Bambus ist das grösste Gras der Welt, hart wie Stein, zäh ... - Natürlich
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<strong>Bambus</strong> –ein Ha<br />
<strong>Bambus</strong> <strong>ist</strong> <strong>das</strong> <strong>grösste</strong> <strong>Gras</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Welt</strong>, <strong>hart</strong> <strong>wie</strong> <strong>Stein</strong>,<br />
<strong>zäh</strong> <strong>wie</strong> Stahl und leicht <strong>wie</strong><br />
eine Fe<strong>der</strong>. Vielfältig sind<br />
seine Verwendungsmöglichkeiten:<br />
als Baustoff, für<br />
Möbel, als Geräte o<strong>der</strong><br />
Nahrungsmittel. Sogar als<br />
Arznei erfüllt er seinen<br />
Zweck.<br />
Text und Fotos: Bruno Vonarburg<br />
Der Dichter Aimé Humbert schreibt:<br />
«Es gibt nichts, <strong>das</strong> malerischer wäre<br />
in <strong>der</strong> Landschaft als diese hohen<br />
Stängel, grün, blank, golden schimmernd,<br />
mit buschigen Wipfeln; und rund um<br />
die Hauptstämme diese schlanken und geschmeidigen<br />
Schösslinge mit ihren geschmückten<br />
Häuptern; und diese Vielzahl<br />
langer Blätter, die dem Wind preisgegeben<br />
flattern, <strong>wie</strong> Tausende von wehenden Spruchbän<strong>der</strong>n.»<br />
In <strong>der</strong> Tat: Das zur botanischen Familie<br />
<strong>der</strong> Gräser <strong>zäh</strong>lende exotische Riesenrohr hat<br />
etwas Faszinierendes und es wirkt sehr elegant.<br />
Die einheimischen Gewächse Mais,<br />
Weizen, Hafer, Gerste und Roggen <strong>zäh</strong>len botanisch<br />
gesehen zur selben Familie <strong>wie</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Bambus</strong>. Man kennt rund 1000 Sorten <strong>der</strong><br />
<strong>Bambus</strong>oideae (<strong>Bambus</strong>gewächse), die wild<br />
in den tropischen und subtropischen Län<strong>der</strong>n<br />
vorkommen. Das Hauptverbreitungsgebiet<br />
liegt in Ostasien: China, Japan, Burma,<br />
Indien, Nepal, auf dem Malaiischen Archipel<br />
und im Himalaja bis auf 3000 Meter Höhe.<br />
Aber auch in Afrika, Nordaustralien und
Südamerika sind wild wachsende <strong>Bambus</strong>arten<br />
vertreten. Zu den bekanntesten Gattungen<br />
gehören: Dendrocalamus, Arundinaria,<br />
<strong>Bambus</strong>a, Melocanna und Phyllostachys.<br />
Fossilienfunde aus <strong>der</strong> Braunkohlezeit<br />
zeigen, <strong>das</strong>s die Riesengräser auch bei uns<br />
heimisch waren, jedoch in einer massiven<br />
Trockenzeit des Tertiärs ausstarben. Deshalb<br />
finden wir heute in Europa keinen<br />
wild wachsenden <strong>Bambus</strong> mehr.<br />
Bis 45 Meter hoch<br />
Die Zwerg- o<strong>der</strong> Riesensprosse des <strong>Bambus</strong><br />
besitzt infolge <strong>der</strong> Kieselsäurespeicherung<br />
die Eigenschaft, zu verholzen, stein<strong>hart</strong><br />
zu werden und trotzdem elastisch zu<br />
bleiben. Der einzelne Trieb besteht aus<br />
einer regelmässigen Aufeinan<strong>der</strong>folge von<br />
Internodien und Nodien (Knoten). Das<br />
Mark <strong>ist</strong> nur in den Nodien vorhanden,<br />
