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zds#1

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SIEL<br />

WALL<br />

D i e Z e i t s c h r i f t D e r S t r a s s e<br />

Bremen & Bremerhaven<br />

FREIE HANSESTADT<br />

ZWISCHEN 53° NORD & 8° OST<br />

SEHEN HÖREN<br />

SCHREIBEN<br />

Preis : 2 euro<br />

ein euro Für den Verkäufer<br />

Nr. 1 — februar 2011<br />

bremen 21<br />

Das<br />

Knistern<br />

der<br />

butter<br />

SCHULE,<br />

VERBOTEN


S I E L W A L L<br />

E d i t o r i a l 5<br />

H i s t o r i e<br />

1861 / 2011 6<br />

S i e l w a l l i n Z a h l e n 7<br />

F o t o s t r e c k e<br />

Hinter den Wänden 16<br />

I m p r e s s u m 46<br />

V o r s c h a u<br />

Bahnhofsplatz 47<br />

53° NORD & 8° OST<br />

F o t o :<br />

P r i s c a K r a n z<br />

I n h a l t<br />

d a s k n i s t e r n<br />

d e r b u t t e r<br />

Frau Schmidt kann nichts mehr sehen.<br />

Jetzt bringt sie anderen das Kochen<br />

bei. Ein Besuch zwischen sich bräunendem<br />

Wirsing und einer sprechenden<br />

Küchenwaage<br />

b r e m e n 2 1<br />

Eine Bürgerinitiative stoppte 1973 den<br />

Komplettabriss des Viertels. Um<br />

ein Haar wäre Bremen zur Großstadt<br />

geworden. Ein Rückblick<br />

8<br />

12<br />

i m l e i c h e n -<br />

s c h a u h a u s<br />

Früher gab es Parolen, Tags, Graffiti und<br />

Plakate – Sachbeschädigung und Ärgernis.<br />

Heute gibt es „Street Art“: zur Kunst<br />

geadelt, beliebt, aber tot<br />

24<br />

s c h u l e ,<br />

v e r b o t e n<br />

Sie wollten anders lernen, selbstorganisiert.<br />

Der Staat verbot es. Unterricht<br />

gabs trotzdem jahrzehntelang – versteckt<br />

in einem Wohnhaus, getarnt als<br />

Kindergarten. Ein Besuch in Bremens<br />

ehemals geheimster Lehranstalt<br />

28<br />

33<br />

36<br />

p e t e r s b u r g e r<br />

h ä n g u n g<br />

Hat er sein Bild noch selber angebracht<br />

im letzten Jahr?<br />

h e r o i n , j a<br />

k l a r<br />

Am Sielwalleck ist – oder war – fast<br />

alles zu haben. Er verkauft es, immer<br />

noch. Ein Gespräch über Sucht,<br />

Geld, Dealerei und bigotte Politik


S I E L W A L L<br />

D i e Z e i t s c h r i f t d e r S t r a ß e<br />

Ein Projekt der Hochschule für Künste<br />

Bremen und der Hochschule Bremerhaven<br />

in Zusammenarbeit mit<br />

der Inneren Mission und der GISBU<br />

Bremerhaven.<br />

D i e S t r a ß e d e r Z e i t s c h r i f t<br />

Jede Ausgabe findet ihre Geschichten<br />

an einem Ort in Bremen / Bremerhaven.<br />

S e h e n – H ö r e n – S c h r e i b e n<br />

Jedem Artikel geht eine Beobachtung<br />

voraus – im oberen Seitenabschnitt.<br />

A b r e i ß e n o d e r d r a n l a s s e n ?<br />

Gute Frage. Probieren Sie’s aus!<br />

K a u f e n<br />

Die Zeitschrift der Straße gibt<br />

es nur auf der Straße. Von Verkäufer-<br />

Innen, die keine Wohnung haben<br />

oder in anderen Schwierigkeiten sind.<br />

Die Hälfte des Verkaufspreises ist<br />

für sie. Zum Start springen ausnahmsweise<br />

auch Studierende als VerkäuferInnen<br />

ein.<br />

W i e w e i t e r ?<br />

Die Zeitschrift der Straße erscheint<br />

alle sechs Wochen. Die nächste<br />

Ausgabe Mitte März.<br />

E D I T O R I A L<br />

5<br />

53° NORD & 8° OST<br />

F o t o :<br />

K o l j a B u r m e s t e r<br />

S e h e n h ö r e n<br />

S c h r e i b e n<br />

Liebe Leserinnen und Leser!<br />

Dies ist die Zeitschrift der Straße. Die erste Bremer Straßenzeitung.<br />

Ein Magazin und eine gemeinsame Arbeit von Studierenden, Wohnungslosen,<br />

SozialarbeiterInnen, Hochschullehrenden und JournalistInnen<br />

aus Bremen und Bremerhaven.<br />

Zeitschrift der Straße ist sie auf gleich zweifache Weise. Weil sie erstens<br />

auf der Straße – und nur dort! – verkauft wird. Von Menschen,<br />

die bisweilen auch auf der Straße leben. Und weil sie zweitens die<br />

Straße, genauer: jeweils eine Straße, einen Ort aus Bremen oder Bremerhaven,<br />

zum Thema macht. In dieser Ausgabe den Sielwall.<br />

Sehen, hören, schreiben. Das bedeutet: Unsere Autorinnen und Autoren<br />

sind mit wachen Augen und Ohren durch diese Straße gezogen.<br />

Sie haben beobachtet und gelauscht, entdeckt und hinterfragt. Was<br />

passiert hier? Was versteckt sich? Was ist hier zu sehen?<br />

Und denken Sie jetzt bloß nicht nur an Autos, Kaugummis und eilige<br />

Passanten! Wir haben weit mehr gefunden: blinde Köche, geheime<br />

Schulen, desillusionierte Dealer, gelangweilte Berliner, verschüttete<br />

Gräben und aberwitzige Hochhauspläne. Außerdem seltsame Zeichen<br />

an der Wand und verirrte Gestalten zwischen Wirklichkeit und<br />

Fiktion. Wir sind sicher: So haben auch Sie das Eck und den Sielwall<br />

noch nie gesehen.<br />

Armin Simon<br />

für das Team der Zeitschrift der Straße<br />

P.S.<br />

Ihre Meinung interessiert uns – schreiben Sie an:<br />

post@zeitschrift-der-strasse.de


S I E L W A L L<br />

H i s t o r i e<br />

1861<br />

2011<br />

Z A H L E N<br />

6 7<br />

sielwall<br />

Nord-Süd-Verbindung ( 170° )<br />

vom Ostertorsteinweg zum Osterdeich,<br />

trennt Ostertor- und<br />

Steintorviertel. 450 Meter lang.<br />

Ausbau zur Straße ab ca. 1850<br />

R e c h e r c h e : T i m o R o b b e n , M e i k e<br />

D ö s c h e r - M e h r t e n s , K o l j a B u r m e s t e r<br />

T e x t : J e n s K a u l b a r s<br />

F o t o : P r i s c a K r a n z<br />

Nicht immer war die Kreuzung, an der die Straßen Am<br />

Dobben, Sielwall, Ostertorsteinweg und Vor dem Steintor<br />

zusammentreffen, die geographische und kulturelle<br />

Mitte des Viertels. Vor der großflächigen Bebauung des<br />

Steintors dümpelte hier ein Wassergraben Richtung Weser.<br />

Wer stadtein- oder stadtauswärts wollte, musste<br />

die Brücke passieren.<br />

So idyllisch, wie es der Bremer Landschaftsmaler<br />

Carl Georg Köster 1861 darstellt, sah es am Eck damals<br />

allerdings keineswegs aus. Der Pfad auf der Böschung<br />

westlich des Grabens, der Sielwall – benannt nach dem<br />

verschließbaren Deichdurchlass vorne an der Weser<br />

( Siel ) – war längst zur Straße ausgebaut, der Graben<br />

selbst, der Dobben, zum stinkenden Abwassersammler<br />

verkommen. So sehr stank er, dass die Bürgerschaft<br />

1860 beschloss, einen Kanal zu bauen und den Graben<br />

zuzuschütten. Die Arbeiten begannen im Jahr darauf,<br />

finanziert durch den Verkauf der dabei neugewonnenen<br />

Baugrundstücke.<br />

Der ursprüngliche Plan, den Wasserlauf zu erhalten,<br />

auch auf der östlichen Seite mit einer Allee zu versehen<br />

und ihn so zu einer großzügigen Nord-Süd-Promenade<br />

auszubauen, war damit vom Tisch. Kösters Winter-Bild<br />

vom lieblichen Flüsschen, schreibt die Bremer<br />

Sozialhistorikerin Wiltrud Drechsel, sei wohl als eher<br />

romantischer Bürgerprotest zu verstehen – gegen die<br />

Verstädterung.<br />

Gemälde: Brücke über den Dobbengraben ( Sielwall )<br />

„ Am Steintor im Winter “ , Carl Georg Köster, 1861,<br />

Bremer Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte<br />

( Focke-Museum ). Maße: 62 x 86 cm.<br />

Überfahrten der Sielwallfähre pro Jahr,<br />

einfache Fahrt: 30.000<br />

Passagiere pro Fahrt, im Schnitt: 20<br />

Beratungsgespräche der AIDS-Hilfe, pro Tag: 15<br />

Kosten eines HIV-Tests dort, in Euro: 25<br />

Am Sielwalleck verkaufte Skateboards,<br />

pro Jahr: ca. 1.000<br />

Am Sielwalleck verkaufte Wasserpfeifen,<br />

pro Monat: 500<br />

Letztes Feuer auf der Sielwallkreuzung: 4. 6. 2010<br />

Letztes Fußballspiel ebendort: 3. 4. 2010<br />

Kinobesucher im „Cinema am Ostertor“,<br />

pro Monat: fast 6.000<br />

SchülerInnen der Moks-Theaterschule,<br />

pro Jahr: ca. 200<br />

Dönerfleisch, das an einem Samstagabend am<br />

Sielwall über den Tresen geht, in Kilogramm: 140<br />

Von den Friseuren am Sielwalleck in einer Woche<br />

abgeschnittene Haare, in Kilogramm: 20<br />

Grundstückspreis im Bereich Sielwall,<br />

in Euro pro Quadratmeter: 530<br />

Anteil der ledigen EinwohnerInnen im Steintor,<br />

in Prozent: 80<br />

Preis einer Kugel Koks am Sielwall, in Euro: 50<br />

Koks-Inhalt einer Kugel, in Gramm: 0,8<br />

Stimmenanteil „Die Linke“ im Wahlbezirk Steintor<br />

bei der Bundestagswahl 2009, in Prozent: 21,3<br />

Wahlergebnis der CDU im selben Wahlbezirk<br />

bei derselben Wahl, in Prozent: 10,7<br />

Autos auf der Sielwallkreuzung, pro Tag: 13.000<br />

Straßenbahnen ebendort, pro Tag: 600<br />

Sperrung der Sielwallkreuzung für die Dreharbeiten<br />

des Films „Neue Vahr Süd“, in Stunden: 52<br />

Espresso-Konsum in einem der Cafés<br />

am Eck, in Tassen pro Tag: 30<br />

Cappuccino-Konsum im selben<br />

Café, in Tassen pro Tag: 50<br />

Verkaufte Latte macchiato im selben<br />

Café, in Gläsern pro Tag: 180<br />

Bierverkauf in einem Shop am Eck an einem<br />

durchschnittlichen Samstag im Jahr 2007, in Kisten: 25<br />

Bierverkauf im selben Shop im Jahr 2010,<br />

nach Freigabe des Ladenschlusses, in Kisten: 6<br />

Nicht weggeräumte Hundehaufen<br />

entlang des Sielwalls: 138


S I E L W A L L<br />

M i , 1 2 . 0 3 U h r , z w i s c h e n<br />

K ö r n e r w a l l u n d L u i s e n s t r a ß e<br />

Zwei Handwerker laufen<br />

rauchend vorüber<br />

1 2 . 0 4 U h r<br />

Eine Frau auf einem Lastenfahrrad<br />

fährt vorüber<br />

×<br />

1 2 . 0 6 U h r<br />

Ein Mann mit Langstock kommt<br />

rasch auf Haus Nr. 27 zu, er<br />

scheint den Weg zu kennen und<br />

geht so schnell wie ein Sehender<br />

gehen würde. Er schließt<br />

die Tür auf und verschwindet im<br />

Haus. An einem Klingelschild<br />

steht rechts „Verein für Blinde“<br />

und links ein Aufkleber mit<br />

Brailleschrift.<br />

8<br />

r e p o r t a g e<br />

×<br />

An einem<br />

Klingelschild<br />

steht rechts<br />

„Verein für<br />

Blinde“ und<br />

links ein Aufkleber<br />

mit<br />

Brailleschrift.<br />

9<br />

Das<br />

Knistern<br />

der Butter<br />

Frau Schmidt kann nichts mehr<br />

sehen. Jetzt bringt sie anderen das<br />

Kochen bei. Ein Besuch zwischen<br />

sich bräunendem Wirsing und<br />

einer sprechenden Küchenwaage<br />

T e x t : F r i e d e r i k e G r ä f f<br />

F o t o s : C a r o l i n K l a p p<br />

Es gehe darum, etwas anzubieten, hat<br />

Frau Kunert am Telefon gesagt. Deswegen<br />

der Kochkurs, denn dadurch könnten<br />

die Blinden Gastgeber sein und nicht immer<br />

nur diejenigen, die etwas empfingen.<br />

Frau Kunert ist Geschäftsführerin des<br />

Vereins für Blinde, sie taucht im Kochkurs<br />

gar nicht auf, aber wichtig ist sie<br />

doch, denn sie war es, die Angelika<br />

Schmidt ermuntert hat, den Kurs zu geben.<br />

Angelika Schmidt trägt eine dunkle<br />

Brille, Jeans, und beim Begrüßen merkt<br />

sie, dass sie das T-Shirt falsch herum anhat,<br />

weil sie die Nähte an der Seite spürt,<br />

also verabschiedet sie sich ins Bad und<br />

kommt mit gewendetem T-Shirt zurück.<br />

Sie bewegt sich schnell durch die Räume,<br />

links das Büro, rechts die Küche und daneben<br />

der große Gemeinschaftssaal. Zum<br />

Kochkurs am Mittwoch kommen immer<br />

nur zwei Leute, die Küche wäre für mehr<br />

zu klein, und es wäre viel zu anstrengend,<br />

mehr als zwei Leute anzuleiten, aber das<br />

versteht man erst später.<br />

Heute sind Herr Schwitters und Frau<br />

Plump gekommen. Herr Schwitters ist 71<br />

Jahre alt, er sieht auf einem Auge noch<br />

zu 20 Prozent und macht Scherze, dass<br />

Frau Schmidt ihn zu sehr scheuche. Es<br />

sind Jungsscherze, die Frau Schmidt pariert<br />

oder auch überhört. Frau Schmidt<br />

siezt Herrn Schwitters, der seit sechs<br />

Jahren zum Kochen an den Sielwall<br />

kommt, und sie duzt Frau Plump, die seit<br />

elf Jahren kommt und nach einer Star-<br />

Operation nur noch von den Rändern der<br />

Augen her sehen kann. Das sind dann etwa<br />

drei Prozent pro Auge und die Sonnenblumen<br />

auf den Papierservietten, die<br />

auf den Tischen ausliegen, sind für sie nur<br />

Flecken. „Wenn mir jemand sagt, wieviel<br />

Finger halte ich hier hoch, dann könnte<br />

ich böse werden“, sagt sie, und das will<br />

etwas heißen, denn Frau Plump hat einen


S I E L W A L L<br />

D a s<br />

K n i s t e r n d e r<br />

B u t t e r<br />

10<br />

r e p o r t a g e<br />

11<br />

H i e r s t e h t e i n b e g l e i t e n d e r T e x t z u m F o t o . M e n t a u d a m r e s t ,<br />

