Weihnachten 2010 - St. Martin und Severin
Weihnachten 2010 - St. Martin und Severin
Weihnachten 2010 - St. Martin und Severin
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
November <strong>2010</strong> Südkurier 11<br />
nen vergebliche Liebesmüh seien.<br />
Dies alles hätte zu Protest oder<br />
stillschweigendem Auszug aus den<br />
Kirchen, zu Verweigerung, Apathie<br />
<strong>und</strong> Antipathie bei den Gemeindemitgliedern<br />
führen können. Doch<br />
im Gegensatz zu ‚<strong>St</strong>uttgart 21‘ sind<br />
in <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>und</strong> <strong>Severin</strong> diese Widerstände<br />
<strong>und</strong> Befürchtungen wahrgenommen,<br />
ernst genommen <strong>und</strong><br />
aufgegriffen worden. Bei uns gab es<br />
noch keine Demonstrationen <strong>und</strong><br />
Protestaktionen <strong>und</strong> es musste auch<br />
noch keine Schlichtungsstelle eingerichtet<br />
werden. Im Gegenteil: es ist in<br />
<strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> & <strong>Severin</strong> gelungen, viele<br />
Menschen für diesen schwierigen<br />
Prozess zu gewinnen <strong>und</strong> für eine<br />
ehrenamtliche Mitarbeit zu motivieren.<br />
Woran liegt dies? Was läuft in<br />
unserer Pfarrgemeinde anders?<br />
Wenn ich den Prozess des Zusammenwachsens<br />
<strong>und</strong> der pastoralen<br />
Neugestaltung von <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> & <strong>Severin</strong><br />
der letzten zwei Jahre betrachte,<br />
erkenne ich :<br />
Von Anfang an haben die Verantwortlichen<br />
in der Gemeinde den<br />
Prozess der strukturellen, personellen<br />
<strong>und</strong> pastoralen Veränderung der<br />
Kirche vor Ort öffentlich gemacht<br />
<strong>und</strong> alle Menschen in der Gemeinde<br />
eingeladen, ihre Ideen <strong>und</strong> Wünsche,<br />
ihre Befürchtungen <strong>und</strong> Kritik<br />
zu äußern, den Prozess als pastorale<br />
Notwendigkeit <strong>und</strong> Chance zu<br />
verstehen <strong>und</strong> mitzugestalten. So<br />
wurde eine Basis geschaffen für eine<br />
rege Kommunikation. Es entstand<br />
eine Gesprächskultur, die auf Menschen<br />
Rücksicht nimmt, ihre Fragen,<br />
Bedenken <strong>und</strong> Anregungen ernst<br />
nimmt <strong>und</strong> aufgreift, ihre vielfältigen<br />
Erfahrungen schätzt.<br />
Aus diesem gemeinsamen Beratungsprozess<br />
entstand ein Pastoralkonzept,<br />
das ein klares christliches<br />
Profil zeigt.<br />
Wir leben <strong>und</strong> handeln aus dem<br />
Glauben, dass Jesus Christus in unserer<br />
Mitte ist. Er ruft uns. Er lädt uns ein,<br />
seine frohe Botschaft zu hören, uns<br />
danach auszurichten <strong>und</strong> davon<br />
Zeugnis zu geben.<br />
Wir wollen eine einladende Gemeinde<br />
sein, indem wir dafür Sorge<br />
tragen, dass die Menschen vielfältige<br />
Orte finden, an denen sie Gott begegnen,<br />
ihren Glauben miteinander leben<br />
<strong>und</strong> feiern <strong>und</strong> so Heimat finden<br />
können.<br />
Wir wollen die Lebenswirklichkeiten<br />
<strong>und</strong> Hoffnungen der Men-<br />
schen respektvoll <strong>und</strong> in Offenheit<br />
füreinander in den Blick nehmen<br />
<strong>und</strong> unser pastorales Handeln danach<br />
ausrichten.<br />
Wir wollen als Kirche vor Ort im<br />
gesellschaftlichen <strong>und</strong> politischen<br />
Umfeld Dialogpartner sein <strong>und</strong> Akzente<br />
setzen, wenn es darum geht,<br />
das Zusammenleben der Menschen<br />
im südlichen Bad Godesberg zu fördern<br />
<strong>und</strong> zu gestalten.<br />
In diesem Prozess fanden sich viele<br />
Menschen, für die diese Vision von<br />
Kirche so attraktiv ist, dass sie bereit<br />
sind, viel Zeit <strong>und</strong> Energie für diese<br />
Baustelle „<strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>und</strong> <strong>Severin</strong>“<br />
aufzubringen. Für diese Menschen<br />
gilt, was Pfr. Powalla einmal mit dem<br />
Satz von Antoine de Saint-Exupéry<br />
meinte: „Wenn du ein Schiff bauen<br />
willst, dann trommle nicht Männer<br />
zusammen, um Holz zu beschaffen,<br />
Aufgaben zu vergeben <strong>und</strong> die Arbeit<br />
