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DISCUSSION PAPER Leibniz Institute of Agricultural ... - IAMO

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Entwicklungstendenzen landwirtschaftlicher Familienunternehmen in Russland seit 1990 19<br />

Der Tatsache, dass viele Haus-/Nebenwirtschaften für lokale Märkte produzieren, trägt die<br />

russische Statistik keine Rechnung.<br />

Im Jahr 2005 erzeugten Fermer-Betriebe und Haus-/Nebenwirtschaften zusammen 58,8 % des<br />

russischen Agrarprodukts. Die gegenwärtige Bedeutung von kleinen und Kleinstproduzenten in<br />

der russischen Landwirtschaft ist auf das kontinuierliche Wachstum der Haus-/Nebenwirtschaften<br />

im Verlauf der 1990er Jahre zurückzuführen. 25 Diese Entwicklung stand im Zusammenhang mit<br />

der russischen Transformationskrise: Auf die Engpässe in der Lebensmittelversorgung reagierte<br />

die russische Bevölkerung durch die eigene Produktion von Lebensmitteln. Es bleibt abzuwarten,<br />

inwiefern die Stabilisierung in der russischen Wirtschaft auch mit einem Rückgang der Haus-/<br />

Nebenwirtschaften einhergehen wird. Ungewiss ist bisher auch, inwiefern eine solche Tendenz<br />

positive Rückwirkungen auf die Entwicklung des Fermer-Sektors haben könnte.<br />

Bei der Auseinandersetzung mit den russischen Fermer-Betrieben ergibt sich ein wichtiges<br />

statistisches Problem: Da es für viele Familienunternehmen aus steuerlichen Gründen vorteilhafter<br />

ist, sich nicht als Fermer-Betrieb, sondern als Hauswirtschaft zu auszuweisen, kann davon<br />

ausgegangen werden, dass in der Kategorie der chozjajstva naselenija zu einem nicht unbedeutenden<br />

Prozentteil auch Fermer-Betriebe erfasst werden (PETRIKOV et al., 2000; WORLD BANK,<br />

2002). Damit entziehen diese sich zwar der staatlichen Kontrolle, erschweren sich zugleich jedoch<br />

den Zugang zu Krediten oder staatlichen Fördermitteln.<br />

Offensichtlich bietet das russische Steuersystem den Fermern wenig Anreize für <strong>of</strong>fizielles<br />

Wirtschaften. Vielerorts ist deswegen die Wiederbelebung naturalwirtschaftlicher Beziehungen<br />

zu beobachten: Angestellte oder Lieferanten erhalten dann ihre Vergütung in Form von landwirtschaftlichen<br />

Erzeugnissen oder anderer Dienstleistungen, wie z.B. dem Verleih von Maschinen<br />

etc. (KOZLOV, 2004). Dies macht es sehr schwierig, die Bedeutung von Fermer-Betrieben<br />

anhand von quantitativen Kennzahlen zu erfassen.<br />

Es muss deswegen davon ausgegangen werden, dass die russische Agrarstatistik erheblichen<br />

Verzerrungen unterliegt. Realistische Daten zur russischen Landwirtschaft können wahrscheinlich<br />

nur im Rahmen von regionalen Feldstudien ermittelt werden. Zweifelhaft ist außerdem,<br />

ob die gegenwärtige methodische und rechtliche Unterscheidung von Fermer-Betrieben und<br />

Haus-/Nebenwirtschaften der Realität überhaupt gerecht werden kann.<br />

Mit der Verabschiedung des Nationalen Projekts "Entwicklung der Landwirtschaft" im Jahr 2005<br />

wurde von Seiten des russischen Staates die Bedeutung von Fermer-Betrieben und Hauswirtschaften<br />

für die russische Landwirtschaft ausdrücklich anerkannt. Die im Rahmen des<br />

Nationalen Projekts "Entwicklung der Landwirtschaft" verbesserten Möglichkeiten für die<br />

Ausstattung mit Krediten geben potentiellen Produzenten sicher Anreize, eine wirtschaftliche<br />

Tätigkeit aufzunehmen bzw. – im Falle eines Rückzugs in die Hauswirtschaft – diese auch<br />

<strong>of</strong>fiziell auszuweisen. Ob mit Hilfe des Nationalen Projekts die Produktion in landwirtschaftlichen<br />

Kleinbetrieben weiter ausgebaut bzw. effektiver gestaltet werden kann, ist allerdings<br />

fraglich. Da das Projekt nicht von administrativen Reformen begleitet wird, lässt sich das<br />

Problem informellen Wirtschaftens in der russischen Landwirtschaft in näherer Zukunft wahrscheinlich<br />

kaum lösen.<br />

25 Vgl.: Rossijskij statističeskij ežegodnik, 2004. Tab. 15.2: Produkcija sel’skogo chozjajstva po kategorijam<br />

chozjajstv, S. 417 sowie Tab. 15.3.: Struktura produkcii sel’skogo chozjajstva po kategorijam chozjajstv, S. 418.

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