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Mathilde 4 - von Orten und Nicht-Orten - Infraspezifische Kunst an der E40/BAB 4

Masterthesis von Hannes Neubauer im Studiengang MfA "Public Art and New Artistic Strategies", Bauhaus-Universität Weimar, 2014

Masterthesis von Hannes Neubauer im Studiengang MfA "Public Art and New Artistic Strategies", Bauhaus-Universität Weimar, 2014

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In <strong>der</strong> akademischen Ausbildung zur <strong>Kunst</strong> im<br />

öffentlichen Raum haben sich vorwiegend<br />

kulturwissenschaftliche Theorien als Gr<strong>und</strong>lage<br />

herausgebildet, um öffentliche Räume zu<br />

beschreiben. Wie<strong>der</strong>kehrende Diskurse,<br />

beispielsweise zum „Verlust des öffentlichen<br />

Raums“, „Privat <strong>und</strong> Öffentlichkeit“ o<strong>der</strong><br />

„Machtstrukturen im Kontext“ werden<br />

vorwiegend <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d <strong>von</strong> soziologischen<br />

Theorien geführt, beispielsweise <strong>von</strong> Henry<br />

Levebvre o<strong>der</strong> Pierre Bourdieu. Im Gegenzug<br />

dazu werden vereinzelt sehr spezifische<br />

Projekte vorgestellt <strong>und</strong> diskutiert. Doch ist<br />

das für die künstlerische Praxis als im<br />

öffentlichen Raum als gr<strong>und</strong>legendes<br />

H<strong>an</strong>dwerkszeug ausreichend? Gäbe es<br />

Alternativen <strong>und</strong> / o<strong>der</strong> Erweiterungen? Aus<br />

welchen <strong>an</strong><strong>der</strong>en Fel<strong>der</strong>n könnten diese<br />

stammen?<br />

Ein Student im Bereich „Soziale Arbeit“ wird<br />

in seinem Studium vorwiegend mit Gesetzestexten<br />

konfrontiert, beispielsweise den<br />

Sozialgesetzbüchern o<strong>der</strong> dem Aufenthaltsrecht.<br />

Diese Gesetze muss er später in <strong>der</strong><br />

Praxis auf individuelle Problemlösungen<br />

übertragen, damit er zum helfenden Berater<br />

<strong>und</strong> nicht zum reinen „Tröster“ wird. Wie er<br />

<strong>an</strong>schließend mit Problemfällen umgeht, muss<br />

er individuell entscheiden <strong>und</strong> liegt beispielsweise<br />

<strong>an</strong> individuellen Fähigkeiten wie <strong>der</strong><br />

Empathie. Ähnliche Strategien werden auch in<br />

<strong>an</strong><strong>der</strong>en mo<strong>der</strong>nen Sozialwissenschaften,<br />

beispielsweise im zusammenfassenden Begriff<br />

<strong>der</strong> Public Policy in <strong>der</strong> Politikwissenschaft<br />

<strong>an</strong>gewendet. Denn auch dort fußt das gr<strong>und</strong>legende<br />

Wissen auf <strong>der</strong> Analyse <strong>von</strong> Verän<strong>der</strong>ungsprozessen<br />

o<strong>der</strong> -möglichkeiten <strong>von</strong><br />

Gesetzen, nicht auf subjektiver politischer<br />

Meinungsbildung.<br />

Den klassischen Künsten unterliegt aber nach<br />

wie vor noch dem (aus dem 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

stammenden) Begriff <strong>der</strong> Autonomie <strong>der</strong><br />

Künste zu Gr<strong>und</strong>e. Natürlich funktioniert diese<br />

Strategie auch noch im klassischen autonomen<br />

<strong>Kunst</strong>markt. Für diejenigen, die durch <strong>Kunst</strong><br />

soziale Zusammenhänge sichtbar werden<br />

lassen wollen o<strong>der</strong> mit Interventionen in den<br />

öffentlichen Raum eingreifen wollen, dürfte es<br />

aber zunächst gelten, auch in fachfremden<br />

Territorien zu wil<strong>der</strong>n. Das müsste eigentlich<br />

bedeuten, juristische Texte <strong>und</strong> baurechtliche<br />

Pl<strong>an</strong>feststellungsverfahren zu verstehen (vgl.<br />

Abb.1), o<strong>der</strong> in historischen Archiven zu<br />

„wühlen“. Die Erfahrung dabei zeigt dabei,<br />

dass gerade diese Unterlagen „Entdeckungen“<br />

bereithalten können, welche die tatsächliche<br />

Komplexität des öffentlichen Raums mitunter<br />

beson<strong>der</strong>s begreifbar machen.<br />

Abbildung 1: Pl<strong>an</strong>feststellungsverfahren <strong>der</strong> Autobahn<br />

zwischen Magdala <strong>und</strong> Jena<br />

Das Wechselspiel zwischen den Begriffen<br />

Privat <strong>und</strong> Öffentlichkeit (<strong>und</strong> welche ist<br />

eigentlich gemeint?) k<strong>an</strong>n dabei beson<strong>der</strong>s<br />

sichtbar werden. Wer hätte beispielsweise<br />

gedacht, dass die Gr<strong>und</strong>stücke, auf denen eine<br />

B<strong>und</strong>esautobahn liegt, teilweise nie erworben<br />

wurden? Dass sie daher im Falle eines<br />

Rückbaus auf die Besitzer vor 75 Jahren (bzw.<br />

<strong>der</strong>en Erben) zurückgehen? Dass diese aber<br />

darüber nicht frei verfügen können, weil die<br />

Flächen gleichzeitig unter öffentlichem Schutz<br />

(Naturschutz) stehen? 23<br />

Der reale Raum, so zeigt sich hier vor allem,<br />

ist nicht per se öffentlich o<strong>der</strong> privat, son<strong>der</strong>n<br />

die Besitzverhältnisse <strong>und</strong> somit die Kontrolle<br />

än<strong>der</strong>n sich stetig. <strong>Nicht</strong> im Geiste - son<strong>der</strong>n<br />

im Gr<strong>und</strong>bucheintrag.<br />

23<br />

Vgl. Glie<strong>der</strong>ungspunkt 4.2<br />

14

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