10.11.2015 Aufrufe

03/2015

Fritz + Fränzi

Fritz + Fränzi

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Fr. 7.50 3 /April <strong>2015</strong><br />

MIT KIND UND KEGEL<br />

Die neusten Trends,<br />

die besten Tipps für<br />

Familienreisen.<br />

PSYCHISCHE STÖRUNGEN<br />

Wenn nur noch eine<br />

Klinik helfen kann.<br />

Hoher Leistungsdruck<br />

Zu grosse Klassen<br />

Gestresste Lehrer<br />

Schule –<br />

wohin?


Immer da, wo Zahlen sind.<br />

Reden Sie mit uns über<br />

Ihre Vorsorge.<br />

Wir machen den Weg frei


Editorial<br />

Liebe Leserin, lieber Leser<br />

Foto: Geri Born<br />

Nik Niethammer<br />

Wenn ich an meine Schulzeit denke, denke ich an Herrn Eschenmoser. Unser<br />

Deutschlehrer war ein kleiner, knuffiger Mann mit Hornbrille und Bauch. Er schleppte<br />

stets einen Stapel Zeitungen und Bücher mit sich herum. Während der Deutschstunde<br />

setzte er sich manchmal aufs Lehrerpult und seine Beine baumelten über dem<br />

Boden. Herr Eschenmoser war ein grossartiger Geschichtenerzähler. Ein Menschenfreund.<br />

Ein gutmütiger, fantasievoller, leidenschaftlicher Pädagoge. Sagte ich schon,<br />

dass Herr Eschenmoser mein Lieblingslehrer war?<br />

Das war vor 40 Jahren. Die Anforderungen an Schule und Lehrer sind heute anders<br />

als damals. Die Schule steht stärker im Fokus. Und in der Kritik. «Schule im<br />

Umbruch», lautet der Titel unseres April-Dossiers: Welches Bildungssystem wollen<br />

wir? Wie lassen sich in Zukunft Schulen zu Orten machen, die angst- und stressfreier<br />

sind und ihre Aufgaben besser erfüllen: Wissen und Kompetenzen zu vermitteln,<br />

Kinder und Jugendliche auf ihrem Weg zu selbstbewussten, wissensdurstigen, kreativen<br />

Menschen zu unterstützen.<br />

«Nur was mit Neugier gelernt<br />

wird, wird unseren Kindern<br />

wichtig und bedeutsam.»<br />

Richard David Precht, Philosoph<br />

Die Liste der Forderungen der bekanntesten Schulkritiker wie dem deutschen Philosophen<br />

Richard David Precht («Schulen sind Lernfabriken, die Kreativität töten»)<br />

oder dem Schweizer Kinderarzt Remo Largo ist ebenso lang wie radikal: keine Klassen,<br />

keine Stufen, keine Noten. Ganztägiger Unterricht in<br />

modernen Schulen, deren Architektur sich an den Bedürfnissen<br />

lernender Menschen orientert. Mit Nischen, Begegnungsstätten,<br />

Rückzugsorten.<br />

Unsere Autorin Martina Bortolani, Mutter von zwei schulpflichtigen<br />

Kindern, hat die wichtigsten Forderungen<br />

zusammengetragen und einer kritischen Betrachung unterzogen. Bei ihren Recherchen<br />

sprach sie mit Lehrern, Schülern und einer Mediatorin («Ich wünsche mir einen<br />

Dialog auf Augenhöhe zwischen Lehrer und Eltern»). Und sie besuchte die Familie<br />

Hanhart in Lyss BE: Céline und ihre fünf Geschwister gehören zu den rund 500 Kindern<br />

in der Schweiz, die zu Hause von ihren Eltern unterrichtet werden. Therese<br />

Hanhart sagt es geradeheraus: «Für viele sind wir eine Provokation.»<br />

Bortolanis Fazit: Lehrer, Eltern und Schüler müssen sich zusammen finden, um die<br />

Schule von innen heraus neu zu gestalten. Mit dem Ziel, eine Kultur von gegenseitiger<br />

Wertschätzung, Anerkennung, Zuwendung und Lob zu schaffen. Der Grundlage<br />

für erfolgreiches nachhaltiges Lernen.<br />

«Schule im Umbruch» – ab Seite 10.<br />

Ich wünsche Ihnen anregende Stunden mit Ihrem ElternMagazin.<br />

Ihr Nik Niethammer<br />

Melden Sie Ihre Tochter/ Ihren Sohn zur Aufnahmeprüfung für den<br />

APRIL <strong>2015</strong>3<br />

Gestalterischen Vorkurs, das Propädeutikum, die Lehre Grafik EFZ<br />

Räffelstrasse 25 | 8045 Zürich | T +41 44 450 34 84<br />

oder Polydesign 3D EFZ an. www.gdk-gestaltungsschule.ch


Inhalt<br />

Ausgabe 3 / April <strong>2015</strong><br />

ar<br />

Augmented Reality<br />

Überall, wo Sie dieses Zeichen sehen, erhalten Sie digitalen<br />

Mehrwert im Heft. Hinter dem ar-Logo verbergen sich Videos<br />

und Zusatzinformationen zu den Artikeln.<br />

Auch folgende Anzeige bietet Augmented Reality:<br />

SMOKEFREE, Seite 57<br />

Psychologie & Gesellschaft<br />

36 Psychische Störungen<br />

Wenn Jugendliche aus dem<br />

emotionalen Gleichgewicht geraten,<br />

leidet die ganze Familie. In der<br />

Clienia Littenheid werden die<br />

Betroffenen behandelt und die<br />

Eltern unterstützt.<br />

42 Alles pefekt? Bloss nicht!<br />

Kinder und Jugendliche, die alles<br />

perfekt machen wollen, laufen Gefahr,<br />

krank zu werden. Was Eltern tun<br />

können.<br />

Foto: Tomas Wüthrich / 13Photo<br />

10<br />

Dossier:<br />

Schule – wohin?<br />

10 In der Schule läuft vieles schief,<br />

schimpfen Kritiker. Und<br />

fordern eine Revolution. Was<br />

Lehrer und Schüler sagen – und<br />

was sich jetzt ändern muss.<br />

22 Mediatorin Maya Mulle über<br />

das Eltern-Lehrer-Verhältnis<br />

und wie beide Seiten endlich an<br />

einem Strang ziehen lernen.<br />

24 Lehrplan 21, fit für die<br />

Zukunft?<br />

26 Homeschooling. Therese<br />

Hanhart unterrichtet ihre<br />

Kinder selbst. Ein Hausbesuch.<br />

Cover<br />

Alycia Pereira, 12, und<br />

Justin Glarner, 12.<br />

Herzlichen Dank<br />

an die Klasse 6a<br />

der Schule Kirchenfeld<br />

in Lyss.<br />

Fotos: HMFH Architects / Inc., Paolo Dutto / 13Photo, Daniel Auf der Mauer / 13Photo, Swiss-Image<br />

4 APRIL <strong>2015</strong>


30 36 70<br />

Rochelle Allebes, wie finden Eltern ihren<br />

eigenen Standpunkt in der Erziehung?<br />

Bei manchen psychischen Störungen tut ein<br />

Klinikaufenthalt not – eine Reportage.<br />

Aktiv-, Bade- oder Bildungsferien,<br />

das Angebot für Familien ist riesig.<br />

Erziehung & Schule<br />

46 Kreativität<br />

Wie Eltern die Lust ihrer Kinder<br />

am Entdecken, Erforschen und<br />

Kreieren fördern können.<br />

48 Erfolgreiche Sprecherziehung<br />

Probleme beim Sprechen und<br />

Schreiben – wann eine Abklärung<br />

beim Logopäden wichtig ist.<br />

51 Notendruck<br />

Schlechte Noten sind schwer zu<br />

verkraften. Wie Eltern ihre Kinder<br />

stützen statt zusätzlich stressen.<br />

Ernährung & Gesundheit<br />

56 E-Zigaretten und ihre Gefahren<br />

Cooles Design, exotische Aromen und<br />

Hightech-Image: Die elektronischen<br />

Glimmstängel avancieren bei<br />

Jugendlichen zur Einstiegsdroge.<br />

60 Einmal waschen, bitte<br />

Wenn Kinder zu Erwachsenen<br />

werden, verändern sich die<br />

hygienischen Ansprüche.<br />

ar<br />

62 Mama, ich bin zu dick!<br />

Wenn Teenager abnehmen wollen, ist<br />

nicht immer Übergewicht der Grund.<br />

Wie Eltern Heranwachsenden helfen<br />

können, ein gutes Körpergefühl zu<br />

entwickeln.<br />

Digital & Medial<br />

64 Medienkompetenz vermitteln<br />

Wie Eltern ihre Kinder lehren, mit<br />

Smartphone und Computer<br />

richtig umzugehen.<br />

ar<br />

66 Mixed Media<br />

68 Gemeinsam gamen<br />

Online-Gruppenspiele vereinnahmen.<br />

Eltern, die sich gut über das Game<br />

informieren, können Vereinbarungen<br />

mit ihrem Teenager treffen.<br />

69 Der digitale Knigge<br />

Wie man sich im Internet richtig<br />

benimmt. Eine Anleitung für Teenager<br />

und alle anderen User.<br />

Service<br />

55 Bonbons<br />

70 Familienreisen<br />

Verreisen mit Kind und Kegel?<br />

Familien wird heute viel geboten. Eine<br />

Hilfestellung im Angebotsdschungel.<br />

74 Interview<br />

«Urlaubsretter» Ralf Benkö über<br />

die richtige Ferienplanung.<br />

76 Freizeit-Tipps<br />

78 Impressum/Sponsoren<br />

79 Buchtipps<br />

Rubriken<br />

<strong>03</strong> Editorial<br />

ar<br />

06 Entdecken<br />

30 Monatsinterview<br />

Die Therapeutin und Elternberaterin<br />

Rochelle Allebes über Haltung in der<br />

Erziehung und darüber, wie Eltern<br />

eine klare Linie finden.<br />

44 Abgedruckt<br />

Der Wissenschaftsjournalist Benedict<br />

Carey mit überraschenden neuen<br />

Erkenntnissen über das Lernen.<br />

50 Aufgeklärt<br />

Verliebt in den Lehrer – was nun?<br />

52 Stiftung Elternsein<br />

Ellen Ringier über den schwelenden<br />

Antisemitismus in unserer<br />

Gesellschaft.<br />

53 Leserbriefe<br />

54 Kolumne<br />

Michèle Binswanger: Wenn Mütter<br />

die Nerven verlieren.<br />

63 Abo<br />

80 Pro & Kontra<br />

Soll mein Kind ein Haustier haben?<br />

82 Im Mittelpunkt<br />

Hobby-Artistin Nemea Günter turnt<br />

in schwindelerregender Höhe.<br />

APRIL <strong>2015</strong>5


[<br />

Entdecken<br />

[<br />

74% der vom deutschen Meinungsforschungsinstitut Forsa befragten Mütter gaben zu, ihren eigenen Ansprüchen<br />

in der Erziehung nicht immer gerecht zu werden. Von ihnen sind 18% häufig, 56% gelegentlich mit sich unzufrieden.<br />

Ein «Grolimund» entsteht<br />

Fritz+Fränzi-Leser kennen ihn schon – den kleinen Biber, der in den<br />

Filmen von Psychologe Fabian Grolimund wertvolle Tipps rund um das<br />

Thema Erziehung gibt. Aber wie werden diese Beiträge gemacht? In<br />

seinem neuen Film erklärt der kleine Biber, wie eine Folge der Filmserie<br />

«Was Kinder stark macht» entsteht. Er führt durch die Produktion, zeigt,<br />

wie das Skript, das Storyboard und die Aufnahmen produziert werden,<br />

und darf dabei zuschauen, wie Fabian Grolimund mit seinen Kolleginnen<br />

am Set herumblödelt. Übrigens: In der März-Ausgabe von Fritz+Fränzi<br />

hat Fabian Grolimund ein umfangreiches Dossier zum Thema<br />

«Was Kinder stark macht» geschrieben. Die Ausgabe kann unter<br />

Tel. 0800 814 813 oder abo.fritzundfraenzi@galledia.ch bestellt werden.<br />

Die Geschichte<br />

der Menschenrechte<br />

Wie haben sich die Menschenrechte,<br />

wie wir sie heute kennen, historisch<br />

entwickelt? Und wie sieht die Zukunft<br />

der Menschenrechte aus? Diesen und<br />

weiteren Fragen stellen sich namhafte<br />

Experten und Expertinnen aus dem Inund<br />

Ausland beim 10. Internationalen<br />

Menschenrechtsforum Luzern (IHRF),<br />

welches am 8. und 9. Mai im Verkehrshaus<br />

der Schweiz und in der PH Luzern<br />

stattfinden wird. Ihr Hauptthema:<br />

«Menschenrechte und Geschichte».<br />

Ausserdem können Teilnehmer in<br />

Workshops ihr Wissen in diesem<br />

Themenfeld vertiefen. www.ihrf.phlu.ch<br />

ar<br />

Laden Sie<br />

die Fritz+Fränzi-<br />

App herunter, starten<br />

Sie die App, scannen Sie<br />

diese Seite und erleben<br />

Sie das Making-of<br />

mit dem Biber.<br />

Fotos: ZVG<br />

Eine spannende Lehre im öV<br />

Der öV Schweiz lanciert im August <strong>2015</strong> eine neue Lehre.<br />

Kathrin Schafroth vom Verband öffentlicher Verkehr<br />

erklärt im Interview, was die Fachleute öV lernen werden.<br />

Frau Schafroth, login, der Ausbildungsverbund des<br />

öffentlichen Verkehrs, bietet ab Sommer 35 Lehrplätze<br />

im Berufsfeld Fachfrau/Fachmann öV an.<br />

Die Lehre dauert drei Jahre. Die Lernenden entscheiden<br />

sich für einen der beiden Schwerpunkte Planung oder<br />

Zugbegleitung und lernen in verschiedenen Bereichen die<br />

praktischen Arbeiten im Betrieb von Bahn, Bus und Tram<br />

kennen. So werden sie etwa in die Erstellung von Dienstplänen<br />

eingeführt, begleiten Fahrgäste im Zug oder<br />

erlernen Planungsaufgaben in einer städtischen Leitstelle.<br />

Werden diese Aufgabenfelder im öV nicht bereits<br />

abgedeckt? Warum braucht es einen neuen Beruf?<br />

In den nächsten Jahren gehen viele Mitarbeiter in Pension.<br />

Viele von ihnen haben eine Ausbildung gemacht, die es<br />

heute so nicht mehr gibt. Ausserdem haben wir festgestellt,<br />

dass die 2000 lancierte KVöV-Lehre nicht alle zentralen<br />

Aufgaben im öffentlichen Verkehr abdecken kann. Diese<br />

Lücke wollen wir schliessen.<br />

Welche Qualifikation braucht es für diese Lehre?<br />

Man sollte über einen Sekundarabschluss auf mittlerem<br />

oder oberem Niveau und über Fähigkeiten wie Kontaktfreudigkeit<br />

und vernetztes Denken sowie über Kommunikationsfähigkeit<br />

verfügen. Ferner sollte man die Bereitschaft<br />

zu unregelmässigen Arbeitszeiten mitbringen, denn der öV<br />

rollt fast rund um die Uhr. Die Einsatzgebiete sind dabei<br />

aber sehr vielfältig und abwechslungsreich.<br />

www.login.org<br />

6 APRIL <strong>2015</strong>


Rubrik<br />

Gemeinsam durchs<br />

Leben gehen.<br />

UBS Family.<br />

Im ersten Jahr kostenlos*<br />

Leben in einer Familie oder Partnerschaft heisst, gemeinsam die<br />

Zukunft zu planen. Auch die finanzielle. Mit dem attraktiven<br />

Bankpaket UBS Family erhalten Familien und Paare alles, was für<br />

ihre täglichen Bankgeschäfte wichtig ist: Privatkonten für<br />

Lohneingänge und Zahlungen, Konten zum Sparen, Debitkarten<br />

sowie Kredit- oder Prepaidkarten. Zudem haben Sie jederzeit<br />

Zugang zu UBS e-banking und mit der UBS Mobile Banking App<br />

haben Sie Ihre Bank immer dabei.<br />

Alles aus einer Hand, und erst noch zum Vorzugspreis.<br />

Wir beraten Sie gerne.<br />

ab<br />

www.ubs.com/family<br />

APRIL <strong>2015</strong>7<br />

* Bei erstmaligem Abschluss eines UBS Bankpakets. Inklusive Privatkonto, Debitkarte, Kreditkarte, E-Banking, Mobile Banking, Zahlungsverkehr und Teilnahme am UBS KeyClub. © UBS <strong>2015</strong>. Alle Rechte vorbehalten.


[<br />

Entdecken<br />

[<br />

«Die Schweizer Matura hat im internationalen Vergleich eine hohe Qualität, und der Grossteil der Maturanden ist gut gerüstet<br />

für das gewählte Studium.» Franz Eberle, Professor für Gymnasialpädagogik, über die «allgemeine Studierfähigkeit» im Tages-Anzeiger.<br />

Pinguin-Zähler gesucht!<br />

«Ein Pinguin, zwei, drei ...» Die Universität Oxford in England<br />

sucht Freiwillige, die auf im Internet veröffentlichten Bildern<br />

Pinguine, Küken und deren Eier zählen. Und darum geht’s: Im<br />

Rahmen eines wissenschaftlichen Projektes zum Schutz der<br />

Pinguin-Bestände wurden in der Antarktis 50 ferngesteuerte<br />

Kameras aufgestellt. Jede liefert bis zu 94 neue Fotos pro Tag<br />

mit dem Ziel, Erkenntnisse über die Auswirkungen des<br />

Klimawandels auf die Pinguine zu gewinnen. Insgesamt<br />

müssen mehrere hunderttausend Fotos ausgewertet werden,<br />

so VoluNation, das Expertenportal für weltweite Freiwilligenarbeit.<br />

Die Helfer markieren an ihrem Computer alle erkennbaren<br />

Tiere mit einem Mausklick. www.penguinwatch.org<br />

Ich bin stärker. SmokeFree<br />

Das Rauchen ungesund ist, weiss im Grunde jedes Kind. Trotzdem<br />

sind 25% aller Schweizer Raucher, das sind immerhin 1 730 000<br />

Menschen. Bei den 15-Jährigen greifen rund 15% Mädchen und<br />

19% der Jungen wöchentlich zur Zigarette, ungefähr 12% der<br />

15-jährigen Raucherinnen und Raucher sogar täglich. Mit der neu<br />

lancierten Kampagne «Ich bin stärker. SmokeFree» will das<br />

Bundesamt für Gesundheit in Zusammenarbeit mit verschiedenen<br />

NGOs und Kantonen eine Unterstützung bieten, um rauchfrei zu<br />

werden – beziehungsweise erst gar nicht mit dem Laster zu<br />

beginnen. So finden beispielsweise Raucher wie Nichtraucher,<br />

Lehrer und Eltern wichtige Informationen auf smokefree.ch sowie<br />

Tipps und Unterstürzung, um «SmokeFree» zu werden.<br />

Weniger Kinderarbeit<br />

in der Wirtschaftskrise<br />

Laut der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ist<br />

Kinderarbeit weltweit rückläufig: Arbeiteten im Jahr<br />

2000 noch 245,5 Millionen Kinder, sind es derzeit nur<br />

noch 168 Millionen. Gefährliche Kinderarbeit nahm<br />

zwischen 2008 und 2012 um 26% ab. Einer der<br />

Gründe dafür könnte die Wirtschaftskrise sein, so die<br />

Wissenschaftler. Sie erlaubte es Arbeitgebern, viele<br />

Billiglohnjobs durch arbeitslose Erwachsene<br />

zu besetzen – und auf die Beschäftigung von<br />

Kindern zu verzichten.<br />

Fotos: ZVG, Shutterstock<br />

Jobs für Mama<br />

Sie wollen Familie<br />

und Beruf vereinen?<br />

Auf www.jobsfuermama.ch<br />

werden Teilzeitstellen<br />

für Mütter vermittelt.<br />

8 APRIL <strong>2015</strong>


Uups-Momente<br />

passieren!<br />

NEU<br />

Anders als herkömmliche Slipeinlagen wurden lights by<br />

TENA mit FeelFresh Technology TM speziell dafür entwickelt,<br />

bei Uups-Momenten kleine Tröpfchen und Gerüche schnell<br />

und sicher einzuschliessen. Für ein frisches Gefühl jeden Tag.<br />

Ein Uups weniger, um das Sie sich sorgen müssen.<br />

GRATIS-Slipeinlagen-Set unter lights-by-tena.ch<br />

Facebook “f” Logo CMYK / .eps Facebook “f” Logo CMYK / .eps<br />

#Uups<br />

APRIL <strong>2015</strong>9


10 APRIL <strong>2015</strong>


Dossier<br />

Schule im Umbruch<br />

Vieles läuft schief in unseren Schulen, schimpfen Kritiker. Und fordern nichts<br />

weniger als eine Revolution. Wohin steuert unser Bildungssystem? Lernen wir<br />

für die Schule oder fürs Leben? Wie kann der Unterricht menschenfreundlicher,<br />

