildet<br />
werden. ÄZ sind Faktoren, die<br />
die Pflegestufen II und III bezogen<br />
auf die Pflegestufe I<br />
(der Bezugszahl 1 zugeordnet)<br />
anders gewichten. ÄZ können<br />
an verschiedenen Bewertungskriterien<br />
der Pflegestufen<br />
ansetzen, zum Beispiel an den<br />
monatlichen Pflegepauschalen:<br />
2.000/2.500/2.800 DM;<br />
oder an den benötigten<br />
Pflegeminuten pro Tag:<br />
40/90/130 Minuten<br />
(siehe Abbildung 8 a).
Abbildung 8b: Kalkulation der Pflegeklassen<br />
nach den Äquivalenzziffern in Hessen<br />
ÄZ in Hessen Wertgleiche Pflegetage<br />
Pflegestufe I 1,00 730 x 1,00 = 730<br />
Pflegestufe II 1,40 1.460 x 1,40 = 2.044<br />
Pflegestufe III 1,80 730 x 1,80 = 1.314<br />
Summe 4.088<br />
295.000 DM : 4.088 = 72,16 DM „wertgleicher Pflegesatz“ Gesamt Pflegesatz<br />
Pflegestufe I 72,16 DM x 1,00 + 32,53 DM = 104,69 DM<br />
Pflegestufe II 72,16 DM x 1,40 + 32,53 DM = 133,55 DM<br />
Pflegestufe III 72,16 DM x 1,80 + 32,53 DM = 162,42 DM<br />
Personalkalkulation<br />
Zu Abbildung 8: Die von dem<br />
Leistungsträger je Pflegestufe<br />
gezahlten Monatspauschalen<br />
für Pflegestufe I, II und III von<br />
2.000 DM, 2.500 DM bzw.<br />
2.800 DM sind bezogen auf 1<br />
rein rechnerisch gestaffelt im<br />
Verhältnis 1/1,25/1,4. Das sind<br />
die Äquivalenzziffern, mit der<br />
die in der Muster-Hausgemeinschaft<br />
pro Pflegestufe im Jahr<br />
benötigten Pflegetage multipliziert<br />
und auf die Jahresgehälter<br />
umgelegt werden. Wenn<br />
die Krankenkasse einen festen<br />
Sockelbetrag von 50% Personalkosten<br />
für den Bereich Unterkunft<br />
und Verpflegung (U + V)<br />
als Fixbetrag für jede Pflegestufe<br />
bezahlt, heißt das für die Refinanzierung<br />
der Personalkosten<br />
in der MusterHausgemeinschaft:<br />
95.000 DM von den insgesamt<br />
190.000 DM im Jahr für 3,25 Präsenzkräfte<br />
werden auf die insgesamt<br />
2.920 Pflegetage zu<br />
gleichen Teilen umgelegt: das<br />
sind umgerechnet 32,53 DM, die<br />
ungeachtet der Pflegestufe pro<br />
Tag und pflegebedürftigem<br />
Bewohner als Fixbetrag von den<br />
Kassen übernommen werden.<br />
Bei der Muster-Hausgemeinschaft<br />
sind im Jahr für Pflegestufe<br />
I (2 Personen) 2 x 365 = 730<br />
Pflegetage zu bewältigen, für<br />
Stufe II (4 Personen) 4 x 365, also<br />
1.460 und für III (2 Personen)<br />
2 x 365 = 730 Pflegetage.<br />
Die mit dem Sockelbetrag von<br />
32,53 DM noch nicht abgedeckten<br />
295.000 DM Jahresgehälter<br />
(das sind die 95.000 DM noch<br />
nicht berücksichtigte Jahresgehälter<br />
der Präsenzkräfte plus<br />
200.000 DM für die 2,75 VZK<br />
Pflege) werden nun auf die einzelnen<br />
Pflegestufen in der<br />
Muster-Hausgemeinschaft nach<br />
einem bestimmten Schlüssel (ÄZ)<br />
verteilt, der die Unterschiede in<br />
den Pflegestufen abzubilden<br />
sucht: Die pro Pflegestufe<br />
benötigten Pflegetage in der<br />
Muster-Hausgemeinschaft summieren<br />
sich mit dem jeweiligen<br />
Faktor der Äquivalenzziffern<br />
hochgerechnet auf insgesamt<br />
3.577 sogenannte „wertgleiche<br />
Pflegetage“: 730 x 1 = 730<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
(in Stufe I), 1.460 x 1,25 = 1.825<br />
(in Stufe II) und 730 x 1,4 = 1.022<br />
(in Stufe III). Die Zahl der wertgleichen<br />
Pflegetage 3.577 ist der<br />
Divisor für die noch auf die<br />
Pflegestufen zu verteilenden<br />
295.000 DM (295.000 DM : 3.577<br />
= 82,47 DM pro wertgleichen<br />
Pflegetag). Für Pflegestufe I entsteht<br />
so ein Pflegesatz 82,47 DM<br />
x 1 + 32,53 DM = 115,00 DM.<br />
Als Pflegesatz II ergibt sich ein<br />
Betrag von 82,47 DM x 1,25 +<br />
32,53 DM = 135,62 DM und als<br />
Pflegesatz III ein Betrag von<br />
82,47 DM x 1,4 + 32,53 DM =<br />
147,99 DM.<br />
Zu Abbildung 8a: Die in der<br />
Muster-Hausgemeinschaft täglich<br />
bereitzustellende Pflegezeit<br />
ist ein genauerer Maßstab zur<br />
Bemessung der einzelnen Pflegestufen<br />
als die Monatspauschalen<br />
(siehe Abbildung 8). Die<br />
40/90/130 Minuten Pflegezeit bei<br />
Pflegesatz I/II/III (siehe Abbildung<br />
4) ergeben Äquivalenzziffern<br />
von 1/2,25/3,25. Dies führt<br />
zu einem Divisor von 6.387,5<br />
wertgleichen Pflegetagen, die<br />
sich in Pflegestufe I auf einen<br />
Pflegesatz von 78,71 DM, in Pflegestufe<br />
II auf 136,44 DM und in<br />
Pflegestufe III auf 171,08 DM<br />
weiterrechnen lassen. Die Pflegesätze<br />
nach dem zweiten Weg<br />
legen den Schluss nahe, dass auf<br />
dem ersten Weg Kosten von<br />
Pflegestufe III nach Pflegesatz I<br />
verschoben werden. Oder<br />
anders ausgedrückt: Pflegesatz I<br />
ist in der ersten Rechnungsvariante<br />
vergütungsmäßig überbewertet,<br />
Pflegesatz III hingegen<br />
unterbewertet.<br />
Zu Abbildung 8b: Die jeweiligen<br />
regionalspezifischen Äquivalenzziffern<br />
beeinflussen im konkreten<br />
Berechnungsfall die Pflegesätze.<br />
Für die Muster-Hausgemeinschaft<br />
ergeben sich auf der<br />
Basis von hessischen Äquivalenzziffern<br />
1/1,4/1,8 als Divisor<br />
4.088 wertgleiche Pflegetage,<br />
die sich auf 104,69 DM für<br />
Pflegesatz I, auf 133,55 DM für<br />
Pflegesatz II und auf 162,42 DM<br />
für Pflegesatz III durchrechnen<br />
lassen.<br />
51
52<br />
Personalfragen und -kalkulation<br />
Bei eher nüchterner betriebswirtschaftlicher<br />
Betrachtung zeigt sich eine Hausgemeinschaft als<br />
Umsetzung einer „sehr schlanken Produktionskette“<br />
der individuell benötigten Dienstleistungen.<br />
Unter strikter Beachtung der Bedürfnisse der<br />
Bewohner und der Wünsche von Angehörigen<br />
konzentrieren sich alle Leistungen darauf, eine<br />
hohe Zufriedenheit bei den Bewohnerinnen und<br />
Bewohnern zu erzielen. Diese Konzentration auf<br />
den eigentlichen Wertschöpfungsprozess bedeutet,<br />
dass alle Leistungen, die aus Kundensicht und<br />
aus dem fachlichen Blickwinkel nicht erforderlich<br />
sind, auch nicht angeboten werden. Jeder unnötige<br />
Aufwand bei der Bereitstellung bzw. Vorhaltung<br />
der Dienstleitungen wird vermieden, und<br />
die erforderlichen Prozesse werden effektiv und<br />
effizient gestaltet. Ressourcen werden konsequent<br />
genutzt bzw. neu erschlossen (zum Beispiel<br />
auch durch Einbezug der Angehörigen und Kultivierung<br />
der Selbstpflegepotentiale von pflegebedürftigen<br />
älteren Menschen).<br />
Durch den größtenteils autonomen Betrieb<br />
jeder einzelnen Hausgemeinschaft wird der zentrale<br />
Verwaltungsaufwand in den Hausgemeinschaften<br />
auf ein Minimum reduziert. Auch wird<br />
kein zentraler Hausmeister benötigt, der in traditionellen<br />
Einrichtungen überdimensionierte Heizungsanlagen<br />
und Gartenflächen und dergleichen<br />
zu warten und instand zu setzen hat. Kleine<br />
Reparaturen werden von den Präsenzkräften,<br />
den Angehörigen oder von Firmen vor Ort ausge-<br />
Hauswirtschafterin mit hoher<br />
sozialer Kompetenz<br />
führt, wie in einem normalen Haushalt eben<br />
auch. Dies schafft Normalität und reduziert<br />
Kosten.<br />
Zur Sicherung der dennoch bei Hausgemeinschaften<br />
übergreifend anfallenden Managementaufgaben<br />
(zum Beispiel Verwaltungsaufgaben,<br />
Abrechnungswesen, Personalführung) liegt es<br />
nahe, Hausgemeinschaften in einem Verbund<br />
von – mindestens drei – Hausgemeinschafts-Einheiten<br />
und/oder in einer Kombination mit Dienstleistungszentren,<br />
ambulanten Diensten, Betreuten<br />
Wohnanlagen oder auch mit herkömmlichen<br />
Pflegeheimen zu betreiben. Der Hausgemeinschafts-Verbund<br />
bietet auch eine bessere betriebswirtschaftliche<br />
Basis, um den Nachtdienst<br />
solide finanzieren zu können.<br />
Gerade auch größere Träger können durch<br />
Einbindung des Bausteins Hausgemeinschaften<br />
in ihr Gesamtkonzept eine zusätzliche Profilierung<br />
und damit eine Qualitätsentwicklung ihrer<br />
vorhandenen Angebote erreichen. Hausgemeinschaften<br />
eröffnen so zudem die Chance, Knowhow<br />
für künftige Modernisierungsinitiativen zu<br />
sammeln. Oder sie werden zumindest zu einem<br />
wichtigen Element in der Marketingstrategie<br />
eines Trägers. Doch auch kleinere Träger erhöhen<br />
ihre Chancen „am Markt“ durch den Bau von<br />
Hausgemeinschaften in dem oben beschriebenen<br />
Sinn.<br />
Die Umsetzung des Hausgemeinschafts-Konzeptes<br />
ist unter Berücksichtigung anspruchsvoller<br />
Pflegequalität nicht teurer als eine qualitativ vergleichbare<br />
stationäre Einrichtung der vorangegangenen<br />
Generation. Das hiermit verbundene<br />
familienähnliche Wohnkonzept, das die Ergebnisqualität<br />
seiner Arbeit aus Sicht der Bewohner<br />
und ihrer Angehörigen in den Mittelpunkt rückt,<br />
kann so einen wichtigen Beitrag leisten zum<br />
Abbau der strukturellen Gewalt, die an vielen<br />
Orten Deutschlands in Altenpflegeheimen beklagt<br />
wird. Das Konzept der Hausgemeinschaften<br />
bietet auch unter Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher<br />
Gesichtspunkte älteren Menschen<br />
mit hochgradigem Hilfebedarf ein würdevolles<br />
Wohnen und Leben. In diesem Sinne sind Hausgemeinschaften<br />
in der Lage, die Lebensqualität<br />
gerade auch für die Gruppe der demenzerkrankten<br />
älteren Menschen entscheidend und nachhaltig<br />
zu verbessern.
