06.12.2012 Aufrufe

Donau_Tagebuch_gross.pdf

Donau_Tagebuch_gross.pdf

Donau_Tagebuch_gross.pdf

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

eingeladen. Mit russisch und einigen wenigen Brocken serbisch aus dem Kauderwelschsprachführer<br />

kann ich mich recht gut verständigen.<br />

Beschwingt geht es weiter. Die in der Karte vorgeschlagene Variante über die 300 m höher liegende Hügelkette<br />

des Nationalparks Fruška Gora spare ich mir und fahre direkt nach Beočin. Die Fährstelle über<br />

die <strong>Donau</strong> finde ich nur mit Nachfragen, Hinweistafeln fehlen vollständig. Die Fähre besteht aus einer<br />

einfachen Plattform für etwa 10 PW und wird seitlich von einem kleinen Kutter gestossen. Sie fährt jede<br />

Stunde, und die 15-minütige Überfahrt nach Futog koste für mich mit Fahrrad 30 Dinar (ca. Fr. 1.60). Am<br />

nördlichen Ufer rostet neben der Fährstelle das Gerippe eines ehemaligen Passagierschiffes vor sich hin.<br />

Auf dem Dammweg Richtung Novi Sad sind an diesem Sonntag viele Spaziergänger und einige Radfahrer<br />

unterwegs. Nach der Querung der <strong>gross</strong>en Brücke wird es für mich schwierig: die Fortsetzung Richtung<br />

Belgrad ist signalisiert, aber wo geht es in diesem Verkehr zum Stadtzentrum, wo nach meinem<br />

Verzeichnis auch einige günstige Hotels zu finden sein sollten? Schliesslich finde ich endlich die Altstadt<br />

mit der <strong>gross</strong>en Fussgängerzone, aber keine der gesuchten Adressen. Ein kroatischer Velofan bietet mir<br />

Hilfe an, und fast gleichzeitig taucht wieder Jennine auf, ebenfalls auf Suche nach der gleichen Adresse.<br />

Mein Helfer fragt sich überall durch, Jennine haben wir wieder aus den Augen verloren, und schliesslich<br />

finden wir anstatt der gesuchten Unterkunft (dort ist nur eine Baustelle) das äusserst gemütliche Hotel<br />

Fasan in einer kleinen Seitenstrasse. Ein schöner Innenhof und eine sehr ansprechende Speisekarte<br />

laden zum Nachtessen am gleichen Ort ein, aber ich will im letzten Tageslicht zuerst noch etwas die<br />

Stadt erkunden. Hier stosse ich bei einem der unzähligen Strassenbeizli schon wieder auf Jennine, und<br />

so gibt es schliesslich im Hof des „Fasan“ auch heute wieder ein unterhaltendes Nachtessen zur Musik<br />

einer einheimischen Hochzeitsgesellschaft.<br />

7. September, Montag<br />

Die Hauptstadt der Vojvodina ist nach Belgrad die zweitgrösste Stadt Serbiens. 1999 wurden sämtliche<br />

<strong>Donau</strong>brücken sowie wichtige Industrie- und Rundfunkanlagen durch die Nato zerstört; die Brückenruinen<br />

blockierten die <strong>Donau</strong>schiffahrt bis 2005. Heute erinnert im Stadtbereich nichts mehr daran: Novi<br />

Sad ist eine wunderbare, sehr lebendige Stadt mit <strong>gross</strong>er Fussgängerzone und vielen Gebäuden aus<br />

der k&k-Zeit. Der <strong>gross</strong>e Hauptplatz (Freiheitsplatz) wird von einer riesigen Kirche mit buntem Turmspitz<br />

und vom Rathaus dominiert. Als Kontrast dazu auf einem anschliessenden Platz das moderne Serbische<br />

Nationaltheater. Sehenswert auch die <strong>gross</strong>e Synagoge (leider geschlossen), die allerdings nur noch an<br />

Festtagen durch die kleine verbliebene jüdische Gemeinde genutzt wird und daneben als Konzertsaal<br />

dient.<br />

Die vielen Sehenswürdigkeiten verzögern meinen Start bis nach 11 Uhr. Bei der Fahrt über die <strong>Donau</strong>brücke<br />

kann ich der imposanten Petrovaradin-Festung auf der anderen Seite nicht wiederstehen, und so<br />

trampe ich über steiles Kopfsteinpflaster auch noch zu dieser Sehenswürdigkeit hinauf. Dieser Vauban-<br />

Bau war im 17. Jh. die grösste Festung Europas. Von der Plattform aus biete sich eine gute Aussicht<br />

über Novi Sad und die <strong>Donau</strong>. Auffallend der Uhrturm mit dem <strong>gross</strong>en Stundenzeiger und dem nur kleineren<br />

Minutenzeiger: So konnten die Schiffer die Zeit schon von weitem gut ablesen.<br />

Wegen all den Sehenswürdigkeiten beginnt meine Weiterfahrt schliesslich erst in der grössten Mittagshitze.<br />

Die Mittagszeit hat aber auch den Vorteil, dass der starke Verkehr auf der eher schmalen Strasse bis<br />

Sremski Karlovci gerade etwas abgenommen hat. Eine kurze Rundfahrt durch diese sehr schöne Kleinstadt<br />

mit <strong>gross</strong>en Kirchen und vielen Blumen, aber dann folgen in praller Sonne 4 km Aufstieg von der<br />

<strong>Donau</strong> (ca. 80 m.ü.M.) auf 280 Meter hinauf. Gemäss Karte sollte ich auf einer Nebenstrasse von hier<br />

aus wieder gut 100 m hinunter nach Čortanovci und anschliessend gleich wieder eine Steigung überwinden.<br />

In der Karte ist ein offenbar alter Weg (Beli Breg) als direktere Verbindung sichtbar, also entscheide<br />

ich mich für diese Variante Eine Pfirsichverkäuferin am Strassenrand erklärt mir, dass man dort gut mit<br />

dem Pferd reiten könne, aber mein Drahtesel wird das wohl auch schaffen. Momentan ist des wichtigste,<br />

von dieser nun plötzlich schmaleren Hauptstrasse mit den <strong>gross</strong>en Lastwagen und dem steilen Betonrand<br />

möglichst schnell weg zu kommen. Der Beli Breg erweist sich anfänglich als halbverwachsener Weg<br />

mit grobem Kopfsteinpflaster, dann als Schotterpiste und im offenen Feld schliesslich als buckliger Feldweg.<br />

Kaum zu glauben, dass ich hier unterwegs nach Belgrad bin! Durchgeschüttelt stosse ich nach 4<br />

km aber doch wieder auf die markieret Route in Form einer guten Strasse. Der Gegenwind durch die 20<br />

km lange Ebene ist kräftig genug, mich ständig zu bremsen, aber zu schwach, um zu kühlen. Trotzdem<br />

8

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!