03/2015
Fritz + Fränzi
Fritz + Fränzi
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Fr. 7.50 3 /April <strong>2015</strong><br />
MIT KIND UND KEGEL<br />
Die neusten Trends,<br />
die besten Tipps für<br />
Familienreisen.<br />
PSYCHISCHE STÖRUNGEN<br />
Wenn nur noch eine<br />
Klinik helfen kann.<br />
Hoher Leistungsdruck<br />
Zu grosse Klassen<br />
Gestresste Lehrer<br />
Schule –<br />
wohin?
Immer da, wo Zahlen sind.<br />
Reden Sie mit uns über<br />
Ihre Vorsorge.<br />
Wir machen den Weg frei
Editorial<br />
Liebe Leserin, lieber Leser<br />
Foto: Geri Born<br />
Nik Niethammer<br />
Wenn ich an meine Schulzeit denke, denke ich an Herrn Eschenmoser. Unser<br />
Deutschlehrer war ein kleiner, knuffiger Mann mit Hornbrille und Bauch. Er schleppte<br />
stets einen Stapel Zeitungen und Bücher mit sich herum. Während der Deutschstunde<br />
setzte er sich manchmal aufs Lehrerpult und seine Beine baumelten über dem<br />
Boden. Herr Eschenmoser war ein grossartiger Geschichtenerzähler. Ein Menschenfreund.<br />
Ein gutmütiger, fantasievoller, leidenschaftlicher Pädagoge. Sagte ich schon,<br />
dass Herr Eschenmoser mein Lieblingslehrer war?<br />
Das war vor 40 Jahren. Die Anforderungen an Schule und Lehrer sind heute anders<br />
als damals. Die Schule steht stärker im Fokus. Und in der Kritik. «Schule im<br />
Umbruch», lautet der Titel unseres April-Dossiers: Welches Bildungssystem wollen<br />
wir? Wie lassen sich in Zukunft Schulen zu Orten machen, die angst- und stressfreier<br />
sind und ihre Aufgaben besser erfüllen: Wissen und Kompetenzen zu vermitteln,<br />
Kinder und Jugendliche auf ihrem Weg zu selbstbewussten, wissensdurstigen, kreativen<br />
Menschen zu unterstützen.<br />
«Nur was mit Neugier gelernt<br />
wird, wird unseren Kindern<br />
wichtig und bedeutsam.»<br />
Richard David Precht, Philosoph<br />
Die Liste der Forderungen der bekanntesten Schulkritiker wie dem deutschen Philosophen<br />
Richard David Precht («Schulen sind Lernfabriken, die Kreativität töten»)<br />
oder dem Schweizer Kinderarzt Remo Largo ist ebenso lang wie radikal: keine Klassen,<br />
keine Stufen, keine Noten. Ganztägiger Unterricht in<br />
modernen Schulen, deren Architektur sich an den Bedürfnissen<br />
lernender Menschen orientert. Mit Nischen, Begegnungsstätten,<br />
Rückzugsorten.<br />
Unsere Autorin Martina Bortolani, Mutter von zwei schulpflichtigen<br />
Kindern, hat die wichtigsten Forderungen<br />
zusammengetragen und einer kritischen Betrachung unterzogen. Bei ihren Recherchen<br />
sprach sie mit Lehrern, Schülern und einer Mediatorin («Ich wünsche mir einen<br />
Dialog auf Augenhöhe zwischen Lehrer und Eltern»). Und sie besuchte die Familie<br />
Hanhart in Lyss BE: Céline und ihre fünf Geschwister gehören zu den rund 500 Kindern<br />
in der Schweiz, die zu Hause von ihren Eltern unterrichtet werden. Therese<br />
Hanhart sagt es geradeheraus: «Für viele sind wir eine Provokation.»<br />
Bortolanis Fazit: Lehrer, Eltern und Schüler müssen sich zusammen finden, um die<br />
Schule von innen heraus neu zu gestalten. Mit dem Ziel, eine Kultur von gegenseitiger<br />
Wertschätzung, Anerkennung, Zuwendung und Lob zu schaffen. Der Grundlage<br />
für erfolgreiches nachhaltiges Lernen.<br />
«Schule im Umbruch» – ab Seite 10.<br />
Ich wünsche Ihnen anregende Stunden mit Ihrem ElternMagazin.<br />
Ihr Nik Niethammer<br />
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APRIL <strong>2015</strong>3<br />
Gestalterischen Vorkurs, das Propädeutikum, die Lehre Grafik EFZ<br />
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Inhalt<br />
Ausgabe 3 / April <strong>2015</strong><br />
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Überall, wo Sie dieses Zeichen sehen, erhalten Sie digitalen<br />
Mehrwert im Heft. Hinter dem ar-Logo verbergen sich Videos<br />
und Zusatzinformationen zu den Artikeln.<br />
Auch folgende Anzeige bietet Augmented Reality:<br />
SMOKEFREE, Seite 57<br />
Psychologie & Gesellschaft<br />
36 Psychische Störungen<br />
Wenn Jugendliche aus dem<br />
emotionalen Gleichgewicht geraten,<br />
leidet die ganze Familie. In der<br />
Clienia Littenheid werden die<br />
Betroffenen behandelt und die<br />
Eltern unterstützt.<br />
42 Alles pefekt? Bloss nicht!<br />
Kinder und Jugendliche, die alles<br />
perfekt machen wollen, laufen Gefahr,<br />
krank zu werden. Was Eltern tun<br />
können.<br />
Foto: Tomas Wüthrich / 13Photo<br />
10<br />
Dossier:<br />
Schule – wohin?<br />
10 In der Schule läuft vieles schief,<br />
schimpfen Kritiker. Und<br />
fordern eine Revolution. Was<br />
Lehrer und Schüler sagen – und<br />
was sich jetzt ändern muss.<br />
22 Mediatorin Maya Mulle über<br />
das Eltern-Lehrer-Verhältnis<br />
und wie beide Seiten endlich an<br />
einem Strang ziehen lernen.<br />
24 Lehrplan 21, fit für die<br />
Zukunft?<br />
26 Homeschooling. Therese<br />
Hanhart unterrichtet ihre<br />
Kinder selbst. Ein Hausbesuch.<br />
Cover<br />
Alycia Pereira, 12, und<br />
Justin Glarner, 12.<br />
Herzlichen Dank<br />
an die Klasse 6a<br />
der Schule Kirchenfeld<br />
in Lyss.<br />
Fotos: HMFH Architects / Inc., Paolo Dutto / 13Photo, Daniel Auf der Mauer / 13Photo, Swiss-Image<br />
4 APRIL <strong>2015</strong>
30 36 70<br />
Rochelle Allebes, wie finden Eltern ihren<br />
eigenen Standpunkt in der Erziehung?<br />
Bei manchen psychischen Störungen tut ein<br />
Klinikaufenthalt not – eine Reportage.<br />
Aktiv-, Bade- oder Bildungsferien,<br />
das Angebot für Familien ist riesig.<br />
Erziehung & Schule<br />
46 Kreativität<br />
Wie Eltern die Lust ihrer Kinder<br />
am Entdecken, Erforschen und<br />
Kreieren fördern können.<br />
48 Erfolgreiche Sprecherziehung<br />
Probleme beim Sprechen und<br />
Schreiben – wann eine Abklärung<br />
beim Logopäden wichtig ist.<br />
51 Notendruck<br />
Schlechte Noten sind schwer zu<br />
verkraften. Wie Eltern ihre Kinder<br />
stützen statt zusätzlich stressen.<br />
Ernährung & Gesundheit<br />
56 E-Zigaretten und ihre Gefahren<br />
Cooles Design, exotische Aromen und<br />
Hightech-Image: Die elektronischen<br />
Glimmstängel avancieren bei<br />
Jugendlichen zur Einstiegsdroge.<br />
60 Einmal waschen, bitte<br />
Wenn Kinder zu Erwachsenen<br />
werden, verändern sich die<br />
hygienischen Ansprüche.<br />
ar<br />
62 Mama, ich bin zu dick!<br />
Wenn Teenager abnehmen wollen, ist<br />
nicht immer Übergewicht der Grund.<br />
Wie Eltern Heranwachsenden helfen<br />
können, ein gutes Körpergefühl zu<br />
entwickeln.<br />
Digital & Medial<br />
64 Medienkompetenz vermitteln<br />
Wie Eltern ihre Kinder lehren, mit<br />
Smartphone und Computer<br />
richtig umzugehen.<br />
ar<br />
66 Mixed Media<br />
68 Gemeinsam gamen<br />
Online-Gruppenspiele vereinnahmen.<br />
Eltern, die sich gut über das Game<br />
informieren, können Vereinbarungen<br />
mit ihrem Teenager treffen.<br />
69 Der digitale Knigge<br />
Wie man sich im Internet richtig<br />
benimmt. Eine Anleitung für Teenager<br />
und alle anderen User.<br />
Service<br />
55 Bonbons<br />
70 Familienreisen<br />
Verreisen mit Kind und Kegel?<br />
Familien wird heute viel geboten. Eine<br />
Hilfestellung im Angebotsdschungel.<br />
74 Interview<br />
«Urlaubsretter» Ralf Benkö über<br />
die richtige Ferienplanung.<br />
76 Freizeit-Tipps<br />
78 Impressum/Sponsoren<br />
79 Buchtipps<br />
Rubriken<br />
<strong>03</strong> Editorial<br />
ar<br />
06 Entdecken<br />
30 Monatsinterview<br />
Die Therapeutin und Elternberaterin<br />
Rochelle Allebes über Haltung in der<br />
Erziehung und darüber, wie Eltern<br />
eine klare Linie finden.<br />
44 Abgedruckt<br />
Der Wissenschaftsjournalist Benedict<br />
Carey mit überraschenden neuen<br />
Erkenntnissen über das Lernen.<br />
50 Aufgeklärt<br />
Verliebt in den Lehrer – was nun?<br />
52 Stiftung Elternsein<br />
Ellen Ringier über den schwelenden<br />
Antisemitismus in unserer<br />
Gesellschaft.<br />
53 Leserbriefe<br />
54 Kolumne<br />
Michèle Binswanger: Wenn Mütter<br />
die Nerven verlieren.<br />
63 Abo<br />
80 Pro & Kontra<br />
Soll mein Kind ein Haustier haben?<br />
82 Im Mittelpunkt<br />
Hobby-Artistin Nemea Günter turnt<br />
in schwindelerregender Höhe.<br />
APRIL <strong>2015</strong>5
[<br />
Entdecken<br />
[<br />
74% der vom deutschen Meinungsforschungsinstitut Forsa befragten Mütter gaben zu, ihren eigenen Ansprüchen<br />
in der Erziehung nicht immer gerecht zu werden. Von ihnen sind 18% häufig, 56% gelegentlich mit sich unzufrieden.<br />
Ein «Grolimund» entsteht<br />
Fritz+Fränzi-Leser kennen ihn schon – den kleinen Biber, der in den<br />
Filmen von Psychologe Fabian Grolimund wertvolle Tipps rund um das<br />
Thema Erziehung gibt. Aber wie werden diese Beiträge gemacht? In<br />
seinem neuen Film erklärt der kleine Biber, wie eine Folge der Filmserie<br />
«Was Kinder stark macht» entsteht. Er führt durch die Produktion, zeigt,<br />
wie das Skript, das Storyboard und die Aufnahmen produziert werden,<br />
und darf dabei zuschauen, wie Fabian Grolimund mit seinen Kolleginnen<br />
am Set herumblödelt. Übrigens: In der März-Ausgabe von Fritz+Fränzi<br />
hat Fabian Grolimund ein umfangreiches Dossier zum Thema<br />
«Was Kinder stark macht» geschrieben. Die Ausgabe kann unter<br />
Tel. 0800 814 813 oder abo.fritzundfraenzi@galledia.ch bestellt werden.<br />
Die Geschichte<br />
der Menschenrechte<br />
Wie haben sich die Menschenrechte,<br />
wie wir sie heute kennen, historisch<br />
entwickelt? Und wie sieht die Zukunft<br />
der Menschenrechte aus? Diesen und<br />
weiteren Fragen stellen sich namhafte<br />
Experten und Expertinnen aus dem Inund<br />
Ausland beim 10. Internationalen<br />
Menschenrechtsforum Luzern (IHRF),<br />
welches am 8. und 9. Mai im Verkehrshaus<br />
der Schweiz und in der PH Luzern<br />
stattfinden wird. Ihr Hauptthema:<br />
«Menschenrechte und Geschichte».<br />
Ausserdem können Teilnehmer in<br />
Workshops ihr Wissen in diesem<br />
Themenfeld vertiefen. www.ihrf.phlu.ch<br />
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die Fritz+Fränzi-<br />
App herunter, starten<br />
Sie die App, scannen Sie<br />
diese Seite und erleben<br />
Sie das Making-of<br />
mit dem Biber.<br />
Fotos: ZVG<br />
Eine spannende Lehre im öV<br />
Der öV Schweiz lanciert im August <strong>2015</strong> eine neue Lehre.<br />
Kathrin Schafroth vom Verband öffentlicher Verkehr<br />
erklärt im Interview, was die Fachleute öV lernen werden.<br />
Frau Schafroth, login, der Ausbildungsverbund des<br />
öffentlichen Verkehrs, bietet ab Sommer 35 Lehrplätze<br />
im Berufsfeld Fachfrau/Fachmann öV an.<br />
Die Lehre dauert drei Jahre. Die Lernenden entscheiden<br />
sich für einen der beiden Schwerpunkte Planung oder<br />
Zugbegleitung und lernen in verschiedenen Bereichen die<br />
praktischen Arbeiten im Betrieb von Bahn, Bus und Tram<br />
kennen. So werden sie etwa in die Erstellung von Dienstplänen<br />
eingeführt, begleiten Fahrgäste im Zug oder<br />
erlernen Planungsaufgaben in einer städtischen Leitstelle.<br />
Werden diese Aufgabenfelder im öV nicht bereits<br />
abgedeckt? Warum braucht es einen neuen Beruf?<br />
In den nächsten Jahren gehen viele Mitarbeiter in Pension.<br />
Viele von ihnen haben eine Ausbildung gemacht, die es<br />
heute so nicht mehr gibt. Ausserdem haben wir festgestellt,<br />
dass die 2000 lancierte KVöV-Lehre nicht alle zentralen<br />
Aufgaben im öffentlichen Verkehr abdecken kann. Diese<br />
Lücke wollen wir schliessen.<br />
Welche Qualifikation braucht es für diese Lehre?<br />
Man sollte über einen Sekundarabschluss auf mittlerem<br />
oder oberem Niveau und über Fähigkeiten wie Kontaktfreudigkeit<br />
und vernetztes Denken sowie über Kommunikationsfähigkeit<br />
verfügen. Ferner sollte man die Bereitschaft<br />
zu unregelmässigen Arbeitszeiten mitbringen, denn der öV<br />
rollt fast rund um die Uhr. Die Einsatzgebiete sind dabei<br />
aber sehr vielfältig und abwechslungsreich.<br />
www.login.org<br />
6 APRIL <strong>2015</strong>
Rubrik<br />
Gemeinsam durchs<br />
Leben gehen.<br />
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Leben in einer Familie oder Partnerschaft heisst, gemeinsam die<br />
Zukunft zu planen. Auch die finanzielle. Mit dem attraktiven<br />
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APRIL <strong>2015</strong>7<br />
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«Die Schweizer Matura hat im internationalen Vergleich eine hohe Qualität, und der Grossteil der Maturanden ist gut gerüstet<br />
für das gewählte Studium.» Franz Eberle, Professor für Gymnasialpädagogik, über die «allgemeine Studierfähigkeit» im Tages-Anzeiger.<br />
Pinguin-Zähler gesucht!<br />
«Ein Pinguin, zwei, drei ...» Die Universität Oxford in England<br />
sucht Freiwillige, die auf im Internet veröffentlichten Bildern<br />
Pinguine, Küken und deren Eier zählen. Und darum geht’s: Im<br />
Rahmen eines wissenschaftlichen Projektes zum Schutz der<br />
Pinguin-Bestände wurden in der Antarktis 50 ferngesteuerte<br />
Kameras aufgestellt. Jede liefert bis zu 94 neue Fotos pro Tag<br />
mit dem Ziel, Erkenntnisse über die Auswirkungen des<br />
Klimawandels auf die Pinguine zu gewinnen. Insgesamt<br />
müssen mehrere hunderttausend Fotos ausgewertet werden,<br />
so VoluNation, das Expertenportal für weltweite Freiwilligenarbeit.<br />
Die Helfer markieren an ihrem Computer alle erkennbaren<br />
Tiere mit einem Mausklick. www.penguinwatch.org<br />
Ich bin stärker. SmokeFree<br />
Das Rauchen ungesund ist, weiss im Grunde jedes Kind. Trotzdem<br />
sind 25% aller Schweizer Raucher, das sind immerhin 1 730 000<br />
Menschen. Bei den 15-Jährigen greifen rund 15% Mädchen und<br />
19% der Jungen wöchentlich zur Zigarette, ungefähr 12% der<br />
15-jährigen Raucherinnen und Raucher sogar täglich. Mit der neu<br />
lancierten Kampagne «Ich bin stärker. SmokeFree» will das<br />
Bundesamt für Gesundheit in Zusammenarbeit mit verschiedenen<br />
NGOs und Kantonen eine Unterstützung bieten, um rauchfrei zu<br />
werden – beziehungsweise erst gar nicht mit dem Laster zu<br />
beginnen. So finden beispielsweise Raucher wie Nichtraucher,<br />
Lehrer und Eltern wichtige Informationen auf smokefree.ch sowie<br />
Tipps und Unterstürzung, um «SmokeFree» zu werden.<br />
Weniger Kinderarbeit<br />
in der Wirtschaftskrise<br />
Laut der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ist<br />
Kinderarbeit weltweit rückläufig: Arbeiteten im Jahr<br />
2000 noch 245,5 Millionen Kinder, sind es derzeit nur<br />
noch 168 Millionen. Gefährliche Kinderarbeit nahm<br />
zwischen 2008 und 2012 um 26% ab. Einer der<br />
Gründe dafür könnte die Wirtschaftskrise sein, so die<br />
Wissenschaftler. Sie erlaubte es Arbeitgebern, viele<br />
Billiglohnjobs durch arbeitslose Erwachsene<br />
zu besetzen – und auf die Beschäftigung von<br />
Kindern zu verzichten.<br />
Fotos: ZVG, Shutterstock<br />
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8 APRIL <strong>2015</strong>
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APRIL <strong>2015</strong>9
10 APRIL <strong>2015</strong>
Dossier<br />
Schule im Umbruch<br />
Vieles läuft schief in unseren Schulen, schimpfen Kritiker. Und fordern nichts<br />
weniger als eine Revolution. Wohin steuert unser Bildungssystem? Lernen wir<br />
für die Schule oder fürs Leben? Wie kann der Unterricht menschenfreundlicher,<br />
angst- und stressfreier gestaltet werden? Die Schule der Zukunft – eine<br />
Annäherung. Text: Martina Bortolani Fotos: Kim Wendt / Rosan Bosch Studio<br />
APRIL <strong>2015</strong>11
