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BMG Modellprojekte Band 8 - Kuratorium Deutsche Altershilfe

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8<br />

BAND<br />

<strong>BMG</strong> <strong>Modellprojekte</strong><br />

Eine Dokumentation zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

HAUSGEMEINSCHAFTEN<br />

Die 4. Generation des Altenpflegeheimbaus<br />

Das Bundesministerium für Gesundheit<br />

Architektur<br />

Raumprogramm<br />

Projektbeispiele<br />

Leistungsangebote<br />

Personalkalkulation


Hausgemeinschaften · Die 4. Generation des Altenpflegeheimbaus<br />

„Sie hören<br />

das Brutzeln des Fleisches,<br />

sie riechen<br />

den Braten und<br />

den ofenfrischen Kuchen.“


8<br />

BAND<br />

<strong>BMG</strong> <strong>Modellprojekte</strong><br />

Eine Dokumentation zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

HAUSGEMEINSCHAFTEN<br />

Die 4.Generation des Altenpflegeheimbaus<br />

Das Bundesministerium für Gesundheit<br />

Architektur<br />

Raumprogramm<br />

Projektbeispiele<br />

Leistungsangebote<br />

Personalkalkulation<br />

Hans-Peter Winter<br />

Rolf Gennrich<br />

Peter Haß


Herausgeber:<br />

Das Bundesministerium für Gesundheit<br />

Erarbeitet vom<br />

<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />

Wilhelmine-Lübke-Stiftung e.V.<br />

An der Pauluskirche 3<br />

50677 Köln<br />

Telefon: 0221/9318 47-0<br />

Fax: 0221/9318 47-6<br />

Internet: http://www.kda.de<br />

E-Mail: architecture@kda.de<br />

Projektleitung:<br />

Hans-Peter Winter<br />

in Zusammenarbeit mit Rolf Gennrich<br />

Projektbearbeitung:<br />

Peter Haß<br />

Redaktion:<br />

Hans-Peter Winter, Rolf Gennrich, Peter Haß<br />

in Zusammenarbeit mit<br />

Gisela Crusius, Beatrix Michels, Ulrich Rieger, Christine Sowinski<br />

Typografie, Layout und digitale Realisation:<br />

Bernd Fischer, Evelyn Gabnach, Brigitte Jumpertz<br />

Produktion:<br />

Print Media Design Fischer<br />

Bischofsweg 48 –50<br />

50969 Köln<br />

Alle Rechte inklusive fotomechanischer<br />

Wiedergabe und Digitalisierung sowie<br />

Übersetzung vorbehalten<br />

©<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />

Köln, 2000<br />

Die Modellvorhaben und deren Dokumentation<br />

wurden realisiert mit finanzieller Unterstützung<br />

des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Referat 124, Am Probsthof 78a, 53108 Bonn


Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort Seite 7<br />

Einleitung Seite 8<br />

Kapitel 1<br />

Die Komponenten von Hausgemeinschaften Seite 17<br />

Kennzeichen von Hausgemeinschaften<br />

Architektur und Raumprogramm<br />

Variationen beim Bau von Hausgemeinschaften<br />

Zwischenschritte zur Hausgemeinschaft<br />

Kapitel 2<br />

Personalfragen und -kalkulation Seite 41<br />

Leitgedanken<br />

Personalkalkulation<br />

Perspektiven<br />

Besetzungspläne<br />

Tätigkeitsprofile<br />

Kapitel 3<br />

Projektbeispiele Seite 57<br />

Seniorenzentrum „Caroline Bertheau“ Berlin<br />

Seniorenwohnpark Dießen am Ammersee<br />

BRK-Altenheim Altötting<br />

Anhang<br />

Literatur und Quellen Seite 74


Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

die Römer haben uns die Weisheit hinterlassen:<br />

Carpe Diem! – Nutze den Tag!<br />

Mit zunehmendem Alter kann ein jeder von uns<br />

diesen Gedanken neu reflektieren. Dabei werden<br />

die Antworten auf diese Reflexion von Lebensalter<br />

zu Lebensalter anders ausfallen. Ältere Menschen<br />

werden hierzu ihre eigenen Lebenserfahrungen<br />

und Lebenserwartungen anders einbringen<br />

als Jüngere. Die Normalität des alltäglichen<br />

Lebens erfährt Akzente, die sich auch in der Wahl<br />

des Wohnens niederschlagen. Jeder Mensch<br />

braucht ein Zuhause. Damit eine Wohnung ein<br />

Zuhause wird, bedarf es Räumen, die man mit<br />

dem eigenen Ich identifizieren kann. Darin unterscheidet<br />

sich Alt von Jung grundsätzlich nicht.<br />

Wichtig ist, daß das Zuhause mit den eigenen<br />

Lebensbedürfnissen übereinstimmt. In dieser<br />

grundsätzlichen Forderung unterscheiden sich<br />

Hausgemeinschaften im Pflegeheim nicht von<br />

Wohnanforderungen allgemeiner Art. Hausgemeinschaften<br />

bilden den Alltag ab, sollen Identifikation<br />

zulassen und ein Wohlgefühl für den einzelnen<br />

Bewohner ausstrahlen.<br />

Das Bundesministerium für Gesundheit legt<br />

zusammen mit dem <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />

den achten <strong>Band</strong> über die <strong>Modellprojekte</strong><br />

zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

vor. Was bereits im siebten <strong>Band</strong> begonnen wurde,<br />

wird nunmehr mit einem weiteren thematischen<br />

Schwerpunktband fortgesetzt. Hausgemeinschaften<br />

sind das zentrale Thema einer<br />

neuen Wahrnehmung von Pflegeeinrichtungen.<br />

Hausgemeinschaften versuchen das Leben, das<br />

der Pflegebedürftige vor seinem Heimaufenthalt<br />

zu Hause geführt hat, in das Pflegeheim zu übertragen.<br />

Auch pflegebedürftige Menschen beanspruchen<br />

für ihr Leben ein hohes Maß an Normalität.<br />

Dies will und soll die Hausgemeinschaft<br />

abbilden. Pflegebedürftige pochen zu Recht wie<br />

jeder von uns auf ihre Selbstständigkeit und<br />

Eigenverantwortlichkeit. Sie wollen ihr Leben in<br />

eigener Regie führen, selbst wenn Hilfe, Betreuung<br />

und Pflege notwendig werden. Allen Hausgemeinschaften<br />

ist gemeinsam, dass in ihnen<br />

Hauswirtschaft mit der pflegerischen und psychosozialen<br />

Betreuung Hand in Hand gehen.<br />

Keins der Aufgabenfelder hat ein grundsätzliches<br />

Übergewicht, sie bedingen und ergänzen einander.<br />

Auch für die Gruppe der in einer Hausgemeinschaft<br />

mit unterschiedlichen Pflegebedürftigkeiten<br />

lebenden Menschen gilt Carpe Diem.<br />

Nutze den Tag mit den verbleibenden Kompetenzen<br />

im Zusammenspiel mit den Angeboten der<br />

sie umgebenden Professionen. Wichtig ist, dass<br />

Hausgemeinschaften eine Art Lebensphilosophie<br />

beinhalten, die Nähe, aber auch Distanz ermöglicht.<br />

Das Ermöglichen eines Nähe-Distanz-<br />

Wohnumfeldes ist Aufgabe der Hausgemeinschaft.<br />

Es schafft Raum, sich zu Hause zu fühlen,<br />

indem man sich vom anderen angenommen<br />

fühlt. Das Alleinsein ist möglich, aber man<br />

braucht es nicht zu fürchten. Das Carpe Diem der<br />

Römer bedarf im Alter weniger der Burschikosität<br />

der jüngeren Jahre als vielmehr des Mutes zum Ja<br />

für jeden Tag. Hausgemeinschaften können hierfür<br />

den Rahmen schaffen.<br />

Das Bundesministerium für Gesundheit<br />

begleitet die Idee der Hausgemeinschaft ideell<br />

und finanziell durch das Modellprogramm zur<br />

Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger.<br />

Dadurch ist in Deutschland der Modellcharakter<br />

der Hausgemeinschaft als eine neue, andere<br />

Form des Zusammenlebens Pflegebedürftiger<br />

zum Standardprogramm geworden. Damit verhelfen<br />

wir Pflegebedürftigen zu der Möglichkeit,<br />

mitten in unserem sozialen Leben ihren Platz zu<br />

beanspruchen.<br />

Klaus Feckler<br />

Bundesministerium für Gesundheit<br />

Vorwort<br />

7


8<br />

Einleitung<br />

Die 1. Generation des Pflegeheimbaus<br />

bis Anfang der 60er Jahre<br />

…pflegebedürftiger „Insasse” wird „verwahrt”<br />

Die 2. Generation des Pflegeheimbaus<br />

60er und 70er Jahre<br />

…pflegebedürftiger „Patient” wird „behandelt”<br />

Leitbild:<br />

Krankenhaus<br />

• Optimierung von Teilaspekten<br />

der Pflegeabläufe<br />

(zum Beispiel Fäkalienbeseitigung)<br />

• Überbetonung der Technik<br />

• Stereotype räumliche<br />

Organisation<br />

• Reaktive Pflege (Funktionsmängel<br />

der Alten werden<br />

als gegeben angenommen<br />

• Rehabilitation erfolgt außerhalb<br />

der Station<br />

Die 3. Generation des Pflegeheimbaus<br />

80er und 90er Jahre<br />

…pflegebedürftiger „Bewohner” wird „aktiviert”<br />

Leitbild:<br />

Wohnheim/Wohnhaus<br />

• Versuch, Wohnbedürfnisse<br />

und Pflegeanforderungen<br />

zu verbinden<br />

• Diskretes Angebot der<br />

technischen Versorgung<br />

• Räumliche Gestaltung<br />

des Wohnumfeldes<br />

Leitbild:<br />

Verwahranstalt<br />

• Aus hohem Bedarf und<br />

wirtschaftlichen Zwängen<br />

resultierende einfachste<br />

Versorgungsform<br />

• Extrem hohe Belegungsdichte<br />

• Räumliche Enge<br />

• Minimale technische<br />

Ausstattung<br />

• Erschwerte Pflege<br />

• Motivation zur Selbstständigkeit<br />

• Aktivierung im<br />

Wohnbereich<br />

• Mehr Individualität/<br />

Privatheit<br />

• Mehr Kommunikation


Die 4. Generation des Pflegeheimbaus<br />

ab Ende der 90er Jahre<br />

„Alte Menschen erleben Geborgenheit und Normalität“<br />

Auf dem Weg zur vierten Generation im Pflegeheimbau<br />

Zu den Entwicklungen im<br />

Altenpflegeheimbau<br />

Die Entwicklung des Altenpflegeheimbaus hat in<br />

der Bundesrepublik Deutschland mehrere Stadien<br />

mit je verschiedener Schwerpunktbildung<br />

durchlaufen. Die Pflegeheime der ersten Generation<br />

wurden nach dem Muster von Verwahranstalten<br />

gebaut. Darauf folgte ungefähr mit<br />

Beginn der sechziger Jahre eine zweite Generation<br />

von Pflegeheimen, die – dem Reha-Gedanken<br />

folgend – nach dem Modell von Krankenhäusern<br />

errichtet wurden. Danach nahmen die<br />

Pflegeheime der dritten Generation in den achtziger<br />

Jahren mehr den Charakter von Wohnheimen<br />

beziehungsweise Wohnhäusern an, in<br />

denen vordringlich Wohn- und Pflegeplätze in<br />

Wohngruppen angeboten wurden, die sich zu<br />

Wohnbereichen addierten. Die Linie dieser heute<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

Leitbild:<br />

Familie<br />

• Die Architektur orientiert<br />

sich an einer Wohnung<br />

• Auflösung der Anstaltsstrukturen<br />

durch Abbau<br />

zentraler Versorgung<br />

• Kleine familienähnliche<br />

Gruppen mit permanent<br />

anwesender Bezugsperson<br />

• Die Aktivitäten orientieren<br />

sich an einem normalen<br />

Haushalt, die Pflege tritt in<br />

den Hintergrund<br />

• Jede Hausgemeinschaft ist<br />

autonom und kann im Verbund<br />

mit anderen oder<br />

einem Dienstleistungszentrum<br />

geführt werden<br />

• Hausgemeinschaften verstehen<br />

sich als quartiersbezogene<br />

Wohnangebote<br />

für Pflegebedürftige<br />

als „klassisch” anzusehenden Heime wieder verlassend,<br />

vollzieht die jüngere Geschichte des<br />

Altenpflegeheimbaus seit etwa drei Jahren die<br />

entscheidende Wende: Vermehrt entstehen in<br />

neuester Zeit Altenpflegeheime, die ein Konzept<br />

der „alltagsnahen Normalität” verfolgen und sich<br />

am Leitbild Familienleben orientieren. Weg von<br />

pflegedominierten und streng, manchmal sogar<br />

ausschließlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten<br />

ausgerichteten Einrichtungen hin zu<br />

„neuen Hilfeformen für mehr selbstbestimmtes<br />

Leben Pflegebedürftiger” (Klaus Feckler in „BMA<br />

<strong>Modellprojekte</strong>” <strong>Band</strong> 5, Hrsg. Bundesminister<br />

für Arbeit und Sozialordnung, Köln 1998), die<br />

humanen Maßstäben genügen, zugleich hohe<br />

Lebensqualität – bis hin zu Glück – statt vordergründiger<br />

Pflegequalität aufweisen und dennoch<br />

wirtschaftlich arbeiten. Diese neuerliche tiefgreifende<br />

Wandlung knüpft unmittelbar am Bedarf<br />

9


10<br />

Einleitung<br />

der älteren Menschen an: Die ältere Generation<br />

will an ihren gewohnten Lebensweisen ungeachtet<br />

ihres Alters festhalten und äußert bezogen auf<br />

den eigenen Alltag den konkreten, zutiefst verständlichen<br />

Wunsch nach eigenständiger beziehungsweise<br />

selbstbestimmter Lebensführung;<br />

dies auch oder gerade wenn mit dem Älterwerden<br />

ein erhöhtes Maß an Schutz, Begleitung,<br />

Betreuung bis hin zu Versorgung und Pflege notwendig<br />

werden sollte.<br />

„Die „Die Leistungen der Pflegeversicherung der Pflegeversicherung sollen<br />

den Pflegebedürftigen sollen den Pflegebedürftigen helfen, trotz helfen, ihres Hilfe- trotz<br />

bedarfs ein ihres möglichst Hilfebedarfs selbstständiges ein möglichst und selbststänselbstbestimmtesdiges Leben und zu selbstbestimmtes führen, das der Würde Leben des zu<br />

Menschen führen, entspricht. das der Die Würde Hilfen des sind Menschen darauf ausentzurichten,spricht. die körperlichen, Die Hilfen geistigen sind darauf und auszurichten,<br />

seelischen<br />

Kräfte der die Pflegebedürftigen körperlichen, geistigen wiederzugewinnen und seelischen oder<br />

zu erhalten.” Kräfte der Pflegebedürftigen SGB wiederzuge- XI, § 2 (1).<br />

winnen oder zu erhalten.” SGB XI, § 2 (1).<br />

Dem Trend zu mehr Selbstbestimmung trotz<br />

eintretendem Hilfebedarfs trägt auch das Pflege-<br />

Versicherungsgesetz an prominenter Stelle Rechnung.<br />

Und im Rahmen des Bundesmodellpro-<br />

Modell einer Wohngruppe für 8 Personen<br />

mit Gruppenraum und integriertem Küchenbereich.<br />

3 Wohngruppen bilden einen Wohnbereich.<br />

gramms zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

prägt das Bundesministerium für<br />

Gesundheit diese Entwicklungsrichtung weg von<br />

anstalts-, klinik- oder wohnheimähnlichen Varianten<br />

hin zu humaneren Projekten mit möglichst<br />

viel gelebter „Normalität” und Lebensqualität<br />

maßgeblich mit, unter anderem indem es seine<br />

finanzielle Förderung auch auf dementsprechend<br />

zukunftsweisende Projekte lenkt. Zudem hat sich<br />

das <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> seit längerem<br />

ebenfalls in den Dienst des Auf- und Ausbaus<br />

von Alternativen zum klassischen Pflegeheim<br />

gestellt.<br />

Ein wichtiger Markierungspunkt der Entwicklung<br />

hin zu Hausgemeinschaften findet sich<br />

bereits im Altenwohnhaus St. Sixtus in Haltern.<br />

Die Pflege- und Heimbereiche wurden hier schon<br />

Ende der achtziger Jahre – initiiert und beraten<br />

vom KDA – architektonisch nach dem Wohngruppen-Prinzip<br />

durchgliedert: Wohnräume für<br />

je acht Personen umschließen hier einen gemeinsamen<br />

Aufenthaltsbereich mit Küche. Das Hausgemeinschaftsmodell<br />

findet sich damit erstmals<br />

räumlich vorgebildet (siehe „Neue Konzepte für<br />

Seit über 25 Jahren beeinflusst<br />

das KDA die Entwicklungslinien<br />

im Pflegeheimbau: Die<br />

Entwicklung führt vom Altenwohnhaus<br />

St. Sixtus (Baujahr<br />

1989) zu den Hausgemeinschaften<br />

ins Jahr 2000.<br />

Das Altenwohnhaus St. Sixtus<br />

in Haltern ist, besonders<br />

unter dem architektonischen<br />

Blickwinkel, trotz der teilweisen<br />

Einplanung von Doppelzimmern<br />

als Vorläufer der<br />

heutigen Hausgemeinschaftsprojekte<br />

weiterhin<br />

von Interesse. Das Modell in<br />

Haltern zeichnet sich aus<br />

räumlicher und architektonischer<br />

Sicht durch seine stark<br />

ausgeprägte Gliederung in<br />

Form von Wohngruppen aus.<br />

Diese Wohngruppen sind so<br />

angelegt, dass die Wohn-/<br />

Pflegezimmer einen gemeinsamen<br />

Aufenthaltsraum mit<br />

Küche – den Wohngruppenraum<br />

– umschließen.


das Pflegeheim – auf der Suche nach mehr<br />

Wohnlichkeit”, KDA-Reihe vorgestellt Nr.46, Köln<br />

1988).<br />

In der Veröffentlichung „Planung humaner<br />

Pflegeheime“ (siehe KDA-Reihe Architektur +<br />

Gerontologie <strong>Band</strong> 1, Köln 1997) wird dann da-<br />

Von der „Station“ zum „Wohnbereich“<br />

Von den drei räumlichen<br />

Bereichen des stationären<br />

Altenpflegeheimes (Wohnbereiche,<br />

Zentrale Einrichtungen,<br />

Hauswirtschaftlicher<br />

Bereich) bilden die Wohnbereiche<br />

den eigentlichen<br />

Kern des Hauses. Drei oder<br />

vier Wohngruppen machen<br />

einen Wohnbereich aus. Hier<br />

leben die Heimbewohner, und<br />

hier finden die wesentlichen<br />

Wohn- und Pflegeaktivitäten<br />

statt, in deren Diensten die<br />

übrigen Heimbereiche stehen<br />

sollten. Vorgänger der<br />

„Wohnbereiche“ waren die<br />

aus der Krankenhausorganisation<br />

übernommenen<br />

„Pflegestationen“, in deren<br />

Mittelpunkt weniger die<br />

Wohnaktivitäten als vielmehr<br />

das „Schlafen und Pflegen“<br />

standen, während die<br />

Gemeinschaftsaktivitäten –<br />

wenn überhaupt – eher in<br />

zentralen Bereichen des<br />

Pflegeheimes stattfanden.<br />

Mit der Begriffswahl „Wohnbereich”<br />

soll – entsprechend<br />

Der Qualitätssprung bei den Hausgemeinschaften<br />

In den letzten Jahren nimmt das Konzept der<br />

Hausgemeinschaften Konturen an. Planer und<br />

Träger von innovativen Altenpflegeheimprojekten<br />

treten in Zusammenarbeit mit dem <strong>Kuratorium</strong><br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> – unterstützt von den<br />

zuständigen Ministerien des Bundes und einiger<br />

Länder – verstärkt für die Weiterentwicklung des<br />

Konzeptes der Hausgemeinschaften für pflegebedürftige<br />

und/oder verwirrte alte Menschen ein.<br />

In den Pflegeheimen der näheren und ferneren<br />

Zukunft soll, so das Ansinnen, ausreichende nutzergerechte,<br />

so weit wie möglich auch nutzergesteuerte<br />

Wohn- und Lebensqualität entstehen.<br />

Spätestens seit Erscheinen des Werkstattberichts<br />

zur Entwicklung familienähnlicher Wohnund<br />

Lebensformen für pflegebedürftige und/<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

rauf verwiesen, welche entscheidenden Vorteile<br />

die Wohnbereiche mit ihrer Betonung normaler<br />

Lebens- und Wohnaktivitäten als Kern von modernen<br />

Altenpflegeheimen gegenüber Pflegestationen<br />

mit ihrer Einengung auf Pflege- und<br />

Schlafplätze bieten.<br />

2. Generation: 3. Generation:<br />

Schlafen<br />

und<br />

Pflegen<br />

Station 6<br />

Station 5<br />

Station 4<br />

Station 3<br />

Station 2<br />

Station 1<br />

Essen und Gemeinschaft<br />

in gesonderten zentralen<br />

Bereichen<br />

der Entwicklung der Altenpflegeheime<br />

in den 80er<br />

Jahren – Wohn- und Lebens-<br />

Wohnbereich A<br />

Schlafen, Pflegen,<br />

Essen und Wohnbereich B<br />

Gemeinschaft<br />

Wohnbereich C<br />

qualität statt Pflege- und<br />

Krankenhausmilieu assoziiert<br />

werden können.<br />

oder verwirrte alte Menschen vor etwa anderthalb<br />

Jahren (siehe „Hausgemeinschaften”,<br />

KDA-Reihe Architektur + Gerontologie <strong>Band</strong> 2,<br />

Köln 1999) ist auch über die engere Fachöffentlichkeit<br />

hinaus erkennbar, dass es nicht nur bei<br />

europäischen Nachbarn wie Frankreich und den<br />

Niederlanden, sondern mittlerweile auch in<br />

Deutschland wegweisende Hausgemeinschafts-<br />

Projekte mit hohem Wohlfühlpotential gibt, die<br />

inhaltlich und wirtschaftlich erfolgreich arbeiten<br />

oder aber sich zumindest im Stadium der konkreten<br />

Planung befinden.<br />

11


12<br />

Einleitung<br />

Die Grundzüge<br />

einer Hausgemeinschaft<br />

Eine Hausgemeinschaft im hier verstandenen Sinne<br />

umfasst im Kern eine in einem gemeinsamen<br />

Haushalt lebende überschaubare soziale Gruppe<br />

von bis zu acht älteren pflegebedürftigen Personen.<br />

Jeder aus der Bewohnergruppe hat innerhalb<br />

der geräumigen, selbstverständlich barrierefreien<br />

Wohnung ein eigenes in sich geschlossenes<br />

Zimmer oder ein kleines Appartement mit kleiner<br />

Diele und je eigenem Duschbad und WC. Diese<br />

„eigenen vier Wände“ garantieren jedem einzelnen<br />

seine Privatsphäre mit Rückzugsmöglichkeiten.<br />

Die Privaträume sind um eine große, für<br />

einen achtköpfigen Haushalt ausgelegte Wohnküche<br />

beziehungsweise einen großzügigen Gemeinschafts-Wohn-/Essbereich<br />

mit einer offenen<br />

Küche als Mittelpunkt gruppiert. Dort spielt sich<br />

für alle aktiv mitzugestalten oder zumindest miterlebbar<br />

das alltägliche Leben der Hausgemeinschaft<br />

ab (Kochen, Essen, informelle Kontakte)<br />

mit all seinen lebendigen, das gesamte Sinnesspektrum<br />

ansprechenden Reizen (Gerüche,<br />

Küchengeräusche, Stimmengewirr). Der Ofen im<br />

Sinne einer wärmenden Feuerstelle ist das Zentrum.<br />

„Wirtschaftsräume müssen in der erforderlichen<br />

Zahl lichen und Größe Zahl vorhanden und Größe sein, vorhanden soweit die sein, Versorgung<br />

nicht soweit durch die Versorgung Betriebe außerhalb nicht durch des Betriebe Heimes<br />

sichergestellt außerhalb ist.” des Heimes sichergestellt ist.”<br />

Heimmindestbauverordnung, § 11.<br />

Als weitere Gemeinschaftsfläche kommt im<br />

Idealfall ein geschützter Außenbereich in Form<br />

einer Terrasse, eines Gartens oder begrünten<br />

Innenhofs hinzu. In jeder Hausgemeinschaft ist<br />

tagsüber eine Bezugsperson präsent, die als Präsenzmitarbeiterin<br />

oder als Alltagsassistentin in<br />

der Rolle einer Hausfrau beziehungsweise eines<br />

Hausmannes tätig ist. Die Bezugsperson übernimmt<br />

Verrichtungen wie Essenszubereitung und<br />

Wäschewaschen, Ankleidungshilfen, Stimulation<br />

und Motivation bis hin zu Kontaktpflege innerhalb<br />

der Gemeinschaft und nach außen (Ärzte,<br />

Angehörige etc.). Das sind diejenigen Aktivitäten,<br />

die im Rahmen der häuslichen Pflege gemeinhin<br />

von einem Angehörigen oder manchmal arbeitsteilig<br />

von mehreren Personen ebenfalls zu übernehmen<br />

wären. Pflegefachkräfte werden ambulant<br />

oder stationär je nach Bedarf für pflegerische<br />

Aufgaben hinzugezogen. Eine Nachtbereitschaft<br />

macht die personelle Präsenz einer Bezugsperson<br />

zum Rund-um-die-Uhr-Angebot.<br />

Die derart beschaffene Hausgemeinschaft versteht<br />

sich als gemeindenahes Wohnangebot mit<br />

dezent aus dem Hintergrund gesteuerter, individuell<br />

bemessener, tatsächlich benötigter Pflege.<br />

Die Hausgemeinschaft ist in sich autonom, versorgt<br />

sich also hauswirtschaftlich weitgehend<br />

selbst. Sie kann sich jedoch räumlich, teils auch<br />

organisatorisch mit anderen Hausgemeinschaften<br />

vernetzen – bis hin zu einem Netzwerk über<br />

mehrere Stadtteile hinweg –, und sie kann einen<br />

Verbund mit ambulanten Diensten beziehungsweise<br />

mit räumlich integrierten Dienstleistungszentren<br />

eingehen. Wie auch letztlich die einzelne<br />

Hausgemeinschaft oder das Ensemble mehrerer<br />

Hausgemeinschaften konstruiert sein mögen,<br />

immer steht im Mittelpunkt des Bestrebens die<br />

Autonomie des älteren Menschen und der möglichst<br />

weitgehende Erhalt seiner Kompetenz für<br />

die eigenen Belange. Sowohl die Architektur als<br />

auch die konzeptionellen „Maßnahmen“ für<br />

Schutz und Geborgenheit der älteren Menschen<br />

dürfen die Normalität des alltäglichen Lebens und<br />

Wohnens nicht deformieren oder gar zerstören.<br />

Notwendig werdende Pflegeaktivitäten dürfen<br />

die Individualität und Zuständigkeit der Bewohner<br />

für sich selbst sowie die Lebensqualität am<br />

Wohnort nicht aushebeln. Ein behutsames, an<br />

humanen Maßstäben ausgerichtetes Pflegekonzept<br />

hat sich vielmehr auszurichten nach dem<br />

Grundsatz: So viel Selbstständigkeit wie möglich,<br />

so viel Pflege und Hilfe wie nötig.<br />

An der Schwelle zur neuen<br />

Generation von Pflegeheimen<br />

Auch wenn die Entwicklung im Pflegeheimbau,<br />

wie dargestellt, weg von konventionellen Pflegeheimen<br />

auf Hausgemeinschaften als vierter Pflegeheimgeneration<br />

zuläuft, bedeutet das nicht,<br />

dass die Ablösung der dritten durch die vierte<br />

Generation heute bereits gänzlich vollzogen ist.<br />

De facto steht der Umbruch noch bevor, und es<br />

bedarf heute noch beträchtlichen Mutes und Pioniergeistes<br />

und durchweg eines langen Atems,<br />

um den Bau eines Pflegeheims nach dem Hausgemeinschaftsmodell<br />

mit seiner erheblich reduzierten<br />

beziehungsweise völlig fehlenden Zentralität<br />

durchzusetzen.


Hausgemeinschaft Evangelisches Johannesstift in Berlin-Spandau<br />

Der Ausschnitt vom Grundriss<br />

(1.OG) der Hausgemeinschaften<br />

zeigt eine gelungene<br />

Lösung der Raumzuordnungen<br />

in einer<br />

Hausgemeinschaft: In die<br />

Hausgemeinschafts-<br />

Wohnung ist gleichsam<br />

die Wahlmöglichkeit<br />

zwischen Nähe und<br />

Distanz auf diskrete<br />

Weise eingebaut (weitere<br />

Ausführungen siehe<br />

unten Kapitel 3).<br />

Kennzeichen der Hausgemeinschaften<br />

• Die Architektur orientiert<br />

sich an einer Wohnung<br />

• Auflösung der Anstaltsstrukturen<br />

durch Abbau<br />

zentraler Versorgung<br />

• Kleine familienähnliche<br />

Gruppen mit permanent<br />

anwesender Bezugsperson<br />

• Die Aktivitäten orientieren<br />

sich an einem normalen<br />

Haushalt, die Pflege tritt<br />

in den Hintergrund<br />

• Jede Hausgemeinschaft ist<br />

autonom und kann im Verbund<br />

mit anderen oder<br />

einem Dienstleistungszentrum<br />

geführt werden<br />

• Hausgemeinschaften verstehen<br />

sich als quartiersbezogene<br />

Wohnangebote<br />

für Pflegebedürftige<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

HAUSGEMEINSCHAFT B<br />

13


14<br />

Einleitung<br />

Obwohl die Zentralität der konventionellen<br />

Heime bisher in den Gesetzen auch nicht zwingend<br />

vorgeschrieben wird und auch bisher<br />

schon – allerdings rein aus Rationalisierungserwägungen,<br />

nicht aus konzeptionellen und humanitären<br />

Überlegungen, zum Beispiel aufgrund<br />

von Outsourcing – Küchen oder Wäschereien als<br />

zentrale Flächen in Heimen eingespart wurden,<br />

geht die mit dem Hausgemeinschaftskonzept<br />

verbundene Werteverschiebung vielen Entscheidungsträgern<br />

heute meist noch zu weit, um wirklich<br />

damit ernst zu machen, auch für pflegebedürftige<br />

ältere Menschen in den Heimen eine<br />

halbwegs normale Umwelt zu schaffen. Als zu<br />

krass wird immer noch – im Vergleich zu den<br />

überkommenen Gewohnheiten und Vorstellungen<br />

– der Bruch hinsichtlich „Philosphie“ und<br />

konzeptioneller Auffassung empfunden, aber<br />

auch hinsichtlich der auf das Hausgemeinschaftskonzept<br />

abgestimmten Architektur.<br />

Auch an der Hausgemeinschaftsarchitektur<br />

ist der radikale Schnitt und die massive Werteverschiebung<br />

gegenüber dem konventionellen Pflegeheim<br />

abzulesen: Die kostspieligen, dem Alltag<br />

der Bewohner eher fernen und fremden Flächen<br />

wie Eingangshalle, Verwaltungstrakt, Festsaal,<br />

Konferenzräume, ebenso wie Speisesäle, Zentralküche,<br />

Wäscherei und teure Reha-Abteilungen<br />

Wohnlichkeit und Möglichkeit zur menschlichen Nähe –<br />

zwei prägende Merkmale einer jeden Hausgemeinschaft<br />

werden in den Hausgemeinschaftsgebäuden erheblich<br />

reduziert beziehungsweise fallen vollends<br />

weg. Diese kostspieligen Flächenkontingente der<br />

Zentraleinrichtungen in den konventionellen<br />

Pflegeheimen werden in die einzelnen Hausgemeinschaften<br />

hinein verlagert: Zentralküchen,<br />

Empfangshallen, Speisesäle und Gemeinschaftseinrichtungen<br />

in großem Stil verschwinden und<br />

wandeln sich in den Hausgemeinschaften zu<br />

angemessen dimensionierten Wohnküchenbereichen<br />

für jeweils bis zu acht Personen. Aus dem<br />

Krankenhausbau übernommene „Schwesternstützpunkte“<br />

– die Wortwahl allein erinnert an<br />

Militärsprache – werden zu Minibüros oder<br />

Schreibplätzen innerhalb der einzelnen Hausgemeinschaften.<br />

Diverse Pflegearbeitsräume rein<br />

und unrein entfallen, da das „Massenproblem“,<br />

nämlich 30 Pflegebedürftige „auf“ einer Station<br />

zu pflegen, entfällt. Lounges und Foyers, die<br />

immer auch Sonderwohnform signalisieren, verschwinden<br />

zugunsten dezentraler Hauseingänge<br />

mit kleinen hellen Hausfluren, die die Normalität<br />

des Wohnens in den Vordergrund rücken. Die<br />

Flächenkennzahlen (ca. 45 – 55 qm NGF pro<br />

Platz) und die Kostenrichtwerte der Länder für<br />

den Pflegeheimbau (ca.150.000 –180.000 DM)<br />

werden so dennoch eingehalten, gleichzeitig<br />

aber durch die Dezentralisierung mehr Personalund<br />

Raumpräsenz und damit mehr Wohn- und<br />

Betreuungsqualität – sprich Lebensqualität – in<br />

die Hausgemeinschaften gebracht.<br />

Dass es jedoch, vor allem aber auf welchem<br />

Wege es bis in Details hinein, bei den bestehenden<br />

Voraussetzungen heute bereits möglich ist,<br />

Hausgemeinschaften ins Werk zu setzen, soll in<br />

dieser Publikation dargestellt werden. Konkretion<br />

ist angesagt. So können beim jetzigen Stand der<br />

Dinge anhand von Beispielen bereits exakte,<br />

detaillierte Angaben darüber gemacht werden,<br />

in welcher Weise und unter welchen Voraussetzungen<br />

Hausgemeinschaften in Abstimmung mit<br />

den kommunalen Instanzen und denen der Länder<br />

und des Bundes entstehen und langfristig<br />

funktionieren können. Betreuungs- und Pflegekonzepte,<br />

Raumprogramme und Architekturen<br />

von Hausgemeinschaften sowie Personalkalkulationen<br />

und Abstimmungen mit Heimaufsichtsbehörden<br />

oder Gesundheitsämtern stehen dabei im<br />

Mittelpunkt der Darstellung.