angst- und stressfreier gestaltet werden? Die Schule der Zukunft – eine<br />

Annäherung. Text: Martina Bortolani Fotos: Kim Wendt / Rosan Bosch Studio<br />

APRIL <strong>2015</strong>11


Dossier<br />

Es war nur eine banale<br />

Wahrheit auf 140<br />

Zeichen. Trotzdem<br />

hat der Tweet einer<br />

jungen Gymnasiastin<br />

eine riesige Diskussion<br />

über unser<br />

Schulsystem losgetreten.<br />

Am 10. Januar <strong>2015</strong> um 12.49<br />

Uhr schrieb Naina K.: «Ich bin fast<br />

18 und hab keine Ahnung von Steuern,<br />

Miete oder Versicherungen.<br />

Aber ich kann ’ne Gedichtsanalyse<br />

schreiben. In 4 Sprachen.»<br />

Offenbar traf Naina mit wenigen<br />

Worten direkt ins Herz vieler Eltern<br />

und Schüler, die Verbreitung der<br />

Meldung war rasant. 72 Stunden<br />

später sass Naina, bisher völlig<br />

unbekannt, bei Stefan Raab in der<br />

Fernsehshow «TV total», und drei<br />

Millionen Menschen schauten zu.<br />

Ihr Tweet löste nicht nur einen<br />

Medientsunami aus, dessen Wellen<br />

bis in die Schweiz schwappten. Er<br />

war auch Stein des Anstosses zu<br />

einer emotionalen Debatte darüber,<br />

was junge Menschen heute noch lernen<br />

in der Schule. Oder eben nicht.<br />

Die Volksschule und das Bildungswesen<br />

haben derzeit keinen<br />

leichten Stand. Volksschul-Bashing<br />

ist sogar gerade ziemlich im Trend.<br />

In Deutschland, Österreich und in<br />

der Schweiz werden ähnliche<br />

Grundsatzfragen diskutiert. Unser<br />

Schulsystem werde den heutigen<br />

Anforderungen nicht mehr gerecht,<br />

es sei veraltet, verstaubt, ja nicht einmal<br />

mehr die Noten seien zeitgemäss.<br />

Das Schulsystem, wie es die<br />

Schweiz und Deutschland kennen,<br />

so sind sich die Kritiker einig, entspreche<br />

überhaupt nicht mehr dem<br />

Stand der Anforderungen an Kultur<br />

und Gesellschaft.<br />

«Heute missbraucht man Prüfungen<br />

und Noten, um Kinder >>><br />

12 APRIL <strong>2015</strong>


Portrait: Christian Aeberhard / 13Photo<br />

Die Architektur<br />

moderner Schulen<br />

orientiert sich an<br />

den Bedürfnissen<br />

lernender Menschen.<br />

«Das Leistungsniveau steigern<br />

bedeutet nicht schneller<br />

lernen, sondern langsamer<br />

lernen, tiefer, eindringlicher<br />

und individueller.»<br />

Richard David Precht, Philosoph<br />

Gianna Baumann, 15<br />

Schülerin, 8. Schuljahr, Weiterbildungsschule<br />

Leonhard, Basel<br />

«Ich wünsche mir für die Schule der Zukunft, dass<br />

wir Schüler mehr in den Unterricht einbezogen<br />

werden. Und dass die Lehrer ihren Unterricht noch<br />

leidenschaftlicher und humorvoller gestalten. Es<br />

wäre cool, wenn die Stunden auch mal im Freien<br />

stattfinden könnten. So hätten Schüler die Chance,<br />

vor allem im Sommer, an der frischen Luft zu arbeiten<br />

und müssten nicht im stickigen Klassenzimmer<br />

die Minuten zählen. Was die Fächer betrifft, so<br />

habe ich eine klare Wunschliste: mehr musische<br />

Fächer! Tanzen, Singen, Musizieren, Zeichnen. Ich<br />

bin überzeugt: Wir Schüler würden völlig neu motiviert<br />

in die Schule kommen.<br />

Warum haben wir immer diese 08/15-Lektionen?<br />

Ich möchte mich als junger Mensch mit der Gesellschaft<br />

und all ihren Seiten befassen. Ich möchte<br />

wissen, was sich in der Welt tut. Daneben könnte<br />

mir die Schule auch beibringen, wie ich eine Steuererklärung<br />

ausfülle, mir den Umgang mit den<br />

Ämtern erklären oder mir dabei helfen, mich auf<br />

einen Job zu bewerben.<br />

Ich fände es verrückt, wenn wir keine Lehrer mehr<br />

hätten, sondern nur via iPads oder mit Robotern<br />

kommunizieren. Das wäre zwar sicher lustig für ein<br />

paar Tage, aber ich denke, wir brauchen auch in<br />

einer digitalisierten Welt reale Bezugspersonen. Ein<br />

gutes Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern ist<br />

auch in Zukunft wichtig. Ich wünsche mir ebenfalls,<br />

dass Mobbing keine Chance mehr hat. Es soll möglich<br />

sein, dass jeder Schüler seine eigene Meinung<br />

einbringen kann und dass alle zusammen zu einem<br />

guten Klassenklima beitragen.»<br />

APRIL <strong>2015</strong>13


Dossier<br />

Portrait: Christian Aeberhard / 13Photo<br />

«Schulen müssen die<br />

Illusion aufgeben, sie seien<br />

nur für die Köpfe der<br />

Kinder zuständig und für<br />

den Rest seien die Eltern<br />

verantwortlich.»<br />

Jesper Juul, Familientherapeut<br />

Mak, 9<br />

Schüler, 3. Klasse, Neubadschulhaus Nord, Basel<br />

«Die Schule gefällt mir so, wie ich sie bisher kenne,<br />

eigentlich ganz gut. Megacool wäre allerdings,<br />

wenn es in Zukunft noch mehr Sportstunden gäbe<br />

und mehr Ausflüge. Exkursionen sind immer ein<br />

wenig wie der Schulweg, auf dem ich Spass habe<br />

mit meinen Freunden. Gegen mehr Freizeit hätte<br />

ich auch nichts einzuwenden – die ganze Woche<br />

hindurch. Manchmal finde ich es langweilig und<br />

streng, immer nur dazusitzen und zu warten, bis es<br />

in die Pause läutet.<br />

Ich würde viel lieber spielen oder etwas machen,<br />

bei dem ich in Bewegung bin. Ob es in zwanzig Jahren<br />

noch Klassenzimmer gibt, weiss ich nicht. Ich<br />

vermute, dass Stifte und Papier immer weniger<br />

zum Einsatz kommen. Die Lehrer werden vermutlich<br />

noch mehr elektronische Geräte einsetzen und<br />

weniger an der Tafel erklären. Ich möchte aber auf<br />

keinen Fall, dass wir in Zukunft von «Roboter-Lehrern»<br />

unterrichtet werden.<br />

Ich gehe gerne in die Schule, unter anderem, um<br />

dort meine Freunde zu treffen und mit ihnen in der<br />

Pause zu tschutten. Für mich wäre es komisch,<br />

wenn ich den Schulstoff nur noch am iPad lernen<br />

müsste. Aber vielleicht könnte man das iPad ja für<br />

ein Computerspiel-Fach einsetzen, so als Ausgleich<br />

zu den normalen Fächern. Ich fände es super, wenn<br />

jede Klasse ihre eigene Fussballmannschaft hätte<br />

und es im Schulhaus eine Meisterschaft gäbe.<br />

Neben all dem wünsche ich mir aber vor allem,<br />

dass es in Zukunft keinen Streit mehr gibt zwischen<br />

den Schülern. Und dass die Lehrer nicht so<br />

schnell wütend werden.»<br />

>>> zum Lernen zu zwingen. Das<br />

demotiviert sie, und sie kommen vor<br />

lauter Stress nicht mehr dazu, ihren<br />

eigenen Interessen nachzugehen»,<br />

sagt Remo Largo, der bekannteste<br />

Kinderarzt der Schweiz. Albert Einstein<br />

habe schon treffend gesagt:<br />

«Bildung ist das, was übrig bleibt,<br />

wenn man alles Auswendiggelernte<br />

vergessen hat.» Remo Largo hat in<br />

der Causa Volksschule gleich einen<br />

ganzen Umkrempelungskatalog zur<br />

Hand. Seine Forderungen sind radikal.<br />

1. Beziehung zwischen den Schülern<br />

und Lehrern verbessern<br />

2. Lernmotivationen der Schüler<br />

individuell fördern<br />

3. Bildungsauftrag überdenken<br />

4. Lehrplan entschlacken<br />

5. Bildungswesen liberalisieren<br />

Und nicht zuletzt ist Remo Largo ein<br />

Befürworter der freien Schulwahl.<br />

Damit vertritt Buchautor Largo<br />

(«Lernen geht anders. Bildung und<br />

Erziehung vom Kind her denken»)<br />

eine ähnliche Meinung wie der deutsche<br />

Philosoph Richard David<br />

Precht. Precht schob eine weitreichende<br />

Debatte in Deutschland an,<br />

als er sein Buch «Anna, die Schule<br />

und der liebe Gott. Der Verrat des<br />

Bildungssystems an unseren Kindern»<br />

veröffentlichte. Darin fordert<br />

er nichts weniger als eine «Bildungsrevolution».<br />

In Deutschland tobt seither ein<br />

regelrechter Kampf um das staatliche<br />

Bildungswesen. Precht und Largo<br />

begründen zwar unterschiedlich,<br />

aber ihre Kritik referenziert auf ähnliche<br />

Gedanken: Beide kritisieren,<br />

dass die Volksschule immer noch<br />

auf jener Struktur basiere, wie sie –<br />

vor 150 Jahren – erfunden wurde.<br />

Das heisst: ein Lehrer, ein Lernziel,<br />

ein Unterrichtsstil, aber zwei Dutzend<br />

(oder mehr) Schüler. Wie könne<br />

das heute noch zusammenpassen?<br />

In den vielen Jahrzehnten, so<br />

die Meinung, habe sich viel verändert.<br />

Aber während sich viele Gesellschaftszweige<br />

flink den neuen<br />

14 APRIL <strong>2015</strong>


Portrait: Christian Aeberhard / 13Photo<br />

Bedingungen anpassen, reagiere die<br />

Volksschule träge bis gar nicht. Es<br />

herrsche weiterhin monotoner Leistungs-<br />

und Notendruck, völlig unreflektiert<br />

und nicht auf die Bedürfnisse<br />

der Schüler abgestimmt.<br />

Prechts Kritik am heutigen<br />

Schulsystem ist heftig: Er spricht<br />

dabei von «Lernfabriken, die Kreativität<br />

töten», fordert, dass den Kindern<br />

zuallererst wieder «die Freude<br />

am Lernen» zurückgegeben wird.<br />

«Mein Grundgedanke besteht darin,<br />

die Schule vom Kind und vom Lernen<br />

her zu denken.» So sei die Schule,<br />

Ende des 19. Jahrhunderts, aber<br />

nicht konstruiert worden. «Die<br />

Schule nach preussischem Vorbild<br />

hatte nicht die Funktion, Kindern<br />

kindgerecht etwas beizubringen. Sie<br />

war aus der Verwaltung und der<br />

Obrigkeit geboren und sollte gute,<br />

staatstragende, angepasste Staatsbürger<br />

hervorbringen», sagt Precht,<br />

Vater von vier Kindern.<br />

Prechts Vision tönt tatsächlich<br />

nach einer Mischung aus >>><br />

Schüler sollen sich<br />

in Zukunft den<br />

Schulstoff selber<br />

aussuchen können.<br />

Silvio Pfiffner, 26<br />

Angehender Lehrer, studiert im 6. Semester an der<br />

Fachhochschule Nordwestschweiz, Basel<br />

«Als zukünftiger Lehrer mit Schwerpunkt Musik<br />

fände ich es toll, wenn noch mehr in dieses Fach<br />

investiert würde. Nicht nur finanziell, sondern<br />

auch zeitlich. Grössere Projekte oder Themenwochen<br />

mit Schulbands im Stil des Filmes «School<br />

of Rock» wären mein Traum. So hätten auch<br />

Schüler, deren Eltern kein Geld für Musikunterricht<br />

haben, die Möglichkeit, ein Instrument zu<br />

lernen.<br />

Viele Schulfächer müssten meines Erachtens<br />

anders gewichtet werden. Schüler sollten mehr in<br />

Allgemeinwissen unterrichtet werden: wie man<br />

Verträge abschliesst, wie man Steuererklärungen<br />

ausfüllt. Warum können die Schüler ihre Fächer<br />

eigentlich nicht selber wählen?<br />

Ich träume davon, dass sich Schüler gegenseitig<br />

unterrichten. So könnte jeder sein Talent auf seine<br />

Weise an einen Gleichaltrigen weitergeben. Das<br />

würde auch das Selbstvertrauen des Individuums<br />

stärken, denn jeder ist in irgendeiner Sache<br />

besonders begabt.<br />

Eine Schule ohne Frontalunterricht kann ich mir<br />

schlicht nicht vorstellen. Alleine in einem Raum zu<br />

sitzen, während meine Schüler irgendwo verteilt<br />

sind und wir alle per Webkamera verbunden sind<br />

– ein schrecklicher Gedanke.<br />

Ich wünsche mir, dass es für uns Lehrer mehr<br />

langfristige Anstellungen gibt. Heute werden viele<br />

Lehrerjobs befristet ausgeschrieben. Doch der<br />

Vorteil einer unbefristeten Anstellung ist, dass<br />

man Schülerinnen und Schüler nachhaltiger auf<br />

ihrem Weg begleiten kann.»<br />

APRIL <strong>2015</strong>15


Dossier<br />

>>> Ponyhof und Autonomie: Die<br />

Schüler sollen in Zukunft den Lernstoff,<br />

an dem sie gerade arbeiten<br />

wollen, selber aussuchen können.<br />

Und auch entscheiden dürfen, wann<br />

sie eine Prüfung ablegen möchten.<br />

Noten? Abschaffen! Schulstress?<br />

Unnötig! Frontalunterricht, Fünfundvierzigminuten-Stunde,<br />

Regelklassen?<br />

Von vorvorgestern!<br />

Jesper Juul, dänischer Familientherapeut,<br />

nennt es das «Bulimie-<br />

Lernen», und das sei an der Volksschule<br />

weit verbreitet. Wenn den<br />

Schülern nur noch Stoff in ihr Kurzzeitgedächtnis<br />

gestopft wird, um ihn<br />

dann bei der Prüfung wieder hinauszu-,<br />

pardon, kotzen. Jesper Juul<br />

betreibt mit seiner Plattform «familiylab.com»<br />

eine Art Roadshow für<br />

Lerninnovation und tourt damit<br />

durch ganz Europa.<br />

Juul ist auch Verfechter von<br />

Gerald Hüthers Theorien. «Jedes<br />

Kind hat in jedem Fachgebiet sein<br />

individuelles Lerntempo», so Neurobiologe<br />

Hüther. Man bremse die<br />

Schnellen mit falschen Methoden<br />

und bestrafe die Langsamen mit<br />

schlechten Noten. Im Gehirn wirke<br />

derlei Enttäuschungsmuster aber<br />

suboptimal. Der «beste Dünger fürs<br />

Gehirn», ist Hüther sicher, sei<br />

«Begeisterung». Spätestens seitdem<br />

sein Werk «Jedes Kind ist hoch<br />

begabt» vor zwei Jahren die Bestsellerlisten<br />

stürmte, ebbt der Erfolg um<br />

seine Ansichten (und seine Person)<br />

nicht ab. Sie treffen denn >>><br />

«Die Schule ist nicht<br />

familienfreundlich. Die Kinder<br />

brauchen eine Betreuung über<br />

Mittag und nach der Schule.»<br />

Remo Largo, Kinderarzt<br />

Utopie oder bald<br />

Realität? Keine<br />

Klassen, keine<br />

Stufen, keine Noten.<br />

«Gibt es 2020 noch Schulzimmer?»<br />

Der Medienpädagoge Thomas<br />

Merz über die Schule der Zukunft,<br />

den Unterricht mit digitalen<br />

Medien und wie sich die Mediennutzung<br />

verändern wird.<br />

Interview: Sabine Hunziker<br />

Herr Merz, wohin bewegt sich die Schule?<br />

Die Rahmenbedingungen für die Schule<br />

haben sich innerhalb weniger Jahre<br />

stark verändert. Und der Wandel geht<br />

weiter. Der Zugang zu Informationen,<br />

zu sämtlichen Medienangeboten wird<br />

laufend noch einfacher und selbstverständlicher.<br />

Dadurch verlagert sich der<br />

Schwerpunkt – vom Vermitteln eines<br />

definierten Lernstoffs durch die Lehrperson<br />

zu einem Begleiten der Schülerinnen<br />

und Schüler beim intensiven<br />

Lernen und Recherchieren.<br />

Schüler begleiten – was bedeutet das konkret?<br />

Lehrerinnen und Lehrer legen die Aufmerksamkeit<br />

verstärkt auf den Lernprozess.<br />

Schülerinnen und Schüler lernen<br />

dabei, ihr Vorwissen zu einem<br />

Thema einzuschätzen, ihren Lernbedarf<br />

zu erkennen, die Lernschritte zu<br />

planen und diese gemeinsam zu gehen.<br />

Regelmässig beurteilen sie ihre Lernfortschritte<br />

und am Ende, wie hoch ihr<br />

Wissensstand zu einer Frage wirklich<br />

ist.<br />

Welche Fertigkeiten lernen Schüler so für<br />

die Zukunft?<br />

Wie sie sich in dieser Fülle von Informationen<br />

zurechtfinden. Dazu gehört, dass<br />

sie etwas nicht nur auswendig lernen,<br />

sondern sich dessen bewusst werden,<br />

was das Gelernte bedeutet. Wir müssen<br />

vermehrt ein Bewusstsein dafür entwickeln,<br />

welche Inhalte wir fundiert und<br />

fehlerfrei beherrschen müssen und welche<br />

wir nur überfliegen können. Wo<br />

reicht es nicht, einen knappen Beitrag in<br />

einer Gratiszeitung zu lesen oder schnell<br />

zu googeln? Bei welchem Thema muss<br />

ich vielleicht mehrere Artikel lesen und<br />

vergleichen, Bücher konsultieren,<br />

recherchieren? Und wie nutze ich soziale<br />

Ressourcen, etwa Mitschüler, als Lernpartner?<br />

Heute findet Unterricht überwiegend in<br />

Jahrgangsklassen statt. Wird das also verschwinden?<br />

Das ist eine schwierige Frage. Ich selber<br />

glaube nicht an eine Revolution, sondern<br />

an eine Evolution. Vieles kann sehr gut<br />

im Klassenverband realisiert werden.<br />

Aber ich vermute, der Klassenverband<br />

16 APRIL <strong>2015</strong>


wird häufiger aufgelöst werden, denn<br />

selbständiges Erarbeiten von Themen,<br />

allein oder in Lerngruppen, wird an<br />

Bedeutung gewinnen. So wird man häufiger<br />

die Frage stellen: «Wie nutzen wir<br />

die Zeit, in der Schülerinnen und Schüler<br />

zusammen sind, wirklich für gemeinsame<br />

Lernerfahrungen und soziale<br />

Erfahrungen?».<br />

Welche Rolle haben Eltern in der Schule<br />

der Zukunft?<br />

Gerade im Zusammenhang mit Medien<br />

hört man heute in Lehrerzimmern teilweise<br />

noch immer: «Medienerziehung<br />

ist Sache der Eltern.» Hier braucht es<br />

aber eine formelle Zuweisung. Das kann<br />

bedeuten, dass man etwa bei Eintritt des<br />

Kindes in den Kindergarten mit den<br />

Eltern intensiv über diese Fragen diskutiert<br />

und klärt: Welches ist der Job der<br />

Eltern, welcher jener der Schule?<br />

Wie sieht 2020 der Schulalltag mit digitalen<br />

Medien aus?<br />

Computertechnologie wird jederzeit<br />

und überall zur Verfügung stehen.<br />

Dadurch wird man sie im Unterricht<br />

niederschwelliger einsetzen. Das ist in<br />

Klassen, die intensiv mit digitalen Geräten<br />

arbeiten, bereits heute so: Da zeichnet<br />

man schnell einen Text als Audiofile<br />

auf und verschickt ihn an die anderen,<br />

erstellt ein kurzes Erklärvideo als Lösung<br />

einer Gruppenarbeit, zeigt seine Präsentation<br />

direkt auf dem Bildschirm oder<br />

kommuniziert etwa mit einer Klasse in<br />

einem andern Land.<br />

Wie verändert diese Selbstverständlichkeit<br />

die Mediennutzung?<br />

Digitale Medien werden häufiger harmonisch<br />

in den Unterricht integriert<br />

und optimal genutzt, um Lehren und<br />

Lernen in allen Fächern zu unterstützen.<br />

Die Schülerinnen und Schüler sowie<br />

Lehrpersonen werden gemeinsam neue<br />

Medien, neue Plattformen, neue Medienprodukte<br />

erkunden und deren Nützlichkeit<br />

oder Risiken beurteilen.<br />

Thomas Merz<br />

Prof. Dr. phil., ist Medienpädagoge und<br />

Prorektor der Pädagogischen Hochschule<br />

Thurgau. Er ist Vater von drei jungen<br />

Erwachsenen.<br />

Sabine Hunziker<br />

hat sich als Redaktorin auf das Thema<br />

«Heranwachsende und digitale Medien»<br />

spezialisiert. Sie ist Mutter einer<br />

12-jährigen Tochter.<br />

APRIL <strong>2015</strong>17


Dossier<br />

>>> auch einen ausgeprägten Nerv<br />

des Zeitgeistes. Dass viele Eltern<br />

nämlich immer noch überzeugt<br />

davon sind, dass ihr Kind ein Genie<br />

sei. Die aktuelle «Salonfähigkeit»<br />

aber, kein Haar an der Volksschule<br />

gerade zu lassen, motiviert oft auch<br />

die Falschen.<br />

«Die Schule darf nicht zu einem<br />

Selbstzweck verkommen, sondern<br />

muss dem Lernen der Kinder nützen»,<br />

sagt Matthias Gubler, Psychologe,<br />

Dozent und Leiter des Instituts<br />

Unterstrass in Zürich. Insofern sei<br />

Kritik an der Schule nötig und auch<br />

hilfreich, sagt der 49-Jährige, der an<br />

der Pädagogischen Hochschule<br />

doziert und in der Schweiz als<br />

humanistischer Pädagogik-Visionär<br />

gilt. Gubler wünscht sich, dass die<br />

Debatte darüber, was Schule kann,<br />

soll und darf, objektiver geführt<br />

wird. «Leider entsteht durch oberflächliche<br />

und manchmal auch<br />

populistische Analysen eine alarmistische<br />

Stimmung, die meiner Ansicht<br />

nach nicht angebracht ist.»<br />

Dem Vorwurf der Effekthascherei<br />

sehen sich Schulkritiker wie Richard<br />

David Precht und Gerald Hüther<br />

immer wieder ausgesetzt. Mit Wissenschaft<br />

nehme es der «selbsternannte<br />

Hirnforscher» nicht so<br />

genau, schreibt etwa der deutsche<br />

«Zeit»-Journalist Martin Spiewak.<br />

«Befreit von den Mühen der Empirie,<br />

betören Hüther und andere Bildungskritiker<br />

ihre Zuschauer wie<br />

einst die fahrenden Wunderdoktoren<br />

mit gewagten Diagnosen und<br />

Vorschlägen für bizarre Kuren zur<br />

Rettung des angeblich todkranken<br />

Patienten Schule.» Das deutsche<br />

Nachrichtenmagazin «Der Spiegel»<br />

nannte Richard David Precht bitterböse<br />

den «Richard Clayderman der<br />

Politologie». Die Thesen des einen<br />

seien so seicht wie das Kla- >>><br />

«Ich wünsche mir, dass die<br />

Debatte darüber, was Schule<br />

kann, soll und darf,<br />

objektiver geführt wird.»<br />

Matthias Gubler, Psychologe<br />

Wohin steuert unsere Schule?<br />

Antworten liefert die Studie<br />

«Volksschule 2<strong>03</strong>0. Vier Szenarien<br />

zur Zukunft der Schule»<br />

Die Schule als Marke<br />

Kinder erhalten Bildungsgutschriften, welche an lizenzierten<br />

Privatschulen eingelöst werden können. Die Schulen haben<br />

unterschiedliche Profile und Schwerpunkte. Im Mittelpunkt<br />

steht die Förderung individueller Talente. Der Schulmarkt ist<br />

internationalisiert und die Qualität der Schulen wird regelmässig<br />

in internationalen Schul-Rankings gemessen. Talent-<br />

Scouts renommierter Universitäten, Forschungseinrichtungen<br />

und Unternehmen suchen besonders begabte Kinder<br />

und fördern sie speziell.<br />

Die Schule als Holding<br />

Unter pädagogischer Führung beteiligen sich Sportvereine,<br />

lokale Unternehmen, Eltern und Grosseltern an der Bildung<br />

der Kinder. Lernanlässe werden, wenn immer möglich, in der<br />

konkreten Lebenswelt gesucht. Lerninhalte werden exemplarisch<br />

vertieft, um die Methodenkompetenz einzuüben.<br />

Die Autonomie lokaler Schulen bleibt wichtig.<br />

Der Gesellschaftserziehungsauftrag<br />

Viele Schulversuche und Reformen der letzten Jahrzehnte<br />

werden rückgängig gemacht. Die Schulen legen grossen Wert<br />

auf Tugenden wie Disziplin und Ordnung. Die Eltern werden<br />

deutlich stärker in die Pflicht genommen, sich um die schulischen<br />

und erzieherischen Belange ihrer Kinder zu kümmern.<br />

Die Verschulung (örtliche und zeitliche Ausdehnung der pädagogischen<br />

Betreuung) schreitet voran.<br />

Die Schule brennt<br />

Aufgrund der prekären Lage der öffentlichen Finanzen fehlen<br />

den Schulen verschiedene Instrumente wie Stützunterricht<br />

und Sonderförderung. Zugleich nimmt besonders in Agglomerationsgemeinden<br />

der Anteil bildungsferner Familien zu.<br />

Die Schule soll soziale Fehlentwicklungen korrigieren, wird<br />

dafür aber nicht alimentiert. Es entsteht ein wachsender<br />

Markt privater Schulen, die teilweise religiös gefärbt sind.<br />

Die vollständige Studie kann unter www.swissfuture.ch<br />

bezogen werden.<br />

18 APRIL <strong>2015</strong>


Dossier<br />

Österreich<br />

Ideen für Ferien mit Kindern.<br />

Ihre Broschüre fehlt? Kein Problem: Einfach kostenlos bei<br />

unserem Ferienservice bestellen – Tel. 00800 400 200 00<br />

Mehr Ideen für Ihre Familienferien in Österreich finden Sie auf:<br />

www.austria.info/familienferien<br />

APRIL <strong>2015</strong>19


Dossier<br />

«Der beste Dünger fürs<br />

Gehirn ist Begeisterung.»<br />

Gerald Hüther, Neurobiologe<br />

>>> vierspiel des andern. Doch<br />

trotz Häme des Feuilletons: Precht<br />

hat mit seinem Buch einen Bestseller<br />

geschrieben. Über den «Patienten<br />

Schule» wird heute so leidenschaftlich<br />

gestritten wie nie zuvor.<br />

Offenbar fühlen sich viele von<br />

der grundsätzlichen Infragestellung<br />

der Schule bedroht. Doch warum<br />

genau? Weil das Schulwesen und<br />

mit ihm das ganze Bildungssystem<br />

seit je einen wichtigen gesellschaftlichen<br />

Pfeiler darstellen. Die Schule<br />

repräsentiert die Werte eines Landes<br />

und der Gesellschaft. Sie zu kritisieren,<br />

ist ein Balanceakt, der nur<br />

besteht, wer konkret und präzise<br />

argumentiert.<br />

Remo Largo versucht es. In seinem<br />

Buch «Schülerjahre – Wie Kinder<br />

besser lernen», das er zusammen<br />

mit dem Journalisten Martin<br />

Beglinger veröffentlicht hat, fordert<br />

er, dass es mehr Gesamtschulen<br />

brauche mit jahrgangsgemischten<br />

Klassen etwa, in denen alle Kinder<br />

im eigenen Tempo und die jüngeren<br />

auch von den älteren lernen könnten.<br />

Als Tagesschulen konzipiert, wo<br />

tragfähige Beziehungen zwischen<br />

Lehrenden und Lernenden entstehen<br />

können. Und vor allem müsse<br />

die Schule – ganz rasch – vom<br />

Notendruck befreit werden.<br />

Was Largo also für die Schweizer<br />

Volksschule und Precht für die deutsche<br />

fordert, ist nichts weniger, als<br />

dass sich die Schule dem Wertewandel<br />

anpasst. Und dass sie den Mut<br />

hat, über sich nachzudenken, damit<br />

sie sich entwickeln kann.<br />

Dafür muss man nicht einmal<br />

einen Twitteraccount haben.<br />

>>><br />

Martina Bortolani<br />

38, mit einer gescheiterten akademischen<br />

Karriere gesegnet, hat früh gelernt, dass<br />

klassische Schulbildung nicht immer der<br />

heilige Gral für Glück und Weiterkommen<br />

bedeuten muss. Ihre beiden Kinder, 10 und<br />

8, besuchen die öffentliche Volksschule<br />

im Kanton Zürich. Die Vision, lieber einen<br />

glücklichen Schreiner als Sohn zu haben<br />

statt einen unglücklichen Ingenieur,<br />

vertritt Bortolani auch an Elternabenden<br />

konsequent.<br />

20 APRIL <strong>2015</strong>


Dossier<br />

APRIL <strong>2015</strong>21


Dossier<br />

«Manche Eltern würde man<br />

am liebsten auf den Mars schicken»<br />

Eltern wünschen sich gute Bildung für ihr Kind. Lehrer wollen einen guten<br />

Job machen. Dennoch geraten beide immer wieder aneinander. Mediatorin<br />

Maya Mulle über verunsicherte Eltern, frustrierte Lehrer und wie das<br />

Verhältnis entkrampft werden kann. Interview: Martina Bortolani<br />

«Eltern wollen sich kümmern<br />

und sind verunsichert durch<br />

neue Lehrmethoden.»<br />

Frau Mulle, das Verhältnis zwischen<br />

Lehrpersonen und Eltern wird an vielen<br />

Schulen als «Ausweitung der<br />

Kampfzone» beschrieben. Ist das so?<br />

Vieles wird medial aufgebauscht. Ich<br />

wage zu sagen, dass ein Grossteil der<br />

Eltern gut unterwegs ist.<br />

Und trotzdem schreiben Sie in der<br />

Unterstufen-Zeitschrift «4bis8»: «Es<br />

gibt Eltern, die man auf den Mars<br />

schicken sollte!»<br />

Ja, manche Eltern wirken in der Tat<br />

unbelehrbar, sie scheinen ein «Motzer-Gen»<br />

in sich zu tragen, das sie<br />

stetig vorantreibt. Sie können Bestehendes<br />

nicht akzeptieren. Aber sie<br />

sind nicht in der Überzahl. Mit dem<br />

runden Tisch und dem Austausch<br />

darüber, was die Qualität der Schule<br />

ausmacht, können viele Konflikte<br />

verhindert werden.<br />

Die Pädagogische Hochschule in<br />

Zürich predigt den angehenden Lehrerinnen<br />

und Lehrern, «die kooperative<br />

und konstruktive Zusammenarbeit mit<br />

Eltern ist der Normalfall».<br />

Es wäre falsch, Studierenden Angst<br />

zu machen vor den Eltern. So wie sie<br />

auf die Eltern zugehen, werden sie<br />

meist auch empfangen.<br />

Wenn es aber doch zu Streit kommt,<br />

werden Sie als Mediatorin von Schulen<br />

beigezogen. Worum geht es?<br />

Die meisten Eltern wollen unterstützen.<br />

Sie begegnen neuen Schulformen<br />

und Lernformen, die für sie<br />

nicht nachvollziehbar sind und die<br />

sie zunehmend verunsichern. Dies<br />

geschieht vor allem in städtischen<br />

Schulen, in denen die Leistungsunterschiede<br />

besonders gross sind.<br />

Ergo bemängeln Eltern die Schulführung,<br />

die Lernzielerreichung, die<br />

Unterrichtsmethoden, die Benotung,<br />

die Vorbereitung aufs Gymnasium.<br />

Das können sachliche Motive<br />

sein, aber auch sehr persönliche. Oft<br />

werfen Sie den Lehrern vor, dass diese<br />

ihr Kind blossstellen. Es gibt aber<br />

auch Elterndelegierte, die sich nerven,<br />

dass sie nur zum Kuchenbacken,<br />

Kaffeekochen und Stoppuhrdrücken<br />

eingesetzt werden.<br />

Und was frustriert die Lehrer?<br />

Dass die Eltern kaum positive Rückmeldungen<br />

geben, zu viel erwarten,<br />

nicht teilnehmen, nicht kooperieren,<br />

negativ über die Schule sprechen.<br />

Ketzerisch gefragt: Was birgt grösseres<br />

Konfliktpotenzial: ehrgeizige Helikopter-Eltern<br />

oder Eltern mit Migrationshintergrund<br />

und wenig Interesse<br />

am Schulalltag ihrer Kinder?<br />

Ich erlebe oft, dass Eltern mit tieferem<br />

Bildungsniveau und Migrationshintergrund<br />

dankbar sind für<br />

alles, was die Schule tut. Sie sind<br />

gerne bereit, zu unterstützen, wenn<br />

sie aktiv abgeholt werden. Schwierig<br />

für die Lehrpersonen wird es, wenn<br />

sie kaum Deutsch sprechen, den<br />

Kontakt mit der Schule nicht wahr-<br />

22 APRIL <strong>2015</strong>


nehmen und die Unterstützung der<br />

Kinder zu Hause fehlt. Auch Helikopter-Eltern<br />

sind nicht per se schwierig.<br />

Doch sie können herausfordern,<br />

weil sie hohe Erwartungen haben<br />

und gut informiert sind. Sie sind<br />

kommunikativ, zum Teil eloquenter<br />

als die Lehrpersonen und scheuen<br />

sich nicht, einen Rechtsbeistand beizuziehen.<br />

Sie haben oft Angst, dass<br />

ihr Kind zu wenig gefördert wird.<br />

Eine Avenir-Suisse-Studie aus dem<br />

Jahr 2012 («Der strapazierte Mittelstand»)<br />

belegt, dass Eltern aus der<br />

Mittelschicht am stärksten unter dem<br />

heutigen Bildungsdruck leiden.<br />

Das entspricht auch meiner Wahrnehmung.<br />

Wir haben viele gut ausgebildete<br />

Väter und Mütter, die es zu<br />

etwas gebracht haben. Sie bemängeln,<br />

dass die Schulziele und die<br />

Stoffvermittlung zu wenig transparent<br />

sind. Eltern wollen, dass es ihren<br />

Kindern besser gehen wird. Noch<br />

besser als ihnen. Sie sollen Erfolg<br />

haben. Da scheinen uns in der heutigen<br />

Zeit, gerade auch durch die<br />

wirtschaftliche Entwicklung, aber<br />

Grenzen gesetzt zu sein. Deshalb<br />

plädiere ich für eine stärkere Gewichtung<br />

des Bildungserfolgs. Dieser<br />

schliesst die sozialen Fähigkeiten mit<br />

ein und zeichnet Menschen aus, die<br />

ihren Platz in der Gesellschaft aktiv<br />

wahrnehmen.<br />

Fehlt allenfalls auch eine Prise Humor<br />

bei den Gesprächen zwischen Lehrern<br />

und Eltern?<br />

Das ist ganz sicher so. Wenn man<br />

selbst betroffen ist oder sogar angegriffen<br />

wird, ist es aber auch schwierig,<br />

humorvoll zu reagieren. Deshalb<br />

plädiere ich für den Aufbau und die<br />

Stärkung von Willkommens- und<br />

Begegnungskulturen, die dem Kennenlernen<br />

und dem Vertrauensaufbau<br />

dienen.<br />

Sie sind selber Mutter zweier Kinder,<br />

die mittlerweile erwachsen sind. Wie<br />

empfanden Sie die Zusammenarbeit<br />

mit der Lehrerschaft damals?<br />

Sie war mehrheitlich gut. Das hat<br />

aber auch damit zu tun, dass unsere<br />

Kinder die Schule ohne grössere Probleme<br />

durchlaufen haben. Als Schulpflegerin<br />

hatte ich Einblick und<br />

konnte so die Veränderungen und<br />

Rahmenbedingungen besser einordnen<br />

und nachvollziehen.<br />

Sie waren eine «Tiger-Mutter» wie aus<br />

dem «Drill-Bestseller» der Chinesin<br />

Amy Chua?<br />

Nein, da sträuben sich mir ja die<br />

Nackenhaare. Ich habe meine Kinder<br />

nicht getriezt. Aber ja, Leistung hat<br />

für mich immer einen wichtigen<br />

Wert dargestellt. Im Nachhinein<br />

habe ich auch gehört, dass andere<br />

meine Kinder bedauert haben deswegen.<br />

Nichtsdestotrotz haben die<br />

Lehrpersonen aber meine hohen<br />

Erwartungen eher akzeptiert, weil<br />

sie auch meine aktive Unterstützung<br />

erlebt haben.<br />

Früher war die Lehrperson eine Person,<br />

zu der Eltern aufschauten, eine<br />

Autorität. Da hat ein Paradigmenwechsel<br />

stattgefunden. Konservative<br />

Eltern respektieren eine junge Lehrerin<br />

nicht per se.<br />

Das stimmt. Darum ist ein Dialog<br />

auf Augenhöhe für mich ein Qualitätskriterium.<br />

Es geht um Wertschätzung.<br />

Als Mutter wünsche ich mir,<br />

dass ich mit meinen Werten angenommen<br />

werde, weil wir Eltern<br />

schlussendlich für die Förderung<br />

unserer Kinder verantwortlich sind.<br />

Wer verhält sich in Gesprächen renitenter:<br />

der Vater oder die Mutter?<br />

Ich höre oft, dass die Mutter grundsätzlich<br />

verantwortlich sei, der Vater<br />

aber «kommt dazu, wenn es schwierig<br />

wird».<br />

Was halten Sie davon, die Kinder ins<br />

Elterngespräch einzubinden?<br />

Grundsätzlich begrüsse ich es, wenn<br />

die Kinder dabei sind. In stark belasteten<br />

Konfliktsituationen rate ich<br />

allerdings davon ab. Kinder sollen<br />

nicht als Übersetzer missbraucht<br />

werden. Ich finde es aber hilfreich,<br />

wenn Kinder ihre eigene Einschätzung<br />

und Vorschläge für Weiterentwicklungen<br />

einbringen können.<br />

Auch in Mediationen lade ich Kinder<br />

oft bewusst ein, dabei zu sein. Sie<br />

können am besten einbringen, was<br />

sie von wem brauchen.<br />

Was wünschen Sie sich persönlich für<br />

die Schule 2020?<br />

Ich wünsche mir, dass die Schülerinnen<br />

und Schüler im Zentrum stehen.<br />

Lern- und Beurteilungsprozesse<br />

sollen transparent und nachvollziehbar<br />

sein, es muss also miteiander<br />

geredet werden! Am liebsten am<br />

runden Tisch und mit allen Beteiligten:<br />

Schülern, Lehrern, Elterndelegierten.<br />

Das Ziel muss sein, dass<br />

Lernen und Lehren in erster Linie<br />

Spass machen.<br />

«Lehrer frustriert, dass Eltern<br />

nur negative Rückmeldungen<br />

geben und zu viel erwarten.»<br />

Maya Mulle<br />

ist 62 Jahre alt, Organisationsberaterin,<br />

Mediatorin und Leiterin der Fachstelle<br />

www.elternmitwirkung.ch.<br />

APRIL <strong>2015</strong>23


Dossier<br />

Alles, was Sie über den<br />

Lehrplan 21 wissen müssen<br />

Kaum ein Projekt der Schweizer Bildung gab in den letzten Jahren so viel zu reden<br />

wie der Lehrplan 21. Bisher hatte jeder Kanton seinen eigenen, verbindlichen Lehrplan.<br />

Seit Ende 2014 liegt nun erstmals ein für sämtliche Schweizer Kantone identisches<br />

Planungsinstrument vor. Was das im Klartext bedeutet. Text: Franziska Peterhans<br />

Hintergrund eines<br />

gemeinsamen Lehrplans<br />

ist der Bildungsartikel<br />

(Art.<br />

62) in der Bundesverfassung,<br />

der 2006 vom Schweizer<br />

Volk angenommen wurde. Er verpflichtet<br />

die Kantone dazu, die<br />

Schule zu harmonisieren. Der Lehrplan<br />

21 ist ein Instrument dazu.<br />

Er soll dazu beitragen, dass Kinder<br />

und Jugendliche in allen Kantonen<br />

zu bestimmten Zeitpunkten<br />

über das gleiche Können und Wissen<br />

in den einzelnen Fachbereichen<br />

verfügen. Dies ist insbesondere bei<br />

einem Wohnortswechsel über die<br />

Kantonsgrenzen hinweg von grosser<br />

Bedeutung.<br />

Ein gemeinsamer Lehrplan vereinfacht<br />

zudem die Koordination<br />

und Produktion von Lehrmitteln. Es<br />

muss nicht mehr jeder Kanton seine<br />

eigenen, auf den Lehrplan abgestimmten<br />

Lehrmittel erarbeiten.<br />

Gemeinsame Lehr- und Lernziele<br />

sind ausserdem ein weiterer Schritt<br />

zur Harmonisierung der Aus- und<br />

Weiterbildung der Lehrpersonen.<br />

Zudem können Synergien zwischen<br />

den Kantonen genutzt und damit<br />

Kosten eingespart werden.<br />

Ohne Wissen keine Kompetenz<br />

Bisher waren die kantonalen Lehrpläne<br />

stark auf die zu vermittelnden<br />

Inhalte in den einzelnen Fächern<br />

ausgerichtet. Sie gaben Lehrerinnen<br />

und Lehrern vor, welche Themen zu<br />

welcher Zeit in welchem Umfang mit<br />

den Schülerinnen und Schülern erarbeitet<br />

werden mussten. Auch der<br />

Lehrplan 21 enthält viele Inhalte, die<br />

verbindlich zu unterrichten sind. Sie<br />

stehen aber immer unmittelbar im<br />

Zusammenhang mit den entsprechenden<br />

zu erreichenden Kompetenzen.<br />

Also Fähigkeiten und Fertigkeiten,<br />

welche die Lernenden am<br />

Ende der 2., 6. und 9. Klasse erlangt<br />

haben müssen. Man spricht hier auch<br />

von nationalen Bildungszielen.<br />

Ein Beispiel: Zu den verbindlichen<br />

Inhalten im Geschichtsunterricht<br />

auf der Oberstufe gehören die<br />

Französische Revolution, die beiden<br />

Weltkriege, der Faschismus und der<br />

Holocaust. Der Lehrplan wäre aber<br />

nicht erfüllt, wenn die Kinder sich<br />

nur Wissen über Ereignisse aneignen<br />

und Jahreszahlen auswendig<br />

lernen würden. Sie sollen unter<br />

anderem auch die Kompetenz<br />

erwerben, das Wissen in einen grösseren<br />

Zusammenhang der Weltgeschichte<br />

zu stellen oder Ereignisse<br />

aus verschiedenen Zeitepochen zu<br />

beurteilen und zu vergleichen.<br />

Bedeutet dies, dass die Wissensvermittlung<br />

an Schulen nun zu kurz<br />

kommt? Selbstverständlich nicht,<br />

meinen Fachleute des Lernens, unter<br />

anderem auch der Dachverband der<br />

Lehrerinnen und Lehrer Schweiz<br />

LCH. Wenn Schülerinnen und Schüler<br />

Kompetenzen erlangen sollen,<br />

bedeutet dies nichts anderes, als dass<br />

das angeeignete Wissen auch verstanden<br />

wird und angewendet werden<br />

kann. Kinder sollen nicht einfach<br />

Wissen anhäufen und Fakten<br />

auswendig lernen.<br />

Kantone behalten ihren Einfluss<br />

Was regelt der Lehrplan 21 nicht?<br />

Der Lehrplan 21 macht Lehrerinnen<br />

und Lehrern keine Vorschriften über<br />

die Art des Unterrichts und die Lernformen.<br />

Die Lehrpersonen können<br />

also weiterhin frei entscheiden, wie<br />

sie ihre Schülerinnen und Schüler zu<br />

den vorgegebenen Kompetenzen<br />

führen möchten, ob im Frontalunterricht,<br />

im Projektunterricht, mit<br />

Lernwerkstätten, in Lernlandschaften.<br />

Der Lehrplan dient als Kompass<br />

und ist kein Gesetzbuch.<br />

Die Kantone sind auch frei, eigene<br />

Unterrichtsschwerpunkte bezüglich<br />

Inhalt und Umfang zu setzen.<br />

Jeder Kanton entscheidet selber,<br />

wann, in welchen Verfahren und in<br />

welchem Umfang der Lehrplan 21<br />

eingeführt wird. Die Einführung ist<br />

in den meisten Kantonen frühestens<br />

auf das Schuljahr 2017/18 geplant.<br />

24 APRIL <strong>2015</strong>


Basel-Stadt startet als erster Kanton<br />

bereits im August <strong>2015</strong>. Der Aargau<br />

lässt sich bis zum Schuljahr 2020/21<br />

Zeit.<br />

Die Kantone sind aber auch verpflichtet,<br />

die dafür nötigen Mittel<br />

bereitzustellen, insbesondere die<br />

Weiterbildung der Lehrpersonen zu<br />

organisieren und für angepasste<br />

Lehrmittel zu sorgen. Der LCH fordert<br />

die Kantone auf, überkantonal<br />

erarbeitete Hilfsmittel für die kompetenzbasierte<br />

Beurteilung zur Verfügung<br />

zu stellen. Ebenfalls in der<br />

Verantwortung der Kantone liegt die<br />

Anpassung der Stundentafeln für<br />

die einzelnen Fachbereiche.<br />

In zwölf Kantonen wird die<br />

Regierung über die Einführung des<br />

Lehrplans 21 entscheiden: AG, AR,<br />

BE, GL, GR, LU, NW, OW, SG, SO,<br />

TG, VS. In acht Kantonen liegt der<br />

Entscheid beim Bildungs- bezie-<br />

hungsweise Erziehungsrat: AI, BL,<br />

BS, SH, SZ, UR, ZG, ZH. Im Kanton<br />

FR liegt die Kompetenz für den<br />

Erlass bei der Direktion für Erziehung,<br />

Kultur und Sport. In verschiedenen<br />

Kantonen gibt es Bestrebungen,<br />

dass über die Einführung des<br />

Lehrplans 21 an der Urne entschieden<br />

werden kann.<br />

Nachbessern bei den Sprachen<br />

Der Lehrplan 21 ist ein Schritt zu<br />

mehr Einheitlichkeit im Bildungswesen<br />

und zu mehr Chancengerechtigkeit<br />

für Kinder und Jugendliche.<br />

Zweifellos hat er aber noch Optimierungsbedarf,<br />

insbesondere was den<br />

Erwerb von zusätzlichen Landesbeziehungsweise<br />

Fremdsprachen<br />

betrifft. Bedauerlicherweise ist noch<br />

immer nicht koordiniert, ob der<br />

Fremdsprachenunterricht an der<br />

Primarschule mit Englisch oder<br />

Französisch beginnt. So hat eine<br />

Viertklässlerin, die im basellandschaftlichen<br />

Augst gewohnt hat, seit<br />

der 3. Klasse Französisch gelernt.<br />

Zieht sie dann mit ihrer Familie<br />

wenige Kilometer weiter ins aargauische<br />

Kaiseraugst, sucht sie den Französischunterricht<br />

vergebens im<br />

Stundenplan. Dafür fehlt ihr ein Jahr<br />

Englischunterricht. Diesen Missstand<br />

müsste die Politik dringend<br />

beheben, zum Wohle der Kinder!<br />

«Die Kantone sagen<br />

was, die Lehrpersonen<br />

entscheiden wie.»<br />

Franziska Peterhans ist Zentralsekretärin des<br />

Dachverbandes Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH<br />

und Mitglied der Geschäftsleitung.<br />

Acrobat.<br />

Damit Ihr Kind<br />

nach der Genesung<br />

wieder mitten<br />

im Leben steht.<br />

Grosser Wettbewerb !<br />

www.acrobat<strong>2015</strong>.ch<br />

MISSION RUNDUM GESCHÜTZT<br />

Dank Schutz vor bleibenden Folgen eines Unfalls. Wir sorgen dafür, dass Ihr<br />

Kind nach einem Unfall keine sichtbaren Erinnerungen behält und decken deshalb auch Leistungen wie<br />

ästhetische Chirurgie. Kosten für den Nachhilfeunterricht bei langer Absenz und die Pflege zuhause<br />

Ihre Mitgliedsversicherer der<br />

werden ebenfalls übernommen. Acrobat ist die ideale Ergänzung zur Grundversicherung SanaTel.<br />

APRIL <strong>2015</strong>25<br />

Jetzt Offerte bestellen: www.rundumgeschützt.ch oder 0800 808 101.