Abbildung 9: Ausgangsdaten für die Personalorganisation<br />
Präsenzmitarbeiter<br />
Verfügbare Vollzeitstellen 3,25 Arbeitszeit einer VZK 38,5 Stunden pro Woche<br />
Brutto Stunden pro Woche 125,13 : 7<br />
Plansoll pro Wochentag 17,88 Soll Differenz pro Tag 0,38 Std.<br />
Planziel pro Wochentag 17,50 Ist Differenz im Jahr 138,70 Std. im Jahr (Reserve)<br />
Besetzungszeit 8.00 – 22.00 Uhr Stunden/Tag Stunden Stunden<br />
darin Pause<br />
Frühdienst 8.00 – 15.30 Uhr 7,5 0,5 7,0<br />
Spätdienst 14.30 – 22.00 Uhr 7,5 0,5 7,0<br />
Mitteldienst 10.00 – 13.30 Uhr 3,5 3,5<br />
Planziel pro Tag Gesamt 17,5<br />
Personalkalkulation<br />
Von 3,25 verfügbaren Vollzeitstellen<br />
für Präsenzkräfte (VZK)<br />
müssen bei einer 38,5-Stundenwoche<br />
insgesamt 125,13 Stunden<br />
wöchentliche Bruttoarbeitszeit<br />
erbracht werden. Das<br />
Plansoll pro Tag beträgt also<br />
rund 17,88 Stunden (125,13 : 7).<br />
Wenn in der Zeit von 8 bis 22 Uhr<br />
in der Hausgemeinschaft im<br />
Frühdienst 7 Stunden, im Mitteldienst<br />
3,5 und im Spätdienst<br />
wiederum 7 Stunden gearbeitet<br />
wird, so erreichen die drei<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
Schichten ein Planziel von insgesamt<br />
17,5 Stunden. Es entsteht<br />
eine Differenz von 0,38 Stunden<br />
pro Tag, die faktisch weniger<br />
gearbeitet werden, als das Soll<br />
eigentlich verlangt. Auf das Jahr<br />
hin kann der Arbeitgeber also<br />
Abbildung 10: Wochenarbeitszeiten über 2 Wochen<br />
und Stellenanteile bei einer 5,5 Tage-Woche<br />
Mitarbeiter 1. Woche 2. Woche Gesamt Std.Durchschnitt je Woche Anteile an VZ-Stelle<br />
MA 1 35,0 42,0 77,0 38,5 100 %<br />
MA 2 42,0 35,0 77,0 38,5 100 %<br />
MA 3 14,0 7,0 21,0 10,5 27 %<br />
MA 4 17,5 31,5 49,0 24,5 64 %<br />
MA 5 3,5 7,0 10,5 5,3 14 %<br />
MA 6 10,5 0,0 10,5 5,3 14 %<br />
Stellen 122,5 122,5 245,0 318 % ≈ 3,25 VZK<br />
zusätzlich zu den geleisteten<br />
Arbeitsstunden einen Bonus von<br />
138,7 Reservestunden gegenüber<br />
den Präsenzkräften geltend<br />
machen.<br />
53
54<br />
Personalfragen und -kalkulation<br />
Abbildung 11: Verteilung der VZK auf 6 Mitarbeiter (MA 1– MA 6)<br />
Bereitstellungszeit in Stunden<br />
pro Tag von 8.00 –22.00 Uhr<br />
20,0<br />
17,5<br />
15,0<br />
10,0<br />
5,0<br />
0,0<br />
Die Abbildungen 11 und 12<br />
zeigen mögliche Besetzungen<br />
der Präsenz- und Pflegekräfte<br />
auf Wochen und auf den Tag<br />
bezogen. Auf jede Vollzeitstelle<br />
kommen in der Muster-Hausgemeinschaft<br />
1,33 Bewohner, auf<br />
jede Pflegefachkraft 2,90 und<br />
auf jede Präsenzkraft 2,46<br />
Bewohner. Die 3,25 Präsenzstellen<br />
teilen sich im dargestellten<br />
Fall 6 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
(MA 1 bis MA 6). Für<br />
die weitergehende individuelle<br />
erforderliche Pflege wird hausinternes<br />
Pflegepersonal hinzugeschaltet.<br />
Es zeigt sich, dass<br />
bei der zugrunde gelegten<br />
Kalkulation tagsüber bis auf<br />
wenige Ausnahmen immer zwei<br />
Kräfte in der Hausgemeinschaft<br />
anwesend sind.<br />
Dienstplan 14 Tage, 5,5 Tage-Woche (nur Präsenzkräfte)<br />
Montag<br />
Dienstag<br />
Mittwoch<br />
Donnerstag<br />
Freitag<br />
Samstag<br />
Sonntag<br />
Montag<br />
Dienstag<br />
Mittwoch<br />
Donnerstag<br />
Freitag<br />
Samstag<br />
Sonntag<br />
MA 1<br />
MA 2<br />
MA 3<br />
MA 4<br />
MA 5<br />
MA 6<br />
Abbildung 12: Exemplarische HG-Besetzung von 7.00 – 23.00 Uhr<br />
Anteile in Vollzeitstellen<br />
3,0<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
7.00 Uhr<br />
8.00 Uhr<br />
9.00 Uhr<br />
10.00 Uhr<br />
11.00 Uhr<br />
12.00 Uhr<br />
13.00 Uhr<br />
14.00 Uhr<br />
15.00 Uhr<br />
16.00 Uhr<br />
17.00 Uhr<br />
18.00 Uhr<br />
19.00 Uhr<br />
20.00 Uhr<br />
21.00 Uhr<br />
22.00 Uhr<br />
23.00 Uhr<br />
Die Tätigkeitskataloge auf den<br />
folgenden Seiten sind nicht<br />
speziell für Hausgemeinschaften<br />
entwickelt, beinhalten<br />
jedoch viele Komponenten,<br />
die auch für das Profil des<br />
Hausgemeinschafts-Personals<br />
maßgeblich sind.<br />
MA 1<br />
MA 2<br />
MA 3<br />
Pflege Tag
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
Die Fachpflege-Bezugsperson<br />
Aufgaben der Stelleninhaberin/des Stelleninhabers<br />
Die Fachpflege-Bezugsperson ist verantwortlich für<br />
die Steuerung des Pflegeprozesses für die ihr anvertrauten<br />
Klient(inn)en. Zu der fachlichen und eigenverantwortlichen<br />
Steuerung des Pflegeprozesses<br />
gehört unter Beachtung des Gebotes der Wirtschaftlichkeit<br />
(vgl. SGB XI § 79):<br />
Pflegediagnostik (= Festlegung des konkreten Bedarfs<br />
der Klient(inn)en an pflegerischer Leistung in<br />
Zusammenarbeit mit dem Klienten/der Klientin und<br />
seinen/ihren Angehörigen und Freunden)<br />
Planung (= Festlegung der personellen und pflegerischen<br />
Maßnahmen in Zusammenarbeit mit dem<br />
Klienten/der Klientin und seinen/ihren Angehörigen<br />
und Freunden)<br />
Durchführung der Pflege entsprechend der Planung<br />
in Zusammenarbeit mit dem Klienten/der Klientin<br />
und seinen/ihren Angehörigen und Freunden<br />
Pflegesupervision (= wertschätzende und motivierende<br />
Beratung, Anleitung, Aufsicht der Personen,<br />
die nach dem Pflegeplan an der Pflege der<br />
Klient(inn)en beteiligt sind)<br />
Evaluation der Pflege (= Sicherung und Kontrolle der<br />
Qualität der Pflege, Überprüfung und Bewertung der<br />
für die einzelnen Klient(inn)en insgesamt erbrachten<br />
Pflegeleistungen in Zusammenarbeit mit den<br />
Klient(inn)en und deren Angehörigen und Freunden)<br />
Die Fachliche und eigenverantwortliche Steuerung<br />
des Pflegeprozesses vollzieht sich in den Aktivitäten<br />
und existentiellen Erfahrungen des Lebens der<br />
Klient(inn)en (AEDL):<br />
■ Sich pflegen können (lt. SGB XI Körperpflege)<br />
■ Ausscheiden können (lt. SGB XI Darm- und Blasenentleerung)<br />
■ Essen und trinken können (lt. SGB XI Ernährung)<br />
■ Sich bewegen können (lt. SGB XI Mobilität)<br />
■ Ruhen, schlafen, sich entspannen können (teilweise<br />
lt. SGB XI Mobilität)<br />
■ Sich kleiden können (lt. SGB XI Mobilität)<br />
■ Für eine sichere und fördernde Umgebung sorgen<br />
können (teilweise lt. SGB XI Mitarbeit bei der hauswirtschaftlichen<br />
Versorgung)<br />
■ Kommunizieren können<br />
■ Vitale Funktionen des Lebens aufrechterhalten<br />
können<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
■ Sich beschäftigen, lernen und sich entwickeln<br />
können<br />
■ Sich als Frau oder Mann fühlen und verhalten können<br />
■ Soziale Bereiche des Lebens sichern und gestalten<br />
können<br />
■ Mit exisentiellen Erfahrungen des Lebens umgeben<br />
können<br />
■ Sterbebegleitung<br />
Innerhalb der Aktivitäten und existentiellen Erfahrungen<br />
geht es um folgende Dienstleistungen:<br />
Schaffung förderlicher Rahmenbedingungen<br />
Hier geht es um Fragen der Wohnungsanpassung,<br />
Zimmergestaltung in Hausgemeinschaften, Kurzzeitpflege<br />
und stationäre Einrichtungen, Schaffung<br />
einer förderlichen Atmosphäre (Freundlichkeit, Taktgefühlt<br />
usw.).<br />
Potentialerkennung Hier geht es um Kenntnisse und<br />
Beobachtungen, die dazu beitragen können, den<br />
Klienten/die Klientin besser kennenzulernen.<br />
Prävention und Prophylaxe Hier geht es um die<br />
Sicherheit in der Wohnung/in den Zimmern, ebenso<br />
um die Sicherheit von Geräten und Hilfsmitteln, die<br />
Gestaltung der Umgebung sowie prophylaktische<br />
Maßnahmen für die Klient(inn)en mit speziellen Einschränkungen<br />
und Risiken (Dekubitusprophylaxe,<br />
Pneumonieprophylaxe, Sturzgefährdung usw.).<br />
Information und Beratung Hier geht es um die Ausgestaltung<br />
von Beratungsleistungen, zum Beispiel<br />
die Anleitung der Angehörigen und Freunde des<br />
Klienten/der Klientin, Beratung zu Selbsthilfegruppen,<br />
zu anderen Pflegemethoden usw.<br />
Hilfestellungen Hier geht es um die Ausgestaltung<br />
von selbstständig fördernden Hilfestellungen, die in<br />
abgestufter Form als Anleitung, Unterstützung, Beaufsichtigung<br />
und teilweise oder vollständige Übernahme<br />
angeboten werden.<br />
Mitarbeit bei indirekten Pflegeleistungen<br />
¬ Mitarbeit am Konzept<br />
¬ Mitarbeit an Qualitätsentwicklungsmaßnahmen<br />
¬ Mitarbeit an Personalentwicklungsmaßnahmen<br />
¬ Praxisanleitung von Auszubildenden<br />
¬ Einarbeitung neuer Mitarbeiter(innen)<br />
¬ Beteiligung an innerbetrieblicher und außerbetrieblicher<br />
Fort- und Weiterbildung<br />
¬ Mitarbeit bei ärztlicher Therapie und Diagnostik<br />
(die sogenannte Behandlungspflege)<br />
Aus: Organisation und Stellenbeschreibungen in der<br />
Altenpflege, Hrsg. KDA, Forum Nr. 36, Köln 2000<br />
55
56<br />
Personalfragen und -kalkulation<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
Die geprüfte Fachhauswirtschafterin/<br />
der geprüfte Fachhauswirtschafter<br />
Die Fachhauswirtschafterin ist eine kompetente Fachkraft, die eigenverantwortlich im<br />
Bereich zwischen privat-familiärer Pflege und Alten- und Krankenpflege die Voraussetzungen<br />
für das Verbleiben im häuslichen Milieu schafft. Dabei sind sowohl präventive als<br />
auch komplementäre Aufgaben der häuslichen Kranken- und Altenpflege wahrzunehmen.<br />
Ihr Einsatz findet in Haushalten statt, in denen Betreuungsbedürftige, insbesondere ältere<br />
Menschen, bei der Erhaltung und Aktivierung einer eigenständigen Lebensführung,<br />
das heißt bei personenbezogenen Alltagsverrichtungen und der Haushaltsführung Hilfe<br />
benötigen.<br />
Die Tätigkeit der Fachhauswirtschafterin stellt über hauswirtschaftliche Kenntnisse und<br />
Fertigkeiten hinaus, hohe Anforderungen in psychosozialer, sozialpflegerischer und zum<br />
Teil auch pädagogischer Hinsicht. Sie muss in der Lage sein, allgemein erworbene Kenntnisse<br />
und Fertigkeiten auf oben genannten Gebieten auf die individuellen Gewohnheiten<br />
und Bedürfnisse der jeweiligen zu betreuenden Personen zu übertragen und dabei aktivierend<br />
und mobilisierend auf sie einzuwirken.<br />
Für die Fachhauswirtschafterin stehen vor allem personenbezogene neben sachbezogenen<br />
Tätigkeiten im Mittelpunkt ihrer Profession.<br />
Aufgrund der besonderen Arbeitsbedingungen und der Anforderungen an selbständiges<br />
Arbeiten werden im hohen Maße personale, fachliche und kooperative Kompetenzen bei<br />
den Fachhauswirtschafterinnen gefordert und gefördert werden müssen.<br />
Hierzu zählen unter anderem Fähigkeiten, eigenverantwortlich zu handeln, ein professionelles<br />
Selbstverständnis zu entwickeln und vor allem eigene Kompetenzen und Grenzen<br />
zu erkennen.<br />
Die Fachhauswirtschafterin ist eine Fachkraft, die entsprechend ihrer Fähigkeit und Eignung<br />
gleichrangig zu den übrigen in den ambulanten und stationären Diensten tätigen<br />
Pflegefachberufen einzusetzen ist.<br />
Dabei soll und kann die Fachhauswirtschafterin keine Pflegeaufgaben übernehmen, ihre<br />
Aufgabe ist es, Unterstützungsbedarfe, insbesondere für ältere Menschen sicherzustellen.<br />
Pflege in Hausgemeinschaften ist bedarfsgerecht, sicher, fachlich qualifiziert und dem<br />
neuesten Stand der Künste entsprechend. Damit genügt sie den Grundsätzen und Maßstäben<br />
für Qualität und Qualitätssicherung, die das Pflege-Versicherungsgesetz in § 80<br />
SGB XI. fordert. „Die personelle Ausstattung der Pflegeeinrichtungen muss unbeschadet<br />
aufsichtsrechtlicher Regelungen eine bedarfsgerechte, gleichmäßige sowie fachlich qualifizierte,<br />
dem allgemein anerkannten Stand der medizinisch-pflegerischen Erkenntnisse<br />
entsprechenden Pflege der Pflegebedürftigen auf der Grundlage der Qualitätsvereinbarung<br />
nach § 80 SGB XI gewährleisten.“ (Siehe § 21 Abs.1 der Bundesempfehlungen zur vollstationären<br />
Pflege nach § 75 SGB XI.)<br />
Auch die im Berufsbildungsgesetz<br />
verankerte Berufsgruppe<br />
der geprüften Fachhauswirtschafterin<br />
bzw. des geprüften<br />
Fachhauswirtschafters mit<br />
hoher sozialer Kompetenz ist<br />
in besonderer Weise für die<br />
Position der permanenten<br />
Bezugsperson in einer Hausgemeinschaft<br />
geeignet<br />
(Zusammenfassung 1. bis 6. aus:<br />
„Fachhauswirtschafterin/Fachhauswirtschafter:Lehrgangsempfehlungen…“,Bundesinstitut<br />
für Berufsbildung,<br />
Bonn. Erschienen in Bielefeld:<br />
Bertelsmann 1997, Materialien<br />
zur beruflichen Bildung: H 97.<br />
Vergleiche hierzu auch das<br />
Berufsbildungsgesetz.)