während die Internodien hohl sind. Unterirdisch<br />
besitzen die me<strong>ist</strong>en <strong>Bambus</strong>se<br />
ein dicht verzweigtes Wurzelnetz, mit<br />
dem sich die Pflanze ausbreitet und durch<br />
Ausläufer vermehrt.<br />
Manche Arten sind nur wenige Zentimeter<br />
hoch (z.B. Pleioblastus pygmaeus),<br />
an<strong>der</strong>e <strong>wie</strong><strong>der</strong>um (z.B. Phyllostachys<br />
viridiglaucescens) überschreiten selbst<br />
in unseren Breitengraden eine Höhe von<br />
10 Metern. An Naturstandorten erreichen<br />
einige <strong>Bambus</strong>arten Höhen bis zu 45 Meter<br />
mit einem Halmdurchmesser von gegen<br />
35 Zentimetern. Der Schildkrötenbambus<br />
z. B. besitzt ein kreuzgefächertes Muster<br />
auf dem Stamm, womit jedes Segment<br />
einem Schildkrötenpanzer ähnelt. Der<br />
Goldene <strong>Bambus</strong> <strong>ist</strong> eine <strong>der</strong> kostbarsten<br />
Formen mit reizenden Goldtönen an<br />
den Stämmen. Der Sesambambus dagegen<br />
<strong>ist</strong> mit einem Muster <strong>wie</strong> von schwarz<br />
verstreuten Sesamsamen verziert; <strong>der</strong><br />
Schwarze <strong>Bambus</strong> kennzeichnet sich durch<br />
einen schwarzen Stamm, welcher mit<br />
zunehmendem Alter gelb wird. Den Grossblättrigen<br />
<strong>Bambus</strong> erkennt man an seinen<br />
grossen, bis 60 cm langen und 12 cm<br />
breiten, lanzettlichen Blättern.<br />
Im vorletzten Jahrhun<strong>der</strong>t schuf <strong>der</strong><br />
Botaniker Eugène Mazel einen <strong>Bambus</strong>park<br />
in Frankreich (siehe Kasten auf<br />
Seite 44). Er weilte in Asien, um Maulbeerbäume<br />
für die Seidenraupenzucht zu<br />
studieren. Dabei begegnete er dem <strong>Bambus</strong>.<br />
Bege<strong>ist</strong>ert von dem exotischen, in<br />
Europa praktisch unbekannten Gewächs,<br />
brachte er bei seiner Rückkehr nach<br />
Frankreich einige Exemplare mit. Sie gediehen<br />
gut und dank weiterer Reisen<br />
hatte er schon bald einen prächtigen Park<br />
mit über 100 <strong>Bambus</strong>sorten. Bis zum<br />
heutigen Tag werden sie gehegt und gepflegt<br />
und <strong>der</strong> Öffentlichkeit zugänglich<br />
gemacht.<br />
Zierholz im Garten<br />
Seit Mazel vor über 200 Jahren den <strong>Bambus</strong><br />
von Asien nach Frankreich importierte,<br />
hat <strong>das</strong> fremdartige Riesengras in<br />
<strong>der</strong> europäischen Bevölkerung zahlreiche<br />
Bewun<strong>der</strong>er gefunden. Die so genannten<br />
«Gräser <strong>der</strong> Superlative» wurden immer<br />
mehr als Kulturpflanzen angebaut, so<br />
<strong>das</strong>s <strong>der</strong> <strong>Bambus</strong> heutzutage in unseren<br />
Parks und Zieranlagen keine Seltenheit<br />
mehr <strong>ist</strong>. Die Differenzierung <strong>der</strong> häufig<br />
sehr ähnlich aussehenden Anbauarten <strong>ist</strong><br />
oft nicht leicht, zumal ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal,<br />
die Blüte, praktisch<br />
nicht zur Verfügung steht. Bei manchen<br />
Sorten sind sich die Botaniker sogar<br />
uneinig, zu welcher Gattung sie eingestuft<br />