Dossier<br />

«Für viele sind wir<br />

eine Provokation»<br />

Céline und ihre fünf Geschwister werden zu Hause unterrichtet –<br />

von ihrer Mutter. Wie funktioniert Homeschooling?<br />

Ein Besuch bei der Familie Hanhart in Lyss BE.<br />

Text: Martina Bortolani Fotos: Tomas Wüthrich / 13 Photo<br />

Es fühlt sich an, wie in ein Schulzimmer zu<br />

platzen, in dem gerade unterrichtet wird –<br />

und einen plötzlich 22 Schüler anstarren.<br />

Hier im bernischen Lyss nahe Biel starren<br />

nicht 22, sondern lediglich 4 Schüler. Aber<br />

das Empfinden, einen konzentrierten Unterricht gestört<br />

zu haben, ist dasselbe. Die Kinder schauen kurz auf,<br />

sagen höflich «Grüessech» und beugen gleich wieder<br />

die Köpfe über die Bücher. Es ist kurz nach zehn Uhr<br />

an diesem Freitag; unterrichtet wird Mathematik. Das<br />

Ambiente wirkt familiär, aufgeräumt, strukturiert und<br />

auf jeden Fall: schweizerisch-unauffällig.<br />

Und sogleich schämt man sich still für seine exotischen<br />

Vermutungen vor diesem Besuch. Womöglich auf<br />

tanzende Hippie-Eltern zu treffen, die ihre Kinder im<br />

Wohnwagen unterrichten. Oder eine klandestine Sektengemeinschaft<br />

vorzufinden, in der die Frauen lange<br />

Röcke tragen und die Männer wirre Dogmen predigen.<br />

So stellt man sich landläufig Eltern vor, die ihre Kinder<br />

nicht in die Schule schicken, sondern zu Hause unterrichten.<br />

Aber auf keinen Fall stellt man sie sich so vor<br />

wie Therese und Marcel Hanhart. Nicht wie einen Bundesbeamten<br />

für Eisenbahnsicherheit und eine gelernte<br />

Hauspflegerin. Sie haben sechs Kinder, ein Haus, einen<br />

Familien-Van und sind überzeugte Homeschooler, also<br />

Eltern, die ihre Kinder zu Hause unterrichten.<br />

Nach den ältesten Töchtern Céline (20) und Gwenaëlle<br />

(18) sind es aktuell noch Naïm (16), Ruven (13),<br />

Josia (11) und Rabea (7), deren Schulweg kürzer kaum<br />

sein könnte: die Treppen von den Kinderzimmern hinunter<br />

ins Untergeschoss des Hauses. Hier haben die<br />

Hanharts zwei Schulzimmer eingerichtet – inklu- >>><br />

Josia, Ruven und<br />

Rabea im Unterricht<br />

bei ihrer Mutter<br />

Therese Hanhart.<br />

26 APRIL <strong>2015</strong>


APRIL <strong>2015</strong>27


Dossier<br />

>>> sive Unterrichts-Cachet. Ein grosser Tisch zum<br />

Arbeiten, eine Art Wandtafel, Fächer, Mäppli, Schulmaterial,<br />

Hefte, Lernkarten, Buchstabentafeln, Etuis und<br />

mit Namen beschriftete Kartonschachteln. Willkommen<br />

im Heimunterricht einer besonderen Familie.<br />

Der Unterricht beginnt spätestens um acht Uhr –<br />

manchmal sogar früher. Dann wird den ganzen Vormittag<br />

gearbeitet, die drei Kleinen zusammen, der ältere,<br />

Naïm, geht den Oberstufenstoff separat durch. Es gibt<br />

normale Znünipausen, und wenn die Kids konzentriert<br />

gearbeitet haben, steht der Nachmittag zur freien<br />

Gestaltung. Respektive ist ziemlich vollgestopft mit<br />

Sport- und Musikstunden. Das alles liest sich wie das<br />

Programm an einer Kinderakademie: Flöte, Hornussen,<br />

Hockey, Ballett, Fussball, Geige, Curling, Rhythmik und<br />

Schwimmen. Das fördere nebenbei die sozialen Kontakte,<br />

sagt die Mutter.<br />

Die Eltern wundern sich, dass sie sich immer gegen<br />

den Vorwurf wehren müssen, ihre Kinder «zu isolieren,<br />

zu behüten oder weltfremd aufwachsen zu lassen», sagt<br />

der Vater. Das vorgegebene Bildungssystem als Imperativ<br />

zu verstehen, sei in unserer Gesellschaft stark verankert.<br />

Sie halten dagegen. Jedes ihrer Kinder habe ein<br />

anderes Arbeits- und Lerntempo, das könne man zu<br />

Hause besser berücksichtigen. Die Schule, ergänzt die<br />

Mutter, gelte als eine «der letzten Tabuzonen» unserer<br />

Zeit. «Wer hierzulande aus dem Schulsystem ausbricht,<br />

ist per se suspekt», sagt Marcel Hanhart.<br />

Es sind die unterschiedlichsten Überlegungen, die<br />

Eltern dazu bewegen, ihre Kinder daheim zu unterrichten.<br />

Die Hanharts betonen, dass sie das Modell weder<br />

aus religiösen (wie oft in den USA) noch aus volksschulfeindlichen<br />

Motiven gewählt haben, wie beispielsweise<br />

in einigen skandinavischen Ländern, in denen Homeschooling<br />

oft aus Protest gegen staatliche Bildunsgmonopole<br />

betrieben wird. Norwegens Bildungsministerin<br />

Kristin Clemet, die bis 2005 im Amt waltete, wurde<br />

durch ihre radikale Parole «Homeschooling ist ein Menschenrecht»<br />

berühmt.<br />

Eine kleine Minderheit, die provoziert<br />

«Wir trennen Erziehung und Bildung nicht so sehr»,<br />

sagt Therese Hanhart. Für sie sei das Unterrichten im<br />

privaten Umfeld nicht nur reine Stoffvermittlung, sondern<br />

sie empfinde es vielmehr als Privileg, die Kinder<br />

so ganzheitlich ausbilden zu können. Jedes von ihnen<br />

könne kochen, putzen, selbständig reisen und wisse über<br />

vieles Bescheid, was im Alltag hilfreich sei. «Das ist unser<br />

Verständnis eines gesunden gesellschaftlichen Fundaments»,<br />

sagt die Mutter.<br />

In der Schweiz bewegen sich die Homeschooler – die<br />

übrigens in keinem Kanton finanzielle Unterstützung<br />

beanspruchen – statistisch in der unauffälligen Zone.<br />

Bei derzeit 707 196 schulpflichtigen Kindern werden, so<br />

schätzt der Dachverband bildungzuhause.ch, etwa 500<br />

Kinder von ihren Eltern oder von privaten Lehrern<br />

unterrichtet. «Das sind etwa 0,7 bis 0,9 Prozent», sagt<br />

Marcel Hanhart, und: «Für viele sind wir eine Provokation.»<br />

Das reiche von den Politikern bis zu Familien im<br />

Dorf. «Weil wir dauernd hinterfragt werden, hinterfragen<br />

wir uns aber selber viel stärker», sagt er. Auch sie<br />

würden ab und zu zweifeln, gesteht er. Viele verstünden<br />

ihre Argumente nicht. Oder wollten sie nicht verstehen.<br />

Fakt ist, sie polarisieren mit ihrer Entscheidung. Homeschooling<br />

ist bis dato in der Schweiz ein hochemotionales<br />

Thema.<br />

In der Schweiz kann übrigens nicht jeder, der will,<br />

seine Kinder zu Hause unterrichten. Jeder Kanton hat<br />

variierende Auflagen. Im Kanton Zürich muss man<br />

ausgebildeter Lehrer sein, im Tessin ist es wiederum gar<br />

nicht erlaubt. In Bern, dem Aargau, der Waadt oder<br />

Appenzell Ausserrhoden dürfen auch Eltern ohne Lehrdiplom<br />

unterrichten. Der Anteil der Homeschooler im<br />

Bei Hanharts<br />

wird der<br />

Hausflur zum<br />

Schulzimmer<br />

umfunktioniert.<br />

28 APRIL <strong>2015</strong>


Kanton Bern ist mit rund 220 (von total 104 533) Kindern<br />

entsprechend hoch.<br />

Die Pflichtfächer sind, analog zur Volksschule, Lesen,<br />

Schreiben, Rechnen, Natur-Mensch-Umwelt und – bis<br />

zur Oberstufe – eine bis zwei Fremdsprachen. Daneben<br />

dürfen musische und sportliche Fächer nicht zu kurz<br />

kommen. Überprüft werden die heimische Stoffvermittlung<br />

sowie die sozialen Kompetenzen der Kinder von<br />

regionalen oder kantonalen Aufsichtsbehörden, die<br />

regelmässig vorbeischauen.<br />

Auch Kochen für alle gehört dazu<br />

Im Kanton Bern sind prüfungsfreie Übertritte ans Gymnasium<br />

oder eine Fachmittelschule nur ab der Volksschule<br />

möglich. Kinder ab Privatschulen oder Privatunterricht<br />

müssen entsprechende Übertrittsprüfungen<br />

absolvieren. Grundsätzlich ist es möglich, die Vorbereitung<br />

auf die Matura zu Hause zu machen. Im Anschluss<br />

ist dann die CH-Maturaprüfung zu bestehen – extern<br />

an einer Schule.<br />

Bei den Homeschoolern gibt es Familien, die den<br />

Tages- und Lernrhythmus locker gestalten, und solche,<br />

die einem straffen, strukturierten Plan folgen. Wie die<br />

Hanharts. «Ich verbringe viel Zeit mit dem Eigenstudium,<br />

dem Suchen nach geeigneten Lehrmitteln und<br />

der dazugehörenden geeigneten Vermittlung», sagt die<br />

fröhlich wirkende Frau, die langsam an das Mittagsmenü<br />

denken muss. Doch nicht sie kocht, sondern der<br />

elfjährige Josia. «Das tut er oft. Er kauft mit seinen Brüdern<br />

ein. Die Jungs kennen sich bei den Aktionen in<br />

der Migros besser aus als ich», sagt die Mutter so, als sei<br />

dies selbstverständlich für präpubertierende Jungs im<br />

Fussballalter mit Zahnspange und Gelfrisur.<br />

Die Kinder hier wirken nicht so, als würden sie das<br />

nur machen, weil gerade Besuch da ist. Josia bindet sich<br />

die Küchenschürze um und fängt an, Toastbrote für das<br />

Menü Toast Hawaii zu bestreichen. Er sagt, dass sich<br />

seine Freunde «gar nicht mehr interessieren dafür, wo<br />

ich zur Schule gehe. Solange ich gut Fussball spiele im<br />

Training.» Derlei kompetitives Verhalten bestätigt auch<br />

die Mutter: «Die Gielen wollen sich immer messen!»<br />

Darum gebe sie ihnen auch Noten. «Die brauchen das.»<br />

Bei den Mädchen seien Noten nicht so wichtig, wie ihre<br />

Erfahrung mit den grossen Töchtern gezeigt habe. Die<br />

bestätigen rückblickend übrigens beide etwas Ähnliches:<br />

ihre hohe Kompetenz zur Selbständigkeit. Céline,<br />

die kurz vor dem Abschluss zur Fachbetreuerin für<br />

Behinderte steht, sagt: «Dank Homeschooling habe ich<br />

gelernt, dass ich für mich lerne und somit Eigenverantwortung<br />

trage.» Die 18-jährige Gwenaëlle, die derzeit<br />

die Vollzeit-BMS in Biel absolviert, erinnert sich, dass<br />

sie früh selbständiges Arbeiten gelernt hat: «Von fehlender<br />

Sozialisierung, Isolation oder ähnlichen oft<br />

genannten Nachteilen hab ich so gut wie gar nichts mitbekommen.»<br />

Und apropos weltfremd: Gwenaëlle hat die Schule<br />

ein Jahr früher als ihre Freundinnen abgeschlossen. Und<br />

vor einem Jahr die Lehre zur Staudengärtnerin bestanden.<br />

Mit einer Gesamtnote von 5,3.<br />

>>><br />

Im nächsten Heft:<br />

Geschwister<br />

Foto: Shutterstock<br />

«Indianer sind entweder auf dem Kriegspfad<br />

oder rauchen die Friedenspfeife. Geschwister<br />

können beides», schrieb Kurt Tucholsky. Von<br />

Geburt an sind sie Konkurrenten, kämpfen um<br />

Aufmerksamkeit, Anerkennung und die Liebe<br />

ihrer Eltern. Was Geschwister trennt – und was<br />

sie zusammenhält: in unserem Mai-Dossier.<br />

APRIL <strong>2015</strong>29


Monatsinterview<br />

Die Therapeutin<br />

Rochelle Allebes<br />

in ihrer Wohnung<br />

in Zürich.<br />

30 APRIL <strong>2015</strong>


«Eltern, die perfekt sein wollen,<br />

sind oft verunsichert»<br />

Was soll man Jugendlichen erlauben, was nicht? Wie gehe ich vor, wenn mein<br />

Kind trotzt? Die Elternberaterin Rochelle Allebes spricht über verunsicherte Väter<br />

und Mütter und sagt, warum eine klare Linie in der Erziehung wichtig ist und<br />

wie man als Eltern eine eigene Haltung entwickelt.<br />

Interview: Eveline von Arx Fotos: Paolo Dutto / 13 Photo<br />

Im Hauseingang der Wohnung von<br />

Rochelle Allebes in Zürich Wipkingen<br />

stehen grosse und kleinere Velos. Die<br />

Therapeutin, die mit holländischem<br />

Akzent spricht, empfängt uns in ihrer<br />

Stube; ein gemütlicher Raum mit viel<br />

Holz, dazwischen moderne Möbel und<br />

ein grosses Ledersofa. Im Regal finden<br />

sich CDs und Kunstbücher, an den Wänden<br />

hängen Bilder und alte Fotografien.<br />

Frau Allebes, in der Buchhandlung und<br />

im Internet können Eltern heute viele<br />

Ratgeberbücher und -seiten über Kindererziehung<br />

finden. Wie beurteilen<br />

Sie das?<br />

Einerseits kann es ein Zeichen dafür<br />

sein, dass Eltern verunsichert sind<br />

und sich erhoffen, in den Ratgebern<br />

Hilfe zu finden. Andererseits stehen<br />

inzwischen viele Mütter und Väter<br />

unter dem Druck, ihr Kind richtig<br />

zu fördern, und sind deshalb auf der<br />

Suche nach einer optimalen Anleitung<br />

dafür. Die Karriereplanung<br />

beginnt heute schon bei den Zweijährigen.<br />

Es gibt jedoch nicht das<br />

eine Erziehungsbuch, nach dem sich<br />

alle richten können. Die Vielfalt an<br />

Ratgebern ist gross, und oft lautet<br />

das Fazit, dass Eltern für sich herausfinden<br />

müssen, wie sie erziehen<br />

wollen, was für sie stimmt. Vielleicht<br />

sollten Mütter und Väter etwas weniger<br />

in Büchern und im Internet und<br />

stattdessen ihre Kinder «lesen»!<br />

Eltern sind nämlich Experten für<br />

ihre eigenen Kinder!<br />

Was heisst das?<br />

Dass man Kinder als eigenständige,<br />

einzigartige Persönlichkeiten wahrnehmen<br />

sollte, die einen ganz individuellen<br />

Charakter haben. Ich habe<br />

kürzlich einen Dokumentarfilm<br />

«Mütter und Väter<br />

sind Experten für<br />

ihre Kinder und<br />

sollten sie vor allem<br />

ernst nehmen.»<br />

gesehen, darin kam eine Familie vor,<br />

die sehr wenig Geld hat. Der Sohn<br />

kam eines Tages nach Hause und war<br />

sehr beeindruckt von einem Geiger,<br />

den er auf der Strasse spielen gehört<br />

hatte. Von da an hegte er den<br />

Wunsch, auch Geige zu spielen. Die<br />

Familie konnte dies dem Knaben<br />

nicht ermöglichen. Doch der Vater<br />

kam ein paar Wochen später mit<br />

einem Geigenbogen nach Hause und<br />

schenkte ihn seinem Sohn. Obwohl<br />

es fern jeder Realität war, dass der<br />

Sohn das Geigenspiel erlernen konnte,<br />

hatte der Vater das Bedürfnis seines<br />

Kindes gesehen und ernst<br />

genommen und versucht, darauf<br />

einzugehen. Für den Sohn hiess dies:<br />

Mein Vater sieht mich, mein Vater<br />

nimmt mich wahr. Interessanterweise<br />

bemängeln Jugendliche, die<br />

jeweils für die deutsche Shell-<br />

Jugendstudie befragt werden, immer<br />

wieder genau das: dass sie nicht ernst<br />

genommen, nicht gesehen würden,<br />

sondern es den Eltern vor allem um<br />

ihre Leistungen oder darum ginge,<br />

dass sie keinen Alkohol oder andere<br />

Drogen konsumierten.<br />

Wie sollten sich Eltern stattdessen<br />

verhalten?<br />

Ich finde es enorm wichtig, dass<br />

Eltern wirklich die Bereitschaft<br />

haben, ihr Kind kennenzulernen,<br />

und nicht voreingenommen sind<br />

und denken, sie wüssten ja sowieso,<br />

wer ihre Tochter oder ihr Sohn sei.<br />

Ich versuche, bei den Eltern den<br />

Blick für das Wesen des Kindes, für<br />

seine Einzigartigkeit, zu schärfen, so<br />

dass sie das Kind wahrnehmen, wie<br />

es ist, und nicht, wie sie glauben, dass<br />

>>><br />

es ist. Mit Eltern, die ihre Kin-<br />

APRIL <strong>2015</strong>31


Monatsinterview<br />

>>> der extrem pushen, thematisiere<br />

ich dann zum Beispiel, warum<br />

sie so leistungsorientiert sind. Und<br />

ich stelle provokative Fragen wie:<br />

Würden Sie Ihr Kind weniger lieben,<br />

wenn es denn schulisch nicht erfolgreich<br />

wäre?<br />

Sie waren 22 Jahre als Beraterin beim<br />

«Elternnotruf» tätig. Was verunsichert<br />

Eltern in der Erziehung ihrer Kinder<br />

besonders?<br />

Da im Allgemeinen die Beziehung<br />

zum Kind mehr in den Vordergrund<br />

getreten ist in den letzten Jahrzehnten,<br />

haben manche Eltern zum Beispiel<br />

auch verstärkt Angst, von ihren<br />

Kindern etwas einzufordern, weil sie<br />

die Befürchtung hegen, sonst nicht<br />

mehr geliebt zu werden. Eltern sind<br />

heute zum Teil emotional sehr<br />

abhängig von ihren Kindern, möchten<br />

in deren Gunst stehen – es hat<br />

also eine Art Umkehrung stattgefunden:<br />

Denn eigentlich sind es ja die<br />

Kinder, welche die elterliche Liebe<br />

brauchen …<br />

Eltern haben Angst, dass ihr Kind sie<br />

ablehnen könnte. Woher kommt das?<br />

Die Basis dafür, um von den Kindern<br />

Respekt einzufordern, ist ein gewisser<br />

Selbstrespekt. Und wenn der<br />

nicht vorhanden ist, sind Eltern nicht<br />

in der Lage, von ihren Kindern zu<br />

verlangen, ihnen gegenüber Respekt<br />

«Ich stelle immer<br />

wieder einen<br />

deutlichen Verlust<br />

der elterlichen<br />

Präsenz fest.»<br />

zu zeigen. Erziehung bedeutet, sich<br />

als Mutter und Vater immer wieder<br />

mit sich selbst auseinanderzusetzen<br />

und sich zu fragen: Welche Ziele<br />

verfolge ich, und welche Werte vertrete<br />

ich? Warum fällt es mir so<br />

schwer, Nein zu sagen? Eltern müssen<br />

heute ihren eigenen Weg finden,<br />

wie sie erziehen wollen, es ist wichtig,<br />

den Kindern gegenüber eine<br />

klare Haltung einzunehmen.<br />

Und wie macht man das?<br />

Wenn es grosse Schwierigkeiten in<br />

der Erziehung gibt, sage ich den<br />

Eltern, sie sollten versuchen, zweigleisig<br />

zu fahren. Einerseits geht es<br />

darum, ihr Kind zu verstehen: Was<br />

ist los? Warum verhält sich meine<br />

Tochter oder mein Sohn so? Aber<br />

eben auch eine klare Haltung einzunehmen<br />

und dem Kind gegenüber<br />

zu äussern, dass gewisse Verhaltensweisen<br />

nicht drinliegen, nicht tolerierbar<br />

sind. Oft erlebe ich, dass<br />

Eltern nur auf einem Gleis unterwegs<br />

sind. Entweder, sie wollen das Kind<br />

ausschliesslich verstehen – zum Beispiel,<br />

wenn eine Mutter von ihrem<br />

jugendlichen Sohn geschlagen wird,<br />

und sie sich sagt: «Ich verstehe mein<br />

Kind, es ist ja auch in einer schwierigen<br />

Situation mit mir als alleinerziehender<br />

Mutter.» Oder dann sehe<br />

ich das andere Extrem, wo Eltern ihr<br />

Kind ständig kritisieren, ohne die<br />

Hintergründe für das Verhalten des<br />

Jugendlichen verstehen zu wollen.<br />

In beiden Fällen ist ein deutlicher<br />

Verlust der elterlichen Präsenz festzustellen.<br />

Worin bestehen denn die Schwierigkeiten,<br />

wenn Eltern Angst vor ihren<br />

Kindern haben?<br />

Angstgesteuerte Erziehung ist keine<br />

wirkungsvolle Erziehung, weil man<br />

als Mutter oder Vater erpressbar<br />

wird. Dann muss ich Eltern dabei<br />

unterstützen, sich mit sich selbst,<br />

dem eigenen Erziehungsverhalten<br />

auseinanderzusetzen. Als Beispiel:<br />

Wenn Eltern zu mir kommen und<br />

seit Längerem darunter leiden, dass<br />

ihr Sohn nur noch zu Hause in seinem<br />

Zimmer rumhängt, die Schule<br />

nicht besucht, keine Lehre machen<br />

will, schaue ich mit ihnen zuerst einmal,<br />

warum sie diese Situation<br />

bereits über eine lange Zeit ausgehalten<br />

und erduldet haben. Dann<br />

erfahre ich oft, dass dem Sohn nach<br />

wie vor die Wäsche gewaschen, das<br />

«Viele Eltern reden<br />

nicht über Probleme<br />

mit den Kindern;<br />

aus Angst davor, als<br />

unfähig zu gelten.»<br />

Lieblingsessen gekocht und der<br />

Kühlschrank mit Cola und Eistee<br />

gefüllt wird.<br />

Was machen Sie dann?<br />

In solchen Fällen versuche ich, die<br />

Eltern darin zu unterstützen, diese<br />

Service-Leistungen einzuschränken.<br />

Und parallel dazu soll die Kommunikation<br />

mit dem Jugendlichen auf<br />

allen Kanälen – wenn er sich dem<br />

Gespräch verweigert auch via SMS<br />

und E-Mail – gesucht und verstärkt<br />

werden. Die Eltern können sich so<br />

mitteilen, selbst wenn vom Jugendlichen<br />

keine Antwort kommt. Dies<br />

alles kann auch mit der Unterstützung<br />

von weiteren Bezugspersonen<br />

aus dem Umfeld geschehen. Auf<br />

diese Weise merkt der betroffene<br />

Jugendliche, dass immer mehr Leute<br />

von seiner Situation erfahren und<br />

etwas ändern möchten. Vielleicht<br />

kommen Verwandte und Freunde<br />

alle zusammen und beraten sich, wie<br />

sie gemeinsam helfen können. Durch<br />

all diese Schritte verdeutlicht sich die<br />

Haltung der Eltern – und der Jugendliche<br />

merkt, dass es so nicht weitergehen<br />

kann. Meist bewegt und verändert<br />

sich dann etwas.<br />

Sie sagen, viele Eltern hätten heute<br />

Angst, den Kindern ein inakzeptables<br />

Verhalten zu spiegeln oder ihnen<br />

etwas zu verbieten.<br />

Ja – weil sie eben oft keine eigene<br />

klare Linie haben. Wenn der Jugendliche<br />

nach Hause kommt und sagt,<br />

alle anderen dürften auf die Party<br />

und bis am Morgen durchfeiern,<br />

dann verunsichert das viele Eltern.<br />

Statt dass sie erst einmal ruhig bleiben<br />

und sagen: «Gib mir bitte vier<br />

Telefonnummern von Eltern, die<br />

ihren Kindern das angeblich erlau-<br />

Allebes arbeitete<br />

22 Jahre als<br />

Beraterin beim<br />

«Elternnotruf».<br />

32 APRIL <strong>2015</strong>


en. Ich möchte mit ihnen sprechen.»<br />

Leider tauschen sich Eltern<br />

oft kaum mit anderen Müttern und<br />

Vätern aus. Das ist schade. Und über<br />

ihre Schwierigkeiten mit den Kindern<br />

reden sie schon gar nicht – aus<br />

Angst davor, als unfähige Eltern<br />

dazustehen. Doch dieser Austausch<br />

wäre sehr wichtig, eben auch, um an<br />

der eigenen erzieherischen Haltung<br />

zu arbeiten, diese zu vertiefen. Aber<br />

das ist auch ein Zeitphänomen: Man<br />

diskutiert seine Probleme nicht mit<br />

anderen, sondern stürzt sich zum<br />

Beispiel lieber ins Internet und sucht<br />

dort nach Lösungen.<br />

Warum ist es so schwer, eine «gute<br />

Mutter» oder ein «guter Vater» zu<br />

sein?<br />

Die Erwartungen, die Eltern an sich<br />

selbst haben, sind oft sehr hoch. Sie<br />

wollen perfekt sein, und implizit<br />

erwarten sie deshalb auch Dankbarkeit<br />

von ihren Kindern. Es ist daher<br />

sinnvoll, diese Ansprüche zu hinterfragen.<br />

Als Beispiel: Wenn kleine<br />

Kinder anfangen, Brei zu essen, gibt<br />

es Mütter, denen es enorm wichtig<br />

ist, dem Baby den besten und gesündesten<br />

Brei selber zuzubereiten. Und<br />

was macht das Kind? Es schmiert<br />

sich den Brei ins Haar, spielt mit dem<br />

Essen, leert den Teller aus und so<br />

weiter. Und was bewirkt dies alles<br />

bei der Mutter? Enttäuschung! Sie<br />

nimmt das Verhalten des Kindes<br />

persönlich, weil ihr ganzes Engagement<br />

umsonst war. Bei Eltern von<br />

Jugendlichen beobachte ich Ähnliches:<br />

Die Mutter kommt nach Hause,<br />

nachdem sie den ganzen Tag<br />

gearbeitet hat, war auf dem Heimweg<br />

noch einkaufen, gönnte sich keine<br />

Pause, und dann sitzen ihre Teenager<br />

faul auf dem Sofa herum und helfen<br />

ihr nicht einmal, die Einkaufstaschen<br />

auszupacken. Kein Dank,<br />

keine Anerkennung. Dabei ist<br />


Monatsinterview<br />

>>> es die Erwartung der Mutter an<br />

sich selbst, so viel zu machen, es ist<br />

nicht die Erwartung der Kinder an<br />

die Mutter. Und so geht die arme<br />

Frau schliesslich frustriert in die<br />

Küche und erledigt einmal mehr<br />

alles alleine.<br />

Und was bewirkt diese enttäuschte<br />

Erwartungshaltung der Mutter bei den<br />

Kindern?<br />

Nichts! Die Jugendlichen haben ja,<br />

wie gesagt, gar nicht erwartet, dass<br />

die Mutter das alles macht und auf<br />

sich nimmt. Aus ihrer Sicht steht da<br />

eine Mutter vor ihnen, die vor allem<br />

eines tut: motzen! Die Kinder sitzen<br />

vor dem Fernseher und wollen ihre<br />

Ruhe. Ich kenne das auch von mir<br />

mit unseren Söhnen. Aber wenn<br />

man da plötzlich etwas ändert, kann<br />

das ganz schön viel bewirken ...<br />

… erzählen Sie!<br />

Als meine Söhne noch Teenager<br />

waren, setzte ich mich in einer solchen<br />

Situation zu ihnen aufs Sofa<br />

und sagte: «Ich habe den ganzen Tag<br />

gearbeitet, bin jetzt müde, habe auch<br />

noch eingekauft und möchte mich<br />

nun für eine Stunde zurückziehen,<br />

um Musik zu hören oder zu lesen.<br />

Die vollen Einkaufstüten stehen da,<br />

in der Zwischenzeit könnt ihr sie<br />

gerne auspacken. Wenn ihr nichts<br />

macht, gibt es nachher auch kein<br />

Abendessen. Dann essen wir halt<br />

einfach Brot und Käse.» Das war<br />

kein Gemotze, sondern ich habe<br />

meinen Söhnen kundgetan, wie es<br />

mir ging und was ich von ihnen verlangte.<br />

Und das sollte man dann auch durchziehen<br />

und nicht doch ein Dreigang-<br />

Menü zubereiten …<br />

… ja. Und genau da liegt häufig das<br />

Problem: Es kostet Eltern enorm viel<br />

Kraft, dranzubleiben, konsequent zu<br />

sein. Und sie bieten deshalb den<br />

Service auch weiterhin an, tragen<br />

aber einen unausgesprochenen Frust<br />

in sich.<br />

Was raten Sie Eltern von kleineren<br />

Kindern, die sich beispielsweise am<br />

Morgen nicht anziehen wollen, und<br />

schliesslich macht es doch die Mutter,<br />

damit das Kind nicht zu spät in den<br />

Kindergarten kommt?<br />

Wenn sich das Kind grundsätzlich<br />

selber anziehen kann, es aber einfach<br />

nicht machen will, kann man ihm<br />

zum Beispiel Folgendes sagen:<br />

«Schau, wenn du dich nicht anziehst,<br />

dann gehst du eben im Pyjama in<br />

den Kindergarten!» Vielleicht packt<br />

man die Kleider in einen Sack und<br />

gibt sie mit. Wichtig ist, vorher mit<br />

der Kindergärtnerin zu sprechen,<br />

damit sie Bescheid weiss, dass das<br />

Kind in den nächsten Tagen allenfalls<br />

am Morgen im Pyjama im Kindergarten<br />

auftaucht. Und ich versichere<br />

Ihnen, die meisten Kinder<br />

wollen nicht mehr als einmal im<br />

Pyjama vor ihren Gschpänli erscheinen!<br />

Das setzt aber eine gewisse<br />

Gelassenheit und auch Unbeirrbarkeit<br />

voraus, wenn die Nachbarn<br />

einen als Rabenmutter bezeichnen,<br />

die ihr armes Kind im Pyjama in den<br />

Kindergarten schickt ...<br />

Es geht also wieder um die klare Haltung<br />

und Linie der Eltern.<br />

Ja – ich kann Ihnen nochmals ein<br />

persönliches Beispiel schildern:<br />

Unser Sohn hatte eine Phase, in der<br />

er mit Jugendlichen aus sehr wohlhabenden<br />

Familien verkehrte. Es<br />

beeindruckte ihn, weil die von ihren<br />

Eltern viel Geld bekamen und in<br />

Rochelle Allebes<br />

und Fritz+Fränzi-<br />

Redaktorin<br />

Eveline von Arx.<br />

ihren Villen mit Swimmingpool Partys<br />

schmeissen konnten. Da hat er<br />

angefangen, uns zu hinterfragen,<br />

warum wir denn kein besseres Auto<br />

hätten, keine schöneren Möbel. Wir<br />

haben ganz klar gesagt, dass wir seine<br />

Faszination für die Welt seiner<br />

reichen Kollegen zwar verstehen<br />

würden, wir aber nicht nur weniger<br />

Geld, sondern auch andere Prioritäten<br />

im Leben hätten. Ich habe ihm<br />

dann auch erklärt, dass diese Jugendlichen<br />

oft mit viel Geld und Geschenken<br />

abgespeist würden, weil ihre<br />

Eltern wenig Zeit für sie hätten.<br />

Unsere Haltung war klar. Für Normen<br />

und Werte sind in erster Linie<br />

die Eltern zuständig, nicht die Peers.<br />

Übrigens kaufte der erwähnte Sohn<br />

ein paar Jahre später all seine Kleider<br />

in der Fundgrube der SBB; manche<br />

Probleme lösen sich also mit Gelassenheit<br />

von alleine …


Rubrik<br />

APRIL <strong>2015</strong>35


Psychologie & Gesellschaft<br />

Zurück<br />

ins Leben<br />

Wenn ein Kind an psychischen Störungen erkrankt, hilft oft nur die Behandlung<br />

in einem geschützten Rahmen. Die Clienia Littenheid ist eine Privatklinik für<br />

Psychiatrie und Psychotherapie. Sie kümmert sich um Jugendliche, die<br />

ihr seelisches Gleichgewicht verloren haben. Viola Danner war vier Monate<br />

in Littenheid. In dieser Zeit hat sie gelernt, ihre Dämonen zu zähmen. Jetzt ist die<br />