Projektbeispiele<br />
Seniorenzentrum „Caroline Bertheau“ Berlin<br />
Seniorenwohnparkt Dießen am Ammersee<br />
BRK-Altenheim Altötting<br />
Kapitel 3
58<br />
Projektbeispiele<br />
Das Seniorenzentrum<br />
„Caroline Bertheau“ in Berlin-Spandau<br />
Kurzprofil:<br />
Neubau des Seniorenzentrums „Caroline Bertheau“ im Evangelischen Johannesstift, Berlin<br />
Acht Hausgemeinschaften à acht Bewohnerinnen und Bewohner, 24 Betreute Wohnungen,<br />
20 Kurzzeitpflegeplätze, Gemeinschaftseinrichtungen für Begegnungen und kulturelle<br />
Veranstaltungen, Cafeteria, Verwaltung, Diakoniestation, Friseur und Lebensmittelmarkt.<br />
NGF pro Hausgemeinschaftsbewohner 52,08 qm<br />
Architekten: Büro Dr. Brunzema + Bunge + Otte, Bielefeld.<br />
Der viergeschossige Neubau befindet sich in<br />
Spandau im Nordwesten Berlins, nahe des<br />
Spandauer Forstes und der großzügig angelegten<br />
Parklandschaft des Johannesstiftes. Das Evangelische<br />
Johannesstift gehört zu den größten diakonischen<br />
Einrichtungen in Berlin und Brandenburg.<br />
Die 1910 errichtete Anlage steht unter<br />
Denkmalschutz. Das Seniorenzentrum steht unmittelbar<br />
vor Baubeginn auf dem Stiftsgelände<br />
im Bereich der Betriebe zwischen Wasserwerk,<br />
Wäscherei/Hallenbad, Simonshof, alter Bäckerei,<br />
dem geplanten Betriebshof und der Kleinbahn.<br />
Im Norden wird das Gelände von einer stiftsinternen<br />
Straße erschlossen. Das Gebäude von<br />
„Caroline Bertheau“ mit seinem nordwestlich<br />
gelegenen Haupteingangsbereich ist barrierefrei<br />
nach DIN 18025 Teil 2 sowie teilweise nach Teil 1<br />
(rollstuhlgerecht) unter anderem mittels zweier<br />
behindertengerechter Aufzüge erschlossen. Es<br />
besteht aus zwei massiven, U-förmigen, sich voneinander<br />
abwendenden Riegeln im Norden und<br />
Süden. Diese werden verklammert durch eine<br />
Glashalle als Begegnungsstätte mit Raum für<br />
kulturelle Veranstaltungen. Im Erdgeschoss des<br />
Nordwestflügels befindet sich die Cafeteria und<br />
die Diakoniestation sowie Verwaltungs- und Personalräume.<br />
Im Erdgeschoss des Nordostflügels<br />
kommen als gewerbliche Flächen ein Lebensmittelladen<br />
mit Nebenräumen sowie ein Friseurladen<br />
hinzu. Die bauliche Integration von Friseur,<br />
Lebensmittelmarkt und Cafeteria wird in Folge<br />
der damit einhergehenden erweiterten Kommunikationsmöglichkeiten<br />
als zusätzlicher Vorteil<br />
des Seniorenzentrums angesehen. An das Gebäude<br />
schließt sich im Westen ein Park an, der<br />
allen Stiftsbewohnern offen steht und Chancen<br />
auf weitere Begegnungen eröffnet. Ein Sinnesgarten<br />
westlich des Glasverbindungsbaus schafft<br />
einen weiteren attraktiven Bereich und sorgt für<br />
zusätzliche Reize, die gerade auch für demenzerkrankte<br />
ältere Menschen sinnvoll sind.<br />
Das Projekt war ursprünglich als klassisches<br />
Pflegeheim mit 120 Pflege- und 20 Kurzzeitpflegeplätzen<br />
– als Ersatz für das alte Chroniker-<br />
Krankenhaus auf dem Stiftsgelände – geplant.<br />
Die Beratung durch das KDA führte in einem intensiven,<br />
letztlich ergiebigen Abklärungsprozess<br />
schrittweise zu der Hausgemeinschaftskonzeption<br />
mit insgesamt 64 Plätzen in 8 Hausgemeinschaften<br />
im 1. und 2. Obergeschoss. Zusätzlich<br />
befinden sich 20 Kurzzeitpflegeplätze im Südostriegel<br />
des Erdgeschosses und 24 (betreute)<br />
Seniorenwohnungen im 3.Obergeschoss.<br />
Ansicht Osten
Der „Verlust“ von Pflegeplätzen gegenüber der<br />
anfangs geplanten Kapazität wurde vom Träger<br />
zuerst als äußerst harter Schnitt empfunden und<br />
zwang zu einer gravierenden Umorientierung der<br />
Altenhilfearbeit im Stift. Das neue Konzept hat<br />
jedoch alle Beteiligten, trotz der damit verbundenen<br />
Umplanungen und Zeitverzögerungen, letztlich<br />
davon überzeugt, auf einem mehr als guten<br />
Weg zu sein. Die Ausführungsplanung ist nahezu<br />
abgeschlossen, Ende September ist Baubeginn. Die<br />
Fertigstellung des Gebäudes wird Ende des Jahres<br />
2002 erwartet.<br />
Veränderungsdruck<br />
Vor dem Hintergrund der Krankenhaus- und der<br />
Geriatrieplanung des Senats von Berlin sowie<br />
der Einführung des Pflegeversicherungsgesetzes<br />
(SGB XI) hat das Evangelische Johannesstift Berlin<br />
ab 1994/95 einen Umstrukturierungsprozess eingeleitet.<br />
In dessen Verlauf wurde das Krankenhaus<br />
mit seinen beiden Abteilungen für Innere Medizin<br />
und Chronischkranke sowie die Abteilung Seniorenarbeit<br />
grundlegend verändert und neu strukturiert.<br />
Es entstand bis 1998 ein komplexes, aufeinander<br />
abgestimmtes und miteinander vernetztes<br />
System ambulanter, teilstationärer und stationärer<br />
Angebote für ältere Menschen, die der medizinisch-therapeutischen<br />
Behandlung und/oder der<br />
Pflege, Betreuung und Beratung bedürfen.<br />
Im Hinblick auf die Umwandlung der ehemaligen<br />
Abteilung für Chronischkranke in vollstationäre<br />
Pflegeeinrichtungen begannen Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter bereits Anfang 1995 damit,<br />
trotz der Rahmenbedingungen eines Krankenhauses<br />
konzeptionelle Veränderungen vorzunehmen:<br />
unter anderem hinsichtlich Veränderung von<br />
Dienstzeiten orientiert an den Bewohnerbedürfnissen,<br />
Organisation der Gruppenpflege, Ausgestal-<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
tung der Räumlichkeiten im Hinblick auf Wohnlichkeit,<br />
Veränderung von Essenszeiten und Zeiten<br />
des Zubettgehens, Fortbildung im Hinblick auf<br />
die neue Aufgabenstellung, Qualitätssicherung.<br />
Es wurde deutlich, dass insbesondere das<br />
Amalie-Sieveking-Haus und das Kurt-Scharf-Haus<br />
mit ihren langen und dunklen Fluren und ihren<br />
beengten „Wohn“-Verhältnissen für die Bewohner<br />
allein unter räumlichen Aspekten für eine individuelle<br />
Wohnpflege ungeeignet waren.<br />
Mitte 1996 wurde die Planung eines Ersatzneubaus<br />
für eine moderne Pflegeeinrichtung<br />
nach einem Ideenwettbewerb an das Bielefelder-<br />
Architektenbüro Dr. Brunzema + Bunge + Otte in<br />
Auftrag gegeben. Angelehnt an das KDA-Konzept<br />
der Hausgemeinschaften entstehen acht<br />
familienähnliche Wohngruppen für jeweils acht<br />
demenzerkrankte ältere Menschen.<br />
Die Hausgemeinschaften werden Merkmale<br />
aufweisen wie:<br />
• Kleinräumlichkeit<br />
• Überschaubarkeit<br />
• Wohnlichkeit<br />
• Gemeindenähe<br />
• Alltagsnähe/Normalität<br />
• Nutzung der vorhandenen Bewohnerressourcen/keine<br />
Defizitorientierung<br />
• Stärkung des Selbstpflege- und Selbsthilfepotentials<br />
Mit dem Hausgemeinschafts-Konzept wurden<br />
in einem intensiven Lernprozess die herkömmlichen<br />
Bilder und Denkweisen der traditionellen<br />
Altenhilfe radikal verändert. Mit der Umorientierung<br />
auf Hausgemeinschaften begann eine<br />
Planungsperiode, in der sich Begeisterung für ein<br />
innovatives Vorhaben mit Skepsis und Verunsicherung<br />
mischten.<br />
Schnitt Osten<br />
59
60<br />
Projektbeispiele<br />
Hausgemeinschaft im 2. Obergeschoss<br />
Der Hausgemeinschafts-<br />
Grundriss zeigt eine gelungene<br />
Lösung der Raumzuordnungen<br />
in einer Hausgemeinschaft:<br />
Die klare<br />
Eingangssituation beinhaltet<br />
neben zwei Stellplätzen für<br />
Rollstühle eine kleine Garderobe<br />
sowie das neutral gelegene<br />
Gäste-WC. Von der Diele<br />
aus besteht zum einen die<br />
Möglichkeit, unmittelbar die<br />
Wohnküche zu betreten.<br />
Zugleich erlaubt ein tangential<br />
am Gemeinschaftsbereich<br />
vorbeiführender Flur – ohne<br />
den Umweg über den<br />
Gemeinschaftsbereich – den<br />
direkten Zugang zu den privaten<br />
Bewohnerzimmern.<br />
In die Hausgemeinschaftswohnung<br />
ist gleichsam die<br />
Wahlmöglichkeit zwischen<br />
Nähe und Distanz auf<br />
Für die weiteren Planungen wurden schließlich<br />
folgende Basisbedingungen festgelegt:<br />
• Auflösung der typischen Pflegestruktur durch<br />
Anordnung des Gemeinschaftsbereiches (Wohnen,<br />
Speisen, Kommunizieren) im Zentrum der<br />
Wohngruppe,<br />
• Reduzierung der Anzahl der Bewohner pro<br />
Wohngruppe von ursprünglich zehn auf letztlich<br />
acht (das entspricht einer Gesamtzahl von<br />
64 Bewohnern).<br />
Da nun die ursprünglich vorgesehene Gesamtplatzzahl<br />
um fast die Hälfte reduziert wurde<br />
und somit nur für einen Teil der vorgesehenen<br />
Bewohner aus dem Amalie-Sieveking-Haus und<br />
dem Kurt-Scharf-Haus ein Umzug in den Neubau<br />
diskrete Weise eingebaut.<br />
Der Gemeinschaftsbereich hat<br />
einen Zugang zum Balkon<br />
und differenziert sich zu<br />
einem Koch-/Essbereich und<br />
einer über Eck angegliederten<br />
Wohnzone aus. Die Hauswirtschaftskraft(Präsenzmitarbeiterin,<br />