Dossier<br />
Es war nur eine banale<br />
Wahrheit auf 140<br />
Zeichen. Trotzdem<br />
hat der Tweet einer<br />
jungen Gymnasiastin<br />
eine riesige Diskussion<br />
über unser<br />
Schulsystem losgetreten.<br />
Am 10. Januar <strong>2015</strong> um 12.49<br />
Uhr schrieb Naina K.: «Ich bin fast<br />
18 und hab keine Ahnung von Steuern,<br />
Miete oder Versicherungen.<br />
Aber ich kann ’ne Gedichtsanalyse<br />
schreiben. In 4 Sprachen.»<br />
Offenbar traf Naina mit wenigen<br />
Worten direkt ins Herz vieler Eltern<br />
und Schüler, die Verbreitung der<br />
Meldung war rasant. 72 Stunden<br />
später sass Naina, bisher völlig<br />
unbekannt, bei Stefan Raab in der<br />
Fernsehshow «TV total», und drei<br />
Millionen Menschen schauten zu.<br />
Ihr Tweet löste nicht nur einen<br />
Medientsunami aus, dessen Wellen<br />
bis in die Schweiz schwappten. Er<br />
war auch Stein des Anstosses zu<br />
einer emotionalen Debatte darüber,<br />
was junge Menschen heute noch lernen<br />
in der Schule. Oder eben nicht.<br />
Die Volksschule und das Bildungswesen<br />
haben derzeit keinen<br />
leichten Stand. Volksschul-Bashing<br />
ist sogar gerade ziemlich im Trend.<br />
In Deutschland, Österreich und in<br />
der Schweiz werden ähnliche<br />
Grundsatzfragen diskutiert. Unser<br />
Schulsystem werde den heutigen<br />
Anforderungen nicht mehr gerecht,<br />
es sei veraltet, verstaubt, ja nicht einmal<br />
mehr die Noten seien zeitgemäss.<br />
Das Schulsystem, wie es die<br />
Schweiz und Deutschland kennen,<br />
so sind sich die Kritiker einig, entspreche<br />
überhaupt nicht mehr dem<br />
Stand der Anforderungen an Kultur<br />
und Gesellschaft.<br />
«Heute missbraucht man Prüfungen<br />
und Noten, um Kinder >>><br />
12 APRIL <strong>2015</strong>
Portrait: Christian Aeberhard / 13Photo<br />
Die Architektur<br />
moderner Schulen<br />
orientiert sich an<br />
den Bedürfnissen<br />
lernender Menschen.<br />
«Das Leistungsniveau steigern<br />
bedeutet nicht schneller<br />
lernen, sondern langsamer<br />
lernen, tiefer, eindringlicher<br />
und individueller.»<br />
Richard David Precht, Philosoph<br />
Gianna Baumann, 15<br />
Schülerin, 8. Schuljahr, Weiterbildungsschule<br />
Leonhard, Basel<br />
«Ich wünsche mir für die Schule der Zukunft, dass<br />
wir Schüler mehr in den Unterricht einbezogen<br />
werden. Und dass die Lehrer ihren Unterricht noch<br />
leidenschaftlicher und humorvoller gestalten. Es<br />
wäre cool, wenn die Stunden auch mal im Freien<br />
stattfinden könnten. So hätten Schüler die Chance,<br />
vor allem im Sommer, an der frischen Luft zu arbeiten<br />
und müssten nicht im stickigen Klassenzimmer<br />
die Minuten zählen. Was die Fächer betrifft, so<br />
habe ich eine klare Wunschliste: mehr musische<br />
Fächer! Tanzen, Singen, Musizieren, Zeichnen. Ich<br />
bin überzeugt: Wir Schüler würden völlig neu motiviert<br />
in die Schule kommen.<br />
Warum haben wir immer diese 08/15-Lektionen?<br />
Ich möchte mich als junger Mensch mit der Gesellschaft<br />
und all ihren Seiten befassen. Ich möchte<br />
wissen, was sich in der Welt tut. Daneben könnte<br />
mir die Schule auch beibringen, wie ich eine Steuererklärung<br />
ausfülle, mir den Umgang mit den<br />
Ämtern erklären oder mir dabei helfen, mich auf<br />
einen Job zu bewerben.<br />
Ich fände es verrückt, wenn wir keine Lehrer mehr<br />
hätten, sondern nur via iPads oder mit Robotern<br />
kommunizieren. Das wäre zwar sicher lustig für ein<br />
paar Tage, aber ich denke, wir brauchen auch in<br />
einer digitalisierten Welt reale Bezugspersonen. Ein<br />
gutes Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern ist<br />
auch in Zukunft wichtig. Ich wünsche mir ebenfalls,<br />
dass Mobbing keine Chance mehr hat. Es soll möglich<br />
sein, dass jeder Schüler seine eigene Meinung<br />
einbringen kann und dass alle zusammen zu einem<br />
guten Klassenklima beitragen.»<br />
APRIL <strong>2015</strong>13
Dossier<br />
Portrait: Christian Aeberhard / 13Photo<br />
«Schulen müssen die<br />
Illusion aufgeben, sie seien<br />
nur für die Köpfe der<br />
Kinder zuständig und für<br />
den Rest seien die Eltern<br />
verantwortlich.»<br />
Jesper Juul, Familientherapeut<br />
Mak, 9<br />
Schüler, 3. Klasse, Neubadschulhaus Nord, Basel<br />
«Die Schule gefällt mir so, wie ich sie bisher kenne,<br />
eigentlich ganz gut. Megacool wäre allerdings,<br />
wenn es in Zukunft noch mehr Sportstunden gäbe<br />
und mehr Ausflüge. Exkursionen sind immer ein<br />
wenig wie der Schulweg, auf dem ich Spass habe<br />
mit meinen Freunden. Gegen mehr Freizeit hätte<br />
ich auch nichts einzuwenden – die ganze Woche<br />
hindurch. Manchmal finde ich es langweilig und<br />
streng, immer nur dazusitzen und zu warten, bis es<br />
in die Pause läutet.<br />
Ich würde viel lieber spielen oder etwas machen,<br />
bei dem ich in Bewegung bin. Ob es in zwanzig Jahren<br />
noch Klassenzimmer gibt, weiss ich nicht. Ich<br />
vermute, dass Stifte und Papier immer weniger<br />
zum Einsatz kommen. Die Lehrer werden vermutlich<br />
noch mehr elektronische Geräte einsetzen und<br />
weniger an der Tafel erklären. Ich möchte aber auf<br />
keinen Fall, dass wir in Zukunft von «Roboter-Lehrern»<br />
unterrichtet werden.<br />
Ich gehe gerne in die Schule, unter anderem, um<br />
dort meine Freunde zu treffen und mit ihnen in der<br />
Pause zu tschutten. Für mich wäre es komisch,<br />
wenn ich den Schulstoff nur noch am iPad lernen<br />
müsste. Aber vielleicht könnte man das iPad ja für<br />
ein Computerspiel-Fach einsetzen, so als Ausgleich<br />
zu den normalen Fächern. Ich fände es super, wenn<br />
jede Klasse ihre eigene Fussballmannschaft hätte<br />
und es im Schulhaus eine Meisterschaft gäbe.<br />
Neben all dem wünsche ich mir aber vor allem,<br />
dass es in Zukunft keinen Streit mehr gibt zwischen<br />
den Schülern. Und dass die Lehrer nicht so<br />
schnell wütend werden.»<br />
>>> zum Lernen zu zwingen. Das<br />
demotiviert sie, und sie kommen vor<br />
lauter Stress nicht mehr dazu, ihren<br />
eigenen Interessen nachzugehen»,<br />
sagt Remo Largo, der bekannteste<br />
Kinderarzt der Schweiz. Albert Einstein<br />
habe schon treffend gesagt:<br />
«Bildung ist das, was übrig bleibt,<br />
wenn man alles Auswendiggelernte<br />
vergessen hat.» Remo Largo hat in<br />
der Causa Volksschule gleich einen<br />
ganzen Umkrempelungskatalog zur<br />
Hand. Seine Forderungen sind radikal.<br />
1. Beziehung zwischen den Schülern<br />
und Lehrern verbessern<br />
2. Lernmotivationen der Schüler<br />
individuell fördern<br />
3. Bildungsauftrag überdenken<br />
4. Lehrplan entschlacken<br />
5. Bildungswesen liberalisieren<br />
Und nicht zuletzt ist Remo Largo ein<br />
Befürworter der freien Schulwahl.<br />
Damit vertritt Buchautor Largo<br />
(«Lernen geht anders. Bildung und<br />
Erziehung vom Kind her denken»)<br />
eine ähnliche Meinung wie der deutsche<br />
Philosoph Richard David<br />
Precht. Precht schob eine weitreichende<br />
Debatte in Deutschland an,<br />
als er sein Buch «Anna, die Schule<br />
und der liebe Gott. Der Verrat des<br />
Bildungssystems an unseren Kindern»<br />
veröffentlichte. Darin fordert<br />
er nichts weniger als eine «Bildungsrevolution».<br />
In Deutschland tobt seither ein<br />
regelrechter Kampf um das staatliche<br />
Bildungswesen. Precht und Largo<br />
begründen zwar unterschiedlich,<br />
aber ihre Kritik referenziert auf ähnliche<br />
Gedanken: Beide kritisieren,<br />
dass die Volksschule immer noch<br />
auf jener Struktur basiere, wie sie –<br />
vor 150 Jahren – erfunden wurde.<br />
Das heisst: ein Lehrer, ein Lernziel,<br />
ein Unterrichtsstil, aber zwei Dutzend<br />
(oder mehr) Schüler. Wie könne<br />
das heute noch zusammenpassen?<br />
In den vielen Jahrzehnten, so<br />
die Meinung, habe sich viel verändert.<br />
Aber während sich viele Gesellschaftszweige<br />
flink den neuen<br />
14 APRIL <strong>2015</strong>
Portrait: Christian Aeberhard / 13Photo<br />
Bedingungen anpassen, reagiere die<br />
Volksschule träge bis gar nicht. Es<br />
herrsche weiterhin monotoner Leistungs-<br />
und Notendruck, völlig unreflektiert<br />
und nicht auf die Bedürfnisse<br />
der Schüler abgestimmt.<br />
Prechts Kritik am heutigen<br />
Schulsystem ist heftig: Er spricht<br />
dabei von «Lernfabriken, die Kreativität<br />
töten», fordert, dass den Kindern<br />
zuallererst wieder «die Freude<br />
am Lernen» zurückgegeben wird.<br />
«Mein Grundgedanke besteht darin,<br />
die Schule vom Kind und vom Lernen<br />
her zu denken.» So sei die Schule,<br />
Ende des 19. Jahrhunderts, aber<br />
nicht konstruiert worden. «Die<br />
Schule nach preussischem Vorbild<br />
hatte nicht die Funktion, Kindern<br />
kindgerecht etwas beizubringen. Sie<br />
war aus der Verwaltung und der<br />
Obrigkeit geboren und sollte gute,<br />
staatstragende, angepasste Staatsbürger<br />
hervorbringen», sagt Precht,<br />
Vater von vier Kindern.<br />
Prechts Vision tönt tatsächlich<br />
nach einer Mischung aus >>><br />
Schüler sollen sich<br />
in Zukunft den<br />
Schulstoff selber<br />
aussuchen können.<br />
Silvio Pfiffner, 26<br />
Angehender Lehrer, studiert im 6. Semester an der<br />
Fachhochschule Nordwestschweiz, Basel<br />
«Als zukünftiger Lehrer mit Schwerpunkt Musik<br />
fände ich es toll, wenn noch mehr in dieses Fach<br />
investiert würde. Nicht nur finanziell, sondern<br />
auch zeitlich. Grössere Projekte oder Themenwochen<br />
mit Schulbands im Stil des Filmes «School<br />
of Rock» wären mein Traum. So hätten auch<br />
Schüler, deren Eltern kein Geld für Musikunterricht<br />
haben, die Möglichkeit, ein Instrument zu<br />
lernen.<br />
Viele Schulfächer müssten meines Erachtens<br />
anders gewichtet werden. Schüler sollten mehr in<br />
Allgemeinwissen unterrichtet werden: wie man<br />
Verträge abschliesst, wie man Steuererklärungen<br />
ausfüllt. Warum können die Schüler ihre Fächer<br />
eigentlich nicht selber wählen?<br />
Ich träume davon, dass sich Schüler gegenseitig<br />
unterrichten. So könnte jeder sein Talent auf seine<br />
Weise an einen Gleichaltrigen weitergeben. Das<br />
würde auch das Selbstvertrauen des Individuums<br />
stärken, denn jeder ist in irgendeiner Sache<br />
besonders begabt.<br />
Eine Schule ohne Frontalunterricht kann ich mir<br />
schlicht nicht vorstellen. Alleine in einem Raum zu<br />
sitzen, während meine Schüler irgendwo verteilt<br />
sind und wir alle per Webkamera verbunden sind<br />
– ein schrecklicher Gedanke.<br />
Ich wünsche mir, dass es für uns Lehrer mehr<br />
langfristige Anstellungen gibt. Heute werden viele<br />
Lehrerjobs befristet ausgeschrieben. Doch der<br />
Vorteil einer unbefristeten Anstellung ist, dass<br />
man Schülerinnen und Schüler nachhaltiger auf<br />
ihrem Weg begleiten kann.»<br />
APRIL <strong>2015</strong>15
Dossier<br />
>>> Ponyhof und Autonomie: Die<br />
Schüler sollen in Zukunft den Lernstoff,<br />
an dem sie gerade arbeiten<br />
wollen, selber aussuchen können.<br />
Und auch entscheiden dürfen, wann<br />
sie eine Prüfung ablegen möchten.<br />
Noten? Abschaffen! Schulstress?<br />
Unnötig! Frontalunterricht, Fünfundvierzigminuten-Stunde,<br />
Regelklassen?<br />
Von vorvorgestern!<br />
Jesper Juul, dänischer Familientherapeut,<br />
nennt es das «Bulimie-<br />
Lernen», und das sei an der Volksschule<br />
weit verbreitet. Wenn den<br />
Schülern nur noch Stoff in ihr Kurzzeitgedächtnis<br />
gestopft wird, um ihn<br />
dann bei der Prüfung wieder hinauszu-,<br />
pardon, kotzen. Jesper Juul<br />
betreibt mit seiner Plattform «familiylab.com»<br />
eine Art Roadshow für<br />
Lerninnovation und tourt damit<br />
durch ganz Europa.<br />
Juul ist auch Verfechter von<br />
Gerald Hüthers Theorien. «Jedes<br />
Kind hat in jedem Fachgebiet sein<br />
individuelles Lerntempo», so Neurobiologe<br />
Hüther. Man bremse die<br />
Schnellen mit falschen Methoden<br />
und bestrafe die Langsamen mit<br />
schlechten Noten. Im Gehirn wirke<br />
derlei Enttäuschungsmuster aber<br />
suboptimal. Der «beste Dünger fürs<br />
Gehirn», ist Hüther sicher, sei<br />
«Begeisterung». Spätestens seitdem<br />
sein Werk «Jedes Kind ist hoch<br />
begabt» vor zwei Jahren die Bestsellerlisten<br />
stürmte, ebbt der Erfolg um<br />
seine Ansichten (und seine Person)<br />
nicht ab. Sie treffen denn >>><br />
«Die Schule ist nicht<br />
familienfreundlich. Die Kinder<br />
brauchen eine Betreuung über<br />
Mittag und nach der Schule.»<br />
Remo Largo, Kinderarzt<br />
Utopie oder bald<br />
Realität? Keine<br />
Klassen, keine<br />
Stufen, keine Noten.<br />
«Gibt es 2020 noch Schulzimmer?»<br />
Der Medienpädagoge Thomas<br />
Merz über die Schule der Zukunft,<br />
den Unterricht mit digitalen<br />
Medien und wie sich die Mediennutzung<br />
verändern wird.<br />
Interview: Sabine Hunziker<br />
Herr Merz, wohin bewegt sich die Schule?<br />
Die Rahmenbedingungen für die Schule<br />
haben sich innerhalb weniger Jahre<br />
stark verändert. Und der Wandel geht<br />
weiter. Der Zugang zu Informationen,<br />
zu sämtlichen Medienangeboten wird<br />
laufend noch einfacher und selbstverständlicher.<br />
Dadurch verlagert sich der<br />
Schwerpunkt – vom Vermitteln eines<br />
definierten Lernstoffs durch die Lehrperson<br />
zu einem Begleiten der Schülerinnen<br />
und Schüler beim intensiven<br />
Lernen und Recherchieren.<br />
Schüler begleiten – was bedeutet das konkret?<br />
Lehrerinnen und Lehrer legen die Aufmerksamkeit<br />
verstärkt auf den Lernprozess.<br />
Schülerinnen und Schüler lernen<br />
dabei, ihr Vorwissen zu einem<br />
Thema einzuschätzen, ihren Lernbedarf<br />
zu erkennen, die Lernschritte zu<br />
planen und diese gemeinsam zu gehen.<br />
Regelmässig beurteilen sie ihre Lernfortschritte<br />
und am Ende, wie hoch ihr<br />
Wissensstand zu einer Frage wirklich<br />
ist.<br />
Welche Fertigkeiten lernen Schüler so für<br />
die Zukunft?<br />
Wie sie sich in dieser Fülle von Informationen<br />
zurechtfinden. Dazu gehört, dass<br />
sie etwas nicht nur auswendig lernen,<br />
sondern sich dessen bewusst werden,<br />
was das Gelernte bedeutet. Wir müssen<br />
vermehrt ein Bewusstsein dafür entwickeln,<br />
welche Inhalte wir fundiert und<br />
fehlerfrei beherrschen müssen und welche<br />
wir nur überfliegen können. Wo<br />
reicht es nicht, einen knappen Beitrag in<br />
einer Gratiszeitung zu lesen oder schnell<br />
zu googeln? Bei welchem Thema muss<br />
ich vielleicht mehrere Artikel lesen und<br />
vergleichen, Bücher konsultieren,<br />
recherchieren? Und wie nutze ich soziale<br />
Ressourcen, etwa Mitschüler, als Lernpartner?<br />
Heute findet Unterricht überwiegend in<br />
Jahrgangsklassen statt. Wird das also verschwinden?<br />
Das ist eine schwierige Frage. Ich selber<br />
glaube nicht an eine Revolution, sondern<br />
an eine Evolution. Vieles kann sehr gut<br />
im Klassenverband realisiert werden.<br />
Aber ich vermute, der Klassenverband<br />
16 APRIL <strong>2015</strong>
wird häufiger aufgelöst werden, denn<br />
selbständiges Erarbeiten von Themen,<br />
allein oder in Lerngruppen, wird an<br />
Bedeutung gewinnen. So wird man häufiger<br />
die Frage stellen: «Wie nutzen wir<br />
die Zeit, in der Schülerinnen und Schüler<br />
zusammen sind, wirklich für gemeinsame<br />
Lernerfahrungen und soziale<br />
Erfahrungen?».<br />
Welche Rolle haben Eltern in der Schule<br />
der Zukunft?<br />
Gerade im Zusammenhang mit Medien<br />
hört man heute in Lehrerzimmern teilweise<br />
