Donau_Tagebuch_gross.pdf
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Ruinen mit zerschossenen Fassaden, aus denen inzwischen Gebüsche wachsen. Besonders eindrücklich<br />
der riesige Wasserturm auf der Anhöhe am südöstlichen Stadtausgang, der als Mahnmal auch in<br />
diesem Zustand erhalten bleiben soll. Als Kontrast zur Ruine des einst prächtigen Stadttheaters gleich<br />
nebenan ein 4-stöckiges Geschäftshaus aus Glas und Stahl. Neben dem <strong>gross</strong>en Kreuz mit Kränzen am<br />
Bootshafen erinnert auch eine Gedenktafel an die 5000 Deportierten, von denen nach dem Krieg und<br />
dem 1997 eingesetzten Wiederaufbau längst nicht mehr alle zurückgekehrt sind. Und nur 800 m entfernt<br />
über die <strong>Donau</strong> lebten die Serben in Frieden.<br />
Kriegsveteranen legen einen Kranz nieder und lassen sich photographieren. Ich frage mich nur, was inzwischen<br />
in Vukovar mit den Serben geschehen ist, die auch schon vor dem Krieg als Minderheit hier<br />
wohnten.....<br />
Im Hotel Dunav am Hauptplatz finde ich für 290 Kuna (ca. 60 Franken) ein schönes Zimmer mit Aussicht<br />
über die Stadt. Beim anschliessenden Spaziergang stosse ich auch wieder auf Jennine aus London, die<br />
am Stadtrand ein Privatzimmer gefunden hat. Das Nachtessen im nur schwach besetzten Strandrestaurant<br />
wird so für mich auch etwas abwechslungsreicher.<br />
Mangels Internet lasse ich mir den Wetterbericht für die nächsten Tage immer mal wieder von zu Hause<br />
durch sms zustellen. Für die nächsten Tage ist er wieder sehr gut, wenn auch für meinen Geschmack<br />
immer noch zu sommerlich. Aber ich darf ja wirklich nicht klagen.<br />
6. September, Sonntag<br />
Am Sonntag starte ich nach einem kurzen Rundgang an die <strong>Donau</strong> hinunter um halb neun weiter nach<br />
Süden. Die etwa 50 m über der <strong>Donau</strong> liegende Ebene ist nur leicht gewellt, wird aber bei jedem Dorf<br />
und manchmal auch dazwischen von tief eingeschnittenen Bächen durchbrochen, Für mich bedeutet das<br />
immer wieder eine kurze rassige Abfahrt, dann aber auch immer wieder ein steiles Bergstück aufwärts.<br />
Allmählich beginne ich diese 8%-Gefälle-Tafeln zu hassen, da sie unweigerlich auch wieder 8% Steigung<br />
verheissen.<br />
In den Dörfern sieht man den überall noch die traditionellen einfachen Häuser der Kleinbauern: die etwa<br />
6 - 7 m breite, oft im Giebelfeld verzierte Fassade direkt am Wegrand, etwa 12 – 15 m lang, auf der ganzen<br />
sonnigen Längsseite eine Veranda zum durch Mauern und ein Eisentor von der Strasse abgetrennten<br />
Hofplatz, die Haustür direkt von der Strasse zur Veranda, von wo aus man in die einzelnen Räume<br />
gelangt. Einige Häuser mit kyrillischer Inschrift im Giebelfeld sind wahrscheinlich von Serben, und es fällt<br />
auf, dass gerade diese Häuser meist verfallen sind. Bei einem Besuch in einem solchen verlassenen<br />
Haus finde ich in den Räumen denn auch nur am Boden verstreute Kleider und zerbrochene Möbelreste.<br />
Auch dies Kriegsspuren?<br />
Neben Mais- und Sonneblumenfeldern treffe ich immer häufiger auf Reben und grössere, meist neue<br />
Obstanlagen. In Ilok, dem letzten Ort vor der Grenze, ist denn auch wie fast überall in dieser Woche<br />
Weinfest, eine Art Winzerfest, das aber schon eine ganze Woche dauert. An diesem Wochenende ist der<br />
Abschluss, der ganze Ort ist auf den Beinen. Ein älterer Herr (also wahrscheinlich so 2 Jahre älter als<br />
ich) spricht mich an, und nachdem wir italienisch als gemeinsame Sprache entdeckt haben, erklärt er mir<br />
eine ganze Stunde lang Geschichte und Kultur der Gegend, von den ersten Siedlern vor 3000 Jahren<br />
über die Ungarn, Türken, Deutschen bis hin zu den Serben und der EU. Von den Türken zeugen im Park<br />
der <strong>gross</strong>en Festungsanlage noch zwei gut erhaltene kleine Bauten: ein Grabdenkmal und ein Badehaus.<br />
Unterhalb Ilok folgt die seit Batina zweite und auch letzte Brückenverbindung aus Kroatien über die <strong>Donau</strong>,<br />
hier in die serbische Stadt Bačka Palanka. Im Kroatienkrieg war die auf 3 Seiten von Serbien umgebene<br />
Stadt Ilok währen 4 Jahren serbisch besetzt.<br />
Ich bleibe für die Weiterfahrt am Südufer und komme so nach 4 km auf und ab an die serbische Grenze.<br />
Die angekündigten Formalitäten bleiben aus, lediglich ein Stempel im Pass, und weiter geht’s auf verkehrsarmer<br />
Strasse durch Wein- und Obstgebiete. Auffallend, wie hier nun im Gegensatz zu Kroatien<br />
keine Kriegsruinen sichtbar sein, dafür gibt es in fast jedem Ort noch die teils skurrilen Heldendenkmale<br />
aus kommunistischer Zeit. In Banoštor stoppe ich beim Weinfest am <strong>Donau</strong>-Ufer und werde prompt<br />
schon angesprochen und zu Maraschino- und Zwetschgenwein<br />
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