v o l e s t i b e a q u i s i n i m v e l e n d a n d i p i e t a u t e .<br />

mädchenhaften Liebreiz an sich, dem man<br />

nicht widerstehen kann.<br />

Frau Plump ist 81 Jahre alt, Frau Schmidt<br />

ist 50. Als sie das das erste Mal an den<br />

Sielwall kam, waren die meisten Besucher<br />

jenseits der 70 – jetzt gibt es auch Mittvierziger<br />

– und sie war eigentlich auf der<br />

Suche nach jungen Leuten. Aber das Töpfern<br />

hat ihr Spaß gemacht, dann hat sie die<br />

Kinderbetreuung übernommen und allmählich<br />

ist sie hineingerutscht in die Mitarbeit.<br />

70 Prozent der Blinden sind über<br />

60 Jahre alt, meist sind es Unfälle oder Alterskrankheiten,<br />

die ihnen die Sehkraft genommen<br />

haben. Angebote speziell für junge<br />

Leute sind schwer zu finden. Viele<br />

Schülerinnen und Schüler der Bremer<br />

Schule für Sehbehinderte kommen aus<br />

ganz Niedersachsen und haben nachmittags<br />

noch einen langen Heimweg vor sich.<br />

Der Verein für Blinde sitzt seit über 100<br />

Jahren am Sielwall, gegründet mit dem<br />

Geld dreier Stifter, und ursprünglich standen<br />

dort auch Werkstätten, aber die Zeit,<br />

in der die Blinden hier Besen banden, ist<br />

lange vorbei. Heute finanziert sich der<br />

Verein vor allem über Mieteinnahmen aus<br />

seinen Häusern und über Spenden, der<br />

Senat schießt jährlich 23.500 Euro zu. Am<br />

Sielwall versteht man sich in erster Linie<br />

als Begegnungsstätte. Es ist nicht der einzige<br />

Anlaufpunkt für die etwa 2.000 Blinden<br />

und Sehbehinderten in Bremen: Im<br />

Blinden- und Sehbehindertenverein Bremen<br />

haben sich Betroffene – mit Unterstützung<br />

des Vereins für Blinde – selbst<br />

organisiert, um ihre Interessen zu vertreten.<br />

Es gibt Stimmen, die das für zeitgemäßer<br />

halten als eine Organisation, in der<br />

vor allem Sehende für Blinde tätig sind.<br />

Falsch verstandene<br />

Zeichen<br />

Den Ausschlag dafür, dass Frau<br />

Schmidt beim Verein für Blinde arbeitet,<br />

hat Frau Kunert gegeben, die ihr sagte:<br />

„Mach’ langsam, wir sind hier nicht auf der<br />

Flucht!“, und so konnte sie es sich vorstellen:<br />

langsam, nach ihrem Tempo. Sie<br />

kommt eineinhalb Stunden vor Kursbeginn<br />

an den Sielwall, dann muss sie sich<br />

nicht hetzen. „Eben noch mal über die<br />

Straße, das ist vorbei“, sagt sie.<br />

Verkehr, das ist für sie Hochkonzentration.<br />

Angelika Schmidt hat beim Mobilitätstraining<br />

gelernt, die Geräusche zu deuten,<br />

und bevor sie eine Straße überquert,<br />

wartet sie, bis sie nichts mehr hört. Das<br />

kann dauern. Frau Plump hat bislang kein<br />

Training besucht, drei Ampeln kann sie<br />

beim Einkaufen zu Hause benutzen, viele<br />

Leute helfen. Sie hat lange versucht,<br />

das schlechte Sehen zu vertuschen, mittlerweile<br />

hat sie keine Lust mehr dazu.<br />

Jetzt fragt sie manchmal sogar, wer sie da<br />

wohl gegrüßt hat, wenn sie die Stimme<br />

nicht erkennt. „Aber es bleibt schwierig,<br />

wenn man so selbstständig war“, sagt sie,<br />

Frau Schmidt und Herrn Schwitters geht<br />

es ähnlich. Frau Schmidt hat heute morgen<br />

versehentlich eine Teekanne vom<br />

Tisch gefegt, danach war sie erst einmal<br />

bedient. Die Sehenden, sagt sie, müsse<br />

man sich erziehen. Ihren Mann zum Beispiel,<br />

damit er ihr sagt, ob er den Tisch<br />

bereits abgewischt hat, damit sie es nicht<br />

zum zweiten Mal tut. Man müsse den Se-<br />

henden klar machen, wie wichtig es ist,<br />

Dinge an ihren alten Ort zurückzustellen.<br />

Manchmal sind aber auch die Nicht-gut-<br />

Sehenden ein bisschen begriffsstutzig: Als<br />

Frau Plump eine Frau mit Rollator mit<br />

Blindenplakette an jeder Seite sah, die einen<br />

Fahrplan las, da dachte sie „Ich falle<br />

vom Glauben ab“.<br />

Auch die Sache mit den Kennzeichen ordnen<br />

viele falsch ein: Die gelbe Armbinde<br />

ist ein Zeichen für eine Behinderung –<br />

aber ein Gehörloser kann sie ebenso tragen<br />

wie ein Blinder. Es gibt zwar ein spezifisches<br />

Zeichen für Blinde, nämlich eine<br />

weiße Figur mit Stock vor grünem Hintergrund,<br />

aber das kennen nur wenige. Einmal<br />

hat ein Mann Frau Plump darauf angesprochen<br />

und gesagt, wie sehr er sich<br />

freue, dass jemand im Wanderverein sei.<br />

Sie hat ihm erklärt, dass es für Blindheit<br />

stehe, und es war ihm sehr peinlich.<br />

Zum Kochkurs kommt Frau Plump, um<br />

am Ball zu bleiben, so sagt sie, und weil<br />

ihr Kopf sonst einroste. Früher ist sie<br />

dienstags zum Blindenschrift-Kurs gekommen,<br />

aber wegen der Altersdiabetes<br />

ist das Gefühl in ihren Händen geschwunden,<br />

nun kocht sie stattdessen. „Bevor<br />

ich gekommen bin, hat meine Frau gesagt:<br />

‚Mein Mann kann essen.‘ Jetzt sagt sie: ‚Er<br />

kann essen und kochen.‘“, sagt Herr<br />

Schwitters. Und dann sagt er noch, dass<br />

er früher viel gearbeitet habe, bis er nach<br />

einem geplatzten Blutgefäß operiert wurde<br />

und die Frau vom Arbeitsamt ihm sagte:<br />

„Ihre Arbeitskraft ist nicht mehr von<br />

wirtschaftlichem Wert.“<br />

Die Sonnenblumen<br />

auf den<br />

Papierservietten<br />

sind für<br />

sie nur Flecken<br />

Er erzählt es nebenbei und doch nicht nebenbei,<br />

so wie Frau Schmidt nebenbei und<br />

nicht nebenbei erzählt, dass sie auf keinen<br />

Fall Cliquenwirtschaft in ihrem Kochkurs<br />

haben wolle, also keine Leute, die sagen<br />

„Nee, mit der will ich nicht zusammen kochen!“,<br />

weil sie selbst keine guten Erfahrungen<br />

mit Gruppen gemacht habe. Oder<br />

die Geschichte von den Freunden ihres<br />

Mannes, die sie vor der Hochzeit zu sich<br />

einluden und dann den Fernseher einschalteten.<br />

Nach dem Abend hätten sie zu ihrem<br />

Mann gesagt: Mit deiner Freundin<br />

lässt sich nichts anfangen, du musst dich<br />

zwischen ihr und uns entscheiden.<br />

Kürbisbrot<br />

und Wirsingeintopf<br />

Frau Schmidts Sehnerven sind kaputt,<br />

sie werden nicht wieder heilen, und<br />

nun möchte sie anderen Blinden zeigen,<br />

dass das Leben dennoch weitergeht. Sie<br />

zeigt es sehr praktisch, mit Kürbisbrot<br />

und Wirsingeintopf. Die Rezepte sind<br />

sehr sehr groß gedruckt, trotzdem beugt<br />

Frau Plump den Kopf tief übers Papier.<br />

„Wie merke ich denn, dass der Wirsing<br />

bräunt?“, fragt Herr Schwitters, während<br />

Frau Plump vorliest. „Psst“, macht Frau<br />

Schmidt, aber nachher erklärt sie, dass<br />

man es merke, weil der Wirsing dann ein<br />

wenig am Topf haften bleibe.<br />

Es gibt ein paar Tricks und einige Hilfsmittel<br />

in der Küche, in der die Schubladen<br />

und Knöpfe mit Brailleschrift beschriftet<br />

sind. Die Hilfsmittel sind teuer. Die sprechende<br />

Waage zum Beispiel kostet 100<br />

Euro. Es war eines der ersten Hilfsmittel,<br />

das sich Frau Plump anschaffte, und dann<br />

gab die Waage nur Unverständliches von<br />

sich. „Zero“, sagte sie, und Frau Plump<br />

fragte ihre Schwiegertochter, was das bedeuten<br />

solle. „Null“, sagte die Schwiegertochter.<br />

„Auf Englisch.“ „Ich kann kein<br />

Englisch“, sagte Frau Plump, und dann haben<br />

sie die Waage zurückgebracht, es war<br />

ein falscher Chip darin, und nun spricht<br />

sie deutsch. „Guten Tag“, sagt die Waage<br />

im Sielwall zu Herrn Schwitters, „guten<br />

Tag“, sagt Herr Schwitters. Frau Schmidt<br />

erklärt, dass man am Knistern höre, wann<br />

die Butter heiß ist, und sie zeigt Frau<br />

Plump, wie man den praktischen Gemüseschneider<br />

zusammensetzt. Frau Plump<br />

versucht alles, was auf den Boden fällt, sofort<br />

wieder aufzusammeln, weil man<br />

sonst so leicht fällt.<br />

Vor der Tür liegt Salomon, ein Hütehund,<br />

genauer ein Australian Shepard. Ihn ein<br />

Hilfsmittel zu nennen, trifft es nicht. Salomon<br />

war eine der Etappen auf Frau<br />

Schmidts Weg zurück in das Leben, das<br />

weiterging, auch ohne Sehnerven. Frau<br />

Schmidt kann die Schule, die Salomon ausgebildet<br />

hat, nicht genug loben. Der Trainer<br />

hat sie auch noch gemeinsam geschult<br />

und nun führt Salomon Frau Schmidt nicht<br />

nur zum richtigen Lift, sondern auch zu einem<br />

freien Platz im Zug. Frau Plump findet,<br />

dass sie selbst zu alt sei für Hund und<br />

Ausbildung, aber sie kann gar nicht fassen,<br />

was Salomon alles kann. „Ich muss mich<br />

100-prozentig auf ihn verlassen können,<br />

sonst hat es keinen Sinn“, sagt Frau<br />

Schmidt, und dann sagt sie noch, dass sie<br />

Salomons bestes Schaf sei.<br />

Nach der Blindenschule hat Frau Schmidt<br />

eine Ausbildung zur Korb- und Stuhlflechterin<br />

gemacht, inzwischen gibt sie<br />

Kurse für Blinde und für Sehende. Bei einem<br />

der Kurse hat ein Teilnehmer, ein<br />

Sehender, gefragt: „Wo ist denn die Kursleiterin?<br />

Sie können doch gar nicht sehen.“<br />

„Ich bin die Kursleiterin“, hat Frau<br />

Schmidt ihm geantwortet und gesagt,<br />

dass sie nicht unterrichten würde, wenn<br />

sie nicht wüsste, dass sie es könne. Vermutlich<br />

hat der Schüler dann nichts mehr<br />

gesagt, auf jeden Fall ist er nach dem Ende<br />

des Kurses zu Frau Schmidt gegangen,<br />

hat ihr Blumen geschenkt und sich bedankt.<br />

Frau Schmidt ist sehr befriedigt,<br />

wenn sie sich daran erinnert.<br />

Jetzt zeigt sie Frau Plump, wie man die<br />

250 Milliliter Gemüsebrühe abmisst. Es<br />

gibt eine Schaufel, die genau so viel fasst.<br />

Aber wie merkt man, dass sie voll ist?<br />

„Man hört es“, sagt Frau Schmidt. Es gibt<br />

aber auch einen elektrischen Piepser, den<br />

man an einen Becher anhängen kann. Der<br />

schlägt Alarm, sobald das Gefäß voll ist.<br />

Herr Schwitters bemerkt, dass er vergessen<br />

hat, die Sonnenblumenkerne in sein<br />

Kürbisbrot zu tun. „Sie sind wohl blind“,<br />

sagt Frau Schmidt.