17-Jährige mit ihrer Mutter noch einmal an diesen Ort zurückgekehrt.<br />

Text: Evelin Hartmann Fotos: Daniel Auf der Mauer / 13 Photo<br />

Kein Zugang zu<br />

Gefühlen. In der<br />

Klinik hat Viola<br />

gelernt, sich selbst<br />

zu spüren.<br />

36 APRIL <strong>2015</strong>


APRIL <strong>2015</strong>37


Psychologie & Gesellschaft<br />

Violas Hände zittern,<br />

unruhig rutscht sie<br />

auf ihrem Stuhl hin<br />

und her, Haarsträhnen<br />

kleben ihr im<br />

Gesicht, das Make-up ist verschmiert.<br />

Sie ist auf Drogen, betrunken.<br />

Ihre Mutter sitzt neben ihr, das<br />

Gesicht in die Hände gestützt, den<br />

Tränen nah. «So können wir Sie<br />

nicht nehmen», sagt die Psychologin,<br />

das Aufnahmegespräch bricht<br />

sie ab.<br />

Das war am 19. Juni 2014.<br />

Ein Schock, denn: «Was ich<br />

damals hatte, war kein Leben mehr»,<br />

sagt Viola Danner*. Sie haben den<br />

Teenager dann doch noch am selben<br />

Tag in die Clienia Littenheid aufgenommen,<br />

eine Privatklinik für<br />

Psychiatrie und Psychotherapie in<br />

Littenheid TG.<br />

Idyllisch gelegen am Waldrand,<br />

schmiegen sich 22 Bauten in das Littenheider<br />

Tal und fügen sich zu<br />

einem Klinikkomplex zusammen, in<br />

dem Erwachsene, aber auch Kinder<br />

und Jugendliche im Alter von 10 bis<br />

18 Jahren mit dem gesamten Spektrum<br />

psychischer Störungen, wie<br />

Depressionen, Psychosen, selbstverletzendes<br />

Verhalten oder dem Borderline-Syndrom,<br />

behandelt und<br />

therapiert werden. Meist Fälle, bei<br />

denen jahrelange ambulante Therapien<br />

und Behandlungen keinen<br />

Erfolg hatten und wo Eltern sich aus<br />

Angst und Sorge nicht mehr zu helfen<br />

wissen.<br />

Viola ist 12, als die Welt um sie<br />

herum in Dunkelheit versinkt. Ein<br />

stilles, zurückhaltendes Mädchen,<br />

das Probleme hat, aus sich herauszugehen,<br />

andere anzusprechen, das<br />

lieber in Romane abtaucht, als sich<br />

mit Kolleginnen zu treffen.<br />

«Viola ist anders, irgendwie<br />

komisch», sagen sie. Aber anders<br />

sein geht nicht, wenn man in der<br />

Pubertät ist. Viola wird gehänselt,<br />

ausgestossen, gemobbt. Dass eine<br />

Sozialphobie die Ursache für ihr<br />

zurückhaltendes Verhalten war, ahnt<br />

damals niemand. Sie hat einfach nur<br />

gelitten, sich noch mehr eingeigelt,<br />

kaum noch gesprochen, wurde<br />

depressiv. Auch ihre Eltern kommen<br />

nicht mehr an das Mädchen heran.<br />

«Mit Viola stimmt etwas nicht»,<br />

fürchtet ihre Mutter.<br />

«Wie kannst du so was über unsere<br />

Tochter sagen!» Manfred Danner*<br />

will davon nichts hören.<br />

«Da habe ich an mir selbst<br />

gezweifelt», erinnert sich Karin<br />

«Du bist so lustig,<br />

wenn du getrunken<br />

hast. Kannst du<br />

nicht immer<br />

besoffen sein?»<br />

Danner*. Eine Psychologin rät zum<br />

Ortswechsel. Die Familie zieht um.<br />

An der neuen Schule findet Viola<br />

eine Freundin. Aber besser wird es<br />

nicht. Nur anders. «Ich habe mich so<br />

verhalten, wie es die anderen von<br />

mir erwartet haben», sagt sie. Ein<br />

Glas Wein, eine Flasche Bier.<br />

«Viola, du bist so lustig, wenn du<br />

getrunken hast. Kannst du nicht<br />

immer ein bisschen besoffen sein?»<br />

Sie macht weiter. Party. Absturz.<br />

Party. Absturz. In Endlosschleife.<br />

«Dann fing das mit dem Ritzen<br />

und Erbrechen an», erinnert sich<br />

Karin Danner. Anfangs nur ein Verdacht.<br />

Dann mehren sich die Zeichen.<br />

Irgendwann übergibt sich das<br />

Mädchen vier Mal am Tag. Mit 16 ist<br />

Viola ganz unten.<br />

«Frau Danner, kommen Sie<br />

schnell, Viola liegt am Boden und<br />

bewegt sich nicht mehr.» Die Telefonnummern<br />

von Violas Freundinnen<br />

hat Karin Danner in ihr Natel<br />

gespeichert. Es liegt jede Nacht<br />

neben ihrem Kopfkissen.<br />

Sie schläft kaum noch, sucht Halt<br />

bei ihrem Mann.<br />

«Karin, in dem Alter haben wir<br />

uns alle ausgetobt, so schlimm ist es<br />

doch nicht.» Wenige Wochen später<br />

zieht Manfred Danner aus, wegen<br />

einer anderen Frau. Mit Violas Verhalten<br />

habe das nichts zu tun.<br />

Karin Danner ist allein mit der<br />

Sorge um ihre Tochter. «Ich wusste<br />

nicht, was ich machen soll. Sie einsperren?<br />

Sie überall hin begleiten?»<br />

Sie weiss, Viola würde abhauen. «Ich<br />

habe Angst, dass ich sie irgendwann<br />

tot finde», sagt sie ihrem Hausarzt.<br />

Dieser rät zu einer stationären<br />

Behandlung in Littenheid. Angst vor<br />

einem Aufenthalt in einer psychiatrischen<br />

Klinik? «Nein, es war unser<br />

Strohhalm – wir konnten beide<br />

nicht mehr, Viola nicht und ich auch<br />

nicht», erzählt Karin Danner. Sie<br />

haben Glück. Drei Wochen nach<br />

ihrem Erstgespräch in der Klinik<br />

kann Viola die Therapie beginnen.<br />

Es ist 7.15 Uhr, Wecken in der<br />

Therapiegruppe Linde D. Violas<br />

Zimmer ist in warmen Orangetönen<br />

gehalten, Licht fällt durch das grosse<br />

Fenster, an der Wand hängen Poster.<br />

Nichts erinnert an die Bilder, die in<br />

Horrorfilmen von Psychiatrien<br />

gezeichnet werden: keine weissen<br />

Kittel, keine Zwangsjacken, keine<br />

verschlossenen Türen. Dafür helle,<br />

freundliche Räume und eine Gartenanlage<br />

mit Fischteich und Sportanlagen.<br />

Dahinter steht ein spezielles<br />

Inneneinrichtungskonzept, das<br />

den Heilungsprozess fördern und<br />

das Aggressionspotenzial der Jugendlichen<br />

senken soll.<br />

Fünf weitere Jugendliche sind in<br />

Violas Therapiegruppe untergebracht,<br />

ihr Tag ist eng getaktet:<br />

Schule, Einzel-, Gruppentherapie,<br />

Physiotherapie, Sport, gemeinsame<br />

Spiele- und Hobbyabende. Diese<br />

Integration in die Gemein- >>><br />

38 APRIL <strong>2015</strong>


Die Privatklinik Clienia Littenheid<br />

Die heutige Privatklinik Clienia Littenheid wurde 1897 als<br />

«Asyl Littenheid» gegründet und später als Psychiatrische<br />

Privatklinik Littenheid geführt. Seit ihrem Zusammenschluss<br />

mit der psychiatrischen Privatklinik Schlössli ZH<br />

und dem Bergheim ZH für psychiatrische Langzeitpflege<br />

zur ersten psychiatrischen Privatklinikgruppe der Schweiz<br />

2008 treten alle drei unter dem neuen Namen Clienia<br />

auf. Im Zentrum für Kinder- und Jugendpsychiatrie und<br />

-psychotherapie in Littenheid werden in fünf Gruppen im<br />

Akut- und Therapiebereich Kinder und Jugendliche mit Störungsbildern<br />

aus dem gesamten Spektrum der Kinder- und<br />

Jugendpsychiatrie behandelt. Die psychotherapeutische<br />

Behandlung erfolgt durch verhaltenstherapeutische, systemische<br />

und tiefenpsychologische Verfahren, eingebettet<br />

in einem milieutherapeutischen und sozialpädagogischen<br />

Rahmen. Zu den multidisziplinären Teams gehören unter<br />

anderem Ärzte, Psychologen, Sozialpädagogen und Pflegefachpersonen.<br />

Insgesamt sind im Akut- und Kinderbereich<br />

21 Plätze zu vergeben, im Therapiebereich 15 Plätze – das<br />

Angebot soll noch in diesem Jahr ausgebaut werden.<br />

Spendet Trost: Violas<br />

Hund Timmi. In den<br />

Räumen ihrer<br />

Therapiegruppe hat<br />

sich der Teenager<br />

wohlgefühlt.<br />

APRIL <strong>2015</strong>39


Psychologie & Gesellschaft<br />

>>> schaft ist Teil des Therapiekonzepts<br />

wie das Einbeziehen der<br />

Eltern in den Heilungsprozess.<br />

Die klinische Psychologin Margitta<br />

Backes kennt die Nöte von<br />

Eltern, deren Kinder unter einer<br />

emotionalen Instabilität leiden. Sie<br />

leitet die Psychotherapiestation im<br />

Zentrum für Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />

der Clienia Littenheid<br />

und weiss: ein normales Familienleben<br />

ist kaum möglich. Aus Verzweiflung<br />

schliessen Eltern Messer, Scheren,<br />

Rasierklingen weg, lassen ihre<br />

Auf einem<br />

guten Weg: Karin<br />

Danner hat Viola<br />

jede Woche<br />

in Littenheid<br />

besucht.<br />

«Was haben wir<br />

bloss falsch<br />

gemacht? Diese<br />

Frage quält viele<br />

Eltern.»<br />

Teenager nicht mehr alleine raus.<br />

«Es gibt für Eltern kaum etwas<br />

Anspruchsvolleres als ein Kind, das<br />

sich selbst verletzt oder suizidal ist»,<br />

sagt sie. Die Frage «Was haben wir<br />

falsch gemacht?» quäle viele.<br />

Neben regelmässig stattfindenden<br />

Eltern- und Familiengesprächen<br />

werden die Mütter und Väter einmal<br />

im Monat zu Gruppenabenden eingeladen,<br />

an denen über das Krankheitsbild<br />

sowie dessen Therapie<br />

informiert wird. Margitta Backes:<br />

«In einem zweiten Teil gehen wir auf<br />

ihre Fragen ein und versuchen sie<br />

dort abzuholen, wo sie stehen.»<br />

«Wir haben unserem Umfeld<br />

erzählt, dass Viola für einen Sprachaufenthalt<br />

im Ausland ist», sagt<br />

Karin Danner. Sie parkt ihr Auto auf<br />

dem Besucherparkplatz der Klinik<br />

und geht die Strasse entlang Richtung<br />

Hauptgebäude. Es ist Samstagvormittag,<br />

sie holt Viola für das<br />

Wochenende ab.<br />

«Wie geht es Ihnen?», die Psychologin<br />

streckt Karin Danner die Hand<br />

entgegen. Sie wird das Wochenende<br />

mit ihr vorbesprechen. Worauf ist zu<br />

achten, wie kann sie reagieren, wenn<br />

Viola in die altbekannten Verhaltensmuster<br />

zurückfällt? Margitta<br />

Backes: «Ein solches Gespräch führen<br />

wir mit allen Eltern.»<br />

Wenn Karin Danner ihre Tochter<br />

am Sonntagabend zurückbringt,<br />

wird es wieder ein kurzes Gespräch<br />

geben, bei Problemen noch ein längeres<br />

Telefonat am Montag.<br />

«Ich habe mich immer riesig auf<br />

Viola gefreut und war gleichzeitig<br />

sehr nervös», sagt Karin Danner. Sie<br />

wusste nie, welche Stimmung sie<br />

erwartet.<br />

Mit den Wochen wird Viola stabiler.<br />

Sie darf samstags mit dem Zug<br />

nach Luzern fahren. Aber man müsse<br />

auch mit Rückschlägen rechnen,<br />

sagen die Therapeuten.<br />

Den 1. August soll Viola bei<br />

ihrem Vater verbringen. «Manfred,<br />

du musst aufpassen», mahnt Karin<br />

Danner. Sie selbst sieht ihre Tochter<br />

erst Montag auf einem Elternabend<br />

wieder. Karin Danner: «Ich musste<br />

sie nur ansehen, um zu wissen, was<br />

passiert ist.»<br />

«Viola, wie viel?»<br />

«Eine Flasche Wein.»<br />

«Eine ganze Flasche? Du musst es<br />

dem Behandlungsteam sagen!»<br />

«Nein! Dann fliege ich raus.»<br />

Karin Danner sagt es. Weil sonst<br />

40 APRIL <strong>2015</strong>


alles umsonst gewesen wäre, weil sie<br />

will, dass Viola diese Chance wirklich<br />

nutzt. Das Mädchen ist ausser<br />

sich, wütend, schreit, weint – und<br />

zeigt zum ersten Mal Gefühle. Ein<br />

grosser Schritt.<br />

«Die Jahre davor war ich wie<br />

innerlich tot. Ich habe nie Emotionen<br />

gezeigt, weil ich einfach nichts<br />

gespürt habe», erinnert sich Viola.<br />

Das ändert sich in Littenheid. Viola<br />

lernt ihre Gefühle im Schreiben und<br />

in Rollenspielen auszudrücken. Sie<br />

mag das Leben in der Gemeinschaft,<br />

die Therapiesitzungen zeigen Erfolg.<br />

Doch sie wird wieder rückfällig. Das<br />

dritte Mal zwei Tage vor ihrer Entlassung<br />

aus der Klinik – sie muss<br />

gehen. So sind die Regeln.<br />

«Ich war so wütend, dass ich mich<br />

geweigert habe, sie abzuholen», sagt<br />

Karin Danner und schaut ihre Tochter<br />

an. «Aber die Zugfahrt nach<br />

Luzern dauert Stunden, als sie bei<br />

mir war, habe ich mich sehr gefreut.»<br />

Für Karin Danner war der Klinikaufenthalt<br />

ein Segen. Endlich<br />

habe sie gelernt, einmal loszulassen,<br />

ein Stück der Riesenverantwortung<br />

in professionelle Hände abzugeben,<br />

sagt sie. Durchatmen, schlafen.<br />

Nicht alle Jugendlichen können<br />

nach dem Klinikaufenthalt nach<br />

Hause. «Sie brauchen diese institutionellen<br />

Strukturen», erklärt Margitta<br />

Backes. Sie werden beispielsweise<br />

in therapeutische Wohngruppen<br />

vermittelt. Das sei für viele Eltern<br />

erst einmal enttäuschend, «aber die<br />

meisten akzeptieren das». Zum Wohl<br />

des Kindes.<br />

Wie es Viola heute geht? Unter<br />

der Woche trinke sie gar nicht mehr.<br />

Das Kiffen sei noch ein Problem,<br />

gibt die Schülerin zu. Aber am<br />

Wochenende sei Besoffensein okay.<br />

Findet sie. Ihre Mutter sieht das<br />

anders: «Alle Symptome sind noch<br />

da – nur in abgeschwächter Form.»<br />

Sicher habe sie Sorge, dass es wieder<br />

schlimmer werden könnte. Violas<br />

innere Zerrissenheit sei noch immer<br />

spürbar. Aber Karin Danner glaubt<br />

an ihre Tochter.<br />

Viola nickt, sie ist heute eine hübsche<br />

junge Frau, ihr Blick ist klar<br />

und selbstsicher, die Hände liegen<br />

ruhig in ihrem Schoss.<br />

* Namen der Familie<br />

von der Redaktion geändert<br />

>>><br />

Evelin Hartmann<br />

Fritz+Fränzi-Redaktorin, hat grossen Respekt<br />

vor Karin Danner, die bedingungslos für und<br />

um ihre Tochter kämpft.<br />

brandinghouse<br />

Im Dorfladen - da, wo die<br />

Musik spielt.<br />

«Einkaufen im Volg macht Spass und man nimmt<br />

sich gerne Zeit für ein Spässli.»<br />

Martin Sumi, Kunde im Volg Aeschi b. Spiez (BE)<br />

Schön ist das Leben im Berner Oberland.<br />

Und in Aeschi b. Spiez, hoch über dem Thunersee,<br />

ist es auch noch lustiger als anderswo.<br />

Hier hat Komödiant und Musiker Martin<br />

Sumi immer einen fl otten Spruch auf Lager.<br />

Das war schon in der Schule so. Sitzt<br />

heute einer seiner damaligen Lehrer im<br />

Publikum, kann er sich nicht verkneifen<br />

zu sagen: «Früher haben Sie geschimpft,<br />

wenn ich blöd dahergeredet<br />

habe. Heute verdiene ich mein Geld<br />

damit.» Mit seinem Schwyzerörgeli zur<br />

Unterstützung sorgt er für lüpfi ge<br />

Stimmung an Anlässen. «Ich will nicht<br />

gekünstelt daher kommen, meine Art<br />

ist nicht aufgesetzt. Das gefällt mir auch<br />

am Volg. Hier ist die Freundlichkeit<br />

natürlich. Für gute Laune beim Einkaufen<br />

sorgt zudem, dass lokale Produzenten<br />

berücksich tigt werden.»<br />

Volg. Im Dorf daheim.<br />

In Aeschi b. Spiez zuhause.<br />

Nur noch eine Handvoll<br />

Schweizer pfl egt die Tradition<br />

des Strohhutknüpfens. Alfred<br />

Däppen aus Krauchthal-Hub<br />

(BE) ist einer von ihnen.<br />

Mitten in Krauchthal-Hettiswil<br />

steht das Wahrzeichen<br />

des Emmentaler Dorfs: das<br />

Lindenzytli.<br />

APRIL <strong>2015</strong>41


Psychologie & Gesellschaft<br />

Wenn Kinder alles richtig<br />

machen wollen<br />

Jugendliche, die sich unter grossem elterlichem Erfolgsdruck fühlen,<br />

leiden oft unter ausgeprägtem Perfektionismus. Der Preis dafür ist<br />

hoch: Die Kinder sind nicht selten von gesundheitlichen Beschwerden<br />

und Verhaltensauffälligkeiten betroffen. Text: Lavinia E. Damian<br />

«Beim Perfektionismus<br />

geht es darum, Dinge<br />

nicht einfach perfekt,<br />

sondern unmöglich<br />

perfekt zu erledigen.»<br />

Dr. Lavinia E. Damian ist an der Babeş-<br />

Bolyai-Universität in Rumänien<br />

Assistenzprofessorin im Fachbereich<br />

Psychologie. Ihre Forschung befasst<br />

sich mit Perfektionismus bei jungen<br />

Erwachsenen und Arbeitnehmern.<br />

Alle Eltern wollen für<br />

ihre Kinder nur das<br />

Beste: Gesundheit,<br />

Glück und Erfolg im<br />

Leben. Wenn Kinder<br />

älter werden, betonen Gesellschaft,<br />

Lehrer und Eltern immer mehr, wie<br />

wichtig Erfolg in der Schule und im<br />

Beruf sei. Jugendliche, die für die<br />

Meinung anderer besonders empfänglich<br />

sind, können dies als enormen<br />

Druck empfinden, der zu Perfektionismus<br />

führen kann.<br />

Aus der wissenschaftlichen Literatur<br />

geht jedoch hervor, dass Perfektionisten<br />

weniger gesund und<br />

weniger glücklich sind und weniger<br />

Erfolg haben oder, falls sie doch<br />

erfolgreich sind, sich nie zufriedengeben.<br />

Beim Perfektionismus geht es<br />

darum, Dinge nicht nur so perfekt<br />

Perfektionisten sind weniger<br />

gesund, weniger glücklich<br />

und weniger erfolgreich.<br />

wie möglich, sondern eben unmöglich<br />

perfekt zu erledigen. Perfektionismus<br />

ist ein Persönlichkeitsmerkmal,<br />

das ausserordentlich hohe<br />

Standards beinhaltet und zu überzogener<br />

Selbstkritik führt, wenn diese<br />

nicht erfüllt werden. Doch wer kann<br />

diese überhaupt erfüllen, wenn sie<br />

doch so unmöglich hoch sind?<br />

Das sind doch die braven Kinder!<br />

Perfektionismus hat viele Facetten.<br />

Am häufigsten untersucht wurden<br />

bei Kindern und Jugendlichen der<br />

selbstorientierte Perfektionismus<br />

und der gesellschaftlich vorgeschriebene<br />

Perfektionismus. Bei Ersterem<br />

legen die Kinder für sich selbst<br />

unmöglich hohe Standards fest, bei<br />

Zweiterem glauben sie, dass andere<br />

von ihnen Perfektionismus erwarten<br />

und sie von anderen nicht akzeptiert<br />

werden, wenn sie scheitern.<br />

Doch ist es wirklich schlecht für<br />

Kinder, wenn sie in der Schule fleissig<br />

sein und exzellente Ergebnisse<br />

erzielen wollen? Schliesslich sind<br />

dies genau die braven Kinder, nicht?<br />

Was sagt die Wissenschaft dazu?<br />

Positiv betrachtet bewirkt selbst-<br />

42 APRIL <strong>2015</strong>


orientierter Perfektionismus tatsächlich<br />

eine stärkere Motivation,<br />

grösseres Engagement, bessere Leistung<br />

und ausgeprägtere positive<br />

Emotionen, wenn man Erfolg hat.<br />

Negativ betrachtet ist der Preis des<br />

Perfektionismus, besonders wenn er<br />

von der Gesellschaft vorgeschrieben<br />

wird, sehr hoch: mehr physische<br />

Beschwerden wie Kopf- und Bauchschmerzen,<br />

Müdigkeit, mehr Angst<br />

und mehr depressive Symptome, die<br />

bis zu Suizidgedanken führen können.<br />

Das alles, weil man möglichst<br />

der beste Schüler sein will, auch<br />

wenn dies unmöglich ist.<br />

Es ist daher überaus wichtig, Kinder<br />

vor diesem ungesunden Verhaltensmuster<br />

zu schützen und ihnen<br />

dabei zu helfen, eine gesunde Motivation<br />

für die Schule zu entwickeln.<br />

Dazu müssen wir wissen, was Kinder<br />

veranlasst, Perfektionisten zu<br />

werden.<br />

Obwohl die Theorie seit Langem<br />

darauf hinweist, dass dabei die<br />

Eltern eine Schlüsselrolle spielen,<br />

wurde bisher wenig erforscht, was<br />

bei Kindern und Jugendlichen zu<br />

Perfektionismus führt. Daher zielte<br />

unser von der Jacobs Foundation<br />

unterstütztes Projekt darauf ab, die<br />

Ursachen und Ergebnisse von Perfektionismus<br />

bei Heranwachsenden<br />

zu untersuchen. Bei den Ursachen<br />

haben wir erforscht, welche Rolle<br />

elterlicher Druck bei der Entwicklung<br />

von Perfektionismus bei 15- bis<br />

19-Jährigen spielt.<br />

Hohe Erwartungen von allen Seiten<br />

Unsere Ergebnisse haben gezeigt,<br />

dass der von Jugendlichen verspürte<br />

elterliche Druck über einen Zeitraum<br />

von sieben bis neun Monaten<br />

zu verstärktem gesellschaftlich vorgeschriebenem<br />

Perfektionismus<br />

(nicht aber zu selbstorientiertem<br />

Perfektionismus) führt.<br />

Jugendliche, die das Gefühl hatten,<br />

dass ihre Eltern extrem hohe Erwartungen<br />

in sie setzen und sie kritisieren,<br />

wenn sie diese Standards nicht<br />

erfüllen, verspürten also verstärkt<br />

gesellschaftlich vorgeschriebenen<br />

Perfektionismus. Sie schienen die<br />

hohen Erwartungen ihrer Eltern auf<br />

die Erwartungen anderer (etwa Lehrer,<br />

Klassenkameraden, Freunde und<br />

möglicherweise Liebespartner) zu<br />

projizieren.<br />

Langfristige Auswirkungen<br />

Und damit nicht genug: Sie schienen<br />

auch die Denkweise zu entwickeln,<br />

dass andere sie nur akzeptierten,<br />

wenn sie perfekt sind. Sie dachten<br />

wohl: «Wenn meine Eltern von mir<br />

erwarten, dass ich perfekt bin, dann<br />

funktionieren Beziehungen generell<br />

so. Jeder erwartet von mir, dass ich<br />

perfekt bin, und ich werde nur<br />

geliebt, wenn ich perfekt bin.» Ausserdem<br />

scheinen sich die hohen<br />

Erwartungen der Eltern nicht in den<br />

eigenen hohen Leistungsstandards<br />

der Jugendlichen niederzuschlagen.<br />

Durch den elterlichen Druck<br />

wird also die positive Seite des Perfektionismus<br />

nicht positiver, sondern<br />

die negative Seite nur noch<br />

negativer. Unsere Erkenntnisse lassen<br />

auch den Schluss zu, dass dieser<br />

Einfluss der Eltern auf die Entwicklung<br />

der Persönlichkeit langfristig<br />

bis in die späte Jugend nachwirkt.<br />

Auf der Basis dieser Erkenntnisse<br />

setzen wir unsere Arbeit fort, indem<br />

wir zu mehreren Zeitpunkten das<br />

Wechselspiel zwischen dem Perfektionismus<br />

von Jugendlichen und<br />

anderen Faktoren wie akademische<br />

Leistung, Selbstvertrauen, Ziele und<br />

schulisches Engagement analysieren.<br />

Zudem wollen wir herausfinden,<br />

wie sich diese Faktoren im Verlauf<br />

der Zeit gegenseitig beeinflussen,<br />

damit wir besser verstehen, wie Per-<br />

Man muss Kindern helfen,<br />

eine gesunde Motivation für<br />

die Schule zu entwickeln.<br />

fektionismus in Abhängigkeit der<br />

vielschichtigen Realität funktioniert<br />

und sich weiterentwickelt. Wir konzipieren<br />

auch neue Projekte, in<br />

denen wir diese Erkenntnisse auf<br />

andere elterliche Verhaltensweisen,<br />

aber auch auf andere Facetten von<br />

Perfektionismus übertragen, die bei<br />

Heranwachsenden bisher noch nicht<br />

untersucht wurden.<br />

Unser langfristiges praktisches<br />

Ziel ist es, Eltern Verhaltensweisen<br />

zu vermitteln, die auf den akademischen<br />

und beruflichen Erfolg ihrer<br />

Kinder ausgerichtet sind. Wir wollen<br />

die Frage beantworten: Wie können<br />

Eltern ihre Kinder dabei unterstützen,<br />

erfolgreich zu sein, aber<br />

nicht um den Preis, dass die Kinder<br />

ungesund und unglücklich sind?<br />

Nach heutigem Stand lautet<br />

unsere Antwort: Eltern sollen ihren<br />

Kindern sagen, dass sie nicht perfekt<br />

sein müssen und dass sie geliebt,<br />

angenommen und unterstützt werden,<br />

auch wenn ihre Leistungsergebnisse<br />

nicht die besten sind.<br />

Jacobs Foundation<br />

Als eine der weltweit führenden<br />

gemeinnützigen Stiftungen verpflichtet<br />

sich die Jacobs Foundation seit<br />

25 Jahren der Forschungsförderung<br />

im Bereich der Kinder- und Jugendentwicklung.<br />

Die Stiftung möchte künftige<br />

Generationen durch die Verbesserung<br />

ihrer Entwicklungsmöglichkeiten nachhaltig<br />

unterstützen.<br />

APRIL <strong>2015</strong>43


Neues Lernen<br />

Warum Ablenkung und Faulheit dabei helfen<br />

Benedict Carey, Wissenschaftsjournalist der New York Times,<br />

nimmt in seinem aktuellen Buch neue Erkenntnisse über das Lernen unter<br />

die Lupe – mit zum Teil überraschenden Erkenntnissen. Ein Auszug.<br />

44 APRIL <strong>2015</strong>


Abgedruckt<br />

Illustration: Partner&Partner<br />

In den letzten Jahrzehnten<br />

haben Forscher eine Vielzahl<br />

von Techniken, die ein tieferes<br />

Lernen fördern, entwickelt<br />

und praktisch erprobt.<br />

Doch diese Techniken sind ausserhalb<br />

der Wissenschaftsgemeinde<br />

weitgehend unbekannt. Sie sollen<br />

keine Intelligenzsteigerung bewirken<br />

und kommen ohne Software,<br />

technische Spielereien oder pharmazeutische<br />

Wirkstoffe aus. Und<br />

sie basieren auch nicht auf einer<br />

pädagogischen Supertheorie, die<br />

das Leistungsniveau ganzer Schulklassen<br />

heben soll (was noch niemandem<br />

verlässlich gelungen ist).<br />

Im Gegenteil, es handelt sich um<br />

geringfügige Modifikationen unserer<br />

Lern- und Übungsroutinen, die<br />

wir sofort persönlich in unserem<br />

Leben anwenden können. Am<br />

schwierigsten dürfte es dabei sein,<br />

darauf zu vertrauen, dass sie tatsächlich<br />

funktionieren. Dazu muss<br />

man seine Zweifel bewusst ausschalten,<br />

denn diese Forschungsergebnisse<br />

widersprechen allem,<br />

was man uns bislang über optimale<br />

Lernstrategien erzählt hat.<br />

Hier drei Beispiele in<br />

Frage-Antwort-Form:<br />

Frage: Wie wichtig sind beim<br />

Lernen Routinen? Ist es<br />

beispielsweise ratsam, sich<br />

einen festen Lernort zuzulegen?<br />

Antwort: Keineswegs. Die meisten<br />

Menschen erbringen im Zeitablauf<br />

bessere Leistungen, wenn sie ihre<br />

Lern- oder Übungsorte wechseln.<br />

Je grösser die Anzahl der Umgebungen,<br />

in denen wir Lernstoff<br />

wiederholen, umso fester und<br />

klarer wird dieser im Gedächtnis<br />

verankert – und desto schwächer<br />

ist seine Verknüpfung mit einer<br />

bestimmten «Behaglichkeitszone».<br />

Das heisst, Wissen wird immer<br />

unabhängiger von der äusseren<br />

Lernumgebung, je häufiger man<br />

diese wechselt – etwa wenn man<br />

seinen Laptop mit auf die Veranda<br />

nimmt, ins Café oder ins Flugzeug. Schliesslich geht es<br />

darum, in der Lage zu sein, unter beliebigen Umständen<br />

gute Leistungen zu erbringen. Das Wechseln des<br />

Lernorts ist allerdings nicht die einzige Methode, um<br />

sich den sogenannten Kontexteffekt beim Lernen<br />

zunutze zu machen. Es hilft auch, zu verschiedenen<br />

Tageszeiten zu lernen beziehungsweise sich den Stoff<br />

in unterschiedlicher Weise anzueignen: durch Lesen<br />

oder Diskutieren, durch Eingeben in einen Computer<br />

oder Schreiben von Hand, durch lautes Aufsagen vor<br />

einem Spiegel oder inneres Wiederholen, während<br />

man Musik hört: Es handelt sich jedes Mal um ein<br />

anderes Lernumfeld, in dem man den Stoff in einer<br />

anderen Weise abspeichert.<br />

Frage: Wie hilfreich ist es, Unterrichts- oder<br />

Vorlesungsnotizen zu wiederholen?<br />

Antwort: Die Antwort hängt davon ab, wie die<br />

Wiederholung durchgeführt wird. Wortwörtliches<br />

Abschreiben vertieft die Verankerung des Gelernten<br />

im Gedächtnis kaum, und das Gleiche gilt für das<br />

flüchtige Durchlesen von farbig markiertem Text oder<br />

Formeln. Beide Übungen sind ziemlich passiv und<br />

können das erzeugen, was Lernforscher «Flüssigkeitsillusion»<br />

nennen: den Eindruck, dass etwas, weil es im<br />

Moment selbstverständlich beziehungsweise leicht<br />

abrufbar ist, auch in einem Tag oder einer Woche<br />

noch so sein wird. Aber das ist nicht unbedingt der<br />

Fall. Nur weil Sie etwas markiert oder abgeschrieben<br />

haben – digital oder auf Papier –, bedeutet dies noch<br />

nicht, dass sich Ihr Gehirn den Stoff in vertiefter<br />

Weise angeeignet hat. Wenn man markierte Notizen<br />

zuerst lernt und dann versucht, sie – ohne nachzusehen<br />

– erneut niederzuschreiben, wird der Stoff viel<br />

stärker im Gedächtnis verankert. Dies hat ausserdem<br />

noch einen weiteren Vorteil: Es zeigt Ihnen sofort, was<br />

Sie nicht wissen und was Sie sich daher noch einmal<br />

vornehmen und wiederholen sollten.<br />

Frage: Es gibt die grosse Befürchtung, dass soziale Medien,<br />

Smartphones und alle Arten elektronischer Geräte das<br />

Lernen beeinträchtigen – und sogar unsere Art zu denken<br />

beeinflussen. Ist diese Sorge begründet? Ist Ablenkung<br />

immer negativ?<br />

lems voranzukommen, wenn man<br />

feststeckt. Die Ablenkung von<br />

einer anstehenden Aufgabe ermöglicht<br />

es, sich von Fehlannahmen zu<br />

lösen, Hinweise in einer neuen<br />

Weise zu analysieren und so das<br />

Problem gänzlich neu anzugehen.<br />

Wenn Sie das Problem unbedingt<br />

lösen wollen – ob es sich um einen<br />

Beweis, ein Integral oder einen<br />

Textabsatz handelt, den Sie einfach<br />

nicht richtig hinbekommen –,<br />

arbeitet Ihr Gehirn während der<br />

Unterbrechung offline, unbewusst,<br />

weiterhin an dem Problem, ohne<br />

die (fixierte, unproduktive) Anleitung,<br />

die Sie ihm gegeben haben.<br />

Benedict Carey:<br />

Neues Lernen.<br />

Warum Faulheit<br />

und Ablenkung<br />

dabei helfen.<br />

Rowohlt Verlag, <strong>2015</strong>.<br />

352 Seiten, Fr. 29.90<br />

oder als E-Book für<br />

Fr. 18.–.<br />

Benedict Carey<br />

Antwort: Nein. Ablenkung ist eine Gefahr, wenn man<br />

sich kontinuierlich fokussieren muss, etwa beim<br />

Hören einer Vorlesung. Doch eine kurze Unterbrechung<br />

der Lernphase – fünf, zehn, zwanzig Minuten,<br />

um nachzusehen, was sich auf Facebook tut, ein paar<br />

E-Mails zu beantworten oder Sportergebnisse in<br />

Erfahrung zu bringen – ist die effektivste Technik, die<br />

Lernforscher kennen, um bei der Lösung eines Probhat<br />

Mathematik und Journalismus studiert<br />

und schreibt für die New York Times über<br />

Gesundheits- und Wissenschaftsthemen.<br />

APRIL <strong>2015</strong>45


Erziehung & Schule<br />

Wie Eltern<br />

die Kreativität<br />

ihrer Kinder<br />

fördern können<br />

In jedem Kind steckt die Freude am Entdecken,<br />

Ausprobieren und Erforschen. Im Schulalltag bleibt<br />

für die Förderung der künstlerischen Kreativität<br />

meist wenig Spielraum. Hier sind die Eltern deshalb<br />

besonders gefragt. Text: Susanne Kurz<br />

Unter Kreativität versteht man die Fähigkeit,<br />

zu gestalten, Neues zu erschaffen<br />

und produktiv zu denken. Kreative<br />

Menschen verfügen über ein aktives<br />

Wahrnehmungsvermögen und gutes<br />

Sozialverhalten. Weil sie Probleme in erster Linie als<br />

Herausforderung annehmen, gehören sie meist zu den<br />

Problemlösern: Sie sind aktiv, originell und haben den<br />

Mut, von Trampelpfaden abzuweichen.<br />

Kreativität hilft der gesunden geistigen Entwicklung<br />

und beim Aufbau eines starken Selbstwertgefühls.<br />

Künstlerische Gestaltungsmöglichkeiten und<br />

Ausdrucksformen sind auch wichtig bei der Verarbeitung<br />

von Schwierigkeiten und Problemen und ebenso<br />

bei der Identitätsfindung. Die Freude am «Machen»<br />

fördert überdies die Lust an der Kommunikation: Das<br />

Kind erklärt sein Bild, es spricht über ein Lied, das es<br />

gelernt hat, oder über das Musikstück, das es gerade<br />

übt. Unmerklich werden immer auch das Gestaltungsund<br />

Vorstellungsvermögen geschult und das räumliche<br />

Denken trainiert. Und nicht zuletzt wollen kreative<br />

Kinder verstehen, analysieren, hinterfragen. Das<br />

sind wichtige Fähigkeiten fürs Leben, die später auch<br />

in sehr vielen Berufen gefragt sind.<br />

Wenn man Kinder in ihrer Kreativität aber nicht<br />

angemessen unterstützt, können sie mit der Zeit das<br />

Vertrauen in die eigenen künstlerischen Fertigkeiten<br />

verlieren. Deshalb ist es wichtig, dass Sie als Eltern die<br />

kreative Entwicklung Ihres Kindes fördern, indem Sie<br />

an seine Fähigkeiten glauben und es zum Kreativsein<br />

ermutigen. Beobachten Sie Ihr Kind. Wie ist sein<br />

Spielverhalten, wie entwickelt es seine Fantasie? Singt,<br />

46 APRIL <strong>2015</strong>


malt, liest oder tanzt es gerne, oder kann es sich<br />

besonders gut mit Worten ausdrücken? Wenn Sie festgestellt<br />

haben, was Ihr Kind besonders interessiert,<br />

können Sie es auf mancherlei Weise unterstützen.<br />

Vielleicht können Sie das notwendige Material oder<br />

eine spezielle Ausrüstung beschaffen beziehungsweise<br />

leihen – dann etwa, wenn es um ein Musikinstrument,<br />

einen Malkoffer oder Bastelmaterial geht. Zeichnet<br />

sich ab, dass sich das Kind wirklich in eine bestimmte<br />

Tätigkeit vertiefen möchte, suchen Sie entsprechende<br />

Schulungsmöglichkeiten. Der Aufwand kann je nach<br />

Tätigkeit ins Geld gehen – zögern Sie nicht, Beratung<br />

und allenfalls finanzielle Hilfe zu suchen.<br />

Das Kind entscheiden lassen<br />

Überlassen Sie den Entscheid, welche kreative Richtung<br />

eingeschlagen werden soll, Ihrem Kind. Stehen<br />

Sie dann Ihrem Kind unterstützend zur Seite, indem<br />

Sie es beraten und Auskünfte einholen, um sein Interesse<br />

zu verwirklichen. Möchte das Kind nach kurzer<br />

Anlaufzeit schon wieder aufhören, sollten Sie nicht<br />

gleich zustimmen. Ihr Kind soll die Möglichkeit<br />

haben, die eigenen Fähigkeiten zu erproben, Lernerfahrungen<br />

zu machen, Freude und Stolz über Erreichtes<br />

und Erarbeitetes zu spüren – all das ist nicht möglich,<br />

wenn es gleich wieder aufgibt. Zeigt sich jedoch<br />

nach einiger Zeit, dass beispielsweise das falsche<br />

Musikinstrument gewählt worden ist oder dass der<br />

Töpferkurs eben doch nicht das Richtige war, sollten<br />

Sie dem Kind helfen, ein Tätigkeitsfeld zu finden, das<br />

ihm mehr entspricht.<br />

Durch Ihr eigenes Engagement können Sie die<br />

Motivation und das Interesse des Kindes an künstlerischen<br />

Tätigkeiten weiter fördern. Gehen Sie mit ihm<br />

hinaus in die Natur, sammeln Sie im Wald oder am<br />

Flussufer Material, aus dem man etwas basteln kann.<br />

Zeigen Sie dem Kind, wie man Papier falten oder wie<br />

man mit Handpuppen Theaterstücke aufführen kann,<br />

wie man im Wechselspiel eine Fortsetzungsgeschichte<br />

entwickelt, wie man beim Fotografieren das Auge auf<br />

ein besonderes Detail lenkt oder wie man sich im<br />

Tanz bewegt. Besuchen Sie mit dem Kind Museen,<br />

zeigen und erklären Sie ihm Bilder, die Ihnen besonders<br />

lieb oder vertraut sind – es gibt so viele Zugänge<br />

zu kreativem Tun und Erleben.<br />

Was dabei nicht zu vergessen ist: Wenn Sie mit<br />

Ihrem Kind Eindrücke sammeln, sprechen Sie mit<br />

ihm darüber, tauschen Sie sich aus, und stärken Sie<br />

damit immer auch die Beziehung zu Ihrem Kind.<br />

Ermutigen und loben<br />

Zeigen Sie aufrichtig Interesse an der künstlerischen<br />

Aktivität Ihres Kindes. Nehmen Sie sich Zeit und<br />

schenken Sie Ihrem Kind Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit,<br />