werden können. So kommt es vor,<br />
<strong>das</strong>s einige <strong>Bambus</strong>se unter zwei o<strong>der</strong><br />
mehreren Namen bekannt sind.<br />
Für den Anbau in Haus- und Ziergarten<br />
eignen sich in unseren Breitengraden<br />
nur winter<strong>hart</strong>e Sorten, welche in<br />
Baumschulen und Gartenzentren erhältlich<br />
sind. Diesbezüglich gibt es hohe<br />
Arten <strong>wie</strong> Phyllostachys viridiglaucescens<br />
(6–9 Meter hoch), mittelhohe (3–5 Meter<br />
hoch mit pechschwarzen Halmen) als<br />
Phyllostachys nigra var. punctata, kleinwüchsige<br />
(1,5–3,5 Meter hoch – in Horst<br />
wachsende) als Fargesia murielae, niedrige<br />
(0,5–1 Meter hoch mit quirlig stehen-<br />
Chrüteregge GESUNDHEIT<br />
uch Exotik im Garten<br />
dem Blattwerk) als Shibataea kumasasa<br />
so<strong>wie</strong> als Bodendecker (0,8 Meter hoch)<br />
als Pleioblastus pummilus.<br />
Unbändige Lebenskraft<br />
Der <strong>Bambus</strong> besitzt viele Facetten: Furchterregend<br />
und beängstigend <strong>ist</strong> <strong>das</strong> Knattern<br />
seiner Stämme, wenn sie <strong>der</strong> Wind aneinan<strong>der</strong><br />
schlägt. Sanft <strong>ist</strong> <strong>das</strong> Flüstern<br />
seiner Blätter – eine Geräuschkulisse seltenster<br />
Art. Explosiv verhält er sich im<br />
Feuer. Im Winter, wenn <strong>der</strong> <strong>Bambus</strong> unter<br />
<strong>der</strong> Schwere des Schnees sich bogenförmig<br />
zu Boden neigt, erscheint er als ein geduldiger<br />
Lastenträger. Doch <strong>das</strong> interes-<br />
Horstbildende <strong>Bambus</strong>art: Anbau im Ziergarten<br />
<strong>Natürlich</strong> | 6-2004 43
santeste Gesicht enthüllt uns <strong>das</strong> Riesengras<br />
mit seinem schnellen Wachstum.<br />
Im Frühling, wenn die Pflanze nach<br />
den Regentagen zu spriessen beginnt,<br />
schiessen die Triebe mit atemberauben<strong>der</strong><br />
Geschwindigkeit aus dem Boden, als würden<br />
sie an einem Wettlauf teilnehmen. Ihr<br />
Wachstum <strong>ist</strong> geradezu verblüffend, fast<br />
so schnell <strong>wie</strong> sich <strong>der</strong> Zeiger einer<br />
Kirchenuhr bewegt. Auf <strong>der</strong> Brissago-Insel<br />
im Tessin, wo die Boden- und Klimaverhältnisse<br />
für den <strong>Bambus</strong> äusserst<br />
günstig sind, können die Sprosse im Tag<br />
30 Zentimeter und mehr emporwachsen.<br />
Der absolute <strong>Welt</strong>rekord wurde in Japan<br />
beim Madake-<strong>Bambus</strong> in <strong>der</strong> <strong>Bambus</strong>stadt<br />
Kyoto gemessen, wo <strong>das</strong> tägliche Wachstum<br />
121 Zentimeter betrug.<br />
Möglich wird diese phänomenale<br />
Schuble<strong>ist</strong>ung durch eine spezielle Entfaltungstechnik,<br />
die <strong>der</strong> einer automatischen<br />
Teleskopantenne ähnelt. Aus einem<br />
verzweigten Wurzelstock (Rhizom) brechen<br />
kurze spitze Triebe ans Licht. Wenn<br />
man diese <strong>der</strong> Länge nach aufschneidet,<br />
kann man erkennen, <strong>wie</strong> in jedem Spross<br />
die typische <strong>Bambus</strong>struktur mit <strong>der</strong><br />