Bezugsperson) findet<br />
eine übersichtliche Koch-/Esssituation<br />
vor mit kurzen<br />
Wegen sowohl zur Speise-<br />
kammer als auch zum Arbeitsraum<br />
(Büro). Von dem zur<br />
Raummitte hin gelegenen<br />
Herd besteht während des<br />
Kochens Sichtkontakt zum<br />
Gemeinschaftsbereich mit<br />
großem Tisch. Gute Blickverbindung<br />
besteht auch von der<br />
Speisekammer aus zur Koch-/<br />
Esszone. Das an den Gemeinschaftsbereich<br />
angegliederte<br />
kleine Büro weist – zumindest<br />
akustisch – ebenfalls eine<br />
starke Hinwendung zur<br />
Gemeinschaft auf. Die Lage<br />
des Gemeinschaftsbades für<br />
je zwei Hausgemeinschaften<br />
am Hausflur ist ein Kompromiss<br />
an die Heimmindestbauverordnung.<br />
Jeder Bewohner<br />
muss zur Benutzung des<br />
„Intimraums Bad“ seine Wohnung<br />
verlassen. Eine äußerst<br />
reizvolle Konstellation hingegen<br />
entsteht durch die<br />
zusätzlich eingebauten Wohnungstüren<br />
an den Arbeitsräumen,<br />
die die beiden<br />
gegenüberliegenden Hausgemeinschaften<br />
über eine<br />
kleine helle Sitzzone im Hausflur<br />
einander näher bringen.<br />
in Betracht kommt, musste der Umbau der beiden<br />
alten Häuser jetzt in den Kontext mit dem<br />
Neubau gestellt werden und ist nun Bestandteil<br />
der gesamten Baumaßnahme. Entsprechend<br />
sollen nunmehr anteilig auch Fördermittel für<br />
Umbaumaßnahmen beantragt werden, um in<br />
den alten Häusern künftig familienorientierte<br />
Wohnbereichspflege realisieren zu können.<br />
Die Zusage für die Modellförderung durch das<br />
<strong>BMG</strong> liegt vor. Aus Mitteln der ARD-Fernsehlotterie<br />
erfolgt eine Förderung des Bereiches<br />
„Kurzzeitpflege“. In Anwesenheit der Bundesministerin<br />
für Gesundheit Andrea Fischer ist für<br />
den 17. Oktober 2000 die Grundsteinlegung<br />
vorgesehen.
Grundriss<br />
2. Obergeschoss<br />
Grundsätze und Ziele<br />
Mit Errichtung des Seniorenzentrums „Caroline<br />
Bertheau“ wird die Altenhilfe im Johannesstift<br />
strukturell weiterentwickelt und erhält zusätzliche<br />
Qualitäten. Mit der angestrebten Betreuung<br />
und Pflege von pflegebedürftigen und verwirrten<br />
alten Menschen in kleinen überschaubaren<br />
Wohngruppen wird das sogenannte „Primat der<br />
Institution“ gebrochen und das alltägliche Wohnen<br />
der Menschen in den Vordergrund gestellt.<br />
Nicht zuletzt war dies ein lang gehegter Wunsch<br />
vieler engagierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
in den an der Krankenhausorganisation ausgerichteten<br />
stationären Pflegeeinrichtungen.<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
Im 1. und 2. Obergeschoss<br />
befinden sich im Seniorenzentrum<br />
„Caroline Bertheau“<br />
die Hausgemeinschaften für<br />
pflegebedürftige und verwirrte<br />
alte Menschen. In acht<br />
Wohngruppen leben und<br />
wohnen jeweils acht Bewohner<br />
zusammen. Das Raumangebot<br />
in Zusammenhang<br />
mit den Hausgemeinschaften<br />
sieht wie folgt aus:<br />
• 60 barrierefreie Einzelzimmer<br />
mit separatem Vorraum<br />
und eigenem Duschbad/WC,<br />
• 4 rollstuhlgerechte Einzelzimmer<br />
mit separatem Vorraum<br />
und eigenem<br />
Duschbad/WC.<br />
• Zu jeder Wohngruppe gehört<br />
eine Wohnküche mit<br />
Speisekammer und angeschlossenemHauswirtschaftsraum.<br />
Von der Wohnküche<br />
sind Blick und Zugang<br />
frei zum angeschlossenen<br />
Wohnzimmer, von wo aus<br />
der Balkon erreicht werden<br />
kann.<br />
• In jeder Wohngruppe befinden<br />
sich ein kleines Büro,<br />
ein Abstellraum und ein<br />
Gäste-/Personal-WC.<br />
• Je zwei Wohngruppen<br />
werden ein Badezimmer<br />
und ein Ausgussraum zugeordnet.<br />
• Im 1. Obergeschoss befinden<br />
sich zwischen den beiden<br />
Flügeln des Hauses eine<br />
Galerie und ein Wintergarten.<br />
Von dort aus ist der<br />
Einblick in den Bereich der<br />
Eingangshalle möglich. Hier<br />
können auch Aktivitäten<br />
der Bewohner und der<br />
Wohngruppen stattfinden.<br />
• Im 2. Obergeschoss<br />
befinden sich zwischen den<br />
beiden Flügeln ein Mehrzweckraum,<br />
eine Teeküche<br />
und ein WC. Hier können<br />
ebenfalls Aktivitäten der<br />
Wohngruppen oder wohngruppenübergreifende<br />
Angebote stattfinden. Der<br />
Mehrzweckraum kann auch<br />
für Andachten genutzt<br />
werden.<br />
• Die Bewohnerzimmer<br />
werden in der Regel leer<br />
übergeben, so dass sie nach<br />
Bedarf mit eigenem Mobiliar<br />
ausgestattet werden<br />
können. Bei Bedarf werden<br />
geeignete Möbel, zum<br />
Beispiel das Bett, zur Verfügung<br />
gestellt.<br />
Die Nettogrundrissfläche<br />
der Hausgemeinschaften ist<br />
pro Kopf mit 52,08 qm ausgewiesen,<br />
das ergibt pro<br />
Hausgemeinschaftsplatz<br />
eine Kostenschätzung für<br />
die Nutzungsbereiche von<br />
154.932 DM als förderfähige<br />
Kosten.<br />
Im Kellergeschoss befinden<br />
sich neben den Räumen für<br />
die Haustechnik diverse<br />
Abstellräume für die Hausgemeinschaften,<br />
die Bewohnerkeller<br />
und die Keller für<br />
die Mieter des Betreuten<br />
Wohnens im 3.Obergeschoss.<br />
Darüber hinaus sind<br />
Räume für die Personalumkleiden<br />
mit Sanitärbereich<br />
sowie Räume für die<br />
Lagerung von Materialien,<br />
Wirtschaftsbedarf und<br />
Inkontinenzartikeln sowie<br />
Räume zum Abstellen und<br />
Säubern der Reinigungswagen<br />
und zum Zwischenlagern<br />
von Schmutzwäsche<br />
vorgesehen.<br />
61
62<br />
Projektbeispiele<br />
Brandschutzfragen<br />
Die Beratungen der Berliner Feuerwehr sind außerhalb des Baugenehmigungsverfahrens<br />
kostenpflichtig. Für die Beratung wird ein Vertrag zwischen der Feuerwehr<br />
und dem Bauherrn bzw. Architekten geschlossen. Die einzelne Beratung wird protokolliert.<br />
Das von der Feuerwehr gegengezeichnete Protokoll ist dann Bestandteil der<br />
Baugenehmigung.<br />
Die zu erwartende Bewohnerstruktur vom Betreuten Wohnen bis zur Pflege zwingt zur<br />
Anwendung des „Orientierungspapiers Krankenhäuser“ mit Konsequenzen für Rettungswege,<br />
Flure, Bauteile, der Ausbildung und Anordnung von Vorräumen vor Treppenhäusern<br />
und Aufzügen und der Installation von geeigneten Feuerlösch-, Feuermelde-<br />
und Alarmeinrichtungen.<br />
Sicherheits-, Alarmierungs- und Feuerlöscheinrichtungen<br />
Die innere Erschließung des Gebäudes erfolgt über die Eingänge von der Straße im<br />
Nordwesten und von den Parkplätzen im Nordosten über eine Eingangshalle. Von hier<br />
aus erreicht man die oberen Stockwerke der beiden Gebäuderiegel über jeweils<br />
einen Aufzug am Zugang zur mittleren Verbindungshalle – im Norden krankentragegerecht<br />
(1,10 x 2,10 m), im Süden bettentransportgeeignet (1,40 x 2,40 m) – sowie über<br />
ein zentrales Treppenhaus im Verbindungsbau. An den Enden der einzelnen Gebäudeflügel<br />
befindet sich jeweils ein Fluchttreppenhaus. Alle Aufzüge und Treppenhäuser<br />
sind über Vorräume von den Rettungswegen zu erreichen.<br />
Die Rettungswege incl. Treppenhäuser werden gekennzeichnet und mit einer Notbeleuchtung<br />
versehen. Die Bewohnerzimmer werden mit Notrufanlagen ausgerüstet.<br />
Die Küchen erhalten Thermoschalter. An den Treppenhäusern werden Druckknopfmelder<br />
installiert. Automatische Rauchmelder zur Früherkennung möglicher Brandherde<br />
werden in Fluren, Küchen und Nebenräumen mit Brandlasten (Lager/Abstellräume,<br />
Keller etc.) angeordnet. Die Aufschaltung der automatischen Brandmeldeanlage<br />
erfolgt auf den Schwesternruf, dezentral in den Diensträumen, zentral im EG<br />
und direkt auf die Alarmzentrale des Stiftsgeländes mit Weiterleitung an die Feuerwehr.<br />
In allen Nutzungseinheiten werden 6 kg-ABC-Feuerlöscher gut sichtbar auf den<br />
Fluren angebracht, Räume mit hoher Brandlast erhalten separate Feuerlöscher.<br />
Einrichtung und Ausstattung<br />
Folgende Kriterien sind bei der Einrichtung und Ausstattung zu beachten:<br />
• Verwendung nichtbrennbarer Bauprodukte in Allgemeinbereichen,<br />
• Freihalten der Rettungswege,<br />
• Reduzierung der Brandlasten in den öffentlichen Bereichen (Halle, Gemeinschaftsräume<br />
etc.) durch Reduktion und nicht brennbare Ausführung der Möblierung,<br />
• Ausstattung der Wohnräume mit schwerentflammbaren Vorhängen.<br />
Besondere Maßnahmen<br />
Als besondere Maßnahmen sind zu ergreifen:<br />
• Aufstellung einer Brandschutzordnung sowie Anfertigung und Aufhängung von<br />
Rettungswegplänen und Brandschutzhinweisen im Bereich der Rezeption und der<br />
Treppenhäuser für alle Geschosse und Sicherheitseinrichtungen,<br />
• Ernennung und Einweisung eines Brandschutzbeauftragten und regelmäßige Schulung<br />
des Personals über das Verhalten bei Brand und notwendige Evakuierungen.