einzuteilen, sondern lehre sie die<br />
Sehnsucht nach dem weiten, endlosen<br />
Meer.“<br />
So definiert der Pfarrgemeinderat<br />
sein Selbstverständnis wie folgt:<br />
Wir leben in unserem kirchlichen<br />
Umfeld, nehmen dort bewusst die<br />
Fragen <strong>und</strong> Erfahrungen der Menschen<br />
wahr <strong>und</strong> tragen diese als Botschafter<br />
in die Gesamtgemeinde.<br />
Wir reflektieren die Erfahrungen<br />
der Menschen, planen <strong>und</strong> initiieren<br />
konkrete Schritte, um bei den Menschen<br />
präsent zu sein; dabei nehmen<br />
wir die Traditionen wahr <strong>und</strong> unterstützen<br />
Neues.<br />
Wir übernehmen als Team, das<br />
sich achtet <strong>und</strong> gegenseitig unterstützt,<br />
Verantwortung für das Ganze<br />
<strong>und</strong> sind in allen Kirchen der Gemeinde<br />
zu Hause.<br />
Wir bringen als gewähltes Gremium<br />
von „Laien“ unsere vielfältigen<br />
Erfahrungen <strong>und</strong> Talente mit ein,<br />
um Kirche als Volk Gottes zu einem<br />
lebendigen Organismus werden zu<br />
lassen; dabei sind wir Mitentwickler,<br />
Gestalter <strong>und</strong> Realisierer des Pastoralkonzeptes.<br />
Wir wollen Visionäre sein, die als<br />
Christen mitreißend die Frohe Botschaft<br />
in die Gesamtgemeinde tragen.<br />
Deshalb verstehen wir uns als Architekten<br />
der Gemeinde <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Severin</strong>.<br />
Und die Kirchausschüsse verstehen<br />
ihre Arbeit so: Der Kirchenausschuss<br />
…<br />
...handelt im Auftrag des PGR <strong>und</strong><br />
aus seiner Verantwortung für die<br />
ganze Gemeinde.<br />
...gibt der Kirche vor Ort ein Gesicht:<br />
mit wachen, offenen Augen<br />
<strong>und</strong> Ohren ist er vor Ort präsent, d.h.<br />
ansprechbar <strong>und</strong> einladend.<br />
...versteht sich als Mittler zwischen<br />
den Gemeindemitgliedern,<br />
dem PGR <strong>und</strong> den kommunalen Ausschüssen<br />
<strong>und</strong> ist so auch Multiplikator<br />
von Ideen, Anregungen <strong>und</strong> Projekten.<br />
...beteiligt sich aus diesem Verständnis<br />
heraus an der Entwicklung<br />
<strong>und</strong> Gestaltung des Pastoralkonzeptes.<br />
...hat als Glied im Leib ‚Kirche’<br />
auch berührende Hände, wenn er<br />
z.B. Geburtstagsgrüße überbringt,<br />
neue Mitglieder der Gemeinde begrüßt,<br />
Kranke besucht, Gebetskreise<br />
organisiert <strong>und</strong> leitet, Öffentlichkeitsarbeit<br />
betreibt oder kommunale<br />
Kontakte pflegt.<br />
Noch ist die „Pfarrgemeinde <strong>St</strong>.<br />
<strong>Martin</strong> <strong>und</strong> <strong>Severin</strong>“ vielerorts eine<br />
Baustelle, an der die Architekten wie<br />
auch die vielen Bauleute arbeiten .<br />
Noch gibt es Räume, die nicht bewohnbar<br />
sind, andere, die noch leer<br />
stehen, andere, deren neues Aussehen<br />
noch gar nicht bekannt geworden<br />
ist.<br />
Noch werden für einige Räume<br />
auch neue Mieter gesucht, die sich<br />
mit seinen Bewohnern anfre<strong>und</strong>en.<br />
Doch schon zeigt das neue Haus,<br />
die neue Pfarrgemeinde, nach kurzer<br />
Bauzeit ein deutliches Profil: Im Innern<br />
ist es von verschiedenen Altersgruppen<br />
belebt <strong>und</strong> lebendig, vieles,<br />
was in den früheren Pfarrgemeinden<br />
vertraut <strong>und</strong> bewährt war, ist<br />
erhalten <strong>und</strong> übernommen worden;<br />
es wurde aber auch Platz geschaffen<br />
für Aktivitäten der ganzen Gemeinschaft<br />
<strong>und</strong> auch für Neues, das zu<br />
einer solchen Lebensgemeinschaft<br />
künftig gehören soll. Aber auch nach<br />
außen ist dieses Haus offen <strong>und</strong> einladend.<br />
Vielleicht wird dieses „Haus Gottes“<br />
immer eine Baustelle bleiben.<br />
Das meinte der Kirchenvater Augustinus,<br />
der von der „ecclesia semper<br />
reformanda“ (einer Kirche, die immer<br />
wieder erneuert werden muss)<br />
sprach. Doch auch dann lohnt sich<br />
der Einsatz für eine Kirche, in der<br />
nicht Beziehungsarmut, Anonymität,<br />
Egoismus, Gefühlskälte, Sinnlosigkeit<br />
verdoppelt werden, sondern<br />
der Mensch in Richtung auf Bezie-