Veränderte Aufgabenverteilung hinsichtlich Hauswirtschaft, Pflege und Verwaltung<br />

Ein überschlägiger Vergleich<br />

der Aufgabenverteilungen in<br />

konventionellen Pflegeheimen<br />

mit denen in Hausgemeinschaften<br />

zeigt zum<br />

Überschlägiger Vergleich<br />

Hausgemeinschaften und Altenpflegeheime<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

Hausgemeinschaft Altenpflegeheim<br />

51% 23%<br />

47% 70%<br />

2% 7%<br />

Beispiel, dass verglichen mit<br />

Heimen die Tätigkeiten in<br />

Hausgemeinschaften von<br />

Hauswirtschaftskräften um<br />

fast ein Drittel zunehmen,<br />

Hauswirtschaft<br />

Pflege<br />

Verwaltung<br />

Hausgemeinschaft als Prototyp eines modernen Altenpflegeheims<br />

Konzentration auf den<br />

vollstationären Hausgemeinschaftstyp<br />

Das Interesse dieser Schrift richtet sich allein auf<br />

die Hausgemeinschaften in Ausprägung des vollstationären<br />

Altenpflegeheims. Eine Hausgemeinschaft<br />

ist – wenn auch mit spezifischer Struktur –<br />

ein Pflegeheim und stellt sich damit ausdrücklich<br />

in den bereits vorhandenen Kontext von Heimgesetzgebung,<br />

Pflegeversicherung, Hygieneverordnungen<br />

etc. Die zuständigen Stellen wie<br />

Heimaufsichtsbehörden, Gesundheits- und Sozialämter<br />

sowie die Pflegekassen sind und werden<br />

grundsätzlich von vorne herein mit in die<br />

Planungen dieser Hausgemeinschaften eingebunden.<br />

Denn man muss zurzeit noch um die<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

während sich die des Pflegepersonals<br />

im Gegenzug um<br />

etwa zwanzig Prozent reduzieren.<br />

Die Aktivitäten der<br />

Pflege- und Hauswirtschaftskräfte<br />

halten sich bei den<br />

Hausgemeinschaften in etwa<br />

die Waage, während die vom<br />

Pflegepersonal ausgeführten<br />

Tätigkeiten im herkömmlichen<br />

Heim gut siebzig<br />

Prozent aller anfallenden<br />

Aufgaben ausmachen.<br />

Pflegekräfte erhalten in Hausgemeinschaften<br />

die Möglichkeit,<br />

sich verstärkt auf die<br />

Pflegeprozesssteuerung zu<br />

konzentrieren. Das bedeutet<br />

im Prinzip, dass im Hausgemeinschafts-Konzept<br />

keine<br />

hauswirtschaftlichen Arbeiten<br />

mehr vom Pflegepersonal zu<br />

verrichten sind. Die SchnittstellenproblematikHauswirt-<br />

schaft/Pflege entfällt somit<br />

weitestgehend.<br />

In der veränderten Aufgabenverteilung<br />

ist ein weiteres<br />

Indiz für die in Hausgemeinschaften<br />

zu erwartenden<br />

tiefgreifenden Wandlungen<br />

zu sehen, unter anderem auch<br />

für eine nicht so einfach zu<br />

vollziehende Veränderung<br />

innerhalb der Personalstruktur,<br />

zumindest aber für<br />

notwendig werdende Sensibilisierungs-<br />

und Umschulungsmaßnahmen<br />

des herkömmlich<br />

ausgebildeten Heimpersonals,<br />

um es in Hausgemeinschaften<br />

adäquat einsetzen zu können.<br />

Akzeptanz des Hausgemeinschafts-Konzeptes<br />

werben, und das geht nur, wenn die zuständigen<br />

Behörden von Beginn der Planungen an mit einbezogen<br />

werden. Hausgemeinschaften sind so<br />

immer ein Produkt aus den Beratungsgesprächen,<br />

den zu leistenden Verhandlungen und<br />

dem Zusammenwirken der Initiatoren, Träger<br />

und Betreiber von Hausgemeinschafts-Projekten<br />

mit den Entscheidungsträgern auf kommunaler,<br />

Länder- und Bundesebene.<br />

Die Konzentration auf Hausgemeinschaften<br />

der vollstationären Ausprägung macht Sinn bei<br />

der Erstellung von Neubauprojekten,ebenso aber<br />

auch in Hinblick auf die derzeitige Pflegeheimlandschaft<br />

mit seinen weit mehr als eine halbe<br />

Million Pflegeheimplätzen, von denen zum jet-<br />

15


16<br />

Einleitung<br />

zigen Zeitpunkt schätzungsweise mindestens<br />

100.000 als dringend sanierungsbedürftig gelten<br />

können. Auch die Endprodukte der Modernisierungsmaßnahmen<br />

von bestehenden Pflegeheimplätzen<br />

können und sollen künftig Hausgemeinschaften<br />

sein.<br />

Überblick<br />

„Wenn man es recht betrachtet,<br />

ist es eigentlich nicht grandios.<br />

Wir haben kein Paradies,<br />

wir sind keine Engel,<br />

und wir versuchen auch nicht,<br />

alle superglücklich zu machen.<br />

Bei uns herrscht nicht mehr<br />

und nicht weniger als<br />

das ganz normale Leben.“<br />

Diese lapidar klingende Einschätzung von Niekde<br />

Boer, dem Mitinitiator des bedeutendsten niederländischen<br />

Wohnprojektes für pflegebedürftige<br />

und altersverwirrte Menschen, stellt die Hausgemeinschaften<br />

gleichsam auf ihre Füße. Sie wendet<br />

sich unter anderem gegen rein idealistische<br />

oder sozialromantische Vorstellungen, die den<br />

Hausgemeinschafts-Befürwortern häufig noch<br />

unterstellt werden. Der Anton-Pieck-Hofje arbeitet<br />

in den Niederlanden als Alternative zum gerontopsychiatrischen<br />

Pflegeheim seit über einem<br />

Jahrzehnt erfolgreich. Er stößt weltweit auf<br />

großes fachliches Interesse und hat auch der<br />

Hausgemeinschafts-Entwicklung in Deutschland<br />

ganz wesentliche Impulse gegeben. Seitdem<br />

haben Hausgemeinschaften in der Bundesrepublik<br />

allerdings erheblich an eigenem Profil hinzugewonnen.<br />

Wenn man Altenpflegeheime unter Humanisierungsgesichtspunkten<br />

künftig neu zu konzipieren<br />

oder aber bestehende durchgreifend zu<br />

sanieren beabsichtigt, können Lebensqualität<br />

und Pflegequalität nur dann gesichert werden,<br />

wenn neben einer konkreten Utopie auch ein realistisches<br />

methodisches Konzept vorhanden ist,<br />

das die entwickelten Betreuungs-, Pflege- und<br />

Qualitätsziele mit einer geeigneten Personal-<br />

struktur, einer entsprechenden Architektur und<br />

den dazugehörenden Raumangeboten verbindet.<br />

Welche verschiedenen Komponenten in<br />

einer vollstationären Hausgemeinschaft konkret<br />

zusammenspielen und wie die einzelnen Faktoren<br />

zu einem menschenfreundlichen voll funktionsfähigen,<br />

auch fachlich zufriedenstellenden<br />

und wirtschaftlich tragfähigen Gebilde namens<br />

Hausgemeinschaft im Pflegeheimbereich ineinander<br />

greifen, wird in den folgenden Kapiteln<br />

dargelegt. Dies soll all denen konkrete Planungshinweise<br />

geben, die beabsichtigen, Hausgemeinschaften<br />

auf den Weg zu bringen. Zugleich soll<br />

dadurch Überzeugungsarbeit bei denjenigen<br />

geleistet werden, die den Hausgemeinschaften<br />

bislang noch mit Skepsis begegnen.<br />

Hausgemeinschaften nutzen heute vermehrt<br />

gerade diejenige Infrastruktur, die bislang eher<br />

herkömmliche Altenpflegeheime hervorgebracht<br />

hat. Vollstationäre Hausgemeinschaften sind,<br />

auch wenn sie von konventionellen Pflegeheimen<br />

essentiell abweichen, von den bisher gewachsenen<br />

„Produktionsbedingungen“ aus planbar und<br />

realisierbar. Dies wird in Kapitel 3 anhand von<br />

konkreten Projektbeispielen bis in Details hinein<br />

demonstriert. In Kapitel 1 geht es zuvor jedoch<br />

um konzeptionelle und architektonische Grundmuster<br />

– inklusive Aussagen zum Raumprogramm<br />

– und die Variationsmöglichkeiten von<br />

Hausgemeinschaften der vollstationären Ausprägung.<br />

Ihre strukturellen Komponenten hinsichtlich<br />

inhaltlicher Konzeption und darauf abgestimmter<br />

Architektur werden in Kapitel 2 durch<br />

die Darstellung der für Hausgemeinschaften notwendig<br />

werdende Personalstruktur und durch<br />

eine Kalkulation der damit verbundenen Kosten<br />

ergänzt.


Die Komponenten<br />

von Hausgemeinschaften<br />

Kennzeichen von Hausgemeinschaften<br />

Architektur und Raumprogramm<br />

Variationen beim Bau von Hausgemeinschaften<br />

Zwischenschritte zur Hausgemeinschaft<br />

Kapitel 1


18<br />

Komponenten von Hausgemeinschaften<br />

Kennzeichen von<br />

Hausgemeinschaften<br />

Zielgruppe und Aufgabenstellung<br />

Vollstationäre Hausgemeinschaften – die einzelnen<br />

und auch die zu mehreren unter einem Dach<br />

zusammengefassten Ensembles – sind ihren Ausgangsbedingungen<br />

nach Altenpflegeheime. Das<br />

bedeutet zum einen, dass sie der Heimgesetzgebung<br />

und so auch den Regularien der Heimaufsichtsbehörden<br />

unterliegen. Die Mindestanforderungen<br />

beziehungsweise Minimalstandards<br />

von Heimpersonal- und Heimmindestbauverordnung<br />

gelten in den Hausgemeinschaften wie<br />

in jedem anderen Pflegeheim auch. Ebenso<br />

wenig unterscheiden sich die Nutzer von Hausgemeinschaften<br />

von der Nutzergruppe eines herkömmlichen<br />

Altenpflegeheims mit Blick auf ihre<br />

Altersstruktur sowie hinsichtlich der Häufigkeit<br />

des Vorkommens der Pflegestufen und der<br />

Demenzerkrankungen.<br />

Die aus der Bewohnerstruktur einer Hausgemeinschaft<br />

resultierende Aufgabenstellung<br />

bezogen auf Betreuung und Pflege weicht demzufolge<br />

auch nicht grundsätzlich von derjenigen<br />

in herkömmlichen Altenpflegeheimen ab. Wegen<br />

der besonderen Möglichkeiten der von Hausgemeinschaften<br />

(Rückzugs- und Kontaktmöglichkeiten,<br />

anregungsreiches Milieu, Personaldichte,<br />

etc.) können sich jedoch gerade Hausgemeinschaften<br />

besonders gut auch der Gruppe der<br />

Demenzerkrankten annehmen, ohne dass dadurch<br />

eine Sonderinstitution oder Sonderarchitektur<br />

entstehen muss.<br />

Zur „Philosophie“<br />

von Hausgemeinschaften<br />

Als grundlegend anders – verglichen mit einem<br />

herkömmlichen Pflegeheim – zeigt sich hingegen<br />

die den Hausgemeinschaften zugrundeliegende<br />

„Philosophie“ und die von ihr beeinflusste Konzeption,<br />

Organisation und Architektur von Hausgemeinschaften.<br />

In der Regel sind Hausgemeinschaften<br />

ein Wohnangebot für alte Menschen<br />

mit hohem Pflege- und/oder Betreuungsbedarf.<br />

Der Umzug in eine Hausgemeinschaft erfolgt<br />

durchweg nicht freiwillig, sondern weil die häuslichen<br />

oder persönlichen Umstände bei der notwendig<br />

werdenden Hilfe keinen ausreichenden<br />

Schutz mehr bereit halten und zum Aufgeben der<br />

„gewohnten“ Wohnung und des selbstständigen<br />

Haushaltes zwingen. Die älteren Menschen<br />

wollen, nimmt man ihre Äußerungen – oder die<br />

der Angehörigen – wahr und ernst und macht<br />

diese zum Maßstab des weiteren Vorgehens,<br />

dennoch nichts anderes als ihr Leben „normal“<br />

so weiter leben, wie sie es von zu Hause her kennen.<br />

An diese ebenso banale wie tief greifende<br />

Erkenntnis schließt die Frage an, was denn im<br />

Prinzip ein Zuhause und Normalität ausmachen.<br />

Im Kern beinhaltet ein normales „Heim“– so die<br />

Hausgemeinschafts-Philosophie – die eigene<br />

Wohnung und die Chance auf eine möglichst<br />

HG<br />

Leben<br />

Wohnen<br />

Pflegen<br />

HG HG<br />

Leben<br />

Wohnen<br />

Pflegen<br />

HG<br />

Leben<br />

Wohnen<br />

Pflegen<br />

Leben<br />

Wohnen<br />

Pflegen<br />

selbstbestimmte Lebensführung. Dabei gedeiht<br />

normales Leben in einem Klima, welches das<br />

Bedürfnis nach Intimität ebenso befriedigt wie<br />

das Bedürfnis nach zwischenmenschlichen Kontakten.<br />

Nicht irgendwelche „übergeordnete“ Interessen<br />

und Erfordernisse einer Gesellschaft, einer<br />

Organisation, eines Betriebes, nicht durchrationalisierte<br />

Arbeitsabläufe oder abstrakte Gestaltungsideen<br />

bestimmen die Architektur und den<br />

Lebensalltag von Hausgemeinschaften. Der Maßstab<br />

für Hausgemeinschaften ist vielmehr dieses<br />

zwischen Nähe und Distanz oszillierende<br />

menschliche Grundanliegen. Von diesem Ansatz<br />

sind auch die in Hausgemeinschaften praktizierten<br />

„klientzentrierten“ und „biografieorientierten“<br />

Umgangsformen des Personals beeinflusst.<br />

Das professionelle Verhalten wird gesteuert von<br />

humanen Konzepten und Methoden. Diese integrieren<br />

Betreuung und Pflege in den gewohnten<br />

Die 4. Generation<br />

des Pflegeheimbaus<br />

= Hausgemeinschaften


Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

Aufbruch zur 4. Generation des Altenpflegeheimbaus<br />

„Alte Menschen erleben Geborgenheit und Normalität.”<br />

• Nur durch den Abbau der zentralen Versorgungssysteme kann eine Auflösung der<br />

Anstaltsstrukturen realisiert werden.<br />

• Die Architektur muss wohnlich und überschaubar sein, denn Lebensqualität ist weit<br />

mehr als „nur” Pflegequalität.<br />

• Dem hohen Hilfe- und Betreuungsbedarf wird durch kleine familienähnliche<br />

Gruppen mit permanent anwesender Bezugsperson Rechnung getragen.<br />

• Die Aktivitäten in einer Hausgemeinschaft orientieren sich an einem „normalen”<br />

Haushalt, die Pflege wirkt dezent aus dem Hintergrund.<br />

• Jede Hausgemeinschaft ist autonom und kann im Verbund mit anderen<br />

Hausgemeinschaften oder mit einem Dienstleistungszentrum geführt werden.<br />

• Hausgemeinschaften verstehen sich als gemeindenahe Wohnangebote für<br />

pflegebedürftige ältere Menschen.<br />

Alltag der Bewohnerinnen und Bewohner, ohne<br />

dass der Lebensstil der älteren Menschen von<br />

Zeitvorgaben – zum Beispiel Mittagessen um elf<br />

Uhr – sowie Fremdversorgung oder Pflegemaßnahmen<br />

dominiert oder gar zerstört wird.<br />

Die Konzeption von Hausgemeinschaften<br />

zielt dem gemäß darauf ab, eine ethische, psychologische,<br />

soziale und räumliche Qualität zu<br />

erzeugen, die das ehemalige Wohnmilieu und<br />

das Feeling der Bewohner zum Vorbild nimmt,<br />

ohne auf fachliche Qualität von Betreuung und<br />

Pflege verzichten zu müssen. Ziel ist, dass die<br />

Menschen, die alleine nicht mehr zurecht kommen,<br />

nach ihrem Umzug zumindest eine Situation<br />

vorfinden, die möglichst viele Merkmale<br />

ihres früheren Lebens in sich trägt.<br />

Ob die Gebäude einladend sind, ob sie bei<br />

ihren Bewohnerinnen und Bewohnern besonderen<br />

Stress oder gar Angst verursachen oder ob sie<br />

zu deren Wohlergehen beitragen, ergibt sich daraus,<br />

inwieweit sich diese Häuser in Planung und<br />

Ausführung einschließlich Standortwahl auf die<br />

Bedürfnisse ihrer Bewohner einstellen wollen und<br />

können. Ältere Menschen ziehen in aller Regel<br />

das letzte Mal in ihrem Leben um, und dann fatalerweise,<br />

wenn man das Behördendeutsch wörtlich<br />

nimmt, nur in ein „Bett“ oder auf einen<br />

„Platz“. Verräterisch bei konventionellen Altenpflegeheimen<br />

– und oft ein Hinweis auf den<br />

bewussten oder unbewussten Tenor dieser Häuser<br />

– ist gemeinhin die Sprache. Die Bezeichnung<br />

„Schwesternstützpunkt” beispielsweise verweist<br />

auf militärische Zusammenhänge: Schwestern<br />

schweben Hubschraubern gleich auf dem Stützpunkt<br />

ein und heben wieder davon ab. „Station”<br />

ist aus der Krankenhaussprache entliehen, und<br />

„Nasszelle” erinnert an Gefängnis. Zur Normalität<br />

und Wohnlichkeit trägt auch nicht unbedingt<br />

bei, wenn in einem Wohnbereich auf einer Tür die<br />

Aufschrift „Fäkalausgussraum” steht. Für die<br />

Hausgemeinschafts-Kultur wird deshalb in der<br />

Folge auch eine neue Nomenklatur notwendig.<br />

Die grundlegenden Wohnbedürfnisse von<br />

Jung und Alt unterscheiden sich nicht wesentlich<br />

voneinander. Auch ältere Menschen bevorzugen<br />

ein Leben in eigener Regie und in gewohnter, vertrauter<br />

Umgebung, auch dann und gerade dann,<br />

wenn Hilfe, Betreuung und Pflege nicht mehr im<br />

eigenen Haushalt zu leisten sind. Diese ebenso<br />

profane wie tief greifende Erkenntnis ist der Ausgangspunkt<br />

für die „Erfindung” der Hausgemeinschaften<br />

und für alle Merkmale, die Hausgemeinschaften<br />

aus- und kennzeichnen.<br />

19


„So viel<br />

20<br />

Komponenten von Hausgemeinschaften<br />

Hausgemeinschaften kurz gefasst<br />

Pflegebedürftige und/oder verwirrte ältere Menschen leben in einem sinnlichen,<br />

anregungsreichen Milieu eines Altenpflegeheims der etwas anderen Art.<br />

Normalität<br />

Als Alternative zu klassischen Pfle-<br />

und Eigengeheimen gewinnen Hausgemeinverantwortungschaften<br />

zunehmend an Bedeutung.<br />

Hausgemeinschaften sind anders<br />

wie möglich,<br />

gebaute und anders organisierte,<br />

gerade so viel quartiernahe Angebote für pflege-<br />

Betreuung und bedürftige und/oder verwirrte ältere<br />

Hilfe wie Menschen. In jeder Hausgemeinschaft<br />

leben in einem gemeinsamen<br />

nötig.“<br />

Haushalt zwischen sechs und acht<br />

ältere Menschen – ähnlich wie in einer größeren Familie<br />

– zusammen. Jeder hat sein eigenes Wohn-/Schlafzimmer<br />

(Appartement mit eigenem Duschbad/WC und<br />

eigener Diele) und kann darüber hinaus alle Gemeinschaftsflächen<br />

der Wohnung (Wohnküche, Wohndiele,<br />

Garten, Terrasse etc.) nutzen. Das Gemeinschaftsleben<br />

spielt sich vor allem „rund um den Herd“ in der geräumigen<br />

Wohnküche der Hausgemeinschafts-Wohnung<br />

ab. Die Bewohner beteiligen sich – wenn sie denn können<br />

und mögen – an den alltäglichen Aktivitäten in der<br />

Küche. Oder sie sitzen ganz einfach dabei und nehmen<br />

das Leben in der Wohnküche in sich auf. Der ganz gewöhnliche<br />

Alltag mit seinen aus früheren Tagen vertrauten<br />

Bewegungsabläufen, Geräuschen und Gerüchen<br />

wird so gleichsam zur Stimulanz und – wenn<br />

man so will – zur „Therapie“. Die vertrauten Aktivitäten<br />

Definition einer Hausgemeinschaft<br />

und Dinge und die – im Vergleich zu herkömmlichen<br />

Heimen – wenigen und überschaubaren Räume ermöglichen<br />

aufgrund ihrer „Kleinräumlichkeit“ insbesondere<br />

verwirrten älteren Menschen eine wesentlich bessere<br />

Orientierung und sorgen so für mehr Sicherheit, Geborgenheit<br />

und Lebensqualität.<br />

Das Leben in familienähnlichen Hausgemeinschaften<br />

wird von festen Bezugspersonen, den sogenannten<br />

Präsenzkräften, begleitet. Sie helfen den<br />

Bewohnern beim Anziehen oder beim Anlegen von Verbänden,<br />

sie bereiten die Mahlzeiten zu, waschen die<br />

Wäsche oder helfen bei der Herstellung von Kontakten<br />

zu Bewohnern, Angehörigen, Ärzten oder Pflegefachkräften.<br />

Weitergehende Pflegeleistungen werden je<br />

nach individuellem Bedarf durch Fachkräfte eines<br />

hausinternen Pflegedienstes erbracht. Der Nachtdienst<br />

ist wie in herkömmlichen Pflegeheimen auch mit einer<br />

Pflegefachkraft besetzt. Bei den meisten Hausgemeinschaften<br />

beteiligen sich außerdem Angehörige, Nachbarn,<br />

Freunde und ehrenamtliche Helfer in der Regel<br />

gern, da sie von der Hauptlast der Pflege und Betreuung<br />

entbunden sind. Diese etwas andere Art eines Altenpflegeheims<br />

kostet zudem trotz der auf höchstem Niveau<br />

geleisteten Pflege- und Betreuung nicht mehr als herkömmliche<br />

Pflegeheime auch.<br />

• Eine Hausgemeinschaft ist eine räumliche und organisatorische Einheit,<br />

in der sechs bis acht ältere und pflegebedürftige Menschen leben.<br />

• Alle Pflege- und Betreuungsleistungen, die nicht von den Bewohnern selbst,<br />

den Angehörigen und/oder Freunden geleistet werden können, werden über die<br />

Präsenzkräfte im Zusammenhang mit den Tagesaktivitäten oder/und über den<br />

hauseigenen pflegerischen Dienst erbracht.<br />

• Hausgemeinschaften werden, anders als die Wohngemeinschaften, als<br />

zugelassene und pflegesatzfinanzierte vollstationäre Einrichtungen betrieben.<br />

Als Heime unterliegen sie unter anderem dem Heimgesetz.


Geborgenheit als zentraler Maßstab<br />

Die Kriterien von Vertrautheit und Geborgenheit<br />

spielen eine zentrale Rolle für eine Hausgemeinschaft.<br />

In unübersichtlichen und unpersönlichen<br />

Einrichtungen sind die psychischen und physischen<br />

Probleme und Ausraster älterer Menschen<br />

größer als in kleinräumigen Einrichtungen. Die<br />

Betroffenen wünschen sich zurück nach ihrem<br />

Zuhause und geben damit ihrer Sehnsucht nach<br />

heimischen Gefilden und Wohlergehen Ausdruck.<br />

Unwohlsein und ständige – meist vergebliche<br />

– Suche nach zu Hause erzeugen Ärger,<br />

Aggressivität oder Trauer. Je mehr Vertrautheit<br />

geschaffen wird, desto weniger Verwirrtheit und<br />

Wut oder – das andere Extrem – desto weniger<br />

Resignation und Apathie entstehen.<br />

Speziell bei demenziell erkrankten Menschen –<br />

nach Schätzungen leiden fast zwei Drittel der<br />

Heimbewohner an einer demenziellen Erkrankung<br />

oder an sonstigen psychischen Störungen –<br />

kommt noch hinzu, dass mit den Einbußen geistiger<br />

Fähigkeiten auch der Gegenwartsbezug<br />

lückenhaft wird oder ganz verloren geht. Dieser<br />

Zustand setzt Gefühle der Verlorenheit frei: Verlust<br />

von alltäglichen Fähigkeiten, Verlust von<br />

Freunden und Familienangehörigen, Verlust der<br />

eigenen Rolle in der Gesellschaft bestimmen das<br />

Lebensgefühl. Die neue Situation in einer ungewohnten<br />

Umgebung nach einem Umzug verstärkt<br />

die Verstimmungen und Ängste. Die älteren<br />

Menschen ziehen sich in sich selbst und in ihre<br />

Vergangenheit zurück. Das Kurzzeitgedächtnis<br />

und die Fähigkeit, Situationen zu überschauen,<br />

zu interpretieren und neu zu definieren, ist stark<br />

reduziert. Die demenziell erkrankten Menschen<br />

sind real und im übertragenen Sinne nicht mehr<br />

Herr im eigenen Hause. Hinzu kommt die zunehmende<br />

Abhängigkeit von anderen, von pflegenden<br />

Angehörigen oder anderen Pflege-Bezugspersonen.<br />

Hieraus entsteht ein Gefühl von Nutzlosigkeit<br />

verbunden mit der Sehnsucht nach Vertrautheit,<br />

nach Normalität, Sehnsucht nach der<br />

Mutter, der Heimat und damit nach Sicherheit<br />

und Geborgenheit.<br />

Prinzipien<br />

Das Prinzip Vertrautheit, das eine auf pflegebedürftige<br />

und/oder demente ältere Menschen<br />

zugeschnittene, familienähnliche Lebens- und<br />

Wohnform erzeugt, wird seit rund zwei Jahr-<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

