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Mach mal langsam - Bund Naturschutz in Bayern eV

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Foto: Mrozek­Abraham<br />

Foto: Willner<br />

Der Autor<br />

Dr. Mart<strong>in</strong> Held ist<br />

an der Evangelischen<br />

Akademie<br />

Tutz<strong>in</strong>g Studienleiter<br />

für Wirtschaft<br />

und nachhaltige<br />

Entwicklung. Er hat<br />

das Tutz<strong>in</strong>ger Projekt<br />

»Ökologie der<br />

Zeit« und das<br />

Netzwerk »Slowmotion«<br />

mit <strong>in</strong>itiiert<br />

und zahlreiche<br />

Bücher zum Thema<br />

verfasst (siehe<br />

Seite 19).<br />

Sie fragen jemand »nach der Zeit«, und problemlos<br />

kommt die Antwort »es ist 8.15 Uhr«. Oder vielleicht<br />

auch, je nach Region, »viertel nach acht«. Zeit = Uhrzeit<br />

– das haben wir alle <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dheit gelernt und mehr<br />

oder weniger ver<strong>in</strong>nerlicht. Auch die andere Vorstellung<br />

von Zeit, nämlich »Zeit = Geld«, ist geläufig. Was<br />

dauert, dauert zu lange. Es könnte schneller gehen und<br />

damit noch effizienter, <strong>in</strong> der gleichen Zeit könnte man<br />

noch zusätzlich etwas anderes machen. Auch<br />

diese Zeitvorstellung haben viele ver<strong>in</strong>nerlicht.<br />

Wir tun uns leicht mit der Zeit, e<strong>in</strong>erseits,<br />

verstehen sie problemlos als Uhrenzeit und<br />

wirtschaftliche Ressource. Zeit ist <strong>in</strong> diesem<br />

Verständnis e<strong>in</strong>dimensional, qualitätslos und<br />

zerstückelbar; sie ist als Ressource kontrollierbar<br />

und ausbeutbar. Andererseits plagt sie uns,<br />

die Zeit: Klagen über Hetze und das Rennen im Hamsterrad,<br />

Rastlosigkeit, Burn­out s<strong>in</strong>d verbreitet; viele<br />

kämpfen an gegen »die Zeit«, den gefühlten Zwang zur<br />

ständigen Erreichbarkeit. Dementsprechend s<strong>in</strong>d zur<br />

Kompensation Wellness und Auszeiten en vogue, beliebt<br />

die Ratgeber zum Zeitmanagement ebenso wie<br />

Lektüre über Gelassenheit und Muße.<br />

Was fehlt, und was ganz e<strong>in</strong>fach wäre: sich Zeit nehmen<br />

für die Zeit; genauer formuliert für die Vielfalt der<br />

Zeiten und die Folgen der Erkenntnisse über unsere eigenen<br />

Zeiten und den rechten Umgang mit den Zeiten<br />

der Natur. Denn das gehört dazu: Die Nichtnachhaltigkeit<br />

des vorherrschenden Lebens­ und Wirtschaftsstils<br />

wird durch die Raserei und Pausenlosigkeit mit bed<strong>in</strong>gt.<br />

Wir Menschen schädigen damit nicht nur uns<br />

12 Natur + Umwelt BN-Magaz<strong>in</strong> [4-10]<br />

Weil Raserei und Pausenlosigkeit<br />

uns nicht weiter br<strong>in</strong>gen<br />

Zeit für<br />

nach haltige<br />

Entwicklung<br />

Erdöl und Technisierung haben viele Lebensbereiche<br />

stark beschleunigt, zum Schaden der<br />

Natur und oft des Menschen selbst. Im beg<strong>in</strong>nenden<br />

Abschied vom fossilen Zeitalter sieht<br />

Dr. Mart<strong>in</strong> Held deshalb e<strong>in</strong>e Chance auf mehr<br />

Nachhaltigkeit und Gesundheit.<br />

selbst, sondern ebenso Tiere und Pflanzen; die Biodiversität<br />

wird rasch verr<strong>in</strong>gert und die Ökosysteme<br />

überlastet. Es gilt also, trotz der drängenden ökologischen<br />

Herausforderungen <strong>in</strong>nezuhalten, um die Zeiten<br />

recht zu verstehen.<br />

Gefährliche Lichtverschmutzung<br />

Nehmen wir e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>faches Beispiel: Lange strebten die<br />

Menschen danach, künstliche Beleuchtung gut regulieren<br />

zu können und damit den Tag­und­Nacht­<br />

Rhythmus überspielen zu können. Mit den Entdeckungen<br />

und Erf<strong>in</strong>dungen zur künstlichen Beleuchtung ist<br />

dies <strong>in</strong> der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelungen:<br />

Es kam zur »Kolonisierung der Nacht«. Licht ist<br />

jedoch nach den Erkenntnissen der Chronobiologie<br />

(Lehre von der zeitlichen Organisation der Lebewesen)<br />

der wichtigste äußere Zeitgeber. Deshalb müsste mit<br />

Beleuchtung ganz anders umgegangen werden, für<br />

den Schlafrhythmus von uns Menschen ebenso wie für<br />

Tiere und Pflanzen. Lichtverschmutzung muss dr<strong>in</strong>gend<br />

auf die Tagesordnung, im <strong>Naturschutz</strong> ebenso<br />

wie im Menschenschutz.<br />

Oder nehmen wir e<strong>in</strong> anderes, noch ebenso e<strong>in</strong>faches<br />

Beispiel: Durch Tierzüchtung konnte der auf<br />

kurze Frist angelegte Ertrag, ob beim Schwe<strong>in</strong>, R<strong>in</strong>d<br />

oder Huhn, deutlich gesteigert werden. Aber diese ungeheure<br />

Beschleunigung hat ihren Preis. Deshalb s<strong>in</strong>d<br />

Entwicklungen etwa <strong>in</strong> der Bio­Landwirtschaft so<br />

wichtig, <strong>in</strong> denen stattdessen auf gute mittlere Erträge<br />

über längere Zeiträume gesetzt wird. Dies verbessert<br />

die Qualität der Lebensmittel ebenso wie die Lebensbed<strong>in</strong>gungen<br />

der Tiere (siehe Beitrag Seite 16).

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