Das Pflege- und Betreuungskonzept muss<br />
nach der Entscheidung für Hausgemeinschaften<br />
in wichtigen Punkten verändert und der schwerpunktmäßig<br />
vorgesehenen Betreuung verwirrter<br />
alter Menschen angepasst werden. Die Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter im Bereich Pflegewohnen<br />
haben in den letzten Jahren in mühsamer<br />
Kleinarbeit versucht, die vielfältigen Schnittstellenprobleme<br />
zwischen Pflege und Hauswirtschaft<br />
zu lösen. Umfangreiche Kataloge wurden erarbeitet,<br />
um festzustellen, welche Tätigkeiten der<br />
Pflege und welche der Hauswirtschaft zuzuordnen<br />
sind. In den Hausgemeinschaften wird nunmehr<br />
wieder dazu übergegangen, eine starre<br />
Trennung zwischen den Berufsgruppen aufzuheben,<br />
indem sich jeder für die Betreuung und Versorgung<br />
der Bewohner zuständig und verantwortlich<br />
fühlt. Ausgenommen ist allerdings die<br />
Behandlungspflege, die von Pflegefachkräften<br />
erbracht wird. Es wird in der nächsten Zeit darauf<br />
ankommen, ein auf die neuen Rahmenbedingungen<br />
zugeschnittenes schlüssiges und vor allem<br />
praktikables Konzept zu erarbeiten. Als Konzeptbausteine<br />
werden dabei einbezogen:<br />
• Die Menschen, die in einer Wohngruppe leben,<br />
fühlen sich angenommen und geachtet und<br />
betrachten die Wohngruppe als ihr Zuhause.<br />
• Der Alltag wird bestimmt durch das Wohnen.<br />
Notwendige pflegerische Arbeiten werden dieser<br />
Situation angepasst.<br />
• Entscheidend ist nicht, was der Bewohner nicht<br />
kann, sondern was er (noch) kann. Das Denken<br />
und Handeln der Mitarbeiter orientiert sich also<br />
nicht an den Defiziten, sondern an den Ressourcen<br />
der Bewohner. Dementsprechend leistet<br />
das Personal nicht automatisch eine Rundumversorgung,<br />
sondern Hilfe zur Selbsthilfe.<br />
• Es herrscht eine weitgehende Normalisierung<br />
aller Lebensbereiche.<br />
• Abläufe in der Pflege, Hauswirtschaft und sozialen<br />
Betreuung finden dezentralisiert, wenn<br />
irgend möglich,in der Nähe der Bewohner statt.<br />
Entscheidungen werden bewohnerorientiert<br />
getroffen.<br />
• Für die Bewohner ist ein Maximum an Handlungs-<br />
und Entscheidungsspielraum gewährleistet.<br />
• Die Wohngruppe bietet eine kommunikative<br />
Wohnform an. Sie gewährt ein familienähnliches<br />
Zusammenleben und bietet Alltagsbewältigung<br />
in der Gemeinschaft. Jeder Bewohner<br />
in der Wohngruppe hat individuelle Rückzugsmöglichkeiten.<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
Die Organisation des Haushalts, die Versorgung<br />
der Wohngruppen mit Essen und Wäsche findet<br />
dem Hausgemeinschaftsgedanken entsprechend<br />
vor Ort in den einzelnen Wohnungen statt. Bewohner,<br />
die selbst nicht mehr viel oder gar nichts<br />
mehr tun können, haben zumindest die Möglichkeit,<br />
mitzuerleben und teilzuhaben an dem, was<br />
geschieht: Sie hören das Brutzeln des Fleisches,<br />
sie riechen den Braten und den ofenfrischen<br />
Kuchen. Sie nehmen unter anderem den Geruch<br />
frisch gewaschener Wäsche wahr. Der Verzehr<br />
der vor Ort zubereiteten Speisen am gedeckten<br />
Tisch im familiären Wohnbereich kommt dem Ziel<br />
der Vermeidung des Anstaltscharakters entgegen.<br />
Für ein Versorgungskonzept können zum<br />
gegenwärtigen Zeitpunkt erst grobe Orientierungen<br />
entwickelt werden. Ein in sich schlüssiges<br />
und vor allem ein von den Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeitern getragenes Konzept wird im Laufe<br />
des Jahres 2001 erarbeitet. Dabei sollte auch auf<br />
die Erfahrungen anderer Mitarbeiter und das<br />
Know-how anderer Einrichtungen im Kontext mit<br />
Hausgemeinschaften zurückgegriffen werden.<br />
Kochen, Waschen und Raumreinigung<br />
Alle Mahlzeiten werden grundsätzlich in der<br />
Wohnküche zubereitet. Bewohner und gegebenenfalls<br />
Angehörige (die wissen häufig am<br />
besten, was Mutter oder Vater gerne essen)<br />
erstellen gemeinsam mit der hauswirtschaftlichen<br />
Fachkraft den Speiseplan. Entsprechend<br />
dem Prinzip der Alltags- und Lebensnähe wird je<br />
nach Bedarf und Gegebenheiten (Befinden der<br />
Bewohner, Personalsituation) aufwendiger oder<br />
weniger aufwendig (schnelle Küche, Tiefkühlkost)<br />
gekocht. Lagerfähige Lebensmittel werden<br />
über Großeinkäufe beschafft und in der Speisekammer<br />
oder im Keller bevorratet. Frischwaren<br />
werden (vielleicht sogar mit Bewohnern) im<br />
Lebensmittelladen vor Ort eingekauft. Die Reinigung<br />
des Geschirrs erfolgt ebenfalls in den<br />
Hausgemeinschaften selbst. Leichte Reinigungsarbeiten<br />
können auch von Bewohnern mit übernommen<br />
werden.<br />
Im Hinblick auf die Wäschepflege wird ebenfalls<br />
Alltags- und Lebensnähe angestrebt. Bettwäsche<br />
wird in der Regel in die Wäscherei gegeben.<br />
Leibwäsche und Oberbekleidung werden in<br />
der Wohngruppe gewaschen. Bewohner der<br />
Wohngruppe, die bereit und in der Lage sind,<br />
63
64<br />
Projektbeispiele<br />
Anforderungen an die Hausgemeinschaftsküchen<br />
im Seniorenzentrum „Caroline Bertheau“<br />
Grundsätzlich gelten für Küchen, in denen mit Bewohnern gekocht wird, die Regeln eines<br />
privaten Haushalts, das heißt solange Speisen nur für den Eigenverbrauch zubereitet<br />
werden, kommen die Anforderungen an eine Großküche nicht zum Tragen.<br />
Dennoch sprach das Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamt/Bezirksamt Spandau schon<br />
für die Planungsphase Empfehlungen aus:<br />
• Zur leichteren Reinigung der Fußböden ist ein abgerundeter Winkel zwischen Wand und<br />
Fußboden ratsam (Hohlkehle),<br />
• Strukturierung der Arbeitsplätze: Trennung des Bereichs Spüle (Doppelspüle!) und der<br />
Speisenvorbereitung (z. B. Verarbeitung erdhaltiger Lebensmittel) vom Kochbereich,<br />
• Installierung eines separaten Handwaschbeckens,<br />
• Belüftbarkeit der Speisekammer,<br />
• Fenster und sonstige Lüftungsöffnungen sind mit Fliegengittern zu versehen,<br />
• Getrennte Kühleinrichtungen für Lebensmittel und Medikamente.<br />
beteiligen sich am Zusammenlegen und Bügeln<br />
der Wäsche oder werden dazu ermuntert.<br />
Ausbesserungsarbeiten werden gegebenenfalls<br />
von Bewohnern, Angehörigen und Mitarbeitern<br />
der Wohngruppe übernommen oder<br />
bei Bedarf an einen Dienstleister gegeben (gegebenenfalls<br />
auch an eine kleine hauseigene<br />
Nähstube). Für die sach- und fachgerechte Behandlung<br />
der Wäsche sind die Mitarbeiterin der<br />
Wohngruppe beziehungsweise die hauswirtschaftliche<br />
Fachkraft verantwortlich. Wie diese<br />
Arbeiten zwischen den verschiedenen Berufsgruppen<br />
aufgeteilt werden, muss ebenso wie die<br />
Modalitäten der Nahrungszubereitung noch konzeptionell<br />
festgelegt werden.<br />
Die Reinigung des gesamten Gebäudes obliegt<br />
dem Reinigungsdienst des Johannesstifts. Im<br />
Bereich der Wohngruppen werden die Gemeinschaftsflächen<br />
und die Bewohnerräume nach<br />
einem noch festzulegenden Turnus vom Reinigungsdienst<br />
saubergehalten. Von der Personaleinsatzplanung<br />
des Reinigungsdienstes wird<br />
erwartet, dass den einzelnen Hausgemeinschaften<br />
feste Mitarbeiter zugeordnet werden, die sich<br />
mit „ihrer“ Hausgemeinschaft identifizieren. Reinigungskräfte<br />
sind wichtige Bezugspersonen für<br />
die Bewohner und müssen genauso wie die<br />
übrigen Wohngruppenmitarbeiter vertraute und<br />
über das Leben in der Wohngruppe gut informierte<br />
Personen sein. Alle über den Regelbedarf<br />
hinaus anfallenden Reinigungsarbeiten werden<br />
von den ständig anwesenden Wohngruppenmitarbeitern<br />
erledigt. Die Standfläche für alle Reini-<br />
gungswagen sowie die notwendigen Materiallager<br />
befinden sich im Keller in Aufzugsnähe.<br />
Dort werden die Wagen vom Reinigungspersonal<br />
für den täglichen Bedarf hergerichtet. Eine<br />
umweltverträgliche Müllentsorgung erfordert die<br />
Möglichkeit der getrennten Wertstoffsammlung<br />
schon im Wohnbereich (Behälter für Haus- und<br />
Restmüll, Trennung von Weiß- und Buntglas,<br />
Papier, Gelbe Tonne). Dementsprechend ist der<br />
Abstellraum der Wohngruppe auszustatten.<br />
Verwaltung und Sozialdienst<br />
Die Aufgaben im Bereich der Verwaltung und der<br />
sozialen Betreuung werden in bewohnernahe<br />
und bewohnerferne unterschieden. Alle bewohnernahen<br />
Aufgaben wie zum Beispiel Beratung<br />
von Bewohnern und Angehörigen, Pflege des<br />
Heimverwaltungsprogramms werden von der zuständigen<br />
Mitarbeiterin, die ihren Arbeitsplatz im<br />
Seniorenzentrum hat, wahrgenommen. Die bewohnerfernen<br />
Aufgaben wie zum Beispiel<br />
Antragstellung bei Kostenträgern, Rechnungslegung<br />
werden im Haus der Geriatrie beziehungsweise<br />
in der Hauptverwaltung erledigt. Beratung<br />
erfolgt selbstverständlich auch – gleichsam en<br />
passant – durch die Präsenzkräfte in den Hausgemeinschaften<br />
selbst. Klare Abgrenzungen müssen<br />
(auf dem Hintergrund einer geplanten<br />
Umstrukturierung der Hauptverwaltung) noch<br />
verabredet und entsprechende Konzepte ausgearbeitet<br />
werden.