noch immer: «Medienerziehung<br />
ist Sache der Eltern.» Hier braucht es<br />
aber eine formelle Zuweisung. Das kann<br />
bedeuten, dass man etwa bei Eintritt des<br />
Kindes in den Kindergarten mit den<br />
Eltern intensiv über diese Fragen diskutiert<br />
und klärt: Welches ist der Job der<br />
Eltern, welcher jener der Schule?<br />
Wie sieht 2020 der Schulalltag mit digitalen<br />
Medien aus?<br />
Computertechnologie wird jederzeit<br />
und überall zur Verfügung stehen.<br />
Dadurch wird man sie im Unterricht<br />
niederschwelliger einsetzen. Das ist in<br />
Klassen, die intensiv mit digitalen Geräten<br />
arbeiten, bereits heute so: Da zeichnet<br />
man schnell einen Text als Audiofile<br />
auf und verschickt ihn an die anderen,<br />
erstellt ein kurzes Erklärvideo als Lösung<br />
einer Gruppenarbeit, zeigt seine Präsentation<br />
direkt auf dem Bildschirm oder<br />
kommuniziert etwa mit einer Klasse in<br />
einem andern Land.<br />
Wie verändert diese Selbstverständlichkeit<br />
die Mediennutzung?<br />
Digitale Medien werden häufiger harmonisch<br />
in den Unterricht integriert<br />
und optimal genutzt, um Lehren und<br />
Lernen in allen Fächern zu unterstützen.<br />
Die Schülerinnen und Schüler sowie<br />
Lehrpersonen werden gemeinsam neue<br />
Medien, neue Plattformen, neue Medienprodukte<br />
erkunden und deren Nützlichkeit<br />
oder Risiken beurteilen.<br />
Thomas Merz<br />
Prof. Dr. phil., ist Medienpädagoge und<br />
Prorektor der Pädagogischen Hochschule<br />
Thurgau. Er ist Vater von drei jungen<br />
Erwachsenen.<br />
Sabine Hunziker<br />
hat sich als Redaktorin auf das Thema<br />
«Heranwachsende und digitale Medien»<br />
spezialisiert. Sie ist Mutter einer<br />
12-jährigen Tochter.<br />
APRIL <strong>2015</strong>17
Dossier<br />
>>> auch einen ausgeprägten Nerv<br />
des Zeitgeistes. Dass viele Eltern<br />
nämlich immer noch überzeugt<br />
davon sind, dass ihr Kind ein Genie<br />
sei. Die aktuelle «Salonfähigkeit»<br />
aber, kein Haar an der Volksschule<br />
gerade zu lassen, motiviert oft auch<br />
die Falschen.<br />
«Die Schule darf nicht zu einem<br />
Selbstzweck verkommen, sondern<br />
muss dem Lernen der Kinder nützen»,<br />
sagt Matthias Gubler, Psychologe,<br />
Dozent und Leiter des Instituts<br />
Unterstrass in Zürich. Insofern sei<br />
Kritik an der Schule nötig und auch<br />
hilfreich, sagt der 49-Jährige, der an<br />
der Pädagogischen Hochschule<br />
doziert und in der Schweiz als<br />
humanistischer Pädagogik-Visionär<br />
gilt. Gubler wünscht sich, dass die<br />
Debatte darüber, was Schule kann,<br />
soll und darf, objektiver geführt<br />
wird. «Leider entsteht durch oberflächliche<br />
und manchmal auch<br />
populistische Analysen eine alarmistische<br />
Stimmung, die meiner Ansicht<br />
nach nicht angebracht ist.»<br />
Dem Vorwurf der Effekthascherei<br />
sehen sich Schulkritiker wie Richard<br />
David Precht und Gerald Hüther<br />
immer wieder ausgesetzt. Mit Wissenschaft<br />
nehme es der «selbsternannte<br />
Hirnforscher» nicht so<br />
genau, schreibt etwa der deutsche<br />
«Zeit»-Journalist Martin Spiewak.<br />
«Befreit von den Mühen der Empirie,<br />
betören Hüther und andere Bildungskritiker<br />
ihre Zuschauer wie<br />
einst die fahrenden Wunderdoktoren<br />
mit gewagten Diagnosen und<br />
Vorschlägen für bizarre Kuren zur<br />
Rettung des angeblich todkranken<br />
Patienten Schule.» Das deutsche<br />
Nachrichtenmagazin «Der Spiegel»<br />
nannte Richard David Precht bitterböse<br />
den «Richard Clayderman der<br />
Politologie». Die Thesen des einen<br />
seien so seicht wie das Kla- >>><br />
«Ich wünsche mir, dass die<br />
Debatte darüber, was Schule<br />
kann, soll und darf,<br />
objektiver geführt wird.»<br />
Matthias Gubler, Psychologe<br />
Wohin steuert unsere Schule?<br />
Antworten liefert die Studie<br />
«Volksschule 2<strong>03</strong>0. Vier Szenarien<br />
zur Zukunft der Schule»<br />
Die Schule als Marke<br />
Kinder erhalten Bildungsgutschriften, welche an lizenzierten<br />
Privatschulen eingelöst werden können. Die Schulen haben<br />
unterschiedliche Profile und Schwerpunkte. Im Mittelpunkt<br />
steht die Förderung individueller Talente. Der Schulmarkt ist<br />
internationalisiert und die Qualität der Schulen wird regelmässig<br />
in internationalen Schul-Rankings gemessen. Talent-<br />
Scouts renommierter Universitäten, Forschungseinrichtungen<br />
und Unternehmen suchen besonders begabte Kinder<br />
und fördern sie speziell.<br />
Die Schule als Holding<br />
Unter pädagogischer Führung beteiligen sich Sportvereine,<br />
lokale Unternehmen, Eltern und Grosseltern an der Bildung<br />
der Kinder. Lernanlässe werden, wenn immer möglich, in der<br />
konkreten Lebenswelt gesucht. Lerninhalte werden exemplarisch<br />
vertieft, um die Methodenkompetenz einzuüben.<br />
Die Autonomie lokaler Schulen bleibt wichtig.<br />
Der Gesellschaftserziehungsauftrag<br />
Viele Schulversuche und Reformen der letzten Jahrzehnte<br />
werden rückgängig gemacht. Die Schulen legen grossen Wert<br />
auf Tugenden wie Disziplin und Ordnung. Die Eltern werden<br />
deutlich stärker in die Pflicht genommen, sich um die schulischen<br />
und erzieherischen Belange ihrer Kinder zu kümmern.<br />
Die Verschulung (örtliche und zeitliche Ausdehnung der pädagogischen<br />
Betreuung) schreitet voran.<br />
Die Schule brennt<br />
Aufgrund der prekären Lage der öffentlichen Finanzen fehlen<br />
den Schulen verschiedene Instrumente wie Stützunterricht<br />
und Sonderförderung. Zugleich nimmt besonders in Agglomerationsgemeinden<br />
der Anteil bildungsferner Familien zu.<br />
Die Schule soll soziale Fehlentwicklungen korrigieren, wird<br />
dafür aber nicht alimentiert. Es entsteht ein wachsender<br />
Markt privater Schulen, die teilweise religiös gefärbt sind.<br />
Die vollständige Studie kann unter www.swissfuture.ch<br />
bezogen werden.<br />
18 APRIL <strong>2015</strong>
Dossier<br />
Österreich<br />
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APRIL <strong>2015</strong>19
Dossier<br />
«Der beste Dünger fürs<br />
Gehirn ist Begeisterung.»<br />
Gerald Hüther, Neurobiologe<br />
>>> vierspiel des andern. Doch<br />
trotz Häme des Feuilletons: Precht<br />
hat mit seinem Buch einen Bestseller<br />
geschrieben. Über den «Patienten<br />
Schule» wird heute so leidenschaftlich<br />
gestritten wie nie zuvor.<br />
Offenbar fühlen sich viele von<br />
der grundsätzlichen Infragestellung<br />
der Schule bedroht. Doch warum<br />
genau? Weil das Schulwesen und<br />
mit ihm das ganze Bildungssystem<br />
seit je einen wichtigen gesellschaftlichen<br />
Pfeiler darstellen. Die Schule<br />
repräsentiert die Werte eines Landes<br />
und der Gesellschaft. Sie zu kritisieren,<br />
ist ein Balanceakt, der nur<br />
besteht, wer konkret und präzise<br />
argumentiert.<br />
Remo Largo versucht es. In seinem<br />
Buch «Schülerjahre – Wie Kinder<br />
besser lernen», das er zusammen<br />
mit dem Journalisten Martin<br />
Beglinger veröffentlicht hat, fordert<br />
er, dass es mehr Gesamtschulen<br />
brauche mit jahrgangsgemischten<br />
Klassen etwa, in denen alle Kinder<br />
im eigenen Tempo und die jüngeren<br />
auch von den älteren lernen könnten.<br />
Als Tagesschulen konzipiert, wo<br />
tragfähige Beziehungen zwischen<br />
Lehrenden und Lernenden entstehen<br />
können. Und vor allem müsse<br />
die Schule – ganz rasch – vom<br />
Notendruck befreit werden.<br />
Was Largo also für die Schweizer<br />
Volksschule und Precht für die deutsche<br />
fordert, ist nichts weniger, als<br />
dass sich die Schule dem Wertewandel<br />
anpasst. Und dass sie den Mut<br />
hat, über sich nachzudenken, damit<br />
sie sich entwickeln kann.<br />
Dafür muss man nicht einmal<br />
einen Twitteraccount haben.<br />
>>><br />
Martina Bortolani<br />
38, mit einer gescheiterten akademischen<br />
Karriere gesegnet, hat früh gelernt, dass<br />
klassische Schulbildung nicht immer der<br />
heilige Gral für Glück und Weiterkommen<br />
bedeuten muss. Ihre beiden Kinder, 10 und<br />
8, besuchen die öffentliche Volksschule<br />
im Kanton Zürich. Die Vision, lieber einen<br />
glücklichen Schreiner als Sohn zu haben<br />
statt einen unglücklichen Ingenieur,<br />
vertritt Bortolani auch an Elternabenden<br />
konsequent.<br />
20 APRIL <strong>2015</strong>
Dossier<br />
APRIL <strong>2015</strong>21
Dossier<br />
«Manche Eltern würde man<br />
am liebsten auf den Mars schicken»<br />
Eltern wünschen sich gute Bildung für ihr Kind. Lehrer wollen einen guten<br />
Job machen. Dennoch geraten beide immer wieder aneinander. Mediatorin<br />
Maya Mulle über verunsicherte Eltern, frustrierte Lehrer und wie das<br />
Verhältnis entkrampft werden kann. Interview: Martina Bortolani<br />
«Eltern wollen sich kümmern<br />
und sind verunsichert durch<br />
neue Lehrmethoden.»<br />
Frau Mulle, das Verhältnis zwischen<br />
Lehrpersonen und Eltern wird an vielen<br />
Schulen als «Ausweitung der<br />
Kampfzone» beschrieben. Ist das so?<br />
Vieles wird medial aufgebauscht. Ich<br />
wage zu sagen, dass ein Grossteil der<br />
Eltern gut unterwegs ist.<br />
Und trotzdem schreiben Sie in der<br />
Unterstufen-Zeitschrift «4bis8»: «Es<br />
gibt Eltern, die man auf den Mars<br />
schicken sollte!»<br />
Ja, manche Eltern wirken in der Tat<br />
unbelehrbar, sie scheinen ein «Motzer-Gen»<br />
in sich zu tragen, das sie<br />
stetig vorantreibt. Sie können Bestehendes<br />
nicht akzeptieren. Aber sie<br />
sind nicht in der Überzahl. Mit dem<br />
runden Tisch und dem Austausch<br />
darüber, was die Qualität der Schule<br />
ausmacht, können viele Konflikte<br />
verhindert werden.<br />
Die Pädagogische Hochschule in<br />
Zürich predigt den angehenden Lehrerinnen<br />
und Lehrern, «die kooperative<br />
und konstruktive Zusammenarbeit mit<br />
Eltern ist der Normalfall».<br />
Es wäre falsch, Studierenden Angst<br />
zu machen vor den Eltern. So wie sie<br />
auf die Eltern zugehen, werden sie<br />
meist auch empfangen.<br />
Wenn es aber doch zu Streit kommt,<br />
werden Sie als Mediatorin von Schulen<br />
beigezogen. Worum geht es?<br />
Die meisten Eltern wollen unterstützen.<br />
Sie begegnen neuen Schulformen<br />
und Lernformen, die für sie<br />
nicht nachvollziehbar sind und die<br />
sie zunehmend verunsichern. Dies<br />
geschieht vor allem in städtischen<br />
Schulen, in denen die Leistungsunterschiede<br />
besonders gross sind.<br />
Ergo bemängeln Eltern die Schulführung,<br />
die Lernzielerreichung, die<br />
Unterrichtsmethoden, die Benotung,<br />
die Vorbereitung aufs Gymnasium.<br />
Das können sachliche Motive<br />
sein, aber auch sehr persönliche. Oft<br />
werfen Sie den Lehrern vor, dass diese<br />
ihr Kind blossstellen. Es gibt aber<br />
auch Elterndelegierte, die sich nerven,<br />
dass sie nur zum Kuchenbacken,<br />
Kaffeekochen und Stoppuhrdrücken<br />
eingesetzt werden.<br />
Und was frustriert die Lehrer?<br />
Dass die Eltern kaum positive Rückmeldungen<br />
geben, zu viel erwarten,<br />
nicht teilnehmen, nicht kooperieren,<br />
negativ über die Schule sprechen.<br />
Ketzerisch gefragt: Was birgt grösseres<br />
Konfliktpotenzial: ehrgeizige Helikopter-Eltern<br />
oder Eltern mit Migrationshintergrund<br />
und wenig Interesse<br />
am Schulalltag ihrer Kinder?<br />
Ich erlebe oft, dass Eltern mit tieferem<br />
Bildungsniveau und Migrationshintergrund<br />
dankbar sind für<br />
alles, was die Schule tut. Sie sind<br />
gerne bereit, zu unterstützen, wenn<br />
sie aktiv abgeholt werden. Schwierig<br />
für die Lehrpersonen wird es, wenn<br />
sie kaum Deutsch sprechen, den<br />
Kontakt mit der Schule nicht wahr-<br />
22 APRIL <strong>2015</strong>
nehmen und die Unterstützung der<br />
Kinder zu Hause fehlt. Auch Helikopter-Eltern<br />
sind nicht per se schwierig.<br />
Doch sie können herausfordern,<br />
weil sie hohe Erwartungen haben<br />
und gut informiert sind. Sie sind<br />
kommunikativ, zum Teil eloquenter<br />
als die Lehrpersonen und scheuen<br />
sich nicht, einen Rechtsbeistand beizuziehen.<br />
Sie haben oft Angst, dass<br />
ihr Kind zu wenig gefördert wird.<br />
Eine Avenir-Suisse-Studie aus dem<br />
Jahr 2012 («Der strapazierte Mittelstand»)<br />
belegt, dass Eltern aus der<br />
Mittelschicht am stärksten unter dem<br />
heutigen Bildungsdruck leiden.<br />
Das entspricht auch meiner Wahrnehmung.<br />
Wir haben viele gut ausgebildete<br />
Väter und Mütter, die es zu<br />
etwas gebracht haben. Sie bemängeln,<br />
dass die Schulziele und die<br />
Stoffvermittlung zu wenig transparent<br />
sind. Eltern wollen, dass es ihren<br />
Kindern besser gehen wird. Noch<br />
besser als ihnen. Sie sollen Erfolg<br />
haben. Da scheinen uns in der heutigen<br />
Zeit, gerade auch durch die<br />
wirtschaftliche Entwicklung, aber<br />
Grenzen gesetzt zu sein. Deshalb<br />
plädiere ich für eine stärkere Gewichtung<br />
des Bildungserfolgs. Dieser<br />
schliesst die sozialen Fähigkeiten mit<br />
ein und zeichnet Menschen aus, die<br />
ihren Platz in der Gesellschaft aktiv<br />
wahrnehmen.<br />
Fehlt allenfalls auch eine Prise Humor<br />
bei den Gesprächen zwischen Lehrern<br />
und Eltern?<br />
Das ist ganz sicher so. Wenn man<br />
selbst betroffen ist oder sogar angegriffen<br />
wird, ist es aber auch schwierig,<br />
humorvoll zu reagieren. Deshalb<br />
plädiere ich für den Aufbau und die<br />
Stärkung von Willkommens- und<br />
Begegnungskulturen, die dem Kennenlernen<br />
und dem Vertrauensaufbau<br />
dienen.<br />
Sie sind selber Mutter zweier Kinder,<br />
die mittlerweile erwachsen sind. Wie<br />
empfanden Sie die Zusammenarbeit<br />
mit der Lehrerschaft damals?<br />
Sie war mehrheitlich gut. Das hat<br />
aber auch damit zu tun, dass unsere<br />
Kinder die Schule ohne grössere Probleme<br />
durchlaufen haben. Als Schulpflegerin<br />
hatte ich Einblick und<br />
konnte so die Veränderungen und<br />
Rahmenbedingungen besser einordnen<br />
und nachvollziehen.<br />
Sie waren eine «Tiger-Mutter» wie aus<br />
dem «Drill-Bestseller» der Chinesin<br />
Amy Chua?<br />
Nein, da sträuben sich mir ja die<br />
Nackenhaare. Ich habe meine Kinder<br />
nicht getriezt. Aber ja, Leistung hat<br />
für mich immer einen wichtigen<br />
Wert dargestellt. Im Nachhinein<br />
habe ich auch gehört, dass andere<br />
meine Kinder bedauert haben deswegen.<br />
Nichtsdestotrotz haben die<br />
Lehrpersonen aber meine hohen<br />
Erwartungen eher akzeptiert, weil<br />
sie auch meine aktive Unterstützung<br />
erlebt haben.<br />
Früher war die Lehrperson eine Person,<br />
zu der Eltern aufschauten, eine<br />
Autorität. Da hat ein Paradigmenwechsel<br />
stattgefunden. Konservative<br />
Eltern respektieren eine junge Lehrerin<br />
nicht per se.<br />
Das stimmt. Darum ist ein Dialog<br />
auf Augenhöhe für mich ein Qualitätskriterium.<br />
Es geht um Wertschätzung.<br />
Als Mutter wünsche ich mir,<br />
dass ich mit meinen Werten angenommen<br />
werde, weil wir Eltern<br />
schlussendlich für die Förderung<br />
unserer Kinder verantwortlich sind.<br />
Wer verhält sich in Gesprächen renitenter:<br />
der Vater oder die Mutter?<br />
Ich höre oft, dass die Mutter grundsätzlich<br />
verantwortlich sei, der Vater<br />
aber «kommt dazu, wenn es schwierig<br />
wird».<br />
Was halten Sie davon, die Kinder ins<br />
Elterngespräch einzubinden?<br />
Grundsätzlich begrüsse ich es, wenn<br />
die Kinder dabei sind. In stark belasteten<br />
Konfliktsituationen rate ich<br />