<strong>Bambus</strong>-Park in Frankreich<br />
Ein einmaliges Erlebnis <strong>ist</strong> ein Besuch des<br />
<strong>Bambus</strong>-Parks «La Bambouseraie-Prafrance»<br />
bei Anduze in <strong>der</strong> französischen Provence.<br />
Neben mehr als 200 verschiedenen <strong>Bambus</strong>arten<br />
wachsen in diesem 34 Hektar grossen<br />
und über 150 Jahre alten Park auch Orchideen,<br />
Azaleen, Magnolien o<strong>der</strong> Kamelien.<br />
Geöffnet <strong>ist</strong> <strong>der</strong> Park vom ersten März bis<br />
zum 15. November, täglich ab 9.30 Uhr.<br />
Der Eintritt kostet für Erwachsene 6.50 Euro<br />
und für Kin<strong>der</strong> 4 Euro.<br />
Weitere Infos auch in Deutsch unter:<br />
www.bambouseraie.fr<br />
44 <strong>Natürlich</strong> | 6-2004<br />
endgültigen Zahl <strong>der</strong> Zwischenwände<br />
(Diaphragmen), Knoten (Nodien) und<br />
Rohrglie<strong>der</strong> (Internodien) vollständig angelegt<br />
<strong>ist</strong>. Um seine endgültige Höhe zu erreichen,<br />
braucht er etwa 2 Monate. Später<br />
bilden sich dann an den Nodienwülsten<br />
buschige Seitenzweige mit hellgrünen,<br />
spitzlanzettlichen <strong>Gras</strong>blättern aus.<br />
<strong>Bambus</strong>-Blütenfest<br />
Wer einmal den <strong>Bambus</strong> im blühenden<br />
Zustand zu sehen bekommt, darf sich wirklich<br />
glücklich schätzen. Das Blühen <strong>ist</strong><br />
ein seltenes Ereignis, welches sich kaum<br />
vorausberechnen lässt.<br />
Jede <strong>Bambus</strong>art hat für seinen Blütentermin<br />
einen eigenen, möglicherweise genetisch<br />
vorprogrammierten Zeitplan. Manche<br />
Spezies blühen alle 20, 50, 100 o<strong>der</strong><br />
120 Jahre, an<strong>der</strong>e <strong>wie</strong><strong>der</strong>um alle 60 o<strong>der</strong> 80<br />
Jahre und zwar kollektiv, <strong>das</strong> heisst <strong>Bambus</strong>se<br />
einer Art blühen gleichzeitig auf<br />
<strong>der</strong> ganzen <strong>Welt</strong>, egal ob die Art in Asien,<br />
Europa o<strong>der</strong> Afrika wächst.<br />
Wenn <strong>der</strong> <strong>Bambus</strong> blüht, erschafft er<br />
keine farbenprächtige <strong>Welt</strong> von pflanzlicher<br />
Schönheit, son<strong>der</strong>n er bleibt bescheiden.<br />
Oft unbemerkt spriessen grünliche<br />
Reisähren, an denen die Staubfäden hängen.<br />
Jedes Ährchen besitzt mehrere Blüten<br />
mit drei o<strong>der</strong> sechs Staubblättern.<br />
Während <strong>der</strong> Blütezeit, die etwa 2 Jahre<br />
dauert, verliert <strong>der</strong> <strong>Bambus</strong> zusehends<br />
an Grün, da sich die Photosynthese reduziert.<br />
Die in den Rhizomen (me<strong>ist</strong> unterirdisch<br />
o<strong>der</strong> dicht über dem Boden wachsendes<br />
Sprossachsensystem) eingelagerten<br />
Reservestoffe werden gänzlich aufgebraucht,<br />
die ganze Kraft wird auf die<br />
Samenbildung konzentriert. Der <strong>Bambus</strong><br />
verausgabt sich während <strong>der</strong> Blüte <strong>der</strong>massen,<br />
<strong>das</strong>s die Halme danach gewöhnlich<br />
absterben. Dies bedeutet in asiatischen<br />