S I E L W A L L<br />

D o , 1 4 . 3 0 U h r<br />

Die Sonne scheint.<br />

Auffallend viele Hunde.<br />

×<br />

1 4 . 4 0 U h r , v o r m S i e l w a l l h a u s<br />

Ein Polizist schiebt einen<br />

leeren Kinderwagen Richtung<br />

Deich. Street Art im Sinne<br />

von Performance?<br />

1 5 . 0 5 U h r , S i e l w a l l k r e u z u n g<br />

Ein alter Mann verklebt Plakate<br />

für die Uni Nacht XL: Main-Area,<br />

Rock-Area und 60s-Area – Bier<br />

für Studenten nur 2 €! Retro-Trend<br />

oder schon Post-Street Art?<br />

12<br />

E s s a y<br />

13<br />

×<br />

Ein Polizist<br />

schiebt einen<br />

leeren Kinderwagen<br />

Richtung<br />

Deich.<br />

Street Art im<br />

Sinne von<br />

Performance?<br />

Im Leichen<br />

schauhaus<br />

Früher gab es Parolen, Tags, Graffiti<br />

und Plakate – Sachbeschädigung und<br />

Ärgernis. Heute gibt es „Street Art“,<br />

zur Kunst geadelt, beliebt, aber tot<br />

T e x t : R a d e k K r o l c z y k<br />

F o t o : M a r i o W e z e l<br />

Es ist eine Modeerscheinung, die vor lauter Mode gerade wieder aus<br />

der Mode kommt: im urbanen Raum angebrachte Bilder, Schriften<br />

und Objekte. Nicht irgendwelche, sondern solche mit einem gewissen<br />

Anspruch, gekonnt ausgeführt, inhaltlich „sinnvoll“. Wand- und<br />

Schablonenbilder, ausgeschnittene Plakate und Wandmosaike sind<br />

ihre häufigsten Formen. Sie trägt einen Namen, der sie adelt: „Street<br />

Art“, Straßen-Kunst.<br />

Der popularisierende Begriff schafft einen Unterschied zwischen<br />

der schlechten Schmiererei und Plakatiererei auf der einen<br />

und der guten, ästhetischen Zierde auf der anderen Seite. Er scheidet<br />

Illegitimes von Legitimem. Bevor es „Street Art“ gab, gab es Parolen,<br />

Tags, Graffiti und Plakate. Sachbeschädigung und Ärgernis,<br />

einzigartig und provisorisch. Gattungslos waren die Werke, bar einer<br />

größeren Funktion, Individuen und Störenfriede. Kunst sollten<br />

und wollten sie nie sein – und zogen genau daraus ihre Stärke. Manches,<br />

was heute an den Mauern entsteht, vermittelt noch eine Ahnung<br />

davon. Sprüche wie jener an der Schule Ecke Sielwall / Osterdeich:<br />

„We are young, we are gifted, we are useless“. Bilder wie die<br />

der Bremer Künstlergruppe Marnic Circus: seltsame, fantastische


S I E L W A L L<br />

I m<br />

L e i c h e n s c h a u -<br />

H a u s<br />

14<br />

E s s a y<br />

15<br />

Tiere, die sich mit langen, disfunktionalen Körpern und viel zu vielen<br />

Beinen nicht nur im Viertel über die Wände schlängeln.<br />

Den aktuellen Zustand der sogenannten Street Art in Bremen<br />

wie anderswo zu beschreiben, gleicht einer Autopsie. Zwar<br />

werden, wie schon im Sommer 2009 im Rahmen der Ausstellung<br />

„Urban Art“ des Neuen Museum Weserburg, noch immer regelmäßig<br />

Führungen zur „Straßen-Kunst“ angeboten. Neue Plakate, Cutouts,<br />

Schablonenbilder und so weiter tauchen jedoch so gut wie keine<br />

mehr auf. Zu betrachten sind nur noch Reste. Das ist nicht weiter<br />

schlimm, beruhte doch der Hype um „Street Art“ vor allem auf<br />

einem doppelten Irrtum: Es handele sich – erstens – bei den im öffentlichen<br />

Raum angebrachten Bildern und Objekten um Kunst<br />

und – zweitens – um eine subversive oder gar revolutionäre Praxis.<br />

Die Hochphase der „Street Art“ ist im Grunde auf den Beginn<br />

des Jahrtausends zu datieren. Ihr tendenzielles Verschwinden<br />

hängt sicherlich mit dem Einzug in etablierte Museen, der Selbstverwurstung<br />

ihrer bekanntesten Protagonistinnen und Protagonisten<br />

im Kino und der Produktion einer schier unüberschaubaren Menge<br />

an Büchern, Postkarten und vielen anderen Merchandise-Artikeln<br />

mehr zusammen. Auch ihre offensichtliche Rolle innerhalb von<br />

Stadtteilaufwertungsprozessen wird eine Rolle gespielt haben: Die<br />

dekorierten Hausfassaden treten nicht zufällig als Begleiterscheinung<br />

steigender Wohnungsmieten und der Ansiedlung von Luxusläden<br />

in ehemals eher heruntergekommenen Quartieren auf: „Street<br />

Art“ macht das Viertel schick. Derweil geht ein Anwaltsbüro gegen<br />

Wildplakatierer vor. Es wäre jedoch falsch, von Ausverkauf oder gar<br />

Verrat zu sprechen: „Street Art“ ist zu sich selbst gekommen, sich<br />

treu geblieben. Man sollte endlich eine ihrer Leichen suchen und mit<br />

der Untersuchung loslegen.<br />

Etwa in der Mitte des Sielwalls, gegenüber dem Körnerwall,<br />

steht das Sielwallhaus. Eine Art autonomes Zentrum, glücklicher<br />

Treffpunkt der linksradikalen Szene. An seiner Fassade sieht man die<br />

zuplakatierten Reste eines Murals, wie Wandbilder im „Street Art“-<br />

Jargon in beinahe sakraler Verklärung genannt werden. Eine Konferenz<br />

fragt, wie scheiße Deutschland wohl ist, „Mörser“ spielt im Jugendfreizeitheim<br />

Friesenstraße, die Castor-Strecke soll geschottert<br />

werden. Dazwischen ein Wandbild des Streetartisten Armsrock. Es<br />

entstand vor ein paar Jahren und hat als prägendes Vorbild für die<br />

Entwicklung der „Street Art“ im Bremer Stadtraum eine zentrale<br />

Bedeutung. Seine Grundfarbe ist himmelblau optimistisch; ein paar<br />

Gestalten schauen freudig mit erhobenen Armen in die Höhe, als erwarteten<br />

sie den Messias. Eine Figur im Kapuzenpullover hält eine<br />

Handvoll Vögel an Fäden. Eine andere zerschneidet die Fäden und<br />

schenkt den Vögeln die Freiheit. Es ist schlimm: Das Haus, das ehemals<br />

mit seiner schmutzigen Fassade, seinen Parolen und Plakaten<br />

einer in Grundzügen feindlichen Welt trotzte, ist zum netten Nachbarn<br />

degradiert. Es wird noch etwas brauchen, um sich zu erholen.<br />

In den Seitenstraßen des Viertels sowie an anderen Orten<br />

der Stadt findet man noch eine ganze Reihe unglücklicher, sozial deklassierter,<br />

lebensgroßer Papierfiguren. Sie stammen aus demselben<br />

Atelier wie besagtes Wandbild; für die Bremer „Street Art“-Szene<br />

sind sie stilbildend. Es gibt keinen Streit um sie. Einfach, weil sie sich<br />

nicht zum Streiten eignen. Sie provozieren nicht, im Gegenteil: Sie<br />

ästhetisieren das Elend und stellen es bloß, machen es – unter dem<br />

Label politisch ambitionierter Kunst im öffentlichen Raum – sogar<br />

annehmbar und verdoppeln es auf romantische Weise. Die Papierfiguren<br />

dienten einmal einer Modeboutique am Dobben als Ladendekoration.<br />

Einfach, weil sie sich zum Dekorieren eignen. Sie sind<br />

Wohlfühltapeten für den öffentlichen Raum.<br />

„Street Art“ ist everybody’s darling, und das sein zu dürfen,<br />

bezahlt sie mit Belanglosigkeit. Je schöner, gekonnter und kunstvoller,<br />

desto langweiliger. Alle Äußerungen im öffentlichen Raum, die<br />

man ihr zuschlägt, indem man sie zur „Kunst“ adelt, fallen in ihrer<br />

ganzen Harmlosigkeit weder auf noch sonst wie ins Gewicht.<br />

Man kann heute Touristinnen und Touristen dabei beobachten,<br />

wie sie im Viertel Plakate, Schablonenbilder und Ähnliches fotografieren,<br />

das sie seit der Popularisierung von „Street Art“ gelernt<br />

haben, für Kunst zu halten. Ortsansässige kann man dabei beobachten,<br />

wie sie ihre Hausfassaden neu streichen, sie von dem ganzen<br />

Geschmiere reinigen, aber übrig lassen, was sie seit der<br />

Popularisierung von „Street Art“ gelernt haben, für Kunst zu halten.<br />

Wer so beliebt ist, dem bleibt nur noch der Tod.


S I E L W A L L<br />

F O T O S T R E C K E<br />

16 17<br />

hinter<br />

den<br />

wänden<br />

F o t o s : C a r o l i n N o w i c k i


S I E L W A L L<br />

F O T O S T R E C K E<br />

18 19


S I E L W A L L<br />

20<br />

F O T O S T R E C K E<br />

21


S I E L W A L L<br />

22<br />

F O T O S T R E C K E<br />

23


S I E L W A L L<br />

D o , 1 6 . 0 5 U h r , S i e l w a l l e c k<br />

Ein asiatisches Pärchen steht<br />

an der Ampel. Beide in Werder-Jacke,<br />

Werder-Mütze, Werder-Tasche,<br />

Werder-Handschuhen. Sie unterhalten<br />

sich aufgeregt.<br />

1 6 . 0 9 U h r<br />

Ein Mann mit Gehwagen schafft es<br />

nicht in der grünen Ampelphase über<br />

die Straße. Die Autofahrer warten.<br />

Er zieht das linke Bein nach, wirkt<br />

gehetzt.<br />

×<br />

1 6 . 1 0 U h r<br />

Zwei Männer auf der anderen<br />

Straßenseite unterhalten sich angeregt.<br />

Ihre Einkaufstaschen<br />

sind voll und schwer. Zu den beiden<br />

sich unterhaltenden Männern<br />

gesellt sich ein dritter, nun reden<br />

sie zu dritt. Es scheint, als<br />

tauschten sie die Neuigkeiten<br />

des Viertels aus. Es wirkt wie auf<br />

dem Dorfplatz meines<br />

Heimatortes.<br />

1 6 . 1 7 U h r<br />

Ein Mann steht an der Ampel.<br />

Als es Grün wird, zögert er. Er geht<br />

los, bleibt stehen, kehrt um.<br />

24<br />

F e a t u r e<br />

×<br />

Es wirkt<br />

wie auf dem<br />

Dorfplatz<br />

meines<br />

Heimatortes<br />

25<br />

Bremen 21<br />

Eine Bürgerinitiative stoppte<br />

1973 den Komplettabriss des Viertels.<br />

Um ein Haar wäre Bremen zur<br />

Großstadt geworden. Ein Rückblick<br />

T e x t : K o l j a B u r m e s t e r<br />

F o t o : M a r i o n K l i e s c h<br />

Neulich war mal wieder Besuch da. Aus<br />

Berlin. Ehemalige Bremer. Das ist immer<br />

besonders schlimm.<br />

Zusammen saß man – Samstagmittag – im<br />

Café an der Sielwallkreuzung, schaute<br />

durch die Fenster auf das Treiben. Fahrräder,<br />

Kinder, Omas mit Rollwägen. Einigermaßen<br />

rücksichtsvolle Autofahrer, die<br />

junge Familien, voll bepackt vom Ökomarkt<br />

zum Spielplatz strebend, geduldig<br />

über die Straße ziehen lassen. Viele kleine<br />

Gespräche auf dem Bürgersteig. Jeder<br />

scheint jeden zu kennen, und man selber<br />

fragt sich, warum man eigentlich noch immer<br />

auf dem Dorf wohnt. Diesem Dorf.<br />

Die Berliner schwärmen: „Mein Gott, ist<br />

das schön hier. Und so friedlich. Wann<br />

ziehst Du endlich nach Berlin? Oder zumindest<br />

New York? Das hält man ja nur<br />

’n paar Tage hier aus. Das ist ja ’n Riesendorf.<br />

Und die Häuser so klein!“<br />

Es ist schon wahr. Das Viertel ist ein Dorf.<br />

Ein riesengroßes zwar. Aber ein Dorf. Ein<br />

Dorf mit Straßenbahn. Immerhin.<br />

Es hat nicht viel gefehlt, und das betuliche<br />

Bremer Viertel hätte sich mit der<br />

Frankfurter Skyline messen können. Bremen-Tenever<br />

stünde im Ostertor. Das<br />

Kottbusser Tor in Kreuzberg wäre nichts<br />

gegen den Sielwall.<br />

Am Abend des 4. Dezember 1973, ein<br />

Dienstag, ist die Sache durch. In einer hitzigen<br />

Sitzung beschließt die SPD-Bürgerschaftsfraktion<br />

mit der knappen Mehrheit<br />

von 26:24 Stimmen, das Quartier<br />

niederzureißen und fast vollständig neu<br />

zu gestalten. Die SPD regiert allein. CDU<br />

und FDP sind eh dafür.<br />

Multifunktionale<br />

Stadtgroßform<br />

Die vierspurige „Mozarttrasse“<br />

vom Rembertikreisel bis zum Flughafen<br />

ist dabei nur der kleinste Teil des ambitionierten<br />

Megaplans. Es geht um die<br />

neue Stadt, um Sachlichkeit, Rationalität,<br />

Moderne. Gleich mehrere Städteplaner<br />

sind auf das Projekt angesetzt. Sie wollen<br />

Leben und Freizeit und Arbeit im Stadtkonzept<br />

voneinander trennen und die<br />

einzelnen Bereiche durch Autotrassen<br />

miteinander verbinden. Vorbild sind, wie<br />

der damalige Bürgermeister Hans Koschnick<br />

( SPD ) herausstellt, die Ideen von<br />

Le Corbusier, Übervater des Städtebaus<br />

der 60er Jahre.<br />

Neubaupläne gibt es viele, besonders vorangetrieben<br />

von der „Bremer Treuhand“<br />

und der „Neuen Heimat“ – zwei Wohnungsbaugesellschaften,<br />

die nach dem<br />

Krieg anfangen, das Viertel aufzukaufen<br />

und unter sich aufzuteilen. Alte Filmaufnahmen<br />

zeigen, wie Beamte des Bonner<br />

Bundesministeriums für Raumordnung,<br />

Bauwesen und Städteplanung in Bussen<br />

wie Touristen den Ostertorsteinweg entlangchauffiert<br />

werden. Ludwig Gregord,<br />

Chefplaner der Bremer Treuhand, gibt<br />

am Mikrofon den Fremdenführer: „Sie sehen<br />

hier links und rechts, das ist nicht<br />

mehr zu halten, das wird alles dem Erdboden<br />

gleichgemacht.“<br />

Wir stapfen durch das Milchquartier. Die<br />

Berliner lästern über die hohen Bremer


S I E L W A L L<br />

B r e m e n 2 1<br />

F e a t u r e<br />

26 27<br />

Kaffeepreise und erfreuen sich an einem Das Bremen der 60er Jahre ist eine aufstrebende<br />