zehnten in der französischen Wohnform des<br />

„Cantous“ erfolgreich praktiziert. Cantou bedeutet<br />

Feuerstelle im Haus, um die man sich zu<br />

versammeln pflegt(e). Um diesen „magischen”<br />

Mittelpunkt herum spielt sich das gemeinsame<br />

Leben ab. Ähnlich wie in den französischen Cantous<br />

geht es bei den deutschen Hausgemeinschaften<br />

darum, Lebensqualität für demenziell<br />

erkrankte und pflegebedürftige Bewohnerinnen<br />

und Bewohner zu schaffen, indem nach den folgenden<br />

Grundprinzipien gearbeitet wird:<br />

1. Schaffung von Lebensräumen: Jeder Bewohner<br />

wird als individueller Mensch betrachtet<br />

mit individuellen Charakteristika und Vorlieben.<br />

Menschliche Wärme, Zuwendung und<br />

Verständnis gehören ganz selbstverständlich<br />

zur Hausgemeinschaft und zu den Schlüsselqualifikationen<br />

des dort arbeitenden Personals.<br />

Herd freistehend im Raum, der Kuchen lockt<br />

2. Schaffung eines familienähnlichen Gemeinschaftslebens<br />

mit zwischenmenschlichen –<br />

auch informellen – Kontakten und Aktivitäten<br />

für und durch die Gruppe: Gerade häusliche<br />

Verrichtungen in der Küche gehören zu den<br />

alltäglichen Anforderungen, die auch von<br />

demenziell erkrankten Bewohnerinnen und<br />

Bewohnern intuitiv noch zu begreifen und auszuüben<br />

sind.<br />

2. Die Wohnküche ist tragender Mittelpunkt<br />

mit einem großen Tisch und ausreichenden<br />

Sitzgelegenheiten sowie mit einem wärmeund<br />

lebensspendenden Herd als Metapher für<br />

menschliches Leben überhaupt. Der Begriff<br />

21


22<br />

Komponenten von Hausgemeinschaften<br />

„Familie“ wird in diesem Zusammenhang<br />

nicht als soziologische Kategorie verwendet.<br />

„Familie“ ist hier nicht Kernfamilie, Kleinoder<br />

Großfamilie, sondern verweist vielmehr –<br />

ungeachtet ihres aktuellen Stellenwerts in der<br />

modernen Gesellschaft – auf ein tiefverwurzeltes<br />

psychologisches Muster menschlichen<br />

Zusammenhaltes, den jeder Mensch im Laufe<br />

seines Lebens in irgendeiner Form erfahren<br />

oder durchlebt hat und mehr oder weniger<br />

aktiv mitgestalten konnte. Familienähnlichkeit<br />

als Leitbild der 4. Generation im Pflegeheimbau<br />

richtet sich demnach prototypisch<br />

auf eine psychologische Dimension im Sinne<br />

von „Nestwärme“ oder auch (Ur-)Vertrauen,<br />

der Grundbedingung für gelungene Persönlichkeitsbildung<br />

und Sozialisation.<br />

3. Erhaltung und Förderung der Selbstständigkeit:<br />

Die noch vorhandene Kompetenz der<br />

älteren Menschen wird durch die alltäglich<br />

anstehenden Aufgaben und durch die gelebte<br />

Normalität gefordert und gefördert. Basis<br />

der Selbstständigkeit sind die eigenen vier<br />

Wände mit der Möglichkeit, sich zeitweise<br />

oder längere Zeit auf sich selbst zurückzuziehen,<br />

um dann wieder aus sich herauszugehen.<br />

4. Einbezug von Familienangehörigen, Nachbarn,<br />

Freunden: Die Verantwortung in Hausgemeinschaften<br />

soll auf mehrere Schultern<br />

verteilt sein, nämlich auf die der älteren<br />

Menschen selbst, auf die der Begleit- und<br />

Betreuungspersonen sowie der Angehörigen<br />

und Freunde. Eine Hausgemeinschaft bezieht<br />

– dies allerdings auf freiwilliger Basis – auch<br />

die Angehörigen, Nachbarn und Freunde mit<br />

ein. Eine Hausgemeinschaft entlastet zugleich<br />

die Angehörigen. Sie können sich nämlich einbringen,<br />

ohne dem gesamten Druck der Betreuung<br />

und Pflege ausgesetzt zu sein und<br />

ohne in der Institution Pflegeheim das Gefühl<br />

zu haben, zu stören.<br />

Vertrautheit wird in Hausgemeinschaften<br />

zusätzlich durch die permanent anwesende Präsenzkraft<br />

geschaffen. Zu den Urängsten des<br />

Menschen gehört, den Kontakt zur Gemeinschaft<br />

oder Gruppe zu verlieren. Dieser Verlust<br />

ist letztlich gleichzusetzen mit Trennung, mit<br />

Lebensgefahr oder gar Tod. Diese Urangst äußert<br />

sich besonders stark bei demenziell erkrankten<br />

Menschen. In großen Einrichtungen wechseln<br />

die Bezugspersonen ständig und es gibt unklare<br />

Aufgabenzuständigkeiten in den Teams, was die<br />

ohnehin vorhandenen Verwirrungszustände der<br />

älteren Menschen noch einmal verstärkt. Da man<br />

den Bewohnern nahestehende Personen mit in<br />

das Hausgemeinschaftskonzept einbezieht, befindet<br />

sich zumindest zeitweise eine vertraute<br />

Bezugsperson aus der Vergangenheit in der aktuellen<br />

Gemeinschaft. Wichtig in der Zusammenarbeit<br />

mit den Angehörigen ist dabei auch die Biografiearbeit.<br />

Denn gerade Demenzkranke benötigen<br />

das Gefühl, daß sie den Bezugspersonen gut<br />

bekannt sind und sich durch bestimmte Eigenschaften<br />

von anderen Menschen unterscheiden.<br />

Durch die Kenntnis der Biografie der Bewohnerinnen<br />

und Bewohner können darüber hinaus<br />

Aktivierung und Stimulierung durch ein phantasievolles<br />

und anregendes Milieu individuell und<br />

einfühlsam abgestimmt werden.<br />

Privatheit und räumliche Hülle<br />

Vertraute Möbel, Geräusche, Gerüche und andere<br />

Reize bieten den Bewohnerinnen und Bewohnern<br />

in den Hausgemeinschaften wichtige<br />

Orientierungspunkte. Noch vorhandene Fähigkeiten<br />

der Bewohner bekommen Anreize, verloren<br />

geglaubte Alltagskompetenzen werden<br />

erfahrungsgemäß wieder entdeckt, angenehme<br />

Erinnerungen geweckt und damit Wohlbefinden<br />

ausgelöst. Die Privaträume der Bewohner werden<br />

– wie in jeder anderen Wohnung auch – nach<br />

individuellen Vorlieben ausgestattet und gestaltet.<br />

Der eigene räumliche Mikrokosmos entsteht<br />

aus Kleinräumlichkeit bis hin zu Rückzugsnischen,<br />

die möglichst viel Vertrautes aus der<br />

eigenen Biografie bieten.<br />

Neben einer ansprechenden, überschaubaren<br />

und Sicherheit vermittelnden Architektur sind<br />

besonders Stimulationen durch Geräusche und<br />

Hier bin ich Mensch


Gerüche, die von Leben zeugen und die Erinnerungen<br />

wecken, wichtig. In der Hausgemeinschafts-Küche<br />

spielt sich – wie überwiegend in<br />

den „normalen“ Haushalten – das Alltagsleben<br />

ab. Die Bewohnerinnen und Bewohner können<br />

sich je nach Fähigkeiten aktiv an der Speiseplanung<br />

– wenn möglich auch an Einkaufsgängen –<br />

und am Kochen beteiligen. Oder sie sitzen einfach<br />

dabei und nehmen das sich ereignende<br />

Leben in sich auf. In der Küche sitzen, den<br />

frischen Kaffeeduft aufnehmen, die Zwiebeln in<br />

der Pfanne brutzeln hören, dazu der Lieblingsschlager<br />

aus dem Radio. Die vertrauten Eindrücke<br />

beziehen das gesamte Sinnesspektrum (riechen,<br />

schmecken, hören, tasten, sehen) mit ein. Diese<br />

Stimulationen und der sinnlich erfahrbare Tagesrhythmus<br />

sorgen gerade bei demenziell Erkrankten,<br />

aber nicht nur bei ihnen, für eine bessere<br />

Orientierung in Raum und Zeit und damit für<br />

mehr persönliche Sicherheit und Wohlbefinden.<br />

Die Bewohnerinnen und Bewohner einer<br />

Hausgemeinschaft leben gleichsam in einer<br />

großen Wohnung zusammen, die über eine<br />

Wohnküche, ein Esszimmer mit offener Küche,<br />

ebenso aber auch über private Räume für jede<br />

einzelne Person verfügt. Diese Aufteilung kommt<br />

dem Streben eines jeden Menschen nach sozialem<br />

Leben, aber auch nach Privatsphäre mit<br />

Rückzugsmöglichkeiten entgegen.<br />

Die meisten Menschen unserer Kultur sind es<br />

gewohnt zu bestimmen, wie viel Privatheit und<br />

wie viel soziale Kontakte sie haben möchten. In<br />

einem Mehrbettzimmer zum Beispiel sind die<br />

Bewohner einander ausgesetzt und können nicht<br />

bestimmen, wo das eigene Lebensumfeld aufhört<br />

und das des Mitbewohners anfängt. Der<br />

Kontrollverlust an Privatsphäre und persönlicher<br />

Aura führt zu Angst und Aggression oder aber<br />

zu Rückzug und Resignation. Der persönliche<br />

Lebensraum ist von besonderer Bedeutung, da er<br />

Individualität, Intimität und Schutz bietet. Dafür<br />

braucht jeder Mensch sein eigenes Territorium, zu<br />

dem er eine Beziehung hat, sei es, indem er an der<br />

Gestaltung eines Raumes mitwirken konnte oder<br />

dass der Raum mit persönlichen Gegenständen,<br />

die auch demenziell erkrankte Menschen als ihr<br />

Eigentum wahrnehmen können, „markiert“ ist.<br />

Selbstverständlich gehören hier auch die eigenen<br />

Möbel dazu. Fehlt diese individuelle Gestaltung,<br />

so findet ein verwirrter älterer Mensch sein Zimmer<br />

nicht mehr wieder oder findet sich darin<br />

nicht zurecht.<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

Alte Gewohnheiten in neuer, aber gewohnter Umgebung<br />

Zur konsequenten Privatsphäre gehören auch<br />

ein eigenes Duschbad und eine eigene Toilette.<br />

Besonders für Menschen, die an Inkontinenz leiden,<br />

ist dies von besonderer Bedeutung. Gerade<br />

wenn eine häufigere Intimpflege notwendig wird<br />

und dies in sanitären Anlagen, die von mehreren<br />

benutzt werden, geschehen muss, vermehrte das<br />

die Schamgefühle des betroffenen Bewohners<br />

extrem.<br />

Ältere Menschen benötigen also – wie jüngere<br />

auch – Räume, in denen sie sich wohlfühlen<br />

können. Dies wird hauptsächlich dadurch realisiert,<br />

dass ihnen im Zusammenleben mit anderen<br />

sowohl Distanz als auch Nähe ermöglicht wird.<br />

23


24<br />

Komponenten von Hausgemeinschaften<br />

Architektur und Raumprogramm<br />

Hausgemeinschaften sind auf kreatives Entwerfen,<br />

Bauen und Betreiben angewiesen. Hausgemeinschaften<br />

haben die Normalität des Wohnens<br />

zum Ziel. Insofern richten sie sich naturgemäß auf<br />

ein variantenreiches und breites Spektrum von<br />

Gebäuden und Wohnungen. Es liegt nun ein<br />

Dilemma darin, dass trotz der erforderlichen<br />

Spielräume für kreatives Gestalten – wenn auch<br />

humaneren Maßstäben verpflichtet – erneut<br />

Raumprogramme mit der Gefahr der Normierung<br />

oder gar Schematisierung festgeschrieben werden.<br />

Wenn in dieser Schrift dennoch Raumprogramme<br />

und Vergleichswerte für die Flächenund<br />

Kostenansätze vorgestellt werden, dann<br />

geschieht dies, um für die Konstruktion von<br />

Hausgemeinschaften den Weg zu markieren, auf<br />

dem ein Grundkonsenz mit den zuständigen<br />

Behörden und Institutionen erreichbar erscheint.<br />

Die im Folgenden skizzierten Vorschläge und<br />

beispielhaften Größen ersetzen bei der Planung<br />

und Umsetzung von Hausgemeinschaften nicht<br />

die intensive Auseinandersetzung mit den spezifischen<br />

örtlichen Gegebenheiten und den Anforderungen<br />

an das jeweilige Projekt vor Ort. Auch<br />

ersetzen sie nicht den möglichst frühzeitigen<br />

Gang zu den zuständigen Behörden, um deren im<br />

Heimgesetz festgeschriebene Beratungskompetenz<br />

in Anspruch zu nehmen.<br />

Die Parameter zum Raumprogramm sind Eckpunkte,<br />

mit denen sich Planer und Träger beim<br />

Altenpflegeheimbau im Zusammenhang mit dem<br />

Heimgesetz und den Förderrichtlinien stets auseinander<br />

zu setzen haben. Ziel ist, beim Bau von<br />

Hausgemeinschaften die im klassischen Pflegeheimbau<br />

zugrunde gelegten Richtwerte hinsichtlich<br />

Flächenansatz und Investitionskosten nicht<br />

zu überschreiten. Nur so können sich Hausgemeinschaften<br />

letztlich als echte Alternative zu<br />

den herkömmlichen Pflegeheimen etablieren.<br />

Standortbedingte Abweichungen von den angegebenen<br />

Parametern sind von den hier vorgeschlagenen<br />

Anhaltswerten aus einzelfallbezogen<br />

leichter einzuordnen und zu interpretieren.<br />

Die Hausgemeinschafts-Wohnung, in der<br />

sechs bis maximal acht Personen mit unterschiedlichem<br />

Pflege- beziehungsweise Betreuungsbedarf<br />

wohnen, ist für das Personal zugleich der<br />

Arbeitsplatz, an dem es seinen hauswirtschaftlichen<br />

und pflegerischen Aufgaben nachgeht.<br />

Die entscheidende Neuerung von Hausgemeinschaften<br />

ergibt sich aus einer „Werteverschie-<br />

Aufforderungscharakter durch Herd und Spülen<br />

bung von Zentral nach Dezentral“: Die aufwendigen<br />

zentralen Flächen der herkömmlichen<br />

Pflegeheime werden im Zuge der „Normalisierungsbestrebungen“<br />

zurück gefahren. Lange<br />

Flure (meist wie „Angströhren“ wirkend) sowie<br />

Flächen der Zentralen Einrichtungen und des<br />

Hauswirtschaftlichen Bereichs – insbesondere die<br />

Zentralküche und die Wäscherei, aber auch die<br />

„repräsentativen“ Empfangshallen, die Verwaltungseinheiten<br />

und Personalstützpunkte etc. –<br />

werden überwiegend den einzelnen Hausgemeinschaftswohnungen<br />

bezogen auf Flächen<br />

und Kosten anteilmäßig hinzugegeben. Neben<br />

den Personalressourcen werden also auch die<br />

Zentralräume und die damit verbundenen Erstellungskosten<br />

in die Hausgemeinschafts-Wohnungen<br />

hinein verlagert und mit dem Vorteil der besseren<br />

Ausnutzung in die unmittelbare Nähe der<br />

pflegebedürftigen älteren Menschen gebracht.<br />

Diese Komponenten führen – ohne zusätzlichen<br />

Kostenaufwand – zu dem die Hausgemeinschaften<br />

auszeichnenden Qualitätssprung.<br />

Bemerkungen zum Raumprogramm<br />

Das hier vorgestellte Raumprogramm bezieht<br />

sich zunächst auf eine Hausgemeinschaft, die in<br />

Ausnahmefällen, zum Beispiel bei unmittelbarer<br />

Nachbarschaft zu einem Heim, auch einzeln<br />

angeboten werden kann. Insbesondere für die<br />

Nachtwachenbesetzung mit einer nach dem<br />

Heimgesetz einzusetzenden Pflegefachkraft er-


gibt sich aus Kostengründen die Notwendigkeit,<br />

drei bis vier Hausgemeinschaften vorzusehen. Für<br />

diesen Verbund wiederum werden vom Heimgesetz<br />

weitere Raumangebote (vergleiche Auflistung<br />

Seite 27) gefordert. Das Nachbarschaftsund<br />

Angehörigencafé ist nicht obligatorisch, sondern<br />

eher als wünschenswert in der Auflistung<br />

zum Raumprogramm der Hausgemeinschaft aufgenommen.<br />

Jede Hausgemeinschaft besteht aus einer<br />

Gruppe von maximal acht älteren Menschen, die<br />

familienähnlich – gleichsam als Haushaltsgemeinschaft<br />

– in einer ausreichend dimensionierten<br />

Wohnung zusammen wohnen. Es steht ihr<br />

ein rund 50 qm großer Gemeinschaftsbereich mit<br />

voll funktionsfähiger Küche zur Verfügung. Hinzu<br />

kommt als Privatbereich für jeden Bewohner<br />

ein mindestens 16 qm großes separates Einzelzimmer<br />

(12 qm Minimum nach der Heimmindestbauverordnung)<br />

mit jeweils kleiner Diele und<br />

je eigenem Duschbad und WC. In der Wohnküche<br />

als zentralem Element spielt sich der größte<br />

Teil des Alltagslebens ab, in dem hauswirtschaftliche<br />

Aktivitäten jeglicher Art zur aktiven<br />

Teilnahme oder zumindest zur passiven Teilhabe<br />

stimulieren und eine sinnstiftende Rolle für die<br />

Strukturierung des Tagesablaufs übernehmen.<br />

Die Küche ist analog einer großen Familienküche<br />

technisch mit allem Notwendigen ausgestattet.<br />

Außer den erforderlichen funktionellen<br />

Einrichtungen gehört daher auch ein großer, freistehender<br />

Esstisch, an dem alle Bewohnerinnen<br />

und Bewohner sitzen können zur Grundausstattung<br />

der Wohnung. Der Ofen darf nicht an der<br />

Wand stehen, sondern ist frei im Raum zu plat-<br />

Der Ofen zieren, darf nicht so dass an er der für Wand alle – gegebenfalls stehen, sondern auch für ist<br />

frei im Raum Rollstuhlfahrer zu platzieren, – so gut dass sichtbar er für ist. alle Auch – gegeben- belässt<br />

falls auch für diese Rollstuhlfahrer Ofenposition – der gut dort sichtbar hantierenden und erreichHausbar ist. Auch wirtschafterin belässt diese den Ofenposition Blickkontakt der dort zu den hantie- am<br />

renden Hauswirtschafterin Esstisch sitzenden den Personen. Blickkontakt So kann zu sie den unter am<br />

Esstisch sitzenden anderem Personen. darauf achten, So kann ob die sie älteren unter Menschen anderem<br />

darauf achten, genug ob die essen älteren und Menschen – was besonders genug wichtig essen und ist –<br />

– was besonders auch wichtig genug trinken. ist – auch genug trinken.<br />

In Nachbarschaft zur Küche beziehungsweise<br />

zum Herd befindet sich der große Esstisch mit bis<br />

zu zehn bequemen, standsicheren Stühlen, so<br />

dass die Bewohner und zwei betreuende Personen<br />

(Angehörige oder Personal) ausreichend<br />

Platz daran finden. Der große Tisch sollte Steckverbindungen<br />

haben, damit er im Konfliktfall<br />

oder bei besonderen Situationen in kleinere<br />

Tische zergliedert werden kann. Die Stühle soll-<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

ten mit Armlehnen versehen sein und hohen Sitzkomfort<br />

aufweisen. Zusätzlich genügt allenfalls<br />

ein Sessel mit Stehlampe. Sessel bieten nämlich<br />

keinen so guten Halt, sondern fördern eher das<br />

Absacken und einseitige Wegkippen der in sich<br />

zusammengesunkenen Bewohner. Als weitere<br />

Möblierung der „Wohnküche“ bieten sich ein bis<br />

zwei Sofas (Zweisitzer mit Wolldecken) an verschiedenen<br />

Stellen des Raumes an. Es gebietet<br />

sich von selbst, dass auf eine typische Wohnzimmermöblierung<br />

verzichtet werden kann.<br />

Um die Zone mit Herd und Esstisch herum, die<br />

offen und einsehbar gehalten sein sollte, gruppieren<br />

sich verschiedene weitere Zonen mit<br />

bequemen Sitzgelegenheiten, Ablagetischen,<br />

Regalen usw., die zusammen die Atmosphäre<br />

eines normalen Wohnraumes erzeugen. Auch<br />

der Gemeinschaftsbereich sollte mit Möbeln und<br />

Accessoires der Bewohnerinnen und Bewohner<br />

ausgestattet sein. Dies verleiht ihm einen unverwechselbaren<br />

Charakter persönlichen Anknüpfungspunkten.<br />

Von allen Zonen aus sollten anregungsreiche<br />

Ausblicke über zum Teil raumhohe<br />

Fenstertüren sowohl nach außen als auch in den<br />

geschützten Außenbereich möglich sein. Letzterer<br />

sollte leicht zugänglich und vor allem gefahrlos<br />

ohne ständige Aufsicht zu nutzen sein. Bei<br />

erdgeschossiger Lage bietet sich als geschützter<br />

Außenbereich ein Garten in direkter Zuordnung<br />

zur Wohnküche an, bei Hausgemeinschaften im<br />

Obergeschoss eine direkt an den Wohnküchenbereich<br />

anschließende Terrasse. Die Erschließung<br />

der Wohnküche sollte möglichst offen unmittelbar<br />

vom Eingang her über einen kleinen Garderobenbereich<br />

erfolgen. Räumlich an die Küche<br />

angeschlossen ist ein Speisenvorratsraum. Durch<br />

die Wohnküche werden über einen oder mehrere<br />

Stichflure die Privatzimmer der Bewohner erschlossen,<br />

die als Schlafzimmer, aber auch als<br />

individuelle Wohn- und Rückzugsbereiche fungieren<br />

und entsprechend wohnlich – ebenfalls<br />

mit eigenen Möbeln und persönlichen Gegenständen<br />

– ausgestattet sind. Jedem Privatraum ist<br />

ein eigenes kleines Bad zugeordnet, mit bodengleichem<br />

Duschplatz, Toilette und Waschbecken<br />

(vergleiche auch Qualitative Anforderungen an<br />

den Pflegeheimbau: Das Pflegezimmer, KDA<br />

thema Heft Nr.112, Köln 1995). Der Eingangsbereich<br />

zu jedem Privatzimmer sollte Platz bieten für<br />

einen Einbauschrank und eine Garderobe mit<br />

Spiegel. Aus praktischen Gründen wird die Diele<br />

in der Regel zum Schlafraum hin keine Tür aufweisen.<br />

25


26<br />

Komponenten von Hausgemeinschaften<br />

Beispiel eines kompletten Raumprogramms<br />

für eine einzelne Hausgemeinschaft<br />

Prototyp einer Hausgemeinschaft<br />

entwickelt vom KDA<br />

für Projekt Dannenberg<br />

(siehe auch Seite 35)<br />

8 Plätze NGF = 391,23 qm<br />

48,9 qm/Platz


Das Raumprogramm einer Hausgemeinschaft<br />

Lfd. Anzahl Bezeichnung der Räume Sollfläche in qm Bemerkungen<br />

Nr. Räume je Raum gesamt<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

1 8 Einzelzimmer 16 qm als private Wohn-/Schlafräume mit<br />

jeweils zuzüglich<br />

Vorraum/Garderobe<br />

4 qm<br />

weitestgehender Eigenmöblierung,<br />

keine Zimmer in Nordlage<br />

jeweils zuzüglich zuge- 4,5 qm<br />

ordnetem Duschbad/WC<br />

*<br />

zu Lfd. Nr. 2 Badezimmer:<br />

insgesamt 24,5 qm 196 qm mit offener, bodenebener Dusche und<br />

frei aufgestelltem WC; entfällt hier, wenn<br />

2 1 Badezimmer 18 qm mindestens 2 HGs geplant sind<br />

3 1 Koch-/Essbereich 50–55 qm lebendige Mitte der Hausgemeinschaft<br />

mit ergänzender Wohn- möglichst mit angrenzendem geschütztem<br />

zimmermöblierung Außenbereich/Terrasse, Herd frei im Raum<br />

4 1 Speisekammer bzw. 6 qm an Küche angrenzend<br />

Vorratsraum<br />

5 1 Büro, alternativ auch 8 qm Schreib-/Arbeitszimmer für<br />

als offener Arbeitsplatz Präsenz- und Pflegekräfte<br />

6 1 WC in neutraler Lage 4 qm Gäste- und Personal-WC, behindertengerecht<br />

nach DIN 18025 Teil 1<br />

7 1 Hauswirtschaftsraum 8 qm mit Waschmaschine, Trockner,<br />

Ausgussbecken sowie Putzmittelund<br />

Besenschrank<br />

8 1 Abstellraum 8 qm für Geräte und Hilfsmittel<br />

9 1 Wohnungseingang als mit Garderobe sowie gegebenfalls<br />

Windfang/ Wohndiele mit unter Lfd. Nr. 6 benanntem WC<br />

10 1 Haustechnikraum 6 qm<br />

Nutzfläche pro Hausgemeinschaft 304 – 309 qm ca. 47,5 qm NGF/Bewohner<br />

Raumangebote für einen Verbund von 2 – 4 Hausgemeinschaften auf einer Ebene oder in einem oder mehreren Gebäuden<br />

11 1 Badezimmer 18 qm „Pflegebad“ mit freigestellter normaler<br />

Wanne, WC und bodengleicher Dusche<br />

12 1 Pflegearbeitsraum 3 qm mit Ausguss, Steckbeckenspüle<br />

und Regalen<br />

13 1 Abstellraum 16 qm auch als Außengebäude (z.B. aus Holz)<br />

von außen erschlossen denkbar, für Rollstühle, Terrassenmöbel etc.<br />

14 1 Müllsammelraum 5 qm<br />

15 Abstellräume für Bewohner aus Kostengründen vornehmlich in<br />

Keller- oder Speicherräumen anzulegen<br />

Zusätzliche Nutzfläche pro Haus (HG-Verbund) ca. 45 qm<br />

Gemeinschaftsräume ab 2 Hausgemeinschaften<br />

16 Angehörigen- und Fläche variiert je im direkten räumlichen Zusammenhang<br />

Nachbarschaftscafé nach Gegebenheiten mit den Hausgemeinschaften<br />

u.U. mit kleiner Teeküche, und Bedarf oder als solitäre Einrichtung<br />

WC und Schreibtisch


28<br />

Komponenten von Hausgemeinschaften<br />

Innerhalb einer Hausgemeinschaft ist außerdem<br />

ein Schreib- oder ein Arbeitszimmer mit<br />

Schreibplatz, abschließbaren Schränken und Regalen<br />

für die Haushälterin bzw. die Pflegefachkraft<br />

vorzusehen. Zu diskutieren wäre, ob auf dieses<br />

Minibüro nicht verzichtet werden könnte.<br />

Denn sobald eine Mitarbeiterin dort hantiert<br />

(zum Beispiel Pflegedokumentation erstellt oder<br />

Spritzen aufzieht), wird den Bewohnern zwangsläufig<br />

Zuwendung entzogen. Denkbar wäre, dass<br />

auch diese bewohnerbezogenen Verrichtungen<br />

ganz in unmittelbarer Nähe des Bewohners stattfinden,<br />

was dem Bewohner ein zusätzliches Aufmerksamkeitspotential<br />

erschließt.<br />

Als eine weitere Fläche kommt in einer Hausgemeinschaft<br />

in der Regel ein Hauswirtschaftsraum<br />

zur Wäscheversorgung mit Waschmaschine,<br />

Trockner, klappbaren Wäscheständer und<br />

Wäschesammlern hinzu. Außerdem muss Platz<br />

vorhanden sein für einen Putzmittel- und Besenschrank,<br />

für Wäschekorb, Bügelbrett und Bügeleisen<br />

sowie ausreichend Ablageflächen. Hinzu<br />

kommt ein Abstellraum für Geräte, Hilfsmittel<br />

und Pflegeutensilien und ein zusätzliches neutral<br />

gelegenes WC mit Waschbecken für Personal<br />

beziehungsweise Gäste. Wird diese Toilette nach<br />

der DIN 18025 Teil 1 gestaltet, so ist dies zugleich<br />

das behindertengerechte WC in der Hausgemeinschaft<br />

(siehe Seite 27, Lfd. Nr. 6).<br />

Hausbezogene Raumangebote<br />

Hausgemeinschaften sind von ihrem Charakter<br />

her kleine gemeindenahe Formen integrierter<br />

Wohn-, Betreuungs- und Pflegeangebote. Sie<br />

sind von daher nicht in beliebig großer Zahl aufaddierbar,<br />

bis man dann doch wieder bei Institutionen<br />

mit übergroßen Heimplatzkapazitäten<br />

angelangt ist. Die Hausgemeinschaften sind<br />

möglichst ebenerdig oder auf zwei Ebenen zu<br />

überschaubaren Einheiten (Häusern) räumlich<br />

zusammengefasst. Sinnvoll – aus Verwaltungsoder<br />

Kostengründen, auch um den Nachtdienst<br />

für mehrere Hausgemeinschaften zusammenzulegen<br />

– wäre es zum Beispiel, zwei bis vier Hausgemeinschafts-Wohnungen<br />

zu einem Haus zusammenzufassen.<br />

Alle Bereiche vor dem Haus<br />

und im Gebäude sind nach DIN 18025 Teil 2 barrierefrei<br />

und gegebenenfalls behindertengerecht<br />

nach DIN 18025 Teil 1 auszuführen. Pro Haus ist<br />

ein geschützter, stufenlos erreichbarer und ausreichend<br />

zu beleuchtender Eingang vorzusehen,<br />

der in der Regel – wie bei anderen Mietshäusern<br />

auch – von außen nicht unmittelbar frei zugänglich<br />

ist. Vom Gebäudezugang aus gelangt man in<br />

die halböffentlichen Hausflure, die die Hausgemeinschafts-Wohnungen<br />

erschließen. Die Hausflure<br />

sind zugleich sekundäre Wohnbereiche und<br />

entsprechend einladend mit Sitzecken, Pflanzen<br />

und Bildern zu gestalten. So können die Kontakte<br />

der Bewohner untereinander erleichtert werden.<br />

Vom halböffentlichen Hausflur aus gelangt<br />

man in die einzelnen Hausgemeinschafts-Wohnungen.<br />

Bratenduft – die Gruppengröße<br />

einer Hausgemeinschaft<br />

umfasst acht Personen<br />

(siehe Portionierung in der<br />

Pfanne)


In möglichst zentraler Lage zu jeweils zwei<br />

oder mehr Hausgemeinschaften liegt mit geschütztem<br />

Zugang ein Badezimmer („Pflegebad“).<br />

Zur Ausstattung gehört eine normale<br />

Wanne (keine Hubwanne) sowie ein WC und<br />

Waschbecken. Die Heimmindestbauverordnung<br />

ordnet 20 Bewohnern ein Bad mit mindestens<br />

einer Dusche oder einer Badewanne zu. Zur<br />

Erleichterung des Badens werden unauffällige<br />

mobile Hilfsgeräte, wie zum Beispiel hydraulische<br />

Sitze an Stelle von technischen, furchterregenden<br />

Liftern eingesetzt. Die räumliche Gestaltung sollte<br />

durch möglichst natürliche Belichtung, helle<br />

freundliche Farben, eventuell Grünpflanzen, eine<br />

gut funktionierende Be- und Entlüftung Anlass<br />

dazu geben, sich auch im Badezimmer wohl zu<br />

fühlen. Abstellräume für persönliche Gegenstände<br />

der Bewohner, möglichst ohne Treppen geschützt<br />

zu erreichen, ein zentraler Abstellraum<br />

für Rollstühle, Fahrräder und Gerät sowie ein<br />

Müllsammelraum komplettieren das Raumangebot.<br />

Freilich sind im Sinne von Normalität auch<br />

Gruppierungen von Hausgemeinschaften möglich,<br />

die untereinander nicht räumlich verbunden<br />

sind. Dann ist jede Hausgemeinschaft entsprechend<br />

auszustatten (siehe Seite 27 Auflistung<br />

Raumprogramm).<br />

Reizthema „Küche“<br />

Beim Planen und Bauen von Hausgemeinschaften<br />

konzentrieren sich die Diskussionen immer<br />

wieder auf das Thema Küche. Das Spektrum der<br />

Fragen ist breit: Sind die Hausgemeinschaftsküchen,<br />

die dezentral die Funktion der Speisenzubereitung<br />

für die Bewohner je einer Hausgemeinschaft<br />

übernommen haben, Produktionsküchen,<br />

die in vollem Umfang das Essen für die<br />

Hausgemeinschaft produzieren? Sollen sie eher<br />

die Funktion von Verteilerküchen haben, die das<br />

Essen, das aus der nahen Krankenhausküche geliefert<br />

wird, aufbereiten und weitergeben? Sind<br />

sie besser ausgestattete Teeküchen, in denen für<br />

den Eigenbedarf zeitweise auch gekocht werden<br />

kann? Oder sind Hausgemeinschaftsküchen gar<br />

Therapieküchen, in denen vordringlich zu therapeutischen<br />

Zwecken die Zubereitung der Speisen<br />

vorgenommen wird? Die Heimmindestbauverordnung<br />

schreibt vor, dass in Pflegeheimen ausreichende<br />

Kochgelegenheiten für die Bewohner<br />

vorhanden sein müssen, dies zudem in ausrei-<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

Zufriedenheit<br />

am „Arbeitsplatz<br />

Wohnküche“<br />

in einem<br />

Altenpflegeheim<br />

chender Zahl und den Besonderheiten der Pflegebedürftigkeit<br />

angepasst. Deshalb ist der Abgleich<br />

mit den Heimaufsichtsbehörden von diesem Ausgangspunkt<br />

aus meist leicht zu erreichen.<br />

Als schwieriger hat sich bislang die Abstimmung<br />

mit den zuständigen Vertretern der Gesundheitsämter<br />

herausgestellt. Schon die enge<br />

Auslegung einer Hygiene-Verordnung kann zu<br />

einer hohen Hürde auf dem Weg zur Umsetzung<br />

des Hausgemeinschafts-Konzeptes werden. Die<br />

Kernfrage ist derzeit: Sind die relativ kleinen<br />

Hausgemeinschafts-Küchen, die das Essen lediglich<br />

für den Eigenbedarf der Hausgemeinschafts-<br />

Mitglieder produzieren, denselben Kontroll-<br />

Bestimmungen unterlegen wie die großen Zentralküchen,<br />

wo beträchtliche Mengen Essen für<br />

eine erhebliche Anzahl Menschen außerhalb des<br />

Küchenbereiches zubereitet werden? Es ist davon<br />

auszugehen, dass die für zentrale Speisenproduktionsküchen<br />

geltende HACCP im Zusammenhang<br />

mit Hausgemeinschaften nicht greift. Auch<br />

wenn das Heimgesetz keine Aussage dazu<br />

macht, gilt allerdings die Lebensmittelhygieneverordnung<br />

(LMHV). Und diese lässt unter hygienisch<br />

erwandfreien Bedingungen die dezentrale<br />

Essensproduktion zu, unter der Bedingung, dass<br />

die Speisen dort verzehrt werden, wo sie zubereitet<br />

werden. Bereits praktizierte Lösungen zu diesem<br />

Thema und ein – möglicherweise – richtungsweisender<br />

Merkblattentwurf werden auf<br />

den folgenden Seiten (siehe auch Kapitel 3) vorgestellt.<br />

29


30<br />

Komponenten von Hausgemeinschaften<br />

Merkblatt für Wohnformen mit dezentraler Speisenversorgung<br />

Eine Speisenversorgung, die durch Dritte sichergestellt wird, unterliegt der Lebensmittelhygieneverordnung<br />

(LMHV). Dies gilt auch nach derzeitigem Stand für das gemeinschaftliche<br />

Wohnen in Gruppen im Bereich der Altenhilfe. Ziel dieses Merkblattentwurfes ist es,<br />

Maßnahmen festzulegen, die einerseits den Anforderungen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes<br />

im Sinne der LMHV gerecht werden, andererseits jedoch die begrüßenswerten<br />

Einrichtungen nicht durch überzogene Hygieneanforderungen gefährden.<br />

Gemeinschaftliches Wohnen in Gruppen<br />

mit dezentraler Versorgung<br />

Bei den derzeit etablierten oder sich entwickelnden<br />

Hausgemeinschaften lassen<br />

sich unterschiedliche Organisationsformen<br />

beschreiben. Unter anderem gibt es:<br />

• Den „vollstationären“ Typ I<br />

Solitäre oder im Verbund betriebene<br />

Hausgemeinschaften mit jeweils<br />

ca. 6 – 8 Personen<br />

• Den „vollstationären“ Typ II<br />

Wohngruppen oder Wohnbereiche eines<br />

Heimes oder Teile einer Einrichtung<br />

Allen Typen gemeinsam ist die selbstständige<br />

und dezentrale hauswirtschaftliche<br />

Versorgung, inklusive der Vorbereitung und<br />

Zubereitung der Speisen ausschließlich für<br />

die dort wohnenden Heimbewohner:<br />

Die Lebensmittelhygieneverordnung findet<br />

hier Anwendung. Die nachfolgenden<br />

Empfehlungen beziehen sich auf die Wohnformen<br />

des stationären Typs I und II.<br />

Es wird grundsätzlich empfohlen, schon in<br />

der Planungsphase oder bei maßgeblichen<br />

Veränderungen solcher Projekte Kontakt<br />

zum zuständigen Lebensmittelüberwachungsamt<br />

aufzunehmen und auf dessen<br />

Beratungskompetenz zurückzugreifen.<br />

Eckpunkte<br />

1. Bauliche Voraussetzungen<br />

Es muss gewährleistet werden, dass die<br />

Speisen vor nachteiligen Beeinflussungen<br />

– auch durch die Bewohner – geschützt<br />

sind, auch ist die Sicherheit des Arbeitsplatzes<br />

(Arbeitsschutz) angemessen zu<br />

berücksichtigen.<br />

• Durch eine entsprechende Ausstattung<br />

und Einrichtung sollte eine angemessene<br />

Sicherung des sensiblen Bereiches (Zubereitung<br />

und Kochen) realisiert werden.<br />

Mögliche gestalterische Elemente sind<br />

zum Beispiel ein Tresen, eine Arbeitsplatte<br />

oder eine entsprechende Bestuhlung.<br />

Hierdurch können gleichzeitig verbindende<br />

und sichernde Elemente geschaffen<br />

werden die sowohl für den notwendigen<br />

Schutz sorgen, aber auch die Wahrnehmung<br />

von Sinneseindrücken und die<br />

Beteiligung der Bewohner ermöglichen.<br />

• Der für die Bewohner leicht zugängliche<br />

Bereich (Essbereich), kann hygienisch unempfindliche<br />

Einrichtungen wie zum Beispiel<br />

Kaffeemaschine, Geschirrschränke<br />

u.s.w. enthalten.<br />

• Für die Lebensmittel zur Speisenzubereitung<br />

muss ein nur der hauswirtschaftlichen<br />

Kraft zugänglicher Kühlschrank<br />

mit ausreichend dimensionierter Kühlkapazität<br />

vorhanden sein (eventuell ein<br />

gesonderter Kühlschrank für Zwischenkühlung).


• Darüber hinaus sollte sich im leicht<br />

zugänglichen Bereich ein separater<br />

Kühlschrank für private Lebensmittel<br />

befinden.<br />

• Für die Bewohner muss sich im leicht<br />

zugänglichen Bereich der Küche ein<br />

Handwaschbecken mit Einmalhandtüchern<br />

befinden.<br />

2. Persönliche Hygiene/Arbeitshygiene<br />

Zur Vermeidung nachteiliger Beeinflussung<br />

der Speisen gelten für die hauswirtschaftlich<br />

tätigen Personen die allgemeinen<br />

Hygieneanforderungen (persönliche<br />

Hygiene, saubere Arbeitskleidung, Umkleidemöglichkeiten,<br />

...)<br />

• Vor Betreten des sensiblen Küchenbereiches<br />

und nach direktem Umgang mit den<br />

Bewohnern ist es erforderlich, die Hände<br />

gründlich zu reinigen.<br />

• Sensible Produkte müssen von dem<br />

Einfluss der Bewohner fern gehalten<br />

werden.<br />

• Bevor die Bewohner aktiv in die Zubereitung<br />

eingreifen, ist das Händewaschen<br />

unerlässlich.<br />

• Der Gesundheitsstatus der Bewohner<br />

muss berücksichtigt werden.<br />

• Die Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes<br />

für die Arbeitskräfte müssen<br />

berücksichtigt werden.<br />

3. Eigenkontrollen<br />

Die Erstellung eines Eigenkontrollsystems<br />

im Sinne der LMHV sollte unter pragmatischen<br />

Gesichtspunkten erfolgen.<br />

• In die Kontrolle einbezogen werden<br />

müssen die Lagerung von Speisen und<br />

Zutaten sowie die Verwendung von<br />

Zusatzstoffen (zum Beispiel Süßstoffen).<br />

• Überprüfung der festgelegten Verantwortlichkeiten<br />

muss erfolgen. (Werden<br />

die Tätigkeiten auch tatsächlich von den<br />

dafür vorgesehenen Personen ausgeführt?)<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

4. Dokumentation der Arbeitsabläufe/<br />

Verantwortlichkeiten<br />

• Verantwortlichkeiten und Kompetenzen<br />

festlegen,<br />

• Speisenmanagement erstellen:<br />

Was wird wann von wem zubereitet?<br />

Was geschieht mit Resten?<br />

• Nachvollziehbarkeit von Speiseplänen,<br />

• Tätigkeitsfelder für Personal und Bewohner<br />

festlegen, Gesundheitszustand der<br />

Bewohner berücksichtigen,<br />

• Frage der Aufsicht klären, wenn Personal<br />

die Küche verlassen muss.<br />

5. Fort- und Weiterbildung<br />

Das Personal ist regelmäßig, systematisch<br />

zu schulen. Dies ist in Schulungsplänen<br />

festzulegen. Darüber hinaus sollten bei<br />

gegebenem Anlass zusätzliche Schulungen<br />

stattfinden (zum Beispiel gründliche Einweisung<br />

bei Neueinstellungen):<br />

• Anforderungen an die Qualifikation des<br />

Personals festlegen (zum Beispiel<br />

Fachkraft),<br />

• Regeln für die Bewohner vermitteln.<br />

6. Weiterer Regelungsbedarf<br />

besteht bezüglich Medikamentenausgabe,<br />

der Raucher-/Nichtraucherproblematik und<br />

bezogen auf Tierhaltung.<br />

Dieser Merkblattentwurf wurde redaktionell<br />

für diese Schrift überarbeitet. Er<br />

spiegelt den Diskussionsstand einer vom<br />

KDA initiierten Arbeitsgruppe zum Thema<br />

„Hausgemeinschaften und Lebensmittelhygiene“<br />

wider, die im NRW-Umweltministerium<br />

angesiedelt ist.<br />

31


32<br />

Komponenten von Hausgemeinschaften<br />

Variationen beim Bau von Hausgemeinschaften<br />

Entwerfen und Bauen von Hausgemeinschaften ist eine ebenso anspruchsvolle wie reizvolle<br />

architektonische Aufgabe. Für das Neue Wohnen im Alter sind keineswegs beliebig<br />

oft kopierbare Einheitslösungen gefragt. Der kreative Spielraum wird durch das oben<br />

dargestellte Raumprogramm vom Grundsatz her nicht eingeschränkt. Abweichungen von<br />

den Empfehlungen sind selbstverständlich möglich, falls die Funktionalität keinen Schaden<br />

nimmt und die Kostenrichtwerte für den Heimbau nicht überschritten werden. Die mit der<br />

Hausgemeinschafts-Idee verbundenen konzeptionellen Ansprüche, die sich im Raumprogramm<br />

als Minimalvorgabe spiegeln, ebenso aber auch die unterschiedlichen ökonomischen,<br />

ökologischen, kulturellen und klimatischen Bedingungen in den Regionen<br />

fordern Fachkompetenz, Stilgefühl und Inspiration der Architekten, Bauherren und<br />

Betreiber von Hausgemeinschaftsprojekten heraus. Auch mit Blick auf den vorherigen<br />

Abschnitt ist jedes konkrete Projekt vom Prinzip her ein individuelles unwiederholbares<br />

Produkt und somit zwangsläufig eine Modifikation der im letzten Abschnitt umrissenen<br />

„archetypischen“ Hausgemeinschaft. In den hier vorgestellten „Variationen“ werden<br />

ansatzweise einige der Spielarten aufgegriffen, die sich in der noch jungen Geschichte<br />

des Bauens von Hausgemeinschaften jetzt bereits abzeichnen.<br />

Distanztyp oder Umklammerungstyp<br />

Auf einen unverzichtbaren Standard beim Bau<br />

von Hausgemeinschaften soll an dieser Stelle<br />

noch einmal ausdrücklich verwiesen werden:<br />

Gefordert wird für den Bau von Hausgemeinschaften<br />

ein 100-Prozent-Anteil von Einpersonen-Zimmern.<br />

Für„Zweibettzimmer“besteht von<br />

Bewohnerseite aus nur in äußerst seltenen Ausnahmefällen<br />

ein Bedarf. Nur die Privaträume für<br />

jeweils eine Person ermöglichen das in der Hausgemeinschaft<br />

konzeptionell angestrebte Gleichgewicht<br />

zwischen Nähe und Distanz. Bei Positionierung<br />

des Gemeinschaftsbereichs innerhalb der<br />

Ausschnitt Erdgeschoss<br />

Johann-Friedrich-Stift in Lich<br />

N<br />

gesamten Hausgemeinschafts-Wohnung lassen<br />

sich sowohl aus architektonischer als auch aus<br />

konzeptioneller Sicht zwei Ausprägungsrichtungen<br />

unterscheiden: Bei einer häufig gewählten<br />

Anordnungsform folgt der Gemeinschaftsbereich<br />

vor Kopf der Wohnung unmittelbar aus dem<br />

Eingangsbereich der Hausgemeinschaft. Daran<br />

erst schließt sich ein Flur an, der zu einer relativ<br />

geschlossenen Gruppierung oder zu einer Reihung<br />

der Privatzimmer führt. In einer anderen<br />

Raumfolge bewegen sich die Bewohnerzimmer<br />

auf den Gemeinschaftsbereich zu, indem die Privaträume<br />

vom Grundriss her das Zentrum der<br />

Gemeinschaft enger umfassen.<br />

Der moderne Distanztyp<br />

mit klarer Orientierung:<br />

Gemeinschafts- und Privatbereich<br />

heben sich durch Lage<br />

und durch den größeren Anteil<br />

von Verkehrsflächen voneinander<br />

ab. In diesem größere Neutralität<br />

anstrebenden Beispiel<br />

sind die Bewohnerzimmer<br />

tendenziell von den gemeinschaftlichen<br />

Räumen und Funktionen<br />

stärker abgesetzt. Insgesamt<br />

wird dadurch der Rückzugsmöglichkeit<br />

der Bewohner<br />

mehr Raum und Gewicht zuerkannt,<br />

ohne der Gefahr der<br />

Isolation zu erliegen.