Län<strong>der</strong>n oft eine grosse Einbusse. Als 1970<br />
<strong>der</strong> Madake-<strong>Bambus</strong> in Japan blühte, verlor<br />
<strong>Bambus</strong>flor: Blüht nach genetisch<br />
vorprogrammiertem Zeitplan<br />
die einheimische Industrie auf einen<br />
Schlag 400 000 Stück Bau- und Nutzholz.<br />
Ganze <strong>Bambus</strong>wäl<strong>der</strong> können nach <strong>der</strong><br />
Blütezeit in einem wilden Chaos <strong>der</strong> abgestorbenen<br />
Rohre in sich zusammenbrechen<br />
und es dauert oft Jahrzehnte, bis<br />
<strong>wie</strong><strong>der</strong> neue Triebe aus <strong>der</strong> verkümmerten<br />
Erde hervorbrechen.<br />
Als 1996 <strong>der</strong> Schirmbambus (Sinarundinaria<br />
murielae) sein Blütenfest feierte, sind<br />
im Tessin ganze Horste in sich zerfallen.<br />
Beson<strong>der</strong>es Rohr<br />
In <strong>der</strong> gesamten asiatischen Kultur spielt<br />
<strong>der</strong> <strong>Bambus</strong> eine bedeutende Rolle. Was<br />
würde ein Chinese o<strong>der</strong> Japaner ohne<br />
<strong>Bambus</strong> tun. Er benutzt ihn, um <strong>das</strong> Dach<br />
zu decken, <strong>das</strong> Bett zu bauen, als Trinkbecher<br />
und Esslöffel; er bewässert die Äcker<br />
mit seinen Rohren, erntet die Fel<strong>der</strong> mit<br />
Hilfe von <strong>Bambus</strong>werkzeugen o<strong>der</strong> siebt<br />
<strong>das</strong> Korn mit seinem Rohrgeflecht. Man<br />
kann sogar aus dem Holz Musikinstrumente,<br />
Teesiebe o<strong>der</strong> Picknickkörbe herstellen.<br />
Die Pflanze <strong>ist</strong> ausserdem reich an<br />
Zellulose, was in <strong>der</strong> Papierherstellung genutzt<br />
wird. <strong>Bambus</strong> statt Plastik heisst die<br />
Devise des Asiaten, wobei <strong>das</strong> ganze Leben<br />
von <strong>der</strong> Wiege bis zur Bahre von diesem<br />
exklusiven Riesengras begleitet wird.<br />
Ein engagierter Chinese hat einmal ausgerechnet,<br />
<strong>das</strong>s es mehr als 1300 Verwendungsmöglichkeiten<br />
gibt.<br />
Das Wun<strong>der</strong>rohr <strong>ist</strong> <strong>hart</strong> <strong>wie</strong> <strong>Stein</strong>, <strong>zäh</strong><br />
<strong>wie</strong> Stahl und doch so leicht <strong>wie</strong> eine Fe<strong>der</strong>.<br />
Beim Trocknen verliert es 40 bis 70 Prozent<br />
seines Gewichts und eignet sich deshalb als<br />
Nodie: Knoten des <strong>Bambus</strong>rohrs
Baumaterial mit hoher Biegefestigkeit. Die<br />
asiatischen Baume<strong>ist</strong>er haben schon früh<br />
die Vorteile <strong>der</strong> pflanzlichen Leichtbauweise<br />
erkannt und spezielle Bau- und<br />
Brückenkonstruktionen entwickelt. In <strong>der</strong><br />
Volksrepublik China hängen <strong>Bambus</strong>brücken<br />
schon seit Jahrtausenden an gedrehten<br />
Seilen. Ein h<strong>ist</strong>orisches Werk<br />
stellt die Seilbrücke über den Min-Fluss in<br />
Setschun dar, die schon seit 1000 Jahren<br />
den 70 Meter breiten Fluss überspannt.<br />
Auch in <strong>der</strong> Tierwelt wird <strong>der</strong> <strong>Bambus</strong><br />