allerdings davon ab. Kinder sollen<br />
nicht als Übersetzer missbraucht<br />
werden. Ich finde es aber hilfreich,<br />
wenn Kinder ihre eigene Einschätzung<br />
und Vorschläge für Weiterentwicklungen<br />
einbringen können.<br />
Auch in Mediationen lade ich Kinder<br />
oft bewusst ein, dabei zu sein. Sie<br />
können am besten einbringen, was<br />
sie von wem brauchen.<br />
Was wünschen Sie sich persönlich für<br />
die Schule 2020?<br />
Ich wünsche mir, dass die Schülerinnen<br />
und Schüler im Zentrum stehen.<br />
Lern- und Beurteilungsprozesse<br />
sollen transparent und nachvollziehbar<br />
sein, es muss also miteiander<br />
geredet werden! Am liebsten am<br />
runden Tisch und mit allen Beteiligten:<br />
Schülern, Lehrern, Elterndelegierten.<br />
Das Ziel muss sein, dass<br />
Lernen und Lehren in erster Linie<br />
Spass machen.<br />
«Lehrer frustriert, dass Eltern<br />
nur negative Rückmeldungen<br />
geben und zu viel erwarten.»<br />
Maya Mulle<br />
ist 62 Jahre alt, Organisationsberaterin,<br />
Mediatorin und Leiterin der Fachstelle<br />
www.elternmitwirkung.ch.<br />
APRIL <strong>2015</strong>23
Dossier<br />
Alles, was Sie über den<br />
Lehrplan 21 wissen müssen<br />
Kaum ein Projekt der Schweizer Bildung gab in den letzten Jahren so viel zu reden<br />
wie der Lehrplan 21. Bisher hatte jeder Kanton seinen eigenen, verbindlichen Lehrplan.<br />
Seit Ende 2014 liegt nun erstmals ein für sämtliche Schweizer Kantone identisches<br />
Planungsinstrument vor. Was das im Klartext bedeutet. Text: Franziska Peterhans<br />
Hintergrund eines<br />
gemeinsamen Lehrplans<br />
ist der Bildungsartikel<br />
(Art.<br />
62) in der Bundesverfassung,<br />
der 2006 vom Schweizer<br />
Volk angenommen wurde. Er verpflichtet<br />
die Kantone dazu, die<br />
Schule zu harmonisieren. Der Lehrplan<br />
21 ist ein Instrument dazu.<br />
Er soll dazu beitragen, dass Kinder<br />
und Jugendliche in allen Kantonen<br />
zu bestimmten Zeitpunkten<br />
über das gleiche Können und Wissen<br />
in den einzelnen Fachbereichen<br />
verfügen. Dies ist insbesondere bei<br />
einem Wohnortswechsel über die<br />
Kantonsgrenzen hinweg von grosser<br />
Bedeutung.<br />
Ein gemeinsamer Lehrplan vereinfacht<br />
zudem die Koordination<br />
und Produktion von Lehrmitteln. Es<br />
muss nicht mehr jeder Kanton seine<br />
eigenen, auf den Lehrplan abgestimmten<br />
Lehrmittel erarbeiten.<br />
Gemeinsame Lehr- und Lernziele<br />
sind ausserdem ein weiterer Schritt<br />
zur Harmonisierung der Aus- und<br />
Weiterbildung der Lehrpersonen.<br />
Zudem können Synergien zwischen<br />
den Kantonen genutzt und damit<br />
Kosten eingespart werden.<br />
Ohne Wissen keine Kompetenz<br />
Bisher waren die kantonalen Lehrpläne<br />
stark auf die zu vermittelnden<br />
Inhalte in den einzelnen Fächern<br />
ausgerichtet. Sie gaben Lehrerinnen<br />
und Lehrern vor, welche Themen zu<br />
welcher Zeit in welchem Umfang mit<br />
den Schülerinnen und Schülern erarbeitet<br />
werden mussten. Auch der<br />
Lehrplan 21 enthält viele Inhalte, die<br />
verbindlich zu unterrichten sind. Sie<br />
stehen aber immer unmittelbar im<br />
Zusammenhang mit den entsprechenden<br />
zu erreichenden Kompetenzen.<br />
Also Fähigkeiten und Fertigkeiten,<br />
welche die Lernenden am<br />
Ende der 2., 6. und 9. Klasse erlangt<br />
haben müssen. Man spricht hier auch<br />
von nationalen Bildungszielen.<br />
Ein Beispiel: Zu den verbindlichen<br />
Inhalten im Geschichtsunterricht<br />
auf der Oberstufe gehören die<br />
Französische Revolution, die beiden<br />
Weltkriege, der Faschismus und der<br />
Holocaust. Der Lehrplan wäre aber<br />
nicht erfüllt, wenn die Kinder sich<br />
nur Wissen über Ereignisse aneignen<br />
und Jahreszahlen auswendig<br />
lernen würden. Sie sollen unter<br />
anderem auch die Kompetenz<br />
erwerben, das Wissen in einen grösseren<br />
Zusammenhang der Weltgeschichte<br />
zu stellen oder Ereignisse<br />
aus verschiedenen Zeitepochen zu<br />
beurteilen und zu vergleichen.<br />
Bedeutet dies, dass die Wissensvermittlung<br />
an Schulen nun zu kurz<br />
kommt? Selbstverständlich nicht,<br />
meinen Fachleute des Lernens, unter<br />
anderem auch der Dachverband der<br />
Lehrerinnen und Lehrer Schweiz<br />
LCH. Wenn Schülerinnen und Schüler<br />
Kompetenzen erlangen sollen,<br />
bedeutet dies nichts anderes, als dass<br />
das angeeignete Wissen auch verstanden<br />
wird und angewendet werden<br />
kann. Kinder sollen nicht einfach<br />
Wissen anhäufen und Fakten<br />
auswendig lernen.<br />
Kantone behalten ihren Einfluss<br />
Was regelt der Lehrplan 21 nicht?<br />
Der Lehrplan 21 macht Lehrerinnen<br />
und Lehrern keine Vorschriften über<br />
die Art des Unterrichts und die Lernformen.<br />
Die Lehrpersonen können<br />
also weiterhin frei entscheiden, wie<br />
sie ihre Schülerinnen und Schüler zu<br />
den vorgegebenen Kompetenzen<br />
führen möchten, ob im Frontalunterricht,<br />
im Projektunterricht, mit<br />
Lernwerkstätten, in Lernlandschaften.<br />
Der Lehrplan dient als Kompass<br />
und ist kein Gesetzbuch.<br />
Die Kantone sind auch frei, eigene<br />
Unterrichtsschwerpunkte bezüglich<br />
Inhalt und Umfang zu setzen.<br />
Jeder Kanton entscheidet selber,<br />
wann, in welchen Verfahren und in<br />
welchem Umfang der Lehrplan 21<br />
eingeführt wird. Die Einführung ist<br />
in den meisten Kantonen frühestens<br />
auf das Schuljahr 2017/18 geplant.<br />
24 APRIL <strong>2015</strong>
Basel-Stadt startet als erster Kanton<br />
bereits im August <strong>2015</strong>. Der Aargau<br />
lässt sich bis zum Schuljahr 2020/21<br />
Zeit.<br />
Die Kantone sind aber auch verpflichtet,<br />
die dafür nötigen Mittel<br />
bereitzustellen, insbesondere die<br />
Weiterbildung der Lehrpersonen zu<br />
organisieren und für angepasste<br />
Lehrmittel zu sorgen. Der LCH fordert<br />
die Kantone auf, überkantonal<br />
erarbeitete Hilfsmittel für die kompetenzbasierte<br />
Beurteilung zur Verfügung<br />
zu stellen. Ebenfalls in der<br />
Verantwortung der Kantone liegt die<br />
Anpassung der Stundentafeln für<br />
die einzelnen Fachbereiche.<br />
In zwölf Kantonen wird die<br />
Regierung über die Einführung des<br />
Lehrplans 21 entscheiden: AG, AR,<br />
BE, GL, GR, LU, NW, OW, SG, SO,<br />
TG, VS. In acht Kantonen liegt der<br />
Entscheid beim Bildungs- bezie-<br />
hungsweise Erziehungsrat: AI, BL,<br />
BS, SH, SZ, UR, ZG, ZH. Im Kanton<br />
FR liegt die Kompetenz für den<br />
Erlass bei der Direktion für Erziehung,<br />
Kultur und Sport. In verschiedenen<br />
Kantonen gibt es Bestrebungen,<br />
dass über die Einführung des<br />
Lehrplans 21 an der Urne entschieden<br />
werden kann.<br />
Nachbessern bei den Sprachen<br />
Der Lehrplan 21 ist ein Schritt zu<br />
mehr Einheitlichkeit im Bildungswesen<br />
und zu mehr Chancengerechtigkeit<br />
für Kinder und Jugendliche.<br />
Zweifellos hat er aber noch Optimierungsbedarf,<br />
insbesondere was den<br />
Erwerb von zusätzlichen Landesbeziehungsweise<br />
Fremdsprachen<br />
betrifft. Bedauerlicherweise ist noch<br />
immer nicht koordiniert, ob der<br />
Fremdsprachenunterricht an der<br />
Primarschule mit Englisch oder<br />
Französisch beginnt. So hat eine<br />
Viertklässlerin, die im basellandschaftlichen<br />
Augst gewohnt hat, seit<br />
der 3. Klasse Französisch gelernt.<br />
Zieht sie dann mit ihrer Familie<br />
wenige Kilometer weiter ins aargauische<br />
Kaiseraugst, sucht sie den Französischunterricht<br />
vergebens im<br />
Stundenplan. Dafür fehlt ihr ein Jahr<br />
Englischunterricht. Diesen Missstand<br />
müsste die Politik dringend<br />
beheben, zum Wohle der Kinder!<br />
«Die Kantone sagen<br />
was, die Lehrpersonen<br />
entscheiden wie.»<br />
Franziska Peterhans ist Zentralsekretärin des<br />
Dachverbandes Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH<br />
und Mitglied der Geschäftsleitung.<br />
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APRIL <strong>2015</strong>25<br />
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Dossier<br />
«Für viele sind wir<br />
eine Provokation»<br />
Céline und ihre fünf Geschwister werden zu Hause unterrichtet –<br />
von ihrer Mutter. Wie funktioniert Homeschooling?<br />
Ein Besuch bei der Familie Hanhart in Lyss BE.<br />
Text: Martina Bortolani Fotos: Tomas Wüthrich / 13 Photo<br />
Es fühlt sich an, wie in ein Schulzimmer zu<br />
platzen, in dem gerade unterrichtet wird –<br />
und einen plötzlich 22 Schüler anstarren.<br />
Hier im bernischen Lyss nahe Biel starren<br />
nicht 22, sondern lediglich 4 Schüler. Aber<br />
das Empfinden, einen konzentrierten Unterricht gestört<br />
zu haben, ist dasselbe. Die Kinder schauen kurz auf,<br />
sagen höflich «Grüessech» und beugen gleich wieder<br />
die Köpfe über die Bücher. Es ist kurz nach zehn Uhr<br />
an diesem Freitag; unterrichtet wird Mathematik. Das<br />
Ambiente wirkt familiär, aufgeräumt, strukturiert und<br />
auf jeden Fall: schweizerisch-unauffällig.<br />
Und sogleich schämt man sich still für seine exotischen<br />
Vermutungen vor diesem Besuch. Womöglich auf<br />
tanzende Hippie-Eltern zu treffen, die ihre Kinder im<br />
Wohnwagen unterrichten. Oder eine klandestine Sektengemeinschaft<br />
vorzufinden, in der die Frauen lange<br />
Röcke tragen und die Männer wirre Dogmen predigen.<br />
So stellt man sich landläufig Eltern vor, die ihre Kinder<br />
nicht in die Schule schicken, sondern zu Hause unterrichten.<br />
Aber auf keinen Fall stellt man sie sich so vor<br />
wie Therese und Marcel Hanhart. Nicht wie einen Bundesbeamten<br />
für Eisenbahnsicherheit und eine gelernte<br />
Hauspflegerin. Sie haben sechs Kinder, ein Haus, einen<br />
Familien-Van und sind überzeugte Homeschooler, also<br />
Eltern, die ihre Kinder zu Hause unterrichten.<br />
Nach den ältesten Töchtern Céline (20) und Gwenaëlle<br />
(18) sind es aktuell noch Naïm (16), Ruven (13),<br />
Josia (11) und Rabea (7), deren Schulweg kürzer kaum<br />
sein könnte: die Treppen von den Kinderzimmern hinunter<br />
ins Untergeschoss des Hauses. Hier haben die<br />
Hanharts zwei Schulzimmer eingerichtet – inklu- >>><br />
Josia, Ruven und<br />
Rabea im Unterricht<br />
bei ihrer Mutter<br />
Therese Hanhart.<br />
26 APRIL <strong>2015</strong>
APRIL <strong>2015</strong>27
Dossier<br />
>>> sive Unterrichts-Cachet. Ein grosser Tisch zum<br />
Arbeiten, eine Art Wandtafel, Fächer, Mäppli, Schulmaterial,<br />
Hefte, Lernkarten, Buchstabentafeln, Etuis und<br />
mit Namen beschriftete Kartonschachteln. Willkommen<br />
im Heimunterricht einer besonderen Familie.<br />
Der Unterricht beginnt spätestens um acht Uhr –<br />
manchmal sogar früher. Dann wird den ganzen Vormittag<br />
gearbeitet, die drei Kleinen zusammen, der ältere,<br />
Naïm, geht den Oberstufenstoff separat durch. Es gibt<br />
normale Znünipausen, und wenn die Kids konzentriert<br />
gearbeitet haben, steht der Nachmittag zur freien<br />
Gestaltung. Respektive ist ziemlich vollgestopft mit<br />
Sport- und Musikstunden. Das alles liest sich wie das<br />
Programm an einer Kinderakademie: Flöte, Hornussen,<br />
Hockey, Ballett, Fussball, Geige, Curling, Rhythmik und<br />
Schwimmen. Das fördere nebenbei die sozialen Kontakte,<br />
sagt die Mutter.<br />
Die Eltern wundern sich, dass sie sich immer gegen<br />
den Vorwurf wehren müssen, ihre Kinder «zu isolieren,<br />
zu behüten oder weltfremd aufwachsen zu lassen», sagt<br />
der Vater. Das vorgegebene Bildungssystem als Imperativ<br />
zu verstehen, sei in unserer Gesellschaft stark verankert.<br />
Sie halten dagegen. Jedes ihrer Kinder habe ein<br />
anderes Arbeits- und Lerntempo, das könne man zu<br />
Hause besser berücksichtigen. Die Schule, ergänzt die<br />
Mutter, gelte als eine «der letzten Tabuzonen» unserer<br />
Zeit. «Wer hierzulande aus dem Schulsystem ausbricht,<br />
ist per se suspekt», sagt Marcel Hanhart.<br />
Es sind die unterschiedlichsten Überlegungen, die<br />
Eltern dazu bewegen, ihre Kinder daheim zu unterrichten.<br />
Die Hanharts betonen, dass sie das Modell weder<br />
aus religiösen (wie oft in den USA) noch aus volksschulfeindlichen<br />
Motiven gewählt haben, wie beispielsweise<br />
in einigen skandinavischen Ländern, in denen Homeschooling<br />
oft aus Protest gegen staatliche Bildunsgmonopole<br />
betrieben wird. Norwegens Bildungsministerin<br />
Kristin Clemet, die bis 2005 im Amt waltete, wurde<br />
durch ihre radikale Parole «Homeschooling ist ein Menschenrecht»<br />
berühmt.<br />
Eine kleine Minderheit, die provoziert<br />
«Wir trennen Erziehung und Bildung nicht so sehr»,<br />
sagt Therese Hanhart. Für sie sei das Unterrichten im<br />
privaten Umfeld nicht nur reine Stoffvermittlung, sondern<br />
sie empfinde es vielmehr als Privileg, die Kinder<br />
so ganzheitlich ausbilden zu können. Jedes von ihnen<br />
könne kochen, putzen, selbständig reisen und wisse über<br />
vieles Bescheid, was im Alltag hilfreich sei. «Das ist unser<br />
Verständnis eines gesunden gesellschaftlichen Fundaments»,<br />
sagt die Mutter.<br />
In der Schweiz bewegen sich die Homeschooler – die<br />
übrigens in keinem Kanton finanzielle Unterstützung<br />
beanspruchen – statistisch in der unauffälligen Zone.<br />
Bei derzeit 707 196 schulpflichtigen Kindern werden, so<br />
schätzt der Dachverband bildungzuhause.ch, etwa 500<br />
Kinder von ihren Eltern oder von privaten Lehrern<br />
unterrichtet. «Das sind etwa 0,7 bis 0,9 Prozent», sagt<br />
Marcel Hanhart, und: «Für viele sind wir eine Provokation.»<br />
Das reiche von den Politikern bis zu Familien im<br />
Dorf. «Weil wir dauernd hinterfragt werden, hinterfragen<br />
wir uns aber selber viel stärker», sagt er. Auch sie<br />
würden ab und zu zweifeln, gesteht er. Viele verstünden<br />
ihre Argumente nicht. Oder wollten sie nicht verstehen.<br />
Fakt ist, sie polarisieren mit ihrer Entscheidung. Homeschooling<br />
ist bis dato in der Schweiz ein hochemotionales<br />
Thema.<br />
In der Schweiz kann übrigens nicht jeder, der will,<br />
seine Kinder zu Hause unterrichten. Jeder Kanton hat<br />
variierende Auflagen. Im Kanton Zürich muss man<br />
ausgebildeter Lehrer sein, im Tessin ist es wiederum gar<br />
nicht erlaubt. In Bern, dem Aargau, der Waadt oder<br />
Appenzell Ausserrhoden dürfen auch Eltern ohne Lehrdiplom<br />
unterrichten. Der Anteil der Homeschooler im<br />
Bei Hanharts<br />
wird der<br />
Hausflur zum<br />
Schulzimmer<br />
umfunktioniert.<br />
28 APRIL <strong>2015</strong>
Kanton Bern ist mit rund 220 (von total 104 533) Kindern<br />
entsprechend hoch.<br />
Die Pflichtfächer sind, analog zur Volksschule, Lesen,<br />
Schreiben, Rechnen, Natur-Mensch-Umwelt und – bis<br />
zur Oberstufe – eine bis zwei Fremdsprachen. Daneben<br />
dürfen musische und sportliche Fächer nicht zu kurz<br />
kommen. Überprüft werden die heimische Stoffvermittlung<br />
sowie die sozialen Kompetenzen der Kinder von<br />
regionalen oder kantonalen Aufsichtsbehörden, die<br />
regelmässig vorbeischauen.<br />
Auch Kochen für alle gehört dazu<br />
Im Kanton Bern sind prüfungsfreie Übertritte ans Gymnasium<br />
oder eine Fachmittelschule nur ab der Volksschule<br />
möglich. Kinder ab Privatschulen oder Privatunterricht<br />
müssen entsprechende Übertrittsprüfungen<br />
absolvieren. Grundsätzlich ist es möglich, die Vorbereitung<br />
auf die Matura zu Hause zu machen. Im Anschluss<br />
ist dann die CH-Maturaprüfung zu bestehen – extern<br />
an einer Schule.<br />
Bei den Homeschoolern gibt es Familien, die den<br />