Hausgemeinschaft Wetter<br />

Zweipersonen-Wohnungen in und an Hausgemeinschaften<br />

Grundriss Münster-Nienberge<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

Eine weitere Grundrissmodifikation<br />

entsteht bei<br />

einer Hausgemeinschaft auch<br />

dadurch, dass zwei Einzelzimmer<br />

zu einer kleinen<br />

Zweiraum-Wohnung mit<br />

nach Wohnen und Schlafen<br />

differenzierten Räumen<br />

zusammengefügt werden.<br />

Für ein älteres Paar zum<br />

Beispiel entsteht so innerhalb<br />

der Hausgemeinschaft ein<br />

eigener kleiner Wohn-/Schlaftrakt<br />

inklusive Diele, Bad<br />

und WC, gleichsam eine Wohnung<br />

in der Wohnung.<br />

Eine weitere Variation wird<br />

ermöglicht durch den Einbau<br />

einer zusätzlichen Zugangstür<br />

zur Hausgemeinschaft. So<br />

können eine Hausgemein-<br />

Der Umklammerungstyp:<br />

Die Fläche für Flure reduziert<br />

sich auf ein Minimum. Hier<br />

erleichtert die Raumanordnung<br />

jedem Bewohner das<br />

rasche Umschalten von Privat<br />

auf Halböffentlich und umgekehrt.<br />

Auch hier sind sowohl<br />

der Individualbereich als auch<br />

die Gemeinschaftsfläche<br />

gleichwertig ausgebildet,<br />

jedoch mit stärkerem Bezug<br />

aufeinander und dem Akzent<br />

auf das Gemeinschaftszentrum.<br />

Das Grundrissbeispiel<br />

zeigt eine von drei um<br />

einen Innenhof gruppierte<br />

Hausgemeinschaften eines<br />

Projektes der Altenhilfe<br />

Wetter.<br />

schafts-Wohnung und andere<br />

Wohneinheiten auf der<br />

selben Ebene, im Grundrissbeipiel<br />

eine voll ausgebildete<br />

Zweipersonen-Wohnung,<br />

obwohl getrennt voneinander<br />

erschlossenen, stärker aufeinander<br />

bezogen werden. Die<br />

assoziierte Wohneinheit<br />

eignet sich zum Beispiel gut<br />

für ein Paar, bei dem einer der<br />

beiden Partner den anderen,<br />

der pflegebedürftig ist,<br />

betreut. Durch die leichter<br />

erreichbare Hausgemeinschaft<br />

erhält das Paar zusätzliche<br />

Sicherheit, ohne auf<br />

ein komplettes eigenes Territorium<br />

in Form einer getrennt<br />

zugänglichen Wohnung<br />

verzichten zu müssen.<br />

33


34<br />

Komponenten von Hausgemeinschaften<br />

Grundriss 1.Obergeschoss, Johanniterhaus Dannenberg<br />

Hausgemeinschafts-Satelliten<br />

Das Alten- und Pflegeheim der Johanniter in Dannenberg<br />

wird nach Gutachten und Modernisierungsentwurf<br />

der Abteilung Architektur im KDA<br />

total modernisiert. Statt der bisherigen 110 Plätze<br />

des alten Johanniterhauses entstehen auf dem<br />

Gelände durch Um- und Neubau 64 Plätze in acht<br />

Hausgemeinschaften. Die durch die Modernisierung<br />

verloren gehenden Pflegeplätze werden<br />

nicht wie üblich durch große Anbauten ersetzt,<br />

sondern zu den Pflegebedürftigen in die Gemeinden<br />

vor Ort transportiert. Pflege geht also, salopp<br />

gesagt, zu den Menschen und nicht umgekehrt,<br />

Menschen kommen zur Pflege. Zusätzliche Hausgemeinschafts-Plätze<br />

werden durch den Neubau<br />

von Satelliten-Hausgemeinschaften in den Vorortgemeinden<br />

Qickborn (8 Plätze) und Clenze (24<br />

Plätze) geschaffen. Die Gemeinden haben eine<br />

enge Zusammenarbeit im Rahmen dieses Projektes<br />

angekündigt. So wächst ein gemeindenahes<br />

Verbundsystem an drei Standorten, für das – gerade<br />

auch wegen der Beteiligung der Gemeinden<br />

– durch das Bundesministerium für Gesundheit<br />

eine Förderung in Aussicht gestellt wurde.


Das sogenannte Satelliten-System beinhaltet<br />

zusätzliche „Rationalisierungspotenziale“.Ein bestimmter<br />

Prototyp von Hausgemeinschaft wird<br />

planerisch vorentwickelt: Zwei Elemente mit je<br />

vier gleich großen Zimmern (jeweils inklusive Diele,<br />

Bad, WC) werden mitsamt den hausgemeinschaftseigenen<br />

Funktionsräumen (verteilt auf die<br />

beiden Elemente) vorgefertigt. Wenn diese Teile<br />

in vorelementierter Bauweise lieferbar sind, ergeben<br />

sich bei der baulichen Umsetzung der Hausgemeinschaft<br />

– in erster Linie in Folge einer Minimierung<br />

der Bauzeiten – Einspareffekte.<br />

Die beiden Vierzimmer-Hälften der Hausgemeinschaft<br />

docken an einen Gemeinschaftskern<br />

an, der zum Beispiel in der ortsüblichen Bauweise<br />

erstellt oder individuell entworfen wird. Dieser<br />

Kern gibt der Hausgemeinschaft ihren spezifischen<br />

baulichen Charakter. Der Hausgemeinschafts-Prototyp<br />

kann an einem einzelnen Ort<br />

oder netzwerkartig über mehrere Orte hinweg<br />

realisiert werden.<br />

Der kleine Satellit in Quickborn<br />

Das Beispiel in Quickborn (Landkreis Lüchow-Dannenberg)<br />

zeigt die Lage einer Hausgemeinschaft<br />

mit acht vollstationären Hausgemeinschafts-<br />

Pflegeplätzen, gelegen an der Hauptstraße in der<br />

Nähe eines Pflegeheims. Mit diesem ist die Hausgemeinschaft<br />

unter anderem durch eine Rufbereitschaft<br />

des Nachts verbunden.<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

Der Prototyp<br />

Der größere Satellit in Clenze<br />

In einem weiteren Schritt findet sich der Hausgemeinschafts-Prototyp<br />

in einer benachbarten Ortschaft<br />

wieder, gegebenenfalls mit einem baulich<br />

anders gestalteten Gemeinschaftskern.<br />

In Clenze fügt der Träger den Hausgemeinschafts-<br />

Prototyp mit zwei weiteren zu einer Einheit<br />

zusammen, so dass ein Ensemble von drei ebenerdigen<br />

Hausgemeinschaften mit insgesamt<br />

24 Hausgemeinschafts-Pflegeplätzen entsteht.<br />

HG 8 Plätze<br />

NGF = 391,23 qm<br />

pro Platz 48,9 qm<br />

(siehe Seite 26)<br />

35


36<br />

Komponenten von Hausgemeinschaften<br />

Grundriss und Seitenansicht<br />

Heimverbundene Hausgemeinschaft<br />

„Auf dem Höhlchen“<br />

Heimverbundene Hausgemeinschaft<br />

Zur Sicherung der Strukturqualität ihrer stationären<br />

Bereiche befindet sich die Altenhilfe<br />

Wetter (in Trägerschaft des St. Elisabeth-Vereins<br />

Marburg) generell in der Planungsphase zu umfassenden<br />

Sanierungs- und voraussichtlich auch<br />

Neubaumaßnahmen in Zusammenhang mit ihrem<br />

Alten- und Pflegeheim an der Schulstraße in<br />

Wetter (zurzeit 85 Plätze). Der grundlegende Umstrukturierungsprozess<br />

des „Stammhauses“ richtet<br />

sich schwerpunktmäßig auf die Betreuung<br />

demenziell erkrankter älterer Menschen, für die<br />

in der Region bislang spezialisierte Pflege- und<br />

Wohnangebote fehlten. Durch entsprechende<br />

bauliche Maßnahmen sollen für diesen Personenkreis<br />

auch stationäre Hausgemeinschaften errichtet<br />

werden. Zwischenzeitlich wurde bereits eine<br />

einzelne Hausgemeinschaft für sechs demenzkranke<br />

ältere Menschen als Modellprojekt auf<br />

dem Höhlchen (Straßenname) auf den Weg gebracht.<br />

Diese Außenwohngruppe entstand etwa<br />

fünf Autominuten vom stationären „Stammhaus“<br />

entfernt im vormals Neunfamilienhaus auf<br />

etwa 223 qm durch Umbau und Zusammenlegung<br />

von drei Eigentumswohnungen.<br />

Der Wohn-/Essbereich mit<br />

integrierter offener Küche hat<br />

eine Größe von ca. 50 qm. Er<br />

ist zentral angeordnet, so<br />

dass die Mitglieder der Hausgemeinschaft,<br />

wenn sie sich<br />

hier aufhalten, „mitten drin“<br />

sind im Geschehen. Eine<br />

große Tür ermöglicht den<br />

Zutritt zu Terrasse und Garten<br />

direkt vom Wohn-/Esszimmer<br />

aus. Alle Gemeinschaftsbereiche,<br />

einschließlich Küche, sind<br />

jederzeit, auch nachts, zugänglich.<br />

Die Anzahl der Wirtschaftsräume<br />

bemisst sich an<br />

einer Ausstattung eines Familienhaushaltes<br />

dieser Größe<br />

und entspricht den mit der<br />

Heimaufsichtsbehörde abgestimmten<br />

Anforderungen. Ein<br />

Raum dient als Dienstzimmer<br />

für Telefonate, Aufbewahren<br />

der Medikamente und Pflegedokumentationen.<br />

Diese heimverbundene Hausgemeinschaft ist als<br />

Außenwohngruppe des bestehenden Alten- und<br />

Pflegeheims konzipiert und erprobt in einer dreijährigen<br />

Modell-Lernphase unter wissenschaftlicher<br />

Supervision das Hausgemeinschafts-Konzept.<br />

Die Verwaltung wird als zentrale Dienstleistung<br />

für die externe Hausgemeinschaft vom<br />

Stammhaus erbracht. Die Begegnungen mit den<br />

anderen sechs Familien im Hause, besonders<br />

auch über die Kinder, finden in gutnachbarschaftlicher<br />

Manier statt. Gleichsam zufällig hat<br />

sich so durch die Implementierung einer Hausgemeinschaft<br />

in ein Wohnhaus im Bestand ein<br />

Mehrgenerationenwohnen eingestellt. Dies fügt<br />

sich ein in den „Kodex“ der Hausgemeinschaft,<br />

die sich zwei „hohen“ Grundsätzen verpflichtet<br />

sieht, nämlich die Vertrautheit des Wohnens trotz<br />

Betreuungs- und Pflegebedarfs auch im Alter zu<br />

gewährleisten sowie den normalen Alltag – mit<br />

Arbeit und Freizeit, mit Essen und Trinken, Kontakten<br />

und Rückzugsmöglichkeiten, auch mit<br />

Reibungsstellen – in den Vordergrund des Erlebens<br />

zu rücken.


Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

In Abstimmung mit der zuständigen Heimaufsichtsbehörde werden die Erfordernisse<br />

der Heimmindestbauverordnung Auf dem Höhlchen modifiziert umgesetzt:<br />

1. Statt einer freigestellten Badewanne wird bei Bedarf durch einen Badewannenlifter das<br />

Be- und Entsteigen der Wanne ermöglicht.<br />

2. Auf Handläufe im Wohnungsbereich wird bei Gehfähigkeit der Hausgemeinschafts-<br />

Bewohner verzichtet.<br />

3. In möglichst vielen Privaträumen (ca. 4 Zimmer) werden, wenn technisch machbar,<br />

Anschlüsse für Waschbecken gelegt.<br />

4. Es wird keine Rufanlage installiert. Sollte ein Rufsystem für einzelne Bewohner<br />

notwendig werden, wird dieses durch geeignete drahtfreie Technik ermöglicht.<br />

5. Ein Bewohnertelefon wird in Form eines schnurlosen Telefons vorgehalten.<br />

6. Eine ausreichende Kochgelegenheit für die Bewohner wird durch die allen zugängliche<br />

Küche, in der auch gemeinsam die Speisenzubereitung erfolgt, vorgehalten.<br />

7. Der gemeinsame Wohn-/Essraum dient auch als „Gemeinschafts- und<br />

Therapieraum“.<br />

Folgende Erfordernisse hingegen waren zwingend zu erfüllen:<br />

1. In einem Badezimmer ist eine bodengleiche Dusche einzurichten.<br />

2. In den sanitären Anlagen sind entsprechende Haltegriffe etc. anzubringen.<br />

3. Die Flurbeleuchtung muss nachts als Dauerbeleuchtung schaltbar sein.<br />

4. An der Treppe des Hauseingangs sind beidseitige Handläufe anzubringen.<br />

5. In einem Arbeitsraum muss durch entsprechende Sanitärinstallation die<br />

Reinigung stark verschmutzter Wäsche, von Nachtstuhleimern etc. ermöglicht<br />

werden.<br />

6. Eine Besuchertoilette sollte zur Verfügung gestellt werden.<br />

In Abstimmung mit der zuständigen Heimaufsichtsbehörde wurden Auf dem Höhlchen<br />

die personellen Erfordernisse des Heimgesetzes wie folgt umgesetzt:<br />

1. Die Personalbesetzung in dieser Hausgemeinschaft wird so geplant, dass eine<br />

auf die Bewohner abgestimmte Fachbesetzung gewährleistet ist. Eine Fachbesetzung<br />

wird angenommen, wenn mindestens eine Pflegefachkraft tagsüber<br />

vor Ort präsent oder für bestimmte Stunden des Tages durch eine Rufbereitschaft<br />

verfügbar ist.<br />

2. Grundsätzlich sind zwei Mitarbeiterinnen pro Schicht eingesetzt.<br />

3. Eine Anpassung des Personalbedarfs (Verstärkung/Reduzierung des Personaleinsatzes)<br />

wird mit der zuständigen Heimaufsicht abgestimmt.<br />

4. Während der Nachtstunden kann der Dienst durch eine Pflegehilfskraft wahrgenommen<br />

werden, wenn<br />

• im Stammhaus in der Schulstraße zwei Pflegefachkräfte im Nachtdienst<br />

eingesetzt sind und durch eine von ihnen eine Notrufbereitschaft geleistet wird<br />

oder<br />

• im Stammhaus in der Schulstraße eine Pflegefachkraft und eine Hilfskraft im<br />

Nachtdienst eingesetzt sind und die Notrufbereitschaft durch eine in Wetter<br />

wohnende Pflegefachkraft übernommen wird.<br />

37


38<br />

Komponenten von Hausgemeinschaften<br />

Ursprüngliche<br />

Planung<br />

Zwischenschritte zur Hausgemeinschaft<br />

Einige Heime der dritten Pflegeheimbau-Generation<br />

vollziehen den großen Schritt von einer engagierten<br />

Wohnbereichspflege zur Hausgemeinschaftsstruktur<br />

noch nicht ganz. Sie halten sich<br />

jedoch eine Option in Richtung vollstationärer<br />

Hausgemeinschaftsstruktur für die Zukunft offen.<br />

Pflegezentrum Rablinghausen in Bremen<br />

Wohngruppen mit Hausgemeinschafts-Charakter<br />

Im Pflegezentrum Rablinghausen<br />

wurde eine familienorientierteWohnbereichspflege<br />

mit Hausgemeinschafts-Charakter<br />

installiert.<br />

Die ursprüngliche Planung<br />

zielte auf 21 Appartements<br />

mit einem Gemeinschafts-/<br />

Küchenbereich auf der Ebene<br />

des Erdgeschosses, nach Überplanung<br />

– bereits während<br />

des Bauens – entstanden zwei<br />

kleinere Wohngruppen mit<br />

jeweils eigenem Wohn-/Ess-/<br />

Kochbereich. Mitten im Bremer<br />

Stadtteil Rablinghausen<br />

liegt auf dem Gelände des<br />

ehemaligen Bauernhofes der<br />

Familie Vagt die Einrichtung<br />

der Bremer Heimstiftung<br />

„Tönjes Vagt Hof – Stiftungsdorf<br />

Rablinghausen“. In unmittelbarer<br />

Nähe des renovierten<br />

alten Bauernhauses<br />

mit seinen Gemeinschaftseinrichtungen<br />

sind 56 seniorengerechte<br />

und behindertenfreundlicheService-Mietwoh-<br />

Zwischenschritte in Richtung Hausgemeinschaft<br />

finden sich zum Beispiel im Bochumer Buchen-Hof,<br />

in dem 96 Heimplätze – unter anderem mittels<br />

Schließung der Zentralküche – zu acht Wohngruppen<br />

mit Hausgemeinschafts-Charakter für je zwölf<br />

Personen umorganisiert wurden. Auch im Alten-<br />

Ausgeführte<br />

Planung<br />

nungen entstanden. Sie bilden<br />

gemeinsam mit dem 62<br />

Plätze umfassenden Pflegezentrum<br />

Rablinghausen das<br />

Stiftungsdorf.<br />

Das Pflegezentrum bietet<br />

mit seinen 58 großzügigen<br />

Einpersonenappartements<br />

und zwei Doppelappartements<br />

auf drei Ebenen der<br />

pflegebedürftigen Bewohnerschaft<br />

ein hohes Maß an Komfort.<br />

Neben der Betreuung in<br />

der stationären Langzeitpfle-<br />

ge gibt es auch die Möglichkeit<br />

der zeitlich begrenzten<br />

Versorgung im Rahmen der<br />

Kurzzeitpflege. Verstellbare<br />

Betten, Einbauschränke,<br />

Pantry, Duschbad, Telefon und<br />

Notrufanlage gehören zur<br />

Ausstattung jedes Appartements.<br />

Durch die Mitnahme<br />

von eigenen Möbeln, Bildern<br />

und Lampen wird die Einrichtung<br />

entsprechend dem<br />

persönlichen Geschmack der<br />

Bewohnerschaft abgerundet.


wohnhaus St. Sixtus in Haltern aus den 80er Jahren<br />

(siehe Einleitung) stecken mit der Ausbildung<br />

eines Wohngruppenraums und eines integrierten<br />

Küchenbereichs für je acht ältere Menschen<br />

bereits wesentliche Komponenten der Hausgemeinschafts-Struktur,<br />

die eine vollständige Umsetzung<br />

einer Hausgemeinschafts-Konzeption<br />

begünstigen. Ein anderer Zwischenschritt ergibt<br />

sich aus einer Variation des Wohnküchenkonzeptes:<br />

Das Essen wird beispielsweise noch in einer<br />

Zentralküche vorbereitet, nachgegart aber und<br />

ergänzt wird es jeweils innerhalb der dezentralen<br />

Wohngruppenküche.EindeutlichesSignal inRichtung<br />

Hausgemeinschaft gibt auch eine familien-<br />

Pro Ebene leben im Pflegezentrum<br />

Rablinghausen zehn<br />

oder elf Bewohner in je zwei<br />

Wohngruppen. Lebensmittelpunkt<br />

für jede Wohngruppe<br />

ist eine gemütlich eingerichtete<br />

Wohnküche. Die<br />

Mahlzeiten werden unter Mitwirkung<br />

der Bewohner der<br />

jeweiligen Hausgemeinschaft<br />

selbst zubereitet. Alle Arbeits-<br />

abläufe hinsichtlich Pflege,<br />

Hauswirtschaft und sozialer<br />

Betreuung sind auf das Wohnen<br />

und die Selbstbestimmung<br />

und -gestaltung der<br />

Lebensführung der Bewohnerschaft<br />

hin auszurichten.<br />

Arbeitsabläufe werden<br />

dezentralisiert und nach Möglichkeit<br />

den Hausgemeinschaften<br />

zugeordnet. In die-<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

sen überschaubaren Gemeinschaften<br />

soll die Tages- und<br />

Lebensgestaltung möglichst<br />

frei sein von heimtypischen<br />

Organisationsstrukturen. Das<br />

Leben wird bestimmt durch<br />

die Bedürfnisse alter Menschen<br />

nach Kleinräumlichkeit,<br />

Vertrautheit, Kommunikation,<br />

Aktivität und menschlicher<br />

Nähe. Alltägliche Aufgaben<br />

Bei der Einrichtung der Wohnküchen wurde Folgendes berücksichtigt:<br />

Die Küchenzeile wird so angeordnet, dass den Bewohnerinnen eine<br />

Mitarbeit möglich ist.<br />

Die Ausstattung muss mindestens folgende Geräte enthalten:<br />

• Geschirrspüler (halbgewerblich/kurze Laufzeit), Backofen,<br />

Großraumkühlschränke, Gefrierschrank, 5-Plattenherd, Mikrowelle,<br />

Küchenmaschine, Kaffeemaschine, Wasserkocher.<br />

Weitere Ausstattung:<br />

• Großes Spülbecken (auch zum Spülen von Blechen und großen Töpfen<br />

geeignet), Armatur mit Schlauch, große Arbeitsflächen,<br />

• ausreichend Schränke (für große Töpfe, Nährmittel, Schüsseln usw.),<br />

Geschirrschrank im Wohnraum, Kellenleiste.<br />

Die Ausstattung muss funktional, aber dennoch betont wohnlich sein.<br />

• Abtrennung für gemütliche Ecke mit Sofa, Fernseher, Schrank.<br />

wie Essensvorbereitung,<br />

Kochen, Tischdecken, Essen,<br />

Spülen und das Falten von<br />

Wäsche strukturieren den<br />

Tagesablauf. Durch die Teilhabe<br />

an diesem Alltag werden<br />

die Bewohner an<br />

Gewohntes erinnert, und verlorengegangene<br />

Fähigkeiten<br />

werden neu belebt.<br />

39


40<br />

Komponenten von Hausgemeinschaften<br />

orientierte Wohnbereichspflege, die das Personal<br />

der Zentralküche zumindest zeitweise (zum Beispiel<br />

zwei oder drei Tage pro Woche) in der Nähe<br />

der Bewohnerinnen und Bewohner in den Wohnküchen<br />

tätig werden lässt.<br />

Im Rahmen der Bremer Heimstiftung wurde<br />

noch während der Rohbauphase eines dreigeschossigen<br />

Neubaus für 62 Pflegeheimplätze die<br />

ursprünglich vorgesehene klassische Planung des<br />

Pflegezentrums Rablinghausen umgestellt auf<br />

ein Wohnküchenkonzept für kleinere Gruppen:<br />

Zuerst war für jede der drei Wohnbereichsebenen<br />

mit je 21 Appartements nur ein einziger Gruppenraum<br />

mit integrierter Küche geplant. In der<br />

Überplanung wurde jede Ebene jedoch noch einmal<br />

aufgegliedert in zwei kleinere Wohngruppen<br />

für zehn oder elf Personen, denen jeweils eine um<br />

die 40 qm große Wohnküche zugeordnet wurde.<br />

Es entstand somit auf den drei Gebäude-Ebenen<br />

eine familienorientierte Wohnbereichspflege mit<br />

Hausgemeinschafts-Charakter für insgesamt<br />

sechs Wohngruppen à zehn oder elf Personen.<br />

Als besonderes organisatorisches Kennzeichen<br />

weist das Pflegezentrums Rablinghausen eine Art<br />

Pflegezentrum Rablinghausen:<br />

Zwei Wohnküchen für zwei kleinere Wohngruppen auf einer Ebene<br />

„ambulantes Handeln in stationären Strukturen“<br />

auf: Die Bremer Heimpflege gGmbH als Träger<br />

hat nämlich mit dem Paritätischen Pflegedienst<br />

und dem Bremer Stiftungs-Service zwei eigenständige<br />

Kooperationspartner für pflegerische<br />

und hauswirtschaftliche Aufgaben im Pflegezentrum<br />

beauftragt.<br />

Die räumlichen Bedingungen im Pflegezentrum<br />

lassen eine Lagerhaltung vor Ort in den<br />

Wohnküchen nicht zu. Aus logistischen Gründen<br />

ist deshalb eine zentrale Bestellung und Lagerhaltung<br />

erforderlich. Für eine zentrale Versorgung<br />

ist auch ein abgestimmter Speiseplan und<br />

eine entsprechende Vorplanung notwendig. Eine<br />

Speiseplankommission, bestehend aus Bewohnerinnen<br />

und Mitarbeiterinnen der Wohngruppen,<br />

erstellt einen Wochenspeiseplan für jede<br />

Wohngruppe. Die Hauswirtschaftsleitung ermittelt<br />

den benötigten Bedarf und übernimmt die<br />

Bestellung der Lebensmittel. Die Waren werden<br />

zentral geliefert und eingelagert. Die Wohngruppen<br />

selbst holen sich dann täglich die entsprechenden<br />

Waren ab.


Kapitel 2<br />

Personalfragen und -kalkulation<br />

Leitgedanken<br />

Personalkalkulation<br />

Perspektiven<br />

Besetzungspläne<br />

Tätigkeitsprofile


42<br />

Personalfragen und -kalkulation<br />

Leitgedanken Normalität und<br />

Dezentralisierung<br />

Menschen bewohnen Häuser. Häuser bewohnen<br />

aber auch Menschen. Ob die Gebäude bei ihren<br />

Bewohnerinnen und Bewohnern besonderen<br />

Stress oder gar Angst verursachen oder ob sie zu<br />

deren Wohlergehen beitragen, ergibt sich daraus,<br />

inwieweit sich diese Häuser in Planung und<br />

Ausführung einschließlich Standortwahl auf die<br />

Bedürfnisse ihrer Bewohner einstellen können.<br />

Hausgemeinschaften verstehen sich als quartiernahe<br />

Wohnangebote für pflegebedürftige<br />

und/oder verwirrte ältere Menschen. Dieser Nähe<br />

zum angestammten Wohnquartier des Bewohners<br />

kommt eine besondere Bedeutung zu. So<br />

werden Besuche von Nachbarn und Freunden<br />

erleichtert. Die geplanten, aber auch ungeplanten<br />

Kontakte zum früheren Lebensumfeld<br />

sichern nach dem Umzug letztendlich in der<br />

Hausgemeinschaft ein Stück „Normalität“. Familienangehörige,<br />

Freunde, Nachbarn sind in Hausgemeinschaften<br />

gern gesehene Gäste, die sich<br />

dort einbringen können und sollten.<br />

Obwohl das Wohnen im Vordergrund steht,<br />

handelt es sich bei den Hausgemeinschaften in<br />

erster Linie um zugelassene vollstationäre und<br />

pflegesatzfinanzierte Einrichtungen. In diesen<br />

Heimen orientieren sich alle Aktivitäten im Versorgungs-,<br />

Betreuungs- und Pflegebereich an der<br />

spezifischen Lebenswelt und an der individuellen<br />

Biografie sowie an der aktuellen Situation jedes<br />

einzelnen Bewohners. So bietet eine Hausgemeinschaft<br />

im Gegensatz zu einer traditionellen<br />

Pflegeeinrichtung seinen Bewohnerinnen und<br />

Bewohnern ein hohes Maß an Wohn- und<br />

Lebensqualität. Sie räumt den pflegebedürftigen<br />

älteren Menschen ausdrücklich – auch bei intensiver<br />

Pflegebedürftigkeit, auch bei schwereren<br />

Demenzerkrankungen – eine möglichst große<br />

Selbstständigkeit und Mitbestimmungsmöglichkeit<br />

ein.<br />

Ein derart anspruchsvolles Konzept ist nur<br />

unter ganz bestimmten Voraussetzungen realisierbar.<br />

Die mit dieser besonderen Betreuungsform<br />

verbundenen Pflegesätze, also die Kosten<br />

für Unterkunft und Verpflegung sowie die nicht<br />

geförderten Investitionskosten, dürfen einen vertretbaren,<br />

sprich marktgerechten Rahmen nicht<br />

überschreiten. Ein entscheidender Faktor bei der<br />

Planung und Umsetzung von Hausgemeinschaften<br />

ist ein schlüssiges Betreuungs- und Personal-<br />

konzept. Mit einer solchen Konzeption steht und<br />

fällt eine Hausgemeinschaft. Nur mit ihr kann sie<br />

sowohl unter Qualitätsgesichtspunkten als auch<br />

unter wirtschaftlichen Aspekten mit den traditionellen<br />

Angeboten der Altenhilfe konkurrieren.<br />

Analog zur Architektur und Raumplanung<br />

(siehe Kapitel 1) muss auch beim Personal und bei<br />

den Funktionsabläufen eine Dezentralisierung<br />

konsequent umgesetzt werden. Zentrale Anstalts-<br />

und Versorgungsstrukturen und das ihnen<br />

zugeordnete Personal, vordringlich Zentralküche<br />

und Zentralwäscherei mit seinen Hauswirtschaftskräften,<br />

werden statt an bewohnerfernen<br />

zentralisierten Standorten anteilig den einzelnen<br />

Hausgemeinschaften zugeordnet.<br />

Durch diese Umverteilung der Ressourcen in<br />

die einzelnen Einheiten hinein wird ein doppelt<br />

wirksamer positiver Effekt erzielt, ohne dass<br />

zusätzliche Kosten entstehen:<br />

1. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die unter<br />

Umständen fernab der Bewohner ihren Aufgaben<br />

nachgehen, werden in die unmittelbare<br />

Nähe der Bewohner gebracht. Dies hat zur Folge,<br />

dass ihre Tätigkeiten und Dienstleistungen<br />

im persönlichen Umfeld derjenigen stattfinden,<br />

auf die sie sich letztendlich beziehen.<br />

2. Zudem entsteht – für alle Beteiligten unmittelbar<br />

sinnlich erfahrbar – ein einigermaßen normaler<br />

Alltag mit vertrauten Gesichtern und mit<br />

eigenen Rhythmen. Die Bewohnerschaft hat<br />

dank einer Fülle von belebenden, sinnstiftenden<br />

Abläufen und Verrichtungen innerhalb der<br />

Hausgemeinschaft viele Anknüpfungspunkte<br />

zu aktiver Teilnahme oder zumindest zu rezeptiver<br />

Teilhabe am Geschehen.<br />

Es ist der Lebensalltag der Bewohnerinnen<br />

und Bewohner, und sie empfinden ihn auch authentisch<br />

als den ihren. Hieraus erwächst gleichsam<br />

automatisch ein nach zwei Seiten hin ablaufender<br />

weicher „Kontrollmechanismus“: Bewohner<br />

geben den Mitarbeitern informell Feed-back,<br />

und umgekehrt das Personal der Bewohnerschaft.<br />

Da mit den Tätigkeiten und Funktionen<br />

immer auch Personal verbunden ist, hat dies zur<br />

Folge, daß Menschen in die Nähe des Bewohners<br />

gelangen. Gleichsam zwangsläufig (die Hausarbeit<br />

muss ja gemacht werden) ist so ständig<br />

jemand in der Hausgemeinschaft anwesend. Diese<br />

Person wird über ihre eigentliche berufliche<br />

Aufgabe hinaus natürlich auch mit den Bewohnern<br />

kommunizieren. So erhalten die Bewohner


HG<br />

3<br />

Personalkalkulation<br />

Abbildung 2: Ermittlung der Nettojahresarbeitszeit<br />

Nettojahresarbeitstage<br />

Kalendertage 365<br />

abzüglich Sa./So. 104<br />

Feiertage 11 115<br />

Bruttoarbeitstage gesamt<br />

abzüglich Ausfallzeiten<br />

250<br />

Urlaubstage 30<br />

Krankheit 11<br />

Fortbildung 5 46<br />

gesamt<br />

Nettoarbeitsstunden<br />

204<br />

Stunden pro Woche einer VZK 38,5<br />

durchschnittliche Tagesarbeitszeit (5-Tage-Woche) 7,7<br />

Gesamt Nettoarbeitszeit in Stunden pro Jahr (gerundet) 1.570<br />

Eine Präsenzkraft wird – so die Annahme für die Kalkulation –<br />

täglich von 8 bis 22 Uhr, also 14 Sunden, an 365 Tagen im Jahr<br />

in der „Muster-Hausgemeinschaft“ eingesetzt. In der Hausgemeinschaft<br />

werden deshalb rund 3,25 Vollzeitkräfte für die<br />

Präsenzfunktion benötigt. Dies auch dann, wenn in der Hausgemeinschaft<br />

weniger als acht Personen leben.<br />

Bei mehr als acht Personen Gruppengröße würde es für eine<br />

einzelne Präsenzkraft schwierig, ihre Aufgaben fachgerecht zu<br />

erfüllen, so dass anteilmäßig eine zweite Kraft täglich hinzugezogen<br />

werden müsste. Die Präsenzkräfte werden in dieser<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