Stadt. Die Werften pumpen<br />

Kätzchen, das seelenruhig auf dem Pflaster<br />

einer Fußgängerstraße zwischen Löwenzahn<br />

und Vergissmeinnicht döst. Hil-<br />

könnte sich verdoppeln, glaubt man, Bre-<br />

Geld in die Kassen. Die Einwohnerzahl<br />

de, die seit ein paar Jahren nicht mehr in men sich zur norddeutschen Metropole<br />

Hastedt, sondern in einer Prenzelberger entwickeln, mit Platz für mindestens<br />

Atelierwohung lebt, schaut entzückt 800.000 Menschen. Hierfür braucht es<br />

durch die Fenster des Wiener Hof Cafés. Wohnraum, am besten innenstadtnah,<br />

Drinnen hat sich seit 1973 nichts mehr modern und hochgeschossig – zumal die<br />

verändert. Jedes Bild hängt noch an derselben<br />

Stelle. Wie Fische in einem Aquanungsnot<br />

sorgen. Schon in den 30ern gilt<br />

Kriegsschäden noch immer für Wohrium<br />

steuern die immergleichen Figuren<br />

durch den hell erleuchteten Gastraum.<br />

Die Treuhand hätte damit Schluss gemacht.<br />

Weg mit den holperigen Gässchen,<br />

den handtuchbreiten Häuschen,<br />

den feuchten Hinterhöfen. Stattdessen:<br />

eine Asphaltpiste vom Rembertikreisel<br />

stracks nach Süden, vierspurig über die<br />

Weser, links und rechts davon bis zu<br />

30-geschossige Türme, eine Hochhauslandschaft<br />

von der Schleifmühle bis zum<br />

Osterdeich, von den Wallanlagen bis zur<br />

Lüneburger Straße. „Multifunktionale<br />

Stadtgroßform“ betitelt das Städtebauinstitut<br />

Nürnberg sein Konzept, hinter<br />

der – „nur für den Dienstgebrauch“ –<br />

skizzierten imposanten Silhouette ragen<br />

gerade noch die Domtürme empor. Als<br />

Ost-West-Verbindung, zur Entlastung<br />

des Osterdeichs, schlagen die Planer eine<br />

weitere Straße durch das dicht bebaute<br />

Quartier, die sich über den Körnerwall<br />

bis zur Lüneburger Straße zieht.<br />

Was dafür alles weichen muss, hat das<br />

Stadtplanungsamt im Zuge einer Ortsbegehung<br />

bereits penibel kartiert.<br />

Es wird kein Zufall gewesen sein, dass<br />

die Grundlage für das große Abräumen<br />

aus Hannover kommt, der Stadt, die bis<br />

heute als Musterbeispiel für städtebaulichen<br />

Kahlschlag gilt. Professor Wilhelm<br />

Wortmann, dort ansässiger Stadtplaner,<br />

liefert im Auftrag der Treuhand ein „Gesamtkonzept“<br />

fürs Bremer Viertel. Ergebnis:<br />

Große Teile des Ostertors und<br />

Steintors seien nicht mehr zu halten und<br />

müssten komplett erneuert werden.<br />

Wer heute von der Kreuzung Dobbenweg<br />

/ Bismarckstraße zum Rembertikreisel<br />

geht, kann die ersten Umsetzungen<br />

dieser Pläne bewundern.<br />

das von Einzelhandel und engen Gassen<br />

geprägte Viertel als überplanbarer Bereich,<br />

als Spielwiese für Stadtplaner. Kurz<br />

nach Kriegsende verhängt der Senat einen<br />

Sanierungsstopp für das gesamte Ostertor<br />

/ Steintor und gibt das Quartier damit<br />

bewusst dem Verfall preis. Die Alteingesessenen<br />

finden sich mehr oder weniger<br />

mit dem bevorstehenden Abriss ab.<br />

Das wird<br />

alles dem Erdboden<br />

gleichgemacht<br />

Filmaufnahmen zeigen traurige Bilder von<br />

alten Bewohnern, die sich für wenig Geld<br />

haben enteignen lassen, etwas wehmütig<br />

in die Umzugswagen steigen und zum Abschied<br />

in die Kamera winken. Der Wert<br />

ihrer ehemaligen Häuser, am Rande bemerkt,<br />

vervielfacht sich in den Folgejahren.<br />

Faktisch sind die Immobilien damals<br />

für ’n Appel und ’n Ei zu haben. Mancher<br />

ihrer heutigen Besitzer ist erstaunlich<br />

hellsichtig gewesen.<br />

Die Berliner und ich stehen an der trüben<br />

Weser. Wer hier, mitten in der Stadt,<br />

mit dem Rücken zum Viertel auf den<br />

Stadtwerder guckt, könnte ebenso gut irgendwo<br />

in der niedersächsischen Provinz<br />

auf das andere Flussufer schauen. „Das<br />

da drüben ist die wahre Bremer City“,<br />

stichelt Markus, der schon Anfang der<br />

90er nach Berlin geflüchtet ist: „Eine<br />

Kleingartensiedlung mit Holzhäusern und<br />

Vereinsheimen.“<br />

Ich bin zu müde, um dem seltsamen Impuls<br />

nachzugeben, die Kleingartenanlage,<br />

in der eine befreundete Studenten-WG<br />

neuerdings auch eine Parzelle mietet, zu<br />

verteidigen. Hilde springt mir bei. „Im<br />

Sommer ist es dort sehr schön“, sagt sie:<br />

„Und außerdem leben da angeblich seltene<br />

Vogelarten.“ Dass ich da nicht selbst<br />

drauf gekommen bin! Wir trotten flussaufwärts<br />

zurück zum Sielwall.<br />

Borgward geht bald nach dem Krieg pleite.<br />

Der Motorisierung tut das keinen<br />

Abbruch. Bremens Antwort darauf ist<br />

die Trassentangente: eine Autobahn<br />

rings um die Innenstadt. Anfang der 70er<br />

steht die Hochstraße am Hauptbahnhof<br />

vor ihrer Vollendung. Im Westen schließt<br />

sie mit dem monströsen Nordwestknoten<br />

an die neubetonierte Weserquerung<br />

an. Im Süden sorgt die mehrspurige<br />

Neuenlander Straße für freie Fahrt. Was<br />

fehlt, ist die Spange im Osten. Da ist das<br />

Viertel im Weg.<br />

Immerhin: Mit dem Rembertikreisel sind<br />

auch hier die ersten Schritte getan. Wo<br />

heute Autos ebenso lustig wie sinnlos um<br />

eine riesige Wiese im Kreis fahren, leben<br />

in den 60er Jahren noch Menschen. Dann<br />

rollen die Bagger an, fressen sich durch<br />

die Häuser. Ganze Straßenzüge fallen ihnen,<br />

wie die Wilhelmstraße, vollständig<br />

zum Opfer, andere, wie die Bohnenstraße,<br />

in Teilen. Von der Sonnenstraße stehen<br />

bloß noch Reste. An der Meinkenstraße<br />

reißen die Planer im hinteren Teil<br />

die komplette westliche Häuserfront weg.<br />

Den Bewohnern der östlichen Straßenseite,<br />

heute Eduard-Grunow-Straße, asphaltieren<br />

sie eine Autobahn vor die<br />

Wohnzimmerfenster. Diese Fakten zeigen<br />

jedem, was im Viertel nun folgen soll.<br />

Niedrige Mieten und die Nähe zur Innenstadt<br />

machen das Ostertor zunehmend interessant<br />

für junge Leute. Ein Vergnügungsviertel<br />

entwickelt sich. Die Stadt<br />

schaut skeptisch auf ein sich langsam etablierendes<br />

Rotlichtmilieu und auf ein aufkeimendes<br />

Lebensgefühl, das später einmal<br />

die 68er-Bewegung genannt werden<br />

wird und das hier anfängt, sich eine neue<br />

Heimat aufzubauen. Rudi Dutschke spricht<br />

in der Lila Eule, die Fahrpreiserhöhung der<br />

Straßenbahn eskaliert zum Straßenkampf<br />

und macht bundesweit Schlagzeilen. Junge<br />

Bremer Genossen um Olaf Dinné fangen<br />

an, die Kommunalpolitik für sich zu entdecken.<br />

„Sollten wir weiterhin Demos gegen<br />

die Amis in Vietnam, die Russen in der<br />

CSSR oder die Notstandsgesetze machen?“,<br />

fragt Dinné im Rückblick: „Es zeigte<br />

sich, dass wir uns im eigenen Viertel mal<br />

genauer umsehen sollten!“<br />

Vom Vietnam - Krieg<br />

zum Trassenkampf<br />

Und sie sehen sich um. Als erstes<br />

unterwandern sie den für das Viertel zuständigen<br />

SPD-Ortsverein Altstadt und<br />

machen Front gegen das Stadtumbauprojekt.<br />

Zwar sitzt kein Heiner Geißler mit<br />

am Küchentisch der Mozartstraße 5 –<br />

hier hat der Ortsverein seinen Sitz –, es<br />

gibt weder Wasserwerfereinsatz noch<br />

Großdemonstrationen. Die Parallelen zu<br />

Stuttgart 21 sind dennoch offenkundig.<br />

Hier wie dort weisen die Befürworter<br />

auf die demokratische Legitimation der<br />

seit langem verfolgten Planungen hin. Sie<br />

führen infrastrukturelle Notwendigkeiten<br />

ins Feld. Nicht zuletzt wird offenbar,<br />

wie viel Geld schon geflossen ist und<br />

wer welche Gewinne einberechnet hat.<br />

Wie beim Konflikt um Stuttgart 21 sind<br />

große Teile der Bevölkerung gegen das<br />

Projekt. Ludwig Gregor von der Treuhand<br />

bringt dies in einer Fernsehdebatte<br />

auf den Punkt, als er die Unwilligkeit<br />

der Eigentümer beklagt: „Das Grundproblem<br />

im Ostertor ist doch zweifellos:<br />

Wir müssen in den Besitz der Grundstücke<br />

kommen.“<br />

Die Stimmung im Viertel kippt. Mehr und<br />

mehr gehen die Anwohner auf Konfrontationskurs.<br />

Nach einer Umfrage des Arbeitskreises<br />

Ostertor sind 95 Prozent<br />

von ihnen gegen das Projekt. Ein Umbau-<br />

Plan folgt auf den nächsten, begleitet jeweils<br />

von Widerstandsaktionen seitens<br />

der Gegner. Jahrelang geht das so. Legendär<br />

eine Bürgerversammlung im Chorprobensaal<br />

des Goethe-Theaters im Juli<br />

1973 mit über 800 Teilnehmern: Spätestens<br />