geschätzt. Insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Riesenpanda,<br />
<strong>der</strong> in den Wäl<strong>der</strong>n Westchinas lebt,<br />
ernährt sich ausschliesslich von seinen<br />
Blättern und Sprossen. Selbst für den Berggorilla<br />
aus den Mischwäl<strong>der</strong>n von Ostzaire<br />
<strong>ist</strong> <strong>der</strong> Spross eine Leibspeise.<br />
Heilwert des <strong>Bambus</strong><br />
Doch nicht nur <strong>der</strong> Panda geniesst die<br />
<strong>Bambus</strong>sprossen. Vor allem in <strong>der</strong> chinesischen<br />
Küche finden sie reichlich Verwendung.<br />
So sind sie zum Beispiel Bestandteil<br />
des leckeren Gemüse-Eintopfs Chop Suey.<br />
Die spargelartigen Triebe mit einer Höhe<br />
von nicht mehr als 20 Zentimeter besitzen<br />
ein zartes Gewebe, <strong>das</strong> man in Salzwasser<br />
weich kocht. Doch nicht je<strong>der</strong> <strong>Bambus</strong><br />
schmeckt: Während bestimmte Arten ganz<br />
schmackhafte Sprossen hervorbringen,<br />
sind sie bei an<strong>der</strong>en ungeniessbar bitter.<br />
Der <strong>Bambus</strong> findet auch als Heilmittel<br />
Verwendung. Die Pflanze bringt Halt und<br />
Stütze, was bereits seine Signatur verspricht.<br />
Der zarte Spross, welcher im Frühling<br />
aus dem Boden entspringt, verhärtet<br />
sich zu einem unzerbrechlichen, meterhohen<br />
Stab. In seiner Festigkeit <strong>ist</strong> er<br />
<strong>das</strong> Sinnbild <strong>der</strong> senkrechten Statik. Als<br />
Haus aus <strong>Bambus</strong>rohren:<br />
la Bambouseraie-Profrance in Anduze<br />
Arznei bringt er dem Menschen Rückhalt<br />
und Flexibilität, was sich beim Einsatz<br />
bei Rückenschmerzen und Bandscheibenschäden<br />
bestätigt. Der <strong>Bambus</strong>stängel <strong>ist</strong><br />
reich an Kieselsäure – immerhin bis zu 77<br />
Prozent Anteil. Das wirkt sich <strong>wie</strong><strong>der</strong>um<br />
auf die Gelenke positiv aus. Kieselsäuren<br />
sind die Sauerstoffsäuren des Siliziums.<br />
Das so genannte Stützmineral <strong>ist</strong> ein wichtiger<br />
Baustoff für Knochen und Haut und<br />
regt die Kollagensynthese im Knochenund<br />
Bindegewebe an. Das <strong>wie</strong><strong>der</strong>um för<strong>der</strong>t<br />
die Beweglichkeit und Elastizität des<br />
ganzen Bewegungsapparates.<br />
Silizium (Kieselsäure) <strong>ist</strong> ein Spurenelement,<br />
<strong>das</strong> in <strong>der</strong> Natur zwar oft vorkommt,<br />
aber an dem es durch die denaturierte<br />
Nahrung <strong>der</strong> heutigen Zeit trotzdem<br />
immer mehr mangelt. Es empfiehlt sich<br />
deshalb mehrmals im Jahr eine Nahrungsergänzungskur<br />
mit <strong>Bambus</strong>extrakt (Drogerie/Apotheke,<br />
zu bestellen bei Würzenbach-Drogerie,<br />
Luzern, Tel. 041 370 12 66)<br />
durchzuführen, was insbeson<strong>der</strong>e bei<br />
Disposition zu Rheuma, Arthrose, Arthritis,<br />
Rückenschmerzen, Bandscheibenschäden,<br />
Hexenschuss, Ischias, Haarwuchsstörungen,<br />
Haarwurzelkrankheiten,<br />
brüchigen Fingernägeln, Eiterungen, Furunkeln<br />
und schlecht heilenden Wunden<br />
von Nutzen <strong>ist</strong>.<br />