Tages- und Lernrhythmus locker gestalten, und solche,<br />
die einem straffen, strukturierten Plan folgen. Wie die<br />
Hanharts. «Ich verbringe viel Zeit mit dem Eigenstudium,<br />
dem Suchen nach geeigneten Lehrmitteln und<br />
der dazugehörenden geeigneten Vermittlung», sagt die<br />
fröhlich wirkende Frau, die langsam an das Mittagsmenü<br />
denken muss. Doch nicht sie kocht, sondern der<br />
elfjährige Josia. «Das tut er oft. Er kauft mit seinen Brüdern<br />
ein. Die Jungs kennen sich bei den Aktionen in<br />
der Migros besser aus als ich», sagt die Mutter so, als sei<br />
dies selbstverständlich für präpubertierende Jungs im<br />
Fussballalter mit Zahnspange und Gelfrisur.<br />
Die Kinder hier wirken nicht so, als würden sie das<br />
nur machen, weil gerade Besuch da ist. Josia bindet sich<br />
die Küchenschürze um und fängt an, Toastbrote für das<br />
Menü Toast Hawaii zu bestreichen. Er sagt, dass sich<br />
seine Freunde «gar nicht mehr interessieren dafür, wo<br />
ich zur Schule gehe. Solange ich gut Fussball spiele im<br />
Training.» Derlei kompetitives Verhalten bestätigt auch<br />
die Mutter: «Die Gielen wollen sich immer messen!»<br />
Darum gebe sie ihnen auch Noten. «Die brauchen das.»<br />
Bei den Mädchen seien Noten nicht so wichtig, wie ihre<br />
Erfahrung mit den grossen Töchtern gezeigt habe. Die<br />
bestätigen rückblickend übrigens beide etwas Ähnliches:<br />
ihre hohe Kompetenz zur Selbständigkeit. Céline,<br />
die kurz vor dem Abschluss zur Fachbetreuerin für<br />
Behinderte steht, sagt: «Dank Homeschooling habe ich<br />
gelernt, dass ich für mich lerne und somit Eigenverantwortung<br />
trage.» Die 18-jährige Gwenaëlle, die derzeit<br />
die Vollzeit-BMS in Biel absolviert, erinnert sich, dass<br />
sie früh selbständiges Arbeiten gelernt hat: «Von fehlender<br />
Sozialisierung, Isolation oder ähnlichen oft<br />
genannten Nachteilen hab ich so gut wie gar nichts mitbekommen.»<br />
Und apropos weltfremd: Gwenaëlle hat die Schule<br />
ein Jahr früher als ihre Freundinnen abgeschlossen. Und<br />
vor einem Jahr die Lehre zur Staudengärtnerin bestanden.<br />
Mit einer Gesamtnote von 5,3.<br />
>>><br />
Im nächsten Heft:<br />
Geschwister<br />
Foto: Shutterstock<br />
«Indianer sind entweder auf dem Kriegspfad<br />
oder rauchen die Friedenspfeife. Geschwister<br />
können beides», schrieb Kurt Tucholsky. Von<br />
Geburt an sind sie Konkurrenten, kämpfen um<br />
Aufmerksamkeit, Anerkennung und die Liebe<br />
ihrer Eltern. Was Geschwister trennt – und was<br />
sie zusammenhält: in unserem Mai-Dossier.<br />
APRIL <strong>2015</strong>29
Monatsinterview<br />
Die Therapeutin<br />
Rochelle Allebes<br />
in ihrer Wohnung<br />
in Zürich.<br />
30 APRIL <strong>2015</strong>
«Eltern, die perfekt sein wollen,<br />
sind oft verunsichert»<br />
Was soll man Jugendlichen erlauben, was nicht? Wie gehe ich vor, wenn mein<br />
Kind trotzt? Die Elternberaterin Rochelle Allebes spricht über verunsicherte Väter<br />
und Mütter und sagt, warum eine klare Linie in der Erziehung wichtig ist und<br />
wie man als Eltern eine eigene Haltung entwickelt.<br />
Interview: Eveline von Arx Fotos: Paolo Dutto / 13 Photo<br />
Im Hauseingang der Wohnung von<br />
Rochelle Allebes in Zürich Wipkingen<br />
stehen grosse und kleinere Velos. Die<br />
Therapeutin, die mit holländischem<br />
Akzent spricht, empfängt uns in ihrer<br />
Stube; ein gemütlicher Raum mit viel<br />
Holz, dazwischen moderne Möbel und<br />
ein grosses Ledersofa. Im Regal finden<br />
sich CDs und Kunstbücher, an den Wänden<br />
hängen Bilder und alte Fotografien.<br />
Frau Allebes, in der Buchhandlung und<br />
im Internet können Eltern heute viele<br />
Ratgeberbücher und -seiten über Kindererziehung<br />
finden. Wie beurteilen<br />
Sie das?<br />
Einerseits kann es ein Zeichen dafür<br />
sein, dass Eltern verunsichert sind<br />
und sich erhoffen, in den Ratgebern<br />
Hilfe zu finden. Andererseits stehen<br />
inzwischen viele Mütter und Väter<br />
unter dem Druck, ihr Kind richtig<br />
zu fördern, und sind deshalb auf der<br />
Suche nach einer optimalen Anleitung<br />
dafür. Die Karriereplanung<br />
beginnt heute schon bei den Zweijährigen.<br />
Es gibt jedoch nicht das<br />
eine Erziehungsbuch, nach dem sich<br />
alle richten können. Die Vielfalt an<br />
Ratgebern ist gross, und oft lautet<br />
das Fazit, dass Eltern für sich herausfinden<br />
müssen, wie sie erziehen<br />
wollen, was für sie stimmt. Vielleicht<br />
sollten Mütter und Väter etwas weniger<br />
in Büchern und im Internet und<br />
stattdessen ihre Kinder «lesen»!<br />
Eltern sind nämlich Experten für<br />
ihre eigenen Kinder!<br />
Was heisst das?<br />
Dass man Kinder als eigenständige,<br />
einzigartige Persönlichkeiten wahrnehmen<br />
sollte, die einen ganz individuellen<br />
Charakter haben. Ich habe<br />
kürzlich einen Dokumentarfilm<br />
«Mütter und Väter<br />
sind Experten für<br />
ihre Kinder und<br />
sollten sie vor allem<br />
ernst nehmen.»<br />
gesehen, darin kam eine Familie vor,<br />
die sehr wenig Geld hat. Der Sohn<br />
kam eines Tages nach Hause und war<br />
sehr beeindruckt von einem Geiger,<br />
den er auf der Strasse spielen gehört<br />
hatte. Von da an hegte er den<br />
Wunsch, auch Geige zu spielen. Die<br />
Familie konnte dies dem Knaben<br />
nicht ermöglichen. Doch der Vater<br />
kam ein paar Wochen später mit<br />
einem Geigenbogen nach Hause und<br />
schenkte ihn seinem Sohn. Obwohl<br />
es fern jeder Realität war, dass der<br />
Sohn das Geigenspiel erlernen konnte,<br />
hatte der Vater das Bedürfnis seines<br />
Kindes gesehen und ernst<br />
genommen und versucht, darauf<br />
einzugehen. Für den Sohn hiess dies:<br />
Mein Vater sieht mich, mein Vater<br />
nimmt mich wahr. Interessanterweise<br />
bemängeln Jugendliche, die<br />
jeweils für die deutsche Shell-<br />
Jugendstudie befragt werden, immer<br />
wieder genau das: dass sie nicht ernst<br />
genommen, nicht gesehen würden,<br />
sondern es den Eltern vor allem um<br />
ihre Leistungen oder darum ginge,<br />
dass sie keinen Alkohol oder andere<br />
Drogen konsumierten.<br />
Wie sollten sich Eltern stattdessen<br />
verhalten?<br />
Ich finde es enorm wichtig, dass<br />
Eltern wirklich die Bereitschaft<br />
haben, ihr Kind kennenzulernen,<br />
und nicht voreingenommen sind<br />
und denken, sie wüssten ja sowieso,<br />
wer ihre Tochter oder ihr Sohn sei.<br />
Ich versuche, bei den Eltern den<br />
Blick für das Wesen des Kindes, für<br />
seine Einzigartigkeit, zu schärfen, so<br />
dass sie das Kind wahrnehmen, wie<br />
es ist, und nicht, wie sie glauben, dass<br />
>>><br />
es ist. Mit Eltern, die ihre Kin-<br />
APRIL <strong>2015</strong>31
Monatsinterview<br />
>>> der extrem pushen, thematisiere<br />
ich dann zum Beispiel, warum<br />
sie so leistungsorientiert sind. Und<br />
ich stelle provokative Fragen wie:<br />
Würden Sie Ihr Kind weniger lieben,<br />
wenn es denn schulisch nicht erfolgreich<br />
wäre?<br />
Sie waren 22 Jahre als Beraterin beim<br />
«Elternnotruf» tätig. Was verunsichert<br />
Eltern in der Erziehung ihrer Kinder<br />
besonders?<br />
Da im Allgemeinen die Beziehung<br />
zum Kind mehr in den Vordergrund<br />
getreten ist in den letzten Jahrzehnten,<br />
haben manche Eltern zum Beispiel<br />
auch verstärkt Angst, von ihren<br />
Kindern etwas einzufordern, weil sie<br />
die Befürchtung hegen, sonst nicht<br />
mehr geliebt zu werden. Eltern sind<br />
heute zum Teil emotional sehr<br />
abhängig von ihren Kindern, möchten<br />
in deren Gunst stehen – es hat<br />
also eine Art Umkehrung stattgefunden:<br />
Denn eigentlich sind es ja die<br />
Kinder, welche die elterliche Liebe<br />
brauchen …<br />
Eltern haben Angst, dass ihr Kind sie<br />
ablehnen könnte. Woher kommt das?<br />
Die Basis dafür, um von den Kindern<br />
Respekt einzufordern, ist ein gewisser<br />
Selbstrespekt. Und wenn der<br />
nicht vorhanden ist, sind Eltern nicht<br />
in der Lage, von ihren Kindern zu<br />
verlangen, ihnen gegenüber Respekt<br />
«Ich stelle immer<br />
wieder einen<br />
deutlichen Verlust<br />
der elterlichen<br />
Präsenz fest.»<br />
zu zeigen. Erziehung bedeutet, sich<br />
als Mutter und Vater immer wieder<br />
mit sich selbst auseinanderzusetzen<br />
und sich zu fragen: Welche Ziele<br />
verfolge ich, und welche Werte vertrete<br />
ich? Warum fällt es mir so<br />
schwer, Nein zu sagen? Eltern müssen<br />
heute ihren eigenen Weg finden,<br />
wie sie erziehen wollen, es ist wichtig,<br />
den Kindern gegenüber eine<br />
klare Haltung einzunehmen.<br />
Und wie macht man das?<br />
Wenn es grosse Schwierigkeiten in<br />
der Erziehung gibt, sage ich den<br />
Eltern, sie sollten versuchen, zweigleisig<br />
zu fahren. Einerseits geht es<br />
darum, ihr Kind zu verstehen: Was<br />
ist los? Warum verhält sich meine<br />
Tochter oder mein Sohn so? Aber<br />
eben auch eine klare Haltung einzunehmen<br />
und dem Kind gegenüber<br />
zu äussern, dass gewisse Verhaltensweisen<br />
nicht drinliegen, nicht tolerierbar<br />
sind. Oft erlebe ich, dass<br />
Eltern nur auf einem Gleis unterwegs<br />
sind. Entweder, sie wollen das Kind<br />
ausschliesslich verstehen – zum Beispiel,<br />
wenn eine Mutter von ihrem<br />
jugendlichen Sohn geschlagen wird,<br />
und sie sich sagt: «Ich verstehe mein<br />
Kind, es ist ja auch in einer schwierigen<br />
Situation mit mir als alleinerziehender<br />
Mutter.» Oder dann sehe<br />
ich das andere Extrem, wo Eltern ihr<br />
Kind ständig kritisieren, ohne die<br />
Hintergründe für das Verhalten des<br />
Jugendlichen verstehen zu wollen.<br />
In beiden Fällen ist ein deutlicher<br />
Verlust der elterlichen Präsenz festzustellen.<br />
Worin bestehen denn die Schwierigkeiten,<br />
wenn Eltern Angst vor ihren<br />
Kindern haben?<br />
Angstgesteuerte Erziehung ist keine<br />
wirkungsvolle Erziehung, weil man<br />
als Mutter oder Vater erpressbar<br />
wird. Dann muss ich Eltern dabei<br />
unterstützen, sich mit sich selbst,<br />
dem eigenen Erziehungsverhalten<br />
auseinanderzusetzen. Als Beispiel:<br />
Wenn Eltern zu mir kommen und<br />
seit Längerem darunter leiden, dass<br />
ihr Sohn nur noch zu Hause in seinem<br />
Zimmer rumhängt, die Schule<br />
nicht besucht, keine Lehre machen<br />
will, schaue ich mit ihnen zuerst einmal,<br />
warum sie diese Situation<br />
bereits über eine lange Zeit ausgehalten<br />
und erduldet haben. Dann<br />
erfahre ich oft, dass dem Sohn nach<br />
wie vor die Wäsche gewaschen, das<br />
«Viele Eltern reden<br />
nicht über Probleme<br />
mit den Kindern;<br />
aus Angst davor, als<br />
unfähig zu gelten.»<br />
Lieblingsessen gekocht und der<br />
Kühlschrank mit Cola und Eistee<br />
gefüllt wird.<br />
Was machen Sie dann?<br />
In solchen Fällen versuche ich, die<br />
Eltern darin zu unterstützen, diese<br />
Service-Leistungen einzuschränken.<br />
Und parallel dazu soll die Kommunikation<br />
mit dem Jugendlichen auf<br />
allen Kanälen – wenn er sich dem<br />
Gespräch verweigert auch via SMS<br />
und E-Mail – gesucht und verstärkt<br />
werden. Die Eltern können sich so<br />
mitteilen, selbst wenn vom Jugendlichen<br />
keine Antwort kommt. Dies<br />
alles kann auch mit der Unterstützung<br />
von weiteren Bezugspersonen<br />
aus dem Umfeld geschehen. Auf<br />
diese Weise merkt der betroffene<br />
Jugendliche, dass immer mehr Leute<br />
von seiner Situation erfahren und<br />
etwas ändern möchten. Vielleicht<br />
kommen Verwandte und Freunde<br />
alle zusammen und beraten sich, wie<br />
sie gemeinsam helfen können. Durch<br />
all diese Schritte verdeutlicht sich die<br />
Haltung der Eltern – und der Jugendliche<br />
merkt, dass es so nicht weitergehen<br />
kann. Meist bewegt und verändert<br />
sich dann etwas.<br />
Sie sagen, viele Eltern hätten heute<br />
Angst, den Kindern ein inakzeptables<br />
Verhalten zu spiegeln oder ihnen<br />
etwas zu verbieten.<br />
Ja – weil sie eben oft keine eigene<br />
klare Linie haben. Wenn der Jugendliche<br />
nach Hause kommt und sagt,<br />
alle anderen dürften auf die Party<br />
und bis am Morgen durchfeiern,<br />
dann verunsichert das viele Eltern.<br />
Statt dass sie erst einmal ruhig bleiben<br />
und sagen: «Gib mir bitte vier<br />
Telefonnummern von Eltern, die<br />
ihren Kindern das angeblich erlau-<br />
Allebes arbeitete<br />
22 Jahre als<br />
Beraterin beim<br />
«Elternnotruf».<br />
32 APRIL <strong>2015</strong>
en. Ich möchte mit ihnen sprechen.»<br />
Leider tauschen sich Eltern<br />
oft kaum mit anderen Müttern und<br />
Vätern aus. Das ist schade. Und über<br />
ihre Schwierigkeiten mit den Kindern<br />
reden sie schon gar nicht – aus<br />
Angst davor, als unfähige Eltern<br />
dazustehen. Doch dieser Austausch<br />
wäre sehr wichtig, eben auch, um an<br />
der eigenen erzieherischen Haltung<br />
zu arbeiten, diese zu vertiefen. Aber<br />
das ist auch ein Zeitphänomen: Man<br />
diskutiert seine Probleme nicht mit<br />
anderen, sondern stürzt sich zum<br />
Beispiel lieber ins Internet und sucht<br />
dort nach Lösungen.<br />
Warum ist es so schwer, eine «gute<br />
Mutter» oder ein «guter Vater» zu<br />
sein?<br />
Die Erwartungen, die Eltern an sich<br />
selbst haben, sind oft sehr hoch. Sie<br />
wollen perfekt sein, und implizit<br />
erwarten sie deshalb auch Dankbarkeit<br />
von ihren Kindern. Es ist daher<br />
sinnvoll, diese Ansprüche zu hinterfragen.<br />
Als Beispiel: Wenn kleine<br />
Kinder anfangen, Brei zu essen, gibt<br />
es Mütter, denen es enorm wichtig<br />
ist, dem Baby den besten und gesündesten<br />
Brei selber zuzubereiten. Und<br />
was macht das Kind? Es schmiert<br />
sich den Brei ins Haar, spielt mit dem<br />
Essen, leert den Teller aus und so<br />
weiter. Und was bewirkt dies alles<br />
bei der Mutter? Enttäuschung! Sie<br />
nimmt das Verhalten des Kindes<br />
persönlich, weil ihr ganzes Engagement<br />
umsonst war. Bei Eltern von<br />
Jugendlichen beobachte ich Ähnliches:<br />
Die Mutter kommt nach Hause,<br />
nachdem sie den ganzen Tag<br />
gearbeitet hat, war auf dem Heimweg<br />
noch einkaufen, gönnte sich keine<br />
Pause, und dann sitzen ihre Teenager<br />
faul auf dem Sofa herum und helfen<br />
ihr nicht einmal, die Einkaufstaschen<br />
auszupacken. Kein Dank,<br />
keine Anerkennung. Dabei ist<br />
Monatsinterview<br />
>>> es die Erwartung der Mutter an<br />
sich selbst, so viel zu machen, es ist<br />
nicht die Erwartung der Kinder an<br />
die Mutter. Und so geht die arme<br />
Frau schliesslich frustriert in die<br />
Küche und erledigt einmal mehr<br />
alles alleine.<br />
Und was bewirkt diese enttäuschte<br />
Erwartungshaltung der Mutter bei den<br />
Kindern?<br />
Nichts! Die Jugendlichen haben ja,<br />
wie gesagt, gar nicht erwartet, dass<br />
die Mutter das alles macht und auf<br />
sich nimmt. Aus ihrer Sicht steht da<br />
eine Mutter vor ihnen, die vor allem<br />
eines tut: motzen! Die Kinder sitzen<br />
vor dem Fernseher und wollen ihre<br />
Ruhe. Ich kenne das auch von mir<br />
mit unseren Söhnen. Aber wenn<br />
man da plötzlich etwas ändert, kann<br />
das ganz schön viel bewirken ...<br />
… erzählen Sie!<br />
Als meine Söhne noch Teenager<br />
waren, setzte ich mich in einer solchen<br />
Situation zu ihnen aufs Sofa<br />
und sagte: «Ich habe den ganzen Tag<br />
gearbeitet, bin jetzt müde, habe auch<br />
noch eingekauft und möchte mich<br />
nun für eine Stunde zurückziehen,<br />
um Musik zu hören oder zu lesen.<br />
Die vollen Einkaufstüten stehen da,<br />