jetzt ist klar, dass die Bewohner des<br />

Viertels keines der Großbauvorhaben akzeptieren.<br />

Dessen ungeachtet bestätigt<br />

die SPD-Fraktion das Projekt – an ebenjenem<br />

Dienstagabend, dem 4. Dezember<br />

1973. Das Viertel ist geschockt.<br />

Es gibt viele Theorien darüber, was in<br />

der Nacht nach diesem Beschluss geschieht.<br />

Die populärste besagt, dass der<br />

damalige Fraktionsvorsitzende Walter<br />

Franke zuhause beim Abendbrot von seiner<br />

Frau dermaßen zusammengefaltet<br />

wird, dass er am nächsten Tag seine Fraktion<br />

ein weiteres Mal einberuft und zur<br />

Umkehr zwingt. Die wahrscheinlichere<br />

ist, dass die Abgeordneten und der Senat<br />

noch in der Nacht realisieren, dass<br />

sie diesen Beschluss gegen die Bevölkerung<br />

nicht durchhalten können, und kalte<br />

Füße bekommen. Wie auch immer: Jedenfalls<br />

tagt die Fraktion am Mittwoch<br />

erneut. Um 15 Uhr hat sie das erst am<br />

Vorabend beschlossene Projekt wieder<br />

vollständig gekippt – einstimmig, bei elf<br />

Enthaltungen.<br />

Offiziell behaupten die Abgeordneten,<br />

die Kosten hätten sich über Nacht verdoppelt,<br />

womit sich eine neue Beschlussgrundlage<br />

ergeben habe. Den Wohnungsbaugesellschaften<br />

stellt der Senat<br />

unbürokratisch die Wiesen in Tenever<br />

zur Verfügung – wo diese sich umgehend<br />

an die Umsetzung ihrer Ideen machen.<br />

Die Party in dieser Nacht im Ortsverein<br />

in der Mozartstraße 5 endet in einem<br />

grandiosen Besäufnis. Das Viertel ist<br />

gerettet.<br />

Nicht so die SPD. 1979 zieht Dinné mit<br />

der Grünen Liste in die Bürgerschaft<br />

ein – das erste Landesparlament der Grünen<br />

–, macht der SPD die Macht streitig<br />

und fällt mit zum Teil überraschend konservativer<br />

Politik auf – bestrebt, das Viertel<br />

zu dem Hort der Ruhe und des Friedens<br />

zu machen, das es schlussendlich geworden<br />

ist: ganz ohne Hochhäuser, mit<br />

kleinen Läden, verkehrsberuhigten Spielstraßen,<br />

schicken Geschäften, Einkaufsgenossenschaften<br />

und Biosupermärkten.<br />

Aneinander geraten die Viertel-Schützer<br />

immer wieder mit Punks, McDonalds,<br />

Autonomen, Junkies und anderen, die<br />

nun ihrerseits versuchen, sich das Ostertor<br />

zu eigen zu machen.<br />

Seit jeher gibt es im Viertel unterschiedliche<br />

Meinungen über die Gestaltung des<br />

öffentlichen Raumes. Ende 2010 startet<br />

eine neue Initiative mit dem richtungsweisenden<br />

Namen „Business Improvement<br />

District“. Initiatoren sind Geschäftsinhaber,<br />

die das Quartier in ihrem Sinne aufwerten<br />

wollen. Unter anderem ziehen sie<br />

gegen Graffiti zu Feld, wollen das Viertel<br />

sauber und attraktiv für auswärtige Kunden<br />

machen: Das Dorf soll sich rausputzen,<br />

um konkurrenzfähig zu bleiben. Die<br />

Mieten steigen. Wer sie nicht zahlen kann,<br />

flüchtet nach Walle oder in die Neustadt.<br />

Mit dem „Planet Boy“ schließt im Sommer<br />

2009 das letzte alternative Café. Das<br />

subkulturelle Image des Viertels ist endgültig<br />

nur noch Legende.<br />

Einzig der Gründungsmythos lebt weiter:<br />

Der Widerstand gegen die Mozarttrasse<br />

ist nach wie vor identitätsstiftend. Das<br />

Viertel versteht sich noch heute als gallisches<br />

Dorf gegen ein übermächtiges Rom.<br />

Wo sonst in Bremen kippen Bürger einen<br />

Drive-In und spielen nachts auf einer<br />

Straßenkreuzung Fußball?<br />

Wir sitzen wieder im selben Lokal und<br />

trinken den zweiten Kaffee. Draußen<br />

laufen immer noch alte Bekannte vorüber.<br />

Es fängt an zu regnen. Die Lichter<br />

der Geschäfte spiegeln sich in den<br />

schmutzigen Pfützen. Der Sielwall leert<br />

sich. Wir reden über Werder und das<br />

Wetter und darüber, dass ein paar<br />

30-stöckige Hochhäuser vielleicht doch<br />

so schlecht nicht wären. Denn vielleicht<br />

wäre Bremen dann eine richtige Großstadt<br />

geworden. Und nicht ein großes<br />

Dorf mit Straßenbahn.


S I E L W A L L<br />

F r , 8 . 0 0 U h r , S i e l w a l l k u r z<br />

v o r m O s t e r d e i c h<br />

Reger Betrieb am Eingang Gesamtschule<br />

Mitte/Standort Brokstraße.<br />

SchülerInnen eilen zum Unterricht.<br />

Es ist noch dunkel. Eine Clique<br />

wartet vor dem Tor. Gedämpfte<br />

Gespräche.<br />

8 . 0 1 U h r<br />

Von links und rechts strömen<br />

weitere SchülerInnen im Halb dunkel<br />

herbei, allein und in Pärchen. Die<br />

meisten tragen eine Umhängetasche<br />

über der Schulter, wenige<br />

einen Rucksack.<br />

8 . 0 2 U h r , S i e l w a l l / K ö r n e r w a l l<br />

Keine SchülerInnen, keine Kinder:<br />

Im Kindergarten „Piccobello“<br />

sind noch Ferien.<br />

×<br />

8 . 0 6 U h r , S i e l w a l l k u r z<br />

v o r m O s t e r d e i c h<br />

Ein Schüler mit schwarzer Umhängetasche<br />

fährt mit dem Rad eilig in<br />

Richtung Weser. Er muss zur Schule.<br />

Den Körnerwall lässt er<br />

rechts liegen.<br />

8 . 0 9 U h r , S i e l w a l l a u f<br />

H ö h e K ö r n e r w a l l<br />

Am Schulgebäude Brokstraße steht<br />

niemand mehr vor der Tür. Die<br />

Klassenzimmer sind hell erleuchtet.<br />

N A M E D E R<br />

R E P O R T A G E<br />

3 Z e i l e n<br />

28<br />

F e a t u r e<br />

×<br />

Der Schüler<br />

muss zur<br />

Schule. Den<br />

Körnerwall<br />

lässt er rechts<br />

liegen.<br />

29<br />

Schule,<br />

verboten<br />

Sie wollten anders lernen, selbstorganisiert.<br />

Der Staat verbot es.<br />

Unterricht gabs trotzdem jahrzehntelang<br />

– versteckt in einem Wohnhaus,<br />

getarnt als Kindergarten.<br />

Ein Besuch in Bremens ehemals<br />

geheimster Lehranstalt<br />

T e x t : A r m i n S i m o n<br />

F o t o s : J u l i a H e r m e s m e y e r<br />

Vielleicht kann man sie doch noch einmal<br />

wieder brauchen. Deswegen sind<br />

sie nur eingelagert, unten im Keller,<br />

links eine Holztür, der Lack schon etwas<br />

angegilbt. Dahinter Kisten über Kisten,<br />

und, im Halbdunkeln obenauf gestapelt,<br />

die Bänke. Mobiliar einer Schule,<br />

die es nicht mehr gibt. Weil es sie nie<br />

geben durfte.<br />

Gabriele Dühren schließt die Tür. Nebenan,<br />

im Ausgang zum Garten, stehen bunte<br />

kleine Schuhe, an der Wand Jacken<br />

und Anoraks. Kindergetrappel im Hochparterre.<br />

Das ist, was blieb: Ein Kindergarten<br />

in Eigenregie. Ein Keller voll Gerümpel.<br />

Und ein paar Dutzend neue<br />

Eltern, die eine Freie Schule gründen wollen,<br />

basisdemokratisch wie einst jene im<br />

Untergrund. Auch über die Art des Unterrichts<br />

wollen die Eltern selbst entscheiden.<br />

Der Senat sträubt sich, immer<br />

noch. Der Antrag liegt zum wiederholten<br />

Male vor Gericht. Dühren, die Erzieherin,<br />

muss jetzt wieder nach oben.<br />

Selbstorganisiertes<br />

Lernen<br />

Das Café an der Ecke hat Scheiben<br />

bis zum Boden. Unverstellter Blick auf<br />

den Körnerwall: ein U-förmiges Sträßchen<br />

um einen Rasenfleck, in der Mitte eine<br />

stattliche Platane. Meredith sitzt am Fenster,<br />

da draußen ist sie jahrelang vorbeigelaufen.<br />

Es war ihr Schulweg, von dem niemand<br />

wissen durfte. Einen Ranzen trug<br />

sie nicht. In die elfte Klasse geht sie heute,<br />

im Schulzentrum Rübekamp, demnächst<br />

will sie Abitur machen. Vor ein<br />

paar Jahren noch gab sie auf Fragen zum<br />

Thema Schule nur sehr ausweichende<br />

Antworten. Welche Klasse?, wollten etwa<br />

ihre TurnkameradInnen und die Trainerin<br />

im Zirkusunterricht von der Grundschülerin<br />

wissen. „Bei uns gibt’s nur<br />

Gruppen“, erwiderte die. „Und in welcher<br />

Gruppe bist Du?“ Meredith zuckte<br />

dann bloß mit den Achseln. „Die konnten<br />

sich da nichts drunter vorstellen“, sagt sie,<br />

„aber nachgehakt haben sie nicht.“ Eine<br />

Untergrund-Schule? „Wenn irgend etwas<br />

so undenkbar ist, kann es ganz leicht existieren<br />

in der Öffentlichkeit“, drückt es eine<br />

Mutter aus, deren Sohn ebenfalls auf<br />

die geheime Schule ging.<br />

Merediths vier Grundschuljahre verstreichen<br />

unbehelligt. Dass es Kinder im<br />

schulpflichtigen Alter gibt, die zwar in<br />

Bremen gemeldet, aber an an keiner<br />

Schule angemeldet sind, fällt niemandem<br />

auf. Erst mit dem Schulwechsel wird’s<br />

brenzlig. Denn Zeugnisse können die Kinder<br />

vom Körnerwall keine vorweisen.


