28.10.2015 Aufrufe

Mathilde 4 - von Orten und Nicht-Orten - Infraspezifische Kunst an der E40/BAB 4

Masterthesis von Hannes Neubauer im Studiengang MfA "Public Art and New Artistic Strategies", Bauhaus-Universität Weimar, 2014

Masterthesis von Hannes Neubauer im Studiengang MfA "Public Art and New Artistic Strategies", Bauhaus-Universität Weimar, 2014

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

5 Zusammenfassung: Der<br />

Autobahnraum im<br />

kulturhistorischen W<strong>an</strong>del<br />

In <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Raumwahrnehmung,<br />

also dem „Erlebnis <strong>der</strong> Reichsautobahn“ [im<br />

Verhältnis zur] „zweckgeb<strong>und</strong>enen Benutzung<br />

<strong>der</strong> B<strong>und</strong>esautobahn“ 129 k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> jedoch auch<br />

die Gründe für das Nachwirken des Mythos<br />

Reichsautobahn erkennen. Dieser ist auch<br />

dafür ausschlaggebend, dass <strong>der</strong> Bau <strong>der</strong><br />

Autobahnen immer noch als „positive<br />

Leistung“ des nationalsozialistischen Deutschl<strong>an</strong>d<br />

unter Hitler betrachtet wird.<br />

Abbildung 24: Verkehrsschild „Autobahn“<br />

Zusammenfassend könnte m<strong>an</strong> im Rahmen<br />

einer <strong>der</strong> kulturhistorischen Analyse <strong>der</strong><br />

Autobahn drei „Epochen“ beschreiben: Die<br />

Gründungszeit beim Bau <strong>der</strong> Reichsautobahnen<br />

(mit einhergehen<strong>der</strong> mythischen<br />

Aufladung <strong>und</strong> Rechtfertigung für die<br />

Folgezeit), die Ausbauzeit (mit kontroversen<br />

Diskussionen in <strong>der</strong> BRD <strong>der</strong> Nachkriegszeit<br />

<strong>und</strong> im geteilten Deutschl<strong>an</strong>d) <strong>und</strong> schließlich<br />

die Separation des Autobahnraums zum reinen<br />

Funktionsraum <strong>und</strong> identitätslosen „<strong>Nicht</strong>-<br />

Ort“.<br />

In ihrer Grün<strong>der</strong>zeit sollte <strong>der</strong> Autobahnraum<br />

mehrere Funktionen erfüllen, die sich deutlich<br />

<strong>von</strong> den heutigen unterscheiden: <strong>Nicht</strong> die<br />

Geschwindigkeit <strong>der</strong> Fortbewegung st<strong>an</strong>d im<br />

Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>, son<strong>der</strong>n die Propag<strong>an</strong>da <strong>und</strong><br />

mythische Aufladung eines Verkehrswegenetzes,<br />

also des Straßenraums, sowie die<br />

Inszenierung <strong>der</strong> Umgebung, also <strong>der</strong><br />

Kulturl<strong>an</strong>dschaft. Gleichzeitig wurde ein<br />

Straßennetz als Tr<strong>an</strong>sitl<strong>an</strong>dschaft sogar noch<br />

während ihrer Entstehungszeit zum Kulturgut<br />

erklärt.<br />

Die Aufarbeitung <strong>und</strong> die Diskussionen beim<br />

Aufbau des Autobahnnetzes seit den 1960<br />

Jahren lassen vor allem den politischen<br />

Charakter erkennen, mit dem das Phänomen<br />

Autobahn behaftet ist. Die territorialen<br />

Raumüberschneidungen <strong>und</strong> die verschiedenen<br />

Interessenlagen führten zu verschärften<br />

Diskussionen im Rahmen <strong>der</strong> Demokratisierung<br />

in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik. Von daher<br />

k<strong>an</strong>n die Autobahn auch als direktes Symbol<br />

im Rahmen <strong>der</strong> Demokratisierung <strong>der</strong> BRD<br />

betrachtet werden.<br />

Gleichzeitig verän<strong>der</strong>ten sich aber auch die<br />

Pl<strong>an</strong>ungsprozesse für den Autobahnbau.<br />

St<strong>an</strong>den zu Zeiten <strong>der</strong> Gründung die l<strong>an</strong>dschaftliche<br />

Einglie<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> Inszenierung im<br />

Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>, so basieren die Pl<strong>an</strong>ungen heute<br />

auf die Qu<strong>an</strong>tität des Verkehrsaufkommens<br />

sowie auf Kompromissen bezüglich des<br />

Naturschutzes sowie des Lärmschutzes für die<br />

Anwohner. Die Folge ist insbeson<strong>der</strong>e eine<br />

Separation <strong>der</strong> beiden Räume – des Kulturl<strong>an</strong>dschaftsraums<br />

<strong>und</strong> des Autobahnraums.<br />

<strong>Nicht</strong> nur für die Autobahnbenutzer verlor<br />

dadurch <strong>der</strong> Autobahnraum immer mehr die<br />

Relation <strong>und</strong> Identität <strong>und</strong> wurde somit zum<br />

reinen monofunktionalen <strong>Nicht</strong>-Ort.<br />

129<br />

C. G. Phillip in: Stommer 1982, S. 112<br />

36

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!