Der Seniorenwohnpark Dießen am Ammersee<br />
Ansicht Westen<br />
Der Seniorenwohnpark Dießen liegt auf einem<br />
parkähnlichen Gelände, in zentraler Lage der<br />
Marktgemeinde Dießen am Ammersee. Der Luftkurort<br />
ist beliebtes Ausflugsziel am Südwest-Ufer<br />
des Ammersees und nach der Kreisstadt Landsberg<br />
am Lech der zweitgrößte Siedlungsschwerpunkt<br />
der Region. In Nachbarschaft des Seniorenwohnparks<br />
befindet sich ein Altenwohnheim des<br />
Landkreises. Die Standortqualität ist hervorra-<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
Kurzprofil:<br />
Neubau von drei zweistöckigen villenähnlichen Gebäudeteilen um ein Atrium unter Einbezug<br />
einer modernisierten alten Villa, in den Neubauabschnitten sechs Hausgemeinschaften<br />
für je sieben pflegebedürftige und vordringlich demenzerkrankte ältere Menschen (davon<br />
eine Kurzzeitpflege-Gruppe), zusätzlich im Altbau Räume für einen ambulanten Dienst der<br />
AWO, ein kleines Begegnungscafé, drei Personalwohnungen sowie je zwei Tages- und<br />
Kurzzeitpflegeplätze, die primär durch den örtlichen Hospizverein genutzt werden sollen.<br />
Bauherr: Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Oberbayern in München, Architekten:<br />
Wolfgang Schinharl und Leonhard Höss, München, Inbetriebnahme: ab Oktober 2000.<br />
An der Nahtstelle zwischen<br />
Alt- und Neubau befindet sich<br />
der barrierefreie Gebäudeeingang<br />
mit Windfang. In diesem<br />
Gelenk liegen die vertikalen<br />
Erschließungsstränge und auf<br />
jeder Ebene ein kleines<br />
Dienstzimmer für je drei<br />
Hausgemeinschaften.<br />
gend. Die Gebäude befinden sich innerhalb des<br />
Ortskerns und dennoch in ruhiger Lage. Das<br />
Grundstück übertrug die Marktgemeinde Dießen<br />
auf dem Wege des Erbbaurechts für 99 Jahre dem<br />
AWO Bezirksverband Oberbayern als Bauherrn.<br />
Die Münchner Architekten Wolfgang Schinharl<br />
und Leonhard Höss entwickelten drei annähernd<br />
quadratische, zweigeschossige villenähnliche<br />
Häuser, die viel Licht – auch von oben durch Öff-<br />
65
66<br />
Projektbeispiele<br />
Grundriss<br />
Erdgeschoss<br />
Kleine Gruppen von Pflegebedürftigen<br />
werden in den<br />
Hausgemeinschaften des vollstationären<br />
Typs unter kontinuierlicher<br />
Präsenz von Mitarbeitern<br />
ihren Tagesablauf<br />
soweit wie möglich selbst<br />
gestalten. Besonders die<br />
Wohngruppen im Erdgeschoss<br />
können so auch gut<br />
geronto-psychiatrisch zu<br />
betreuende Personen aufnehmen.<br />
Rückzugsmöglichkeiten<br />
sind durch die ausschließlich<br />
als Einzelzimmer angebotenen<br />
privaten Wohn-/Schlafzimmer<br />
vorhanden. Integrierte,<br />
einladend gestaltete<br />
Küchen und ein großzügiger<br />
Essplatz sind nahe dem<br />
Eingang einer jeden Gruppe<br />
gelegen. Zum Essplatz offene<br />
Wohnräume mit Balkonen (im<br />
Obergeschoss) erlauben Nutzungen<br />
vergleichbar denen<br />
im familiären häuslichen<br />
Bereich. Kleine Lichthöfe<br />
sorgen für Helligkeit und eine<br />
freundliche Stimmung. Der<br />
Gemeinschaftsbereich jeder<br />
der sechs Hausgemeinschaften<br />
à sieben Bewohnerinnen<br />
und Bewohner liegt zentral<br />
und besteht aus dem Hauszugang,<br />
aus einer Wohnbereichsküche<br />
und einem zum<br />
Park hin gelegenen separaten<br />
Wohnbereich. Die Betriebsbereiche<br />
sind dezentral den<br />
Hausgemeinschaften zugeordnet.<br />
Pro Wohnebene gibt<br />
es ein mittig gelegenes wohnliches<br />
Bad (Pflegebad) mit<br />
natürlicher Belichtung. Die<br />
nach der Heimmindestbauvorordnung<br />
erforderlichen neutralen<br />
WCs, die Lager- und<br />
Abstellräume befinden sich<br />
auf jeder Ebene – jeweils einzelnen<br />
Hausgemeinschaften<br />
zugeordnet, jedoch separat<br />
erschlossen. Die einzelnen<br />
Hausgemeinschafts-Wohnungen<br />
selbst zeigen sich dieser<br />
Art unbelastet von zusätzlichen<br />
Funktions- und<br />
Lagerräumen und weisen so<br />
in sich einen hohen Normalisierungsgrad<br />
auf.<br />
In der alten Villa befinden sich<br />
weitere Gemeinschaftsbereiche<br />
wie Tagesbetreuungsraum,<br />
Friseur und Cafeteria<br />
mit Öffnung zum angrenzenden<br />
Foyer und zu einer<br />
ebenerdigen Terrasse. Die<br />
Cafeteria wird unter anderem<br />
für das Angebot des offenen<br />
Mittagstisches genutzt.
Grundriss<br />
1. Obergeschoss<br />
Die Flure und Verkehrszonen<br />
sind, insbesondere im Verbindungsbauwerk,<br />
als sekundäre<br />
Wohnbereiche ausgebildet<br />
mit möblierbaren Aufweitungen<br />
im wintergartenähnlichen<br />
Flur. Das gesamte Bauwerk<br />
zeichnet sich für Bewohner,<br />
Besucher und Personal<br />
durch kurze Wege, leichte<br />
Orientierung und Barrierefreiheit<br />
aus. Aufgrund seines<br />
Modellcharakters erhält der<br />
Seniorenwohnpark Dießen<br />
der Arbeitwohlfahrt – neben<br />
Stiftungs- und anderen<br />
öffentlichen Geldern des<br />
Bundes, Freistaates und<br />
Kreises – Fördermittel des<br />
Bundesministeriums für<br />
Gesundheit im Rahmen des<br />
Modellprogramms zur Verbesserung<br />
der Situation Pflegebedürftiger.<br />
Die Finanzierung<br />
des laufenden Betriebs<br />
erfolgt über Pflegesätze. Der<br />
Neubauteil weist für die sechs<br />
Hausgemeinschaften samt<br />
Nebenräumen im Unterschoss<br />
eine Nutzungsfläche von<br />
2.413,65 qm aus. Dies rechnet<br />
sich zu einer NGF von<br />
402,28 qm pro Hausgemeinschaft<br />
oder von 57,46 qm NGF<br />
pro Kopf. Die Baukosten pro<br />
Hausgemeinschafts-Platz<br />
belaufen sich auf rund<br />
187.000 DM. Diese Werte<br />
schließen allerdings auch das<br />
attraktive, jedoch recht<br />
flächenaufwendige Verbindungsbauwerk<br />
des Atriums<br />
mit ein. Auch der 100-prozentig<br />
realisierte Anteil der Einpersonenzimmer<br />
lässt die für<br />
den AWO-Seniorenwohnpark<br />
in Dießen angegebenen<br />
Flächen- und Kostenwerte aus<br />
Sicht der Architekten im Vergleich<br />
zum sonstigen Altenpflegeheimbau<br />
in Bayern<br />
moderater erscheinen. Beim<br />
herkömmlichen Pflegeheimbau<br />
nämlich, so die Argumentation,<br />
spiegeln sich in der<br />
dort niedrigeren NGF auch<br />
immer die Mehrbett-Zimmeranteile<br />
von schätzungsweise<br />
bis zu 20 Prozent.<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
Konzeptbausteine im Seniorenwohnpark Dießen:<br />
Prinzip der Dezentralisierung<br />
Das heißt, die Hausgemeinschaften organisieren sich<br />
im Wesentlichen selbst, etwa in der Frage, was sie<br />
täglich kochen. Dabei werden die alten Menschen<br />
ermuntert, ihre Interessen und ihren Gestaltungswillen<br />
so weit wie möglich einzubringen. Sie haben<br />
die Möglichkeit, an sinnhaften Alltagstätigkeiten teilzunehmen.<br />
Prinzip fester Bezugspersonen (Präsenzkräfte) für alle<br />
Hausgemeinschaften:<br />
Das bedeutet, dass jeweils ein/e Mitarbeiter/in, die so<br />
genannte Präsenzkraft, den größten Teil des Tages<br />
anwesend ist und die Mitglieder „ihrer“ Hausgemeinschaft<br />
bei der Organisation des Alltags unterstützt.<br />
Sie ist für soziale Betreuung, Hauswirtschaft und Pflege<br />
in gleicher Weise verantwortlich. Im pflegerischen<br />
Bereich werden die Präsenzkräfte jedoch von einem<br />
hauseigenen Fachpflegedienst unterstützt.<br />
Prinzip der Normalisierung<br />
Durch eine familienähnliche Wohn- und Lebensform<br />
wird der institutionelle Charakter des Lebens und<br />
Wohnens in einem Altenheim reduziert – das „ganz<br />
normale Leben“ hält Einzug in das Haus.<br />
Ausschnitte aus der Selbstdarstellung des Seniorenwohnparks<br />
Dießen.<br />
67
68<br />
Projektbeispiele<br />
Wohnungsgrundriss<br />
Unbelastet von Funktionsräumen<br />
(vergleiche auch oben<br />
Gesamtgrundrisse) erreicht<br />
jede Hausgemeinschaft wohnungsintern<br />
einen hohen<br />
Grad an Normalität. Die Hausgemeinschafts-Wohnung<br />
besteht in einer verschlankten<br />
Version lediglich aus einem<br />
Privat- sowie aus einem<br />
Gemeinschaftsbereich ohne<br />
zusätzliche Integration von<br />
Pflegebädern, Personal- oder<br />
Gäste-WCs, Hauswirtschafträumen<br />
oder Schreibbüros.<br />
Der Wohnungseingang mit<br />
Windfang führt über eine<br />
kleine, zur Wohnung hin<br />
offene Diele direkt in den<br />
Gemeinschaftsteil der Hausgemeinschaft<br />
hinein mit<br />
ineinander übergehenden<br />
Zonen fürs Kochen (Herd<br />
mitten im Raum!), Essen<br />
und Wohnen. Dieser durchgesteckte<br />
helle Wohnraum<br />
orientiert sich nach außen<br />
und erhält eine Fülle natürlichen<br />
Lichts vom Atrium her,<br />
von einem Lichthof in seiner<br />
Mitte (an dem idealer Weise<br />
der große Esstisch mit ausreichenden<br />
Sitzgelegenheiten<br />
steht) sowie vom jenseits des<br />
Eingangs gelegenen Wohn-<br />
winkel, dessen großzügige<br />
Fensterfront bereits bei Eintritt<br />
in die Wohnung den Blick<br />
in das umgebende Grün lenkt.<br />
Die sieben Bewohnerzimmer,<br />
die alle über eigene kleine<br />
Zugangsbereiche und Duschbäder<br />
mit ebenerdigen<br />
Duschen ausgestattet sind,<br />
umgreifen den Gemein-<br />
nungen in der Zeltdachkonstruktion – bekommen.<br />
Die drei Neubauteile fügen sich um einen<br />
zweigeschossigen Atrium-Baukörper mit einer<br />
totalsanierten alten Villa zu einem äußerst reizvollen<br />
Gebäude-Ensemble zusammen. Zwei Häuser<br />
und der Verbindungsbaukörper sind unterkellert<br />
beziehungsweise durch die Hanglage des<br />
Grundstücks einer Nutzung (inklusive Car-Port)<br />
zugeführt. Der barrierefreie Haupteingang mit<br />
Windfang befindet sich in dem Verbindungsteil<br />
zwischen Alt- und Neubau. Er führt an einer Terrasse<br />
vorbei zwischen Cafe im Altbau und unterem<br />
kleinen Hausgemeinschafts-Dienstzimmer<br />
schaftsbereich im Sinne des<br />
Umklammerungstyps (siehe<br />
oben Kapitel 1). Die damit<br />
entstehende räumliche Verdichtung<br />
wird zwar von der<br />
Mehrzahl der älteren Bewohner<br />
bevorzugt. Menschliche<br />
Nähe erzeugt nämlich<br />
gemeinhin ein Gefühl von<br />
Aufgehobensein. Menschliche<br />
Nähe erhöht aber auch die<br />
soziale Kontrolle, die ein Teil<br />
der älteren Menschen gar<br />
nicht schätzt, so dass für<br />
diesen Personenkreis eher die<br />
Neutralität des Distanztyps<br />
angezeigt erscheint<br />
(siehe ebenfalls Kapitel 1).<br />
ins kleine Foyer zum Aufzug bzw. Treppenhaus.<br />
Die Flure, der Umgang im zweigeschossigen Verbindungsbauwerk<br />
des Atriums sowie der Innenhof<br />