wenn es Ihnen ein Bild oder eine Zeichnung<br />

zeigen, ein eben eingeübtes Musikstück vorspielen<br />

oder ein Gedicht aufsagen möchte. Gehen Sie, wenn<br />

möglich, immer an Schulauftritte, Wettbewerbe oder<br />

Konzerte Ihres Kindes. Loben Sie es für seine Bemühungen<br />

und verzichten Sie darauf, zu tadeln oder zu<br />

kritisieren, auch wenn einmal ein Ton danebenging<br />

oder das Bild nicht unbedingt Ihren Vorstellungen<br />

von schöner Kunst entspricht. Wenn das Kind Sie<br />

nicht spezifisch danach fragt, überlassen Sie Verbesserungsvorschläge<br />

dem zuständigen Lehrer.<br />

Ermutigen Sie ihr Kind, im Familienkreis etwas zu<br />

zeigen oder vorzuführen – aber zwingen Sie es nicht,<br />

wenn es Hemmungen hat. Schenkt Ihnen das Kind<br />

ein Bild oder hat es mit noch ungelenken Händen aus<br />

Ton eine Plastik geformt, lassen Sie das Werk nicht<br />

verschwinden, sondern stellen Sie es aus. Kunstwerke,<br />

auf die Ihr Kind sehr stolz ist, können Sie auch an<br />

einem besonderen Ort aufstellen oder einrahmen.<br />

Bei der Entwicklung der Kreativität geht es nicht<br />

um Perfektionismus oder ambitiöse Zielsetzungen:<br />

Das Kind darf selbständig schöpferisch sein. Es geht<br />

um die Freude am Entdecken, Erfinden, Gestalten.<br />

Deshalb braucht es für die Förderung der kindlichen<br />

Kreativität Eltern, die unterstützen und ermutigen.<br />

«Loben Sie. Auch wenn das<br />

Bild nicht ihrer Vorstellung<br />

von Kunst entspricht.»<br />

Susanne Kurz, Master of Science (MSc), ist Psychologin am<br />

Institut für Familienforschung und -beratung der Universität<br />

Freiburg und arbeitet dort in der Fachstelle Triple P.<br />

APRIL <strong>2015</strong>47


Erziehung & Schule<br />

Die Freude an der Schrift<br />

zurückerobern<br />

Zeigen Kinder beim Sprechen, Lesen und Schreiben Schwierigkeiten, ist eine<br />

gründliche Abklärung angesagt, um die richtige Therapie zu finden. In unserem Fall<br />

bringt die Logopädie Schulerfolg in Claudias Leben. Text: Jürgen Steiner<br />

Auf Claudia waren die Eltern immer stolz.<br />

Das Mädchen hatte schnell laufen gelernt<br />

und es spielte gerne mit anderen Kindern<br />

zusammen, konnte sich aber auch gut<br />

allein beschäftigen. Heute geht Claudia in<br />

die zweite Klasse. Sie freut sich jeden Morgen auf die<br />

Schule, Klassenkameraden und Lehrer.<br />

Nur die Deutschstunden mag sie gar nicht. Schreiben<br />

und Lesen wollen irgendwie nicht so recht gelingen.<br />

Foto: Your Photo Today<br />

Und einzelne Förderstunden haben nichts gebracht. Der<br />

Grund: Bei Claudia wurden, als sie viereinhalb Jahre alt<br />

war, im Kindergarten Sprachschwierigkeiten festgestellt.<br />

Ihre Sprache war unverständlich, weil sie die Worte<br />

nicht richtig aussprechen konnte und auch Probleme<br />

hatte, richtige Sätze zu bilden. Mit Unterstützung einer<br />

Logopädin wurde ihre Sprache besser. Die Fachfrau<br />

nahm sich Zeit, Claudias Eltern ausführlich zu beraten.<br />

Die Therapie dauerte etwas länger als ein Jahr.<br />

Wenn sich Probleme in neuem Kleid zeigen<br />

Bei Schuleintritt schien Claudia auf einem normalen<br />

Stand zu sein. Die Deutschlehrerin gab sich viel Mühe,<br />

merkte aber bald, dass dem Mädchen Lesen und Schreiben<br />

schwerfielen. Die Lehrerin wusste aus Erfahrung:<br />

Einige Kinder brauchen eben länger, und mit Geduld<br />

und etwas Nachhilfe geht es. Bei Claudia ging es aber<br />

nicht weiter.<br />

Die Deutschlehrerin sucht das Gespräch mit den<br />

Eltern und ebenfalls mit der Logopädin, die das Schulhaus<br />

betreut. Diese schlägt eine Abklärung vor, da grössere<br />

Sprachschwierigkeiten sich manchmal als Lese-<br />

Rechtschreib-Probleme fortsetzen: Was in jungen<br />

Jahren zu den Schwierigkeiten in der Aussprache<br />

geführt hat, erschwert es den Kindern später, die Buchstaben<br />

richtig zu ordnen. Die Logopädin bestätigt nun<br />

in ihrer Diagnose bei Claudia eine Lese- und Schreibschwäche.<br />

Auch die Schulische Heilpädagogin wird hinzugezogen.<br />

Sie überprüft Claudias allgemeines Lernen, Lesen<br />

und Schreiben, ihre Konzentrationsfähigkeit und ihren<br />

Umgang mit den Anforderungen. Ausserdem klärt die<br />

Psychomotoriktherapeutin das Kind ab, denn auch<br />

Schwierigkeiten in der Feinmotorik können eine Rolle<br />

spielen. So ist es gut, wenn in einer Schule alle Fachkräfte<br />

zusammenarbeiten, jeder weiss, wo seine Kompetenzen<br />

liegen, wo diese in den Dienst der Kinder zu stellen.<br />

Auch der Schulpsychologe wird einbezogen, denn er<br />

initiiert die pädagogisch-therapeutischen Massnahmen<br />

wie Logopädie und Psychomotoriktherapie.<br />

48 APRIL <strong>2015</strong>


Urlaub auf Familisch<br />

Mit der Nr. 1 für Familienferien<br />

Alle ziehen nun an einem Strang. Auch Claudia. Die<br />

Logopädin stellt nach einigen Therapiesitzungen fest,<br />

dass auch der Wortschatz nicht altersgerecht ist und<br />

Claudia sich beim Erklären von Dingen schwertut. «Das<br />

sind pragmatische Unsicherheiten, die neben den<br />

Schriftsprachproblemen bestehen», erklärt sie den<br />

Eltern. In ihre Akte schreibt die Logopädin die Diagnose<br />

«Spezifische Sprachentwicklungsstörung». Damit ist<br />

gemeint, dass Sprachprobleme hartnäckig sein können,<br />

obwohl keine Lernbehinderung vorliegt.<br />

Freude lebt wieder auf<br />

Die Logopädie hilft jedoch nicht nur beim Sprechen,<br />

Lesen und Schreiben. Sie fördert die sprachliche Kommunikationsfähigkeit<br />

und stärkt dadurch das Selbstvertrauen<br />

und die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder<br />

und Jugendlichen. Die Psychomotoriktherapeutin<br />

berichtet im Team, dass Claudia von der Motorik her<br />

altersgerecht und in der sozio-emotionalen Entwicklung<br />

unauffällig sei, bei ihr also keine Therapie nötig sei.<br />

In anderen Fällen braucht es die Psychomotoriktherapie<br />

aber sehr wohl. Kinder können sich hier frei bewegen,<br />

sich und ihre Kräfte erproben und Entwicklungsschritte<br />

nachholen. Das Selbstvertrauen kann wesentlich<br />

verbessert werden, ein drohender Rückzug oder bleibende<br />

Angst kann abgewendet werden. Dabei setzt die<br />

Psychomotoriktherapie auf Spiel und Bewegung als<br />

zentrale Medien der Erfahrung. Auch in der Psychomotoriktherapie<br />

ist wie in der Logopädie die enge Zusammenarbeit<br />

mit dem Umfeld des Kindes, den Eltern und<br />

den schulischen Fachkräften wichtig.<br />

Claudia geht inzwischen gerne in den Deutschunterricht.<br />

Und nach einem halben Jahr ziehen alle eine positive<br />

Bilanz: Die Schülerin hat grosse Lernfortschritte<br />

gemacht. Sie macht ihre Schreibübungen, kann Anfangsbuchstaben<br />

sortieren, Silben zählen und Regeln finden.<br />

Zu Ende ist die Logopädie aber noch nicht. Es braucht<br />

schon etwas Geduld und klare Zwischenziele. Die<br />

Eltern, die Logopädin und die Lehrperson vereinbaren,<br />

dass die Logopädin mit der Lehrperson weiterhin eng<br />

zusammenarbeitet und sie sich regelmässig über Claudias<br />

weitere Entwicklung austauschen. Die Eltern bleiben<br />

in diesen Prozess einbezogen.<br />

Spa- & Familien-Resort Krone<br />

Familotel Allgäuer Alpen<br />

• Pony-Haflingerhof, eigene Reitschule<br />

• Bade- & Saunalandschaft, Wellness, Spa<br />

• 40 Std. Baby-/60 Std. Kinderbetreuung/Wo.<br />

• Ganzjährig Angebote für Alleinreisende m. Kind<br />

Inkl. HP + Kids AI ab € 1.554 (CHF 1’645)*<br />

Tel.: +49 8324 982 010<br />

www.familotel-krone.de<br />

Landhaus zur Ohe<br />

Familotel Bayerischer Wald<br />

• Natur-PUR-Lage mit riesigem Abenteuerresort<br />

• Western-Reitstall mit Reithalle<br />

• 100 Std./Wo. Baby- und Kinderbetreuung<br />

• Hallenbad, Saunen, Beauty, Eltern-Romantik<br />

Inkl. AI alkoholfrei ab € 1.475 (CHF 1’393)*<br />

Tel.: +49 8554 960 70<br />

www.landhaus-zur-ohe.de<br />

Alphotel<br />

Familotel Kleinwalsertal<br />

• 52 moderne Familienzimmer und Suiten<br />

• Panoramarestaurant und moderne Tagesbar<br />

• 200 qm Saunabereich, u. a. mit Thermium<br />

• 40 Std. Baby- & 70 Std. Kinderbetreuung<br />

Inkl. AI alkoholfrei ab ¤ 1.484 (CHF 1’572)*<br />

Tel.: +43 5517 5449<br />

www.alphotel.at<br />

Landgut Furtherwirt<br />

Familotel Kitzbüheler Alpen<br />

• All-Inclusive Premium und kein Cent extra<br />

• 70 Std. Kinder-, 35 Std. Babybetreuung/Wo.<br />

• Bio-Bauernhof, Reitstall und Reitunterricht<br />

• Hallenbad, 3 Saunen, Massage, Kosmetik<br />

Inkl. All-In. Premium ab € 1.530 (CHF 1’620)*<br />

Tel.: +43 5352 631 500<br />

www.furtherwirt.at<br />

* Preis pro Woche für 2 Erwachsene und 1 Kind unter 16 Jahren im Familienappartement (2-Raum).<br />

CHF = Richtwert. Die Abrechnung erfolgt in Euro zum Tageskurs.<br />

Jetzt Katalog<br />

gratis anfordern!<br />

Jürgen Steiner<br />

Schöne-Ferien-Beratung<br />

+49 8075 91490<br />

www.familotel.com/518<br />

Prof. Dr. habil., leitet den Studiengang<br />

Logopädie an der Interkantonalen<br />

Hochschule für Heilpädagogik Zürich.<br />

APRIL <strong>2015</strong><br />

Familotel AG I Wasserburger Straße 5 I D-83123 Amerang I Tel. +49 8075 9149-0


Aufgeklärt<br />

HILFE!<br />

Verliebt in<br />

den Lehrer …<br />

Schmetterlinge im Bauch verspüren<br />

Jugendliche nicht nur dann, wenn sie für<br />

Gleichaltrige schwärmen. Manche verlieben<br />

sich in den Lehrer oder eine andere<br />

erwachsene Person … Text: Eveline von Arx<br />

Eveline von Arx<br />

Dr. phil. Pädagogin<br />

Foto: Geri Born, Illustration: Adão Iturrusgarai<br />

Eine Bekannte erzählte mir neulich,<br />

wie sie sich damals in ihrer Ausbildung<br />

in einen Vorgesetzten verliebte.<br />

Und im Nachhinein beurteilt<br />

sie diese Liebe sogar als die<br />

schönste ihres Lebens – weil sie unerwidert<br />

und unerfüllt blieb.<br />

Wenn wir für jemanden schwärmen, uns<br />

verlieben, spielen unsere Fantasie und unsere<br />

Projektionen eine wesentliche Rolle: Wir<br />

sehen im anderen etwas, das viel mit uns selber<br />

zu tun hat, weil wir eigene Sehnsüchte und<br />

Bedürfnisse projizieren und uns erhoffen,<br />

vom Objekt unserer Liebe – quasi wie im Märchen<br />

– wachgeküsst zu werden. Die andere<br />

Person kann aus uns den Menschen machen,<br />

der wir wirklich sind und sein wollen ...<br />

Solche Projektionen haben für Jugendliche,<br />

die zum Beispiel für einen Lehrer oder einen<br />

Star schwärmen, eine besondere Bedeutung.<br />

Denn sie malen sich aus, wie es wäre, dieser<br />

Person ganz nahe zu sein, körperlich und seelisch,<br />

und mit ihr eine Liebesbeziehung zu<br />

führen.<br />

Dies kann als Vorbereitung in der Fantasie<br />

auf eine reale Liebesbeziehung betrachtet werden,<br />

die sich früher oder später im Leben eines<br />

jungen Menschen ergeben wird. Indem – insbesondere<br />

auch sehr junge – Jugendliche für<br />

eine unerreichbare Person schwärmen, setzen<br />

sie sich in ihrer Vorstellung mit ihren Beziehungswünschen<br />

und -erwartungen auseinander.<br />

Es sind quasi Trockenübungen für eine<br />

spätere Beziehung mit einem Gleichaltrigen.<br />

Solange sich Jugendliche dabei nicht völlig in<br />

ihre Gefühls- und Fantasiewelt hineinsteigern<br />

oder die Realität um sich herum ausblenden,<br />

spricht auch gar nichts gegen dieses fantastische<br />

Verliebtsein.<br />

Und wahrscheinlich hat dieses jugendliche<br />

Schwärmen auch etwas Zeitloses: Als Dr. Martin<br />

Goldstein 1969 unter dem Pseudonym<br />

Dr. Jochen Sommer in der Jugendzeitschrift<br />

Die Fantasie bereitet eine<br />

reale Liebesbeziehung vor.<br />

«Bravo» Teenagerfragen zu beantworten<br />

begann, war auf seiner ersten Beratungsseite<br />

im Magazin eine Frage eines 13-jährigen<br />

Mädchens zu lesen, das sich in den Busfahrer<br />

verliebt hatte. Dieser pausierte jeweils kurz an<br />

der Endhaltestelle, wo das Mädchen einsteigen<br />

musste. Dr. Jochen Sommer antwortete<br />

dem Mädchen mit viel Verständnis – auch für<br />

ihre möglichen Projektionen: «Was dich<br />

bewegt, erleben die meisten in deinem Alter ...<br />

Und ein Busfahrer an einer Endstation ist so<br />

etwas wie ein Kapitän im Hafen …»<br />

50 APRIL <strong>2015</strong>


Psychologie & Gesellschaft<br />

Notendruck? Nicht auch<br />

noch im Elternhaus!<br />

Schlechte Noten sind schwer zu verkraften. Durch positive Unterstützung<br />

helfen Eltern mit, dass Kinder die Motivation zum Lernen nicht verlieren.<br />

Text: Susan Edthofer<br />

Immer und überall wird man bewertet: in der<br />

Schule, bei der Arbeit, im Sport, in der Freizeit.<br />

Lob für eine Leistung spornt an, Kritik blockiert<br />

oder lähmt. So verwundert es nicht, dass der<br />

Umgang mit Noten immer wieder kontrovers<br />

diskutiert wird. Noten sind ein Gradmesser und sollen<br />

ausdrücken, ob das Kind die Aufgaben verstanden hat.<br />

Aber eine Note sagt nichts über die Persönlichkeit eines<br />

Kindes aus, weder über sein Einfühlungsvermögen noch<br />

über seine Kompetenzen im Umgang mit andern. Wie<br />

aussagekräftig ist es also, wenn Wissen auf eine Zahl<br />

reduziert wird?<br />

Noten und ihre Wirkung<br />

Viele Kinder sind verzweifelt, wenn sie eine schlechte<br />

Note erhalten. Manchmal auch, weil sie Angst vor der<br />

Reaktion der Eltern haben. Nicht selten sind Eltern überfordert<br />

und wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen,<br />

wenn die Tochter, der Sohn eine missglückte Prüfung<br />

nach Hause bringt. Würde etwas Druck das Kind anspornen?<br />

Oder erreicht man damit nur Resignation? Besonders<br />

frustrierend ist es, wenn viel gelernt wurde und das<br />

Ergebnis trotzdem niederschmetternd ist. Es gibt Kinder,<br />

die können sich noch so anstrengen, ihre Noten sind<br />

und bleiben schlecht. Andere zeigen kaum Einsatz und<br />

erreichen gute Resultate. Je nach Prüfungsart wird der<br />

Arbeitseinsatz im Vorfeld nicht mitbewertet. Mit dieser<br />

Praxis müssen sich Eltern arrangieren.<br />

Auch bei der Pro Juventute Notrufnummer Hilfe +<br />

Beratung 147 drehen sich viele Fragen um Prüfungen<br />

und Noten. Häufig fühlen sich bereits Kinder und<br />

Jugendliche erschöpft. Es bereitet ihnen Mühe, dem<br />

Leistungsdruck standzuhalten und abzuschalten. Eltern<br />

können gegensteuern, damit gar nicht erst das Gefühl<br />

aufkommt: «Es hat doch alles keinen Sinn …»<br />

Vorwürfe bei schlechten Noten sind fehl am Platz.<br />

Das Kind sollte sich nicht als Versager fühlen und glauben,<br />

die Eltern enttäuscht zu haben. Es leidet<br />

ohnehin schon unter der Situation.<br />

Besorgte Eltern sollten auch nicht plötzlich<br />

damit beginnen, alles zu kontrollieren.<br />

Dadurch würden Hausaufgaben nur zu<br />

einem Stressfaktor. Besser ist es, den Lernprozess<br />

des Kindes zu begleiten und mitzuhelfen,<br />

dass es selbständig zu arbeiten<br />

lernt. Indem Eltern Anstrengung und Einsatz<br />

loben, machen sie deutlich, weshalb<br />

Lernen sinnvoll ist.<br />

Miteinander reden und Lösungen finden<br />

Wichtig ist herauszufinden, weshalb der Lernerfolg ausbleibt.<br />

Eine gute Zusammenarbeit zwischen Schule und<br />

Elternhaus bewirkt oft Wunder. Indem sie sich austauschen,<br />

können Kinder, Eltern und Lehrpersonen besser<br />

ausloten, woran es liegen mag, dass die Noten den Erwartungen<br />

kaum entsprechen. Vielleicht ist Über- oder<br />

Unterforderung oder mangelndes Interesse schuld. Oft<br />

fehlen wirkungsvolle Lernstrategien, oder es besteht<br />

keine klare Trennung mehr zwischen Lernphasen und<br />

Freizeit. Denn nur wer sich zwischendurch richtig erholt,<br />

ist bereit, neue Inhalte aufzunehmen.<br />

«Indem Eltern<br />

Anstrengung und<br />

Einsatz loben,<br />

machen sie<br />

deutlich, weshalb<br />

Lernen sinnvoll ist.»<br />

Susan Edthofer ist<br />

Redaktorin im Bereich<br />

Kommunikation<br />

von Pro Juventute.<br />

Pro Juventute Elternberatung<br />

Die Elternberatung ist ein Programm von Pro Juventute für alle Eltern und<br />

Bezugspersonen von Kindern und Jugendlichen. Fragen zum Familienalltag,<br />

zur Erziehung oder zu schulischen Themen können jederzeit telefonisch,<br />

058 261 61 61, oder per Mail, www.projuventute-elternberatung.ch, gestellt<br />

werden. Ausser den normalen Telefongebühren fallen keine Kosten an. Bei der<br />

Pro Juventute Notrufnummer Hilfe + Beratung 147 (www.147.ch) können sich<br />

Kinder und Jugendliche anonym und rund um die Uhr melden.<br />

Mehr Infos www.projuventute.ch<br />

APRIL <strong>2015</strong>51


Stiftung Elternsein<br />

Keine Narrenfreiheit für Ignoranten!<br />

Ellen Ringier über «kulturell» geprägten Hass und die Notwendigkeit zu handeln.<br />

Foto: Vera Hartmann / 13 Photo<br />

Dr. Ellen Ringier präsidiert<br />

die Stiftung Elternsein.<br />

Sie ist Mutter zweier Töchter.<br />

Es ist Fasnacht in der Schweiz. 300 johlende<br />

FCL-Fans jagen hinter einem als<br />

jüdische Karikatur mit schwarzem<br />

Vollbart und schwarzem Hut sowie<br />

Anzug verkleideten Kollegen hinterher.<br />

Der durch die Strasse von St. Gallen<br />

Getriebene trägt einen Fan-Schal des<br />

FC St. Gallen, des Spielgegners am<br />

Match vom 15. Februar.<br />

Der schwarze Mann symbolisiert offenbar nicht nur<br />

den Juden, sondern gleichzeitig auch den Gegner, den<br />

FC St. Gallen. Im Sportjargon wird der Spielgegner<br />

gerne «Feind» genannt. Und wie sieht der «Feind» des<br />

FCL aus? Wie ein Jude.<br />

Und was veranstalten die 300 FCL-Fans in St. Gallen?<br />

Eine symbolische Judenhatz, ein Pogrom.<br />

70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs<br />

und dem Massenmord an den europäischen Juden,<br />

dem Holocaust, kommt es keinem der FCL-Fans in<br />

den Sinn, dass Juden zu den Minderheiten gehören,<br />

die jahrhundertelang verfolgt und ermordet wurden.<br />

Warum auch! In den Medien stand zu lesen, dass<br />

die FCL-Fans in ihren Schlachtgesängen den sportlichen<br />

Gegner gerne als «Juden» beschimpfen.<br />

Fasnacht, die Zeit, in der die unter Maske und Verkleidung<br />

geschützten Narren seit Jahrhunderten der<br />

weltlichen und klerikalen Obrigkeit den Spiegel vorhalten,<br />

in der Dinge an die Oberfläche gelangen, die<br />

mancher lieber im Versteck gehalten hätte. Fasnacht<br />

ist die Zeit, in der die Lust, der Spass und die Freude<br />

die Widrigkeiten des realen Lebens für ein paar närrische<br />

Tage vergessen machen sollen ...<br />

Das ausgelassene Festen (vor der Fastenzeit) ist<br />

schaurig-schön und erlaubt jedermann einmal im Jahr<br />

eine Portion zivilen Ungehorsam und Regelbruch,<br />

sexuelle Ausschweifungen inbegriffen.<br />

Damit Sie, liebe Leserinnen und Leser, mich richtig<br />

verstehen: Ich bin (als Luzernerin) seit je ein Fan der<br />

Fasnacht! Selber, leider nur als Tschinellenspielerin,<br />

jahrelang mit einer Guggemusig verbunden, freute ich<br />

mich in meiner Jugend jeweils unbändig auf die<br />

Luzerner Fasnacht. Sie war, so kam es mir vor, schaurig-schön,<br />

poetisch, künstlerisch, in den Sujets steckte<br />

die liebevolle Arbeit eines ganzen Jahres. Die «Sujets»,<br />

mit denen die Narren die «herrschende Clique»<br />

genauso wie Einzelpersonen auf den Arm nahmen,<br />

waren damals und sind auch heute treffend, bitterböse<br />

und lustig zugleich. Ja, Fasnacht ist und bleibt ein kultureller<br />

Wert!<br />

Die Losungsworte der Fasnacht und damit der<br />

Narrenfreiheit heissen jedoch Spass und Scherz!<br />

Judenjagd als Fasnachtsscherz? Was ist davon zu halten,<br />

wenn Schweizer Fussballfans den Sportgegner,<br />

also den «Feind», als Jude karikieren und verhöhnen?<br />

Liebe Eltern und Lehrer, es gibt nur eine Antwort,<br />

und die heisst: Mitten in unserer Gesellschaft grassiert<br />

schlicht und ergreifend ein tiefsitzender, vielleicht<br />

sogar als «kulturell» zu bezeichnender Hass, und der<br />

hat einen Namen. Antisemitismus.<br />

Keine Narrenfreiheit für Judenhass, für jedwelchen<br />

Hass, heisst meine Forderung.<br />

Wikipedia nennt übrigens diejenigen Narren, die<br />

einen nicht als Hofnarren oder Possenreisser mit<br />

Scherzen und Spassmachereien zum Lachen bringen,<br />

beim richtigen Namen: Dumm-, Stroh-, Hohl- und<br />

Schwachköpfe, Ignoranten, Nichtskönner oder<br />

Nichtswisser usw.<br />

«Mit albernen Narren soll man nicht scherzen»,<br />

sagt ein Sprichwort. Pädagogen an die Arbeit, es gibt<br />

in der jüngeren Generation noch viel zu viele<br />

Ignoranten oder Dummköpfe. Daher gibt es (wieder)<br />

viel zu tun! Mehr als mir und jedem von Ihnen lieb<br />

sein kann.<br />

STIFTUNG ELTERNSEIN<br />

«Eltern werden ist nicht schwer,<br />

Eltern sein dagegen sehr.» Frei nach Wilhelm Busch<br />

Oft fühlen sich Eltern alleingelassen in ihren Unsicherheiten,<br />

Fragen, Sorgen. Hier setzt die Stiftung Elternsein<br />

an. Sie richtet sich an Eltern von schulpflichtigen Kindern<br />

und Jugendlichen. Sie fördert den Dialog zwischen Eltern,<br />

Kindern, Lehrern und die Vernetzung der eltern- und<br />

erziehungsrelevanten Organisationen in der deutschsprachigen<br />

Schweiz. Die Stiftung Elternsein gibt das Schweizer<br />

ElternMagazin Fritz+Fränzi heraus. www.elternsein.ch<br />

52 APRIL <strong>2015</strong>


Leserbriefe<br />

«Konkrete Antworten!»<br />

Werte an die nächste Generation weitergeben<br />

(<strong>2015</strong> gibt es viel zu tun. Kolumne von Ellen Ringier. Heft 1/15)<br />

Vielen Dank für Ihren engagierten<br />

Artikel. Sie sprechen mir aus dem<br />

Herzen. Ich wünsche mir von Ihrem<br />

ElternMagazin mehr Beiträge, die den<br />

Wertekodex judäo-christlicher<br />

Religionen vermitteln. Meiner Meinung<br />

nach ist es höchste Zeit, nicht nur<br />

Fragen zu stellen, sondern auch<br />

konkrete Antworten aus diesem<br />

Hintergrund heraus zu geben. Dies<br />

geschieht sicher nicht durch einen<br />

neutralen Religionsunterricht.<br />

Nur wenn wir uns mit den Inhalten der<br />

Bibel, des Christentums und der daraus<br />

resultierenden Ethik beschäftigen,<br />

können wir verstehen, wodurch unsere<br />

Grundgesetze entstanden sind, und<br />

diese Werte positiv prägend an die<br />

nächste Generation weitergeben.<br />

Dorothea Reichen-Wetzler<br />

(per E-Mail)<br />

Schreiben Sie uns!<br />

Ihre Meinung ist uns wichtig. Sie erreichen uns über:<br />

leserbriefe@fritzundfraenzi.ch oder<br />

Redaktion Fritz+Fränzi, Dufourstrasse 97, 8008 Zürich<br />

53 APRIL <strong>2015</strong>


Kolumne<br />

Wenn Mütter die<br />

Nerven verlieren<br />

Text: Michèle Binswanger<br />

Michèle Binswanger<br />

Die studierte Philosophin<br />

ist Journalistin und Buchautorin.<br />

Sie schreibt zu Gesellschaftsthemen,<br />

ist Mutter zweier Kinder<br />

und lebt in Basel.<br />

Die Frau hielt sich nicht zurück. Wie eine Gewitterwand ragte sie<br />

über ihrem Sohn auf, mitten im Tram, und donnerte auf ihn<br />

hinunter, als wäre sie das jüngste Gericht höchstpersönlich.<br />

Das Kind schwieg längst schon zerknirscht, aber sie hörte nicht<br />

auf, holte stets zu einer neuen Runde aus. Das Kind hatte längst<br />

klein beigegeben. Ich hasse es, wenn Frauen so die Nerven verlieren, sich nicht<br />

mehr im Griff haben, immer weitermachen, obschon es längst genug ist. Und<br />

besonders hasse ich es, wenn ich selber diese Mutter bin.<br />

Ja, manchmal bin ich eine erzieherische Katastrophe. Eine Mutter für ins<br />

Lehrbuch der Rabenmütter, eine, die Kinderpsychologen in Ausbildung<br />

mit Warnhinweisen versehen und einander weiterreichen. Ich habe nie Hand<br />

an eines meiner Kinder gelegt, aber man kann Kinder auch mit Worten<br />

misshandeln. Wenn die Wut sich aufbäumt, um sich schlägt und durchbrennt.<br />

Die Stimme der Vernunft ist zwar jeweils auch da, rümpft in ihrem geschützten<br />

Kabäuschen die Nase und doziert: Das Kind kann doch so nicht begreifen,<br />

du bist erwachsen, halte dich im Zaum! – HÖRST DU MIR ÜBERHAUPT ZU?<br />

Aber zuhören ist schwierig, wenn man sich an den unkontrollierbaren Gaul<br />

seiner Wut klammert, der übers Feld der Erziehung galoppiert und unterwegs<br />

alles niedertrampelt.<br />

Die meisten Eltern nicken schuldbewusst, wenn man sie darauf anspricht.<br />

Beinahe jeder kennt die Situation. Erstaunlich eigentlich. Kontrollverlust ist<br />

ein Thema, das eher ins Kapitel der Teenagerjahre gehört. Im Bestreben, die<br />

Begrenzungen der Kindheit aufzubrechen, stellt man allerlei Blödsinn an. Um<br />

herauszufinden, wie gross und weit die Welt ist und wie frei man eigentlich<br />

wirklich ist, ist es manchmal gut, auf Kontrolle zu verzichten. Und die Lektion,<br />

welche Geduld diese Welt angesichts eines rebellierenden Teenagers aufbringen<br />

kann, gibt’s als Gratislektion dazu. Aber eigentlich will man ja das Gegenteil<br />

und strebt danach, das eigene Leben an die Hand zu nehmen. Man spurt ein,<br />

hält sich an die Regeln, übernimmt Verantwortung. Das heisst es, erwachsen<br />

zu werden. Und nie muss man erwachsener sein als gegenüber Kindern. Leider<br />

bekommt man zu Kindern nicht automatisch mehr Weisheit und Gleichmut<br />

mitgeliefert. Sondern meistens Anarchie und Chaos. Vielleicht ist für viele auch<br />

der Umstand schwer zu ertragen, wie fundamental Kinder das Leben verändern –<br />

der Kontrollverlust findet auf vielen Ebenen statt. Man liebt sie grenzenlos,<br />

und manchmal bringen sie einen an die eigenen Grenzen.<br />

Wir sind alle fehlbar, und so bin ich eben manchmal die Mutter im Tram,<br />

die Mutter, die ihren Sohn mit Worten traktiert und nicht aufhört. Aber seit ich<br />

gelernt habe, dass ich mich danach fühle, als hätte ich mein Kind tatsächlich<br />

geschlagen, dieses Würgen in der Kehle, das stundenlang vorhält, ein körperlich<br />

empfundener Druck, wenn Schuld, Scham und schlechtes Gewissen auf einem<br />

lasten, kann ich mich besser beherrschen. Nicht nur für Kinder, auch für Eltern<br />

ist der Raum zur Verbesserung potenziell unbeschränkt.<br />

Illustration: Petra Dufkova/Die Illustratoren<br />

54 APRIL <strong>2015</strong>


Bonbons<br />

Badeferien-Glück<br />

für die ganze Familie<br />

Fritz+Fränzi verlost 2 Reisegutscheine* im Wert von je 1000 Franken<br />

für Familienferien auf Mallorca mit Hotelplan.<br />

Hotelplan bietet mit sorgfältig ausgesuchten Ferienangeboten für Familien ideale Voraussetzungen<br />

für unvergessliche und glückliche Ferien.<br />

Erholen Sie sich unter der Sonne Mallorcas und geniessen Sie mit der ganzen Familie unbeschwerte<br />

und erlebnisreiche Ferien im Hotel Palia Puerto del Sol***. Das familienfreundliche Hotel liegt in Cala<br />

d’Or direkt in einer Bucht am Jachthafen und bietet nebst geräumigen Appartements ein umfangreiches<br />

und unterhaltsames Aktivitätenprogramm für Gross und Klein. In unmittelbarer Nähe befindet sich<br />

der öffentliche Sandstrand Cala Llonga, wo Sie tagsüber baden und entspannen können.<br />

Weitere Informationen finden Sie unter: www.hotelplan.ch/h-19512<br />

* Die Gutscheine sind 3 Jahre ab Ausstellungsdatum gültig und können in allen Hotelplanund<br />

