Pfarreiblatt 01-02-08.qxp - Pfarrei Hochdorf
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Erwin Koller beim Verein Tagsatzung im Bistum Basel<br />
Zukunftsfähiges Christsein<br />
Zorn und Ohnmacht vieler Katholiken<br />
haben ihren Grund im<br />
gestörten Verhältnis der Kirche<br />
zur Freiheit. «Zukunftsfähig ist<br />
ein Christsein, das nicht damit<br />
rechnet, die Freiheit geschenkt<br />
zu bekommen, sondern das sich<br />
die Freiheit nimmt und erkämpft.»<br />
Die Freiheit sei die<br />
Grundvoraussetzung des christlichen<br />
und kirchlichen Selbstverständnisses.<br />
Dies sagte der<br />
frühere Sternstundenmoderator<br />
Erwin Koller letzten Sonntag<br />
und 40 Jahre nach dem<br />
Konzil in der <strong>Pfarrei</strong> Pratteln.<br />
Eine Kirche ohne Freiheit habe<br />
sich von der Gegenwart des 21.<br />
Jahrhunderts abgemeldet, diagnostizierte<br />
der frühere Leiter der<br />
TV-Sendung «Sternstunden» Erwin<br />
Koller. Der 65-Jährige referierte<br />
auf Einladung des Vereins<br />
Tagsatzung im Bistum Basel zur<br />
Frage «40 Jahre nach dem Konzil.<br />
Wie weiter?»<br />
Bischöfe in der Minderheit<br />
Heute, 40 Jahre später, sei Religion<br />
täglich in fast allen Medien ein<br />
Thema. Im Blick auf das Gesicht<br />
der heutigen Kirche sei es jedoch<br />
ein Kurzschluss, wenn Bischöfe<br />
und konservative Kirchengeister<br />
meinten, sie lägen im Aufwind.<br />
«Die Bischöfe vertreten in den kontroversen<br />
Fragen heutiger kirchlicher<br />
Praxis nur mehr eine kleine<br />
Minderheit», so Koller. Dies zeige<br />
eine repräsentative Umfrage der<br />
Herbert-Haag-Stiftung für Freiheit<br />
in der Kirche. «Steht eine verstärkte<br />
Ökumene, die gemeinsame Eucharistiefeier<br />
bzw. das gastfreundliche<br />
Abendmahl oder der<br />
Pflichtzölibat zur Debatte, dann<br />
haben die Bischöfe gar nur einen<br />
kleinen Rest von 10 Prozent hinter<br />
16<br />
sich», betonte Koller. Die Strukturen<br />
des absolutistischen römischen<br />
Systems würden heute von vielen<br />
als überholt betrachtet.<br />
Freiheit ist kein Geschenk<br />
Heute gelte es, die «Autorität der<br />
Freiheit, die auch aus Fragen<br />
spricht», wieder zu Wort kommen<br />
zu lassen. Denn «Zorn und Ohnmacht<br />
vieler haben ihren Grund im<br />
gestörten Verhältnis der Kirche zur<br />
Freiheit», unterstrich Koller.<br />
Ausdruck dieser mangelnden Freiheit<br />
in der Kirche seien die «endlose<br />
Debatte ums Zölibat» und die<br />
Zölibat und Geschlecht<br />
als Kriterien für Gemeindeleitung<br />
Der Verein Tagsatzung im<br />
Bistum Basel sieht in den Ergebnissen<br />
der Weltbischofssynode<br />
über die Eucharistie<br />
wenig Zukunftsträchtiges.<br />
Dasselbe gilt auch für die Instruktion<br />
«Redemptionis Sacramentum».<br />
Wie der Verein in einer<br />
Stellungnahme schreibt,<br />
würden in der katholischen Kirche<br />
nach wie vor Geschlecht<br />
und Lebensform als massgebliches<br />
Kriterium zur Leitung von<br />
Gemeinde und Gottesdienst gelten.<br />
Die Tagsatzung fordert<br />
stattdessen, dass alle jene geweiht<br />
werden sollten, die professionelle<br />
und soziale Kompetenzen<br />
zur Gemeindeleitung mit<br />
sich brächten.<br />
Wie der Verein Tagsatzung mitteilt,<br />
habe er sich auf Einladung<br />
der Schweizer Bischöfe mit der<br />
vatikanischen Instruktion über<br />
die Eucharistie kritisch auseinander<br />
gesetzt. Das Dokument<br />
«Verweigerungshaltung gegenüber<br />
einer echten Gleichstellung<br />
der Frauen». All dies laufe auf eine<br />
«Verweigerungshaltung gegenüber<br />
den Menschenrechten im Innern<br />
der Kirche und auf ein Nicht-<br />
Eingehen auf die Zeichen der Zeit»<br />
hinaus.<br />
«Zukunftsfähig», resümierte Koller<br />
in Pratteln, «ist ein Christsein,<br />
wenn es nicht nur da und dort der<br />
Kirchenhierarchie kleine Konzessionen<br />
abringt, sondern Freiheit<br />
zur Grundvoraussetzung des<br />
christlichen und kirchlichen Selbstverständnisses<br />
macht. Und das<br />
heisst nach alter Einsicht: Zukunftsfähig<br />
ist ein Christsein, das<br />
nicht damit rechnet, die Freiheit<br />
geschenkt zu bekommen, sondern<br />
das sich die Freiheit nimmt und erkämpft.»<br />
Matthys Klemm<br />
würde zentrale Fragen rund um<br />
die Eucharistie ausblenden. Das<br />
gelte etwa für die Zulassungsbedingungen,<br />
die Frauen und verheiratete<br />
Männer vom kirchlichen<br />
Leitungsamt ausschlössen.<br />
Im Dokument des Vatikans würde<br />
ausserdem eine Zweiteilung<br />
der Kirche in Kleriker und Laien<br />
dominieren.<br />
Auch die Eucharistie müsse im<br />
Leben und in den Grundfunktionen,<br />
die eine christliche Gemeinde<br />
habe, verortet werden.<br />
Solche Grundfunktionen seien<br />
Gemeinschaft und Gemeinde-<br />
Aufbau, Verkündigungs- und<br />
Bildungsarbeit, Diakonie und<br />
Liturgie. Von diesen Grundfunktionen<br />
her müssten auch die<br />
kirchlichen Dienste und Ämter<br />
konzipiert werden.<br />
Die Stellungnahme der Tagsatzung<br />
ist zugänglich im Internet:<br />
www.tagsatzung.ch.