in der Zwischenzeit könnt ihr sie<br />
gerne auspacken. Wenn ihr nichts<br />
macht, gibt es nachher auch kein<br />
Abendessen. Dann essen wir halt<br />
einfach Brot und Käse.» Das war<br />
kein Gemotze, sondern ich habe<br />
meinen Söhnen kundgetan, wie es<br />
mir ging und was ich von ihnen verlangte.<br />
Und das sollte man dann auch durchziehen<br />
und nicht doch ein Dreigang-<br />
Menü zubereiten …<br />
… ja. Und genau da liegt häufig das<br />
Problem: Es kostet Eltern enorm viel<br />
Kraft, dranzubleiben, konsequent zu<br />
sein. Und sie bieten deshalb den<br />
Service auch weiterhin an, tragen<br />
aber einen unausgesprochenen Frust<br />
in sich.<br />
Was raten Sie Eltern von kleineren<br />
Kindern, die sich beispielsweise am<br />
Morgen nicht anziehen wollen, und<br />
schliesslich macht es doch die Mutter,<br />
damit das Kind nicht zu spät in den<br />
Kindergarten kommt?<br />
Wenn sich das Kind grundsätzlich<br />
selber anziehen kann, es aber einfach<br />
nicht machen will, kann man ihm<br />
zum Beispiel Folgendes sagen:<br />
«Schau, wenn du dich nicht anziehst,<br />
dann gehst du eben im Pyjama in<br />
den Kindergarten!» Vielleicht packt<br />
man die Kleider in einen Sack und<br />
gibt sie mit. Wichtig ist, vorher mit<br />
der Kindergärtnerin zu sprechen,<br />
damit sie Bescheid weiss, dass das<br />
Kind in den nächsten Tagen allenfalls<br />
am Morgen im Pyjama im Kindergarten<br />
auftaucht. Und ich versichere<br />
Ihnen, die meisten Kinder<br />
wollen nicht mehr als einmal im<br />
Pyjama vor ihren Gschpänli erscheinen!<br />
Das setzt aber eine gewisse<br />
Gelassenheit und auch Unbeirrbarkeit<br />
voraus, wenn die Nachbarn<br />
einen als Rabenmutter bezeichnen,<br />
die ihr armes Kind im Pyjama in den<br />
Kindergarten schickt ...<br />
Es geht also wieder um die klare Haltung<br />
und Linie der Eltern.<br />
Ja – ich kann Ihnen nochmals ein<br />
persönliches Beispiel schildern:<br />
Unser Sohn hatte eine Phase, in der<br />
er mit Jugendlichen aus sehr wohlhabenden<br />
Familien verkehrte. Es<br />
beeindruckte ihn, weil die von ihren<br />
Eltern viel Geld bekamen und in<br />
Rochelle Allebes<br />
und Fritz+Fränzi-<br />
Redaktorin<br />
Eveline von Arx.<br />
ihren Villen mit Swimmingpool Partys<br />
schmeissen konnten. Da hat er<br />
angefangen, uns zu hinterfragen,<br />
warum wir denn kein besseres Auto<br />
hätten, keine schöneren Möbel. Wir<br />
haben ganz klar gesagt, dass wir seine<br />
Faszination für die Welt seiner<br />
reichen Kollegen zwar verstehen<br />
würden, wir aber nicht nur weniger<br />
Geld, sondern auch andere Prioritäten<br />
im Leben hätten. Ich habe ihm<br />
dann auch erklärt, dass diese Jugendlichen<br />
oft mit viel Geld und Geschenken<br />
abgespeist würden, weil ihre<br />
Eltern wenig Zeit für sie hätten.<br />
Unsere Haltung war klar. Für Normen<br />
und Werte sind in erster Linie<br />
die Eltern zuständig, nicht die Peers.<br />
Übrigens kaufte der erwähnte Sohn<br />
ein paar Jahre später all seine Kleider<br />
in der Fundgrube der SBB; manche<br />
Probleme lösen sich also mit Gelassenheit<br />
von alleine …
Rubrik<br />
APRIL <strong>2015</strong>35
Psychologie & Gesellschaft<br />
Zurück<br />
ins Leben<br />
Wenn ein Kind an psychischen Störungen erkrankt, hilft oft nur die Behandlung<br />
in einem geschützten Rahmen. Die Clienia Littenheid ist eine Privatklinik für<br />
Psychiatrie und Psychotherapie. Sie kümmert sich um Jugendliche, die<br />
ihr seelisches Gleichgewicht verloren haben. Viola Danner war vier Monate<br />
in Littenheid. In dieser Zeit hat sie gelernt, ihre Dämonen zu zähmen. Jetzt ist die<br />
17-Jährige mit ihrer Mutter noch einmal an diesen Ort zurückgekehrt.<br />
Text: Evelin Hartmann Fotos: Daniel Auf der Mauer / 13 Photo<br />
Kein Zugang zu<br />
Gefühlen. In der<br />
Klinik hat Viola<br />
gelernt, sich selbst<br />
zu spüren.<br />
36 APRIL <strong>2015</strong>
APRIL <strong>2015</strong>37
Psychologie & Gesellschaft<br />
Violas Hände zittern,<br />
unruhig rutscht sie<br />
auf ihrem Stuhl hin<br />
und her, Haarsträhnen<br />
kleben ihr im<br />
Gesicht, das Make-up ist verschmiert.<br />
Sie ist auf Drogen, betrunken.<br />
Ihre Mutter sitzt neben ihr, das<br />
Gesicht in die Hände gestützt, den<br />
Tränen nah. «So können wir Sie<br />
nicht nehmen», sagt die Psychologin,<br />
das Aufnahmegespräch bricht<br />
sie ab.<br />
Das war am 19. Juni 2014.<br />
Ein Schock, denn: «Was ich<br />
damals hatte, war kein Leben mehr»,<br />
sagt Viola Danner*. Sie haben den<br />
Teenager dann doch noch am selben<br />
Tag in die Clienia Littenheid aufgenommen,<br />
eine Privatklinik für<br />
Psychiatrie und Psychotherapie in<br />
Littenheid TG.<br />
Idyllisch gelegen am Waldrand,<br />
schmiegen sich 22 Bauten in das Littenheider<br />
Tal und fügen sich zu<br />
einem Klinikkomplex zusammen, in<br />
dem Erwachsene, aber auch Kinder<br />
und Jugendliche im Alter von 10 bis<br />
18 Jahren mit dem gesamten Spektrum<br />
psychischer Störungen, wie<br />
Depressionen, Psychosen, selbstverletzendes<br />
Verhalten oder dem Borderline-Syndrom,<br />
behandelt und<br />
therapiert werden. Meist Fälle, bei<br />
denen jahrelange ambulante Therapien<br />
und Behandlungen keinen<br />
Erfolg hatten und wo Eltern sich aus<br />
Angst und Sorge nicht mehr zu helfen<br />
wissen.<br />
Viola ist 12, als die Welt um sie<br />
herum in Dunkelheit versinkt. Ein<br />
stilles, zurückhaltendes Mädchen,<br />
das Probleme hat, aus sich herauszugehen,<br />
andere anzusprechen, das<br />
lieber in Romane abtaucht, als sich<br />
mit Kolleginnen zu treffen.<br />
«Viola ist anders, irgendwie<br />
komisch», sagen sie. Aber anders<br />
sein geht nicht, wenn man in der<br />
Pubertät ist. Viola wird gehänselt,<br />
ausgestossen, gemobbt. Dass eine<br />
Sozialphobie die Ursache für ihr<br />
zurückhaltendes Verhalten war, ahnt<br />
damals niemand. Sie hat einfach nur<br />
gelitten, sich noch mehr eingeigelt,<br />
kaum noch gesprochen, wurde<br />
depressiv. Auch ihre Eltern kommen<br />
nicht mehr an das Mädchen heran.<br />
«Mit Viola stimmt etwas nicht»,<br />
fürchtet ihre Mutter.<br />
«Wie kannst du so was über unsere<br />
Tochter sagen!» Manfred Danner*<br />
will davon nichts hören.<br />
«Da habe ich an mir selbst<br />
gezweifelt», erinnert sich Karin<br />
«Du bist so lustig,<br />
wenn du getrunken<br />
hast. Kannst du<br />
nicht immer<br />
besoffen sein?»<br />
Danner*. Eine Psychologin rät zum<br />
Ortswechsel. Die Familie zieht um.<br />
An der neuen Schule findet Viola<br />
eine Freundin. Aber besser wird es<br />
nicht. Nur anders. «Ich habe mich so<br />
verhalten, wie es die anderen von<br />
mir erwartet haben», sagt sie. Ein<br />
Glas Wein, eine Flasche Bier.<br />
«Viola, du bist so lustig, wenn du<br />
getrunken hast. Kannst du nicht<br />
immer ein bisschen besoffen sein?»<br />
Sie macht weiter. Party. Absturz.<br />
Party. Absturz. In Endlosschleife.<br />
«Dann fing das mit dem Ritzen<br />
und Erbrechen an», erinnert sich<br />
Karin Danner. Anfangs nur ein Verdacht.<br />
Dann mehren sich die Zeichen.<br />
Irgendwann übergibt sich das<br />
Mädchen vier Mal am Tag. Mit 16 ist<br />
Viola ganz unten.<br />
«Frau Danner, kommen Sie<br />
schnell, Viola liegt am Boden und<br />
bewegt sich nicht mehr.» Die Telefonnummern<br />
von Violas Freundinnen<br />
hat Karin Danner in ihr Natel<br />
gespeichert. Es liegt jede Nacht<br />
neben ihrem Kopfkissen.<br />
Sie schläft kaum noch, sucht Halt<br />
bei ihrem Mann.<br />
«Karin, in dem Alter haben wir<br />
uns alle ausgetobt, so schlimm ist es<br />
doch nicht.» Wenige Wochen später<br />
zieht Manfred Danner aus, wegen<br />
einer anderen Frau. Mit Violas Verhalten<br />
habe das nichts zu tun.<br />
Karin Danner ist allein mit der<br />
Sorge um ihre Tochter. «Ich wusste<br />
nicht, was ich machen soll. Sie einsperren?<br />
Sie überall hin begleiten?»<br />
Sie weiss, Viola würde abhauen. «Ich<br />
habe Angst, dass ich sie irgendwann<br />
tot finde», sagt sie ihrem Hausarzt.<br />
Dieser rät zu einer stationären<br />
Behandlung in Littenheid. Angst vor<br />
einem Aufenthalt in einer psychiatrischen<br />
Klinik? «Nein, es war unser<br />
Strohhalm – wir konnten beide<br />
nicht mehr, Viola nicht und ich auch<br />
nicht», erzählt Karin Danner. Sie<br />
haben Glück. Drei Wochen nach<br />
ihrem Erstgespräch in der Klinik<br />
kann Viola die Therapie beginnen.<br />
Es ist 7.15 Uhr, Wecken in der<br />
Therapiegruppe Linde D. Violas<br />
Zimmer ist in warmen Orangetönen<br />
gehalten, Licht fällt durch das grosse<br />
Fenster, an der Wand hängen Poster.<br />
Nichts erinnert an die Bilder, die in<br />
Horrorfilmen von Psychiatrien<br />
gezeichnet werden: keine weissen<br />
Kittel, keine Zwangsjacken, keine<br />
verschlossenen Türen. Dafür helle,<br />
freundliche Räume und eine Gartenanlage<br />
mit Fischteich und Sportanlagen.<br />
Dahinter steht ein spezielles<br />
Inneneinrichtungskonzept, das<br />
den Heilungsprozess fördern und<br />
das Aggressionspotenzial der Jugendlichen<br />
senken soll.<br />
Fünf weitere Jugendliche sind in<br />
Violas Therapiegruppe untergebracht,<br />
ihr Tag ist eng getaktet:<br />
Schule, Einzel-, Gruppentherapie,<br />
Physiotherapie, Sport, gemeinsame<br />
Spiele- und Hobbyabende. Diese<br />
Integration in die Gemein- >>><br />
38 APRIL <strong>2015</strong>
Die Privatklinik Clienia Littenheid<br />
Die heutige Privatklinik Clienia Littenheid wurde 1897 als<br />
«Asyl Littenheid» gegründet und später als Psychiatrische<br />
Privatklinik Littenheid geführt. Seit ihrem Zusammenschluss<br />
mit der psychiatrischen Privatklinik Schlössli ZH<br />
und dem Bergheim ZH für psychiatrische Langzeitpflege<br />
zur ersten psychiatrischen Privatklinikgruppe der Schweiz<br />
2008 treten alle drei unter dem neuen Namen Clienia<br />
auf. Im Zentrum für Kinder- und Jugendpsychiatrie und<br />
-psychotherapie in Littenheid werden in fünf Gruppen im<br />
Akut- und Therapiebereich Kinder und Jugendliche mit Störungsbildern<br />
aus dem gesamten Spektrum der Kinder- und<br />
Jugendpsychiatrie behandelt. Die psychotherapeutische<br />
Behandlung erfolgt durch verhaltenstherapeutische, systemische<br />
und tiefenpsychologische Verfahren, eingebettet<br />
in einem milieutherapeutischen und sozialpädagogischen<br />
Rahmen. Zu den multidisziplinären Teams gehören unter<br />
anderem Ärzte, Psychologen, Sozialpädagogen und Pflegefachpersonen.<br />
Insgesamt sind im Akut- und Kinderbereich<br />
21 Plätze zu vergeben, im Therapiebereich 15 Plätze – das<br />
Angebot soll noch in diesem Jahr ausgebaut werden.<br />
Spendet Trost: Violas<br />
Hund Timmi. In den<br />
Räumen ihrer<br />
Therapiegruppe hat<br />
sich der Teenager<br />
wohlgefühlt.<br />
APRIL <strong>2015</strong>39
Psychologie & Gesellschaft<br />
>>> schaft ist Teil des Therapiekonzepts<br />
wie das Einbeziehen der<br />
Eltern in den Heilungsprozess.<br />
Die klinische Psychologin Margitta<br />
Backes kennt die Nöte von<br />
Eltern, deren Kinder unter einer<br />
emotionalen Instabilität leiden. Sie<br />
leitet die Psychotherapiestation im<br />
Zentrum für Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />
der Clienia Littenheid<br />
und weiss: ein normales Familienleben<br />
ist kaum möglich. Aus Verzweiflung<br />
schliessen Eltern Messer, Scheren,<br />
Rasierklingen weg, lassen ihre<br />
Auf einem<br />
guten Weg: Karin<br />
Danner hat Viola<br />
jede Woche<br />
in Littenheid<br />
besucht.<br />
«Was haben wir<br />
bloss falsch<br />
gemacht? Diese<br />
Frage quält viele<br />
Eltern.»<br />
Teenager nicht mehr alleine raus.<br />
«Es gibt für Eltern kaum etwas<br />
Anspruchsvolleres als ein Kind, das<br />
sich selbst verletzt oder suizidal ist»,<br />
sagt sie. Die Frage «Was haben wir<br />
falsch gemacht?» quäle viele.<br />
Neben regelmässig stattfindenden<br />
Eltern- und Familiengesprächen<br />
werden die Mütter und Väter einmal<br />
im Monat zu Gruppenabenden eingeladen,<br />
an denen über das Krankheitsbild<br />
sowie dessen Therapie<br />
informiert wird. Margitta Backes:<br />
«In einem zweiten Teil gehen wir auf<br />
ihre Fragen ein und versuchen sie<br />
dort abzuholen, wo sie stehen.»<br />
«Wir haben unserem Umfeld<br />
erzählt, dass Viola für einen Sprachaufenthalt<br />
im Ausland ist», sagt<br />
Karin Danner. Sie parkt ihr Auto auf<br />
dem Besucherparkplatz der Klinik<br />
und geht die Strasse entlang Richtung<br />
Hauptgebäude. Es ist Samstagvormittag,<br />
sie holt Viola für das<br />
Wochenende ab.<br />
«Wie geht es Ihnen?», die Psychologin<br />
streckt Karin Danner die Hand<br />
entgegen. Sie wird das Wochenende<br />
mit ihr vorbesprechen. Worauf ist zu<br />
achten, wie kann sie reagieren, wenn<br />
Viola in die altbekannten Verhaltensmuster<br />
zurückfällt? Margitta<br />
Backes: «Ein solches Gespräch führen<br />
wir mit allen Eltern.»<br />
Wenn Karin Danner ihre Tochter<br />
am Sonntagabend zurückbringt,<br />
wird es wieder ein kurzes Gespräch<br />
geben, bei Problemen noch ein längeres<br />
Telefonat am Montag.<br />
«Ich habe mich immer riesig auf<br />
Viola gefreut und war gleichzeitig<br />
sehr nervös», sagt Karin Danner. Sie<br />
wusste nie, welche Stimmung sie<br />
erwartet.<br />
Mit den Wochen wird Viola stabiler.<br />
Sie darf samstags mit dem Zug<br />
nach Luzern fahren. Aber man müsse<br />
auch mit Rückschlägen rechnen,<br />
sagen die Therapeuten.<br />
Den 1. August soll Viola bei<br />
ihrem Vater verbringen. «Manfred,<br />
du musst aufpassen», mahnt Karin<br />
Danner. Sie selbst sieht ihre Tochter<br />
erst Montag auf einem Elternabend<br />
wieder. Karin Danner: «Ich musste<br />
sie nur ansehen, um zu wissen, was<br />
passiert ist.»<br />
«Viola, wie viel?»<br />
«Eine Flasche Wein.»<br />
«Eine ganze Flasche? Du musst es<br />
dem Behandlungsteam sagen!»<br />
«Nein! Dann fliege ich raus.»<br />
Karin Danner sagt es. Weil sonst<br />
40 APRIL <strong>2015</strong>
alles umsonst gewesen wäre, weil sie<br />
will, dass Viola diese Chance wirklich<br />
nutzt. Das Mädchen ist ausser<br />
sich, wütend, schreit, weint – und<br />
zeigt zum ersten Mal Gefühle. Ein<br />
grosser Schritt.<br />
«Die Jahre davor war ich wie<br />
innerlich tot. Ich habe nie Emotionen<br />
gezeigt, weil ich einfach nichts<br />
gespürt habe», erinnert sich Viola.<br />
Das ändert sich in Littenheid. Viola<br />
lernt ihre Gefühle im Schreiben und<br />
in Rollenspielen auszudrücken. Sie<br />
mag das Leben in der Gemeinschaft,<br />
die Therapiesitzungen zeigen Erfolg.<br />
Doch sie wird wieder rückfällig. Das<br />
dritte Mal zwei Tage vor ihrer Entlassung<br />
aus der Klinik – sie muss<br />
gehen. So sind die Regeln.<br />
«Ich war so wütend, dass ich mich<br />
geweigert habe, sie abzuholen», sagt<br />
Karin Danner und schaut ihre Tochter<br />
an. «Aber die Zugfahrt nach<br />
Luzern dauert Stunden, als sie bei<br />
mir war, habe ich mich sehr gefreut.»<br />
Für Karin Danner war der Klinikaufenthalt<br />
ein Segen. Endlich<br />
habe sie gelernt, einmal loszulassen,<br />
ein Stück der Riesenverantwortung<br />
in professionelle Hände abzugeben,<br />
sagt sie. Durchatmen, schlafen.<br />
Nicht alle Jugendlichen können<br />
nach dem Klinikaufenthalt nach<br />
Hause. «Sie brauchen diese institutionellen<br />
Strukturen», erklärt Margitta<br />
Backes. Sie werden beispielsweise<br />
in therapeutische Wohngruppen<br />
vermittelt. Das sei für viele Eltern<br />
