Donau_Tagebuch_gross.pdf
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eingeladen. Mit russisch und einigen wenigen Brocken serbisch aus dem Kauderwelschsprachführer<br />
kann ich mich recht gut verständigen.<br />
Beschwingt geht es weiter. Die in der Karte vorgeschlagene Variante über die 300 m höher liegende Hügelkette<br />
des Nationalparks Fruška Gora spare ich mir und fahre direkt nach Beočin. Die Fährstelle über<br />
die <strong>Donau</strong> finde ich nur mit Nachfragen, Hinweistafeln fehlen vollständig. Die Fähre besteht aus einer<br />
einfachen Plattform für etwa 10 PW und wird seitlich von einem kleinen Kutter gestossen. Sie fährt jede<br />
Stunde, und die 15-minütige Überfahrt nach Futog koste für mich mit Fahrrad 30 Dinar (ca. Fr. 1.60). Am<br />
nördlichen Ufer rostet neben der Fährstelle das Gerippe eines ehemaligen Passagierschiffes vor sich hin.<br />
Auf dem Dammweg Richtung Novi Sad sind an diesem Sonntag viele Spaziergänger und einige Radfahrer<br />
unterwegs. Nach der Querung der <strong>gross</strong>en Brücke wird es für mich schwierig: die Fortsetzung Richtung<br />
Belgrad ist signalisiert, aber wo geht es in diesem Verkehr zum Stadtzentrum, wo nach meinem<br />
Verzeichnis auch einige günstige Hotels zu finden sein sollten? Schliesslich finde ich endlich die Altstadt<br />
mit der <strong>gross</strong>en Fussgängerzone, aber keine der gesuchten Adressen. Ein kroatischer Velofan bietet mir<br />
Hilfe an, und fast gleichzeitig taucht wieder Jennine auf, ebenfalls auf Suche nach der gleichen Adresse.<br />
Mein Helfer fragt sich überall durch, Jennine haben wir wieder aus den Augen verloren, und schliesslich<br />
finden wir anstatt der gesuchten Unterkunft (dort ist nur eine Baustelle) das äusserst gemütliche Hotel<br />
Fasan in einer kleinen Seitenstrasse. Ein schöner Innenhof und eine sehr ansprechende Speisekarte<br />
laden zum Nachtessen am gleichen Ort ein, aber ich will im letzten Tageslicht zuerst noch etwas die<br />
Stadt erkunden. Hier stosse ich bei einem der unzähligen Strassenbeizli schon wieder auf Jennine, und<br />
so gibt es schliesslich im Hof des „Fasan“ auch heute wieder ein unterhaltendes Nachtessen zur Musik<br />
einer einheimischen Hochzeitsgesellschaft.<br />
7. September, Montag<br />
Die Hauptstadt der Vojvodina ist nach Belgrad die zweitgrösste Stadt Serbiens. 1999 wurden sämtliche<br />
<strong>Donau</strong>brücken sowie wichtige Industrie- und Rundfunkanlagen durch die Nato zerstört; die Brückenruinen<br />
blockierten die <strong>Donau</strong>schiffahrt bis 2005. Heute erinnert im Stadtbereich nichts mehr daran: Novi<br />
Sad ist eine wunderbare, sehr lebendige Stadt mit <strong>gross</strong>er Fussgängerzone und vielen Gebäuden aus<br />
der k&k-Zeit. Der <strong>gross</strong>e Hauptplatz (Freiheitsplatz) wird von einer riesigen Kirche mit buntem Turmspitz<br />
und vom Rathaus dominiert. Als Kontrast dazu auf einem anschliessenden Platz das moderne Serbische<br />
Nationaltheater. Sehenswert auch die <strong>gross</strong>e Synagoge (leider geschlossen), die allerdings nur noch an<br />
Festtagen durch die kleine verbliebene jüdische Gemeinde genutzt wird und daneben als Konzertsaal<br />
dient.<br />
Die vielen Sehenswürdigkeiten verzögern meinen Start bis nach 11 Uhr. Bei der Fahrt über die <strong>Donau</strong>brücke<br />
kann ich der imposanten Petrovaradin-Festung auf der anderen Seite nicht wiederstehen, und so<br />
trampe ich über steiles Kopfsteinpflaster auch noch zu dieser Sehenswürdigkeit hinauf. Dieser Vauban-<br />
Bau war im 17. Jh. die grösste Festung Europas. Von der Plattform aus biete sich eine gute Aussicht<br />
über Novi Sad und die <strong>Donau</strong>. Auffallend der Uhrturm mit dem <strong>gross</strong>en Stundenzeiger und dem nur kleineren<br />
Minutenzeiger: So konnten die Schiffer die Zeit schon von weitem gut ablesen.<br />
Wegen all den Sehenswürdigkeiten beginnt meine Weiterfahrt schliesslich erst in der grössten Mittagshitze.<br />
Die Mittagszeit hat aber auch den Vorteil, dass der starke Verkehr auf der eher schmalen Strasse bis<br />
Sremski Karlovci gerade etwas abgenommen hat. Eine kurze Rundfahrt durch diese sehr schöne Kleinstadt<br />
mit <strong>gross</strong>en Kirchen und vielen Blumen, aber dann folgen in praller Sonne 4 km Aufstieg von der<br />
<strong>Donau</strong> (ca. 80 m.ü.M.) auf 280 Meter hinauf. Gemäss Karte sollte ich auf einer Nebenstrasse von hier<br />
aus wieder gut 100 m hinunter nach Čortanovci und anschliessend gleich wieder eine Steigung überwinden.<br />
In der Karte ist ein offenbar alter Weg (Beli Breg) als direktere Verbindung sichtbar, also entscheide<br />
ich mich für diese Variante Eine Pfirsichverkäuferin am Strassenrand erklärt mir, dass man dort gut mit<br />
dem Pferd reiten könne, aber mein Drahtesel wird das wohl auch schaffen. Momentan ist des wichtigste,<br />
von dieser nun plötzlich schmaleren Hauptstrasse mit den <strong>gross</strong>en Lastwagen und dem steilen Betonrand<br />
möglichst schnell weg zu kommen. Der Beli Breg erweist sich anfänglich als halbverwachsener Weg<br />
mit grobem Kopfsteinpflaster, dann als Schotterpiste und im offenen Feld schliesslich als buckliger Feldweg.<br />
Kaum zu glauben, dass ich hier unterwegs nach Belgrad bin! Durchgeschüttelt stosse ich nach 4<br />
km aber doch wieder auf die markieret Route in Form einer guten Strasse. Der Gegenwind durch die 20<br />
km lange Ebene ist kräftig genug, mich ständig zu bremsen, aber zu schwach, um zu kühlen. Trotzdem<br />
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