Travelhouse-Filialen sowie Globus Reisen Lounges eingelöst werden.<br />

Wettbewerbsteilnahme auf www.fritzundfraenzi.ch/bonbons<br />

Teilnahmeschluss: 3. Mai <strong>2015</strong><br />

Teilnahme per SMS: Stichwort FF HOTELPLAN an 959 senden (30 Rp./SMS)<br />

APRIL <strong>2015</strong>55


Ernährung & Gesundheit<br />

E-Zigaretten<br />

ködern Jugendliche<br />

Foto: iStockphoto<br />

Die als Ersatz für herkömmliche Glimmstängel angepriesenen E-Zigaretten<br />

sind bei Schweizer Jugendlichen hoch im Kurs. Coole Designs, Aromen<br />

von Apfel über Schokolade bis Zuckerwatte und das Hightech-Image<br />

sprechen Junge an. Dass dieser Trend nicht ungefährlich ist, belegen<br />

immer mehr Untersuchungen. Text: Susanna Steimer Miller<br />

56 APRIL <strong>2015</strong>


Eine Partnerkampagne von BAG, Kantonen und NGOs,<br />

finanziert durch den Tabakpräventionsfonds.<br />

E-Zigaretten sehen ähnlich aus wie herkömmliche<br />

Zigaretten und bestehen in der Regel<br />

aus einer aufladbaren Batterie, einem elektronischen<br />

Verdampfer, einem Mundstück<br />

und einer austauschbaren Patrone mit Flüssigkeit<br />

– auch Liquid genannt. Beim Einatmen wird die<br />

Flüssigkeit durch den Strom aus der Batterie erhitzt, bis<br />

sie verdampft und so in die Atemwege gelangt. Viele<br />

E-Zigaretten sind zudem mit einem Lämpchen versehen,<br />

das das Glimmen einer Zigarette imitiert. In der<br />

Schweiz dürfen im Moment nur E-Zigaretten ohne<br />

Nikotin verkauft werden. Nikotinhaltige Produkte sind<br />

über ausländische Online-Shops einfach erhältlich und<br />

dürfen für den Eigengebrauch legal eingeführt werden.<br />

Laut Mona Neidhart vom Bundesamt für Gesundheit<br />

BAG gibt es weder für Tabakprodukte noch für E-Zigaretten<br />

mit und ohne Nikotin ein Konsumverbot für<br />

Minderjährige.<br />

Einfallstor für den Tabakkonsum<br />

E-Zigaretten werden oft als gesunde Alternative zur<br />

Zigarette angepriesen und sollen bei der Tabakentwöhnung<br />

helfen. Diverse Untersuchungen belegen nun aber,<br />

dass sie bei Jugendlichen genau das Gegenteil bewirken<br />

können. Eine erst kürzlich vom Institut für Sozial- und<br />

Präventivmedizin der Universität Lausanne durchgeführte<br />

Umfrage kommt zum Schluss, dass Dampfen<br />

jugendliche Konsumenten zum Rauchen ermuntern<br />

könnte. Die befragten Jugendlichen gaben an, E-Zigaretten<br />

aus Experimentierlust zu rauchen. Sie schätzen<br />

es, dass sie diese an vielen Orten, wo Rauchverbot<br />

herrscht, konsumieren dürfen. Das Spielerische und die<br />

riesige Auswahl an Aromen stossen bei Jugendlichen<br />

auf Gefallen. Viele Teilnehmende beurteilten das Verdampfen<br />

als Einstieg für junge Nichtraucher in den<br />

Tabakkonsum. Einige berichteten, dass sie von rauchenden<br />

Kollegen darauf angesprochen werden, weshalb sie<br />

denn noch verdampfen und noch keine richtigen Zigaretten<br />

rauchen würden.<br />

Eine Studie, die im vergangenen Jahr von der amerikanischen<br />

Medizin-Fachzeitschrift JAMA Pediatrics<br />

publiziert wurde, kommt zu einem ähnlichen Ergebnis:<br />

Der Konsum von E-Zigaretten hält Heranwachsende<br />

eher nicht vom Rauchen ab, sondern ermuntert sie vielmehr<br />

dazu, mit dem Rauchen zu beginnen. Tho- >>><br />

Jugendliche rauchen<br />

E-Zigaretten oft aus Lust<br />

am Experimentieren.<br />

JULIA HÖRT AUF.<br />

DAS SCHAFFST AUCH DU.<br />

181*<br />

Die Rauchstopplinie unterstützt dich:<br />

0848 000<br />

Ich bin stärker.<br />

Wenn die Eltern rauchen, greifen ihre Kinder später<br />

eher zur Zigarette. Dabei ist ihre Gesundheit schon<br />

durch Passivrauchen gefährdet.<br />

Geh mit gutem Beispiel voran und werde rauchfrei.<br />

Die Fachpersonen der Rauchstopplinie<br />

unterstützen dich dabei. Weitere Tipps und<br />

Angebote gibt’s auf smokefree.ch.<br />

APRIL <strong>2015</strong>57<br />

smokefree.ch<br />

ar<br />

* 8 Rp. pro Minute ab Festnetz


Ernährung & Gesundheit<br />

>>> mas Beutler, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei<br />

der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention, weist auf die<br />

wichtige Rolle der Werbung hin: «In Amerika rauchen<br />

immer mehr College-Absolventen E-Zigaretten, weil<br />

dort Werbung dafür zulässig ist und auch immer mehr<br />

Prominente auf dem roten Teppich dampfen.» Er beurteilt<br />

die E-Zigarette wegen des austretenden Dampfs,<br />

der verschiedenen Aromen und der Neuartigkeit für<br />

Jugendliche, die meist eine grosse Affinität für Gadgets<br />

haben, als besonders attraktiv: «Damit können Kinder<br />

und Jugendliche die Handhabung der Zigarette besser<br />

nachahmen als mit der früher beliebten Kaugummi-<br />

Zigarette und sich in ihrem Umfeld als Trendsetter profilieren.»<br />

Problem Inhaltsstoffe<br />

Rund 45 Prozent der Jugendlichen zwischen 15 und 24<br />

Jahren halten E-Zigaretten für harmlos – zu diesem<br />

Schluss kommt eine Umfrage der Europäischen Kommission<br />

aus dem Jahr 2012. Dazu tragen sicher auch die<br />

fehlende Altersbeschränkung und die Tatsache bei, dass<br />

E-Zigaretten in der Schweiz an vielen Kiosken neben<br />

Kaugummi, Schoggistängel und Bravo-Heftli erhältlich<br />

sind. Laut Monique Portner-Helfer von Sucht Schweiz<br />

verlockt das Marketing Jugendliche gezielt zum Konsum:<br />

«Der verspielte Look führt dazu, dass die Produkte als<br />

harmlos wahrgenommen werden, was über die tatsächlichen<br />

Risiken hinwegtäuscht.» Bis heute sind Anbieter<br />

von E-Zigaretten nicht verpflichtet, die Inhaltsstoffe zu<br />

deklarieren. Die Flüssigkeiten, die für E-Zigaretten verwendet<br />

werden, enthalten unter anderem Lösungsmittel<br />

wie Propylenglykol und/oder Glyzerin. Beide Substanzen<br />

sind zwar als Lebensmittelzusatzstoffe<br />

zugelassen – über ihre Langzeitwirkung auf die Lunge<br />

ist jedoch noch wenig bekannt. Dasselbe trifft auf die<br />

unzähligen Aromastoffe zu.<br />

Prävention in der Jugend<br />

Das Parlament wird voraussichtlich im Dezember <strong>2015</strong><br />

über das neue Tabakproduktegesetz befinden.<br />

Es tritt nicht vor 2018 in Kraft und sieht vor, dass in<br />

Zukunft auch nikotinhaltige E-Zigaretten in der Schweiz<br />

verkauft werden dürfen. Neu soll aber ein Mindestalter<br />

Gesundheitsexperten fordern<br />

ein Mindestalter von 18 Jahren<br />

für E-Zigaretten, unabhängig<br />

davon, ob sie Nikotin enthalten.<br />

von 18 Jahren für Zigaretten und E-Zigaretten gelten,<br />

unabhängig davon, ob letztere Nikotin enthalten oder<br />

nicht. Bezüglich des Rauchverbots werden alle E-Zigaretten<br />

den herkömmlichen Zigaretten gleichgestellt.<br />

Monique Portner-Helfer von Sucht Schweiz erachtet die<br />

Information über E-Zigaretten und deren Risiken als<br />

sehr wichtig. Sucht Schweiz befürwortet zudem die Einführung<br />

des Verkaufsverbots an Minderjährige, unabhängig<br />

davon, ob die E-Zigarette Nikotin enthält oder<br />

nicht. Laut Thomas Beutler sind Jugendliche die wichtigste<br />

Zielgruppe, wenn es um Tabakprävention geht:<br />

«Wer mit 25 Nichtraucher ist, bleibt dies in der Regel<br />

bis ans Lebensende.»<br />

>>><br />

Susanna<br />

Steimer Miller<br />

ist Chefredaktorin von «Baby&Kleinkind»<br />

und schreibt als freie Journalistin über<br />

Kinder, Gesundheit, Ernährung, Haustiere.<br />

Vergiftungsgefahr bei Kindern<br />

Da die nach Schokolade, Vanille oder Beeren duftenden<br />

Flüssigkeiten für E-Zigaretten in der Regel nicht über<br />

einen kindersicheren Verschluss verfügen, sollten sie<br />

unbedingt ausser Reichweite von Kindern aufbewahrt<br />

werden. Trinkt ein Kind eine nikotinfreie Patrone, kann<br />

es zu Magen-Darm-Beschwerden kommen. Enthält<br />

die Patrone Nikotin, sind laut Christine Rauber-Lüthy,<br />

Leitende Ärztin Tox Info Suisse, Übelkeit und<br />

Erbrechen, Durchfall, Schwindel und Herzrasen<br />

möglich. Bei einer starken Nikotinvergiftung droht im<br />

Extremfall eine Atemlähmung. Die tödliche Dosis wird<br />

auf 1 mg Nikotin pro Kilo Körpergewicht geschätzt.<br />

In der EU erhältliche Liquids dürfen maximal 20 Milligramm<br />

Nikotin pro Milliliter Flüssigkeit enthalten.<br />

Beliebte E-Zigaretten<br />

Daten aus dem Suchtmonitoring Schweiz von 2013<br />

zeigen, dass rund 16% der Jugendlichen zwischen<br />

15 und 19 Jahren mindestens einmal in ihrem Leben<br />

eine E-Zigarette genutzt haben. Tendenz steigend.<br />

58 APRIL <strong>2015</strong>


Schulen<br />

&<br />

Institute<br />

Siewerdtstrasse 7<br />

8050 Zürich<br />

T 044 315 15 75<br />

www.bke.ch<br />

Berufs- und Weiterbildung<br />

Kinderbetreuung<br />

• Berufsvorbereitungsjahr<br />

Kinderbetreuung BVJ<br />

• Fachperson Betreuung FaBeK<br />

3-jährige Grundaus bildung zum EFZ<br />

• Nachholbildung FaBeK<br />

Für Erwachsene (nach Art. 32 BBV)<br />

• Berufliche Weiter bildung<br />

für Fach personen<br />

In familien- und<br />

schul ergänzenden<br />

Kinderbetreuungs -<br />

einrichtungen<br />

1. Klasse -<br />

First Class<br />

International Bilingual School<br />

Kindergarten, Primarund<br />

Sekundarstufe in<br />

Küsnacht & Feldmeilen<br />

Tel 044 910 43 00<br />

www.terra-nova.ch<br />

Kunst & Design<br />

Workshops für Teenager<br />

13.–17. Juli <strong>2015</strong><br />

Anmeldung online ab<br />

13. April <strong>2015</strong><br />

sommeratelier.zhdk.ch<br />

sprachaufenthalte<br />

weltweit<br />

BOA LINGUA<br />

PROSPEKTE UND PREISE:<br />

WWW.BOALINGUA.CH<br />

JETZT BIS<br />

15% SPAREN<br />

DANK REKORDTIEFEN<br />

WECHSELKURSEN<br />

24 Stunden Hilfe und Beratung<br />

für Eltern und andere Bezugspersonen von Kindern und Jugendlichen.<br />

Bei: > Erziehungsproblemen > Überforderung > Kindesgefährdung<br />

Vertraulich und auf Wunsch anonym – 365 Tage im Jahr, 24 Stunden erreichbar<br />

Ihre Spende hilft Eltern und Kindern in Not.<br />

Spendenkonto: PC Konto 80-32539-6, IBAN ZKB CH29 0070 0111 40101823 1<br />

www.elternnotruf.ch<br />

24h@elternotruf.ch<br />

(Festnetztarif)


Ernährung & Gesundheit<br />

Massvolle Körperpflege<br />

In der Pubertät verändert sich der Körper – und oft auch das Hygieneverhalten<br />

von Jugendlichen. Während Mädchen meist übertreiben, könnte so mancher<br />

Junge ruhig ein wenig häufiger duschen. Text: Petra Seeburger<br />

Für viele Eltern ist die Pubertät die Zeit, in der<br />

aus süssen Kindern schnoddrige Teenager<br />

werden, und im Rückblick schämen sich noch<br />

manche beim Gedanken daran, wie sie<br />

damals selber waren. In dieser Lebensphase<br />

verändert sich der Körper, werden aus Kindern Erwachsene.<br />

Der Begriff «Pubertät» leitet sich vom lateinischen<br />

«pubescere» ab, was so viel heisst wie: behaart werden.<br />

Doch nicht nur die Schambehaarung wächst: Bei den<br />

Mädchen wachsen die Brüste und setzt die Menstruation<br />

ein, und sie werden kurviger. Die Jungs schiessen<br />

in die Höhe und werden muskulöser, ihr Stimmbruch<br />

setzt ein, und der erste Oberlippenflaum zeigt sich. Die<br />

Hormone spielen bei beiden verrückt, Pickel spriessen,<br />

und auch im Gehirn scheint ein Totalumbau im Gang.<br />

Die Emotionen fahren Achterbahn, und mancher<br />

Pubertierende wechselt die Gemütslage im Sekundentakt:<br />

in einem Augenblick schon ganz erwachsen und<br />

im nächsten zurück in der Trotzphase.<br />

Hormone verändern den Geruch<br />

Das Thema Hygiene bei Jugendlichen ist ein heikles:<br />

Mädchen, die stundenlang im Badezimmer sind, und<br />

Jungs, die den Waschlappen wie den Teufel fürchten.<br />

Diese Klischees sind für viele Realität. Mein Bruder etwa<br />

hat seiner dreizehnjährigen Tochter ein eigenes Badezimmer<br />

gebaut, um den Familienfrieden nicht auf Dauer<br />

zu gefährden.<br />

Während Kinder eigentlich nie nach Schweiss riechen,<br />

verändert die Hormonumstellung die Ausdünstung der<br />

Pubertierenden. Scham- und Achselgegend werden stärker<br />

von Bakterien besiedelt, weil es dort mehr Duft- und<br />

Schweissdrüsen hat und deshalb feucht ist. Beginnt die<br />

Pubertät, ist tägliche Körperpflege daher ein Muss. Doch<br />

wir riechen es im Tram, im Zug oder in der Gondel: Vor<br />

allem Jungs legen manchmal mehr Wert auf das Styling<br />

als auf die tägliche Dusche.<br />

Doch wen wir nicht riechen können, den mögen wir<br />

auch nicht. Körperpflege ist deshalb wichtig. Die Pflege<br />

von Jungen und Mädchen unterscheidet sich. Heranwachsende<br />

junge Männer sollten Penis und Hodensack<br />

einmal täglich waschen. Die Drüsen des Genitales produzieren<br />

auch mehr Talg. Dieser weisse Belag auf der<br />

Eichel sollte täglich abgewaschen werden. Aber Achtung:<br />

Die Vorhaut dabei ganz zurückziehen und nach dem<br />

Waschen wieder ganz nach vorne ziehen.<br />

Schamhaare sind out<br />

Die tägliche Körperpflege bietet Gelegenheit, neue Pflegemittel<br />

auszuprobieren. Doch waschen alleine nützt<br />

nichts, wenn man die Unterhosen und Socken nicht<br />

täglich wechselt. Bei den Jungs gilt heutzutage: Bart ist<br />

in und Schamhaare sind out. Doch Schamhaare haben<br />

auch einen Zweck, sie verteilen die Sexuallockstoffe.<br />

Kultur und Mode beeinflussen aber den Umgang mit<br />

den Körperhaaren. So ist auch bei den meisten Mädchen<br />

die Schamgegend heute haarlos.<br />

Bei den Mädchen liegt die Scheide nahe bei der<br />

Harnröhre und beim Darmausgang. Die Reinigung soll<br />

immer von vorne nach hinten erfolgen, damit keine<br />

Darmbakterien in die Vagina oder die Blase gelangen.<br />

Auch bei den Mädchen produzieren die Drüsen mehr<br />

Talg, den man zwischen den Schamlippen sehen kann.<br />

Idealerweise waschen junge Frauen ihre Intimgegend<br />

mit pH-neutralen Produkten, denn ein intaktes Milieu<br />

schützt vor Infektionen.<br />

Steigt der Hormonspiegel an, beginnt ein paar<br />

Monate vor der ersten Menstruation der Ausfluss. Das<br />

ist etwas Normales, und jede Frau hat Weissfluss, je nach<br />

Zyklusphase mal mehr oder weniger. Wenn sich Menge,<br />

Farbe oder Geruch verändern, sollte dies abgeklärt werden.<br />

Mit der Menarche, der ersten Monatsblutung, können<br />

junge Mädchen Binden oder Tampons verwenden.<br />

Sie sollen selber entscheiden, mit welchem Schutz sie<br />

60 APRIL <strong>2015</strong>


sich wohler fühlen, sollten aber lernen, wie mit Tampons<br />

umzugehen ist. Viele Mädchen haben während der<br />

Menstruation das Bedürfnis, sich mehr zu waschen, aber<br />

ein Zuviel nervt nicht nur das Umfeld, es kann auch zu<br />

Hautirritationen und Allergien führen. Gerade bezüglich<br />

der Hygiene sollen die Teenager lernen, mit dem eigenen<br />

Körper verantwortungsvoll umzugehen, aber auch eine<br />

unkomplizierte Einstellung zu ihm zu entwickeln.<br />

Tipps für die Körperpflege von Jungs<br />

Täglich duschen und ein mildes Deodorant benutzen.<br />

Separate Handtücher für «oben» und «unten»<br />

benutzen.<br />

Nach dem Wasserlösen die Eichel mit WC-Papier<br />

abtupfen.<br />

Hände waschen nach jedem Gang aufs WC.<br />

Unterwäsche und Socken täglich wechseln.<br />

Bei Akne: Haut einmal täglich reinigen, Pickel nicht<br />

ausdrücken.<br />

Tipps für die Körperpflege von Mädchen<br />

Täglich duschen und ein mildes Deodorant benutzen.<br />

Schambereich täglich mit pH-neutraler Waschlotion<br />

waschen und mit separatem Handtuch abtrocknen.<br />

Nach dem Wasserlassen mit Toilettenpapier abtupfen.<br />

Nach dem Stuhlgang nie von hinten nach vorne<br />

wischen.<br />

Ausfluss evtl. mit Slipeinlagen auffangen, während<br />

Menstruation Tampons oder Binden verwenden.<br />

Hände waschen nach dem Gang aufs WC sowie vor<br />

und nach dem Tamponwechsel.<br />

Täglich Unterwäsche und Strümpfe wechseln.<br />

Bei Akne: Haut einmal täglich reinigen, Pickel nicht<br />

ausdrücken.<br />

Weitere Informationen und Quellen<br />

www.herzensschwester.ch<br />

www.lilli.ch<br />

www.kiknet.ch<br />

Ferien am Meer mit<br />

der ganzen Familie<br />

Profi tieren Sie jetzt von unvergesslichen Ferien im Reka-<br />

Feriendorf Golfo del Sole in der Toscana. Das Feriendorf<br />

umfasst Bungalows, Appartements und Hotelzimmer und<br />

erfüllt alle Voraussetzungen für perfekte Familienferien.<br />

Es erwarten Sie grosszügige Spielplätze, Minigolfanlage,<br />

Swimmingpool, Wasserrutschbahn und vieles mehr –<br />

Spass für Kids und Erholung für die Eltern sind garantiert.<br />

Entdecken Sie jetzt unsere Ausland-Angebote unter:<br />

reka.ch/meer<br />

Reka, die Nr. 1 für Familienferien. Auch für Eltern.<br />

Mit Reka liegt mehr drin.<br />

Petra Seeburger<br />

ist Intensivpflegefachfrau, Journalistin und<br />

Kommunikationsspezialistin. Sie arbeitet<br />

seit 30 Jahren im Gesundheitswesen.<br />

Toscana Follonica<br />

ab CHF 1’162.– pro Woche*<br />

Reka-Feriendorf Golfo del Sole<br />

Preisbeispiel: 3-Zimmerwohnung mit 5 Betten.<br />

Angebot gültig vom 06.06.–04.07.<strong>2015</strong>.<br />

Jetzt buchen unter reka.ch oder +41 31 329 66 99<br />

* Preis pro Woche exkl. Bearbeitungsgebühr,<br />

individuelle Nebenkosten gemäss<br />

APRIL <strong>2015</strong>61<br />

Katalog/Internet <strong>2015</strong>.


Ernährung & Gesundheit<br />

Mama, ich bin zu dick!<br />

Frauen- und Mädchenzeitschriften stellen jetzt ihre Frühlingsdiäten vor.<br />

Wie sollen Eltern reagieren, wenn die Tochter plötzlich abnehmen will? Text: Regula Thut Borner<br />