erst einmal enttäuschend, «aber die<br />
meisten akzeptieren das». Zum Wohl<br />
des Kindes.<br />
Wie es Viola heute geht? Unter<br />
der Woche trinke sie gar nicht mehr.<br />
Das Kiffen sei noch ein Problem,<br />
gibt die Schülerin zu. Aber am<br />
Wochenende sei Besoffensein okay.<br />
Findet sie. Ihre Mutter sieht das<br />
anders: «Alle Symptome sind noch<br />
da – nur in abgeschwächter Form.»<br />
Sicher habe sie Sorge, dass es wieder<br />
schlimmer werden könnte. Violas<br />
innere Zerrissenheit sei noch immer<br />
spürbar. Aber Karin Danner glaubt<br />
an ihre Tochter.<br />
Viola nickt, sie ist heute eine hübsche<br />
junge Frau, ihr Blick ist klar<br />
und selbstsicher, die Hände liegen<br />
ruhig in ihrem Schoss.<br />
* Namen der Familie<br />
von der Redaktion geändert<br />
>>><br />
Evelin Hartmann<br />
Fritz+Fränzi-Redaktorin, hat grossen Respekt<br />
vor Karin Danner, die bedingungslos für und<br />
um ihre Tochter kämpft.<br />
brandinghouse<br />
Im Dorfladen - da, wo die<br />
Musik spielt.<br />
«Einkaufen im Volg macht Spass und man nimmt<br />
sich gerne Zeit für ein Spässli.»<br />
Martin Sumi, Kunde im Volg Aeschi b. Spiez (BE)<br />
Schön ist das Leben im Berner Oberland.<br />
Und in Aeschi b. Spiez, hoch über dem Thunersee,<br />
ist es auch noch lustiger als anderswo.<br />
Hier hat Komödiant und Musiker Martin<br />
Sumi immer einen fl otten Spruch auf Lager.<br />
Das war schon in der Schule so. Sitzt<br />
heute einer seiner damaligen Lehrer im<br />
Publikum, kann er sich nicht verkneifen<br />
zu sagen: «Früher haben Sie geschimpft,<br />
wenn ich blöd dahergeredet<br />
habe. Heute verdiene ich mein Geld<br />
damit.» Mit seinem Schwyzerörgeli zur<br />
Unterstützung sorgt er für lüpfi ge<br />
Stimmung an Anlässen. «Ich will nicht<br />
gekünstelt daher kommen, meine Art<br />
ist nicht aufgesetzt. Das gefällt mir auch<br />
am Volg. Hier ist die Freundlichkeit<br />
natürlich. Für gute Laune beim Einkaufen<br />
sorgt zudem, dass lokale Produzenten<br />
berücksich tigt werden.»<br />
Volg. Im Dorf daheim.<br />
In Aeschi b. Spiez zuhause.<br />
Nur noch eine Handvoll<br />
Schweizer pfl egt die Tradition<br />
des Strohhutknüpfens. Alfred<br />
Däppen aus Krauchthal-Hub<br />
(BE) ist einer von ihnen.<br />
Mitten in Krauchthal-Hettiswil<br />
steht das Wahrzeichen<br />
des Emmentaler Dorfs: das<br />
Lindenzytli.<br />
APRIL <strong>2015</strong>41
Psychologie & Gesellschaft<br />
Wenn Kinder alles richtig<br />
machen wollen<br />
Jugendliche, die sich unter grossem elterlichem Erfolgsdruck fühlen,<br />
leiden oft unter ausgeprägtem Perfektionismus. Der Preis dafür ist<br />
hoch: Die Kinder sind nicht selten von gesundheitlichen Beschwerden<br />
und Verhaltensauffälligkeiten betroffen. Text: Lavinia E. Damian<br />
«Beim Perfektionismus<br />
geht es darum, Dinge<br />
nicht einfach perfekt,<br />
sondern unmöglich<br />
perfekt zu erledigen.»<br />
Dr. Lavinia E. Damian ist an der Babeş-<br />
Bolyai-Universität in Rumänien<br />
Assistenzprofessorin im Fachbereich<br />
Psychologie. Ihre Forschung befasst<br />
sich mit Perfektionismus bei jungen<br />
Erwachsenen und Arbeitnehmern.<br />
Alle Eltern wollen für<br />
ihre Kinder nur das<br />
Beste: Gesundheit,<br />
Glück und Erfolg im<br />
Leben. Wenn Kinder<br />
älter werden, betonen Gesellschaft,<br />
Lehrer und Eltern immer mehr, wie<br />
wichtig Erfolg in der Schule und im<br />
Beruf sei. Jugendliche, die für die<br />
Meinung anderer besonders empfänglich<br />
sind, können dies als enormen<br />
Druck empfinden, der zu Perfektionismus<br />
führen kann.<br />
Aus der wissenschaftlichen Literatur<br />
geht jedoch hervor, dass Perfektionisten<br />
weniger gesund und<br />
weniger glücklich sind und weniger<br />
Erfolg haben oder, falls sie doch<br />
erfolgreich sind, sich nie zufriedengeben.<br />
Beim Perfektionismus geht es<br />
darum, Dinge nicht nur so perfekt<br />
Perfektionisten sind weniger<br />
gesund, weniger glücklich<br />
und weniger erfolgreich.<br />
wie möglich, sondern eben unmöglich<br />
perfekt zu erledigen. Perfektionismus<br />
ist ein Persönlichkeitsmerkmal,<br />
das ausserordentlich hohe<br />
Standards beinhaltet und zu überzogener<br />
Selbstkritik führt, wenn diese<br />
nicht erfüllt werden. Doch wer kann<br />
diese überhaupt erfüllen, wenn sie<br />
doch so unmöglich hoch sind?<br />
Das sind doch die braven Kinder!<br />
Perfektionismus hat viele Facetten.<br />
Am häufigsten untersucht wurden<br />
bei Kindern und Jugendlichen der<br />
selbstorientierte Perfektionismus<br />
und der gesellschaftlich vorgeschriebene<br />
Perfektionismus. Bei Ersterem<br />
legen die Kinder für sich selbst<br />
unmöglich hohe Standards fest, bei<br />
Zweiterem glauben sie, dass andere<br />
von ihnen Perfektionismus erwarten<br />
und sie von anderen nicht akzeptiert<br />
werden, wenn sie scheitern.<br />
Doch ist es wirklich schlecht für<br />
Kinder, wenn sie in der Schule fleissig<br />
sein und exzellente Ergebnisse<br />
erzielen wollen? Schliesslich sind<br />
dies genau die braven Kinder, nicht?<br />
Was sagt die Wissenschaft dazu?<br />
Positiv betrachtet bewirkt selbst-<br />
42 APRIL <strong>2015</strong>
orientierter Perfektionismus tatsächlich<br />
eine stärkere Motivation,<br />
grösseres Engagement, bessere Leistung<br />
und ausgeprägtere positive<br />
Emotionen, wenn man Erfolg hat.<br />
Negativ betrachtet ist der Preis des<br />
Perfektionismus, besonders wenn er<br />
von der Gesellschaft vorgeschrieben<br />
wird, sehr hoch: mehr physische<br />
Beschwerden wie Kopf- und Bauchschmerzen,<br />
Müdigkeit, mehr Angst<br />
und mehr depressive Symptome, die<br />
bis zu Suizidgedanken führen können.<br />
Das alles, weil man möglichst<br />
der beste Schüler sein will, auch<br />
wenn dies unmöglich ist.<br />
Es ist daher überaus wichtig, Kinder<br />
vor diesem ungesunden Verhaltensmuster<br />
zu schützen und ihnen<br />
dabei zu helfen, eine gesunde Motivation<br />
für die Schule zu entwickeln.<br />
Dazu müssen wir wissen, was Kinder<br />
veranlasst, Perfektionisten zu<br />
werden.<br />
Obwohl die Theorie seit Langem<br />
darauf hinweist, dass dabei die<br />
Eltern eine Schlüsselrolle spielen,<br />
wurde bisher wenig erforscht, was<br />
bei Kindern und Jugendlichen zu<br />
Perfektionismus führt. Daher zielte<br />
unser von der Jacobs Foundation<br />
unterstütztes Projekt darauf ab, die<br />
Ursachen und Ergebnisse von Perfektionismus<br />
bei Heranwachsenden<br />
zu untersuchen. Bei den Ursachen<br />
haben wir erforscht, welche Rolle<br />
elterlicher Druck bei der Entwicklung<br />
von Perfektionismus bei 15- bis<br />
19-Jährigen spielt.<br />
Hohe Erwartungen von allen Seiten<br />
Unsere Ergebnisse haben gezeigt,<br />
dass der von Jugendlichen verspürte<br />
elterliche Druck über einen Zeitraum<br />
von sieben bis neun Monaten<br />
zu verstärktem gesellschaftlich vorgeschriebenem<br />
Perfektionismus<br />
(nicht aber zu selbstorientiertem<br />
Perfektionismus) führt.<br />
Jugendliche, die das Gefühl hatten,<br />
dass ihre Eltern extrem hohe Erwartungen<br />
in sie setzen und sie kritisieren,<br />
wenn sie diese Standards nicht<br />
erfüllen, verspürten also verstärkt<br />
gesellschaftlich vorgeschriebenen<br />
Perfektionismus. Sie schienen die<br />
hohen Erwartungen ihrer Eltern auf<br />
die Erwartungen anderer (etwa Lehrer,<br />
Klassenkameraden, Freunde und<br />
möglicherweise Liebespartner) zu<br />
projizieren.<br />
Langfristige Auswirkungen<br />
Und damit nicht genug: Sie schienen<br />
auch die Denkweise zu entwickeln,<br />
dass andere sie nur akzeptierten,<br />
wenn sie perfekt sind. Sie dachten<br />
wohl: «Wenn meine Eltern von mir<br />
erwarten, dass ich perfekt bin, dann<br />
funktionieren Beziehungen generell<br />
so. Jeder erwartet von mir, dass ich<br />
perfekt bin, und ich werde nur<br />
geliebt, wenn ich perfekt bin.» Ausserdem<br />
scheinen sich die hohen<br />
Erwartungen der Eltern nicht in den<br />
eigenen hohen Leistungsstandards<br />
der Jugendlichen niederzuschlagen.<br />
Durch den elterlichen Druck<br />
wird also die positive Seite des Perfektionismus<br />
nicht positiver, sondern<br />
die negative Seite nur noch<br />
negativer. Unsere Erkenntnisse lassen<br />
auch den Schluss zu, dass dieser<br />
Einfluss der Eltern auf die Entwicklung<br />
der Persönlichkeit langfristig<br />
bis in die späte Jugend nachwirkt.<br />
Auf der Basis dieser Erkenntnisse<br />
setzen wir unsere Arbeit fort, indem<br />
wir zu mehreren Zeitpunkten das<br />
Wechselspiel zwischen dem Perfektionismus<br />
von Jugendlichen und<br />
anderen Faktoren wie akademische<br />
Leistung, Selbstvertrauen, Ziele und<br />
schulisches Engagement analysieren.<br />
Zudem wollen wir herausfinden,<br />
wie sich diese Faktoren im Verlauf<br />
der Zeit gegenseitig beeinflussen,<br />
damit wir besser verstehen, wie Per-<br />
Man muss Kindern helfen,<br />
eine gesunde Motivation für<br />
die Schule zu entwickeln.<br />
fektionismus in Abhängigkeit der<br />
vielschichtigen Realität funktioniert<br />
und sich weiterentwickelt. Wir konzipieren<br />
auch neue Projekte, in<br />
denen wir diese Erkenntnisse auf<br />
andere elterliche Verhaltensweisen,<br />
aber auch auf andere Facetten von<br />
Perfektionismus übertragen, die bei<br />
Heranwachsenden bisher noch nicht<br />
untersucht wurden.<br />
Unser langfristiges praktisches<br />
Ziel ist es, Eltern Verhaltensweisen<br />
zu vermitteln, die auf den akademischen<br />
und beruflichen Erfolg ihrer<br />
Kinder ausgerichtet sind. Wir wollen<br />
die Frage beantworten: Wie können<br />
Eltern ihre Kinder dabei unterstützen,<br />
erfolgreich zu sein, aber<br />
nicht um den Preis, dass die Kinder<br />
ungesund und unglücklich sind?<br />
Nach heutigem Stand lautet<br />
unsere Antwort: Eltern sollen ihren<br />
Kindern sagen, dass sie nicht perfekt<br />
sein müssen und dass sie geliebt,<br />
angenommen und unterstützt werden,<br />
auch wenn ihre Leistungsergebnisse<br />
nicht die besten sind.<br />
Jacobs Foundation<br />
Als eine der weltweit führenden<br />
gemeinnützigen Stiftungen verpflichtet<br />
sich die Jacobs Foundation seit<br />
25 Jahren der Forschungsförderung<br />
im Bereich der Kinder- und Jugendentwicklung.<br />
Die Stiftung möchte künftige<br />
Generationen durch die Verbesserung<br />
ihrer Entwicklungsmöglichkeiten nachhaltig<br />
unterstützen.<br />
APRIL <strong>2015</strong>43
Neues Lernen<br />
Warum Ablenkung und Faulheit dabei helfen<br />
Benedict Carey, Wissenschaftsjournalist der New York Times,<br />
nimmt in seinem aktuellen Buch neue Erkenntnisse über das Lernen unter<br />
die Lupe – mit zum Teil überraschenden Erkenntnissen. Ein Auszug.<br />
44 APRIL <strong>2015</strong>
Abgedruckt<br />
Illustration: Partner&Partner<br />
In den letzten Jahrzehnten<br />
haben Forscher eine Vielzahl<br />
von Techniken, die ein tieferes<br />
Lernen fördern, entwickelt<br />
und praktisch erprobt.<br />
Doch diese Techniken sind ausserhalb<br />
der Wissenschaftsgemeinde<br />
weitgehend unbekannt. Sie sollen<br />
keine Intelligenzsteigerung bewirken<br />
und kommen ohne Software,<br />
technische Spielereien oder pharmazeutische<br />
Wirkstoffe aus. Und<br />
sie basieren auch nicht auf einer<br />
pädagogischen Supertheorie, die<br />
das Leistungsniveau ganzer Schulklassen<br />
heben soll (was noch niemandem<br />
verlässlich gelungen ist).<br />
Im Gegenteil, es handelt sich um<br />
geringfügige Modifikationen unserer<br />
Lern- und Übungsroutinen, die<br />
wir sofort persönlich in unserem<br />
Leben anwenden können. Am<br />
schwierigsten dürfte es dabei sein,<br />
darauf zu vertrauen, dass sie tatsächlich<br />
funktionieren. Dazu muss<br />
man seine Zweifel bewusst ausschalten,<br />
denn diese Forschungsergebnisse<br />
widersprechen allem,<br />
was man uns bislang über optimale<br />
Lernstrategien erzählt hat.<br />
Hier drei Beispiele in<br />
Frage-Antwort-Form:<br />
Frage: Wie wichtig sind beim<br />
Lernen Routinen? Ist es<br />
beispielsweise ratsam, sich<br />
einen festen Lernort zuzulegen?<br />
Antwort: Keineswegs. Die meisten<br />
Menschen erbringen im Zeitablauf<br />
bessere Leistungen, wenn sie ihre<br />
Lern- oder Übungsorte wechseln.<br />
Je grösser die Anzahl der Umgebungen,<br />
in denen wir Lernstoff<br />
wiederholen, umso fester und<br />
klarer wird dieser im Gedächtnis<br />
verankert – und desto schwächer<br />
ist seine Verknüpfung mit einer<br />
bestimmten «Behaglichkeitszone».<br />
Das heisst, Wissen wird immer<br />
unabhängiger von der äusseren<br />
Lernumgebung, je häufiger man<br />
diese wechselt – etwa wenn man<br />
seinen Laptop mit auf die Veranda<br />
nimmt, ins Café oder ins Flugzeug. Schliesslich geht es<br />
darum, in der Lage zu sein, unter beliebigen Umständen<br />
gute Leistungen zu erbringen. Das Wechseln des<br />
Lernorts ist allerdings nicht die einzige Methode, um<br />
sich den sogenannten Kontexteffekt beim Lernen<br />
zunutze zu machen. Es hilft auch, zu verschiedenen<br />
Tageszeiten zu lernen beziehungsweise sich den Stoff<br />
in unterschiedlicher Weise anzueignen: durch Lesen<br />
oder Diskutieren, durch Eingeben in einen Computer<br />
oder Schreiben von Hand, durch lautes Aufsagen vor<br />
einem Spiegel oder inneres Wiederholen, während<br />
man Musik hört: Es handelt sich jedes Mal um ein<br />
anderes Lernumfeld, in dem man den Stoff in einer<br />
anderen Weise abspeichert.<br />
Frage: Wie hilfreich ist es, Unterrichts- oder<br />
Vorlesungsnotizen zu wiederholen?<br />
Antwort: Die Antwort hängt davon ab, wie die<br />
Wiederholung durchgeführt wird. Wortwörtliches<br />
Abschreiben vertieft die Verankerung des Gelernten<br />
im Gedächtnis kaum, und das Gleiche gilt für das<br />
flüchtige Durchlesen von farbig markiertem Text oder<br />
Formeln. Beide Übungen sind ziemlich passiv und<br />
können das erzeugen, was Lernforscher «Flüssigkeitsillusion»<br />
nennen: den Eindruck, dass etwas, weil es im<br />
Moment selbstverständlich beziehungsweise leicht<br />
abrufbar ist, auch in einem Tag oder einer Woche<br />
noch so sein wird. Aber das ist nicht unbedingt der<br />
Fall. Nur weil Sie etwas markiert oder abgeschrieben<br />
haben – digital oder auf Papier –, bedeutet dies noch<br />
nicht, dass sich Ihr Gehirn den Stoff in vertiefter<br />
Weise angeeignet hat. Wenn man markierte Notizen<br />
zuerst lernt und dann versucht, sie – ohne nachzusehen<br />
– erneut niederzuschreiben, wird der Stoff viel<br />
stärker im Gedächtnis verankert. Dies hat ausserdem<br />
noch einen weiteren Vorteil: Es zeigt Ihnen sofort, was<br />
Sie nicht wissen und was Sie sich daher noch einmal<br />
vornehmen und wiederholen sollten.<br />
Frage: Es gibt die grosse Befürchtung, dass soziale Medien,<br />
Smartphones und alle Arten elektronischer Geräte das<br />
Lernen beeinträchtigen – und sogar unsere Art zu denken<br />
beeinflussen. Ist diese Sorge begründet? Ist Ablenkung<br />
immer negativ?<br />
lems voranzukommen, wenn man<br />
feststeckt. Die Ablenkung von<br />
einer anstehenden Aufgabe ermöglicht<br />
es, sich von Fehlannahmen zu<br />
lösen, Hinweise in einer neuen<br />
Weise zu analysieren und so das<br />
Problem gänzlich neu anzugehen.<br />
Wenn Sie das Problem unbedingt<br />
lösen wollen – ob es sich um einen<br />
Beweis, ein Integral oder einen<br />
Textabsatz handelt, den Sie einfach<br />
nicht richtig hinbekommen –,<br />
arbeitet Ihr Gehirn während der<br />