Die Gesamtkosten werden Hausgemeinschaft“, durchkal-<br />

durch die durchschnittliche kuliert. Es wird angenommen,<br />

Höhe der Personalkosten, aber dass in der achtköpfigen<br />

auch durch die tatsächliche Gruppe zwei ältere Menschen<br />

HG<br />

Zusammensetzung der jeweili- sind, die in Pflegestufe I ein-<br />

HG<br />

4➟Anzahl<br />

Hausgemeinschaft, die „Muster- im Jahr an.<br />

Abbildung 1: Bewohnerstruktur einer<br />

Muster-Hausgemeinschaft nach Pflegestufen<br />

der Hausgemeinschaften 3–4 Pflegestufen<br />

2<br />

gen Hausgemeinschaft bedingt. gruppiert sind, vier Personen in<br />

Die Personalkosten werden in Stufe II sowie zwei in Stufe III.<br />

HG<br />

1<br />

der folgenden Rechnung für<br />

eine achtköpfige – fiktive –<br />

Bei acht Bewohnern fallen<br />

8 x 365, also 2.920 Pflegetage<br />

Pflegetage je Hausgemeinschaft pro Jahr 2.920 I II III<br />

Bewohner je Hausgemeinschaft 8 2 4 2<br />

Die Nettojahresarbeitszeit ist die jährliche<br />

Regelarbeitszeit minus Ausfallzeiten für Urlaub,<br />

Fortbildung und Krankheit. Unter anderem<br />

11 Krankheitstage sind bei einer Nettojahresarbeitszeit<br />

von 1.570 Sunden für eine Vollzeitkraft<br />

(VZK) pro Jahr einkalkuliert. Krankheitsbedingte<br />

Ausfallzeiten von insgesamt 66 Tagen pro Jahr –<br />

bei sechs Vollzeitstellen in einem Hausgemeinschafts-Team<br />

– gehen also bereits in die Rechnung<br />

ein. In den neuen Bundesländern ist derzeit<br />

noch von einer 40-Stundenwoche auszugehen,<br />

also von einer Nettojahresarbeitszeit von<br />

momentan rund 1.630 Stunden.<br />

Abbildung 3: Kalkulation der benötigten Präsenzkräfte<br />

Vollzeitkräfte (VZK)<br />

Besetzung pro Tag in Stunden 8.00 – 22.00 h 14<br />

Vorhaltung an 365 Tagen in Stunden 14 x 365 5.110<br />

: Nettoarbeitszeit in Stunden einer Vollzeitkraft 1.570 3,25 VZK<br />

Kalkulation ausschließlich mit ausgebildeten Hauswirtschaftskräften<br />

(siehe zum Beispiel „Die geprüfte Fachhauswirtschafterin“<br />

am Ende des Kapitels) besetzt.<br />

43


44<br />

Personalfragen und -kalkulation<br />

einer Hausgemeinschaft, ohne zusätzlichen Personal-<br />

und Kostenaufwand durch die „Umverteilung<br />

von Zentral nach Dezentral“ quantitativ wie<br />

qualitativ mehr Leistungen, sprich „mehr“ Personal.<br />

Die Bewohner kommen in den Genuss der<br />

menschlichen Nähe von kompetenten Ansprechpartnern,<br />

die allein schon durch ihre Präsenz dem<br />

erhöhten Schutzbedürfnis von Pflegebedürftigen<br />

entgegenkommen. Und sie können zudem besser<br />

angeleitet und unterstützt oder auch nur<br />

unaufdringlich „im Auge behalten“ werden. Dies<br />

sind alles wichtige, qualitätssteigernde Betreuungs-<br />

und auch Pflegewirkungen, die trotz ihrer<br />

Bedeutsamkeit durch keine eigene Finanzierungsmöglichkeit<br />

im Elften Buch des Sozialgesetzbuches,<br />

der Sozialen Pflegeversicherung,<br />

abgedeckt sind.<br />

Jede Hausgemeinschaft hat stark ausgepräg-<br />

Jede te Hausgemeinschaft autonome Züge. Selbst hat stark wenn ausgeprägte<br />

eine Hausge-<br />

autonome Züge. meinschaft Selbst – wenn was der eine Regelfall Hausgemeinschaft,<br />

sein wird – in<br />

was der Regelfall einem sein Verbund wird, mit in anderen einem Verbund Einheiten, mit zum andeBeiren Einheiten, spiel zum mit Beispiel weiteren mit Hausgemeinschaften weiteren Hausgemein- und mit<br />

schaften und einem mit einem Dienstleistungszentrum, geführt geführt werden<br />

werden sollte, sollte, bleibt bleibt sie von sie von ihrer ihrer Organisation her ein<br />

autarkes Gebilde.<br />

autarkes Gebilde.<br />

Im Gegensatz zu einer nach dem Wohngruppenkonzept<br />

betriebenen Einrichtung mit Wohnbereichen,<br />

die auch eine dezentrale Versorgung<br />

anbietet (vergleiche oben Kapitel 1 Zwischenschritte),<br />

ist eine Hausgemeinschaft eine räumliche<br />

und organisatorischen Einheit, in der maximal<br />

acht pflegebedürftige und/oder verwirrte<br />

ältere Menschen zusammenleben. Diese acht<br />

Personen haben einen ständig anwesenden<br />

Ansprechpartner als zentrale Bezugsperson (auch<br />

Präsenzkraft, Alltagsassistenz oder Alltagsmoderatorin<br />

genannt) zur „Verfügung“, die – so die<br />

Grundannahme – bei dieser Gruppengröße noch<br />

in der Lage ist, ihre Aufgaben alleine innerhalb<br />

ihre „Schicht“ zu bewältigen (siehe Abbildung 9).<br />

Durch den Einsatz der Pflegefachkräfte kommt<br />

allerdings weiteres Personal zum permanenten<br />

Ansprechpartner hinzu, so dass tagsüber in der<br />

Hausgemeinschaft simultan meist zwei, manchmal<br />

sogar – zu bestimmten Spitzenzeiten oder<br />

falls bei Notfällen erforderlich – drei Kräfte anzutreffen<br />

sind (siehe Abbildung 12).<br />

Die Gruppengröße Acht rechtfertigt gerade<br />

eben noch, bezogen auf Hausgemeinschaften<br />

von „kleinen familienähnlichen Gruppen“ zu<br />

sprechen. In deren persönlicher Atmosphäre sind<br />

bei den Bewohnerinnen und Bewohnern die vorhandenen<br />

Ressourcen, zum Beispiel verbliebenes<br />

Orientierungsvermögen bei stark Verwirrten,<br />

noch relativ leicht zu erkennen und daraufhin zu<br />

üben und zu stabilisieren. Eine kleinere Gruppe –<br />

von vielleicht sechs Bewohnern – bedeutete vielleicht<br />

ein Mehr an Nähe oder an menschlicher<br />

Geborgenheit. Doch auch eine Achter-Gruppe<br />

ermöglicht noch genügend achtsamen Umgang<br />

miteinander und lässt – freilich in einer großzügigen<br />

Wohnung – noch genügend Spielraum sowohl<br />

für persönliche und informelle Kontakte als<br />

auch für die ebenso lebenswichtigen Rückzugsmöglichkeiten.<br />

Die Aktivitäten in der Hausgemeinschaft orientieren<br />

sich am Vorbild eines „normalen Haushalts“.<br />

Die Tätigkeiten, die in einem Haushalt gewöhnlich<br />

und regelhaft anfallen (Essen, Kochen,<br />

Einkaufen, Wäschewaschen, Spülen, Putzen),<br />

strukturieren auf eingängige Weise den Tagesablauf<br />

einer Hausgemeinschaft und damit den ihrer<br />

Bewohnerinnen und Bewohner. Der Alltag erhält<br />

Sinn und Reiz und Struktur. Er wird von den älteren<br />

als Bestandteil des eigenen Lebens akzeptiert<br />

und gesucht. Wie die bisherigen Erfahrungen in<br />

bestehenden Hausgemeinschaften zeigen, sind<br />

zumindest die Chancen für die Bewohner zur<br />

Identifikation mit dem Alltagsleben sehr groß,<br />

zumal die ständig anwesende Bezugsperson eine<br />

ihrer wesentlichen Aufgaben darin sieht, durch<br />

unterstützende Maßnahmen die selbständige<br />

Lebensgestaltung der älteren Menschen – im Sinne<br />

von Hilfe zur Selbsthilfe – in Gang zu halten.<br />

Die angemessene und erforderliche Pflege<br />

wird in den Hausgemeinschaften eher dezent<br />

und aus dem Hintergrund wirkend erbracht. Im<br />

Idealfall soll versucht werden, die notwendigen<br />

Pflegeleistungen als Selbstpflege von den Bewohnern<br />

selbst oder von ihren Angehörigen bzw.<br />

Freunden zu erbringen. In der Regel werden sie<br />

aber über den hauseigenen pflegerischen Dienst<br />

(siehe Abbildung 12) bzw. auch von dem permanenten<br />

Ansprechpartner in Zusammenhang mit<br />

den sonst anfallenden Tagesaktivitäten erbracht.<br />

Dabei orientiert sich der zur Verfügung gestellte<br />

Service und die Anzahl der Pflegefachkräfte an<br />

dem regelhaften Grundbedarf, der in erster Linie<br />

auf den konkreten individuell erforderlichen Pflegebedarf<br />

der einzelnen älteren Menschen zugeschnitten<br />

ist und nicht so sehr auf das gesamte<br />

Spektrum theoretisch möglicher Pflegeanforderungen<br />

(siehe Abbildung 4).


Abbildung 4: Kalkulation der erforderlichen Pflegezeit<br />

pro Tag nach Pflegestufen<br />

Individueller Bedarf an Pflege Pflegestufen nach SGB XI<br />

I II III<br />

Tag<br />

Anzahl der Einsätze<br />

2 2 3<br />

Einsatz in Minuten<br />

15 30 30<br />

Summe der Einsätze in Minuten über Tag<br />

Nacht<br />

30 60 90<br />

Anzahl der Einsätze<br />

1 2 2<br />

Einsatz in Minuten<br />

10 15 20<br />

Summe der Einsätze in Minuten pro Nacht 10 30 40<br />

Pflege gesamt pro Tag in Minuten<br />

40 90 130<br />

Abbildung 6: Kalkulation des benötigten Pflegepersonals<br />

Vollzeitkräfte<br />

Besetzung pro Tag für individuellen Bedarf an Pflege 11,66 Stunden<br />

Bereitstellung an 365 Tagen 11,66 Stunden x 365 4.258 Stunden<br />

: Nettoarbeitszeit einer VZK 1.570 Stunden 2,75 VZK<br />

Personalkalkulation<br />

Ausgehend von der angenommenen<br />

Bewohnerbelegung wird<br />

über die zugeordneten Zeitbedarfe<br />

je Pflegestufe die erforderliche<br />

Pflegezeit ermittelt. Der<br />

angemessene regelhafte Grundbedarf<br />

an Pflege wird in dieser<br />

vereinfachten Leistungseinheiten-Rechnung<br />

– für jede<br />

Pflegestufe gesondert – durch<br />

die benötigte Anzahl der Einsät-<br />

ze sowie Pflegeminuten pro Tag<br />

und Nacht ausgedrückt. Bei der<br />

angenommenen Zusammensetzung<br />

der Muster-Hausgemeinschaft<br />

(2/4/2 Personen in I/II/III)<br />

werden täglich 700 Pflegeminuten<br />

(= 11,66 Stunden)<br />

benötigt, was einem Bedarf von<br />

rund 2,75 Vollzeitäquivalenten<br />

Pflegefachkräfte pro Jahr und<br />

Hausgemeinschaft, um die<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

Abbildung 5: Kalkulation der bereitzustellenden Pflege<br />

Struktur der Muster– HG Belegung 100 % Individ. Bedarf an Pflege<br />

8 BewohnerInnen 8 x 365 Tage = 2.920 Tage<br />

2 Pflegestufe I 2 x 40 Minuten = 80 Minuten<br />

4 Pflegestufe II 4 x 90 Minuten = 360 Minuten<br />

2 Pflegestufe III 2 x 130 Minuten = 260 Minuten<br />

Gesamt Pflege Tag 700 Minuten = 11,66 Stunden<br />

Stunden Jahr 365 x 11.66 = 4.258 Stunden<br />

tatsächlich täglich anfallenden<br />

Pflegeanforderungen an jedem<br />

Kalendertag im Jahr erfüllen zu<br />

können. Durch Einsatz eines präzisen<br />

Pflegezeit- und Personalbemessungsinstruments<br />

– wie<br />

zum Beispiel dem kanadischen<br />

Verfahren PLAISIR ® – kann künftig<br />

ein wesentlich genaueres<br />

Abbild der erforderlichen Pflegezeiten<br />

in einer zur Frage stehen-<br />

den Organisationseinheit erstellt<br />

werden. So sind Personalfehlplanungen<br />

bezogen auf den<br />

aktuellen Einzelfall sicherer zu<br />

vermeiden. Erste positive Ergebnisse<br />

zum Einsatz des PLAISIR ® -<br />

Verfahrens in Deutschland liegen<br />

bereits vor (siehe ProALTER Heft-<br />

Nr. 3/2000).<br />

45


46<br />

Personalfragen und -kalkulation<br />

Personalkalkulation<br />

In Hausgemeinschaften gilt – und ebenso in den<br />

folgenden Überlegungen zur Kalkulation der Personalkosten<br />

–, dass an jedem Tag im Jahr, ohne<br />

reduzierte Einsatzpläne an Wochenenden und<br />

Feiertagen, tagsüber eine permanente Bezugsperson<br />

in der Hausgemeinschaft zur Verfügung<br />

steht. Bei einer achtköpfigen Hausgemeinschaft<br />

sind dem gemäß insgesamt 2.920 Pflegetage (8<br />

mal 365 Tage) zu bewältigen (siehe Abbildung 1).<br />

Im Nachtdienst ist in jeder Hausgemeinschaft,<br />

wie für Heime vorgeschrieben, eine Pflegefachkraft<br />

anwesend.<br />

Allerdings wird eine Fachkraft in der Regel<br />

für mehrere Hausgemeinschaften verantwortlich<br />

sein.Tagsüber braucht in einer Hausgemeinschaft<br />

die Position der permanenten Bezugsperson<br />

nicht mit einer Pflegefachkraft besetzt zu sein, da<br />

jederzeit Pflege angefordert werden kann oder<br />

ohnehin Pflegefachkräfte anwesend sind. Es sind<br />

über Tag in der Regel – zum Beispiel zwischen 8<br />

und 22 Uhr (siehe Abbildung 3) – kompetente<br />

Hauswirtschaftskräfte mit einer persönlichen Eignung<br />

eingesetzt. Sie lassen als Präsenzkräfte –<br />

neben ihren hauswirtschaftlichen Aufgaben und<br />

den von ihnen auszuführenden Betreuungsleistungen<br />

– die sozialpsychologische Betreuung<br />

und „Kontaktpflege“ in den Ablauf der Alltagsaktivitäten<br />

der Hausgemeinschafts-Bewohner<br />

„einfließen“ (siehe „Die geprüfte Fachhauswirtschafterin“<br />

am Kapitelende).<br />

„Permanente „Permanente Bezugsperson“ Bezugsperson“ bezeichnet bezeichnet nicht hier<br />

in erster Linie nicht eine in erster einzige Linie eine feste einzige Person, feste sondern Person, son-<br />

vielmehr eine dern Funktion.<br />

vielmehr eine Funktion.<br />

Mehrere, aber nicht inflationär viele oder häufig<br />

wechselnde Personen (in der vorliegenden<br />

Musterkalkulation sind es sechs einzelne Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter (MA1 bis MA6, siehe<br />

Abbildungen 10 und 11) übernehmen in Früh-,<br />

Mittel- und Spätschicht nach einem bestimmten<br />

Tages- und Wochenzeitraster sukzessive das<br />

„Amt“ der zentralen Bezugsperson (siehe Abbildungen<br />

9, 10 und 11).<br />

Für die weiter gehenden individuell erforderlichen<br />

Pflegeaufgaben innerhalb der Hausgemeinschaft<br />

ist ein hausinterner Pflegedienst zuständig,<br />

der jedoch ähnlich wie ein ambulanter<br />

häuslicher Dienst seine Arbeit in der Hausge-<br />

meinschaft organisiert und verrichtet (Schlagwort:<br />

ambulantes Denken in stationären Strukturen)<br />

(siehe Abbildung 12). Bei Extrem-, Krisenoder<br />

Notfällen, die bei der Kalkulation des angemessenen,<br />

regelhaften Grundbedarfs naturgemäß<br />

keine Berücksichtigung finden können,<br />

muss das System Hausgemeinschaft in der Lage<br />

sein, zusätzliche Leistungen vom Pflegedienst<br />

oder aber auch von externen Anbietern (zum Beispiel<br />

bei Speisenversorgern oder Reinigungsfirmen)<br />

auf schnellen und „intelligenten“ Wegen<br />

hinzu zu schalten. Aber dies ist immer nur zeitlich<br />

begrenzt und exakt auf den akuten Bedarfsfall<br />

abgestimmt. Unter Beachtung einer „normalen“<br />

Pflegebedürftigkeitsstruktur und unter den vorgenannten<br />

Vorgaben kann von ca. 5,5 bis 6 Vollzeitstellen<br />

für eine „durchschnittliche“ Achter-<br />

Hausgemeinschaft ausgegangen werden.<br />

Als Faustformel kann gelten, dass für eine<br />

Hausgemeinschaft mit maximal acht älteren pflegebedürftigen<br />

Menschen in einer bestimmten<br />

zugrunde gelegten Zusammensetzung (Muster-<br />

Hausgemeinschaft siehe Abbildung 1) 3,25 Vollzeitstellen<br />

im hauswirtschaftlichen Bereich und<br />

der allgemeinen Betreuung für die Gewährleistung<br />

der ständigen Mitarbeiterpräsenz von 8 bis<br />

22 Uhr nötig werden (siehe Abbildung 3). Wird<br />

eine geringere Präsenzzeit zugrunde gelegt,<br />

reduzieren sich diese Stellen natürlich entsprechend<br />

(beispielsweise wenn nur eine Besetzungszeit<br />

von 8 bis 21 Uhr (13 Stunden) vorgesehen<br />

werden soll). Aus den Erfahrungszusammenhängen<br />

im In- und Ausland – auch innerhalb der<br />

Psychiatrie und Behindertenhilfe – kann eine Präsenzkraft<br />

selbst bei hohem Hilfebedarf die hauswirtschaftlichen<br />

Aufgaben noch erfüllen, ohne<br />

dadurch so belastet zu werden, dass die betreuerischen<br />

Tätigkeiten in den Hintergrund treten<br />

müssen. (Hauswirtschaft darf also nicht zum<br />

„Eigenläufer und Selbstzweck“ werden.) Hausgemeinschaften<br />

mit mehr als acht Bewohnerinnen<br />

und Bewohnern würden mehr als 3,25 Vollzeitkräfte<br />

für die Präsenzfunktion beanspruchen.<br />

Bei kleineren Gruppen (zum Beispiel bei sechs<br />

Personen) können die veranschlagten 3,25 Stellenäquivalente<br />

nicht weiter reduziert werden, da<br />

sonst keine tägliche 14-stündige Anwesenheit,<br />

wie auch im Berechnungsbeispiel ausgewiesen,<br />

erreichbar wäre.<br />

Hinzu kommen – je nach Pflegebedürftigkeit<br />

der Bewohner variiert dieser Stellenanteil – noch


Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

Abbildung 7: Ermittlung der durchschnittlichen Personalkosten pro Tag<br />

Muster-HG (8 Bewohner/2.920 Pflegetagen)<br />

2,75 Pflegekräfte 1 VZK 75.000,00 DM/Jahr<br />

Gesamt ca. 200.000,00 DM/Jahr Bei der Kalkulation des Personalbedarfs für Pflege wurde zur Verein-<br />

3,25 Präsenzkräfte 1 VZK 60.000,00 DM/Jahr fachung der Rechnung eine 100-prozentige Auslastung der Muster-<br />

Gesamt ca. 190.000,00 DM/Jahr Hausgemeinschaft vorausgesetzt. Einen ersten Anhaltswert für die<br />

Personalkosten insgesamt 390.000,00 DM/Jahr Personalkalkulation geben die durchschnittlichen Personalkosten pro<br />

Personalkosten pro Tag 133,56 DM<br />

Tag und Bewohner der Muster-Hausgemeinschaft, die allerdings noch<br />

nicht nach Pflegestufen (siehe Abbildung 8) differenziert sind. Die<br />

Alternative 1 (8 Bewohner/2.920 Pflegetagen)<br />

Personal-Durchschnittskosten betragen bei der Muster-Hausgemein-<br />

2,00 Pflegekräfte ca. 145.000,00 DM/Jahr schaft täglich etwa 135 DM pro Bewohner (390.000 DM : 8 Personen:<br />

3,25 Präsenzkräfte ca. 190.000,00 DM/Jahr 365 Tage). Die bei der Rechnung eingesetzten durchschnittlichen<br />

Pflegekosten insgesamt 335.000,00 DM/Jahr Personalkosten pro Jahr sind gerundete Werte und können bei den<br />

Personalkosten pro Tag 114,72 DM<br />

jeweils individuell vorzunehmenden Kalkulationen gegebenenfalls<br />

durch präzisere Beträge ersetzt werden (siehe Rubrik für eigene Berech-<br />

Alternative 2 (8 Bewohner/2.920 Pflegetagen)<br />

nungsmöglichkeiten in Abbildung 7 a). Die verwendeten Durchschnitts-<br />

3,00 Pflegekräfte ca. 225.000,00 DM/Jahr Personalkosten liegen eng beim Durchschnittswert der in Altenheim<br />

3,25 Präsenzkräfte ca. 190.000,00 DM/Jahr Heft-Nr. 8/2000, S.12 erhobenen Größen. In den neuen Bundesländern<br />

Pflegekosten insgesamt 415.000,00 DM/Jahr liegen die durchschnittlichen Personalkosten für Pflege- und Hauswirt-<br />

Personalkosten pro Tag 142,12 DM<br />

schaftsfachkräfte jährlich jeweils um grob 12.000 DM niedriger.<br />

Je nach Pflegeaufwand, der sich<br />

nach individueller Zusammen-<br />

Abbildung 7a: Kalkulation der durchschnittlichen Personalkosten pro Tag<br />

bei einer Hausgemeinschaftsgruppe mit acht Personen (Muster-HG)<br />

setzung der Hausgemeinschafts-<br />

Gruppe ändert, variiert auch die<br />

Zahl der einzusetzenden Pflege-<br />

Erforderliche Einsatzzeiten Pflegekräfte Raum für<br />

fachkräfte und damit der betref-<br />

Zusammensetzung der HG Angenommener Plegebedarf eigene Notizen fende Personalkostenanteil pro<br />

Anzahl Muster-HG<br />

Bewohner. Bei zwei Pflegekräf-<br />

Pflegestufe I 2 Personen 40 Min. 80 Min.<br />

ten beträgt der durchschnittliche<br />

Pflegestufe II 4 Personen 90 Min. 360 Min.<br />

Personalkostenanteil pro Kopf<br />

Pflegestufe III 2 Personen 130 Min. 260 Min.<br />

und Tag ca. 115 DM, bei drei<br />

Gesamt täglich erforderliche Pflegezeiten 700 Min.<br />

Kräften rund 142 DM. Die Zahl<br />

: 60 Min. 11,666 Std.<br />

der eingesetzten 3,25 VZK in der<br />

Erforderliche Pflegezeiten im Jahr x 365 Tage 4.258 Std.<br />

Hauswirtschaft bleibt bis zu<br />

Nettoarbeitszeit pro VZK : 1.570 Std.<br />

einer Hausgemeinschafts-Größe<br />

Benötigte Pflegevollzeitstellen 2,75 VZK<br />

von acht älteren Menschen<br />

Bruttopersonalkosten Pflege<br />

ungeachtet des Grades ihrer<br />

Durchschnittl. Jahresgehalt 1 VZK 75.000 DM<br />

Pflegebedürftigkeit gleich, da<br />

x 2,75 206.250,00 DM<br />

nur so eine durchgehende<br />

Personalkosten Pflege pro Jahr gerundet 200.000,00 DM<br />

Präsenz von 8 bis 22 Uhr ermög-<br />

Erforderliche Einsatzzeiten Präsenzkräfte<br />

licht wird.<br />

Besetzung täglich 8 –22 Uhr 14 Std.<br />

Vorhaltung für 365 Kalendertage x 365 5.110 Std.<br />

Nettoarbeitszeit pro VZK : 1.570 Std.<br />

Benötigte Vollzeitstellen für Präsenzkräfte<br />

Bruttopersonalkosten Präsenzkräfte<br />

Durchschnittl. Jahresgehalt 1 VZK 60.000 DM<br />

3,25 VZK<br />

x 3,25 VZK 190.000,00 DM<br />

Bruttopersonalkosten gesamt<br />

8 x 365 = 2.920 Kalendertage<br />

390.000,00 DM<br />

Pflegetage pro Jahr : 2.920<br />

Personalkosten pro Tag je Bewohner 133,56 DM<br />

47


48<br />

Personalfragen und -kalkulation<br />

ca. 2,75 Stellen für Fachpersonal des pflegerischen<br />

Dienstes (siehe Abbildung 6), der sowohl<br />

zeitweise tagsüber als auch durchgehend nachts<br />

in der Hausgemeinschaft bereitzustellen ist.<br />

Der Bereich Mitarbeiterpräsenz einschließlich<br />

Hauswirtschaft und Betreuung sowie der Bereich<br />

Pflege erfordern also insgesamt rund sechs Vollzeitstellen<br />

in einer Achter-Hausgemeinschaft.<br />

Diese Modellrechnung setzt eine Vollbelegung<br />

der Hausgemeinschaft voraus und geht – das sei<br />

hier noch einmal betont – von einer als „durchschnittlich“<br />

angenommenen Verteilung der Pflegestufen<br />

aus (siehe Abbildung 1).<br />

Rechnerisch unberücksichtigt bleibt zudem<br />

Rechnerisch noch die unberücksichtigt Problematik, dass bleibt zur Zeit die in Proble- der Praxis<br />

matik, dass der zur Pflegebedarf Zeit in der insbesondere Praxis der demenziell Pflegebedarf beein-<br />

insbesondere trächtigter demenziell Pflegebedürftiger beeinträchtigter über die Pflegebedürftiger<br />

über dürftigkeits-Feststellung die Pflegebedürftigkeits-Feststellung<br />

nicht ausreichend erfas-<br />

nicht ausreichend st ist. erfasst ist.<br />

Es wird aber davon auszugehen sein, daß es<br />

mittelfristig zu einer sachgerechten Berücksichtigung<br />

des in der Regel sehr hohen Betreuungsbedarfs<br />

dieses Personenkreises kommen wird.<br />

Bei der achtköpfigen Muster-Hausgemeinschaft<br />

wurde angenommen das zwei Personen<br />

nach Pflegestufe I, vier nach Stufe II und zwei weitere<br />

nach III eingestuft sind. Bei einer Veränderung<br />

dieser Verteilung, ergeben sich zwangsläufig<br />

andere Personalanforderungen und andere<br />

durchschnittliche Personalkosten (siehe Abbildung<br />

7). Bei Einsetzung von den entsprechenden<br />

Jahresgehältern (eine Pflege-Vollzeitstelle wird<br />

hier mit 75.000 DM im Jahr veranschlagt, eine<br />

Hauswirtschafts-Vollzeitstelle mit 60.000 DM)<br />

ergeben sich für die benötigten 2,75 Pflegefachkräfte<br />

und 3,25 Präsenzkräfte bei den 2.920 jährlichen<br />

Pflegetagen in der achtköpfigen Hausgemeinschaft<br />

durchschnittlich Personalkosten pro<br />

Tag und Bewohner von etwas unter 135 DM (siehe<br />

Abbildungen 7 und 7a). Diese Personalkosten<br />

bilden einen erstenAnhaltswert. Sie müssen allerdings<br />

noch sachgerecht auf die Personalkosten<br />

für Pflege bzw. für die pflegebedingte Unterkunft<br />

und Verpflegung (U+V) aufgeteilt und nach Pflegeklassen<br />

differenziert werden. Entsprechend<br />

den teils länderspezifischen Rahmenvereinbarungen<br />

und den teils je nach Region unterschiedlichen<br />

Äquivalenzziffern ergeben sich hieraus<br />

auch sehr verschiedene Pflegesätze oder Heimentgelte<br />

(siehe Abbildungen 8, 8 a und 8 b).<br />

Perspektiven<br />

Die Bemessung der in einer Hausgemeinschaft<br />

zur Verfügung gestellten Betreuung und Pflege<br />

basiert auf einem angemessenen regelhaften<br />

Grundbedarf, der sich auf der Grundlage der individuell<br />

für jeden einzelnen Hausgemeinschafts-<br />

Bewohner erforderlichen Pflege ergibt (siehe<br />

Abbildungen 4 und 5). Idealerweise sollte dieser<br />

mit Hilfe eines operationalisierten Verfahrens,<br />

wie beispielsweise PLAISIR ® , festgestellt werden.<br />

Die im Gegensatz dazu in der Modellberechnung<br />

benutzten Pflegestufen sind zur Bemessung des<br />

regelhaften Grundbedarf an Pflege unpräziser, da<br />

diese ja gerade nicht den so wichtigen Bereich der<br />

Kommunikation und der allgemeinen Anleitung<br />

und Aufsicht berücksichtigen und vom Grundsatz<br />

her an der Situation im häuslichen Bereich<br />

orientiert sind. Die dort unterstellte familiäre Hilfe<br />

muss in einer Pflegeeinrichtung aber von Mitarbeitern<br />

erbracht werden, die quasi das familiäre<br />

Netzwerk zu ersetzen haben. Darüber hinaus<br />

kann gerade bei demenziell erkrankten Bewohnern<br />

kein starrer Arbeitsablauf zu Grunde gelegt<br />

werden, da der Hilfebedarf zeitlich häufig<br />

„unvorhersehbar“ entsteht. Insofern wird der<br />

Betreuungs- und Pflegebedarf oft nicht adäquat<br />

„bedient“, mit der Folge, dass vermehrt Verhaltensaufälligkeiten<br />

(Ängste, Unruhe) entstehen,<br />

die wiederum den Pflege-und Betreuungsbedarf<br />

eklatant hochschrauben.<br />

Die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner<br />

werden zum Maß der professionellen<br />

Betreuung und Pflege. Die an der Gesamtheit der<br />

Person orientierte und klientenzentrierte Bezugspersonenpflege<br />

(siehe Aufgabenkatalog der<br />

Pflegefachkraft am Ende dieses Kapitels) löst<br />

somit die herkömmliche Funktionspflege ab.<br />

Funktionspflege bedeutet, dass die einzelnen<br />

Verrichtungen – wie aus dem Bett holen, ins Bad<br />

führen, beim Ankleiden helfen etc. und das<br />

„Rundendrehen auf der Station“ (beim Inkontinenztraining,<br />

auf die Toilette führen, Medikamente<br />

reichen etc.) – nacheinander an den Klienten<br />

„vollgezogen“ werden. Im Stress jedoch werden<br />

sie oft oberflächlich oder teilweise gar nicht<br />

ausgeführt. Dem entgegen wirken Hausgemeinschaften<br />

präventiv „pflegeverhindernd“, das bedeutet,<br />

dass viele kritische Pflegesituationen erst<br />

gar nicht entstehen können, weil unmittelbar<br />

interveniert und reagiert werden kann.