S I E L W A L L<br />

S c h u l e ,<br />

v e r b o t e n<br />

F e a t u r e<br />

30 31<br />

Manche wechseln kurz vor Ende der vierten<br />

Klasse auf eine offizielle Schule – Umzug<br />

nach Bremen, sozusagen. Meredith<br />

kommt ihre zweite Muttersprache zugute.<br />

„Ich hab gesagt, ich war in Frankreich<br />

auf der Schule.“ „Wo?“, will ihre neue<br />

Lehrerin wissen. „Im Perigord.“ Das ist<br />

schön weit weg.<br />

Und die Schulen dort müssen ziemlich<br />

sonderbar sein. Meredith jedenfalls kann<br />

die ihre in den buntesten Details beschreiben.<br />

„Ich habe einfach erzählt, wie<br />

es hier war“, sagt sie und kann sich das<br />

Lachen nicht verkneifen. Sie denkt gern<br />

an ihre Zeit am Körnerwall zurück.<br />

An ihre Schule, die so „anders“ ist als alle<br />

anderen, „ungewöhnlich“ und „einzigartig“,<br />

wie Beteiligte schwärmen. In der<br />

die älteren den jüngeren Kindern das<br />

Rechnen beibringen. In der im Klassenzimmer,<br />

wenn man den Raum unterm<br />

Dach mit der Tafel an der Wand so nennen<br />

kann, ein dicker Ordner auf dem Pult<br />

liegt, aus dem sich morgens jede SchülerIn<br />

selbst ihre Aufgaben und Themen<br />

raussucht. Eine Schule, die das Miteinander<br />

großschreibt, ganztags. Die ihre SchülerInnen<br />

vor allem lehrt, die Dinge zu suchen,<br />

die sie interessieren. Eine Schule,<br />

die Spaß macht.<br />

Wenn irgend‐<br />

etwas so<br />

undenkbar ist,<br />

kann es ganz<br />

leicht existieren<br />

in der<br />

Öffentlichkeit<br />

„Freie Kinderschule“, haben sie sie getauft,<br />

kurz: „Kischu“. Team- und Projektarbeit<br />

sind hier Standard, Lehrerinnen und Lehrer<br />

assistieren eher. Die jahrgangsübergreifende<br />

Gruppe zählt selbst zu Hochzeiten<br />

gerade mal zwei Dutzend<br />

SchülerInnen. Lehrpläne gibt es, wenn<br />

überhaupt, nur rudimentär, Noten gar<br />

nicht. Dafür einen Toberaum im Keller.<br />

Frontalunterricht sucht man vergeblich,<br />

und keine Klingel brüllt im 45-Minuten-<br />

Takt. Andere Kinder, lernt Meredith, als<br />

sie zu Beginn der fünften Klasse auf die<br />

Gesamtschule wechselt, müssen sich<br />

nachmittags extra treffen, wenn sie etwas<br />

zusammen unternehmen wollen.<br />

„Wir konnten sowas in der Schule machen“,<br />

sagt sie. Und Hausaufgaben gibt’s<br />

am Körnerwall erst gegen Ende des vierten<br />

Schuljahrs – zur Vorbereitung auf die<br />

Staatsschulwelt.<br />

Ein offenes<br />

Geheimnis<br />

„Nischen“ habe man genutzt, sagt eine<br />

der Erwachsenen, die das Schulprojekt<br />

damals mit organisiert hat, Nischen<br />

im System. Freiräume, auf die der Staat<br />

keinen Zugriff hat. Sie bedauert, dass es<br />

davon immer weniger gibt. Dabei ist das<br />

Projekt, das 1979 mit den ersten SchülerInnen<br />

startet und bis zur offiziellen Enttarnung<br />

28 Jahre läuft, längst nicht so geheim,<br />

wie viele im Nachhinein behaupten.<br />

Im Gegenteil. Ganz offen habe man die<br />

selbstorganisierte Schule anfangs beworben,<br />

und das jahrelang, berichten deren<br />

GründerInnen. Es gibt Infostände und<br />

Werbung, die Initiative tritt öffentlich auf<br />

und präsentiert ihr Konzept. „Alle wussten<br />

davon“, sagen sie.<br />

Sogar einen offiziellen Antrag beim Bildungssenator<br />

stellt die Initiative damals:<br />

auf Anerkennung einer privaten Erstschule<br />

im Grundschulbereich. Er wird<br />

nie behandelt. In Berlin, Frankfurt, Kassel,<br />

Bochum und anderswo entstehen<br />

Freie Schulen, mit Billigung der Behörden.<br />

Die SPD in Bremen aber hat kein<br />

Interesse, das staatliche Grundschulmonopol<br />

aufzubrechen.<br />

Andererseits: Allzuviel Aufsehen will die<br />

Bildungsbehörde um die Schulrebellen<br />

auch nicht machen. 1988 schickt sie einen<br />

blauen Brief. Der Schulbetrieb am<br />

Körnerwall sei umgehend einzustellen,<br />

verfügt sie darin. Man wolle keine „Freie<br />

Republik Ostertor“, begründet Bildungssenator<br />

Horst-Werner Franke.<br />

Offiziell ist das Problem damit erledigt.<br />

De facto ändert sich gar nichts. Unter die<br />

vielen Kinder, die tagtäglich am Körnerwall<br />

in den Kindergarten gehen, mischen<br />

sich weiterhin auch ältere, die hier unterrichtet<br />

werden. Einzelne laut Zeitungsberichten<br />

bis zur zehnten Klasse. Der Morgenkreis<br />

ist gemeinsam. Anschließend<br />

gehen die einen zum Spielen, die anderen<br />

zum Lernen – wobei die Übergänge fließend<br />

sind. Das Wohnhaus, dessen<br />

Schriftzug „Kaffé Körnerwall“ manch<br />

Touristen irritiert, ist groß genug.<br />

„Das Leben fand nicht im Untergrund<br />

statt!“, unterstreicht eine Mutter: „Wir<br />

waren ja da.“ Umstellen muss sich nach<br />

dem Brief aus der Behörde vor allem die<br />

Öffentlichkeitsarbeit der Initiative. Mundzu-Mund-Propaganda<br />

ersetzt die Vorträge.<br />

Aus dem Schul-Geheimtipp wird eine<br />

geheime Schule. Die Kinder lernen, deren<br />

Adresse in Gesprächen lieber nicht<br />

zu erwähnen. Und was sie im Fall einer<br />

Kontrolle sagen sollen: „Wir sind ’ne<br />

Klasse, die ein Praktikum macht, und sich<br />

’nen Kindergarten anguckt.“ „Ich dachte<br />

manchmal schon: ‚Ätsch, ich bin geheim,<br />

ich bin nicht öffentlich‘“, erinnert sich<br />

Meredith: „Das war lustig.“ Ideal war es<br />

nicht: „Manchmal will man ja gar nicht underground<br />

sein.“<br />

Die Schlinge<br />

zieht sich zu<br />

Es gibt einige, die überzeugt sind,<br />

dass die Kischu auch im Bildungsressort<br />

UnterstützerInnen hatte. Mit der Schließungsverfügung<br />

habe sich die Behörde lediglich<br />

„den Rücken freihalten“ wollen,<br />

sind sie überzeugt. Eines Mittags stehen<br />

auf einmal trotzdem zwei Kontrolleure in<br />

der Tür. „Das war immer ein offenes<br />

Haus“, berichtet eine Erzieherin. Bis heute<br />

fehlt die Klingel. Das Gros der Kinder,<br />

Glück oder Zufall, ist gerade ausgeflogen<br />

– Schwimmunterricht. Nur zwei sind zufällig<br />

noch da. „Wo gehst du denn zur<br />

Schule?“, will der Beamte von einem der<br />

„ I c h d a c h t e m a n c h m a l s c h o n : ‚ Ä t s c h , i c h b i n g e h e i m ‘ “ ,<br />

e r i n n e r t s i c h M e r e d i t h . N u r m a n c h m a l , d a w o l l t e s i e g a r<br />

n i c h t u n d e r g r o u n d s e i n<br />

Mädchen wissen. „Das sag ich nicht!“, erwidert<br />

dieses keck. Ende der Kontrolle.<br />

Die Anerkennung der „Kinderschule“<br />

als staatliche Modellschule, die „das Lernen<br />

vom Kinde aus als wesentlichstes<br />

Element definiert“ und 1994 in die Lothringer<br />

Straße nach Schwachhausen umzieht,<br />

spaltet das Do-it-yourself-Projekt.<br />

Viele nutzen die Gelegenheit und wechseln<br />

in die Legalität. Einige aber lehnen<br />

eine größere Schule – wie die Behörde<br />

sie verlangt – ab. Sie machen heimlich<br />

weiter. „Kinderschule“ und „Kischu“ bezeichnen<br />

fortan zwei unterschiedliche<br />

Einrichtungen. Und wer das nicht so genau<br />

wissen will, dem fällt es erst einmal<br />

nicht auf. Die Kischu am Körnerwall,<br />

drücken Beteiligte es aus, bleibt „ein offenes<br />

Geheimnis“.<br />

Die Nischen aber werden enger. Weiterführende<br />

Schulen wollen Zeugnisse sehen.<br />

Die Behörde startet systematische<br />

Melderegisterabfragen, gleicht diese mit<br />

den Schulanmeldungen ab. Die Schlinge<br />

zieht sich zu. Wer dem entgehen will,<br />

muss sein Kind anderswo anmelden, in<br />

Niedersachsen etwa, oder gleich einen<br />

Auslandsaufenthalt vortäuschen. KriminalistInnen<br />

würden sagen: Der Verfolgungsdruck<br />

steigt.<br />

„Es war abzusehen, dass das über kurz<br />

oder lang auffliegen würde“, schildert eine<br />

Mutter im Rückblick die Situation.<br />

Die Eltern nehmen Kontakt zu Politiker-<br />

Innen auf, suchen nach Auswegen für<br />

ihre Kinder, die im Körnerwall unterrichtet<br />

werden. In den Gesprächen ist die<br />

Rede von einer Freien Grundschule. „Es<br />

war klar, dass es nicht um eine Neugründung<br />

ging“, erinnert sich die Mutter. Und<br />

dass man damals leider „mit den Falschen<br />

Tacheles geredet“ habe. Das war im<br />

Frühjahr 2007.<br />

Die Behörde, jetzt offiziell in Kenntnis<br />

von der Untergrund-Schule, reagiert<br />

erbost. Zwar bezweifelt auch hier niemand,<br />

dass die Kischu die Kinder gut ausbildet.<br />

Und viele der pädagogischen Ansätze,<br />

die sie in den 80er Jahren<br />

modellhaft einführte, haben auch staatliche<br />

Schulen inzwischen übernommen.<br />

Den Zorn der StaatsvertreterInnen erregt<br />

vielmehr die Dreistigkeit der Eltern,<br />

die jahrzehntelang ihre eigene Schule betreiben<br />

– über die Jahre zählt das Körnerwall-Projekt<br />

wohl deutlich mehr als 200<br />

SchülerInnen. Wie viele es tatsächlich<br />

waren, weiß noch immer niemand. Von<br />

„Lügen“ und „Betrug“ ist die Rede, vom<br />

Hintergehen der Behörden und „Verletzung<br />

der Schulpflicht“. Zivilpolizei<br />

schleicht ums Haus, die Feuerwehr inspiziert<br />

die Räume. Wie „Staatsfeinde“ habe<br />

man sie angeschaut, berichtet eine<br />

Mutter. Die neue Schließungsverfügung<br />

der Behörde kommt postwendend.<br />

Noten gibt es<br />

nicht. Dafür<br />

einen Toberaum<br />

im Keller<br />

Bis zu den Sommerferien, das handeln die<br />

Eltern aus, darf der Schulbetrieb noch<br />

weiterlaufen. Dann müssen alle Kischu-<br />

Kinder auf offizielle Schulen wechseln, ih-


S I E L W A L L<br />

F r , 1 7 . 2 6 U h r , S i e l w a l l e c k<br />

Ein Polizeibulli sperrt die Kreuzung.<br />

Blaulichter spiegeln sich in Pfützen.<br />

1 7 . 3 1 U h r<br />

Aus dem Steintor nähert sich ein<br />

Demonstrationszug. Auf dem Transparent<br />

steht : „Laye Condé, am<br />

27.12 . 2004 in Bremen durch Brechmitteleinsatz<br />

ermordet“.<br />

1 7 . 3 2 U h r<br />

Die Demo erreicht die Kreuzung.<br />

Ein Sylvesterknaller zündet.<br />

1 7 : 3 7 U h r<br />

Eine Rednerin erinnert daran, dass<br />

Polizeibeamte Condé vor sechs<br />

Jahren hier aufgegriffen hatten, weil<br />

sie ihn verdächtigten, Koks-Kügelchen<br />

verschluckt zu haben. Sie<br />

zitiert den damaligen Innensenator<br />

Thomas Röwekamp ( CDU ) , der<br />

es als „völlig gerechtfertigt“ bezeichnete,<br />

„mit unnachgiebiger Härte<br />

gegen solche Leute vorzugehen“.<br />

×<br />

1 7 . 4 1 U h r<br />

Die Rednerin kritisiert : „Drogen als<br />

Bedrohung von außen und Dealer als<br />

die großen Verführer zu sehen, geht<br />

völlig an der Realität vorbei.“ Drogengebrauch<br />

sei vielmehr für viele<br />

„ein recht alltägliches Verlangen“.<br />

1 7 . 4 9 U h r<br />

DemonstrantInnen enthüllen ein<br />

Denkmal für Condé. Schweigeminute.<br />

1 7 . 5 4 U h r<br />

Die Kreuzung ist wieder frei.<br />

S c h u l e ,<br />

v e r b o t e n<br />

re Eltern eine Geldbuße zahlen. Der Abschied<br />

ist traurig. Die Bänke wandern in<br />

den Keller, der Morgenkreis wird klein.<br />

Die Schule im Wohnhaus, ganz und gar<br />

selbstorganisiert, Lebensraum, soziales<br />

Netzwerk und Treffpunkt für Kinder wie<br />

Eltern, es gibt sie nicht mehr. „Das haben<br />

sie zerstört“, sagt eine Mutter.<br />

Soziale<br />

Spaltung?<br />

Bremen ist das einzige Bundesland,<br />

das, von kirchlichen und Waldorf-Schulen<br />

abgesehen, bis heute keine Freien<br />

Grundschulen duldet. Zuletzt sprachen<br />

sich SPD, Linke und Grüne in der Bürgerschaft<br />

gegen deren Zulassung aus. Erlaubt<br />

sind nur Modellschulen unter staatlichem<br />

Schirm. Kippe das staatliche<br />

Schulmonopol, drohe eine soziale Segregation,<br />

argumentierten die rot-grün-roten<br />

Abgeordneten. Außerhalb des Parlaments<br />

dagegen räumen auch Grüne sowie<br />

manch’ SPD-VertreterInnen ein,<br />

nichts gegen eine Freie Schule zu haben.<br />

32<br />

I N T E R V I E W<br />

33<br />

Den Vorwurf, am Körnerwall die soziale<br />

Spaltung vergrößert zu haben, weisen<br />

die ehemals in der Kischu Engagierten<br />

vehement zurück. „Wir waren keine rein<br />

weiße, deutsche Bio-BildungsbürgerInnen-Schule“,<br />

stellen sie klar. Die Kosten<br />

des Schulprojekts habe man schon immer<br />

solidarisch getragen.<br />

Die neue Freischul-Initiative, organisiert<br />

im Verein „Freie Schule Bremen“ mit Sitz<br />

im Fesenfeld, gegründet 2007, plant ein<br />

ähnliches Finanzmodell. Und, fügt Sprecherin<br />

Karen Knöppler hinzu: Wenn Freie<br />

Schulen auch nur annähernd so viel Geld<br />

vom Staat bekämen wie ihre staatlichen<br />

Pendants, dann bräuchten sie gar kein<br />

Schulgeld zu erheben.<br />

Knöppler hat zwei Kinder, die beide den<br />

Kindergarten im Körnerwall besuchen.<br />

Denselben, aus dem einst auch die Kischu<br />

hervorging. Geht es nach Knöppler,<br />

sollen sie anschließend eine Freie Schule<br />

besuchen. Ihr Verein hat einen neuen Genehmigungsantrag<br />

gestellt. Ein Gutachten<br />

bescheinigt dem Konzept das gesetzlich<br />

geforderte besondere pädagogische Interesse.<br />

Die Bildungsbehörde hat den Antrag<br />

abgelehnt – und in erster Instanz vor<br />

dem Bremer Verwaltungsgericht eine<br />

Niederlage erlitten.<br />

Knöppler hofft, dass das Oberverwaltungsgericht<br />

der Initiative demnächst<br />

ebenfalls Recht gibt. Die erste offiziell anerkannte<br />

Freie Schule Bremens könnte<br />

dann im Prinzip loslegen – vorausgesetzt,<br />

sie findet rechtzeitig Räume. Am Körnerwall<br />

nämlich kann das neue Projekt nicht<br />

starten. Nicht nur, weil die ehemaligen<br />

Klassenzimmer dort inzwischen umgebaut<br />

sind und als Wohnung genutzt werden.<br />

Sondern auch, weil der Verein, wie<br />

Vorstand Sven Golchert unterstreicht, alle<br />

Anforderungen der Schulaufsicht an<br />

das Schulgebäude einhalten will: „Dazu<br />

gehört, eine solche Schule nicht in Räumen<br />

einzurichten, in denen jahrzehntelang<br />

ohne staatliche Genehmigung gearbeitet<br />

wurde.“<br />

×<br />

Die Rednerin<br />

kritisiert :<br />

„Drogen als<br />

Bedrohung von<br />

außen und<br />

Dealer als die<br />

großen Verführer<br />

zu sehen,<br />

geht völlig an<br />

der Realität<br />

vorbei.“<br />

heroin,<br />

ja klar<br />

Am Sielwalleck ist – oder war –<br />

fast alles zu haben. Er verkauft es,<br />

immer noch. Ein Gespräch<br />

über Sucht, Geld, Dealerei und<br />

bigotte Politik<br />

I n t e r v i e w : A r m i n S i m o n<br />

D a s i s t , w a s b l i e b : e i n K i n d e r g a r t e n i n E i g e n r e g i e .<br />