selbst schaffen sichere Bewegungsräume im<br />
öffentlichen oder halböffentlichen Bereich.<br />
In den drei zweigeschossigen Neubauteilen<br />
befinden sich auf jeder Ebene zwei Hausgemeinschaften<br />
mit je sieben Einzelzimmern, die jeweils<br />
einen Gemeinschaftsbereich umgreifen. Der Gemeinschaftsesstisch<br />
jeder Hausgemeinschaft<br />
steht mittig direkt am Lichthof in der Ess- und<br />
Aufenthaltszone zwischen der halboffenen<br />
Küche und einer zusätzlichen gemeinschaftlichen
Zur Thematik „Küche“<br />
Bewohnerzimmer<br />
Jedes Bewohnerzimmer verfügt<br />
über einen eigenen Vorraum<br />
sowie ein eigenes barrierefreies<br />
Duschbad gemäß<br />
DIN 18025 Teil 2. Ein Fensterelement<br />
reicht von der Decke<br />
bis zum Boden und erreicht<br />
eine gute Sichtverbindung<br />
zum Park.<br />
„Der deutsche Caritasverband e. V. als einer<br />
der größten Träger stationärer sozialer Einrichtungen<br />
stellte den privaten Charakter<br />
von Küchen, in denen Bewohner selbst<br />
kochen, heraus. Auf ‘bestimmte Rahmenbedingungen<br />
und Regeln’ könne allerdings<br />
nicht verzichtet werden. Bayern als koordinierendes<br />
Land sowie die anderen Länder<br />
hatten in der ersten Abstimmungsrunde zu<br />
der Leitlinie keine Bedenken gegen diese<br />
Auffassung geäußert.“<br />
Wohnzone. Die rund 21 qm großen Privaträume<br />
sind allesamt Einzelzimmer mit eigenem Vorraum<br />
und Duschbad. Durch Eckfenster wird in den<br />
nach Norden gelegenen, gut geschnittenen Zimmern<br />
die notwendige Belichtung erreicht. Den<br />
Mitarbeitern steht auf jeder Ebene im Gelenk<br />
zwischen Alt- und Neubau ein Dienstzimmer<br />
zur Verfügung. Weitere Arbeitsräume, die die<br />
Heimmindestbauverordnung vorsieht, sind pro<br />
Ebene vorhanden (siehe Gesamtgrundriss): Der<br />
Wäsche- und Putzmittelraum einerseits, sowie<br />
der Abstellraum und das Personal-WC andrerseits<br />
sind pro Ebene je einer Hausgemeinschaft<br />
räumlich zugeordnet, jedoch getrennt von der<br />
jeweiligen Wohnung vom Umgang aus erschlossen.<br />
Ebenso das Badezimmer („Stationsbad“),<br />
das derart die Bewohnerinnen veranlasst, aus<br />
ihrem engeren Privatbereich der Wohnung herauszutreten,<br />
um ein Vollbad nehmen zu können.<br />
Dies ist ein baulicher Kompromiss unter Beachtung<br />
der Heimmindestbauverordnung. Anderer-<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
Das Bayerische Staatsministerium<br />
für Arbeit und Sozialordnung,<br />
Familie, Frauen und<br />
Gesundheit empfiehlt in<br />
einem Schreiben vom<br />
24.5.2000 (Aktenzeichen VII<br />
9/8932/14/00) für Wohngemeinschaften<br />
in Altenheimen<br />
die Beachtung des Kapitels<br />
„Küchen zum Kochen mit<br />
Bewohner/innen“ aus dem<br />
Entwurf der „Leitlinie für eine<br />
gute Lebensmittelhygienepraxis<br />
in stationären Einrichtungen“<br />
des <strong>Deutsche</strong>n<br />
Caritas-Verbandes. Hierin<br />
wird der private Charakter<br />
von Küchen, in denen Bewohner<br />
selbst kochen, herausgestellt.<br />
Unter Bezugnahme auf<br />
dieses Schreiben gibt es bei<br />
Gesundheits- und Veterinärämtern<br />
in Bayern positive<br />
Resonanz.<br />
seits werden dadurch die Hausgemeinschafts-<br />
Wohnungen von jeglicher „Zusatzfunktionalität“<br />
befreit und erreichen einen hohen Grad an<br />
Normalität.<br />
Architektur sowie Raum- und Funktionsprogramm<br />
sind insgesamt bestens geeignet, pflegebedürftigen<br />
und besonders auch verwirrten alten<br />
Menschen die ihnen gemäße Wohn- und Lebensqualität<br />
zukommen zu lassen.<br />
Im Vergleich zu herkömmlichen Pflegeheimen<br />
und zu andern-orts realisierten Hausgemeinschaften<br />
fällt auf, dass der Seniorenwohnpark<br />
in Dießen den „Strang der Zentralität“ hinsichtlich<br />
Großküche und Wäscherei durchtrennt hat.<br />
Dennoch ist eine Heimstruktur mit einem eher<br />
kargen Hausgemeinschafts-Raumprogramm entstanden,<br />
eine besondere Art Altenpflegeheim<br />
also mit unkonventioneller Raumstruktur, mit<br />
äußerst reizvollen Standortqualitäten und einer<br />
ebenso reizvollen architektonischen Gestaltung.<br />
69
70<br />
Projektbeispiele<br />
Das BRK-Altenheim Altötting<br />
Kurzprofil:<br />
BRK-Altenheim Altötting als mehrgliedrige Altenhilfeeinrichtung: Schaffung<br />
eines Wohnhauses (derzeit kurz vor Fertigstellung des Rohbaus) für pflegebedürftige<br />
und demenzerkrankte ältere Menschen mit insgesamt 62 Plätzen<br />
(das sind zwei Hausgemeinschaften mit je sieben Plätzen im EG, darüber Wohnbereichspflege<br />
im 1. bis 3. OG mit weiteren 48 Plätzen) durch Ersatzneubau auf<br />
dem Terrain des ehemaligen Ostflügels (mit seinerzeit 86 Dauerpflegeplätzen auf<br />
drei Pflegestationen) inklusive der Fläche des alten Baukerns für Erstellung eines<br />
Haupteingangsbereiches mit barrierefreier vertikaler Erschließung sowie mit<br />
einer Sozialstation, Verwaltung und Kapelle.<br />
Architekt: Büro Hanfstingl, Altötting. Bauherr: Bayerisches Rotes Kreuz<br />
Kreisverband Altötting. Der 1989 modernisierte Westflügel umfasst 42 Appartements<br />
neueren Standards für ältere Bewohnerinnen und Bewohner.<br />
Der Kreisverband des Bayerischen Roten Kreuzes<br />
Altötting verfügt als Träger stationärer<br />
Altenhilfeeinrichtungen im Landkreis Altötting<br />
über ca. 200 Pflege- und 50 Wohnplätze in zwei<br />
Alten- und Pflegeheimen, zudem über jeweils<br />
zwölf Kurzzeitpflege- und Tagespflegeplätze. Ein<br />
weiterer Arbeitsschwerpunkt des Kreisverbandes<br />
liegt im Sektor ambulanter Dienste.<br />
Südlicher Zugang zum Kernbereich<br />
des BRK-Altenheims<br />
Altötting: Die Einrichtung<br />
befindet sich an einem geradezu<br />
einem idealen Standort<br />
in unmittelbarer Nähe des<br />
Stadtzentrums in einem<br />
verkehrsberuhigten Wohnquartier.<br />
Das Altenheim<br />
entwickelte sich aus einem<br />
vor gut einem Jahrhundert<br />
gebauten Krankenhaus.<br />
Daran erinnert der mittlere<br />
auf dem Foto rechts abgebildete<br />
Gebäudeteil, der<br />
gemeinsam mit dem alten<br />
Ostflügel dem Ersatzneubau<br />
weichen musste. (Westflügel<br />
mit 42 Appartements siehe<br />
auf dem Foto links.)<br />
Das BRK-Altenheim Altötting als mehrgliedrige<br />
Altenhilfeeinrichtung mit vormals insgesamt<br />
131 Plätzen setzte sich aus drei unterschiedlichen<br />
Gebäudeteilen unterschiedlicher Baujahre zusammen,<br />
nämlich dem 1989 in Betrieb genommenen<br />
Appartementneubau des Westflügels,<br />
dem mittleren Kernteil aus dem Jahre 1905 (mit<br />
Haupteingang und einer zwei Geschosse über-
Der KDA-Vorentwurf von<br />
1998 für den Ersatzneubau<br />
auf dem Grundstücksteil des<br />
Ostflügels enthält bereits die<br />
wesentlichen Komponenten<br />
der späteren Ausführung:<br />
Das KDA-Gutachten zur<br />
Modernisierung des Ostflügels<br />
erbrachte, dass die für<br />
den Ostflügel beabsichtigte<br />
Umstrukturierung sich im<br />
Bestand nur unzulänglich<br />
verwirklichen ließe. Ungleich<br />
bessere Entwicklungsmöglichkeiten<br />
ergeben sich<br />
für ein Wohnhaus mit Hausgemeinschaften<br />
für pflegebedürftige<br />
und/oder<br />
verwirrte ältere Menschen<br />
durch einen Neubau auf dem<br />
Grundstücksteil des Ostflügels.<br />
Für die Neubauplanung<br />
waren unter anderem<br />
folgende Implikationen<br />
unverzichtbar:<br />
• Vermeidung von „Anstaltsarchitektur“,<br />
• Geschosshöhen wie im<br />
normalen Wohnungsbau,<br />
• barrierefreie Erschließung,<br />
• eine angemesse Platzzahl,<br />
• Anbindung an den<br />
Westflügel,<br />
• Erhalt des reizvoll<br />
gestalteten Gartens.<br />
Bei einer angenommenen<br />
dreigeschossigen Bauweise<br />
und einer zu berücksichtigenden<br />
Abstandsfläche (ca. 9 m<br />
im Osten und Süden) verbleibt<br />
eine überplanbare<br />
Grundstücksfläche von ca.<br />
1.750 qm. Der Konzeptionsund<br />
Bebauungsvorschlag des<br />
<strong>Kuratorium</strong>s <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />
nutzt den eng gefassten<br />
Planungsspielraum: Ein aufgelockerter<br />
Baukörper entwickelt<br />
sich vom Kernbereich<br />
in östlicher Richtung mit Ausuferungen<br />
nach Norden und<br />
Süden. So entstehen unterschiedlich<br />
ausgeformte Freiräume.<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
Erdgeschossig werden zwei<br />
Hausgemeinschaften gebildet,<br />
wobei jede der beiden<br />
Gemeinschaften sieben Plätze<br />
umfasst. Zentrum und<br />
Lebensmittelpunkt für jede<br />
Hausgemeinschaft ist ihr Gemeinschaftsraum,<br />
der sich in<br />
beiden Fällen nach Süden zum<br />
Garten hin orientiert. Die vertikale<br />
Erschließung der beiden<br />
Hauseinheiten wird auf die<br />
Gebäude-Nordseite verlegt,<br />
wobei der zentrale Hauseingang<br />
selbst auf der Südseite<br />
vorgesehen ist. Unmittelbar<br />
hinter der Haupterschließung<br />
des Kernbereichs befindet<br />
sich, auf gleichem Niveau wie<br />
die Hausgemeinschaften, die<br />
Tagespflege, die von der Gartenstraße<br />
erschlossen wird<br />
und zusätzlich einen Zugang<br />
zum Garten erhält. Auf dieser<br />
Grundlage lassen sich in den<br />
Obergeschossen Wohn-/<br />
Pflegebereiche herausbilden,<br />
die auf jeder Ebene maximal<br />
17 Bewohnerplätze umfassen.<br />
Analog den Gemeinschaftsräumen<br />
im Erdgeschoss befindet<br />
sich der große, gegebenenfalls<br />
teilbare Wohn-/<br />
Gruppenraum im Zentrum,<br />
die Nordseite bleibt der Erschließung<br />
und den Betriebsräumen<br />
vorbehalten.<br />
Technisch unproblematisch ist<br />
die Aufstockung um ein weiteres<br />
– drittes – Geschoss für<br />
einen zusätzlichen Wohn-/<br />
Pflegebereich. Dieser könnte<br />
unter Wahrung der sich hier<br />
vergrößernden Abstandsfläche<br />
maximal 13 Plätze<br />
umfassen. Mit einem 3. Obergeschoss<br />
wäre – so der<br />
Bebauungsvorschlag im KDA-<br />
Vorentwurf – eine Gesamtkapazität<br />
von maximal<br />
61 Plätzen zu erzielen,<br />
planungsrechtliche und<br />
städtebauliche Akzeptanz<br />
einmal vorausgesetzt.<br />
71
72<br />
Projektbeispiele<br />
Grundriss<br />
Erdgeschoss<br />
greifenden Kapelle) sowie einem 1955 errichteten<br />
Ostflügel, der 1986 in ein Altenpflegeheim<br />
mit 86 Plätzen auf drei Pflegestationen umgebaut<br />
worden war.<br />
Im Westflügel befinden sich 42 Appartements<br />
für ältere Bewohnerinnen und Bewohner mit<br />
geringem Hilfe- und Pflegebedarf. Die Qualität<br />
dort entspricht heutigen Standards. Der Ostflügel<br />
hingegen wies trotz einer erst relativ kurz zurückliegenden<br />
