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Donau_Tagebuch_gross.pdf

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Die Hauptstrasse Richtung Bulgarien ist gut ausgebaut und breit, aber ausser in den wenigen Ortschaften<br />

gerade und ziemlich monoton. Zum Glück kann ich nach Cotinesti abzweigen; von hier aus sollte es<br />

bis Mangalia eine kleinere Küstenstrasse geben. Vorerst finde ich aber am Dorfausgang nur ein grobe<br />

Schotterpiste, immerhin mit einem Wegweiser zu einem Kloster in der richtigen Richtung. Nach 3 km<br />

taucht direkt vor dem Ufer eine kleine Häusergruppe auf: das Frauenkloster .........., auch noch mitten im<br />

Bau. Aber die kleine Wiese ist ein schöner Platz für mein Picknick unter den wenig freundlichen Blicken<br />

einer Oberin.<br />

Auf das Risiko, irgendwann über offenes Feld fahren zu müssen, fahre ich auch der Schotterpiste weiter<br />

südwärts und erreiche tatsächlich an kleinen Seen und alten Ferienheimen vorbei nach einiger Zeit auch<br />

wieder eine richtige Strasse und eine Ortstafel: „Olimp“. Es ist der erste einer Kette von „Ferienressorts“,<br />

die sich nun in immer engerer Folge bis Mangalia zieht und wohl wegen der astronomischen Preise alle<br />

nach Himmelsgestirnen benannt sind: Neptun. Jupiter, Venus, Saturn, ... Hotelkästen noch und noch, die<br />

meisten geschlossen (die Sommersaison ist vorbei), und die wenigen gebliebenen Feriengäste wirken<br />

entsprechend eher verloren. Immerhin hat es schöne Parkanlagen, und auch die Strasse ist gut. In Mangalia<br />

selbst ist in der Stadt noch Grossbetrieb, aber am Strand reiht sich Sanatorium an Sanatorium, und<br />

auf der Mole sind alle Beizen und Stände längst geschlossen. In einer kleinen Bäckerei kaufe ich mir<br />

knusprige Mohnbrezeln an einer Schnur aufgeknüpft und feines Blätterteiggebäck direkt aus dem Ofen.<br />

Nach Mangalia ist es schnell vorbei mit der Touristen-Atmosphäre. Eine Schiffswerft, einige Schiffe der<br />

Kriegsmarine oder Küstenwache, Industrie. Der Ortsname „2.Mai“ passt irgendwie dazu und erinnert an<br />

den vergangenen osteuropäischen Sozialismus. Mama Veche schliesslich ist auch ein eher trostloses<br />

Kaff. Am Strand sieht es zwar nach irgendeinem Hotel aus, aber einladend wirkt es von der Hauptstrasse<br />

her gar nicht. Es ist auch erst 16 Uhr, und so beschliesse ich die Weiterfahrt nach Bulgarien. Bis zur<br />

Grenze sind es noch 2 km, und laut Reise-Know-How – Karte sollte es ja bereits 2 km hinter der Grenze<br />

auch schon wieder ein Motel geben.<br />

Ein Grenzverkehr scheint hier kaum zu bestehen, es ist kein einziges Auto unterwegs. Am Grenzübergang<br />

lasse ich mir im Pass wieder den rumänischen und den bulgarischen Stempel machen. Mein Versuch,<br />

den Übergang auch photographisch fest zu halten, wird jedoch sofort abgebrochen: „Photographierverbot!“<br />

Auf meine Frage nach dem Grund bekomme ich nur zur Antwort, das stehe im rumänischen<br />

Gesetz; offenbar hat dieses spätestens seit dem EU-Beitritt unsinnige Verbot auch noch niemand hinterfragt,<br />

oder die weitere Anwendung gibt den Grenzbeamten einfach noch ein wenig Machtgefühl. Zu diskutieren<br />

gibt es auf jeden Fall nichts.<br />

Die Strasse ist auf bulgarischer Seite wieder deutlich schlechter. Drei Töfflifahrer aus Dänemark auf dem<br />

Weg nach China überholen mich, sonst gibt es weiterhin kaum Verkehr. Dort, wo gemäss Karte das Motel<br />

sein sollte, gibt es weiterhin nur abgeerntete Felder und Gebüsch. Laut Karte ist die nächste Unterkunft<br />

erst bei Shabla, etwa 25 km entfernt. Vor Durankulak gibt es beim Info- und Vogelbeobachtungszentrum<br />

am See auch Zimmer zum Mieten, aber es ist alles geschlossen.<br />

Um halb sechs Uhr erreiche ich Shabla. Im Ortszentrum sehe ich zwar als Hotel angeschriebene Gebäude,<br />

aber wie schon der erste Blick vermuten lässt sind sie geschlossen, und dies wahrscheinlich nicht<br />

erst seit kurzem. Ein Mann bei der Gemeindeverwaltung bestätigt mir, dass es hier kein offenes Hotel<br />

gebe und auch das in der Karte eingezeichnete Hotel beim Leuchtturm 6 km weiter sei geschlossen.<br />

Aber einen Campingplatz gebe es tatsächlich, der sei vielleicht noch offen. Ich kaufe deshalb noch<br />

schnell Proviant für Nacht- und Morgenessen und fahre zuversichtlich auf der Nebenstrasse Richtung<br />

Meer.<br />

Der in der untergehenden Sonne blendend weisse Leuchtturm steht zwischen einer kleinen Häusergruppe<br />

und einer düsteren Baracken- und Hüttensiedlung. An der Abzweigung zur Häusergruppe steht tatsächlich<br />

eine Hinweistafel für ein Hotel und Restaurant. Bei den Häuschen ist im Näherkommen nur<br />

schwer zu erkennen, ob sie noch nicht ganz fertig oder schon am Verfallen sind, jedenfalls scheint auch<br />

alles ausgestorben zu sein. Von einem Campingplatz aber ist weit und breit nichts zu sehen. In den verwinkelten<br />

Karrwegen finde ich schliesslich einen Mann, der an seinem Haus arbeitet. „Ja ja, das Hotel<br />

gibt es, nur um zwei Ecken weiterfahren, das ist sicher offen!“. An einem der Häuser finde ich tatsächlich<br />

die kleine Hoteltafel, aber alles ist geschlossen, aufs Klopfen antwortet niemand, und zum Übernachten<br />

macht es auch sonst keineswegs an. Also zurück zur Strasse und den Campingplatz suchen. „ Ja, der ist<br />

da oben, kurz zurück Richtung Shabla und dann rechts abzweigen“ laute die Auskunft eines alten Man-<br />

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