U n d e i n p a a r D u t z e n d n e u e E l t e r n , d i e e i n e F r e i e S c h u l e<br />

g r ü n d e n w o l l e n<br />

E i n l e i t u n g : Er ist so um die 50, einheimisch.<br />

Hat mal als Landschaftsgärtner<br />

gearbeitet. Heroinabhängig<br />

seit Jahrzehnten, mit kleinen<br />

Unterbrechungen. Lebt in Bremen,<br />

derzeit auf der Straße. Stand früher<br />

öfter am Eck. Nennen wir ihn<br />

Andreas. Seinen richtigen Namen<br />

dürfen wir nicht schreiben. Sonst<br />

kriegt er Ärger mit der Polizei. Und<br />

vielleicht auch mit anderen.<br />

Z D S Früher war hier noch mehr los, am Eck.<br />

A N D R E A S Vor zehn Jahren, ja, da ging da echt<br />

noch der Bär. Rund um die Uhr, egal was du<br />

haben wolltest: Schore [ Heroin ], Hasch, Koks,<br />

egal – da gabs alles.<br />

Z D S Und heute?<br />

A N D R E A S ( n a m e g e ä n d e r t ) Da siehste<br />

noch’n paar Schwarze rumspringen, und jeder<br />

weiß: Die verticken da ihr Koks.<br />

Z D S Heroin gibt’s nicht mehr?<br />

A N D R E A S Kaum noch. Die Szene hat sich gesplittet.<br />

Bahnhof, Piepe, Walle – alles bunt verteilt.<br />

Das Steintor ist relativ tot, im Vergleich zu<br />

früher. Das ist heute mehr oder weniger so ’ne<br />

Schicki-Micki-Szene dort.<br />

Z D S Wer kauft da?<br />

A N D R E A S Alle möglichen Leute. Diskogänger<br />

vor allem. Koks ist ’ne teure Sache.<br />

Z D S Wie teuer?<br />

A N D R E A S Die haben Kugeln für zehn Euro, aber<br />

da ist nix drin. 20, 25 Euro musste schon<br />

hinlegen. Für die meisten geht es so ab 50 Euro<br />

los – damit sie ein bisschen was haben. Die<br />

verballern da manchmal ihre 300, 400 Euro am


S I E L W A L L<br />

h e r o i n ,<br />

j a k l a r<br />

34<br />

I N T E R V I E W<br />

35<br />

Abend. Tut mir leid – das hab ich nicht über.<br />

Z D S Was verkaufst du denn?<br />

A N D R E A S Braun [ Heroin ]. Aber ich hab’ schon<br />

beides vercheckt, weiß [Koks] und braun.<br />

Z D S Ist das so was wie ein richtiger Job?<br />

A N D R E A S Anders geht das gar nicht. Die Käufer<br />

wissen genau, um die und die Zeit kommt<br />

der und der, der hat was Besseres, und das bei<br />

dem taugt nichts. Ich würde auch nicht von jedem<br />

kaufen.<br />

Z D S Du hast einen festen Platz?<br />

A N D R E A S Ja. Da gibt’s manchmal richtig Hauerei,<br />

wer wo stehen darf. Es wollen ja alle was<br />

verdienen. Manche machen damit ihre Sucht klar,<br />

wie ich: Da musst du was verdienen, sonst kommste<br />

selbst nicht klar.<br />

Z D S Es sind aber nicht alle, die da Zeugs verchecken,<br />

selbst drauf.<br />

A N D R E A S Die meisten von den Schwarzen zum<br />

Beispiel sind nicht süchtig. Die machen das so<br />

zum Geldverdienen. Viele von denen haben<br />

gerade mal eine Aufenthaltserlaubnis, dürfen<br />

nicht arbeiten. Aber die Klamotten, die die anhaben,<br />

da musste schon ’n bisschen Kohle für<br />

hinlegen. Oder kuck dir die Türken an, die da<br />

rumfahren: Gerade 18 und ’nen dicken Daimler.<br />

Wie lange muss man dafür malochen? Das geht<br />

doch gar nicht.<br />

Z D S Sind Preise Verhandlungssache?<br />

A N D R E A S Klar. Das ist ein normales Geschäft<br />

wie jedes andere auch. Ein Päcken zum Beispiel<br />

kostet so um die acht Euro. Aber jeder versucht,<br />

für so wenig Geld so viel wie möglich zu kriegen.<br />

Z D S Ist denn immer gleich viel drin?<br />

A N D R E A S 0,25 Gramm ungefähr. Kann man sich<br />

kaum vorstellen, dass so ’ne geringe Menge so<br />

viel Geld bringt, ne?<br />

Z D S Und wie viel braucht man davon?<br />

A N D R E A S Die meisten, wenn se richtig drauf<br />

sind, schon zwei.<br />

Z D S Pro Tag?<br />

A N D R E A S Pro Mal. Am Tag brauchen die sechs<br />

bis acht. Was meinste, warum die alle klauen<br />

gehen oder irgendwelche komischen Dinger<br />

machen?<br />

Z D S Du selbst bist auf diese Weise zum Dealer<br />

geworden. Wie war das?<br />

A N D R E A S Erstmal ungewohnt. Aber irgendwie<br />

musste ich das ja finanzieren. Und meine Frau<br />

war auch drauf. Ich musste schon mal nur alleine<br />

für Schore 500 Mark auftreiben. An 365 Tagen<br />

im Jahr. Das mach’ mal! Und koksen willste<br />

auch noch, und Trinken und Rauchen. Da biste<br />

von morgens bis abends am Rödeln.<br />

Z D S Und heute?<br />

A N D R E A S Heutzutage ist der ganze Kram viel<br />

billiger. Trotzdem: Wenn du einigermaßen durchkommen<br />

willst, alleine, musst du schon 30 Päcken<br />

an die Wand schieben.<br />

Z D S Die du erstmal selbst erstehen musst.<br />

A N D R E A S Ja. Wenn du einigermaßen Qualität<br />

haben willst, musst du schon 100 Euro für ’nen<br />

Beutel hinlegen. Für 30 Päcken sind also 150 Euro<br />

weg. Rein kriegste, sagen wir, 240, macht 90<br />

Euro Gewinn. Die brauchste schon. Und da haste<br />

noch kein Tabak, noch kein gar nichts.<br />

Z D S Und wie lange dauert das Verkaufen?<br />

A N D R E A S Du kannst Glück haben und in anderthalb<br />

bis zwei Stunden durch sein. Oder du<br />

stehst vier, fünf Stunden. Je nachdem, was für<br />

Qualität du inner Tasche hast. Und dann kommen<br />

noch die anderen Kameraden, die dich ja<br />

auch gerne haben möchten.<br />

Z D S Die Polizei.<br />

A N D R E A S Ja. Das ist ein Katz- und Maus-Spiel.<br />

Jeder weiß, was läuft. Du passt natürlich ein bisschen<br />

auf, dass es keiner sieht – das geht so von<br />

Hand zu Hand.<br />

Z D S Und wenn die doch eingreifen?<br />

A N D R E A S Das ist nicht so einfach. Haste nur<br />

ein bisschen Zeugs bei Dir, sagste: „Das ist meins.“<br />

Da kann der nix machen. Der muss mich schon<br />

direkt beim Verkaufen erwischen. Oder mit ’ner<br />

großen Menge.<br />

Z D S … die niemand bei sich hat.<br />

A N D R E A S Ne, so verrückt ist man eigentlich<br />

nicht. Auch die Schwarzen, die Gras und so verkaufen,<br />

bunkern das irgendwo. Da gibt es richtige<br />

Lager. Und natürlich auch so’n paar Leutchen,<br />

die davon leben, von einem Bunker zum<br />

nächsten zu rennen … Wenn die anderen die<br />

dann erwischen, dann gibt es richtig Ärger.<br />

Z D S Bist Du selbst mal hopsgenommen worden?<br />

A N D R E A S Einmal, das reicht. Abtransportiert,<br />

U-Haft, verurteilt zu 14 Monaten. Das wars.<br />

Zwei Drittel davon saß ich im Knast, den Rest<br />

gabs auf Bewährung. Ich hatte 86 Gramm dabei<br />

– das ist dann doch ein bisschen zu viel.<br />

Z D S Hast du manchmal ein schlechtes Gewissen?<br />

A N D R E A S Ne. Ich hätte eins, wenn da irgendwelche<br />

Blagen kommen, die 13, 14 sind und von<br />

mir Schore haben wollen. Dann sag ich auch:<br />

Haut ab. Aber wenn einer schon seit 20 Jahren<br />

drauf ist: Ob der das von mir kauft oder von jemand<br />

anderem, ist doch egal. Kaufen tut er es<br />

auf jeden Fall. Ich bin ja selber drauf, ich weiß<br />

genau, wie das ist.<br />

Z D S Angeblich ist der Drogenmarkt fest aufgeteilt<br />

in Bremen.<br />

A N D R E A S Die Schwarzen machen Koks, die<br />

Kurden und Türken machen Schore, grob gesagt.<br />

Das ist so organisiert.<br />

Z D S Und Leute wie du?<br />

A N D R E A S Wir sind Freiberufler. Die Großen<br />

brauchen uns. Wie kommt das Zeugs denn sonst<br />

auf die Straße? Was gut ist, ist, dass sie hier die<br />

Crack-Scheiße weglassen. Wenn du nach Hannover<br />

oder Hamburg fährst, da sitzen sie an jeder<br />

Ecke und hauen sich ihre Glaspfeife rein. Hier<br />

läuft das nicht.<br />

Z D S Weil die Kunden zu anspruchsvoll sind?<br />

A N D R E A S Ne, weil die Clans das hier nicht haben<br />

wollen. Weil die genau wissen, was dann<br />

hier abgeht. Das Zeugs macht dich Banane im<br />

Kopf, die Leute drehen mehr durch, brauchen<br />

mehr Geld. Dementsprechend geht dann die Post<br />

ab. Und da haben die keinen Bock drauf.<br />

Z D S Manche fordern ein härteres Vorgehen gegen<br />

Dealer und Drogen.<br />

A N D R E A S In den Griff kriegen werden sie das<br />

Problem so nie. Die Nachfrage ist da. Und wer<br />

süchtig ist, der scheißt doch drauf, ob das verboten<br />

ist oder nicht. Die größten Dealer, die wir<br />

haben, sind im Übrigen unsere Ärzte. Wenn so<br />

’ne Oma aus der Apotheke kommt, da freut sich<br />

jeder Junkie drüber, was die in der Tüte hat. Und<br />

dann das Methadonprogramm: Eigentlich ist es<br />

ja dafür gedacht, dass die Leute langsam runterkommen.<br />

Daran haben die meisten Ärzte aber<br />

gar kein Interesse. „Was, du brauchst noch zwei<br />

Milliliter? Du kannst auch vier haben!“ Im Grunde<br />

dreht sich doch im Leben fast alles nur<br />

um Kohle.<br />

Z D S Sollte man alle Drogen einfach freigeben?<br />

A N D R E A S In den Staaten haben sie mal den Alkohol<br />

verboten. Und was hat das bewirkt? Es<br />

hat die Mafia reich gemacht. Guck dir die Schweiz<br />

an, Holland, mit ihren Heroin-Programmen. Die<br />

haben Ruhe. Bei uns hat der Bundestag das zwar<br />

genehmigt, aber wo gibt’s das? Hier in Bremen<br />

jedenfalls noch nicht. Selbst Polizeipräsidenten<br />

sagen doch schon: Gebt den Scheiß frei, dann<br />

kriegen wir das auch in den Griff. Die ganze Kriminalität<br />

fiele schon mal weg.<br />

Z D S Aber würde denn die Zahl der Abhängigen<br />

so sinken?<br />

A N D R E A S Es würden weniger einsteigen. Alles,<br />

was verboten ist, reizt doch. Außerdem wären<br />

dann auch bedeutend weniger Dealer auf der<br />

Straße unterwegs.<br />

Z D S Du wärst deinen Job los!<br />

A N D R E A S Wenn ich mein Zeug auf Rezept kriegen<br />

würde, dann brauch’ ich das nicht mehr.<br />

Z D S Was ist mit ’ner Entgiftung: Würdest du<br />

das machen?<br />

A N D R E A S Würd’ ich schon. Was meinst Du,<br />

wie oft ich hier sitze und Frust schiebe: Das ist<br />

doch kein Leben! Aber ’ne Entgiftungsstelle kannst<br />

du frühestens in zehn bis 12 Wochen kriegen.<br />

Und ich brauch’ erstmal’n Dach überm Kopf.<br />

Sonst bringt das nämlich gar nix.<br />

Z D S Halten staatliche Methadon- oder gar Heroin-Programme<br />

Süchtige nicht davon ab, eine<br />

Entgiftung zu machen?<br />

A N D R E A S Man muss ehrlich sein: Die meisten<br />

wollen gar keine. Die machen das aus irgendwelchen<br />

Gründen, weil die Bagis Theater macht oder<br />

das Gericht. Guck mal, wie viele Leute danach<br />

wieder drauf sind –. Und das kostet ein Heidenmoos!<br />

Wenn einer das wirklich machen will, okay.<br />

Aber von 100 Leuten sind das vielleicht zehn.<br />

Dem Rest sollte man das Zeugs geben.<br />

Z D S Auf Dauer macht das aber auch kaputt.<br />

A N D R E A S Jeder, der trinkt, macht sich kaputt.<br />

Das ist legal, da meckert keiner rum. Ändern<br />

kannst’es eh nicht: Wenn ich saufen will, sauf’<br />

ich. Der Mensch ist so. Guck dir die ganze Prominenz<br />

an, die kokst: Die haben halt die Kohle<br />

dafür. Im Bundestag haben sie mal auf den Toiletten<br />

gewischt: alles voll mit Koks. Aber uns<br />

wollen s’es verbieten! – Ich hab sogar schon an<br />

Bullen verkauft!<br />

Z D S Aber nicht an die gleichen …<br />

A N D R E A S Doch! Tagsüber wollt’ er mich schnappen,<br />

abends hat er bei mir gekauft.<br />

Z D S Er wollte Dich überführen.<br />

A N D R E A S Ne ne. Das gibt’s zwar auch. Aber<br />

das war eindeutig, dass er das nicht wollte. Der<br />

war schlicht und ergreifend abhängig. Der brauchte<br />

was. Und er hat es bei mir gekauft. Heroin,<br />

ja klar! Es gibt auch genug Bullen, die drauf sind.<br />

Z D S Ein Zivilfahnder, der dem Tag über da<br />

rumläuft …<br />

A N D R E A S … und wohl nichts schnappen konnte.<br />

Da musste er was kaufen. Du glaubst doch<br />

nicht, dass alles, was die beschlagnahmen, in der<br />

Asservatenkammer landet? – Ich hab’ auch schon<br />

in betreutem Wohnen gewohnt. Die erzählen<br />

mir den ganzen Tag, nein, ich soll keine Drogen<br />

nehmen. Und nachmittags steht die gleiche Person<br />

bei mir in der Bude und sagt: „Verkaufst du<br />

mir ’nen Beutel? Aber sag’ den andern nix!“ –<br />

Na, schönen Tag auch!