Heranwachsende<br />

Frauen in Casting-<br />

Shows, Models und<br />

Schauspielerinnen<br />

posen mit ihren<br />

getrimmten Bodys und veröffentlichen<br />

exzessive Diät- und Fitnessprogramme.<br />

Sie lassen jedes normalgewichtige<br />

Mädchen dick<br />

aussehen. Fachleute sprechen von<br />

«Fat-shaming», was bedeutet, dass<br />

Menschen unterstellt wird, dass<br />

ihr Gewicht beziehungsweise ihre<br />

Körperform nicht in Ordnung ist.<br />

Das kann, besonders bei Jugendlichen,<br />

schädliche Auswirkungen<br />

auf die Psyche haben. Diäten können<br />

die Einstiegsdroge für Essstörungen<br />

sein.<br />

Solange sich die Jugendlichen<br />

mit ihrem Gewicht wohlfühlen<br />

und Normalgewicht besteht, sind<br />

auch ein paar überschüssige Rundungen<br />

kein Grund zur Sorge. Die<br />

Entwicklung der Körperform<br />

braucht Zeit. Eine gesunde Selbstwahrnehmung<br />

ist der beste Schutz<br />

vor unüberlegten Diäten. Auch<br />

Sport kann das Selbstbewusstsein<br />

stärken. Dazu ein Elternhaus, das<br />

dem Jugendlichen die Bestätigung<br />

gibt, in Ordnung zu sein. Falls ein<br />

Kind tatsächlich übergewichtig ist,<br />

kann sich ein Gespräch mit einer<br />

Ernährungsfachperson lohnen.<br />

Ernährungsfallen<br />

Natürlich spielt das Essen eine<br />

wichtige Rolle. Statt Abhilfe in<br />

einer Diät zu suchen, kann man<br />

den Teenager motivieren, mit<br />

kleinen Anpassungen Selbstverantwortung<br />

zu übernehmen:<br />

•Langsam essen: Statt das Essen<br />

herunterschlingen sich Zeit zum<br />

Kauen nehmen. Dann merkt<br />

man auch, wenn der Körper das<br />

Signal sendet, dass er satt ist.<br />

• Überblick behalten: Ein Esstagebuch<br />

zeigt schnell auf, welche<br />

Snacks und Getränke zu Gunsten<br />

echter Genussmomente eingespart<br />

werden können.<br />

• Wissen, was man isst: Viele vermeintlich<br />

gesunde Sachen wie<br />

Knuspermüesli und Getreideriegel<br />

sind besonders zuckerund<br />

fettreich. Lieber zum zuckerfreien<br />

Müesli greifen.<br />

• Ausreichend Bewegung: Baut<br />

Muskeln auf, verbrennt Kalorien.<br />

Unterstützung anbieten<br />

Will ein Teenager abnehmen, sollten<br />

die Eltern Unterstützung<br />

anbieten, indem sie sich für die<br />

Beweggründe interessieren. Als<br />

Familie kann man sich bei dieser<br />

Gelegenheit mit den Essgewohnheiten<br />

auseinandersetzen und die<br />

verschiedenen Positionen hinterfragen.<br />

Daraus ergeben sich erfahrungsgemäss<br />

Möglichkeiten für<br />

Ernährungsänderungen, die der<br />

ganzen Familie guttun.<br />

Regula<br />

Thut Borner<br />

ist dipl. Ernährungsberaterin<br />

HF und<br />

Projektleiterin<br />

Fachbereich<br />

Ernährung<br />

bei Swissmilk.<br />

ernaehrungsberatung@<br />

swissmilk.ch<br />

www.swissmilk.ch<br />

ar<br />

Laden Sie die<br />

Fritz+Fränzi-<br />

App herunter, starten<br />

Sie die App, scannen Sie diese<br />

Seite und lassen Sie sich von<br />

leichten Poulet-Rezepten<br />

inspirieren.<br />

62 APRIL <strong>2015</strong>


Abonnieren Sie Das Schweizer<br />

ElternMagazin Fritz+Fränzi<br />

Sichern Sie sich jetzt Ihre Abonnenten-Vorteile:<br />

Hefte im Abonnement günstiger als im Einzelverkauf!<br />

Lieferung bequem und pünktlich frei Haus!<br />

Sparen Sie<br />

17 %<br />

1 Jahr (10 Ausgaben) 62 Franken<br />

Sparen Sie<br />

35 %<br />

2 Jahre (20 Ausgaben) 98 Franken<br />

Bestellen Sie unter:<br />

www.fritzundfraenzi.ch<br />

Telefon: 0800 814 813<br />

Sparen Sie<br />

47 %<br />

Gratis <br />

Schnupperabo (5 Ausgaben) 20 Franken<br />

1 Ausgabe zum Kennenlernen<br />

Alleinerziehen leicht gemacht.<br />

Kindgerecht.<br />

Der Schweizerische Verband alleinerziehender Mütter<br />

und Väter SVAMV engagiert sich mit Beratung und<br />

Unterstützung für Alleinerziehende und ihre Kinder.<br />

Dazu kommt Informations-, Vernetzungs- und Lobbyarbeit,<br />

um die Lebenslage von Einelternfamilien zu<br />

verbessern.<br />

Unsere Publikationen unterstützen Einelternfamilien<br />

mit kompetenten Informationen.<br />

Beratung gesucht?<br />

SVAMV Tel. <strong>03</strong>1 351 77 71<br />

info@svamv.ch www.einelternfamilie.ch<br />

Pflanzen- und<br />

Quintessenzen<br />

3000 Therapeutinnen<br />

und Naturheilpraktiker<br />

wissen Bescheid.<br />

www.naturaerzte.ch<br />

Naturärzte Vereinigung Schweiz


Digital & Medial<br />

Medienkompetenz<br />

ist keine Hexerei<br />

Viele Eltern befürchten, dass sie bei der rasanten technischen<br />

Entwicklung nicht mithalten und ihre Kinder daher in der<br />

Medienwelt nicht unterstützen können. Dabei übersehen sie,<br />

wie viel sie bereits richtig machen. Denn die Entwicklung<br />

von Medienkompetenz fängt sehr früh an. Text: Eveline Hipeli<br />

barskatze. Und Kinder lernen am<br />

besten, wenn sie reale Vorbilder<br />

haben, bei denen sie sich Dinge<br />

abschauen können und die für sie<br />

Ansprechpersonen darstellen. Auch<br />

die pädagogisch wertvollste App<br />

kann mit Primärerfahrungen nicht<br />

mithalten. Deshalb nimmt auch kein<br />

Vorschulkind Schaden, wenn es<br />

wenig bis gar keine Erfahrungen mit<br />

elektronischen Medien gemacht hat.<br />

Da sich die Lebenswelt des Kindes<br />

jedoch mit dem Schulanfang<br />

stetig erweitert, sollten Eltern nicht<br />

verpassen, dem Kind schrittweise<br />

den Umgang mit Medien beizubringen<br />

– angefangen beim Buch.<br />

Erst Buch, dann Smartphone<br />

Denn ja, auch ein Buch ist ein Medium.<br />

Ständig lesen wir Schlagzeilen,<br />

dass elektronische Medien süchtig<br />

machen und dass Gefahren von<br />

ihnen ausgehen. Dies prägt unser<br />

Bild von den Medien. Und unser<br />

Blick auf sie verengt sich. Dabei sind<br />

Medien vielfältig: Bücher, Zeitschriften,<br />

Zeitungen, Comics, Hörgeschichten,<br />

Radio, Musik, TV, Games,<br />

Computer, Internet – und das Ganze<br />

auch noch mobil auf Geräten in<br />

unserer Hosentasche. Ziel und<br />

Wunsch der Medienpädagogik ist es,<br />

Medien begleiten<br />

uns durch den<br />

Tag. Ob Bücher,<br />

MP3-Player,<br />

Laptop oder Tablet<br />

– wir Erwachsenen verwenden<br />

Medien in vielen Situationen. Wir<br />

informieren uns und arbeiten mit<br />

Medien, sie erleichtern uns das<br />

Leben und amüsieren uns. Medien<br />

gehören einfach dazu. Dabei halten<br />

wir selten inne, um über unser<br />

Medienverhalten nachzudenken.<br />

Das ändert sich, wenn wir Eltern<br />

werden und uns ein kleines Wesen<br />

gespannt zusieht. Wir Eltern sind<br />

Vorbilder. Auch Medienvorbilder.<br />

Natürlich möchten Eltern das<br />

Beste für ihr Kind. Es soll sich gut<br />

entwickeln, lernen und glücklich<br />

sein. Seine Welt soll von echten Dingen<br />

geprägt sein, nicht von Medien.<br />

Dieses Argument hört man oft.<br />

Doch Medien sind ein ganz normaler<br />

Bestandteil unserer Welt. Es gibt<br />

keine Lebenswelt der Kinder ohne<br />

Medien. Aber es gibt Zeiten im alltäglichen<br />

Leben des Kindes, die<br />

medienfrei gestaltet sein sollten. Je<br />

jünger ein Kind, desto wichtiger<br />

sind Primärerfahrungen: das Stapeln<br />

von Klötzchen, das Graben im<br />

Sand, das Streicheln der Nachdass<br />

Kinder in unserer von Medien<br />

durchdrungenen Welt kompetent<br />

aufwachsen. Das heisst: Der Umgang<br />

mit all diesen Medien wird idealerweise<br />

nacheinander und schrittweise<br />

erlernt.<br />

Die Medienwelt des Kindes sollte<br />

sich mit ansteigendem Alter Stück<br />

für Stück erweitern. Erst im frühen<br />

Jugendalter mit Medienbildung<br />

anzufangen, ist zu spät. Ein<br />

Mini-Computer in Form eines<br />

Smartphones ist bereits derart komplex,<br />

dass ein Kind sehr viel leisten<br />

muss, um kompetent damit umgehen<br />

zu können.<br />

Beim Thema Medienkompetenz<br />

wird es vielen Eltern mulmig. Wie<br />

sollen sie ihrem Kind den Umgang<br />

mit neuen Medien beibringen, wenn<br />

das Kind davon oft mehr versteht als<br />

die Eltern selbst? Die gute Nachricht<br />

ist: Eltern und Erwachsene können<br />

viel mehr Medienkompetenz vermitteln,<br />

als sie denken. Denn Medienkompetenz<br />

meint, dass man die<br />

Medien durchschauen lernt, ihre<br />

Absichten versteht, sie kreativ und<br />

kritisch zu nutzen weiss. Man lernt<br />

über Medieninhalte zu sprechen,<br />

sozial verantwortlich mit ihnen<br />

umzugehen und sie genussvoll einzusetzen.<br />

Klar gehört auch dazu, ein<br />

Foto: Shutterstock<br />

64 APRIL <strong>2015</strong>


Buchtipp<br />

Eveline Hipeli: Medien-Kids.<br />

Bewusst umgehen mit allen<br />

Medien – von Anfang an.<br />

Beobachter-Edition, 2014.<br />

216 Seiten, Fr. 39.90.<br />

Eltern tun gut daran,<br />

mit ihren Kindern<br />

regelmässig über<br />

Medien zu sprechen.<br />

Medium handhaben zu können.<br />

Aber Eltern müssen keineswegs alle<br />

Apps kennen, bei diversen sozialen<br />

Netzwerken angemeldet sein oder<br />

das Kind in seinem Lieblingsgame<br />

schlagen können, um Medienkompetenz<br />

zu vermitteln. Denn sie verfügen<br />

über Lebenserfahrung.<br />

Und diese Erfahrung gilt es im<br />

Gespräch weiterzugeben. Kinder<br />

erzählen gerne von ihren Lieblingsgeschichten<br />

und -spielen und stellen<br />

dabei viele Fragen. Haben Eltern ein<br />

offenes Ohr für diese Medienfragen,<br />

ergeben sich ganz ungezwungene<br />

Gespräche. Eltern wissen aus Erfahrung,<br />

dass bei der Kommunikation<br />

zwischen Menschen Missverständnisse<br />

entstehen können. Wie schnell<br />

ist etwas gesagt, was man so gar<br />

nicht gemeint hat – auch bei Whats-<br />

App und Co. Eltern haben am eigenen<br />

Leib erfahren, wie verführerisch<br />

Werbung wirken kann. Sie haben<br />

erlebt, wie man Medien alleine oder<br />

gemeinsam geniessen kann. Und sie<br />

wissen, wie gut es tut, wenn man<br />

einmal nicht erreichbar ist.<br />

Das Gespräch nicht erst suchen,<br />

wenn es um Regeln geht<br />

Ausserdem bestärkt es Kinder ungemein,<br />

wenn sie einmal Experten sein<br />

dürfen: Sei dies, wenn sie der Mutter<br />

ein Spiel auf dem Tablet erklären,<br />

oder wenn sie dem Vater erzählen,<br />

was ihre Lieblingsserienfigur so<br />

besonders macht. Eltern tun gut daran,<br />

mit ihren Kindern über Medien<br />

zu sprechen. Regelmässig und locker.<br />

Nicht erst, wenn es um Risiken, Nutzungszeiten<br />

und Regeln geht.<br />

Diese Abmachungen gehören<br />

selbstverständlich zum Familienalltag.<br />

Je jünger die Kinder, desto eher<br />

können Eltern die Nutzungszeiten<br />

und Medieninhalte kontrollieren.<br />

Medienregeln machen schon im<br />

Kleinkindalter Sinn und werden<br />

später im Idealfall gemeinsam mit<br />

den Kindern neu verhandelt. Das<br />

kann in jeder Familie etwas anders<br />

aussehen. Wichtig ist, dass die Heranwachsenden<br />

bei der Mediennutzung<br />

begleitet werden und mediale<br />

Beschäftigungen und nichtmediale<br />

Tätigkeiten in einer guten Balance<br />

stehen.<br />

Richtig eingesetzt bieten Medien<br />

viele Chancen. Medienkompetenz<br />

zu vermitteln ist nicht kompliziert,<br />

aber es braucht Zeit – im Elternhaus<br />

und von Seiten der Schule. Diese<br />

Investition in die Zukunft der Kinder<br />

lohnt sich allemal.<br />

Eveline Hipeli<br />

Dr. phil., Kommunikationswissenschaftlerin,<br />

Medienpädagogin und Autorin. Als Mutter<br />

von zwei jungen Mediennutzern kennt sie<br />

die Herausforderungen des Familienalltags.<br />

APRIL <strong>2015</strong>65


Digital & Medial<br />

Fotos: ZVG<br />

Mit den Kindern von der Autobahnbrücke hinunterwinken.<br />

Rückwinkquote: 70%. Hupquote: 5%. Jubelnde Kinder: 100 %.<br />

«Das sind Unbekannte,<br />

die dich da sehen!»<br />

Interview: Bianca Fritz<br />

Bei Younow senden vor allem Jugendliche<br />

arglos Live-Videos aus ihren Zimmern – zum<br />

Schrecken von Jugendschützern. Wir haben<br />

bei Mediendozent und Vater Rolf Deubelbeiss<br />

nachgefragt, wie Eltern damit umgehen sollten.<br />

Herr Deubelbeiss, ich habe heute Jugendlichen<br />

bei den Hausaufgaben zugesehen.<br />

Sehr spannend war das nicht. Worin liegt<br />

die Faszination von Younow?<br />

Es geht darum, sich in Szene zu setzen und<br />

etwas mitzuteilen, was man selbst relevant<br />

findet. Und via Live-Chat direkt Feedback<br />

darauf zu erhalten. Zudem ist Younow schlicht<br />

eine Kommunikationsplattform – man trifft<br />

sich und tauscht sich aus.<br />

Welche Rolle spielt es dabei, dass die Bilder<br />

live gesendet werden?<br />

Das macht eine viel direktere Interaktion<br />

möglich als zum Beispiel bei YouTube oder<br />

Facebook, wo ich Beiträge erst fertigstelle<br />

und dann poste. Das ist attraktiv und zugleich<br />

gefährlich. Es fehlt die Zeit, darüber nachzudenken,<br />

ob es eigentlich schlau ist, etwas<br />

direkt einem anonymen Publikum zu sagen.<br />

Viele vergessen auch, dass der Bildhintergrund<br />

private Informationen zeigt. Zum Beispiel den<br />

kleinen Bruder im selben Zimmer.<br />

Tweet von @froumeier<br />

Eine spannende Information für Pädophile.<br />

Ich bin erstaunt, wie leichtfertig einzelne<br />

Jugendliche Privates von sich erzählen. Jede<br />

Information, die man preisgibt, kann verletzlich<br />

machen. Dass die Adresse und die Telefonnummer<br />

nicht an die Öffentlichkeit gehören, sollte<br />

selbstverständlich sein. Bei anderen Informationen<br />

ist die Entscheidung schon nicht mehr<br />

so klar: Soll ich sagen, ob ich einen Freund<br />

habe, oder ist das zu privat? Die Herausforderung,<br />

Privates zu schützen und die Trennlinie<br />

für sich zu finden, bleibt immer dieselbe – nur<br />

das Medium ist neu.<br />

Umso wichtiger sind vermutlich Gespräche<br />

zwischen Eltern und Kindern …<br />

So ist es. Verteufeln und nur von der Gefahr<br />

zu reden bringt nichts. Fragen Sie interessiert<br />

nach! Lassen Sie sich zeigen, was daran<br />

faszinierend ist, vielleicht auch, wo man die<br />

Younow-Nutzungsregeln findet, und fragen<br />

Sie ihr Kind, was es okay findet und was nicht.<br />

So entsteht ganz automatisch ein kritisches<br />

Gespräch. Ich würde aber auch versuchen,<br />

die Altersgrenze durchzusetzen: Unter 13<br />

Jahren sollte man sich nicht auf Younow<br />

anmelden. Versuchen Sie dem Jugendlichen<br />

auch ein gesundes Misstrauen mitzugeben:<br />

«Das ist nicht einfach nur eine Kamera – das<br />

sind Unbekannte, die dich da sehen. Also<br />

solltest du ihnen auch nicht mehr verraten als<br />

Unbekannten auf der Strasse.»<br />

Zu denen sagt man im Normalfall doch<br />

gar nichts?<br />

Die Plattform hat auch Potenzial für ganz<br />

andere Inhalte. Spannende Menschen, die<br />

interessante Beiträge liefern – Meinungsmacher<br />

oder solche, die wirklich auch inhaltlich<br />

fundiert über Themen berichten möchten.<br />

ar<br />

App-Kritik:<br />

Botanicula,<br />

der fantastische<br />

Rätsel-Baum<br />

Fritz+Fränzi-App<br />

downloaden,<br />

starten, Seite<br />

scannen und Szenen<br />

aus dem Spiel<br />

Botanicula sehen.<br />

Bei Botanicula geht es darum, einen<br />

Baum von spinnenartigen Parasiten zu<br />

befreien, indem man den letzten Samen<br />

des Baumes rettet. Das ist die Mission<br />

von fünf befreundeten Baum-Tierchen.<br />

Um Rätsel zu lösen oder gesuchte Gegenstände<br />

zu finden, tippt oder wischt man<br />

sich durch eine magische und fantasievolle<br />

Welt – die ganz wundervoll gestaltet ist.<br />

Doch ist sie auch ganz schön verzweigt,<br />

im wahrsten Sinne des Wortes. Die Grafik<br />

und die Sounds der tschechischen Band<br />

DVA sind einzigartig und die App wurde<br />

mit einigen Preisen ausgezeichnet.<br />

Botanicula kommt ohne Text aus und hat<br />

eine lange Spieldauer. Hier und da ist es<br />

ziemlich knifflig, daher empfehlen wir<br />

die App ab einem Alter von 8 Jahren.<br />

Botanicula gibt es nur für das iPad und<br />

die App kostet 5 Franken.<br />

App-Kritik wurde mit freundlicher<br />

Genehmigung von ene-mene-mobile.de<br />

veröffentlicht – der Webseite für Kinder-<br />

App-Rezensionen von zwei jungen Frauen<br />

aus Berlin.<br />

66 APRIL <strong>2015</strong>


17 %<br />

der Jugendlichen schalten ihr Smartphone nachts auf lautlos oder aus.<br />

Bei einem konventionellen Handy sind es 47%. Wer im Bett digitale Medien<br />

nutzt, hat ein höheres Risiko für Schlafprobleme und Depressionen. Das<br />

fanden Psychologen der Universität Basel in einer Schülerbefragung heraus.<br />

Malala als Hörbuch<br />

Fotos: ZVG<br />

Lehrstellen<br />

via WhatsApp<br />

Auf was reagieren Jugendliche am<br />

schnellsten? Auf Nachrichten, die<br />

in ihrem WhatsApp-Ordner landen.<br />

Das macht sich der Lehrstellentreffpunkt<br />

yousty.ch zunutze<br />

und bietet neu einen besonderen<br />

Service: Wer eine Lehrstelle in<br />

einer bestimmten Berufsgruppe<br />

oder Region sucht, kann dies als<br />

Suchabo speichern. Die jeweils<br />

aktuellsten Angebote bekommt<br />

er dann aber eben nicht nur per<br />

E-Mail zugeschickt, sondern auf<br />

Wunsch via WhatsApp aufs Handy.<br />

Das soll die Reaktionszeit und die<br />

Aufmerksamkeit erhöhen, wie<br />

es im Medienkommuniqué des<br />

Anbieters heisst. Auf der Lehrstellenplattform<br />

Yousty im Internet<br />

erhält man einen Einblick in Ausbildungsberufe<br />

– und zwar von<br />

den Lernenden selbst in kurzen<br />

Videos. Ausserdem kann man<br />

sich mit wenigen Klicks für eine<br />

Schnupperlehre bewerben.<br />

www.yousty.ch<br />

Es ist unmöglich, von Malala Yousafzai,<br />

der jüngsten Trägerin des Friedensnobelpreises,<br />

nicht beeindruckt zu sein. Einer<br />

jungen Frau, die schon als Mädchen dafür<br />

gekämpft und ihr Leben riskiert hat,<br />

dass Mädchen wie sie zur Schule gehen<br />

können. Wie kann man Jugendlichen aus<br />

der Schweiz ihre Geschichte und ihre<br />

Motive näherbringen? Besonders, wenn<br />

sich diese morgens nur ungerne für die<br />

Schule aus den Federn quälen? Das<br />

geht am leichtesten mit dem Hörbuch<br />

«Malala. Meine Geschichte». Die junge<br />

Sprecherin Leonie Landa liest so authentisch,<br />

dass man Malala vor sich sieht. Die<br />

Geschichte ist so detailreich, dass man<br />

sich inmitten pakistanischer Strassen<br />

wähnt. Und dabei wird vor allem eines<br />

klar: dass Malala keine unnahbare Heldin,<br />

sondern ein ganz normales Mädchen<br />

ist, deren Lieblingssendung «Shakalaka<br />

BoomBoom» heisst und die auch schon<br />

ihre beste Freundin beklaut hat. Jeder<br />

und jede kann also Malala sein.<br />

Malala Yousafzai: Malala. Meine<br />

Geschichte. Jumbo Neue Medien,<br />

<strong>2015</strong>. Spieldauer 337 Minuten,<br />

Fr. 17.90, ab 12 Jahren<br />

ar<br />

Smartphone-Film<br />

selbstgemacht<br />

Wie nutzen Jugendliche Medien? Diese Frage<br />

beantworten sie am besten selbst. In einem<br />

Projekt von Jugendarbeitern, Sucht- und Jugendberatung<br />

bekommen 11- bis 13-Jährige die Chance,<br />

einen Kurzfilm zu drehen und zu schneiden – und<br />

das nur mit ihrem Smartphone. Darin setzen sie<br />

sich mit ihrer eigenen Mediennutzung auseinander.<br />

Der Clou: Am Ende der Projektwoche werden<br />

Eltern, Freunde und Interessierte zur Premiere der<br />

Smartphone-Filme eingeladen und dürfen den jungen<br />

Filmemachern Fragen stellen. Schliesslich<br />

sind sie die Experten. Die Projektwoche findet vom<br />

27. bis 30. April im Gemeindezentrum Riesbach in<br />

Zürich statt und die Teilnahme kostet zwischen<br />

40 und 70 Franken. Weitere<br />

Fritz+Fränzi-App<br />

laden, starten, diese<br />

Seite scannen und<br />

einen Film eines<br />

Jugendlichen über<br />

das Projekt<br />

ansehen.<br />

Informationen zum<br />

Projekt Smartfilm<br />

unter www.gz-zh.<br />

ch/gz-riesbach.<br />

Die Anmeldung ist<br />

bis zum 15. April<br />

möglich.<br />

APRIL <strong>2015</strong>67


Digital & Medial<br />

Dem Team verpflichtet<br />

Onlinespiele, die in der Gruppe gespielt werden, nehmen Kinder und Jugendliche<br />

ähnlich in Beschlag wie die Mitgliedschaft in einem Verein. Nur Eltern, die sich<br />

auskennen, können Kompromisse schliessen. Text: Marc Bodmer<br />

Im Zeitalter von Breitband-Internetanbindungen<br />

und Smartphones rückt das Online-Gaming in<br />

den Fokus besorgter Eltern. Wie bei einer Fussballmannschaft<br />

übernehmen einzelne Spieler in<br />

«League of Legends», «Guild Wars» oder im neuen<br />

Actiongame «Evolve» eine bestimmte Funktion in<br />

einer Gruppe. Gemeinsam zieht man los, um Heldentaten<br />

zu vollbringen. Und wenn jeder seine Rolle erfüllt,<br />

ist der Sieg doppelt süss. Der Wettbewerb gegen den<br />

Computer erscheint blass und langweilig, wenn man<br />

menschliche Gegner hat oder online zu einem Team<br />

gehört.<br />

Doch diese Mannschaftszugehörigkeit hat ihren<br />

Preis: Der Spieler verpflichtet sich zum Zeitpunkt x<br />

online zu sein. Also ganz ähnlich dem Fussballmatch<br />

am Wochenende. Auch hier kann sich der Torwart nicht<br />

mitten im Spiel verabschieden, weil die Mutter zum<br />

Mittagessen ruft. Doch so selbstverständlich dies beim<br />

Sport ist, so schwierig ist es, diese Regel bei Online-<br />

Foto: ZVG<br />

Marc Bodmer<br />

schreibt seit über 20 Jahren über Videospiele<br />

und ist Vater eines zehnjährigen<br />

Sohnes. Mehr unter www.marcbodmer.com<br />

Games den nichtwissenden Eltern zu vermitteln. Die<br />

Folge: immer wiederkehrende Diskussionen und Familienstreit.<br />

Die Psychologin Isabel Willemse empfiehlt Eltern<br />

solchen Herausforderungen zu begegnen, indem sie sich<br />

informieren. Eltern sollten wissen, welches Game<br />

gespielt wird und wie lange durchschnittliche Spielrunden<br />

dauern. Zurzeit wird in den Jugendzimmern vor<br />

allem der Team-Shooter «Evolve» gezockt. Als Teil eines<br />

Viererteams, bestehend aus Fallensteller, Unterstützer,<br />

Schütze und Sanitäter, jagt man ein Monster, das wiederum<br />

von einem anderen Spieler gesteuert wird. Nur<br />

eine eingespielte Mannschaft hat eine Chance gegen das<br />

wachsende Ungetüm. Ist das Tier erst einmal ausgewachsen,<br />

werden die Jäger zu den Gejagten.<br />

«In Evolve online gegen andere Spieler anzutreten,<br />

kann eine Menge Druck erzeugen. In der Offline-Version<br />

kann jeder das gesamte Spiel auch alleine mit oder<br />

gegen die künstliche Intelligenz spielen», sagt Chris<br />

Ashton, der Mitgründer der Turtle Rock Studios, die<br />

«Evolve» entwickelt haben. Eine durchschnittliche<br />

Online-Spielrunde dauert 10 Minuten. Solche Häppchen<br />

lassen sich weit besser in den Alltag einfügen als<br />

Einsätze in Online-Rollenspielen, die sich über Stunden<br />

hinziehen können. Wenn Eltern solche Spielcharakteristika<br />

kennen, können sie entsprechende Regeln mit<br />

ihren Kindern vereinbaren. Auf diese Weise lässt sich<br />

Ärger am einfachsten vermeiden.<br />

Evolve, Turtle Rock Studios,<br />

ab 16 Jahren, Xbox One,<br />

Playstation 4 und Windows PC<br />

68 APRIL <strong>2015</strong>


Digitaler Knigge<br />

Vor über 200 Jahren schrieb Adolph Freiherr von Knigge<br />

«Über den Umgang mit Menschen». Wir zitieren daraus<br />

Ratschläge und übersetzen sie für die Kommunikation<br />

von Heranwachsenden im Netz. Text: Michael In Albon<br />

Foto: Martin Sigmund / plainpicture<br />

Knigge schrieb 1788: Jeder Mensch<br />

gilt in dieser Welt nur so viel, als<br />

wozu er sich selbst macht.<br />

Für die Gegenwart bedeutet dies:<br />

Kommunizieren mit Bild ist beliebt<br />

– per Skype oder Instagram etwa.<br />

Machen Sie Ihrem Kind bewusst,<br />

dass der Chatpartner damit auch<br />

einen Einblick in seine Privatsphäre<br />

erhält. Je nachdem wie der Computer<br />

steht, sieht das Gegenüber also<br />

den zugemüllten Schreibtisch, das<br />

One-Direction-Poster an der Wand,<br />

den Teddy auf dem Stuhl oder die<br />

verstreute schmutzige Wäsche.<br />

Wer unteilnehmend, ohne Sinn für<br />

Freundschaft, Wohlwollen und<br />

Liebe, nur sich selber lebt, der<br />

bleibt verlassen, wenn er sich nach<br />

fremdem Beistande sehnt.<br />

Das Netz scheint anonym, ist es aber<br />

nicht – gegenüber sitzt ein Mensch.<br />

Erklären Sie Ihrem Kind: «Auch<br />

wenn du den anderen weder sehen<br />

noch anfassen kannst, kommuniziere<br />

so mit ihm, als stündest du ihm<br />

gegenüber – höflich, anständig und<br />

mit derselben Vorsicht, die du bei<br />

einem Fremden auf der Strasse an<br />

den Tag legst.»<br />

Belästige nicht die Leute, mit<br />

welchen du umgehst, mit unnützen<br />

Fragen.<br />

Oft sind wir zu faul, selbst eine Antwort<br />

zu finden. Wer schon ein Forum<br />

besucht hat, stellt fest: Fast immer<br />

gibt es einen Nutzer, der einen Teilnehmer<br />

darauf hinweist, dass seine<br />

Frage bereits besprochen und behandelt<br />

worden ist. Darum: die vorhandenen<br />

Möglichkeiten ausschöpfen,<br />

bevor man via Mail, Forum, Kommentar<br />

und soziale Netzwerke digitalen<br />

Abfall produziert.<br />

Vorsichtigkeit ist im Schreiben<br />

noch weit dringlicher als im Reden<br />

zu empfehlen […]. Ein einziges<br />

hingeschriebenes unauslöschliches<br />

Wort […] hat manches Menschen<br />

Ruhe und oft auf immer den Frieden<br />

einer Familie zerstört.<br />

Geben Sie Ihrem Kind folgenden<br />

Ratschlag auf den Weg: «Verfasse<br />

deine Beiträge in Ruhe und lies sie<br />

noch einmal aufmerksam durch,<br />

bevor du sie postest. Denn ist das<br />

Geschriebene erst einmal im Netz,<br />

kannst du es oft nicht mehr löschen<br />

oder korrigieren.»<br />

Ist Ihr Kind wütend oder verletzt?<br />

Dampf ablassen hilft, und die<br />

Antwort niederzuschreiben, ist eine<br />

Möglichkeit dafür. Dann aber tief<br />

durchatmen und den Text mindestens<br />

zwei Stunden ruhen lassen, besser<br />

über Nacht. Oft erübrigt es sich<br />

dann, den Text zu posten oder zu<br />

versenden. Denn schon das Schreiben<br />

hat heilende Wirkung.<br />

Bei offiziellen Nachrichten an die<br />

Schule oder den Arbeitgeber gilt<br />

zudem die Rechtschreibung. Dabei<br />

hilft es, einen Text noch einmal auf<br />

Papier zu lesen, auch wenn das nach<br />

vorgestern klingt. Kleingeschriebene<br />

Substantive und ganze Wörter in<br />

Grossbuchstaben sind tabu. Ersteres<br />

ist mühsam zu lesen und Letzteres<br />

wirkt, als würde man den Empfänger<br />

anschreien.<br />

Strebe nach Vollkommenheit, aber<br />

nicht nach dem Scheine der<br />

Vollkommenheit und Unfehlbarkeit!<br />

Sammelt Ihr Kind Likes? Das tut<br />

zwar durchaus gut, sagt aber nichts<br />

über Freundschaft aus. Vermitteln<br />

Sie Ihrem Kind, dass es für echte<br />

Freundschaft mehr braucht als einen<br />

Mausklick. Man kann mit «digitalen»<br />

Freunden an gemeinsamen<br />

Projekten arbeiten und so Nähe und<br />

Einmaligkeit schaffen – mit einem<br />

Wechselroman oder einem Fotoduell<br />

zum Beispiel.<br />

Michael In Albon<br />

ist Jugendmedienschutz-Beauftragter<br />

von Swisscom.<br />

Auf Medienstark finden Sie Tipps und interaktive<br />

Lernmodule für den kompetenten Umgang mit<br />

digitalen Medien im Familienalltag.<br />

swisscom.ch/medienstark<br />

APRIL <strong>2015</strong>69


Service<br />

Auf und davon<br />

In die Berge? Oder auf den Bauernhof? Mit dem Planwagen oder lieber mit dem Velo?<br />

Das Angebot an Familienreisen ist riesig. Fritz+Fränzi zeigt Ihnen die neusten Trends.<br />

Und sagt, worauf Sie bei der Planung achten müssen. Text: Virginia Nolan Fotos: Swiss-Image<br />

Aktivferien<br />

stehen bei<br />

Familien hoch<br />

im Kurs.<br />

Familien mit Kindern machen Lärm, haben<br />

Sonderwünsche, und obendrein sitzt ihnen<br />

der Geldbeutel nicht ganz so locker. Umso<br />

mehr erstaunt es, wie die Tourismusbranche<br />

sie dieser Tage umgarnt. Prospekte für Familienferien<br />

flattern ins Haus, in Bahnhofshallen hängen<br />

Plakate, von denen selig Mutter, Vater und Kind lächeln<br />

– beim Biken, Wandern oder Sandburgenbauen. «Reiseanbieter<br />

haben Familien als Zielpublikum neu entdeckt»,<br />

sagt Damian Pfister, Vizedirektor bei der Reka.<br />

«Lange waren sie aufgrund ihrer geringen Kaufkraft<br />

uninteressant. Heute gibt es immer mehr Familien, die<br />

für ihre Ferien tiefer ins Portemonnaie greifen.» Die<br />

Reka merkt dies laut Pfister etwa an der steigenden Zahl<br />

an Konkurrenten: «Früher konnten wir ein Feriendorf<br />

eröffnen, und es funktionierte fast überall. Das ist nicht<br />

mehr so einfach. Alle buhlen um Familien.» Diesen Eindruck<br />

bestätigt Schweiz Tourismus (ST). «Es ist eine<br />

eher neue Entwicklung, dass Familien so begehrt sind»,<br />

sagt Sprecher Alain Suter. Als weitere gute Nachricht<br />

hält er bereit, dass auch die Angebote fürs kleine Budget<br />

so vielfältig wie nie seien. In der Tat: Ich kenne keine<br />

Familie, die sich Ferien nicht leisten könnte. Aber dafür<br />

zahlreiche, die sich darüber den Kopf zerbrechen, wie<br />

70 APRIL <strong>2015</strong>


der ideale Urlaub aussehen soll. Im Dschungel der Möglichkeiten<br />

eine gescheite Wahl zu treffen, darin scheint<br />

für uns Glückliche die Herausforderung zu liegen.<br />

Fritz+Fränzi leistet an dieser Stelle Entscheidungshilfe<br />

– mit Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Thema<br />

Familienferien.<br />

Wohin geht’s?<br />

Das, was die anderen treiben, beeinflusst auch unsere<br />

Konsumentscheidungen. Beim Reisen ist das nicht<br />

anders – und offenbar ist der Katzensprung ein Trend.<br />

Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so<br />

nah? 2013 waren 64 Prozent der Familien, die in der<br />

Schweiz Ferien machten, Einheimische. Das besagt der<br />

«Tourismus Monitor Schweiz 2013», eine Umfrage von<br />

Schweiz Tourismus, an der 14 000 Feriengäste teilnahmen.<br />

Zudem zeige sich, sagt Sprecher Suter, dass Familien<br />

ihre Ferien vermehrt «auf eigene Faust gestalten»,<br />

etwas entdecken wollten, ohne dass sie jemand dazu<br />

anleite. Ähnliches ergibt die Nachfrage beim Reiseveranstalter<br />

Hotelplan Suisse. «Pauschalreisen werden weniger<br />

gebucht», sagt Sprecherin Prisca Huguenin-dit-<br />

Lenoir, «der Wunsch nach Individualität ist gross.» Und:<br />

Hotelplan Suisse zählt über 40 Prozent Kunden, die mit<br />

dem Auto verreisen.<br />

Was passt zu uns?<br />

«Familien wollen zurück zur Natur», da ist sich ST-<br />

Sprecher Suter sicher, «der Bio-Lifestyle liegt voll im<br />

Trend.» Wenn Ihnen da jemand aus der Seele spricht,<br />

freuen Sie sich, denn es gibt eine ganze Menge von Ferienangeboten<br />

im Grünen. Die umfassendste Übersicht<br />

bietet www.agrotourismus.ch mit sämtlichen Übernachtungsmöglichkeiten<br />

auf Schweizer Bauernhöfen, vom<br />

Schlafplatz im Stroh bis zur komfortabel eingerichteten<br />

Ferienwohnung.<br />

Eine weitere Möglichkeit, Tiere und Natur hautnah<br />

zu erleben, sind Ferien mit Pferd und Planwagen. Der<br />

Veranstalter www.eurotrek.ch bietet das Abenteuer im<br />

Jura und im Ausland an. Die Familie bereist mit Pferd<br />

und Wagen eine Route ihrer Wahl und lernt mit ein paar<br />

Kniffen das Kutscherhandwerk. Geschlafen und gegessen<br />

wird bei Bauernfamilien.<br />

Wem die Rösser nicht geheuer sind, der setzt auf den<br />

Drahtesel. Spezialisten in Sachen Familien-Veloferien<br />

sind www.baumeler.ch oder www.twerenbold.ch. Beim<br />

Anbieter www.swisstrails.ch ist der Gepäcktransport<br />

inklusive, Kooperationspartner sind unter anderem<br />

Schweizer Ferien-Bauernhöfe, die sportlichen Familien<br />

ein gemütliches Nachtlager bieten.<br />

Auch auf Sonnenhungrige wartet eine Riesenauswahl,<br />

buchbar etwa auf www.hotelplan.ch oder<br />

www.tui.ch. Am günstigsten sind Pauschalreisen, im<br />

Preis inbegriffen sind wahlweise nur Flug und Übernachtung<br />

oder gleich jeder Drink an der Bar. Im Allinclusive-Resort<br />

wird die Rasselbande dauerbespasst<br />

und ist irgendwann so hundemüde, dass den Eltern nur<br />

noch der Job bleibt, sie ins Bett zu schaffen. Das gibt<br />

Müttern und Vätern mehr Freiraum – den aber nicht<br />

alle geniessen können, weil in manchem Familienresort<br />

die Betriebsamkeit einer Bahnhofshalle herrscht.<br />

Wer bestimmt?<br />

Der Spass der Kinder steht zuoberst auf der Prioritätenliste,<br />

die Erholung der Eltern zuunterst. Dies legt eine<br />

Umfrage der deutschen Ferienhausvermittlung FeWodirekt<br />

nahe, die letztes Jahr 1800 Mütter zu ihren Sommerferien<br />

befragte. 60 Prozent der Frauen war es am<br />

wichtigsten, dass die Kinder glücklich sind, nur ein<br />

Drittel von ihnen dachte auch an die eigene Erholung,<br />

und magere 13 Prozent erhofften sich etwas Zweisamkeit<br />

mit dem Partner. Tobias Wann, Deutschland-Chef von<br />

FeWo-direkt, erklärt: «Familien befinden sich im ständigen<br />

Spagat zwischen Beruf, Schule, Kinderbetreuung<br />

und Hausarbeit. Sie haben nur wenige Gelegenheiten,<br />

das Zusammenleben ausgiebig zu zelebrieren. Ein<br />

Urlaub ermöglicht es ihnen.» Die Beweggründe sind<br />

nachvollziehbar, doch wenn Eltern dasselbe erwartet<br />

wie zu Hause – kochen, putzen, alles im Auge behalten<br />

– sind Spannungen vorprogrammiert.<br />

Ein schlauer Mittelweg bei erschöpflichem Budget<br />

könnten zum Beispiel Ferien in einem Reka-Dorf sein.<br />

Da hat sich in Sachen Wohnkomfort viel getan, und<br />

vielerorts gibt es noch mehr Entlastungsangebote für<br />

Eltern. Dazu gehören neben der kostenlosen Kinderbetreuung<br />

neuerdings auch gastronomische Angebote für<br />

alle, die nicht selbst kochen wollen. Auch viele Schweizer<br />

Jugendherbergen haben sich ein neues Kleid >>><br />

Erleben Familien im Urlaub<br />

dasselbe wie zu Hause, sind<br />

Spannungen vorprogrammiert.<br />

APRIL <strong>2015</strong>71


Service<br />

Für Sparfüchse lohnt sich ein<br />

Besuch bei unseren<br />

Nachbarn in Österreich.<br />

>>> verpasst und dürften vor allem Teenager begeistern.<br />

Um- oder neugestaltete Häuser wie in Gstaad, Basel<br />

oder Saas-Fee sind die Würfe gefeierter Architekten.<br />

Grosses Design für kleines Geld – auch darin kann für<br />

Eltern ein Mehrwert liegen.<br />

Was darf es kosten?<br />

Der Preis bleibt für Schweizer eines der Hauptkriterien,<br />

wenn es um Ferien geht. Das zweitwichtigste sogar, wenn<br />

es nach dem «Tourismus Monitor Schweiz 2013» geht.<br />

Familien geben diesem zufolge rund zehn Prozent weniger<br />

aus als der Durchschnittstourist, die meisten von<br />

ihnen zwischen 50 und 99 Franken pro Tag. Auch der<br />

Reiseveranstalter Hotelplan Suisse analysierte 2012 die<br />

Ausgabebereitschaft von Familie Schweizer und kam auf<br />

3000 Franken pro Jahr, die eine vierköpfige Familie mit<br />

einem Monatseinkommen von 4500 Franken für Ferien<br />

ausgeben kann. Dem Durchschnittsschweizer liegt der<br />

gute Deal am Herzen. Geht es Ihnen genauso, kommen<br />

Sie leider nicht umhin, das Internet zu durchforsten.<br />

Unsere Tipps (siehe Box 1) erleichtern dieses Unterfangen.<br />

Für Sparfüchse lohnt sich ausserdem ein Besuch bei<br />

unseren Nachbarn: Gemäss Angaben von Österreich<br />

Tourismus etwa sind Ferien für Schweizer rund 20<br />

Prozent billiger geworden, seit der fixe Franken-Wechselkurs<br />

zum Euro aufgehoben wurde. Schöne Angebote<br />

finden Familien auf www.familien-kinderhotels.at oder<br />

www.austria.info/familienferien. Unter dem Motto<br />

«Bachbett statt iPad» etwa erleben Gross und Klein die<br />

Natur mit allen Sinnen, machen Feuer und baden in<br />

Wildbächen, und auf Wunsch geht’s mit dem Wildnis-<br />

Pädagogen ab in den Wald, wo die Kinder Tiere beobachten<br />

und lernen, deren Spuren zu lesen.<br />

Was heisst kinderfreundlich?<br />

Früher waren Kinder ein lästiges Anhängsel, heute<br />

bezeichnen Touristiker sie als Gäste von morgen. Das<br />

ist schön – wer böse Überraschungen vermeiden will,<br />

tut trotzdem gut daran, seinen Gastgeber im Vorfeld<br />

unter die Lupe zu nehmen. Mit dem Gütesiegel «Swiss<br />

Family Hotels» etwa dürfen sich nur Häuser schmücken,<br />

die Sie mitsamt Rasselbande willkommen heissen – und<br />

die für diese auch ausgerüstet sind. Ausserdem hat der<br />

Schweizer Tourismus-Verband bisher 21 Ferienorte als<br />

familienfreundlich gekürt, sie tragen das Label «Fami-<br />

Günstig reisen – Preisvergleich im Netz<br />

Reiseanbieter, Flüge, Hotels:<br />

www.swodoo.ch, www.holidaycheck.ch,<br />

www.tripadvisor.de, www.myswitzerland.com/<br />

preiswert<br />

Ferienwohnungen:<br />

www.reka.ch, www.interhome.ch, www.novasol.ch,<br />

www.vacando.ch, www.e-domizil.ch,<br />

www.interchalet.de, www.tripadvisor.de,<br />

www.ferienschnaeppchen.com<br />

Jugendherbergen und Hostels:<br />

www.hostelworld.com, www.gomio.com,<br />

www.tripadvisor.de<br />

Kinder wollen<br />

im Urlaub Spass<br />

haben – und<br />

etwas erleben.<br />

72 APRIL <strong>2015</strong>


lien willkommen» und garantieren eine familienfreundliche<br />

Infrastruktur im Dorf, zu der Kinderbetreuung,<br />

vielfältige Erlebnismöglichkeiten und preiswerte Pauschalangebote<br />

gehören. Hotels und Ferienorte sind einsehbar<br />

auf www.myswitzerland.com/familien.<br />

Was gibt’s für Alleinerziehende?<br />

«Mama/Papa hat Vortritt» heisst das Angebot, mit dem<br />

die Reka alleinerziehenden Müttern und Vätern mit<br />

Kindern ab drei Jahren günstige Ferien ermöglicht. Auch<br />

im malerisch über dem Bodensee gelegenen Seminarhotel<br />

Sonneblick Walzenhausen (www.sonneblick-walzenhausen.ch)<br />

sind Einelternfamilien willkommen. Viel<br />

Abenteuer für kleines Geld gibt’s ausserdem im Singleparentshouse<br />

Amden (www.singleparentshouse.ch), wo<br />

Eltern und Kinder mitten im Wander- und Skigebiet<br />

wohnen. Wer in die Ferne schweifen möchte, findet<br />

neuerdings auch beim Reiseveranstalter Hotelplan Suisse<br />

Arrangements für Alleinerziehende.<br />

Anregungen geben die Portale www.familienleben.ch,<br />

www.freizeit.ch oder die kostenlose App «Family Trips»<br />

von Schweiz Tourismus mit über 1200 Ausflugszielen,<br />

zum Herunterladen auf www.myswitzerland.com/<br />

mobile. Im Kanton Zürich warten auch die lokalen Verkehrsbetriebe<br />

mit einer aufschlussreichen Webseite auf:<br />

www.ausflugstipps.zvv.ch. Viel zu erleben gibt’s ausserdem<br />

am Hallwilersee, wo die Sozialpädagogin Christine<br />

Güttinger die Seite www.momo-erlebnisse.ch betreibt<br />

und Familien aussergewöhnliche Erlebnisse in der Natur<br />

ermöglicht. Für Tagesausflüge mit dem Velo lohnt sich<br />

ein Blick auf www.velokids.ch. Die Routen sind allesamt<br />

familienfreundlich.<br />

>>><br />

Auf der nächsten Seite lesen Sie<br />

im Interview mit RTL-Urlaubsretter<br />

Ralf Benkö, wie Familienferien gelingen.<br />

Virginia Nolan<br />

Wie gelingen Ferien zu Hause?<br />

Auch Ferien auf Balkonien machen Spass, wenn die<br />

Eltern gute Ausflugsideen auf Lager haben. Tolle<br />

dachte einmal, dass sich Familienferien<br />

und Erholung ausschliessen. Der Erstversuch<br />

mit Kind und Hund ist aber gut gelungen.<br />

Damit Sie Ihr Ziel nicht aus den Augen verlieren:<br />

Wir unterstützen die Zürcher Wanderwege.<br />

www.zkb.ch/wanderprogramm<br />

Jetzt Wanderprogramm in einer unserer Filialen holen<br />

und Wanderungen vom einfachen Spaziergang bis<br />

zur anspruchsvollen Bergtour geniessen.<br />

APRIL <strong>2015</strong>73


Service<br />

«Gute Vorbereitung<br />

ist die halbe Miete!»<br />

Als «Urlaubsretter» hilft er Touristen, für die der Familien- zum Horrortrip<br />