Sanierungsmaßnahme Ende der achtziger<br />
Jahre erneut einen erheblichen baulich/<br />
technischen Modernisierungsbedarf auf. In der<br />
Phase der Konzeptentwicklung wurde im Dialog<br />
mit dem <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> der<br />
anfängliche Plan einer sogenannten „Beschützenden<br />
Station“ nach einem Wohngruppenkonzept<br />
mit spezialisierten Raumbereichen aufgegeben.<br />
Der gesamten Ostflügel wurde daraufhin in<br />
eine Konzeption eingebunden, die sich auf die<br />
Bedürfnisse pflegebedürftiger, verwirrter älterer<br />
Menschen im Rahmen einer möglichst normal<br />
gestalteten Wohnsituation (Wohnhaus, Hausge-<br />
meinschaften) konzentriert. Das Bauvorhaben ist<br />
als <strong>BMG</strong>-Modellprojekt anerkannt. Die Gesamtkosten<br />
für die 14 Hausgemeinschafts-Plätze im<br />
Ostflügel umfassen inklusive anteilige Gemeinschaftsflächen<br />
pro Platz 176.586,65 DM. Kernpunkt<br />
ist dabei eine kleinräumige Grundstruktur:<br />
Möglichst kleine Wohngruppen – hier Hausgemeinschaften<br />
für je sieben Personen – erlauben<br />
normales Leben innerhalb einer überschaubaren<br />
Gemeinschaft. Jede der beiden kleinen Hausgemeinschaften<br />
beinhaltet zwei Hauptkomponenten.<br />
Es gibt zum einen den privaten Bereich für<br />
jeden einzelnen Bewohner, das sind 100 Prozent<br />
Einzelzimmer als Voraussetzung für den Erhalt<br />
einer unabdingbar notwendigen Intimsphäre.<br />
Zum andern wird in jede der beiden Hausgemeinschafts-Wohnungen<br />
ein eigener Gemeinschaftsbereich<br />
implementiert. Dieser ist nach<br />
Süden zum Garten hin orientiert und bildet die<br />
lebendige Mitte des familienähnlichen Lebens in<br />
der Hausgemeinschafts-Wohnung. So werden<br />
Anbindungen ans tägliche Leben erreicht, insbe-
Grundriss<br />
1. Obergeschoss<br />
sondere sinnliche Stimulationen durch die täglich<br />
wiederkehrenden Haushaltstätigkeiten und die<br />
tagesstrukturierenden Aufgaben, an denen sich<br />
Bewohner und auch Angehörige beteiligen können<br />
und auch sollten. Der Gemeinschaftsbereich<br />
besteht aus einem großzügig dimensionierten<br />
Wohn-/Esszimmer mit integrierter Küche, das<br />
sich zur Südterrasse hin öffnet. Der Herd steht<br />
mitten im Raum. Zusätzlich gibt es auf Hausgemeinschafts-Ebene<br />
zwei kleine Hauswirtschaftsräume,<br />
Abstell- oder Speisekammern, einen<br />
„therapeutischen“ Snoezelenraum (zum Norden<br />
hin gelegen) und – separat erschlossen – vor der<br />
westlich gelegenen Hausgemeinschaft eine neutrale<br />
Damen- und Herrentoilette. Von beiden<br />
Hausgemeinschaften über ein zusätzliches Flurstück<br />
erreichbar sind das nach der Heimmindestbauverordnung<br />
notwendige Badezimmer mit<br />
freistehender Wanne, das Arbeitszimmer sowie<br />
ein weiteres neutrales WC und ein zusätzlicher<br />
Abstellraum. Der attraktive Außenbereich wird<br />
Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />
ergänzt durch einen östlich an den Neubau<br />
grenzenden Sinnesgarten und einen nordseitigen<br />
Hofgarten.<br />
Der Ersatzneubau sorgt zudem für eine barrierefreie<br />
vertikale Erschließung. Diese wird –<br />
unter anderem mittels Aufzug – für das gesamte<br />
Gebäude vom Kernbereich aus möglich. Der<br />
KDA-Vorschlag (siehe Seite 71) hatte noch einen<br />
weiteren separaten barrierefreien Eingang mit<br />
Aufzug allein für den Ostflügel vorgesehen. Darauf<br />
wurde allerdings in der Ausführungsplanung<br />
verzichtet. So ist ein barrierefreier getrennter Zugang<br />
zur Hausgemeinschafts-Ebene und den darüber<br />
liegenden Geschossen nicht möglich. Dies<br />
hat die Konsequenz, dass Bewohner und Besucher<br />
der östlich gelegenen Hausgemeinschaft,<br />
die nicht das nördliche zu den beiden Hausgemeinschaften<br />
führende Treppenhaus benutzen<br />
können, nur den einzigen barrierefreien Weg<br />
vom Haupteingang durch die Nachbar-Hausgemeinschaft<br />
nehmen müssen.<br />
73
74<br />
Anhang<br />
Literatur und Quellen<br />
Die hier vorgelegte Dokumentation zur Verbesserung der<br />
Situation Pflegebedürftiger steht in einer Entwicklungslinie,<br />
die insbesondere markiert wird durch die Schriften:<br />
¬ <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> (Hrsg.), Neue Konzepte für das<br />
Pflegeheim, Auf der Suche nach mehr Wohnlichkeit, vorgestellt<br />
Nr. 46, Köln 1988<br />
¬ <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> (Hrsg.), Planung humaner Pflegeheime<br />
– Erfahrungen und Empfehlungen, Architektur+Gerontologie<br />
<strong>Band</strong> 1, Köln 1997<br />
¬ Winter, Hans-Peter/Gennrich, Rolf/Haß, Peter, Hausgemeinschaften<br />
– Werkstattbericht zur Entwicklung familienähnlicher Wohn- und<br />
Lebensformen für pflegebedürftige und/oder verwirrte alte<br />
Menschen, Architektur +Gerontologie <strong>Band</strong> 2,<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> (Hrsg.), Köln 1999<br />
Weitere Literatur<br />
¬ Besselmann, Klaus/Sowinski,Christine/Rückert, Willi, Qualitätshandbuch<br />
Wohnen im Heim – Wege zu einem selbstbestimmten Leben,<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> (Hrsg.), Köln<br />
¬ Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA) (Hrsg.)/<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong>, BMA-<strong>Modellprojekte</strong> zur Verbesserung<br />
der Situation Pflegebedürftiger <strong>Band</strong> 1– 5/1997–1998<br />
¬ Bundesministerium für Gesundheit (<strong>BMG</strong>) (Hrsg.)/ <strong>Kuratorium</strong><br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong>, <strong>BMG</strong>-<strong>Modellprojekte</strong> zur Verbesserung der<br />
Situation Pflegebedürftiger <strong>Band</strong> 6–7/1999–2000<br />
¬ Claudia Eisenreich/Annette Scholl, Leben in familienähnlichen Wohnformen,<br />
Hausgemeinschaften, Hofjes, Cantous, ProALTER 1/98<br />
¬ <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> (Hrsg.), Qualitative Anforderungen<br />
an den Pflegeheimbau, Teil 1–5:<br />
Teil 1 Das Pflegezimmer, thema 112, Köln 1995<br />
Teil 2 Flure, thema 115, Köln 1996<br />
Teil 3 Wohngruppenräume, thema 123, Köln 1996<br />
Teil 4 Betriebsräume im Wohnbereich, thema 131, Köln 1997<br />
Teil 5 Zentrale Küchen- und Speisenversorgung, thema 133,<br />
Köln 1999<br />
¬ Christoph Ruhkamp, Klönen in der Küche, Schlager im Wohnzimmer,<br />
Betreute Wohngemeinschaft in Berlin, ProALTER 4/98<br />
¬ Annette Scholl, Im Anton-Pieck-Hofje leben Altersverwirrte in kleinen<br />
Wohngruppen, ProALTER 1/98<br />
¬ Sowinski, Christine/Gennrich, Rolf/Schmitt, Belinda/<br />
Schmitz, Thomas/Schwantes, Harro/Warlies, Christine,<br />
Organisation und Stellenbeschreibungen in der Altenpflege, Teil 1,<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> (Hrsg.), Forum 36, Köln 1999<br />
¬ Rudolf Welter, Über den Umgang mit Demenz aus umweltpsychologischer<br />
Sicht, System Familie (1998)11:23 –26<br />
¬ Hans-Peter Winter, Von den „Neuen Alten“ und den Verwirrten,<br />
Evangelische Impulse, 3/98<br />
Architekten/Projekte/Bauherren bzw. Träger<br />
¬ S.13, 58 – 61: Architektenbüro Dr. Brunzema, Bunge, Otte,<br />
Bielefeld/Seniorenzentrum Caroline Bertheau, Berlin-Spandau/<br />
Evangelisches Johannesstift Berlin<br />
¬ S. 26, 34, 35: KDA + Architekt Ulrich Rieger, Köln/Johanniterhaus<br />
Dannenberg, Satelliten in Quickborn und Clenze<br />
¬ S. 32: Architekt Prof. Günter Pfeifer, Johann-Friedrich-Stift, Lich/<br />
Oberhessisches Diakoniezentrum, Laubach<br />
¬ S. 33 o.: KDA + Architekt Ulrich Rieger, Köln/Projektplanung<br />
Altenhilfe Wetter/St.Elisabeth-Verein Marburg<br />
¬ S. 33 u.: Architektenbüro Eckhard Scholz, Senden/ Wohnhäuser für<br />
alte Menschen in der Kath. Kirchengemeinde St.Sebastian,<br />
Münster-Nienberge/Caritas-Betriebsführungs- und Trägergesellschaft<br />
Münster mbH<br />
¬ S. 36: Heimverbundene Hausgemeinschaft in Neun-Familien-<br />
Wohnhaus Auf dem Höhlchen/Altenhilfe Wetter/St. Elisabeth-<br />
Verein Marburg<br />
¬ S. 38, 40: Architekten Haslob-Hartlich + Partner, Bremen/Pflegeheim<br />
Stiftungsdorf Rablinghausen, Bremen/ Bremer Heimstiftung<br />
¬ S. 65– 69: Architekten Wolfgang Schinharl und Leonhard Höss,<br />
München/Seniorenwohnpark Dießen/Arbeiterwohlfahrt<br />
Bezirksverband Oberbayern, München<br />
¬ S. 70, 72,73: Architektenbüro Hanfstingl, Altötting/ BRK-Altenheim<br />
Altötting/Bayerisches Rotes Kreuz Kreisverband Altötting<br />
¬ S. 71: Gisela Crusius, Köln, KDA-Vorentwurf zu Neubau BRK-Altenheim<br />
Altötting/Bayerisches Rotes Kreuz Kreisverband Altötting<br />
Alle Skizzen, Pläne und Fotos wurden von den Trägern, Einrichtungen<br />
beziehungsweise von den Architekten zur Verfügung gestellt oder<br />
stammen, wenn nicht anders vermerkt, aus dem KDA-Archiv.<br />
Fotos<br />
¬ Titel, S. 57, 65: Archiv Architekten Wolfgang Schinharl und<br />
Leonhard Höss, München ¬ S. 14, 21: Susanne Bösel, Köln<br />
¬ S. 17, 36: Peter Haß, Köln ¬ S. 22, 41: Ralf Emmerich, Münster<br />
¬ S. 23, 29: Archiv Buchen-Hof, Bochum ¬ S. 39, 52: Archiv Bremer<br />
Heimstiftung ¬ S. 70: Archiv BRK Kreisverband Altötting<br />
Dank an dieser Stelle den Bildautorinnen und Bildautoren, die der<br />
Redaktion zum Teil leider unbekannt geblieben sind!<br />
Die Darstellungen der Projekte stützen sich unter anderem auf<br />
KDA-Expertisen (Gutachten, Raumprogramme, Baumassenstudien,<br />
Konzeptionsentwicklungen etc.) sowie auf Dokumentationen und<br />
Schriftwechsel des <strong>Kuratorium</strong>s <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong>. Unter anderem<br />
wurde auch auszugsweise auf Protokolle und schriftliche Projekt-<br />
Entwürfe der Architekturbüros, Träger und Einrichtungen zurückgegriffen.
Aus dem Inhalt:<br />
Definition einer Hausgemeinschaft<br />
• Eine Hausgemeinschaft ist eine räumliche und organisatorische<br />
Einheit, in der sechs bis acht ältere und pflegebedürftige<br />
Menschen leben.<br />
• Alle Pflege- und Betreuungsleistungen, die nicht von den<br />
Bewohnern selbst, den Angehörigen und/oder Freunden geleistet<br />
werden können, werden über die Präsenzkräfte im Zusammenhang<br />
mit den Tagesaktivitäten oder/und über den hauseigenen<br />
pflegerischen Dienst erbracht.<br />
• Hausgemeinschaften werden, anders als die Wohngemeinschaften,<br />
als zugelassene und pflegesatzfinanzierte vollstationäre<br />
Einrichtungen betrieben.<br />
Als Heime unterliegen sie unter anderem dem Heimgesetz.<br />
Das Bundesministerium für Gesundheit