S I E L W A L L<br />

D o , 1 3 . 1 1 U h r , F e n s t e r p l a t z i m<br />

a s i a t i s c h e n R e s t a u r a n t<br />

Warte auf Tofu in scharfer Soße,<br />

ohne Glutamat. Draußen Regen,<br />

Kälte zieht rein.<br />

1 3 . 1 2 U h r<br />

Am Haus direkt gegenüber ( hinter<br />

dem Glas und auf der anderen<br />

Seite der Straße ) Plakat an Plakat,<br />

Gekritzel und Schablone, Street<br />

Art auf Postern, Schwarz-Weiß-<br />

Kopien, diverse Materialien: Petersburger<br />

Hängung.<br />

1 3 . 2 0 U h r<br />

Der Koch braucht lange. Ich<br />

zähle Strukturen und gehe Augenblicken<br />

nach.<br />

×<br />

1 3 . 2 1 U h r<br />

Zwei lächeln selbstzufrieden ihre<br />

Aura zu mir rüber, durch das Grau:<br />

der Marken-Haushaltsreiniger und<br />

die auferstandene Sonne. Hat er sein<br />

Bild noch selber angebracht im<br />

letzten Jahr …?<br />

36<br />

P R O S A<br />

×<br />

Zwei lächeln<br />

selbstzufrieden<br />

ihre<br />

Aura zu mir<br />

rüber, durch<br />

das Grau:<br />

der Marken-<br />

Haushaltsreiniger<br />

und<br />

die auferstandene<br />

Sonne.<br />

37<br />

Peters<br />

burger<br />

Hängung<br />

T e x t : J a n i n e L a n c k e r<br />

I l l u s t r a t i o n : A n n a H u h n<br />

Schaufel,<br />

Spritze, Zange<br />

Die größten Freisetzungen radioaktiver Stoffe fanden während des<br />

Zeitraums von zehn Tagen nach der Explosion statt. Aufgrund der<br />

großen Hitze gelangten gasförmige und leichtflüchtige Stoffe in Höhen<br />

von 1.500 bis 10.000 Meter. Die Wolken mit dem radioaktiven<br />

Fallout verteilten sich zunächst über weite Teile Europas und schließlich<br />

über die gesamte nördliche Halbkugel.<br />

Den Sand, den hat der Regen giftig gemacht; der Regen kam<br />

von da, wo alles in die Luft geflogen ist. Wir schaufeln den verseuchten<br />

Dreck in Plastikeimer, tragen die ganze Masse ab. Dann kommt<br />

der neue, reine Sand. Schaufel um Schaufel. Die anderen Kinder<br />

wundern sich, dass mir so konsequent die Arbeit von der Hand geht.<br />

„Am Wochenende helfe ich öfter meinem Opa im Garten, hinter<br />

der Erdbeerbrücke.“<br />

Später holt mich meine Mutter ab. Junkies krümmen sich auf<br />

dem Bürgersteig, halten sich an Ampelsäulen fest, hängen auf Trep-


S I E L W A L L<br />

P e t e r s -<br />

b u r g e r<br />

38<br />

P R O S A<br />

39<br />

H ä n g u n g<br />

penstufen. Meine Mutter und ich tänzeln zügig hindurch, ich erzähle<br />

ihr von meinem Einsatz. Und dass mich wieder alle kämmen wollten.<br />

Die Leute an der Ecke stören mich nicht. Es ist nicht traurig<br />

für mich, sie zu sehen. Sie machen mir keine Angst. Es ist einfach alles<br />

– hier hat jeder seinen Platz.<br />

Noch kurz in den Bonbonladen rein. Heute kommt Sanne zu<br />

Besuch. Aus hohen Glasgefäßen greifen wir mit einer langen Zange<br />

nach diversen Keksen. Eine alte Frau hält uns die Deckel auf. Und<br />

packt das Mischgebäck in Zellophan. Draußen wieder Slalom. Atomkraft?<br />

Nein danke. Die rote Fratze gefällt mir gut. Ich pule an einem<br />

Pfahl dran rum. Möchte selber so ’ne Sonne haben. Sie reißt entzwei.<br />

Meine Mutter hat goldbraune Augen, die alles zusammenhalten.<br />

Blechanstecker, rund,<br />

Meinungsmotive<br />

„Er stand auf seines Daches Zinnen, / Er schaute mit vergnügten Sinnen<br />

/ Auf das beherrschte Samos hin.“ Verse, wenn ich auf die Kreuzung<br />

runter schau. Bin bei K. über’m Taco. Das erste Mal, K. ist neu<br />

hier in der Stadt. Gegenüber baumeln Beine aus dem „Lonely Planet<br />

Boy“, da drin am Geländer steht ein Mädchen mit rotem Kleid und einer<br />

gelben Mütze. Und der Typ, zu dem am besten Johnny passen würde,<br />

trinkt Cortado.<br />

K. wird meine Texte illustrieren. Nicht illustrieren, sorry:<br />

weiterspinnen. Wir kauen harte, saure Beeren. K. zeichnet feine Linien<br />

auf ein angeschlagenes Blatt Papier. Aus den Wirren schält sich<br />

eine schrullige Gestalt mit frechem Blick.<br />

„Ich mag deine Märchen gerne.“ Hat er neulich mal gesagt.<br />

Meister Propper geht den Dobben hoch. Kippt leicht über, seine Augen<br />

ein paar Meter vor, in der Hand ein Jutebeutel, aus dem eine Plakatrolle<br />

lugt. Über den Dingen, Verortung im Detail. K. fragt nach.<br />

Bitte alles, aber kein Zynismus. Ich verspreche, da ist viel Hoffnung<br />

drin. „Ich mag deine Märchen gerne.“ Hat er nochmal gesagt.<br />

Ich steh vorm Planet unten in der Nacht. Er händigt mir einen<br />

Vereinsausweis aus. Ein schwarzer Streifen mit ’ner pinken Rakete<br />

drauf. Ein Euro. Und gibt mir einen Blechanstecker: ein „Ich<br />

war das nicht!“ auf Silber. Nun kommt er kurz zurück. Hat Hella gesehen,<br />

sie reden laut. Ich hör’ sie nicht, aber ihre Münder ziehen große<br />

Bögen. Es war einmal …<br />

In einem halben Jahr erscheint mein erstes Buch, auch Märchen<br />

drin, das werde ich ihm schenken. Denk’ ich, kaue und schaue.<br />

Ein schwarzer Riese geht beflissen seinen Geschäften nach, er lächelt<br />

und winkt einen anderen zu sich her. K. gießt Tee nach. Bitterlich.<br />

Günther stirbt zwei Wochen vor Premiere.<br />

Das seh ich jetzt noch nicht. Auch nicht, wie der Zug Betroffener<br />

an meinem Dreißigsten hier am Sielwall abbiegt. Ich ängstige<br />

mich, dass niemand mehr aus der Falle rollt. Meine Mutter, A.<br />

und ich sammeln Filmstreifen von der Straße auf. Alles ist voll Film<br />

und deutschem Slam-Hip-Hop. Um die Ecke, ein kleiner grüner Park<br />

mit einem schwarzen Stein. Später werden wir die Streifen sorgfältig<br />

glätten. Das seh ich grad’ noch nicht.<br />

30 mal 300: Bin etwa 9.000 Male hier, dort, da vorn, entlanggekommen.<br />

Da vorn geht B., mit dem red’ ich schon lang nicht mehr.<br />

Auf seines Daches Zinnen. Der Sprung folgt dem Entschluss in<br />

einem zweifelhaften, lang anhaltenden Moment. Oder wie darf ich<br />

das verstehen --


S I E L W A L L<br />

40<br />

A N Z E I G E<br />

41<br />

zweitbestes bier


S I E L W A L L<br />

42<br />

A N Z E I G E<br />

43<br />

Armut ist in unserer Gesellschaft offensichtlich. Der<br />

Verlust des Arbeitsplatzes geht oft einher mit dem<br />

Ausschluss von kulturellen und sozialen Kontakten.<br />

Meistens ist es eine Verkettung von unterschiedlichen<br />

Problemen, die schlimmstenfalls zur Wohnungslosigkeit<br />

führt. Eine scheinbar ausweglose<br />

Situation, die gerade in eisiger Kälte schnell hoffnungslos<br />

macht. Lassen Sie uns etwas tun<br />

Helfen Sie mit! Unterstützen Sie unsere Arbeit mit<br />

einer Spende, die zu 100% ankommt. Sie gibt uns<br />

Spielraum, im Einzelfall spontan und unbürokratisch<br />

reagieren zu können. Herzlichen Dank dafür.<br />

Die Liga<br />

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EIN FILM VON REINHARD BERLIN FRANK RÜTER CASTING HEDDA BERLIN ANKE HOLSTE HERSTELLUNGSLEITER WALTER SCHWENN KOSTÜMDESIGNER BJÖRN GERLACH VOLKER KAHLERT MARCUS LATTERMANN<br />

HANS-H. LILIENTHAL ANDREAS MINDERMANN MIKE REIMERS JOCHEN RUSTEDT THOMAS VIERKE ERHARD VOSSMEYER JENS WETZEL IN ZUSAMMENARBEIT MIT CHRISTIAN EWERT MARIAN KACYNA<br />

MAKE-UP IRIS KAISER-BANDMANN SCHNITT JÖRG WORTMANN PRODUKTIONSDESIGNER THOMAS BARTELS MELAHAT HALTERMANN THOMAS HARTUNG LARS JANSSEN RANDERS KÄRBER<br />

MONIKA PLOTTKE DENNY QUEDNAU MARLIES WELLBROCK FOTOGRAFIE-DIREKTOR CARSTEN HEIDMANN PRODUKTIONSLEITUNG KATJA LINDEMANN BEST GIRLS/BOYS JENS BECKEFELDT TIM BUSCHBAUM<br />

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S I E L W A L L<br />

44<br />

A N Z E I G E<br />

45<br />

Zusammenhalt stärken -<br />

Ausgrenzung verhindern<br />

„Mit unserem hohen ehrenamtlichen Einsatz<br />

wollen wir einen spürbaren Beitrag dazu<br />

leisten, dass den Menschen am Rande der<br />

Gesellschaft wieder eine Perspektive; dass wir<br />

ihnen Teilhabe wieder ermöglichen!“<br />

Wilhelm Schmidt<br />

Vorsitzender des Präsidiums<br />

des AWO Bundesverbandes e.V.<br />

AWO Bremerhaven<br />

Tel.: 0471 9547-0<br />

www.awo-bremerhaven.de


S I E L W A L L<br />

I M P R E S S U M<br />

46<br />

V o r s c h a u<br />

47<br />

R e d a k t i o n<br />

Kolja Burmester<br />

Jens Kaulbars<br />

Mareike Piper<br />

L e i t u n g :<br />

Armin Simon<br />

redaktion@zeitschrift-der-strasse.de<br />

M a r k e t i n g &<br />

O r g a n i s a t i o n<br />

Insa Beckmann<br />

Michael Hrusovsky<br />

Konstantin Noeres<br />

Elena Nunn<br />

Linda Pieszek<br />

Fiete Seyer<br />

Lisa Weihermüller<br />

G e s t a l t u n g<br />

Kolja Burmester<br />

Alper Cavus<br />

Prisca Kranz<br />

Bernd Krönker<br />

Eunjung Kwak<br />

Christina Wangler<br />

Volker Weise<br />

BAHNHOFS<br />

PLATZ<br />

M i t a r b e i t :<br />

Meike Döscher-Mehrtens<br />

Friederike Gräff<br />

Radek Krolczyk<br />

Janine Lancker<br />

Timo Robben<br />

L e i t u n g :<br />

Prof. Dr. Michael Vogel<br />

mvogel@hs-bremerhaven.de<br />

V e r t r i e b<br />

Willi Albers<br />

Conny Eybe<br />

Alexander Liske<br />

Jonas Pot d’Or<br />

Reinhard „Cäsar“ Spoering<br />

Axel Brase-Wenzell<br />

Gimmy Wesemann<br />

und viele wohnungslose Menschen<br />

L e i t u n g :<br />

Gregor Schreiter<br />

A r t D i r e c t i o n :<br />

Prof. Andrea Rauschenbusch<br />

a.rauschenbusch@hfk-bremen.de<br />

K o n z e p t e n t w i c k l u n g :<br />

Ludovic Balland<br />

www.ludovic-balland.ch<br />

Eilen und Weilen – ein Platz,<br />

den jeder nutzt und keiner haben will.<br />

Wir werfen einen Blick darauf,<br />

nicht nur von oben. In der nächsten<br />

Ausgabe der „Zeitschrift der Straße“.<br />

Ab Mitte März beim<br />

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Bertold Reetz<br />

reetz@inneremission-bremen.de<br />

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H e r a u s g e b e r — Verein für Innere Mission in Bremen, Blumenthalstraße 10,<br />

28209 Bremen / P a r t n e r — Gisbu, Gesellschaft für Integrative Soziale Beratung und<br />

Unterstützung mbH, Bremerhaven / Hochschule für Künste Bremen / Hochschule Bremerhaven<br />

/ I n t e r n e t — www.zeitschrift-der-strasse.de / K o n t a k t — post@zeitschrift-der-strasse.de<br />

/ V . I . S . D . P . — Armin Simon, JournalistInnen-Etage Bremen, Fedelhören 8,28203 Bremen /<br />

Anzeigen: Michael Vogel, An der Karlstadt 8, 27568 Bremerhaven / T y p o g r a f i e — Krana:<br />

Lauri Toikka, Finnland, ltoikka@gmail.com / Gill Sans Mt Pro, Akzidenz Grotesk Pro: Linotype Gmbh,<br />

Deutschland / P a p i e r — Igepa, Profisilk, Fsc, 115 g / m 2 / D r u c k — Berlindruck GmbH & Co KG,<br />

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Die Redaktion übernimmt keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen. Die Zeitschrift<br />

der Straße und alle in ihr enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle<br />

ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Herausgebers strafbar. Alle Anbieter von Beiträgen, Fotos und Illustrationen<br />

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