ausartete. Ralf Benkö aus der RTL-Serie rät Familien, aufs Kleingedruckte<br />

zu achten, wenn sie ihre Ferien buchen. Interview: Virginia Nolan<br />

Herr Benkö, wie sieht für Sie der<br />

perfekte Familienurlaub aus?<br />

«Perfekt» liegt im Auge des Betrachters.<br />

Mit unseren Kindern, die sind<br />

jetzt fünf und acht Jahre alt, ging es<br />

zuletzt vor allem ins All-inclusive-<br />

Familienhotel. Das war praktisch,<br />

weil wir vieles, was die Kinder benötigen,<br />

nicht mitschleppen mussten.<br />

Dieses Jahr verreisen wir erstmals<br />

individueller: Wir wollen ein Ferienhaus<br />

buchen. Grundsätzlich finde<br />

ich Familienferien dann gelungen,<br />

wenn jeder auf seine Kosten kommt.<br />

Wie stellt man das an?<br />

Gute Vorbereitung ist die halbe Miete.<br />

Dazu gehören einerseits Gespräche,<br />

bei denen jedes Familienmitglied<br />

seine Wünsche äussern darf,<br />

andererseits eine gute Recherche.<br />

Dabei kommen Sie leider nicht ums<br />

Kleingedruckte herum: Wenn laut<br />

Katalog ein «beheizbarer» Kinderpool<br />

vor Ort ist, heisst das nicht, dass<br />

er auch beheizt wird. Je nach Destination<br />

ist das egal, es kann uns aber<br />

auch eine Erkältung bescheren, die<br />

im Urlaub niemand will. Gleichermassen<br />

wird der viel gepriesene<br />

«Kinderklub» zum Reinfall, wenn<br />

Eltern erst vor Ort erfahren, dass er<br />

nur sporadisch geöffnet hat – oder<br />

wenn sie merken, dass ihr Kind sich<br />

mit dem Betreuungspersonal nicht<br />

verständigen kann. Es lohnt sich<br />

also, Ferienangebote im Internet<br />

unter die Lupe zu nehmen, besonders<br />

ihre Bewertung durch andere<br />

Gäste auf Portalen wie Holidaycheck<br />

oder Tripadvisor zu studieren.<br />

Schlechte Vorbereitung ist ein häufiger<br />

Grund für Ärger im Urlaub.<br />

Als Urlaubsretter in der gleichnamigen<br />

RTL-Serie helfen Sie Familien, für<br />

die der Urlaub zum Horrortrip wurde.<br />

Wir sehen schmuddelige Hotels, vergammeltes<br />

Essen, abgezockte Gäste –<br />

und nehmen an, dass Fernsehen eben<br />

übertreiben muss.<br />

Da täuschen Sie sich. Der Markt für<br />

Familienferien ist stark gewachsen,<br />

die Zahl der Anbieter förmlich<br />

explodiert. Längst nicht alle, die tollen<br />

Familienurlaub versprechen,<br />

können das auch halten. Die einen<br />

verfügen nicht über alle Angebote,<br />

die sie anpreisen, anderen fehlt das<br />

Geld, diese richtig instand zu halten.<br />

Manche Hotels lassen Wasserspielgeräte<br />

wie Rutschen einbauen – und<br />

vernachlässigen deren Wartung.<br />

Letztes Jahr führten wir in der Türkei<br />

einen Test durch: Bei fünf von sieben<br />

Hotels stiessen wir in den Pools auf<br />

Mängel, die unter Umständen hätten<br />

lebensgefährlich sein können.<br />

Zudem fanden wir lose Leitern,<br />

Schäden an Rutschen oder defekte<br />

Lampen unter Wasser.<br />

Da vergeht einem die Lust auf Ferien.<br />

Man soll nicht gleich in Panik verfallen.<br />

Es kommt sehr selten zu<br />

schlimmen Zwischenfällen, doch<br />

jeder ist einer zu viel. Eben: Wer sich<br />

im Vorfeld gut informiert, kann viel<br />

Ärger vermeiden. Und so manches<br />

hängt ja auch nicht vom Veranstalter<br />

oder vom Hotel ab. Es ist auch an<br />

den Eltern, die Reise so zu gestalten,<br />

dass sie für alle interessant wird.<br />

Klub-Besucher etwa können ihren<br />

Urlaub aufpeppen, indem sie sich<br />

nicht permanent im Resort aufhalten,<br />

sondern auch einmal ausserhalb<br />

der Anlage etwas unternehmen. Ob<br />

es dazu Möglichkeiten gibt, sollten<br />

sie im Vorfeld abklären. Wer auf das<br />

Rahmenprogramm im Familienhotel<br />

verzichten will, kann den Kindern<br />

trotzdem die Möglichkeit bieten,<br />

sich ab und zu unter ihresgleichen<br />

zu tummeln – etwa mit einem<br />

Besuch im Wasserpark. Eine gute<br />

Lösung kommt zustande, wenn jeder<br />

versucht, sich auch einmal in den<br />

anderen hineinzuversetzen.<br />

Urlaubsretter<br />

Gibt’s Probleme in den Ferien?<br />

Der Urlaubsretter steht Familien<br />

zur Verfügung: Schreiben Sie ein<br />

E-Mail an urlaubsretter@rtl.de.<br />

Ralf Benkö<br />

hat in der Hauptferienzeit besonders viele<br />

Aufträge. Daher verreist er mit seiner Frau<br />

und den zwei Töchtern nur zu Randzeiten.<br />

74 APRIL <strong>2015</strong>


Hilft Ihrem Kind sich...<br />

GRossartig<br />

Rund um die uhr<br />

zu fühlen!<br />

Unübertroffener<br />

Schutz bei<br />

Bettnässen<br />

bestellen Sie jetzt<br />

ihr Gratismuster<br />

auf drynites.ch<br />

Nachthöschen<br />

APRIL <strong>2015</strong>75<br />

® Registered trademark Kimberly-Clark Worldwide, Inc. © 2014 KCWW


Service<br />

2 3<br />

Was tun im April?<br />

1 Mit dem Mut der Verzweiflung<br />

England 1850, Zeit der Industrialisierung. Vom Stiefvater in<br />

das stinkende, sumpfige und rauchige London verdingt,<br />

kämpft das Waisenkind David Copperfield um seine<br />

Lebensträume. Er flieht zu seiner schrulligen, aber weisen<br />

Tante Betsy, die ihm rät: «Wir müssen das Unglück müde<br />

machen.» Schafft es David trotz der widrigen Umstände,<br />

seinen Platz in der Welt zu finden? Ein Stück über den Mut<br />

der Verzweiflung und die innere Kraft, stets für seine Ziele zu<br />

kämpfen – und eine zauberhafte Geschichte für alle Träumer<br />

ab 10 Jahren. Ort: Schlachthaus Theater Bern, Rathausgasse<br />

20, Bern Datum: 25., 26. April, 17. Mai Zeit: 16 Uhr Preis:<br />

Erwachsene 20, Kinder 10 Franken Informationen:<br />

www.schlachthaus.ch VERLOSUNG: Zu gewinnen sind<br />

2 mal 2 Karten (mindestens für ein Kind und einen<br />

Erwachsenen) für den 17.5. per E-Mail bis 20. April an:<br />

redaktion@fritzundfraenzi.ch mit dem Stichwort «David».<br />

2 Für kleine und grosse Köche<br />

Schleckermäuler aufgepasst: Kochen fördert die Kreativität,<br />

ist je nach Zutat gesund – und macht Spass! Gemeinsam<br />

lernen Kinder im Primarschulalter in diesem Ferien-Workshoptag<br />

viel über gesunde Ernährung, kochen leckere<br />

Gerichte und geniessen anschliessend die vielen Leckereien.<br />

Auf dem Speiseplan stehen selbstgemachte Teigwaren mit<br />

Tomatensauce oder Indianertätschli, aber auch Kinderpartyhits<br />

wie Gemüselollis, Drachenfutter oder ein Früchtefondue.<br />

Hier verderben viele Köche garantiert nicht den Brei.<br />

Ort: Kinderküche für Gross und Klein, Wachtgasse 5, Adliswil<br />

Datum: 20. April Zeit: 11 bis 13 Uhr Preis: 55 Franken<br />

Informationen: www.diekinderküche.com<br />

3 Die Sage von der Teufelsbrücke –<br />

eine musikalische Erzählung<br />

Wer kennt sie nicht, die Schweizer Sage von der Teufelsbrücke? Die wilde<br />

Schöllenenschlucht im bergigen Uri war so eng und steil, dass es trotz wiederholter<br />

Versuche nicht gelang, eine Brücke über die Reuss zu bauen. Da riefen die<br />

Urner den Teufel zu Hilfe. Und noch heute liegt sein Stein unten im Tal, nahe beim<br />

Dorf Göschenen. Ist es also wirklich nur eine Legende? Die richtigen Worte findet<br />

der Teufel persönlich, die Klänge dazu liefern die Musiker um die Sängerin<br />

Constance Jaermann. Und die Geschichte, die die Musik erzählt, geht manchmal<br />

weit über den Text hinaus. Dann wird da auf der Bühne des Gemeindezentrums<br />

Buchegg noch etwas aufgebaut. Das wird doch nicht etwa die Teufelsbrücke<br />

sein? Ort: Zürcher Gemeinschaftszentren GZ Buchegg, Bucheggstrasse 93,<br />

Zürich Datum: 15. April Zeit: 15 Uhr Preis: Erwachsene 20, Kinder 10 Franken<br />

Informationen: www.gz-zh.ch<br />

4 Burgherren aufgepasst!<br />

Der Burgherr ist auf Reisen und braucht einen Stellvertreter.<br />

Auf diesem Posten ist viel Wissen und Können gefragt. Hast<br />

du das Zeug dazu? Dann beweise es! Burgfräulein<br />

Melanie Hunziker – ihres Zeichens Kulturvermittlerin<br />

– nimmt dich mit auf ihren Parcours durchs<br />

Schloss Frauenfeld und zusammen löst ihr<br />

kniffelige Aufgaben rund um das Thema<br />

Mittelalter. Eine abenteuerliche Zeitreise für<br />

Kinder von neun bis zwölf Jahren. Ort:<br />

Historisches Museum Thurgau, Schloss<br />

Frauenfeld, Frauenfeld Datum: 16. April<br />

Zeit: 14 bis 16 Uhr Preis: 7 Franken Anmeldung:<br />

historisches.museum@tg.ch oder Telefon 058 345 73 80<br />

Informationen: www.museum-fuer-kinder.tg.ch<br />

1<br />

6 Basel<br />

35<br />

Augst<br />

Bern<br />

7<br />

Brig<br />

76 APRIL <strong>2015</strong>


Im Frühling zieht es Familien ins Freie,<br />

aber auch indoor wird ihnen einiges<br />

geboten, etwa ein Kochkurs für kleine<br />

Schleckmäuler, Klangerzählungen<br />

oder die Film-Highlights der<br />

Zauberlaterne. Doch die Begegnung<br />

mit einem Geist, die findet besser<br />

unter freiem Himmel statt.<br />

5 6<br />

Fotos: ZVG<br />

5 Auf zum Rätselrundgang<br />

Oh je! Auf den alten Grabsteinen in der Römerstadt Augusta Raurica<br />

ist nichts mehr zu entziffern. Doch solange der Verstorbene keinen<br />

Namen hat, findet sein Gespenst einfach keine Ruhe. Es benötigt<br />

ganz dringend deine Hilfe. Denn gemeinsam könnt ihr das Rätsel um<br />

den verschwundenen Namen lösen. Auf einem spannenden Rätselrundgang<br />

durch die antike Stadt weisen Duftspuren dabei den Weg.<br />

Die Schachteln, in denen die mysteriösen Gerüche eingefangen<br />

wurden, liegen bereits an der Museumskasse bereit. Ein grosser<br />

Spass für Kinder im Primarschulalter! Ort: Römerstadt Augusta<br />

Raurica, Giebenacherstrasse 17, Augst Datum: 1. Mai bis 23. Dezember<br />

Zeit: geöffnet täglich 10 bis 16 Uhr (ausser mittwochs), der<br />

Rundgang dauert etwa 1 Stunde Preis: 5 Franken Informationen:<br />

www.augustaraurica.ch<br />

6 Aladin und die Wunderlampe<br />

Ach, Aladin, du hast es schwer! Da ist ein Zauberer, der<br />

mit Hilfe der Zauberlampe alle Macht der Erde an sich<br />

reissen möchte, ein Sultan, der sich von einer Unmenge<br />

Edelsteinen blenden lässt, und ein Grosswesir, der alles<br />

hintertreiben möchte, und als wäre das nicht schon<br />

anstrengend genug, kreuzt auch noch ein Geist deinen<br />

Weg zum Herzen der Prinzessin. Und der kann selbst<br />

das Unmögliche möglich machen. Eine verzwickte<br />

Geschichte, gegossen in ein liebevoll gestaltetes<br />

Bühnenstück aus 1001 Nacht – abtauchen lohnt sich<br />

für die ganze Familie! Ort: Theater Fauteuil, Spalenberg<br />

12, Basel Datum: 18., 19. April Zeit: 15 Uhr Preis: Kinder<br />

ab 20 Franken, Erwachsene ab 25 Franken<br />

Informationen: www.fauteuil.ch<br />

3<br />

2<br />

Zürich<br />

Adliswil<br />

4 Frauenfeld<br />

Wo ist was? Unsere<br />

Freizeit-Tipps auf der<br />

Schweizer Karte.<br />

7 Ein Fall für die Borger<br />

Es sind Perlen der Filmgeschichte, die der Kino-Club Zauberlaterne<br />

Kindern und Jugendlichen zeigen möchte, um ihnen die Kunstform<br />

Film nahezubringen. Jedes Jahr bieten die Cineasten daher Kindern<br />

von 6 bis 12 Jahren ein neues Programm von neun Filmen zu einem<br />

erschwinglichen Preis. Die Vorführungen werden spielerisch pädagogisch<br />

eingerahmt: Vor der Vorstellung erhalten alle Mitglieder eine<br />

illustrierte Klubzeitschrift, die sie auf den jeweiligen Film vorbereitet.<br />

Im Kinosaal führt eine Moderation die jungen Zuschauer in den<br />

jeweiligen Film ein. Fragen werden beantwortet, Figuren diskutiert. Die<br />

nächste Vorstellung wird in Brig gegeben. Wer kein Jahres-Club-Abo<br />

gelöst hat, kann trotzdem kommen und sich von Peter Hewitts «Ein Fall<br />

für die Borger» verzaubern lassen. Ort: Kino Capitol, Furkastrasse 14,<br />

Brig Datum: 15. April Zeit: 13.45 Uhr Veranstaltungsbeginn (14 Uhr<br />

Film) Preis: 10 Franken Informationen: www.magic-lantern.org<br />

APRIL <strong>2015</strong>77


Service<br />

Vielen Dank der<br />

an die Partner und Sponsoren<br />

Stiftung Elternsein:<br />

Finanzpartner Hauptsponsoren Heftsponsor<br />

Dr. iur. Ellen Ringier<br />

Walter Haefner Stiftung<br />

Rozalia Stiftung<br />

Credit Suisse AG<br />

UBS AG<br />

Aon Risk Solution Schweiz AG<br />

Credit Suisse AG<br />

Impressum<br />

15. Jahrgang. Erscheint 10-mal jährlich<br />

Inhaltspartner<br />

Stiftungspartner<br />

Herausgeber<br />

Stiftung Elternsein,<br />

Seehofstrasse 6, 8008 Zürich<br />

www.elternsein.ch<br />

Präsidentin des Stiftungsrates:<br />

Dr. Ellen Ringier, ellen@ringier.ch,<br />

Tel. 044 400 33 11<br />

(Stiftung Elternsein)<br />

Geschäftsführer: Thomas Schlickenrieder,<br />

ts@fritzundfraenzi.ch, Tel. 044 261 01 01<br />

Verlag<br />

Fritz+Fränzi,<br />

Dufourstrasse 97, 8008 Zürich,<br />

Tel. 044 277 72 62,<br />

info@fritzundfraenzi.ch,<br />

verlag@fritzundfraenzi.ch,<br />

www.fritzundfraenzi.ch<br />

Verlagsadministration: Brigitte Guerra,<br />

b.guerra@fritzundfraenzi.ch,<br />

Tel. 044 277 72 62<br />

Verlagsassistentin: Éva Berger,<br />

e.berger@fritzundfraenzi.ch,<br />

Tel. 044 277 72 67<br />

Redaktion<br />

redaktion@fritzundfraenzi.ch<br />

Chefredaktor: Nik Niethammer,<br />

n.niethammer@fritzundfraenzi.ch<br />

Leo Truniger (Stv.),<br />

l.truniger@fritzundfraenzi.ch<br />

Bianca Fritz,<br />

b.fritz@fritzundfraenzi.ch<br />

Evelin Hartmann,<br />

e.hartmann@fritzundfraenzi.ch<br />

Dr. Eveline von Arx (wissenschaftliche Beratung),<br />

e.vonarx@fritzundfraenzi.ch<br />

Onlineredaktion:<br />

Irena Ristic, i.ristic@fritzundfraenzi.ch<br />

Redaktionelle Mitarbeit<br />

Helena Barth, Michèle Binswanger, Marc<br />

Bodmer, Martina Bortolami, Lavinia<br />

E. Damian, Susan Edthofer, Elisabeth<br />

Eggenberger, Eveline Hipeli, Sabine Hunziker,<br />

Michael In Albon, Susanne Kurz, Virginia<br />

Nolan, Franziska Peterhans, Petra Seeburger,<br />

Susanna Steimer Miller, Jürgen Steiner,<br />

Regula Thut Borner<br />

Bildredaktion<br />

13 Photo AG, Zürich, www.13photo.ch<br />

Korrektorat<br />

Brunner AG, Kriens, www.bag.ch<br />

Anzeigen<br />

Anzeigenverkauf: Brigitte Killias,<br />

b.killias@fritzundfraenzi.ch,<br />

Tel. 044 277 72 60 (vormittags erreichbar)<br />

Jacqueline Zygmont,<br />

j.zygmont@fritzundfraenzi.ch,<br />

Tel. 044 277 72 65<br />

Bettina Müller,<br />

b.mueller@fritzundfraenzi.ch,<br />

Tel. 044 577 06 88<br />

Anzeigenadministration: Brigitte Guerra,<br />

b.guerra@fritzundfraenzi.ch,<br />

Tel. 044 277 72 62<br />

Druck<br />

Oberndorfer Druckerei, Circle Printers,<br />

www.oberndorfer-druckerei.com,<br />

www.circleprinters.eu<br />

Auflage<br />

(WEMF/SW-beglaubigt 2013)<br />

total verbreitet 1<strong>03</strong> 381<br />

davon verkauft 17 206<br />

Preis<br />

Jahresabonnement Fr. 62.–<br />

Einzelausgabe Fr. 7.50<br />

iPad Fr. 3.–<br />

Abo-Service<br />

Galledia Verlag AG Berneck<br />

Karin Schwarz<br />

Tel. 0800 814 813, Fax 058 344 92 54<br />

abo.fritzundfraenzi@galledia.ch<br />

Institut für Familienforschung und -beratung<br />

der Universität Freiburg, www.unifr.ch/iff<br />

Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz,<br />

www.lch.ch<br />

Jacobs Foundation,<br />

www.jacobsfoundation.org<br />

Forum Bildung, www.forumbildung.ch<br />

Elternnotruf, www.elternnotruf.ch<br />

Pro Juventute, www.projuventute.ch<br />

Hochschule für Heilpädagogik, Zürich, www.hfh.ch<br />

Schweizerische Vereinigung der Elternorganisationen<br />

SVEO, www.sveo.ch<br />

Marie-Meierhofer-Institut für das Kind,<br />

www.mmizuerich.ch<br />

Schule und Elternhaus Schweiz,<br />

www.schule-elternhaus.ch<br />

Pädagogische Hochschule Zürich, www.phzh.ch<br />

Schweizerischer Verband alleinerziehender Mütter<br />

und Väter, SVAMV, www.svamv.ch<br />

Ein ElternForum, www.einelternforum.ch<br />

Pro Familia, www.profamilia.ch<br />

Art Direction/Produktion<br />

Partner & Partner, Winterthur,<br />

www.partner-partner.ch<br />

Für Spenden<br />

Stiftung Elternsein, 8008 Zürich<br />

Postkonto 87-447004-3<br />

IBAN: CH40 0900 0000 8744 7004 3<br />

Schweizerisches Institut für Kinder- und<br />

Jugendmedien SIKJM, www.sikjm.ch<br />

Kinderlobby Schweiz, www.kinderlobby.ch<br />

78 APRIL <strong>2015</strong>


Buchtipps<br />

Delly ist ein lautes<br />

Energiebündel mit<br />

eigener Sicht auf<br />

die Dinge – und<br />

lernt allmählich<br />

dem Schweigen<br />

zuzuhören.<br />

Olivia ist doch<br />

keine Prinzessin!<br />

Ian Falconers<br />

eigenwilliges<br />

Schweinemädchen<br />

Olivia<br />

ist deprimiert: Alle ihre Freundinnen<br />

wollen Prinzessinnen sein – dabei<br />

gibt es doch nichts Langweiligeres!<br />

Olivia jedenfalls hat grössere Pläne.<br />

Oetinger 2014, Fr. 19.90,<br />

ab 4 Jahren<br />

Fotos: ZVG<br />

Brav und angepasst war einmal. Mädchenfiguren<br />

in Kinder- und Jugendbüchern gehen selbstbewusst und<br />

voller Energie durchs Leben und bieten Rollenmodelle<br />

für Leserinnen, die sich nichts vormachen lassen.<br />

Pippis kleine Schwestern<br />

Pippi Langstrumpf ist<br />

schon eine alte Dame –<br />

fast 70 Jahre ist es her,<br />

seit die patente, freche<br />

und völlig autonome<br />

Heldin ihren Einzug in die Kinderzimmer<br />

hielt und das Bild vom<br />

angepassten, lieben Mädchen in der<br />

Kinderliteratur gehörig durcheinanderbrachte.<br />

Seither hat Pippi zum Glück viele<br />

kleine Schwestern erhalten, ja die<br />

Kinder- und Jugendliteratur strotzt<br />

geradezu von starken Mädchenfiguren.<br />

Delly beispielsweise, die Heldin<br />

in Katherine Hannigans Kinderroman<br />

«Die Wahrheit, wie Delly sie<br />

sieht», sprüht vor Energie und Kreativität<br />

– was sich auch in ihrer Sprache<br />

niederschlägt, die sie ganz nach<br />

Die Wahrheit, wie Delly sie sieht<br />

Gutdünken anpasst, so dass es im<br />

Anhang ein «Dellexikon» braucht.<br />

Diese Delly rutscht von einem<br />

«ADellteuer» ins nächste und sorgt<br />

für mehr Chaos, als ihr selbst lieb<br />

ist. Wie Pippi will sie eigentlich nur<br />

helfen, was ihr aber nie ganz so<br />

gelingt, wie sie es sich eigentlich<br />

vorgestellt hat. Doch dann nähert<br />

sie sich langsam dem neuen Mädchen<br />

in der Klasse an, das so ganz<br />

anders ist als Delly: verschlossen<br />

und unnahbar.<br />

Trotz einer nicht ganz einfachen<br />

Thematik ist die Geschichte einer<br />

Freundschaft mit viel Charme und<br />

Liebenswürdigkeit erzählt – «fantabelhaft»,<br />

wie Delly sagen würde.<br />

Katherine<br />

Hannigan:<br />

Die Wahrheit,<br />

wie Delly sie sieht.<br />

Hanser 2014,<br />

Fr. 22.90,<br />

ab 11 Jahren<br />

Wildhexe<br />

Wildhexen sind<br />

starke Frauen<br />

mit besonderen<br />

Begabungen –<br />

das Mädchen<br />

Clara ist eine<br />

davon und erlebt<br />

in dieser erfrischenden,<br />

humorvollen Serie von<br />

Lene Kaaberbøl fantastische Abenteuer<br />

mit wilden Tieren.<br />

Bisher 5 Bände. Hanser 2014/<strong>2015</strong>,<br />

Fr. 19.90, ab 10 Jahren<br />

So rot wie Blut<br />

– So weiss wie<br />

Schnee<br />

Die Finnin Salla<br />

Simukka<br />

zeichnet in den<br />

zwei bis jetzt<br />

erschienenen<br />

Bänden der<br />

Thriller-Trilogie mit der Heldin<br />

Lumikki die Figur einer toughen,<br />

unabhängigen, scharf analysierenden<br />

Jugendlichen.<br />

Arena 2014/<strong>2015</strong>, Fr. 22.90,<br />

ab 14 Jahren<br />

Verfasst von Elisabeth Eggenberger,<br />

Mitarbeiterin des Schweizerischen<br />

Instituts für Kinder- und Jugendmedien<br />

SIKJM. Auf www.sikjm.ch sind<br />

weitere Buchempfehlungen zu finden.<br />

APRIL <strong>2015</strong>79


Pro & Kontra<br />

Ein Haustier fürs Kind?<br />

Fritz+Fränzi-Redaktorin<br />

Bianca Fritz hätte immer<br />

gerne auf einem<br />

Bauernhof gelebt.<br />

Studentin Helena<br />

Barth wohnt mit ihrem<br />

Freund und ohne Tiere<br />

in Basel.<br />

Pro<br />

Mein erstes Kaninchen habe ich mit drei Jahren an<br />

einer Losbude gewonnen. Der Hoppler hatte leider<br />

ein kurzes Leben: Er war ein Freigänger und hat<br />

giftige Friedhofsblumen verspeist. Trotzdem glaube<br />

ich, dass mit ihm alles anfing. Denn wie viele Kinder<br />

lag ich meinen Eltern ständig wegen Haustieren in<br />

den Ohren. Mit Erfolg: Ein Kaninchen nach dem<br />

anderen zog bei uns ein. Ich lernte dabei, Verantwortung<br />

zu übernehmen. Denn Füttern und Stallsäubern<br />

waren meine Aufgaben. Dafür durfte ich<br />

stundenlang kraulen und dem Hasi bei Liebeskummer<br />

das Fell nassheulen. Tiere machen einfach<br />

glücklich, davon bin ich überzeugt. Und wenn ich<br />

mich mal nicht genug kümmerte, hatte das sofort<br />

Konsequenzen und unser Hase zog bei Opa ein.<br />

Eine schwere Strafe, weil dieser weit weg wohnte<br />

und sich die beiden beneidenswert gut verstanden.<br />

Daraus habe ich gelernt: Seit ich ausgezogen bin,<br />

wurde jede Haustieranschaffung bis ins kleinste<br />

Detail durchdacht. Was zur Folge hatte, dass ich als<br />

Berufstätige mit kleiner Wohnung lange nur Hamster<br />

haben konnte. Erst vor einem halben Jahr habe<br />

ich einen Hund in mein Leben gelassen – nach 2,5<br />

Jahren Planung und Vorbereitung. Ich behaupte<br />

mal, so verantwortungsbewusst gehen einige Menschen<br />

nicht einmal das Kinderkriegen an.<br />

Kontra<br />

Viele wundern sich, dass ich beim Thema Haustiere<br />

eine so strenge Meinung vertrete. Ich besass nie ein<br />

Haustier. Das bedeutet aber nicht, dass ich Tiere<br />

nicht mag. Und nein, ich habe auch keine Tierhaarallergie.<br />

Als Kind wünschte ich mir eine Katze. Meine<br />

Eltern waren dagegen. Als mein Bruder ein<br />

Meerschweinchen wollte, stimmten sie zu. Da er<br />

schon 16 war, würde er die Verantwortung für vier<br />

Meerschweinchen übernehmen können – dachten<br />

meine Eltern. Ein Fehler, wie sich schnell herausstellte.<br />

Denn bald fütterten meine Eltern die Tiere<br />

und kamen für die Kosten auf. Als mein Bruder<br />

letzten Sommer von zu Hause auszog, liess er die<br />

Meerschweinchen bei meinen Eltern. Ich glaube,<br />

Kinder und Jugendliche können schlecht abschätzen,<br />

wie viel Arbeit ein Haustier mit sich bringt.<br />

Zudem ist der Wunsch nach einem Hamster oder<br />

einem Meerschweinchen oft egoistisch geprägt.<br />

Wenn man sich nicht mehr um das Tier kümmern<br />

will, bringt man es einfach ins Tierheim. Das geht<br />

doch nicht. Ein Haustier ist wie ein Familienmitglied;<br />

so sollte es auch behandelt werden. Ich werde<br />

keine Haustiere halten – und ich werde es auch meinen<br />

Kindern nicht erlauben. Falls sie sich als<br />

Erwachsene für einen Hund oder eine Katze entscheiden,<br />

müssen sie sich selber um sie kümmern.<br />

80 APRIL <strong>2015</strong>


Service<br />

1001 Adressen<br />

Sie finden noch<br />

mehr Adressen auf<br />

www.fritzundfraenzi.ch<br />

Die wichtigsten Institutionen, Stellen und Vereine, die Eltern informieren<br />

und unterstützen – von Kinderbetreuung über Rechtshilfe bis Suchtberatung.<br />

opferhilfe-sg.ch<br />

www.opferhilfe-sg.ch<br />

Beratungsstelle<br />

Nottelefon für<br />

Frauen – gegen<br />

sexuelle Gewalt<br />

Postfach, 8026 Zürich<br />

Tel. 044 291 46 46<br />

Fax 044 242 82 14<br />

info@frauenberatung.ch<br />

www.frauenberatung.ch<br />

TELEFONNUMMERN<br />

FÜR DEN NOTFALL<br />

143<br />

•Die Dargebotene<br />

Hand<br />

agredis.ch –<br />

gewaltberatung<br />

Unterlachenstrasse 12<br />

6005 Luzern<br />

Tel. 041 362 23 33<br />

Hotline 078 744 88 88<br />

Fax 041 361 20 30<br />

gewaltberatung@agredis.ch<br />

www.agredis.ch<br />

Elternnotruf Aargau<br />

Beratungsstelle bei<br />

Erziehungsfragen,<br />

Überforderung<br />

und Kindsmisshandlung<br />

Tel. 0848 35 45 55<br />

24h@elternnotruf.ch<br />

www.elternnotruf.ch<br />

Elternnotruf<br />

Region Zug<br />

Beratungsstelle bei<br />

Erziehungsfragen,<br />

Überforderung<br />

und Kindsmisshandlung<br />

Tel. 0848 35 45 55<br />

24h@elternnotruf.ch<br />

www.elternnotruf.ch<br />

Elternnotruf +<br />

Beratungsstelle<br />

Region Zürich<br />

Beratungsstelle bei<br />

Erziehungsfragen,<br />

Überforderung<br />

und Kindsmisshandlung<br />

Weinbergstrasse 135<br />

8006 Zürich<br />

Tel. 0848 35 45 55<br />

24h@elternnotruf.ch<br />

www.elternnotruf.ch<br />

Internet- und<br />

SMS-Seelsorge<br />

per SMS an 767<br />

per E-Mail an<br />

seelsorge@seelsorge.net<br />

www.seelsorge.net<br />

Kinder- und Jugendnotruf<br />

St. Gallen<br />

Kinderschutzzentrum<br />

St. Gallen<br />

Tel. 071 243 77 77<br />

www.kjn.ch<br />

Pro Juventute<br />

Beratung<br />

+ Hilfe 147<br />

Telefon, SMS, Chat,<br />

Thurgauerstrasse 39<br />

Postfach, 8050 Zürich<br />

Tel. 147, www.147.ch<br />

Schweizerisches<br />

Toxikologisches<br />

Informationszentrum<br />

Tel. 044 251 51 51<br />

Hotline 145<br />

www.toxi.ch<br />

Sorgentelefon<br />

Tel. 044 261 21 21<br />

Verein<br />

Tele-Hilfe Basel<br />

Bruderholzallee 167<br />

4059 Basel<br />

NOTRUF 143<br />

Tel. 061 367 90 90<br />

Fax 061 367 90 95<br />

basel@143.ch<br />

www.basel.143.ch<br />

OPFERHILFESTELLEN<br />

BENEFO-STIFTUNG<br />

•Fachstelle Opferstelle<br />

Thurgau<br />

Zürcherstrasse 149<br />

8500 Frauenfeld<br />

Tel. 052 723 48 26<br />

(Erwachsene)<br />

Tel. 052 723 48 23 (Kinder)<br />

benefo@benefo.ch,<br />

www.benefo.ch<br />

Beratungsstelle<br />

Frauenhaus Region Biel<br />

Für weibliche Opfer von<br />

häuslicher Gewalt<br />

Kontrollstrasse 12<br />

25<strong>03</strong> Biel<br />

Tel. <strong>03</strong>2 322 <strong>03</strong> 44<br />

info@solfemmes.ch<br />

www.solfemmes.ch<br />

Beratungsstelle<br />

Gewaltbetroffene<br />

Frauen<br />

•Fachstelle der<br />

Stiftung Opferhilfe<br />

SG/AI/AR<br />

Teufenerstrasse 11<br />

9001 St. Gallen<br />

Tel. 071 227 11 44<br />

beratungsstelle.frauen@<br />

Beratungsstelle<br />

Opferhilfe<br />

•Fachstelle der<br />

Stiftung Opferhilfe<br />

SG/AI/AR<br />

Teufenerstrasse 11<br />

9001 St. Gallen<br />

Tel. 071 227 11 00<br />

Fax 071 227 11 09<br />

beratungsstelle.opfer<br />

hilfe@opferhilfe-sg.ch<br />

www.opferhilfe-sg.ch<br />

Beratungsstelle<br />

für Opfer von<br />

Straftaten<br />

Seftigenstrasse 41,<br />

3007 Bern<br />

Tel. <strong>03</strong>1 372 30 35<br />

beratungsstelle@opfer<br />

hilfe-bern.ch<br />

www.opferhilfe-bern.ch<br />

Eckbankgarnitur<br />

Grenada<br />

Kinderstuhl<br />

798.-<br />

Stuhl<br />

Prag<br />

9. 90<br />

Wickergarnitur Riviera<br />

Wickergarnitur Chile<br />

Gestell Aluminium<br />

69.-<br />

889.-<br />

998.-<br />

Gestell Aluminium<br />

Wickergarnitur Sambia<br />

Wickergarnitur Chicago<br />

898.-<br />

498.-<br />

APRIL <strong>2015</strong>81<br />

Riesenauswahl. Immer. Günstig.<br />

ottos.ch


Im Mittelpunkt<br />

Die Herrin der Ringe<br />

Text: Bianca Fritz<br />

In der Mitte von Nemeas Handteller klafft eine<br />

dunkelrote Wunde – eine aufgeplatzte Blase.<br />

«Zeig mal!», fordert ihr kleiner Bruder und ergreift<br />

dann mit einem «Ihhh, wähh!» die Flucht. Nemea<br />

zuckt mit den Schultern. «Das ist doch normal.<br />

Manchmal platzt so eine Blase auch mitten in<br />

der Übung auf. Aber dann muss man halt die<br />

Nummer trotzdem fertig machen.» Die 13-Jährige<br />

ist hart im Nehmen. Die Nummer weiterzumachen<br />

bedeutet: Einige Meter über dem Boden in einem<br />

Ring zu turnen, der von einem rauen Band<br />

um wickelt ist. Seit drei Jahren ist Nemea Günter<br />

aus Burg im Leimental eine Artistin. Zu Beginn<br />

hat sie im Jugendcircus Basilisk bei Bodennummern<br />

mitgemacht, aber ihr war immer klar, dass<br />

sie in die Luft will. Und der Luftreifen war ihre<br />

Traumnummer. Sie trainiert einmal die Woche,<br />

und bevor sie dann in den Sommerferien jeden<br />

Abend auftritt, gibt es noch intensivere Trainingswochen.<br />

Während den Aufführungen übernachten<br />

die Kinder im Lager – fernab von zu Hause.<br />

«Für manche ist das komisch mit zwölf Leuten<br />

im Zimmer, aber ich bin ja gewohnt, dass viel<br />

los ist», sagt Nemea, die fünf Geschwister hat.<br />

Heimweh habe sie nicht. Und Aufregung? «Ja,<br />

aber positiv», sagt die 13-Jährige. «Wenn du im<br />

Licht stehst und alle Leute dich anschauen, das<br />

ist wirklich toll.» Und das gibt auch Selbstbewusstsein<br />

für Auftritte mit der Geige – denn<br />

Geigenspielen ist Nemeas zweites Hobby.<br />

www.circusbasilisk.ch<br />

Foto: Cortis & Sonderegger / 13 Photo<br />

82 APRIL <strong>2015</strong>


Im Mittelpunkt<br />

APRIL <strong>2015</strong>83


Im Mittelpunkt<br />

Endlich bekomme ich,<br />

was ich von einer<br />

Anlageberatung erwarte.<br />

Credit Suisse Invest – die neue Anlageberatung<br />

Bei unserer Anlageberatung geben Sie den Ton an. Sie profi tieren von einem persönlichen<br />

Berater und von einer regelmässigen Portfolioüberwachung. Dies alles zu einem fairen Preis<br />

mit Zugang zum retrozessionsfreien Fondsangebot.<br />

Erfahren Sie mehr über unsere individuellen Anlagelösungen:<br />

credit-suisse.com/invest<br />

Diese Anzeige stellt weder ein Angebot noch eine Empfehlung zum Erwerb oder Verkauf von Finanzinstrumenten oder Bankdienstleistungen dar und entbindet den Empfänger nicht von seiner eigenen Beurteilung.<br />

Copyright © <strong>2015</strong> Credit Suisse Group AG und/oder mit ihr verbundene Unternehmen. Alle Rechte vorbehalten.<br />

84 APRIL <strong>2015</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!