Obwohl die vorangegangene differenzierte<br />

Betrachtung den Eindruck erweckt, dass Pflege<br />

und Betreuung, beziehungsweise Hauswirtschaft<br />

und Pflege nicht miteinander kooperieren, ist es<br />

eher so, dass alle Aktivitäten aufeinander abgestimmt<br />

werden. Wenn es also in den Hausgemeinschaften<br />

– bewohnerbezogen oder auch<br />

vom Arbeitsablauf – sinnvoll erscheint, sind für<br />

die Pflegefachkräfte im Zuge ihrer aktuell zu leistenden<br />

Pflege auch anfallende hauswirtschaftliche<br />

Tätigkeiten nicht tabu. Die permanenten<br />

Bezugspersonen der Bewohnerinnen und Bewohner<br />

sind tagsüber aber die Hauswirtschaftskräfte.<br />

Sie gestalten mit den Bewohnerinnen und<br />

Bewohnern gemeinsam den Tag, organisieren<br />

den Haushalt und erledigen im Rahmen der<br />

Aktivitätenbegleitung den Großteil der anfallenden<br />

hauswirtschaftlichen Aufgaben. Sie übernehmen<br />

daneben auch sozialpflegerische und<br />

auch pflegerische Aufgaben unter Supervision<br />

der Pflegefachkräfte.<br />

Im Klima der Hausgemeinschaft wächst auch<br />

die Zufriedenheit des Personals<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

Beide Berufsgruppen arbeiten in Hausgemeinschaften<br />

aufgrund des ganzheitlichen und<br />

klientenzentrierten Ansatzes eng zusammen. Die<br />

Aufgabenfelder sind in Hausgemeinschaften<br />

zum Teil neu zu sortieren und zu klären.<br />

Klare Stellenbeschreibungen mit präzisen<br />

Anforderungsprofilen sowie Tätigkeitskataloge<br />

mit Aufgabenverteilungen, aber auch mit gewünschten<br />

Aufgabenkombinationen helfen, die<br />

Vorteile des ganzheitlichen Ansatzes für beide<br />

beteiligten Berufsgruppen nutzbar zu machen<br />

(vergleiche hierzu die Aufgabenkataloge am<br />

Kapitelende). Da die Hauswirtschaftskräfte als<br />

zentrale Bezugspersonen intern wie extern<br />

Ansprechpartner für Bewohner, Angehörige,<br />

Pflegedienste etc. sind, tragen sie gemeinsam mit<br />

dem internen Pflegedienst auch die Gesamtverantwortung<br />

für die Qualität der Hausgemeinschaft.<br />

Insofern ist damit für die Hauswirtschaftskräfte<br />

in Hausgemeinschaften eine deutliche<br />

Aufwertung ihres Berufsfeldes verbunden. Wenn<br />

der hauswirtschaftliche Bereich in den Hausgemeinschaften<br />

– wie oben beschrieben – gut<br />

funktioniert und auch allgemeine pflegerische<br />

und betreuerische Aufgaben übernimmt, können<br />

sich die Pflegefachkräfte durch diese Entlastung<br />

stärker auf die pflegerischen Aktivitäten und<br />

deren Prozesssteuerung konzentrieren. Diese<br />

Schwerpunktsetzung auf Diagnostik (Pflegebedarfserhebung),<br />

Planung und Durchführung der<br />

notwendigen Maßnahmen sowie Anleitung und<br />

Überwachung (Supervision) und Qualitätsüberwachung<br />

(Evaluation) – das sind die Sektoren dieser<br />

Steuerung (siehe Aufgabenkatalog am Kapitelende)<br />

– kommt wiederum dem gesamten<br />

Hausgemeinschafts-Team, insbesondere dann<br />

den Bewohnerinnen und Bewohnern, zugute.<br />

Die oben vorgestellte Musterkalkulation berücksichtigt<br />

den Einsatz ausschließlich von voll<br />

ausgebildeten Fachkräften der Pflege und Hauswirtschaft<br />

(siehe Abbildungen 7 und 7a). Sie<br />

gelangt dennoch hinsichtlich der Pflegesätze in<br />

Hausgemeinschaften zu moderaten Ergebnissen.<br />

Die Hausgemeinschafts-Kalkulation könnte also<br />

ganz ohne Einbeziehung von sogenannten Pflegehilfskräften<br />

funktionieren. So erreichen die<br />

Hausgemeinschaften durch die weiter oben beschriebene<br />

Umverteilung der Ressourcen von<br />

Zentral nach Dezentral und durch die Verlagerung<br />

des Einsatzes von Fachkräften in die Nähe<br />

der Bewohner eine deutliche Steigerung der<br />

Fachlichkeit und Qualität.<br />

49


50<br />

Personalfragen und -kalkulation<br />

Abbildung 8: Kalkulation der Pflegeklassen nach Monatspauschalen<br />

2920 Pflegetage Monatliche Pflegekassenpauschale In Äquivalenzziffern (ÄZ)<br />

Pflegestufe I 2.000,00 DM 1,00<br />

Pflegestufe II 2.500,00 DM 1,25<br />

Pflegestufe III 2.800,00 DM 1,40<br />

190.000 DM Jahresgehalt Präsenzkräfte 200.000 DM Jahresgehalt Pflegekräfte<br />

95.000 DM Sockelbetrag für Personalkosten U+V 95.000 DM : 2920 = 32,53 DM<br />

95.000 DM + 200.000 DM = 295.000 DM Jahresgehälter (Hälfte von 3,25 VZK Präsenz plus 2,75 VZK Pflege)<br />

In Pflegestufe I 730 Pflegetage (da 2 Personen) x 1,00 (ÄZ) = 730 wertgleiche Pflegetage<br />

In Pflegestufe II 1.460 Pflegetage (da 4 Personen) x 1,25 (ÄZ) = 1.825 wertgleiche Pflegetage<br />

In Pflegestufe III 730 Pflegetage (da 2 Personen) x 1,40 (ÄZ) = 1.022 wertgleiche Pflegetage<br />

Summe 3.577 wertgleiche Pflegetage<br />

Wertgleiche Pflegetage 3.577<br />

295.000 DM : 3.577 = 82,47 DM „wertgleicher Pflegesatz“<br />

Pflegestufe I 82,47 DM x 1,00 + 32,53 DM = 115,00 DM<br />

Pflegestufe II 82,47 DM x 1,25 + 32,53 DM = 135,69 DM<br />

Pflegestufe III 82,47 DM x 1,40 + 32,53 DM = 147,99 DM<br />

Abbildung 8a: Kalkulation der Pflegeklassen nach bereitzustellender Pflegezeit<br />

Bereitzustellende Pflegezeit für In ÄZ ausgedrückt Wertgleiche Pflegetage<br />

Pflegestufe I 40 Minuten 1,00 730 x 1,00 = 730,0<br />

Pflegestufe II 90 Minuten 2,25 1.460 x 2,25 = 3.285,0<br />

Pflegestufe III 130 Minuten 3,25 730 x 3,25 = 2.372,5<br />

Summe 6.387,5<br />

295.000 DM : 6.387,5 = 46,18 DM „wertgleicher Pflegesatz“ Gesamt Pflegesatz<br />

Pflegestufe I 46,18 DM x 1,00 + 32,53 DM = 78,71 DM<br />

Pflegestufe II 46,18 DM x 2,25 + 32,53 DM = 136,44 DM<br />

Pflegestufe III 46,18 DM x 3,25 + 32,53 DM = 171,08 DM<br />

Art, Höhe und Laufzeit der<br />

Pflegesätze werden zwischen<br />

Pflegeheimträger und der zuständigen<br />

Pflegekasse vereinbart<br />

(SGB XI § 85). Die Pflegesätze<br />

differenzieren sich nach<br />

den Pflegestufen I, II und III. Sie<br />

können über den Umweg von<br />

Äquivalenzziffern (ÄZ) gebildet<br />

werden. ÄZ sind Faktoren, die<br />

die Pflegestufen II und III bezogen<br />

auf die Pflegestufe I<br />

(der Bezugszahl 1 zugeordnet)<br />

anders gewichten. ÄZ können<br />

an verschiedenen Bewertungskriterien<br />

der Pflegestufen<br />

ansetzen, zum Beispiel an den<br />

monatlichen Pflegepauschalen:<br />

2.000/2.500/2.800 DM;<br />

oder an den benötigten<br />

Pflegeminuten pro Tag:<br />

40/90/130 Minuten<br />

(siehe Abbildung 8 a).


Abbildung 8b: Kalkulation der Pflegeklassen<br />

nach den Äquivalenzziffern in Hessen<br />

ÄZ in Hessen Wertgleiche Pflegetage<br />

Pflegestufe I 1,00 730 x 1,00 = 730<br />

Pflegestufe II 1,40 1.460 x 1,40 = 2.044<br />

Pflegestufe III 1,80 730 x 1,80 = 1.314<br />

Summe 4.088<br />

295.000 DM : 4.088 = 72,16 DM „wertgleicher Pflegesatz“ Gesamt Pflegesatz<br />

Pflegestufe I 72,16 DM x 1,00 + 32,53 DM = 104,69 DM<br />

Pflegestufe II 72,16 DM x 1,40 + 32,53 DM = 133,55 DM<br />

Pflegestufe III 72,16 DM x 1,80 + 32,53 DM = 162,42 DM<br />

Personalkalkulation<br />

Zu Abbildung 8: Die von dem<br />

Leistungsträger je Pflegestufe<br />

gezahlten Monatspauschalen<br />

für Pflegestufe I, II und III von<br />

2.000 DM, 2.500 DM bzw.<br />

2.800 DM sind bezogen auf 1<br />

rein rechnerisch gestaffelt im<br />

Verhältnis 1/1,25/1,4. Das sind<br />

die Äquivalenzziffern, mit der<br />

die in der Muster-Hausgemeinschaft<br />

pro Pflegestufe im Jahr<br />

benötigten Pflegetage multipliziert<br />

und auf die Jahresgehälter<br />

umgelegt werden. Wenn<br />

die Krankenkasse einen festen<br />

Sockelbetrag von 50% Personalkosten<br />

für den Bereich Unterkunft<br />

und Verpflegung (U + V)<br />

als Fixbetrag für jede Pflegestufe<br />

bezahlt, heißt das für die Refinanzierung<br />

der Personalkosten<br />

in der MusterHausgemeinschaft:<br />

95.000 DM von den insgesamt<br />

190.000 DM im Jahr für 3,25 Präsenzkräfte<br />

werden auf die insgesamt<br />

2.920 Pflegetage zu<br />

gleichen Teilen umgelegt: das<br />

sind umgerechnet 32,53 DM, die<br />

ungeachtet der Pflegestufe pro<br />

Tag und pflegebedürftigem<br />

Bewohner als Fixbetrag von den<br />

Kassen übernommen werden.<br />

Bei der Muster-Hausgemeinschaft<br />

sind im Jahr für Pflegestufe<br />

I (2 Personen) 2 x 365 = 730<br />

Pflegetage zu bewältigen, für<br />

Stufe II (4 Personen) 4 x 365, also<br />

1.460 und für III (2 Personen)<br />

2 x 365 = 730 Pflegetage.<br />

Die mit dem Sockelbetrag von<br />

32,53 DM noch nicht abgedeckten<br />

295.000 DM Jahresgehälter<br />

(das sind die 95.000 DM noch<br />

nicht berücksichtigte Jahresgehälter<br />

der Präsenzkräfte plus<br />

200.000 DM für die 2,75 VZK<br />

Pflege) werden nun auf die einzelnen<br />

Pflegestufen in der<br />

Muster-Hausgemeinschaft nach<br />

einem bestimmten Schlüssel (ÄZ)<br />

verteilt, der die Unterschiede in<br />

den Pflegestufen abzubilden<br />

sucht: Die pro Pflegestufe<br />

benötigten Pflegetage in der<br />

Muster-Hausgemeinschaft summieren<br />

sich mit dem jeweiligen<br />

Faktor der Äquivalenzziffern<br />

hochgerechnet auf insgesamt<br />

3.577 sogenannte „wertgleiche<br />

Pflegetage“: 730 x 1 = 730<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

(in Stufe I), 1.460 x 1,25 = 1.825<br />

(in Stufe II) und 730 x 1,4 = 1.022<br />

(in Stufe III). Die Zahl der wertgleichen<br />

Pflegetage 3.577 ist der<br />

Divisor für die noch auf die<br />

Pflegestufen zu verteilenden<br />

295.000 DM (295.000 DM : 3.577<br />

= 82,47 DM pro wertgleichen<br />

Pflegetag). Für Pflegestufe I entsteht<br />

so ein Pflegesatz 82,47 DM<br />

x 1 + 32,53 DM = 115,00 DM.<br />

Als Pflegesatz II ergibt sich ein<br />

Betrag von 82,47 DM x 1,25 +<br />

32,53 DM = 135,62 DM und als<br />

Pflegesatz III ein Betrag von<br />

82,47 DM x 1,4 + 32,53 DM =<br />

147,99 DM.<br />

Zu Abbildung 8a: Die in der<br />

Muster-Hausgemeinschaft täglich<br />

bereitzustellende Pflegezeit<br />

ist ein genauerer Maßstab zur<br />

Bemessung der einzelnen Pflegestufen<br />

als die Monatspauschalen<br />

(siehe Abbildung 8). Die<br />

40/90/130 Minuten Pflegezeit bei<br />

Pflegesatz I/II/III (siehe Abbildung<br />

4) ergeben Äquivalenzziffern<br />

von 1/2,25/3,25. Dies führt<br />

zu einem Divisor von 6.387,5<br />

wertgleichen Pflegetagen, die<br />

sich in Pflegestufe I auf einen<br />

Pflegesatz von 78,71 DM, in Pflegestufe<br />

II auf 136,44 DM und in<br />

Pflegestufe III auf 171,08 DM<br />

weiterrechnen lassen. Die Pflegesätze<br />

nach dem zweiten Weg<br />

legen den Schluss nahe, dass auf<br />

dem ersten Weg Kosten von<br />

Pflegestufe III nach Pflegesatz I<br />

verschoben werden. Oder<br />

anders ausgedrückt: Pflegesatz I<br />

ist in der ersten Rechnungsvariante<br />

vergütungsmäßig überbewertet,<br />

Pflegesatz III hingegen<br />

unterbewertet.<br />

Zu Abbildung 8b: Die jeweiligen<br />

regionalspezifischen Äquivalenzziffern<br />

beeinflussen im konkreten<br />

Berechnungsfall die Pflegesätze.<br />

Für die Muster-Hausgemeinschaft<br />

ergeben sich auf der<br />

Basis von hessischen Äquivalenzziffern<br />

1/1,4/1,8 als Divisor<br />

4.088 wertgleiche Pflegetage,<br />

die sich auf 104,69 DM für<br />

Pflegesatz I, auf 133,55 DM für<br />

Pflegesatz II und auf 162,42 DM<br />

für Pflegesatz III durchrechnen<br />

lassen.<br />

51


52<br />

Personalfragen und -kalkulation<br />

Bei eher nüchterner betriebswirtschaftlicher<br />

Betrachtung zeigt sich eine Hausgemeinschaft als<br />

Umsetzung einer „sehr schlanken Produktionskette“<br />

der individuell benötigten Dienstleistungen.<br />

Unter strikter Beachtung der Bedürfnisse der<br />

Bewohner und der Wünsche von Angehörigen<br />

konzentrieren sich alle Leistungen darauf, eine<br />

hohe Zufriedenheit bei den Bewohnerinnen und<br />

Bewohnern zu erzielen. Diese Konzentration auf<br />

den eigentlichen Wertschöpfungsprozess bedeutet,<br />

dass alle Leistungen, die aus Kundensicht und<br />

aus dem fachlichen Blickwinkel nicht erforderlich<br />

sind, auch nicht angeboten werden. Jeder unnötige<br />

Aufwand bei der Bereitstellung bzw. Vorhaltung<br />

der Dienstleitungen wird vermieden, und<br />

die erforderlichen Prozesse werden effektiv und<br />

effizient gestaltet. Ressourcen werden konsequent<br />

genutzt bzw. neu erschlossen (zum Beispiel<br />

auch durch Einbezug der Angehörigen und Kultivierung<br />

der Selbstpflegepotentiale von pflegebedürftigen<br />

älteren Menschen).<br />

Durch den größtenteils autonomen Betrieb<br />

jeder einzelnen Hausgemeinschaft wird der zentrale<br />

Verwaltungsaufwand in den Hausgemeinschaften<br />

auf ein Minimum reduziert. Auch wird<br />

kein zentraler Hausmeister benötigt, der in traditionellen<br />

Einrichtungen überdimensionierte Heizungsanlagen<br />

und Gartenflächen und dergleichen<br />

zu warten und instand zu setzen hat. Kleine<br />

Reparaturen werden von den Präsenzkräften,<br />

den Angehörigen oder von Firmen vor Ort ausge-<br />

Hauswirtschafterin mit hoher<br />

sozialer Kompetenz<br />

führt, wie in einem normalen Haushalt eben<br />

auch. Dies schafft Normalität und reduziert<br />

Kosten.<br />

Zur Sicherung der dennoch bei Hausgemeinschaften<br />

übergreifend anfallenden Managementaufgaben<br />

(zum Beispiel Verwaltungsaufgaben,<br />

Abrechnungswesen, Personalführung) liegt es<br />

nahe, Hausgemeinschaften in einem Verbund<br />

von – mindestens drei – Hausgemeinschafts-Einheiten<br />

und/oder in einer Kombination mit Dienstleistungszentren,<br />

ambulanten Diensten, Betreuten<br />

Wohnanlagen oder auch mit herkömmlichen<br />

Pflegeheimen zu betreiben. Der Hausgemeinschafts-Verbund<br />

bietet auch eine bessere betriebswirtschaftliche<br />

Basis, um den Nachtdienst<br />

solide finanzieren zu können.<br />

Gerade auch größere Träger können durch<br />

Einbindung des Bausteins Hausgemeinschaften<br />

in ihr Gesamtkonzept eine zusätzliche Profilierung<br />

und damit eine Qualitätsentwicklung ihrer<br />

vorhandenen Angebote erreichen. Hausgemeinschaften<br />

eröffnen so zudem die Chance, Knowhow<br />

für künftige Modernisierungsinitiativen zu<br />

sammeln. Oder sie werden zumindest zu einem<br />

wichtigen Element in der Marketingstrategie<br />

eines Trägers. Doch auch kleinere Träger erhöhen<br />

ihre Chancen „am Markt“ durch den Bau von<br />

Hausgemeinschaften in dem oben beschriebenen<br />

Sinn.<br />

Die Umsetzung des Hausgemeinschafts-Konzeptes<br />

ist unter Berücksichtigung anspruchsvoller<br />

Pflegequalität nicht teurer als eine qualitativ vergleichbare<br />

stationäre Einrichtung der vorangegangenen<br />

Generation. Das hiermit verbundene<br />

familienähnliche Wohnkonzept, das die Ergebnisqualität<br />

seiner Arbeit aus Sicht der Bewohner<br />

und ihrer Angehörigen in den Mittelpunkt rückt,<br />

kann so einen wichtigen Beitrag leisten zum<br />

Abbau der strukturellen Gewalt, die an vielen<br />

Orten Deutschlands in Altenpflegeheimen beklagt<br />

wird. Das Konzept der Hausgemeinschaften<br />

bietet auch unter Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher<br />

Gesichtspunkte älteren Menschen<br />

mit hochgradigem Hilfebedarf ein würdevolles<br />

Wohnen und Leben. In diesem Sinne sind Hausgemeinschaften<br />

in der Lage, die Lebensqualität<br />

gerade auch für die Gruppe der demenzerkrankten<br />

älteren Menschen entscheidend und nachhaltig<br />

zu verbessern.


Abbildung 9: Ausgangsdaten für die Personalorganisation<br />

Präsenzmitarbeiter<br />

Verfügbare Vollzeitstellen 3,25 Arbeitszeit einer VZK 38,5 Stunden pro Woche<br />

Brutto Stunden pro Woche 125,13 : 7<br />

Plansoll pro Wochentag 17,88 Soll Differenz pro Tag 0,38 Std.<br />

Planziel pro Wochentag 17,50 Ist Differenz im Jahr 138,70 Std. im Jahr (Reserve)<br />

Besetzungszeit 8.00 – 22.00 Uhr Stunden/Tag Stunden Stunden<br />

darin Pause<br />

Frühdienst 8.00 – 15.30 Uhr 7,5 0,5 7,0<br />

Spätdienst 14.30 – 22.00 Uhr 7,5 0,5 7,0<br />

Mitteldienst 10.00 – 13.30 Uhr 3,5 3,5<br />

Planziel pro Tag Gesamt 17,5<br />

Personalkalkulation<br />

Von 3,25 verfügbaren Vollzeitstellen<br />

für Präsenzkräfte (VZK)<br />

müssen bei einer 38,5-Stundenwoche<br />

insgesamt 125,13 Stunden<br />

wöchentliche Bruttoarbeitszeit<br />

erbracht werden. Das<br />

Plansoll pro Tag beträgt also<br />

rund 17,88 Stunden (125,13 : 7).<br />

Wenn in der Zeit von 8 bis 22 Uhr<br />

in der Hausgemeinschaft im<br />

Frühdienst 7 Stunden, im Mitteldienst<br />

3,5 und im Spätdienst<br />

wiederum 7 Stunden gearbeitet<br />

wird, so erreichen die drei<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

Schichten ein Planziel von insgesamt<br />

17,5 Stunden. Es entsteht<br />

eine Differenz von 0,38 Stunden<br />

pro Tag, die faktisch weniger<br />

gearbeitet werden, als das Soll<br />

eigentlich verlangt. Auf das Jahr<br />

hin kann der Arbeitgeber also<br />

Abbildung 10: Wochenarbeitszeiten über 2 Wochen<br />

und Stellenanteile bei einer 5,5 Tage-Woche<br />

Mitarbeiter 1. Woche 2. Woche Gesamt Std.Durchschnitt je Woche Anteile an VZ-Stelle<br />

MA 1 35,0 42,0 77,0 38,5 100 %<br />

MA 2 42,0 35,0 77,0 38,5 100 %<br />

MA 3 14,0 7,0 21,0 10,5 27 %<br />

MA 4 17,5 31,5 49,0 24,5 64 %<br />

MA 5 3,5 7,0 10,5 5,3 14 %<br />

MA 6 10,5 0,0 10,5 5,3 14 %<br />

Stellen 122,5 122,5 245,0 318 % ≈ 3,25 VZK<br />

zusätzlich zu den geleisteten<br />

Arbeitsstunden einen Bonus von<br />

138,7 Reservestunden gegenüber<br />

den Präsenzkräften geltend<br />

machen.<br />

53


54<br />

Personalfragen und -kalkulation<br />

Abbildung 11: Verteilung der VZK auf 6 Mitarbeiter (MA 1– MA 6)<br />

Bereitstellungszeit in Stunden<br />

pro Tag von 8.00 –22.00 Uhr<br />

20,0<br />

17,5<br />

15,0<br />

10,0<br />

5,0<br />

0,0<br />

Die Abbildungen 11 und 12<br />

zeigen mögliche Besetzungen<br />

der Präsenz- und Pflegekräfte<br />

auf Wochen und auf den Tag<br />

bezogen. Auf jede Vollzeitstelle<br />

kommen in der Muster-Hausgemeinschaft<br />

1,33 Bewohner, auf<br />

jede Pflegefachkraft 2,90 und<br />

auf jede Präsenzkraft 2,46<br />

Bewohner. Die 3,25 Präsenzstellen<br />

teilen sich im dargestellten<br />

Fall 6 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

(MA 1 bis MA 6). Für<br />

die weitergehende individuelle<br />

erforderliche Pflege wird hausinternes<br />

Pflegepersonal hinzugeschaltet.<br />

Es zeigt sich, dass<br />

bei der zugrunde gelegten<br />

Kalkulation tagsüber bis auf<br />

wenige Ausnahmen immer zwei<br />

Kräfte in der Hausgemeinschaft<br />

anwesend sind.<br />

Dienstplan 14 Tage, 5,5 Tage-Woche (nur Präsenzkräfte)<br />

Montag<br />

Dienstag<br />

Mittwoch<br />

Donnerstag<br />

Freitag<br />

Samstag<br />

Sonntag<br />

Montag<br />

Dienstag<br />

Mittwoch<br />

Donnerstag<br />

Freitag<br />

Samstag<br />

Sonntag<br />

MA 1<br />

MA 2<br />

MA 3<br />

MA 4<br />

MA 5<br />

MA 6<br />

Abbildung 12: Exemplarische HG-Besetzung von 7.00 – 23.00 Uhr<br />

Anteile in Vollzeitstellen<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

0,0<br />

7.00 Uhr<br />

8.00 Uhr<br />

9.00 Uhr<br />

10.00 Uhr<br />

11.00 Uhr<br />

12.00 Uhr<br />

13.00 Uhr<br />

14.00 Uhr<br />

15.00 Uhr<br />

16.00 Uhr<br />

17.00 Uhr<br />

18.00 Uhr<br />

19.00 Uhr<br />

20.00 Uhr<br />

21.00 Uhr<br />

22.00 Uhr<br />

23.00 Uhr<br />

Die Tätigkeitskataloge auf den<br />

folgenden Seiten sind nicht<br />

speziell für Hausgemeinschaften<br />

entwickelt, beinhalten<br />

jedoch viele Komponenten,<br />

die auch für das Profil des<br />

Hausgemeinschafts-Personals<br />

maßgeblich sind.<br />

MA 1<br />

MA 2<br />

MA 3<br />

Pflege Tag


1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

Die Fachpflege-Bezugsperson<br />

Aufgaben der Stelleninhaberin/des Stelleninhabers<br />

Die Fachpflege-Bezugsperson ist verantwortlich für<br />

die Steuerung des Pflegeprozesses für die ihr anvertrauten<br />

Klient(inn)en. Zu der fachlichen und eigenverantwortlichen<br />

Steuerung des Pflegeprozesses<br />

gehört unter Beachtung des Gebotes der Wirtschaftlichkeit<br />

(vgl. SGB XI § 79):<br />

Pflegediagnostik (= Festlegung des konkreten Bedarfs<br />

der Klient(inn)en an pflegerischer Leistung in<br />

Zusammenarbeit mit dem Klienten/der Klientin und<br />

seinen/ihren Angehörigen und Freunden)<br />

Planung (= Festlegung der personellen und pflegerischen<br />

Maßnahmen in Zusammenarbeit mit dem<br />

Klienten/der Klientin und seinen/ihren Angehörigen<br />

und Freunden)<br />

Durchführung der Pflege entsprechend der Planung<br />

in Zusammenarbeit mit dem Klienten/der Klientin<br />

und seinen/ihren Angehörigen und Freunden<br />

Pflegesupervision (= wertschätzende und motivierende<br />

Beratung, Anleitung, Aufsicht der Personen,<br />

die nach dem Pflegeplan an der Pflege der<br />

Klient(inn)en beteiligt sind)<br />

Evaluation der Pflege (= Sicherung und Kontrolle der<br />

Qualität der Pflege, Überprüfung und Bewertung der<br />

für die einzelnen Klient(inn)en insgesamt erbrachten<br />

Pflegeleistungen in Zusammenarbeit mit den<br />

Klient(inn)en und deren Angehörigen und Freunden)<br />

Die Fachliche und eigenverantwortliche Steuerung<br />

des Pflegeprozesses vollzieht sich in den Aktivitäten<br />

und existentiellen Erfahrungen des Lebens der<br />

Klient(inn)en (AEDL):<br />

■ Sich pflegen können (lt. SGB XI Körperpflege)<br />

■ Ausscheiden können (lt. SGB XI Darm- und Blasenentleerung)<br />

■ Essen und trinken können (lt. SGB XI Ernährung)<br />

■ Sich bewegen können (lt. SGB XI Mobilität)<br />

■ Ruhen, schlafen, sich entspannen können (teilweise<br />

lt. SGB XI Mobilität)<br />

■ Sich kleiden können (lt. SGB XI Mobilität)<br />

■ Für eine sichere und fördernde Umgebung sorgen<br />

können (teilweise lt. SGB XI Mitarbeit bei der hauswirtschaftlichen<br />

Versorgung)<br />

■ Kommunizieren können<br />

■ Vitale Funktionen des Lebens aufrechterhalten<br />

können<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

■ Sich beschäftigen, lernen und sich entwickeln<br />

können<br />

■ Sich als Frau oder Mann fühlen und verhalten können<br />

■ Soziale Bereiche des Lebens sichern und gestalten<br />

können<br />

■ Mit exisentiellen Erfahrungen des Lebens umgeben<br />

können<br />

■ Sterbebegleitung<br />

Innerhalb der Aktivitäten und existentiellen Erfahrungen<br />

geht es um folgende Dienstleistungen:<br />

Schaffung förderlicher Rahmenbedingungen<br />

Hier geht es um Fragen der Wohnungsanpassung,<br />

Zimmergestaltung in Hausgemeinschaften, Kurzzeitpflege<br />

und stationäre Einrichtungen, Schaffung<br />

einer förderlichen Atmosphäre (Freundlichkeit, Taktgefühlt<br />

usw.).<br />

Potentialerkennung Hier geht es um Kenntnisse und<br />

Beobachtungen, die dazu beitragen können, den<br />

Klienten/die Klientin besser kennenzulernen.<br />

Prävention und Prophylaxe Hier geht es um die<br />

Sicherheit in der Wohnung/in den Zimmern, ebenso<br />

um die Sicherheit von Geräten und Hilfsmitteln, die<br />

Gestaltung der Umgebung sowie prophylaktische<br />

Maßnahmen für die Klient(inn)en mit speziellen Einschränkungen<br />

und Risiken (Dekubitusprophylaxe,<br />

Pneumonieprophylaxe, Sturzgefährdung usw.).<br />

Information und Beratung Hier geht es um die Ausgestaltung<br />

von Beratungsleistungen, zum Beispiel<br />

die Anleitung der Angehörigen und Freunde des<br />

Klienten/der Klientin, Beratung zu Selbsthilfegruppen,<br />

zu anderen Pflegemethoden usw.<br />

Hilfestellungen Hier geht es um die Ausgestaltung<br />

von selbstständig fördernden Hilfestellungen, die in<br />

abgestufter Form als Anleitung, Unterstützung, Beaufsichtigung<br />

und teilweise oder vollständige Übernahme<br />

angeboten werden.<br />

Mitarbeit bei indirekten Pflegeleistungen<br />

¬ Mitarbeit am Konzept<br />

¬ Mitarbeit an Qualitätsentwicklungsmaßnahmen<br />

¬ Mitarbeit an Personalentwicklungsmaßnahmen<br />

¬ Praxisanleitung von Auszubildenden<br />

¬ Einarbeitung neuer Mitarbeiter(innen)<br />

¬ Beteiligung an innerbetrieblicher und außerbetrieblicher<br />

Fort- und Weiterbildung<br />

¬ Mitarbeit bei ärztlicher Therapie und Diagnostik<br />

(die sogenannte Behandlungspflege)<br />

Aus: Organisation und Stellenbeschreibungen in der<br />

Altenpflege, Hrsg. KDA, Forum Nr. 36, Köln 2000<br />

55


56<br />

Personalfragen und -kalkulation<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

Die geprüfte Fachhauswirtschafterin/<br />

der geprüfte Fachhauswirtschafter<br />

Die Fachhauswirtschafterin ist eine kompetente Fachkraft, die eigenverantwortlich im<br />

Bereich zwischen privat-familiärer Pflege und Alten- und Krankenpflege die Voraussetzungen<br />

für das Verbleiben im häuslichen Milieu schafft. Dabei sind sowohl präventive als<br />

auch komplementäre Aufgaben der häuslichen Kranken- und Altenpflege wahrzunehmen.<br />

Ihr Einsatz findet in Haushalten statt, in denen Betreuungsbedürftige, insbesondere ältere<br />

Menschen, bei der Erhaltung und Aktivierung einer eigenständigen Lebensführung,<br />

das heißt bei personenbezogenen Alltagsverrichtungen und der Haushaltsführung Hilfe<br />

benötigen.<br />

Die Tätigkeit der Fachhauswirtschafterin stellt über hauswirtschaftliche Kenntnisse und<br />

Fertigkeiten hinaus, hohe Anforderungen in psychosozialer, sozialpflegerischer und zum<br />

Teil auch pädagogischer Hinsicht. Sie muss in der Lage sein, allgemein erworbene Kenntnisse<br />

und Fertigkeiten auf oben genannten Gebieten auf die individuellen Gewohnheiten<br />

und Bedürfnisse der jeweiligen zu betreuenden Personen zu übertragen und dabei aktivierend<br />

und mobilisierend auf sie einzuwirken.<br />

Für die Fachhauswirtschafterin stehen vor allem personenbezogene neben sachbezogenen<br />

Tätigkeiten im Mittelpunkt ihrer Profession.<br />

Aufgrund der besonderen Arbeitsbedingungen und der Anforderungen an selbständiges<br />

Arbeiten werden im hohen Maße personale, fachliche und kooperative Kompetenzen bei<br />

den Fachhauswirtschafterinnen gefordert und gefördert werden müssen.<br />

Hierzu zählen unter anderem Fähigkeiten, eigenverantwortlich zu handeln, ein professionelles<br />

Selbstverständnis zu entwickeln und vor allem eigene Kompetenzen und Grenzen<br />

zu erkennen.<br />

Die Fachhauswirtschafterin ist eine Fachkraft, die entsprechend ihrer Fähigkeit und Eignung<br />

gleichrangig zu den übrigen in den ambulanten und stationären Diensten tätigen<br />

Pflegefachberufen einzusetzen ist.<br />

Dabei soll und kann die Fachhauswirtschafterin keine Pflegeaufgaben übernehmen, ihre<br />

Aufgabe ist es, Unterstützungsbedarfe, insbesondere für ältere Menschen sicherzustellen.<br />

Pflege in Hausgemeinschaften ist bedarfsgerecht, sicher, fachlich qualifiziert und dem<br />

neuesten Stand der Künste entsprechend. Damit genügt sie den Grundsätzen und Maßstäben<br />

für Qualität und Qualitätssicherung, die das Pflege-Versicherungsgesetz in § 80<br />

SGB XI. fordert. „Die personelle Ausstattung der Pflegeeinrichtungen muss unbeschadet<br />

aufsichtsrechtlicher Regelungen eine bedarfsgerechte, gleichmäßige sowie fachlich qualifizierte,<br />

dem allgemein anerkannten Stand der medizinisch-pflegerischen Erkenntnisse<br />

entsprechenden Pflege der Pflegebedürftigen auf der Grundlage der Qualitätsvereinbarung<br />

nach § 80 SGB XI gewährleisten.“ (Siehe § 21 Abs.1 der Bundesempfehlungen zur vollstationären<br />

Pflege nach § 75 SGB XI.)<br />

Auch die im Berufsbildungsgesetz<br />

verankerte Berufsgruppe<br />

der geprüften Fachhauswirtschafterin<br />

bzw. des geprüften<br />

Fachhauswirtschafters mit<br />

hoher sozialer Kompetenz ist<br />

in besonderer Weise für die<br />

Position der permanenten<br />

Bezugsperson in einer Hausgemeinschaft<br />

geeignet<br />

(Zusammenfassung 1. bis 6. aus:<br />

„Fachhauswirtschafterin/Fachhauswirtschafter:Lehrgangsempfehlungen…“,Bundesinstitut<br />

für Berufsbildung,<br />

Bonn. Erschienen in Bielefeld:<br />

Bertelsmann 1997, Materialien<br />

zur beruflichen Bildung: H 97.<br />

Vergleiche hierzu auch das<br />

Berufsbildungsgesetz.)