Chrüteregge GESUNDHEIT<br />
Ein verkanntes <strong>Gras</strong><br />
In Indien werden Extrakte <strong>der</strong> <strong>Bambus</strong>blätter<br />
(<strong>Bambus</strong>a arundinacea) zur Blutstillung,<br />
bei Asthma und Lepra eingesetzt,<br />
während <strong>der</strong> ausgepresste Saft des Blattwerks<br />
die Menstruation stimuliert. Der<br />
Einsatz <strong>der</strong> Sprossen dagegen wird bei<br />
respiratorischen Krankheiten, zur Unterstützung<br />
<strong>der</strong> Verdauung und zur Magenstärkung<br />
empfohlen. Auszüge aus den<br />
Nodien werden als Salbe gegen entzündliche<br />
Gelenke verarbeitet.<br />
In China heisst <strong>Bambus</strong>extrakt Tabaschir,<br />
auch <strong>Bambus</strong>zucker o<strong>der</strong> <strong>Bambus</strong>kampfer.<br />
Er hilft gegen Nervosität, Blutungen,<br />
Fieber, Bronchitis und Schwäche<br />
<strong>der</strong> Wirbelsäule.<br />
Aufgrund dieser zahlreiche traditionellen<br />
Empfehlungen <strong>ist</strong> es ratsam, dem<br />
<strong>Bambus</strong> in <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Pflanzenheilkunde<br />
vermehrt Beachtung zu schenken<br />
und seine medizinischen Eigenschaften<br />
näher zu untersuchen. Es <strong>ist</strong> zu erwarten,<br />
<strong>das</strong>s mit den Forschungen dieses<br />
exklusiven Riesengrases noch viele überraschende<br />
Heiltugenden nachge<strong>wie</strong>sen<br />
werden können. ■<br />
Informationen:<br />
– www.bambus-schweiz.ch<br />
– www.bambus.de<br />
<strong>Bambus</strong> in <strong>der</strong> Küche<br />
Der <strong>Bambus</strong> hat im Westen als Nahrungsmittel keine Tradition<br />
und in Europa wird er kaum angebaut. Er <strong>ist</strong> me<strong>ist</strong> nur in Dosen<br />
erhältlich. Er verliert jedoch <strong>wie</strong> alle Gemüse durch die Konservierung<br />
viel an Geschmack.<br />
Frische Ware aus dem Osten zu importieren <strong>ist</strong> sch<strong>wie</strong>rig.<br />
Denn die Sprossen sollten schon kurz nach <strong>der</strong> Ernte verzehrt<br />
werden und dafür sind die Herstellerlän<strong>der</strong> viel zu weit entfernt.<br />
Doch: Je<strong>der</strong> Gartenliebhaber kann den <strong>Bambus</strong>anbau für eine<br />
eigene Sprossenproduktion betreiben. Dafür muss man nicht<br />
unbedingt den <strong>Bambus</strong> im Gemüsegarten einsetzen. Ein<br />
<strong>Bambus</strong>, <strong>der</strong> als Hecke o<strong>der</strong> Busch verwendet wird, kann<br />
sowohl Dekorations- als auch Ernährungszwecken dienen.<br />
Kaum aus <strong>der</strong> Erde, sollten die jungen 10 bis 20 Zentimeter<br />
hohen Sprossen geerntet werden. Sie werden mit Spaten o<strong>der</strong><br />
Kreuzhacke unter <strong>der</strong> Erdoberfläche vom nährenden Wurzelstock<br />
getrennt. Der Vormittag <strong>ist</strong> angeblich am besten zur Ernte<br />
geeignet, denn zu dieser Tageszeit sind sie am geschmackvollsten.<br />
Falls die Sprossen nicht am gleichen Tag zubereitet werden,<br />
kann man sie im Kühlschrank (2–5 °C) aufbewahren, wo sie<br />
noch einige Tage halten. thv<br />
<strong>Natürlich</strong> | 6-2004 45