Projektbeispiele<br />

Seniorenzentrum „Caroline Bertheau“ Berlin<br />

Seniorenwohnparkt Dießen am Ammersee<br />

BRK-Altenheim Altötting<br />

Kapitel 3


58<br />

Projektbeispiele<br />

Das Seniorenzentrum<br />

„Caroline Bertheau“ in Berlin-Spandau<br />

Kurzprofil:<br />

Neubau des Seniorenzentrums „Caroline Bertheau“ im Evangelischen Johannesstift, Berlin<br />

Acht Hausgemeinschaften à acht Bewohnerinnen und Bewohner, 24 Betreute Wohnungen,<br />

20 Kurzzeitpflegeplätze, Gemeinschaftseinrichtungen für Begegnungen und kulturelle<br />

Veranstaltungen, Cafeteria, Verwaltung, Diakoniestation, Friseur und Lebensmittelmarkt.<br />

NGF pro Hausgemeinschaftsbewohner 52,08 qm<br />

Architekten: Büro Dr. Brunzema + Bunge + Otte, Bielefeld.<br />

Der viergeschossige Neubau befindet sich in<br />

Spandau im Nordwesten Berlins, nahe des<br />

Spandauer Forstes und der großzügig angelegten<br />

Parklandschaft des Johannesstiftes. Das Evangelische<br />

Johannesstift gehört zu den größten diakonischen<br />

Einrichtungen in Berlin und Brandenburg.<br />

Die 1910 errichtete Anlage steht unter<br />

Denkmalschutz. Das Seniorenzentrum steht unmittelbar<br />

vor Baubeginn auf dem Stiftsgelände<br />

im Bereich der Betriebe zwischen Wasserwerk,<br />

Wäscherei/Hallenbad, Simonshof, alter Bäckerei,<br />

dem geplanten Betriebshof und der Kleinbahn.<br />

Im Norden wird das Gelände von einer stiftsinternen<br />

Straße erschlossen. Das Gebäude von<br />

„Caroline Bertheau“ mit seinem nordwestlich<br />

gelegenen Haupteingangsbereich ist barrierefrei<br />

nach DIN 18025 Teil 2 sowie teilweise nach Teil 1<br />

(rollstuhlgerecht) unter anderem mittels zweier<br />

behindertengerechter Aufzüge erschlossen. Es<br />

besteht aus zwei massiven, U-förmigen, sich voneinander<br />

abwendenden Riegeln im Norden und<br />

Süden. Diese werden verklammert durch eine<br />

Glashalle als Begegnungsstätte mit Raum für<br />

kulturelle Veranstaltungen. Im Erdgeschoss des<br />

Nordwestflügels befindet sich die Cafeteria und<br />

die Diakoniestation sowie Verwaltungs- und Personalräume.<br />

Im Erdgeschoss des Nordostflügels<br />

kommen als gewerbliche Flächen ein Lebensmittelladen<br />

mit Nebenräumen sowie ein Friseurladen<br />

hinzu. Die bauliche Integration von Friseur,<br />

Lebensmittelmarkt und Cafeteria wird in Folge<br />

der damit einhergehenden erweiterten Kommunikationsmöglichkeiten<br />

als zusätzlicher Vorteil<br />

des Seniorenzentrums angesehen. An das Gebäude<br />

schließt sich im Westen ein Park an, der<br />

allen Stiftsbewohnern offen steht und Chancen<br />

auf weitere Begegnungen eröffnet. Ein Sinnesgarten<br />

westlich des Glasverbindungsbaus schafft<br />

einen weiteren attraktiven Bereich und sorgt für<br />

zusätzliche Reize, die gerade auch für demenzerkrankte<br />

ältere Menschen sinnvoll sind.<br />

Das Projekt war ursprünglich als klassisches<br />

Pflegeheim mit 120 Pflege- und 20 Kurzzeitpflegeplätzen<br />

– als Ersatz für das alte Chroniker-<br />

Krankenhaus auf dem Stiftsgelände – geplant.<br />

Die Beratung durch das KDA führte in einem intensiven,<br />

letztlich ergiebigen Abklärungsprozess<br />

schrittweise zu der Hausgemeinschaftskonzeption<br />

mit insgesamt 64 Plätzen in 8 Hausgemeinschaften<br />

im 1. und 2. Obergeschoss. Zusätzlich<br />

befinden sich 20 Kurzzeitpflegeplätze im Südostriegel<br />

des Erdgeschosses und 24 (betreute)<br />

Seniorenwohnungen im 3.Obergeschoss.<br />

Ansicht Osten


Der „Verlust“ von Pflegeplätzen gegenüber der<br />

anfangs geplanten Kapazität wurde vom Träger<br />

zuerst als äußerst harter Schnitt empfunden und<br />

zwang zu einer gravierenden Umorientierung der<br />

Altenhilfearbeit im Stift. Das neue Konzept hat<br />

jedoch alle Beteiligten, trotz der damit verbundenen<br />

Umplanungen und Zeitverzögerungen, letztlich<br />

davon überzeugt, auf einem mehr als guten<br />

Weg zu sein. Die Ausführungsplanung ist nahezu<br />

abgeschlossen, Ende September ist Baubeginn. Die<br />

Fertigstellung des Gebäudes wird Ende des Jahres<br />

2002 erwartet.<br />

Veränderungsdruck<br />

Vor dem Hintergrund der Krankenhaus- und der<br />

Geriatrieplanung des Senats von Berlin sowie<br />

der Einführung des Pflegeversicherungsgesetzes<br />

(SGB XI) hat das Evangelische Johannesstift Berlin<br />

ab 1994/95 einen Umstrukturierungsprozess eingeleitet.<br />

In dessen Verlauf wurde das Krankenhaus<br />

mit seinen beiden Abteilungen für Innere Medizin<br />

und Chronischkranke sowie die Abteilung Seniorenarbeit<br />

grundlegend verändert und neu strukturiert.<br />

Es entstand bis 1998 ein komplexes, aufeinander<br />

abgestimmtes und miteinander vernetztes<br />

System ambulanter, teilstationärer und stationärer<br />

Angebote für ältere Menschen, die der medizinisch-therapeutischen<br />

Behandlung und/oder der<br />

Pflege, Betreuung und Beratung bedürfen.<br />

Im Hinblick auf die Umwandlung der ehemaligen<br />

Abteilung für Chronischkranke in vollstationäre<br />

Pflegeeinrichtungen begannen Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter bereits Anfang 1995 damit,<br />

trotz der Rahmenbedingungen eines Krankenhauses<br />

konzeptionelle Veränderungen vorzunehmen:<br />

unter anderem hinsichtlich Veränderung von<br />

Dienstzeiten orientiert an den Bewohnerbedürfnissen,<br />

Organisation der Gruppenpflege, Ausgestal-<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

tung der Räumlichkeiten im Hinblick auf Wohnlichkeit,<br />

Veränderung von Essenszeiten und Zeiten<br />

des Zubettgehens, Fortbildung im Hinblick auf<br />

die neue Aufgabenstellung, Qualitätssicherung.<br />

Es wurde deutlich, dass insbesondere das<br />

Amalie-Sieveking-Haus und das Kurt-Scharf-Haus<br />

mit ihren langen und dunklen Fluren und ihren<br />

beengten „Wohn“-Verhältnissen für die Bewohner<br />

allein unter räumlichen Aspekten für eine individuelle<br />

Wohnpflege ungeeignet waren.<br />

Mitte 1996 wurde die Planung eines Ersatzneubaus<br />

für eine moderne Pflegeeinrichtung<br />

nach einem Ideenwettbewerb an das Bielefelder-<br />

Architektenbüro Dr. Brunzema + Bunge + Otte in<br />

Auftrag gegeben. Angelehnt an das KDA-Konzept<br />

der Hausgemeinschaften entstehen acht<br />

familienähnliche Wohngruppen für jeweils acht<br />

demenzerkrankte ältere Menschen.<br />

Die Hausgemeinschaften werden Merkmale<br />

aufweisen wie:<br />

• Kleinräumlichkeit<br />

• Überschaubarkeit<br />

• Wohnlichkeit<br />

• Gemeindenähe<br />

• Alltagsnähe/Normalität<br />

• Nutzung der vorhandenen Bewohnerressourcen/keine<br />

Defizitorientierung<br />

• Stärkung des Selbstpflege- und Selbsthilfepotentials<br />

Mit dem Hausgemeinschafts-Konzept wurden<br />

in einem intensiven Lernprozess die herkömmlichen<br />

Bilder und Denkweisen der traditionellen<br />

Altenhilfe radikal verändert. Mit der Umorientierung<br />

auf Hausgemeinschaften begann eine<br />

Planungsperiode, in der sich Begeisterung für ein<br />

innovatives Vorhaben mit Skepsis und Verunsicherung<br />

mischten.<br />

Schnitt Osten<br />

59


60<br />

Projektbeispiele<br />

Hausgemeinschaft im 2. Obergeschoss<br />

Der Hausgemeinschafts-<br />

Grundriss zeigt eine gelungene<br />

Lösung der Raumzuordnungen<br />

in einer Hausgemeinschaft:<br />

Die klare<br />

Eingangssituation beinhaltet<br />

neben zwei Stellplätzen für<br />

Rollstühle eine kleine Garderobe<br />

sowie das neutral gelegene<br />

Gäste-WC. Von der Diele<br />

aus besteht zum einen die<br />

Möglichkeit, unmittelbar die<br />

Wohnküche zu betreten.<br />

Zugleich erlaubt ein tangential<br />

am Gemeinschaftsbereich<br />

vorbeiführender Flur – ohne<br />

den Umweg über den<br />

Gemeinschaftsbereich – den<br />

direkten Zugang zu den privaten<br />

Bewohnerzimmern.<br />

In die Hausgemeinschaftswohnung<br />

ist gleichsam die<br />

Wahlmöglichkeit zwischen<br />

Nähe und Distanz auf<br />

Für die weiteren Planungen wurden schließlich<br />

folgende Basisbedingungen festgelegt:<br />

• Auflösung der typischen Pflegestruktur durch<br />

Anordnung des Gemeinschaftsbereiches (Wohnen,<br />

Speisen, Kommunizieren) im Zentrum der<br />

Wohngruppe,<br />

• Reduzierung der Anzahl der Bewohner pro<br />

Wohngruppe von ursprünglich zehn auf letztlich<br />

acht (das entspricht einer Gesamtzahl von<br />

64 Bewohnern).<br />

Da nun die ursprünglich vorgesehene Gesamtplatzzahl<br />

um fast die Hälfte reduziert wurde<br />

und somit nur für einen Teil der vorgesehenen<br />

Bewohner aus dem Amalie-Sieveking-Haus und<br />

dem Kurt-Scharf-Haus ein Umzug in den Neubau<br />

diskrete Weise eingebaut.<br />

Der Gemeinschaftsbereich hat<br />

einen Zugang zum Balkon<br />

und differenziert sich zu<br />

einem Koch-/Essbereich und<br />

einer über Eck angegliederten<br />

Wohnzone aus. Die Hauswirtschaftskraft(Präsenzmitarbeiterin,<br />

Bezugsperson) findet<br />

eine übersichtliche Koch-/Esssituation<br />

vor mit kurzen<br />

Wegen sowohl zur Speise-<br />

kammer als auch zum Arbeitsraum<br />

(Büro). Von dem zur<br />

Raummitte hin gelegenen<br />

Herd besteht während des<br />

Kochens Sichtkontakt zum<br />

Gemeinschaftsbereich mit<br />

großem Tisch. Gute Blickverbindung<br />

besteht auch von der<br />

Speisekammer aus zur Koch-/<br />

Esszone. Das an den Gemeinschaftsbereich<br />

angegliederte<br />

kleine Büro weist – zumindest<br />

akustisch – ebenfalls eine<br />

starke Hinwendung zur<br />

Gemeinschaft auf. Die Lage<br />

des Gemeinschaftsbades für<br />

je zwei Hausgemeinschaften<br />

am Hausflur ist ein Kompromiss<br />

an die Heimmindestbauverordnung.<br />

Jeder Bewohner<br />

muss zur Benutzung des<br />

„Intimraums Bad“ seine Wohnung<br />

verlassen. Eine äußerst<br />

reizvolle Konstellation hingegen<br />

entsteht durch die<br />

zusätzlich eingebauten Wohnungstüren<br />

an den Arbeitsräumen,<br />

die die beiden<br />

gegenüberliegenden Hausgemeinschaften<br />

über eine<br />

kleine helle Sitzzone im Hausflur<br />

einander näher bringen.<br />

in Betracht kommt, musste der Umbau der beiden<br />

alten Häuser jetzt in den Kontext mit dem<br />

Neubau gestellt werden und ist nun Bestandteil<br />

der gesamten Baumaßnahme. Entsprechend<br />

sollen nunmehr anteilig auch Fördermittel für<br />

Umbaumaßnahmen beantragt werden, um in<br />

den alten Häusern künftig familienorientierte<br />

Wohnbereichspflege realisieren zu können.<br />

Die Zusage für die Modellförderung durch das<br />

<strong>BMG</strong> liegt vor. Aus Mitteln der ARD-Fernsehlotterie<br />

erfolgt eine Förderung des Bereiches<br />

„Kurzzeitpflege“. In Anwesenheit der Bundesministerin<br />

für Gesundheit Andrea Fischer ist für<br />

den 17. Oktober 2000 die Grundsteinlegung<br />

vorgesehen.


Grundriss<br />

2. Obergeschoss<br />

Grundsätze und Ziele<br />

Mit Errichtung des Seniorenzentrums „Caroline<br />

Bertheau“ wird die Altenhilfe im Johannesstift<br />

strukturell weiterentwickelt und erhält zusätzliche<br />

Qualitäten. Mit der angestrebten Betreuung<br />

und Pflege von pflegebedürftigen und verwirrten<br />

alten Menschen in kleinen überschaubaren<br />

Wohngruppen wird das sogenannte „Primat der<br />

Institution“ gebrochen und das alltägliche Wohnen<br />

der Menschen in den Vordergrund gestellt.<br />

Nicht zuletzt war dies ein lang gehegter Wunsch<br />

vieler engagierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

in den an der Krankenhausorganisation ausgerichteten<br />

stationären Pflegeeinrichtungen.<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

Im 1. und 2. Obergeschoss<br />

befinden sich im Seniorenzentrum<br />

„Caroline Bertheau“<br />

die Hausgemeinschaften für<br />

pflegebedürftige und verwirrte<br />

alte Menschen. In acht<br />

Wohngruppen leben und<br />

wohnen jeweils acht Bewohner<br />

zusammen. Das Raumangebot<br />

in Zusammenhang<br />

mit den Hausgemeinschaften<br />

sieht wie folgt aus:<br />

• 60 barrierefreie Einzelzimmer<br />

mit separatem Vorraum<br />

und eigenem Duschbad/WC,<br />

• 4 rollstuhlgerechte Einzelzimmer<br />

mit separatem Vorraum<br />

und eigenem<br />

Duschbad/WC.<br />

• Zu jeder Wohngruppe gehört<br />

eine Wohnküche mit<br />

Speisekammer und angeschlossenemHauswirtschaftsraum.<br />

Von der Wohnküche<br />

sind Blick und Zugang<br />

frei zum angeschlossenen<br />

Wohnzimmer, von wo aus<br />

der Balkon erreicht werden<br />

kann.<br />

• In jeder Wohngruppe befinden<br />

sich ein kleines Büro,<br />

ein Abstellraum und ein<br />

Gäste-/Personal-WC.<br />

• Je zwei Wohngruppen<br />

werden ein Badezimmer<br />

und ein Ausgussraum zugeordnet.<br />

• Im 1. Obergeschoss befinden<br />

sich zwischen den beiden<br />

Flügeln des Hauses eine<br />

Galerie und ein Wintergarten.<br />

Von dort aus ist der<br />

Einblick in den Bereich der<br />

Eingangshalle möglich. Hier<br />

können auch Aktivitäten<br />

der Bewohner und der<br />

Wohngruppen stattfinden.<br />

• Im 2. Obergeschoss<br />

befinden sich zwischen den<br />

beiden Flügeln ein Mehrzweckraum,<br />

eine Teeküche<br />

und ein WC. Hier können<br />

ebenfalls Aktivitäten der<br />

Wohngruppen oder wohngruppenübergreifende<br />

Angebote stattfinden. Der<br />

Mehrzweckraum kann auch<br />

für Andachten genutzt<br />

werden.<br />

• Die Bewohnerzimmer<br />

werden in der Regel leer<br />

übergeben, so dass sie nach<br />

Bedarf mit eigenem Mobiliar<br />

ausgestattet werden<br />

können. Bei Bedarf werden<br />

geeignete Möbel, zum<br />

Beispiel das Bett, zur Verfügung<br />

gestellt.<br />

Die Nettogrundrissfläche<br />

der Hausgemeinschaften ist<br />

pro Kopf mit 52,08 qm ausgewiesen,<br />

das ergibt pro<br />

Hausgemeinschaftsplatz<br />

eine Kostenschätzung für<br />

die Nutzungsbereiche von<br />

154.932 DM als förderfähige<br />

Kosten.<br />

Im Kellergeschoss befinden<br />

sich neben den Räumen für<br />

die Haustechnik diverse<br />

Abstellräume für die Hausgemeinschaften,<br />

die Bewohnerkeller<br />

und die Keller für<br />

die Mieter des Betreuten<br />

Wohnens im 3.Obergeschoss.<br />

Darüber hinaus sind<br />

Räume für die Personalumkleiden<br />

mit Sanitärbereich<br />

sowie Räume für die<br />

Lagerung von Materialien,<br />

Wirtschaftsbedarf und<br />

Inkontinenzartikeln sowie<br />

Räume zum Abstellen und<br />

Säubern der Reinigungswagen<br />

und zum Zwischenlagern<br />

von Schmutzwäsche<br />

vorgesehen.<br />

61


62<br />

Projektbeispiele<br />

Brandschutzfragen<br />

Die Beratungen der Berliner Feuerwehr sind außerhalb des Baugenehmigungsverfahrens<br />

kostenpflichtig. Für die Beratung wird ein Vertrag zwischen der Feuerwehr<br />

und dem Bauherrn bzw. Architekten geschlossen. Die einzelne Beratung wird protokolliert.<br />

Das von der Feuerwehr gegengezeichnete Protokoll ist dann Bestandteil der<br />

Baugenehmigung.<br />

Die zu erwartende Bewohnerstruktur vom Betreuten Wohnen bis zur Pflege zwingt zur<br />

Anwendung des „Orientierungspapiers Krankenhäuser“ mit Konsequenzen für Rettungswege,<br />

Flure, Bauteile, der Ausbildung und Anordnung von Vorräumen vor Treppenhäusern<br />

und Aufzügen und der Installation von geeigneten Feuerlösch-, Feuermelde-<br />

und Alarmeinrichtungen.<br />

Sicherheits-, Alarmierungs- und Feuerlöscheinrichtungen<br />

Die innere Erschließung des Gebäudes erfolgt über die Eingänge von der Straße im<br />

Nordwesten und von den Parkplätzen im Nordosten über eine Eingangshalle. Von hier<br />

aus erreicht man die oberen Stockwerke der beiden Gebäuderiegel über jeweils<br />

einen Aufzug am Zugang zur mittleren Verbindungshalle – im Norden krankentragegerecht<br />

(1,10 x 2,10 m), im Süden bettentransportgeeignet (1,40 x 2,40 m) – sowie über<br />

ein zentrales Treppenhaus im Verbindungsbau. An den Enden der einzelnen Gebäudeflügel<br />

befindet sich jeweils ein Fluchttreppenhaus. Alle Aufzüge und Treppenhäuser<br />

sind über Vorräume von den Rettungswegen zu erreichen.<br />

Die Rettungswege incl. Treppenhäuser werden gekennzeichnet und mit einer Notbeleuchtung<br />

versehen. Die Bewohnerzimmer werden mit Notrufanlagen ausgerüstet.<br />

Die Küchen erhalten Thermoschalter. An den Treppenhäusern werden Druckknopfmelder<br />

installiert. Automatische Rauchmelder zur Früherkennung möglicher Brandherde<br />

werden in Fluren, Küchen und Nebenräumen mit Brandlasten (Lager/Abstellräume,<br />

Keller etc.) angeordnet. Die Aufschaltung der automatischen Brandmeldeanlage<br />

erfolgt auf den Schwesternruf, dezentral in den Diensträumen, zentral im EG<br />

und direkt auf die Alarmzentrale des Stiftsgeländes mit Weiterleitung an die Feuerwehr.<br />

In allen Nutzungseinheiten werden 6 kg-ABC-Feuerlöscher gut sichtbar auf den<br />

Fluren angebracht, Räume mit hoher Brandlast erhalten separate Feuerlöscher.<br />

Einrichtung und Ausstattung<br />

Folgende Kriterien sind bei der Einrichtung und Ausstattung zu beachten:<br />

• Verwendung nichtbrennbarer Bauprodukte in Allgemeinbereichen,<br />

• Freihalten der Rettungswege,<br />

• Reduzierung der Brandlasten in den öffentlichen Bereichen (Halle, Gemeinschaftsräume<br />

etc.) durch Reduktion und nicht brennbare Ausführung der Möblierung,<br />

• Ausstattung der Wohnräume mit schwerentflammbaren Vorhängen.<br />

Besondere Maßnahmen<br />

Als besondere Maßnahmen sind zu ergreifen:<br />

• Aufstellung einer Brandschutzordnung sowie Anfertigung und Aufhängung von<br />

Rettungswegplänen und Brandschutzhinweisen im Bereich der Rezeption und der<br />

Treppenhäuser für alle Geschosse und Sicherheitseinrichtungen,<br />

• Ernennung und Einweisung eines Brandschutzbeauftragten und regelmäßige Schulung<br />

des Personals über das Verhalten bei Brand und notwendige Evakuierungen.


Das Pflege- und Betreuungskonzept muss<br />

nach der Entscheidung für Hausgemeinschaften<br />

in wichtigen Punkten verändert und der schwerpunktmäßig<br />

vorgesehenen Betreuung verwirrter<br />

alter Menschen angepasst werden. Die Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter im Bereich Pflegewohnen<br />

haben in den letzten Jahren in mühsamer<br />

Kleinarbeit versucht, die vielfältigen Schnittstellenprobleme<br />

zwischen Pflege und Hauswirtschaft<br />

zu lösen. Umfangreiche Kataloge wurden erarbeitet,<br />

um festzustellen, welche Tätigkeiten der<br />

Pflege und welche der Hauswirtschaft zuzuordnen<br />

sind. In den Hausgemeinschaften wird nunmehr<br />

wieder dazu übergegangen, eine starre<br />

Trennung zwischen den Berufsgruppen aufzuheben,<br />

indem sich jeder für die Betreuung und Versorgung<br />

der Bewohner zuständig und verantwortlich<br />

fühlt. Ausgenommen ist allerdings die<br />

Behandlungspflege, die von Pflegefachkräften<br />

erbracht wird. Es wird in der nächsten Zeit darauf<br />

ankommen, ein auf die neuen Rahmenbedingungen<br />

zugeschnittenes schlüssiges und vor allem<br />

praktikables Konzept zu erarbeiten. Als Konzeptbausteine<br />

werden dabei einbezogen:<br />

• Die Menschen, die in einer Wohngruppe leben,<br />

fühlen sich angenommen und geachtet und<br />

betrachten die Wohngruppe als ihr Zuhause.<br />

• Der Alltag wird bestimmt durch das Wohnen.<br />

Notwendige pflegerische Arbeiten werden dieser<br />

Situation angepasst.<br />

• Entscheidend ist nicht, was der Bewohner nicht<br />

kann, sondern was er (noch) kann. Das Denken<br />

und Handeln der Mitarbeiter orientiert sich also<br />

nicht an den Defiziten, sondern an den Ressourcen<br />

der Bewohner. Dementsprechend leistet<br />

das Personal nicht automatisch eine Rundumversorgung,<br />

sondern Hilfe zur Selbsthilfe.<br />

• Es herrscht eine weitgehende Normalisierung<br />

aller Lebensbereiche.<br />

• Abläufe in der Pflege, Hauswirtschaft und sozialen<br />

Betreuung finden dezentralisiert, wenn<br />

irgend möglich,in der Nähe der Bewohner statt.<br />

Entscheidungen werden bewohnerorientiert<br />

getroffen.<br />

• Für die Bewohner ist ein Maximum an Handlungs-<br />

und Entscheidungsspielraum gewährleistet.<br />

• Die Wohngruppe bietet eine kommunikative<br />

Wohnform an. Sie gewährt ein familienähnliches<br />

Zusammenleben und bietet Alltagsbewältigung<br />

in der Gemeinschaft. Jeder Bewohner<br />

in der Wohngruppe hat individuelle Rückzugsmöglichkeiten.<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

Die Organisation des Haushalts, die Versorgung<br />

der Wohngruppen mit Essen und Wäsche findet<br />

dem Hausgemeinschaftsgedanken entsprechend<br />

vor Ort in den einzelnen Wohnungen statt. Bewohner,<br />

die selbst nicht mehr viel oder gar nichts<br />

mehr tun können, haben zumindest die Möglichkeit,<br />

mitzuerleben und teilzuhaben an dem, was<br />

geschieht: Sie hören das Brutzeln des Fleisches,<br />

sie riechen den Braten und den ofenfrischen<br />

Kuchen. Sie nehmen unter anderem den Geruch<br />

frisch gewaschener Wäsche wahr. Der Verzehr<br />

der vor Ort zubereiteten Speisen am gedeckten<br />

Tisch im familiären Wohnbereich kommt dem Ziel<br />

der Vermeidung des Anstaltscharakters entgegen.<br />

Für ein Versorgungskonzept können zum<br />

gegenwärtigen Zeitpunkt erst grobe Orientierungen<br />

entwickelt werden. Ein in sich schlüssiges<br />

und vor allem ein von den Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeitern getragenes Konzept wird im Laufe<br />

des Jahres 2001 erarbeitet. Dabei sollte auch auf<br />

die Erfahrungen anderer Mitarbeiter und das<br />

Know-how anderer Einrichtungen im Kontext mit<br />

Hausgemeinschaften zurückgegriffen werden.<br />

Kochen, Waschen und Raumreinigung<br />

Alle Mahlzeiten werden grundsätzlich in der<br />

Wohnküche zubereitet. Bewohner und gegebenenfalls<br />

Angehörige (die wissen häufig am<br />

besten, was Mutter oder Vater gerne essen)<br />

erstellen gemeinsam mit der hauswirtschaftlichen<br />

Fachkraft den Speiseplan. Entsprechend<br />

dem Prinzip der Alltags- und Lebensnähe wird je<br />

nach Bedarf und Gegebenheiten (Befinden der<br />

Bewohner, Personalsituation) aufwendiger oder<br />

weniger aufwendig (schnelle Küche, Tiefkühlkost)<br />

gekocht. Lagerfähige Lebensmittel werden<br />

über Großeinkäufe beschafft und in der Speisekammer<br />

oder im Keller bevorratet. Frischwaren<br />

werden (vielleicht sogar mit Bewohnern) im<br />

Lebensmittelladen vor Ort eingekauft. Die Reinigung<br />

des Geschirrs erfolgt ebenfalls in den<br />

Hausgemeinschaften selbst. Leichte Reinigungsarbeiten<br />

können auch von Bewohnern mit übernommen<br />

werden.<br />

Im Hinblick auf die Wäschepflege wird ebenfalls<br />

Alltags- und Lebensnähe angestrebt. Bettwäsche<br />

wird in der Regel in die Wäscherei gegeben.<br />

Leibwäsche und Oberbekleidung werden in<br />

der Wohngruppe gewaschen. Bewohner der<br />

Wohngruppe, die bereit und in der Lage sind,<br />

63


64<br />

Projektbeispiele<br />

Anforderungen an die Hausgemeinschaftsküchen<br />

im Seniorenzentrum „Caroline Bertheau“<br />

Grundsätzlich gelten für Küchen, in denen mit Bewohnern gekocht wird, die Regeln eines<br />

privaten Haushalts, das heißt solange Speisen nur für den Eigenverbrauch zubereitet<br />

werden, kommen die Anforderungen an eine Großküche nicht zum Tragen.<br />

Dennoch sprach das Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamt/Bezirksamt Spandau schon<br />

für die Planungsphase Empfehlungen aus:<br />

• Zur leichteren Reinigung der Fußböden ist ein abgerundeter Winkel zwischen Wand und<br />

Fußboden ratsam (Hohlkehle),<br />

• Strukturierung der Arbeitsplätze: Trennung des Bereichs Spüle (Doppelspüle!) und der<br />

Speisenvorbereitung (z. B. Verarbeitung erdhaltiger Lebensmittel) vom Kochbereich,<br />

• Installierung eines separaten Handwaschbeckens,<br />

• Belüftbarkeit der Speisekammer,<br />

• Fenster und sonstige Lüftungsöffnungen sind mit Fliegengittern zu versehen,<br />

• Getrennte Kühleinrichtungen für Lebensmittel und Medikamente.<br />

beteiligen sich am Zusammenlegen und Bügeln<br />

der Wäsche oder werden dazu ermuntert.<br />

Ausbesserungsarbeiten werden gegebenenfalls<br />

von Bewohnern, Angehörigen und Mitarbeitern<br />

der Wohngruppe übernommen oder<br />

bei Bedarf an einen Dienstleister gegeben (gegebenenfalls<br />

auch an eine kleine hauseigene<br />

Nähstube). Für die sach- und fachgerechte Behandlung<br />

der Wäsche sind die Mitarbeiterin der<br />

Wohngruppe beziehungsweise die hauswirtschaftliche<br />

Fachkraft verantwortlich. Wie diese<br />

Arbeiten zwischen den verschiedenen Berufsgruppen<br />

aufgeteilt werden, muss ebenso wie die<br />

Modalitäten der Nahrungszubereitung noch konzeptionell<br />

festgelegt werden.<br />

Die Reinigung des gesamten Gebäudes obliegt<br />

dem Reinigungsdienst des Johannesstifts. Im<br />

Bereich der Wohngruppen werden die Gemeinschaftsflächen<br />

und die Bewohnerräume nach<br />

einem noch festzulegenden Turnus vom Reinigungsdienst<br />

saubergehalten. Von der Personaleinsatzplanung<br />

des Reinigungsdienstes wird<br />

erwartet, dass den einzelnen Hausgemeinschaften<br />

feste Mitarbeiter zugeordnet werden, die sich<br />

mit „ihrer“ Hausgemeinschaft identifizieren. Reinigungskräfte<br />

sind wichtige Bezugspersonen für<br />

die Bewohner und müssen genauso wie die<br />

übrigen Wohngruppenmitarbeiter vertraute und<br />

über das Leben in der Wohngruppe gut informierte<br />

Personen sein. Alle über den Regelbedarf<br />

hinaus anfallenden Reinigungsarbeiten werden<br />

von den ständig anwesenden Wohngruppenmitarbeitern<br />

erledigt. Die Standfläche für alle Reini-<br />

gungswagen sowie die notwendigen Materiallager<br />

befinden sich im Keller in Aufzugsnähe.<br />

Dort werden die Wagen vom Reinigungspersonal<br />

für den täglichen Bedarf hergerichtet. Eine<br />

umweltverträgliche Müllentsorgung erfordert die<br />

Möglichkeit der getrennten Wertstoffsammlung<br />

schon im Wohnbereich (Behälter für Haus- und<br />

Restmüll, Trennung von Weiß- und Buntglas,<br />

Papier, Gelbe Tonne). Dementsprechend ist der<br />

Abstellraum der Wohngruppe auszustatten.<br />

Verwaltung und Sozialdienst<br />

Die Aufgaben im Bereich der Verwaltung und der<br />

sozialen Betreuung werden in bewohnernahe<br />

und bewohnerferne unterschieden. Alle bewohnernahen<br />

Aufgaben wie zum Beispiel Beratung<br />

von Bewohnern und Angehörigen, Pflege des<br />

Heimverwaltungsprogramms werden von der zuständigen<br />

Mitarbeiterin, die ihren Arbeitsplatz im<br />

Seniorenzentrum hat, wahrgenommen. Die bewohnerfernen<br />

Aufgaben wie zum Beispiel<br />

Antragstellung bei Kostenträgern, Rechnungslegung<br />

werden im Haus der Geriatrie beziehungsweise<br />

in der Hauptverwaltung erledigt. Beratung<br />

erfolgt selbstverständlich auch – gleichsam en<br />

passant – durch die Präsenzkräfte in den Hausgemeinschaften<br />

selbst. Klare Abgrenzungen müssen<br />

(auf dem Hintergrund einer geplanten<br />

Umstrukturierung der Hauptverwaltung) noch<br />

verabredet und entsprechende Konzepte ausgearbeitet<br />

werden.


Der Seniorenwohnpark Dießen am Ammersee<br />

Ansicht Westen<br />

Der Seniorenwohnpark Dießen liegt auf einem<br />

parkähnlichen Gelände, in zentraler Lage der<br />

Marktgemeinde Dießen am Ammersee. Der Luftkurort<br />

ist beliebtes Ausflugsziel am Südwest-Ufer<br />

des Ammersees und nach der Kreisstadt Landsberg<br />

am Lech der zweitgrößte Siedlungsschwerpunkt<br />

der Region. In Nachbarschaft des Seniorenwohnparks<br />

befindet sich ein Altenwohnheim des<br />

Landkreises. Die Standortqualität ist hervorra-<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

Kurzprofil:<br />

Neubau von drei zweistöckigen villenähnlichen Gebäudeteilen um ein Atrium unter Einbezug<br />

einer modernisierten alten Villa, in den Neubauabschnitten sechs Hausgemeinschaften<br />

für je sieben pflegebedürftige und vordringlich demenzerkrankte ältere Menschen (davon<br />

eine Kurzzeitpflege-Gruppe), zusätzlich im Altbau Räume für einen ambulanten Dienst der<br />

AWO, ein kleines Begegnungscafé, drei Personalwohnungen sowie je zwei Tages- und<br />

Kurzzeitpflegeplätze, die primär durch den örtlichen Hospizverein genutzt werden sollen.<br />

Bauherr: Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Oberbayern in München, Architekten:<br />

Wolfgang Schinharl und Leonhard Höss, München, Inbetriebnahme: ab Oktober 2000.<br />

An der Nahtstelle zwischen<br />

Alt- und Neubau befindet sich<br />

der barrierefreie Gebäudeeingang<br />

mit Windfang. In diesem<br />

Gelenk liegen die vertikalen<br />

Erschließungsstränge und auf<br />

jeder Ebene ein kleines<br />

Dienstzimmer für je drei<br />

Hausgemeinschaften.<br />

gend. Die Gebäude befinden sich innerhalb des<br />

Ortskerns und dennoch in ruhiger Lage. Das<br />

Grundstück übertrug die Marktgemeinde Dießen<br />

auf dem Wege des Erbbaurechts für 99 Jahre dem<br />

AWO Bezirksverband Oberbayern als Bauherrn.<br />

Die Münchner Architekten Wolfgang Schinharl<br />

und Leonhard Höss entwickelten drei annähernd<br />

quadratische, zweigeschossige villenähnliche<br />

Häuser, die viel Licht – auch von oben durch Öff-<br />

65


66<br />

Projektbeispiele<br />

Grundriss<br />

Erdgeschoss<br />

Kleine Gruppen von Pflegebedürftigen<br />

werden in den<br />

Hausgemeinschaften des vollstationären<br />

Typs unter kontinuierlicher<br />

Präsenz von Mitarbeitern<br />

ihren Tagesablauf<br />

soweit wie möglich selbst<br />

gestalten. Besonders die<br />

Wohngruppen im Erdgeschoss<br />

können so auch gut<br />

geronto-psychiatrisch zu<br />

betreuende Personen aufnehmen.<br />

Rückzugsmöglichkeiten<br />

sind durch die ausschließlich<br />

als Einzelzimmer angebotenen<br />

privaten Wohn-/Schlafzimmer<br />

vorhanden. Integrierte,<br />

einladend gestaltete<br />

Küchen und ein großzügiger<br />

Essplatz sind nahe dem<br />

Eingang einer jeden Gruppe<br />

gelegen. Zum Essplatz offene<br />

Wohnräume mit Balkonen (im<br />

Obergeschoss) erlauben Nutzungen<br />

vergleichbar denen<br />

im familiären häuslichen<br />

Bereich. Kleine Lichthöfe<br />

sorgen für Helligkeit und eine<br />

freundliche Stimmung. Der<br />

Gemeinschaftsbereich jeder<br />

der sechs Hausgemeinschaften<br />

à sieben Bewohnerinnen<br />

und Bewohner liegt zentral<br />

und besteht aus dem Hauszugang,<br />

aus einer Wohnbereichsküche<br />

und einem zum<br />

Park hin gelegenen separaten<br />

Wohnbereich. Die Betriebsbereiche<br />

sind dezentral den<br />

Hausgemeinschaften zugeordnet.<br />

Pro Wohnebene gibt<br />

es ein mittig gelegenes wohnliches<br />

Bad (Pflegebad) mit<br />

natürlicher Belichtung. Die<br />

nach der Heimmindestbauvorordnung<br />

erforderlichen neutralen<br />

WCs, die Lager- und<br />

Abstellräume befinden sich<br />

auf jeder Ebene – jeweils einzelnen<br />

Hausgemeinschaften<br />

zugeordnet, jedoch separat<br />

erschlossen. Die einzelnen<br />

Hausgemeinschafts-Wohnungen<br />

selbst zeigen sich dieser<br />

Art unbelastet von zusätzlichen<br />

Funktions- und<br />

Lagerräumen und weisen so<br />

in sich einen hohen Normalisierungsgrad<br />

auf.<br />

In der alten Villa befinden sich<br />

weitere Gemeinschaftsbereiche<br />

wie Tagesbetreuungsraum,<br />

Friseur und Cafeteria<br />

mit Öffnung zum angrenzenden<br />

Foyer und zu einer<br />

ebenerdigen Terrasse. Die<br />

Cafeteria wird unter anderem<br />

für das Angebot des offenen<br />

Mittagstisches genutzt.


Grundriss<br />

1. Obergeschoss<br />

Die Flure und Verkehrszonen<br />

sind, insbesondere im Verbindungsbauwerk,<br />

als sekundäre<br />

Wohnbereiche ausgebildet<br />

mit möblierbaren Aufweitungen<br />

im wintergartenähnlichen<br />

Flur. Das gesamte Bauwerk<br />

zeichnet sich für Bewohner,<br />

Besucher und Personal<br />

durch kurze Wege, leichte<br />

Orientierung und Barrierefreiheit<br />

aus. Aufgrund seines<br />

Modellcharakters erhält der<br />

Seniorenwohnpark Dießen<br />

der Arbeitwohlfahrt – neben<br />

Stiftungs- und anderen<br />

öffentlichen Geldern des<br />

Bundes, Freistaates und<br />

Kreises – Fördermittel des<br />

Bundesministeriums für<br />

Gesundheit im Rahmen des<br />

Modellprogramms zur Verbesserung<br />

der Situation Pflegebedürftiger.<br />

Die Finanzierung<br />

des laufenden Betriebs<br />

erfolgt über Pflegesätze. Der<br />

Neubauteil weist für die sechs<br />

Hausgemeinschaften samt<br />

Nebenräumen im Unterschoss<br />

eine Nutzungsfläche von<br />

2.413,65 qm aus. Dies rechnet<br />

sich zu einer NGF von<br />

402,28 qm pro Hausgemeinschaft<br />

oder von 57,46 qm NGF<br />

pro Kopf. Die Baukosten pro<br />

Hausgemeinschafts-Platz<br />

belaufen sich auf rund<br />

187.000 DM. Diese Werte<br />

schließen allerdings auch das<br />

attraktive, jedoch recht<br />

flächenaufwendige Verbindungsbauwerk<br />

des Atriums<br />

mit ein. Auch der 100-prozentig<br />

realisierte Anteil der Einpersonenzimmer<br />

lässt die für<br />

den AWO-Seniorenwohnpark<br />

in Dießen angegebenen<br />

Flächen- und Kostenwerte aus<br />

Sicht der Architekten im Vergleich<br />

zum sonstigen Altenpflegeheimbau<br />

in Bayern<br />

moderater erscheinen. Beim<br />

herkömmlichen Pflegeheimbau<br />

nämlich, so die Argumentation,<br />

spiegeln sich in der<br />

dort niedrigeren NGF auch<br />

immer die Mehrbett-Zimmeranteile<br />

von schätzungsweise<br />

bis zu 20 Prozent.<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

Konzeptbausteine im Seniorenwohnpark Dießen:<br />

Prinzip der Dezentralisierung<br />

Das heißt, die Hausgemeinschaften organisieren sich<br />

im Wesentlichen selbst, etwa in der Frage, was sie<br />

täglich kochen. Dabei werden die alten Menschen<br />

ermuntert, ihre Interessen und ihren Gestaltungswillen<br />

so weit wie möglich einzubringen. Sie haben<br />

die Möglichkeit, an sinnhaften Alltagstätigkeiten teilzunehmen.<br />

Prinzip fester Bezugspersonen (Präsenzkräfte) für alle<br />

Hausgemeinschaften:<br />

Das bedeutet, dass jeweils ein/e Mitarbeiter/in, die so<br />

genannte Präsenzkraft, den größten Teil des Tages<br />

anwesend ist und die Mitglieder „ihrer“ Hausgemeinschaft<br />

bei der Organisation des Alltags unterstützt.<br />

Sie ist für soziale Betreuung, Hauswirtschaft und Pflege<br />

in gleicher Weise verantwortlich. Im pflegerischen<br />

Bereich werden die Präsenzkräfte jedoch von einem<br />

hauseigenen Fachpflegedienst unterstützt.<br />

Prinzip der Normalisierung<br />

Durch eine familienähnliche Wohn- und Lebensform<br />

wird der institutionelle Charakter des Lebens und<br />

Wohnens in einem Altenheim reduziert – das „ganz<br />

normale Leben“ hält Einzug in das Haus.<br />

Ausschnitte aus der Selbstdarstellung des Seniorenwohnparks<br />

Dießen.<br />

67


68<br />

Projektbeispiele<br />

Wohnungsgrundriss<br />

Unbelastet von Funktionsräumen<br />

(vergleiche auch oben<br />

Gesamtgrundrisse) erreicht<br />

jede Hausgemeinschaft wohnungsintern<br />

einen hohen<br />

Grad an Normalität. Die Hausgemeinschafts-Wohnung<br />

besteht in einer verschlankten<br />

Version lediglich aus einem<br />

Privat- sowie aus einem<br />

Gemeinschaftsbereich ohne<br />

zusätzliche Integration von<br />

Pflegebädern, Personal- oder<br />

Gäste-WCs, Hauswirtschafträumen<br />

oder Schreibbüros.<br />

Der Wohnungseingang mit<br />

Windfang führt über eine<br />

kleine, zur Wohnung hin<br />

offene Diele direkt in den<br />

Gemeinschaftsteil der Hausgemeinschaft<br />

hinein mit<br />

ineinander übergehenden<br />

Zonen fürs Kochen (Herd<br />

mitten im Raum!), Essen<br />

und Wohnen. Dieser durchgesteckte<br />

helle Wohnraum<br />

orientiert sich nach außen<br />

und erhält eine Fülle natürlichen<br />

Lichts vom Atrium her,<br />

von einem Lichthof in seiner<br />

Mitte (an dem idealer Weise<br />

der große Esstisch mit ausreichenden<br />

Sitzgelegenheiten<br />

steht) sowie vom jenseits des<br />

Eingangs gelegenen Wohn-<br />

winkel, dessen großzügige<br />

Fensterfront bereits bei Eintritt<br />

in die Wohnung den Blick<br />

in das umgebende Grün lenkt.<br />

Die sieben Bewohnerzimmer,<br />

die alle über eigene kleine<br />

Zugangsbereiche und Duschbäder<br />

mit ebenerdigen<br />

Duschen ausgestattet sind,<br />

umgreifen den Gemein-<br />

nungen in der Zeltdachkonstruktion – bekommen.<br />

Die drei Neubauteile fügen sich um einen<br />

zweigeschossigen Atrium-Baukörper mit einer<br />

totalsanierten alten Villa zu einem äußerst reizvollen<br />

Gebäude-Ensemble zusammen. Zwei Häuser<br />

und der Verbindungsbaukörper sind unterkellert<br />

beziehungsweise durch die Hanglage des<br />

Grundstücks einer Nutzung (inklusive Car-Port)<br />

zugeführt. Der barrierefreie Haupteingang mit<br />

Windfang befindet sich in dem Verbindungsteil<br />

zwischen Alt- und Neubau. Er führt an einer Terrasse<br />

vorbei zwischen Cafe im Altbau und unterem<br />

kleinen Hausgemeinschafts-Dienstzimmer<br />

schaftsbereich im Sinne des<br />

Umklammerungstyps (siehe<br />

oben Kapitel 1). Die damit<br />

entstehende räumliche Verdichtung<br />

wird zwar von der<br />

Mehrzahl der älteren Bewohner<br />

bevorzugt. Menschliche<br />

Nähe erzeugt nämlich<br />

gemeinhin ein Gefühl von<br />

Aufgehobensein. Menschliche<br />

Nähe erhöht aber auch die<br />

soziale Kontrolle, die ein Teil<br />

der älteren Menschen gar<br />

nicht schätzt, so dass für<br />

diesen Personenkreis eher die<br />

Neutralität des Distanztyps<br />

angezeigt erscheint<br />

(siehe ebenfalls Kapitel 1).<br />

ins kleine Foyer zum Aufzug bzw. Treppenhaus.<br />

Die Flure, der Umgang im zweigeschossigen Verbindungsbauwerk<br />

des Atriums sowie der Innenhof<br />

selbst schaffen sichere Bewegungsräume im<br />

öffentlichen oder halböffentlichen Bereich.<br />

In den drei zweigeschossigen Neubauteilen<br />

befinden sich auf jeder Ebene zwei Hausgemeinschaften<br />

mit je sieben Einzelzimmern, die jeweils<br />

einen Gemeinschaftsbereich umgreifen. Der Gemeinschaftsesstisch<br />

jeder Hausgemeinschaft<br />

steht mittig direkt am Lichthof in der Ess- und<br />

Aufenthaltszone zwischen der halboffenen<br />

Küche und einer zusätzlichen gemeinschaftlichen


Zur Thematik „Küche“<br />

Bewohnerzimmer<br />

Jedes Bewohnerzimmer verfügt<br />

über einen eigenen Vorraum<br />

sowie ein eigenes barrierefreies<br />

Duschbad gemäß<br />

DIN 18025 Teil 2. Ein Fensterelement<br />

reicht von der Decke<br />

bis zum Boden und erreicht<br />

eine gute Sichtverbindung<br />

zum Park.<br />

„Der deutsche Caritasverband e. V. als einer<br />

der größten Träger stationärer sozialer Einrichtungen<br />

stellte den privaten Charakter<br />

von Küchen, in denen Bewohner selbst<br />

kochen, heraus. Auf ‘bestimmte Rahmenbedingungen<br />

und Regeln’ könne allerdings<br />

nicht verzichtet werden. Bayern als koordinierendes<br />

Land sowie die anderen Länder<br />

hatten in der ersten Abstimmungsrunde zu<br />

der Leitlinie keine Bedenken gegen diese<br />

Auffassung geäußert.“<br />

Wohnzone. Die rund 21 qm großen Privaträume<br />

sind allesamt Einzelzimmer mit eigenem Vorraum<br />

und Duschbad. Durch Eckfenster wird in den<br />

nach Norden gelegenen, gut geschnittenen Zimmern<br />

die notwendige Belichtung erreicht. Den<br />

Mitarbeitern steht auf jeder Ebene im Gelenk<br />

zwischen Alt- und Neubau ein Dienstzimmer<br />

zur Verfügung. Weitere Arbeitsräume, die die<br />

Heimmindestbauverordnung vorsieht, sind pro<br />

Ebene vorhanden (siehe Gesamtgrundriss): Der<br />

Wäsche- und Putzmittelraum einerseits, sowie<br />

der Abstellraum und das Personal-WC andrerseits<br />

sind pro Ebene je einer Hausgemeinschaft<br />

räumlich zugeordnet, jedoch getrennt von der<br />

jeweiligen Wohnung vom Umgang aus erschlossen.<br />

Ebenso das Badezimmer („Stationsbad“),<br />

das derart die Bewohnerinnen veranlasst, aus<br />

ihrem engeren Privatbereich der Wohnung herauszutreten,<br />

um ein Vollbad nehmen zu können.<br />

Dies ist ein baulicher Kompromiss unter Beachtung<br />

der Heimmindestbauverordnung. Anderer-<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

Das Bayerische Staatsministerium<br />

für Arbeit und Sozialordnung,<br />

Familie, Frauen und<br />

Gesundheit empfiehlt in<br />

einem Schreiben vom<br />

24.5.2000 (Aktenzeichen VII<br />

9/8932/14/00) für Wohngemeinschaften<br />

in Altenheimen<br />

die Beachtung des Kapitels<br />

„Küchen zum Kochen mit<br />

Bewohner/innen“ aus dem<br />

Entwurf der „Leitlinie für eine<br />

gute Lebensmittelhygienepraxis<br />

in stationären Einrichtungen“<br />

des <strong>Deutsche</strong>n<br />

Caritas-Verbandes. Hierin<br />

wird der private Charakter<br />

von Küchen, in denen Bewohner<br />

selbst kochen, herausgestellt.<br />

Unter Bezugnahme auf<br />

dieses Schreiben gibt es bei<br />

Gesundheits- und Veterinärämtern<br />

in Bayern positive<br />

Resonanz.<br />

seits werden dadurch die Hausgemeinschafts-<br />

Wohnungen von jeglicher „Zusatzfunktionalität“<br />

befreit und erreichen einen hohen Grad an<br />

Normalität.<br />

Architektur sowie Raum- und Funktionsprogramm<br />

sind insgesamt bestens geeignet, pflegebedürftigen<br />

und besonders auch verwirrten alten<br />

Menschen die ihnen gemäße Wohn- und Lebensqualität<br />

zukommen zu lassen.<br />

Im Vergleich zu herkömmlichen Pflegeheimen<br />

und zu andern-orts realisierten Hausgemeinschaften<br />

fällt auf, dass der Seniorenwohnpark<br />

in Dießen den „Strang der Zentralität“ hinsichtlich<br />

Großküche und Wäscherei durchtrennt hat.<br />

Dennoch ist eine Heimstruktur mit einem eher<br />

kargen Hausgemeinschafts-Raumprogramm entstanden,<br />

eine besondere Art Altenpflegeheim<br />

also mit unkonventioneller Raumstruktur, mit<br />

äußerst reizvollen Standortqualitäten und einer<br />

ebenso reizvollen architektonischen Gestaltung.<br />

69


70<br />

Projektbeispiele<br />

Das BRK-Altenheim Altötting<br />

Kurzprofil:<br />

BRK-Altenheim Altötting als mehrgliedrige Altenhilfeeinrichtung: Schaffung<br />

eines Wohnhauses (derzeit kurz vor Fertigstellung des Rohbaus) für pflegebedürftige<br />

und demenzerkrankte ältere Menschen mit insgesamt 62 Plätzen<br />

(das sind zwei Hausgemeinschaften mit je sieben Plätzen im EG, darüber Wohnbereichspflege<br />

im 1. bis 3. OG mit weiteren 48 Plätzen) durch Ersatzneubau auf<br />

dem Terrain des ehemaligen Ostflügels (mit seinerzeit 86 Dauerpflegeplätzen auf<br />

drei Pflegestationen) inklusive der Fläche des alten Baukerns für Erstellung eines<br />

Haupteingangsbereiches mit barrierefreier vertikaler Erschließung sowie mit<br />

einer Sozialstation, Verwaltung und Kapelle.<br />

Architekt: Büro Hanfstingl, Altötting. Bauherr: Bayerisches Rotes Kreuz<br />

Kreisverband Altötting. Der 1989 modernisierte Westflügel umfasst 42 Appartements<br />

neueren Standards für ältere Bewohnerinnen und Bewohner.<br />

Der Kreisverband des Bayerischen Roten Kreuzes<br />

Altötting verfügt als Träger stationärer<br />

Altenhilfeeinrichtungen im Landkreis Altötting<br />

über ca. 200 Pflege- und 50 Wohnplätze in zwei<br />

Alten- und Pflegeheimen, zudem über jeweils<br />

zwölf Kurzzeitpflege- und Tagespflegeplätze. Ein<br />

weiterer Arbeitsschwerpunkt des Kreisverbandes<br />

liegt im Sektor ambulanter Dienste.<br />

Südlicher Zugang zum Kernbereich<br />

des BRK-Altenheims<br />

Altötting: Die Einrichtung<br />

befindet sich an einem geradezu<br />

einem idealen Standort<br />

in unmittelbarer Nähe des<br />

Stadtzentrums in einem<br />

verkehrsberuhigten Wohnquartier.<br />

Das Altenheim<br />

entwickelte sich aus einem<br />

vor gut einem Jahrhundert<br />

gebauten Krankenhaus.<br />

Daran erinnert der mittlere<br />

auf dem Foto rechts abgebildete<br />

Gebäudeteil, der<br />

gemeinsam mit dem alten<br />

Ostflügel dem Ersatzneubau<br />

weichen musste. (Westflügel<br />

mit 42 Appartements siehe<br />

auf dem Foto links.)<br />

Das BRK-Altenheim Altötting als mehrgliedrige<br />

Altenhilfeeinrichtung mit vormals insgesamt<br />

131 Plätzen setzte sich aus drei unterschiedlichen<br />

Gebäudeteilen unterschiedlicher Baujahre zusammen,<br />

nämlich dem 1989 in Betrieb genommenen<br />

Appartementneubau des Westflügels,<br />

dem mittleren Kernteil aus dem Jahre 1905 (mit<br />

Haupteingang und einer zwei Geschosse über-


Der KDA-Vorentwurf von<br />

1998 für den Ersatzneubau<br />

auf dem Grundstücksteil des<br />

Ostflügels enthält bereits die<br />

wesentlichen Komponenten<br />

der späteren Ausführung:<br />

Das KDA-Gutachten zur<br />

Modernisierung des Ostflügels<br />

erbrachte, dass die für<br />

den Ostflügel beabsichtigte<br />

Umstrukturierung sich im<br />

Bestand nur unzulänglich<br />

verwirklichen ließe. Ungleich<br />

bessere Entwicklungsmöglichkeiten<br />

ergeben sich<br />

für ein Wohnhaus mit Hausgemeinschaften<br />

für pflegebedürftige<br />

und/oder<br />

verwirrte ältere Menschen<br />

durch einen Neubau auf dem<br />

Grundstücksteil des Ostflügels.<br />

Für die Neubauplanung<br />

waren unter anderem<br />

folgende Implikationen<br />

unverzichtbar:<br />

• Vermeidung von „Anstaltsarchitektur“,<br />

• Geschosshöhen wie im<br />

normalen Wohnungsbau,<br />

• barrierefreie Erschließung,<br />

• eine angemesse Platzzahl,<br />

• Anbindung an den<br />

Westflügel,<br />

• Erhalt des reizvoll<br />

gestalteten Gartens.<br />

Bei einer angenommenen<br />

dreigeschossigen Bauweise<br />

und einer zu berücksichtigenden<br />

Abstandsfläche (ca. 9 m<br />

im Osten und Süden) verbleibt<br />

eine überplanbare<br />

Grundstücksfläche von ca.<br />

1.750 qm. Der Konzeptionsund<br />

Bebauungsvorschlag des<br />

<strong>Kuratorium</strong>s <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />

nutzt den eng gefassten<br />

Planungsspielraum: Ein aufgelockerter<br />

Baukörper entwickelt<br />

sich vom Kernbereich<br />

in östlicher Richtung mit Ausuferungen<br />

nach Norden und<br />

Süden. So entstehen unterschiedlich<br />

ausgeformte Freiräume.<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

Erdgeschossig werden zwei<br />

Hausgemeinschaften gebildet,<br />

wobei jede der beiden<br />

Gemeinschaften sieben Plätze<br />

umfasst. Zentrum und<br />

Lebensmittelpunkt für jede<br />

Hausgemeinschaft ist ihr Gemeinschaftsraum,<br />

der sich in<br />

beiden Fällen nach Süden zum<br />

Garten hin orientiert. Die vertikale<br />

Erschließung der beiden<br />

Hauseinheiten wird auf die<br />

Gebäude-Nordseite verlegt,<br />

wobei der zentrale Hauseingang<br />

selbst auf der Südseite<br />

vorgesehen ist. Unmittelbar<br />

hinter der Haupterschließung<br />

des Kernbereichs befindet<br />

sich, auf gleichem Niveau wie<br />

die Hausgemeinschaften, die<br />

Tagespflege, die von der Gartenstraße<br />

erschlossen wird<br />

und zusätzlich einen Zugang<br />

zum Garten erhält. Auf dieser<br />

Grundlage lassen sich in den<br />

Obergeschossen Wohn-/<br />

Pflegebereiche herausbilden,<br />

die auf jeder Ebene maximal<br />

17 Bewohnerplätze umfassen.<br />

Analog den Gemeinschaftsräumen<br />

im Erdgeschoss befindet<br />

sich der große, gegebenenfalls<br />

teilbare Wohn-/<br />

Gruppenraum im Zentrum,<br />

die Nordseite bleibt der Erschließung<br />

und den Betriebsräumen<br />

vorbehalten.<br />

Technisch unproblematisch ist<br />

die Aufstockung um ein weiteres<br />

– drittes – Geschoss für<br />

einen zusätzlichen Wohn-/<br />

Pflegebereich. Dieser könnte<br />

unter Wahrung der sich hier<br />

vergrößernden Abstandsfläche<br />

maximal 13 Plätze<br />

umfassen. Mit einem 3. Obergeschoss<br />

wäre – so der<br />

Bebauungsvorschlag im KDA-<br />

Vorentwurf – eine Gesamtkapazität<br />

von maximal<br />

61 Plätzen zu erzielen,<br />

planungsrechtliche und<br />

städtebauliche Akzeptanz<br />

einmal vorausgesetzt.<br />

71


72<br />

Projektbeispiele<br />

Grundriss<br />

Erdgeschoss<br />

greifenden Kapelle) sowie einem 1955 errichteten<br />

Ostflügel, der 1986 in ein Altenpflegeheim<br />

mit 86 Plätzen auf drei Pflegestationen umgebaut<br />

worden war.<br />

Im Westflügel befinden sich 42 Appartements<br />

für ältere Bewohnerinnen und Bewohner mit<br />

geringem Hilfe- und Pflegebedarf. Die Qualität<br />

dort entspricht heutigen Standards. Der Ostflügel<br />

hingegen wies trotz einer erst relativ kurz zurückliegenden<br />

Sanierungsmaßnahme Ende der achtziger<br />

Jahre erneut einen erheblichen baulich/<br />

technischen Modernisierungsbedarf auf. In der<br />

Phase der Konzeptentwicklung wurde im Dialog<br />

mit dem <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> der<br />

anfängliche Plan einer sogenannten „Beschützenden<br />

Station“ nach einem Wohngruppenkonzept<br />

mit spezialisierten Raumbereichen aufgegeben.<br />

Der gesamten Ostflügel wurde daraufhin in<br />

eine Konzeption eingebunden, die sich auf die<br />

Bedürfnisse pflegebedürftiger, verwirrter älterer<br />

Menschen im Rahmen einer möglichst normal<br />

gestalteten Wohnsituation (Wohnhaus, Hausge-<br />

meinschaften) konzentriert. Das Bauvorhaben ist<br />

als <strong>BMG</strong>-Modellprojekt anerkannt. Die Gesamtkosten<br />

für die 14 Hausgemeinschafts-Plätze im<br />

Ostflügel umfassen inklusive anteilige Gemeinschaftsflächen<br />

pro Platz 176.586,65 DM. Kernpunkt<br />

ist dabei eine kleinräumige Grundstruktur:<br />

Möglichst kleine Wohngruppen – hier Hausgemeinschaften<br />

für je sieben Personen – erlauben<br />

normales Leben innerhalb einer überschaubaren<br />

Gemeinschaft. Jede der beiden kleinen Hausgemeinschaften<br />

beinhaltet zwei Hauptkomponenten.<br />

Es gibt zum einen den privaten Bereich für<br />

jeden einzelnen Bewohner, das sind 100 Prozent<br />

Einzelzimmer als Voraussetzung für den Erhalt<br />

einer unabdingbar notwendigen Intimsphäre.<br />

Zum andern wird in jede der beiden Hausgemeinschafts-Wohnungen<br />

ein eigener Gemeinschaftsbereich<br />

implementiert. Dieser ist nach<br />

Süden zum Garten hin orientiert und bildet die<br />

lebendige Mitte des familienähnlichen Lebens in<br />

der Hausgemeinschafts-Wohnung. So werden<br />

Anbindungen ans tägliche Leben erreicht, insbe-


Grundriss<br />

1. Obergeschoss<br />

sondere sinnliche Stimulationen durch die täglich<br />

wiederkehrenden Haushaltstätigkeiten und die<br />

tagesstrukturierenden Aufgaben, an denen sich<br />

Bewohner und auch Angehörige beteiligen können<br />

und auch sollten. Der Gemeinschaftsbereich<br />

besteht aus einem großzügig dimensionierten<br />

Wohn-/Esszimmer mit integrierter Küche, das<br />

sich zur Südterrasse hin öffnet. Der Herd steht<br />

mitten im Raum. Zusätzlich gibt es auf Hausgemeinschafts-Ebene<br />

zwei kleine Hauswirtschaftsräume,<br />

Abstell- oder Speisekammern, einen<br />

„therapeutischen“ Snoezelenraum (zum Norden<br />

hin gelegen) und – separat erschlossen – vor der<br />

westlich gelegenen Hausgemeinschaft eine neutrale<br />

Damen- und Herrentoilette. Von beiden<br />

Hausgemeinschaften über ein zusätzliches Flurstück<br />

erreichbar sind das nach der Heimmindestbauverordnung<br />

notwendige Badezimmer mit<br />

freistehender Wanne, das Arbeitszimmer sowie<br />

ein weiteres neutrales WC und ein zusätzlicher<br />

Abstellraum. Der attraktive Außenbereich wird<br />

Modellprogramm zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger<br />

ergänzt durch einen östlich an den Neubau<br />

grenzenden Sinnesgarten und einen nordseitigen<br />

Hofgarten.<br />

Der Ersatzneubau sorgt zudem für eine barrierefreie<br />

vertikale Erschließung. Diese wird –<br />

unter anderem mittels Aufzug – für das gesamte<br />

Gebäude vom Kernbereich aus möglich. Der<br />

KDA-Vorschlag (siehe Seite 71) hatte noch einen<br />

weiteren separaten barrierefreien Eingang mit<br />

Aufzug allein für den Ostflügel vorgesehen. Darauf<br />

wurde allerdings in der Ausführungsplanung<br />

verzichtet. So ist ein barrierefreier getrennter Zugang<br />

zur Hausgemeinschafts-Ebene und den darüber<br />

liegenden Geschossen nicht möglich. Dies<br />

hat die Konsequenz, dass Bewohner und Besucher<br />

der östlich gelegenen Hausgemeinschaft,<br />

die nicht das nördliche zu den beiden Hausgemeinschaften<br />

führende Treppenhaus benutzen<br />

können, nur den einzigen barrierefreien Weg<br />

vom Haupteingang durch die Nachbar-Hausgemeinschaft<br />

nehmen müssen.<br />

73


74<br />

Anhang<br />

Literatur und Quellen<br />

Die hier vorgelegte Dokumentation zur Verbesserung der<br />

Situation Pflegebedürftiger steht in einer Entwicklungslinie,<br />

die insbesondere markiert wird durch die Schriften:<br />

¬ <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> (Hrsg.), Neue Konzepte für das<br />

Pflegeheim, Auf der Suche nach mehr Wohnlichkeit, vorgestellt<br />

Nr. 46, Köln 1988<br />

¬ <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> (Hrsg.), Planung humaner Pflegeheime<br />

– Erfahrungen und Empfehlungen, Architektur+Gerontologie<br />

<strong>Band</strong> 1, Köln 1997<br />

¬ Winter, Hans-Peter/Gennrich, Rolf/Haß, Peter, Hausgemeinschaften<br />

– Werkstattbericht zur Entwicklung familienähnlicher Wohn- und<br />

Lebensformen für pflegebedürftige und/oder verwirrte alte<br />

Menschen, Architektur +Gerontologie <strong>Band</strong> 2,<br />

<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> (Hrsg.), Köln 1999<br />

Weitere Literatur<br />

¬ Besselmann, Klaus/Sowinski,Christine/Rückert, Willi, Qualitätshandbuch<br />

Wohnen im Heim – Wege zu einem selbstbestimmten Leben,<br />

<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> (Hrsg.), Köln<br />

¬ Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA) (Hrsg.)/<br />

<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong>, BMA-<strong>Modellprojekte</strong> zur Verbesserung<br />

der Situation Pflegebedürftiger <strong>Band</strong> 1– 5/1997–1998<br />

¬ Bundesministerium für Gesundheit (<strong>BMG</strong>) (Hrsg.)/ <strong>Kuratorium</strong><br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong>, <strong>BMG</strong>-<strong>Modellprojekte</strong> zur Verbesserung der<br />

Situation Pflegebedürftiger <strong>Band</strong> 6–7/1999–2000<br />

¬ Claudia Eisenreich/Annette Scholl, Leben in familienähnlichen Wohnformen,<br />

Hausgemeinschaften, Hofjes, Cantous, ProALTER 1/98<br />

¬ <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> (Hrsg.), Qualitative Anforderungen<br />

an den Pflegeheimbau, Teil 1–5:<br />

Teil 1 Das Pflegezimmer, thema 112, Köln 1995<br />

Teil 2 Flure, thema 115, Köln 1996<br />

Teil 3 Wohngruppenräume, thema 123, Köln 1996<br />

Teil 4 Betriebsräume im Wohnbereich, thema 131, Köln 1997<br />

Teil 5 Zentrale Küchen- und Speisenversorgung, thema 133,<br />

Köln 1999<br />

¬ Christoph Ruhkamp, Klönen in der Küche, Schlager im Wohnzimmer,<br />

Betreute Wohngemeinschaft in Berlin, ProALTER 4/98<br />

¬ Annette Scholl, Im Anton-Pieck-Hofje leben Altersverwirrte in kleinen<br />

Wohngruppen, ProALTER 1/98<br />

¬ Sowinski, Christine/Gennrich, Rolf/Schmitt, Belinda/<br />

Schmitz, Thomas/Schwantes, Harro/Warlies, Christine,<br />

Organisation und Stellenbeschreibungen in der Altenpflege, Teil 1,<br />

<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> (Hrsg.), Forum 36, Köln 1999<br />

¬ Rudolf Welter, Über den Umgang mit Demenz aus umweltpsychologischer<br />

Sicht, System Familie (1998)11:23 –26<br />

¬ Hans-Peter Winter, Von den „Neuen Alten“ und den Verwirrten,<br />

Evangelische Impulse, 3/98<br />

Architekten/Projekte/Bauherren bzw. Träger<br />

¬ S.13, 58 – 61: Architektenbüro Dr. Brunzema, Bunge, Otte,<br />

Bielefeld/Seniorenzentrum Caroline Bertheau, Berlin-Spandau/<br />

Evangelisches Johannesstift Berlin<br />

¬ S. 26, 34, 35: KDA + Architekt Ulrich Rieger, Köln/Johanniterhaus<br />

Dannenberg, Satelliten in Quickborn und Clenze<br />

¬ S. 32: Architekt Prof. Günter Pfeifer, Johann-Friedrich-Stift, Lich/<br />

Oberhessisches Diakoniezentrum, Laubach<br />

¬ S. 33 o.: KDA + Architekt Ulrich Rieger, Köln/Projektplanung<br />

Altenhilfe Wetter/St.Elisabeth-Verein Marburg<br />

¬ S. 33 u.: Architektenbüro Eckhard Scholz, Senden/ Wohnhäuser für<br />

alte Menschen in der Kath. Kirchengemeinde St.Sebastian,<br />

Münster-Nienberge/Caritas-Betriebsführungs- und Trägergesellschaft<br />

Münster mbH<br />

¬ S. 36: Heimverbundene Hausgemeinschaft in Neun-Familien-<br />

Wohnhaus Auf dem Höhlchen/Altenhilfe Wetter/St. Elisabeth-<br />

Verein Marburg<br />

¬ S. 38, 40: Architekten Haslob-Hartlich + Partner, Bremen/Pflegeheim<br />

Stiftungsdorf Rablinghausen, Bremen/ Bremer Heimstiftung<br />

¬ S. 65– 69: Architekten Wolfgang Schinharl und Leonhard Höss,<br />

München/Seniorenwohnpark Dießen/Arbeiterwohlfahrt<br />

Bezirksverband Oberbayern, München<br />

¬ S. 70, 72,73: Architektenbüro Hanfstingl, Altötting/ BRK-Altenheim<br />

Altötting/Bayerisches Rotes Kreuz Kreisverband Altötting<br />

¬ S. 71: Gisela Crusius, Köln, KDA-Vorentwurf zu Neubau BRK-Altenheim<br />

Altötting/Bayerisches Rotes Kreuz Kreisverband Altötting<br />

Alle Skizzen, Pläne und Fotos wurden von den Trägern, Einrichtungen<br />

beziehungsweise von den Architekten zur Verfügung gestellt oder<br />

stammen, wenn nicht anders vermerkt, aus dem KDA-Archiv.<br />

Fotos<br />

¬ Titel, S. 57, 65: Archiv Architekten Wolfgang Schinharl und<br />

Leonhard Höss, München ¬ S. 14, 21: Susanne Bösel, Köln<br />

¬ S. 17, 36: Peter Haß, Köln ¬ S. 22, 41: Ralf Emmerich, Münster<br />

¬ S. 23, 29: Archiv Buchen-Hof, Bochum ¬ S. 39, 52: Archiv Bremer<br />

Heimstiftung ¬ S. 70: Archiv BRK Kreisverband Altötting<br />

Dank an dieser Stelle den Bildautorinnen und Bildautoren, die der<br />

Redaktion zum Teil leider unbekannt geblieben sind!<br />

Die Darstellungen der Projekte stützen sich unter anderem auf<br />

KDA-Expertisen (Gutachten, Raumprogramme, Baumassenstudien,<br />

Konzeptionsentwicklungen etc.) sowie auf Dokumentationen und<br />

Schriftwechsel des <strong>Kuratorium</strong>s <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong>. Unter anderem<br />

wurde auch auszugsweise auf Protokolle und schriftliche Projekt-<br />

Entwürfe der Architekturbüros, Träger und Einrichtungen zurückgegriffen.


Aus dem Inhalt:<br />

Definition einer Hausgemeinschaft<br />

• Eine Hausgemeinschaft ist eine räumliche und organisatorische<br />

Einheit, in der sechs bis acht ältere und pflegebedürftige<br />

Menschen leben.<br />

• Alle Pflege- und Betreuungsleistungen, die nicht von den<br />

Bewohnern selbst, den Angehörigen und/oder Freunden geleistet<br />

werden können, werden über die Präsenzkräfte im Zusammenhang<br />

mit den Tagesaktivitäten oder/und über den hauseigenen<br />

pflegerischen Dienst erbracht.<br />

• Hausgemeinschaften werden, anders als die Wohngemeinschaften,<br />

als zugelassene und pflegesatzfinanzierte vollstationäre<br />

Einrichtungen betrieben.<br />

Als Heime unterliegen sie unter anderem dem Heimgesetz.<br />

Das Bundesministerium für Gesundheit

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