Unterbrechung offline, unbewusst,<br />
weiterhin an dem Problem, ohne<br />
die (fixierte, unproduktive) Anleitung,<br />
die Sie ihm gegeben haben.<br />
Benedict Carey:<br />
Neues Lernen.<br />
Warum Faulheit<br />
und Ablenkung<br />
dabei helfen.<br />
Rowohlt Verlag, <strong>2015</strong>.<br />
352 Seiten, Fr. 29.90<br />
oder als E-Book für<br />
Fr. 18.–.<br />
Benedict Carey<br />
Antwort: Nein. Ablenkung ist eine Gefahr, wenn man<br />
sich kontinuierlich fokussieren muss, etwa beim<br />
Hören einer Vorlesung. Doch eine kurze Unterbrechung<br />
der Lernphase – fünf, zehn, zwanzig Minuten,<br />
um nachzusehen, was sich auf Facebook tut, ein paar<br />
E-Mails zu beantworten oder Sportergebnisse in<br />
Erfahrung zu bringen – ist die effektivste Technik, die<br />
Lernforscher kennen, um bei der Lösung eines Probhat<br />
Mathematik und Journalismus studiert<br />
und schreibt für die New York Times über<br />
Gesundheits- und Wissenschaftsthemen.<br />
APRIL <strong>2015</strong>45
Erziehung & Schule<br />
Wie Eltern<br />
die Kreativität<br />
ihrer Kinder<br />
fördern können<br />
In jedem Kind steckt die Freude am Entdecken,<br />
Ausprobieren und Erforschen. Im Schulalltag bleibt<br />
für die Förderung der künstlerischen Kreativität<br />
meist wenig Spielraum. Hier sind die Eltern deshalb<br />
besonders gefragt. Text: Susanne Kurz<br />
Unter Kreativität versteht man die Fähigkeit,<br />
zu gestalten, Neues zu erschaffen<br />
und produktiv zu denken. Kreative<br />
Menschen verfügen über ein aktives<br />
Wahrnehmungsvermögen und gutes<br />
Sozialverhalten. Weil sie Probleme in erster Linie als<br />
Herausforderung annehmen, gehören sie meist zu den<br />
Problemlösern: Sie sind aktiv, originell und haben den<br />
Mut, von Trampelpfaden abzuweichen.<br />
Kreativität hilft der gesunden geistigen Entwicklung<br />
und beim Aufbau eines starken Selbstwertgefühls.<br />
Künstlerische Gestaltungsmöglichkeiten und<br />
Ausdrucksformen sind auch wichtig bei der Verarbeitung<br />
von Schwierigkeiten und Problemen und ebenso<br />
bei der Identitätsfindung. Die Freude am «Machen»<br />
fördert überdies die Lust an der Kommunikation: Das<br />
Kind erklärt sein Bild, es spricht über ein Lied, das es<br />
gelernt hat, oder über das Musikstück, das es gerade<br />
übt. Unmerklich werden immer auch das Gestaltungsund<br />
Vorstellungsvermögen geschult und das räumliche<br />
Denken trainiert. Und nicht zuletzt wollen kreative<br />
Kinder verstehen, analysieren, hinterfragen. Das<br />
sind wichtige Fähigkeiten fürs Leben, die später auch<br />
in sehr vielen Berufen gefragt sind.<br />
Wenn man Kinder in ihrer Kreativität aber nicht<br />
angemessen unterstützt, können sie mit der Zeit das<br />
Vertrauen in die eigenen künstlerischen Fertigkeiten<br />
verlieren. Deshalb ist es wichtig, dass Sie als Eltern die<br />
kreative Entwicklung Ihres Kindes fördern, indem Sie<br />
an seine Fähigkeiten glauben und es zum Kreativsein<br />
ermutigen. Beobachten Sie Ihr Kind. Wie ist sein<br />
Spielverhalten, wie entwickelt es seine Fantasie? Singt,<br />
46 APRIL <strong>2015</strong>
malt, liest oder tanzt es gerne, oder kann es sich<br />
besonders gut mit Worten ausdrücken? Wenn Sie festgestellt<br />
haben, was Ihr Kind besonders interessiert,<br />
können Sie es auf mancherlei Weise unterstützen.<br />
Vielleicht können Sie das notwendige Material oder<br />
eine spezielle Ausrüstung beschaffen beziehungsweise<br />
leihen – dann etwa, wenn es um ein Musikinstrument,<br />
einen Malkoffer oder Bastelmaterial geht. Zeichnet<br />
sich ab, dass sich das Kind wirklich in eine bestimmte<br />
Tätigkeit vertiefen möchte, suchen Sie entsprechende<br />
Schulungsmöglichkeiten. Der Aufwand kann je nach<br />
Tätigkeit ins Geld gehen – zögern Sie nicht, Beratung<br />
und allenfalls finanzielle Hilfe zu suchen.<br />
Das Kind entscheiden lassen<br />
Überlassen Sie den Entscheid, welche kreative Richtung<br />
eingeschlagen werden soll, Ihrem Kind. Stehen<br />
Sie dann Ihrem Kind unterstützend zur Seite, indem<br />
Sie es beraten und Auskünfte einholen, um sein Interesse<br />
zu verwirklichen. Möchte das Kind nach kurzer<br />
Anlaufzeit schon wieder aufhören, sollten Sie nicht<br />
gleich zustimmen. Ihr Kind soll die Möglichkeit<br />
haben, die eigenen Fähigkeiten zu erproben, Lernerfahrungen<br />
zu machen, Freude und Stolz über Erreichtes<br />
und Erarbeitetes zu spüren – all das ist nicht möglich,<br />
wenn es gleich wieder aufgibt. Zeigt sich jedoch<br />
nach einiger Zeit, dass beispielsweise das falsche<br />
Musikinstrument gewählt worden ist oder dass der<br />
Töpferkurs eben doch nicht das Richtige war, sollten<br />
Sie dem Kind helfen, ein Tätigkeitsfeld zu finden, das<br />
ihm mehr entspricht.<br />
Durch Ihr eigenes Engagement können Sie die<br />
Motivation und das Interesse des Kindes an künstlerischen<br />
Tätigkeiten weiter fördern. Gehen Sie mit ihm<br />
hinaus in die Natur, sammeln Sie im Wald oder am<br />
Flussufer Material, aus dem man etwas basteln kann.<br />
Zeigen Sie dem Kind, wie man Papier falten oder wie<br />
man mit Handpuppen Theaterstücke aufführen kann,<br />
wie man im Wechselspiel eine Fortsetzungsgeschichte<br />
entwickelt, wie man beim Fotografieren das Auge auf<br />
ein besonderes Detail lenkt oder wie man sich im<br />
Tanz bewegt. Besuchen Sie mit dem Kind Museen,<br />
zeigen und erklären Sie ihm Bilder, die Ihnen besonders<br />
lieb oder vertraut sind – es gibt so viele Zugänge<br />
zu kreativem Tun und Erleben.<br />
Was dabei nicht zu vergessen ist: Wenn Sie mit<br />
Ihrem Kind Eindrücke sammeln, sprechen Sie mit<br />
ihm darüber, tauschen Sie sich aus, und stärken Sie<br />
damit immer auch die Beziehung zu Ihrem Kind.<br />
Ermutigen und loben<br />
Zeigen Sie aufrichtig Interesse an der künstlerischen<br />
Aktivität Ihres Kindes. Nehmen Sie sich Zeit und<br />
schenken Sie Ihrem Kind Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit,<br />
wenn es Ihnen ein Bild oder eine Zeichnung<br />
zeigen, ein eben eingeübtes Musikstück vorspielen<br />
oder ein Gedicht aufsagen möchte. Gehen Sie, wenn<br />
möglich, immer an Schulauftritte, Wettbewerbe oder<br />
Konzerte Ihres Kindes. Loben Sie es für seine Bemühungen<br />
und verzichten Sie darauf, zu tadeln oder zu<br />
kritisieren, auch wenn einmal ein Ton danebenging<br />
oder das Bild nicht unbedingt Ihren Vorstellungen<br />
von schöner Kunst entspricht. Wenn das Kind Sie<br />
nicht spezifisch danach fragt, überlassen Sie Verbesserungsvorschläge<br />
dem zuständigen Lehrer.<br />
Ermutigen Sie ihr Kind, im Familienkreis etwas zu<br />
zeigen oder vorzuführen – aber zwingen Sie es nicht,<br />
wenn es Hemmungen hat. Schenkt Ihnen das Kind<br />
ein Bild oder hat es mit noch ungelenken Händen aus<br />
Ton eine Plastik geformt, lassen Sie das Werk nicht<br />
verschwinden, sondern stellen Sie es aus. Kunstwerke,<br />
auf die Ihr Kind sehr stolz ist, können Sie auch an<br />
einem besonderen Ort aufstellen oder einrahmen.<br />
Bei der Entwicklung der Kreativität geht es nicht<br />
um Perfektionismus oder ambitiöse Zielsetzungen:<br />
Das Kind darf selbständig schöpferisch sein. Es geht<br />
um die Freude am Entdecken, Erfinden, Gestalten.<br />
Deshalb braucht es für die Förderung der kindlichen<br />
Kreativität Eltern, die unterstützen und ermutigen.<br />
«Loben Sie. Auch wenn das<br />
Bild nicht ihrer Vorstellung<br />
von Kunst entspricht.»<br />
Susanne Kurz, Master of Science (MSc), ist Psychologin am<br />
Institut für Familienforschung und -beratung der Universität<br />
Freiburg und arbeitet dort in der Fachstelle Triple P.<br />
APRIL <strong>2015</strong>47
Erziehung & Schule<br />
Die Freude an der Schrift<br />
zurückerobern<br />
Zeigen Kinder beim Sprechen, Lesen und Schreiben Schwierigkeiten, ist eine<br />
gründliche Abklärung angesagt, um die richtige Therapie zu finden. In unserem Fall<br />
bringt die Logopädie Schulerfolg in Claudias Leben. Text: Jürgen Steiner<br />
Auf Claudia waren die Eltern immer stolz.<br />
Das Mädchen hatte schnell laufen gelernt<br />
und es spielte gerne mit anderen Kindern<br />
zusammen, konnte sich aber auch gut<br />
allein beschäftigen. Heute geht Claudia in<br />
die zweite Klasse. Sie freut sich jeden Morgen auf die<br />
Schule, Klassenkameraden und Lehrer.<br />
Nur die Deutschstunden mag sie gar nicht. Schreiben<br />
und Lesen wollen irgendwie nicht so recht gelingen.<br />
Foto: Your Photo Today<br />
Und einzelne Förderstunden haben nichts gebracht. Der<br />
Grund: Bei Claudia wurden, als sie viereinhalb Jahre alt<br />
war, im Kindergarten Sprachschwierigkeiten festgestellt.<br />
Ihre Sprache war unverständlich, weil sie die Worte<br />
nicht richtig aussprechen konnte und auch Probleme<br />
hatte, richtige Sätze zu bilden. Mit Unterstützung einer<br />
Logopädin wurde ihre Sprache besser. Die Fachfrau<br />
nahm sich Zeit, Claudias Eltern ausführlich zu beraten.<br />
Die Therapie dauerte etwas länger als ein Jahr.<br />
Wenn sich Probleme in neuem Kleid zeigen<br />
Bei Schuleintritt schien Claudia auf einem normalen<br />
Stand zu sein. Die Deutschlehrerin gab sich viel Mühe,<br />
merkte aber bald, dass dem Mädchen Lesen und Schreiben<br />
schwerfielen. Die Lehrerin wusste aus Erfahrung:<br />
Einige Kinder brauchen eben länger, und mit Geduld<br />
und etwas Nachhilfe geht es. Bei Claudia ging es aber<br />
nicht weiter.<br />
Die Deutschlehrerin sucht das Gespräch mit den<br />
Eltern und ebenfalls mit der Logopädin, die das Schulhaus<br />
betreut. Diese schlägt eine Abklärung vor, da grössere<br />
Sprachschwierigkeiten sich manchmal als Lese-<br />
Rechtschreib-Probleme fortsetzen: Was in jungen<br />
Jahren zu den Schwierigkeiten in der Aussprache<br />
geführt hat, erschwert es den Kindern später, die Buchstaben<br />
richtig zu ordnen. Die Logopädin bestätigt nun<br />
in ihrer Diagnose bei Claudia eine Lese- und Schreibschwäche.<br />
Auch die Schulische Heilpädagogin wird hinzugezogen.<br />
Sie überprüft Claudias allgemeines Lernen, Lesen<br />
und Schreiben, ihre Konzentrationsfähigkeit und ihren<br />
Umgang mit den Anforderungen. Ausserdem klärt die<br />
Psychomotoriktherapeutin das Kind ab, denn auch<br />
Schwierigkeiten in der Feinmotorik können eine Rolle<br />
spielen. So ist es gut, wenn in einer Schule alle Fachkräfte<br />
zusammenarbeiten, jeder weiss, wo seine Kompetenzen<br />
liegen, wo diese in den Dienst der Kinder zu stellen.<br />
Auch der Schulpsychologe wird einbezogen, denn er<br />
initiiert die pädagogisch-therapeutischen Massnahmen<br />
wie Logopädie und Psychomotoriktherapie.<br />
48 APRIL <strong>2015</strong>
Urlaub auf Familisch<br />
Mit der Nr. 1 für Familienferien<br />
Alle ziehen nun an einem Strang. Auch Claudia. Die<br />
Logopädin stellt nach einigen Therapiesitzungen fest,<br />
dass auch der Wortschatz nicht altersgerecht ist und<br />
Claudia sich beim Erklären von Dingen schwertut. «Das<br />
sind pragmatische Unsicherheiten, die neben den<br />
Schriftsprachproblemen bestehen», erklärt sie den<br />
Eltern. In ihre Akte schreibt die Logopädin die Diagnose<br />
«Spezifische Sprachentwicklungsstörung». Damit ist<br />
gemeint, dass Sprachprobleme hartnäckig sein können,<br />
obwohl keine Lernbehinderung vorliegt.<br />
Freude lebt wieder auf<br />
Die Logopädie hilft jedoch nicht nur beim Sprechen,<br />
Lesen und Schreiben. Sie fördert die sprachliche Kommunikationsfähigkeit<br />
und stärkt dadurch das Selbstvertrauen<br />
und die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder<br />
und Jugendlichen. Die Psychomotoriktherapeutin<br />
berichtet im Team, dass Claudia von der Motorik her<br />
altersgerecht und in der sozio-emotionalen Entwicklung<br />
unauffällig sei, bei ihr also keine Therapie nötig sei.<br />
In anderen Fällen braucht es die Psychomotoriktherapie<br />
aber sehr wohl. Kinder können sich hier frei bewegen,<br />
sich und ihre Kräfte erproben und Entwicklungsschritte<br />
nachholen. Das Selbstvertrauen kann wesentlich<br />
verbessert werden, ein drohender Rückzug oder bleibende<br />
Angst kann abgewendet werden. Dabei setzt die<br />
Psychomotoriktherapie auf Spiel und Bewegung als<br />
zentrale Medien der Erfahrung. Auch in der Psychomotoriktherapie<br />
ist wie in der Logopädie die enge Zusammenarbeit<br />
mit dem Umfeld des Kindes, den Eltern und<br />
den schulischen Fachkräften wichtig.<br />
Claudia geht inzwischen gerne in den Deutschunterricht.<br />
Und nach einem halben Jahr ziehen alle eine positive<br />
Bilanz: Die Schülerin hat grosse Lernfortschritte<br />
gemacht. Sie macht ihre Schreibübungen, kann Anfangsbuchstaben<br />
sortieren, Silben zählen und Regeln finden.<br />
Zu Ende ist die Logopädie aber noch nicht. Es braucht<br />
schon etwas Geduld und klare Zwischenziele. Die<br />
Eltern, die Logopädin und die Lehrperson vereinbaren,<br />
dass die Logopädin mit der Lehrperson weiterhin eng<br />
zusammenarbeitet und sie sich regelmässig über Claudias<br />
weitere Entwicklung austauschen. Die Eltern bleiben<br />
in diesen Prozess einbezogen.<br />
Spa- & Familien-Resort Krone<br />
Familotel Allgäuer Alpen<br />
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Jürgen Steiner<br />
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Prof. Dr. habil., leitet den Studiengang<br />
Logopädie an der Interkantonalen<br />
Hochschule für Heilpädagogik Zürich.<br />
APRIL <strong>2015</strong><br />
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Aufgeklärt<br />
HILFE!<br />
Verliebt in<br />
den Lehrer …<br />
Schmetterlinge im Bauch verspüren<br />
Jugendliche nicht nur dann, wenn sie für<br />
Gleichaltrige schwärmen. Manche verlieben<br />
sich in den Lehrer oder eine andere<br />
erwachsene Person … Text: Eveline von Arx<br />
Eveline von Arx<br />
Dr. phil. Pädagogin<br />
Foto: Geri Born, Illustration: Adão Iturrusgarai<br />
Eine Bekannte erzählte mir neulich,<br />
wie sie sich damals in ihrer Ausbildung<br />
in einen Vorgesetzten verliebte.<br />
Und im Nachhinein beurteilt<br />
sie diese Liebe sogar als die<br />
schönste ihres Lebens – weil sie unerwidert<br />
und unerfüllt blieb.<br />
Wenn wir für jemanden schwärmen, uns<br />
verlieben, spielen unsere Fantasie und unsere<br />
Projektionen eine wesentliche Rolle: Wir<br />
sehen im anderen etwas, das viel mit uns selber<br />
zu tun hat, weil wir eigene Sehnsüchte und<br />
Bedürfnisse projizieren und uns erhoffen,<br />
vom Objekt unserer Liebe – quasi wie im Märchen<br />
– wachgeküsst zu werden. Die andere<br />
Person kann aus uns den Menschen machen,<br />
der wir wirklich sind und sein wollen ...<br />
Solche Projektionen haben für Jugendliche,<br />
die zum Beispiel für einen Lehrer oder einen<br />
Star schwärmen, eine besondere Bedeutung.<br />
Denn sie malen sich aus, wie es wäre, dieser<br />
Person ganz nahe zu sein, körperlich und seelisch,<br />
und mit ihr eine Liebesbeziehung zu<br />
führen.<br />
Dies kann als Vorbereitung in der Fantasie<br />
auf eine reale Liebesbeziehung betrachtet werden,<br />
die sich früher oder später im Leben eines<br />
jungen Menschen ergeben wird. Indem – insbesondere<br />
auch sehr junge – Jugendliche für<br />
eine unerreichbare Person schwärmen, setzen<br />
sie sich in ihrer Vorstellung mit ihren Beziehungswünschen<br />
und -erwartungen auseinander.<br />
Es sind quasi Trockenübungen für eine<br />
spätere Beziehung mit einem Gleichaltrigen.<br />
Solange sich Jugendliche dabei nicht völlig in<br />
ihre Gefühls- und Fantasiewelt hineinsteigern<br />
oder die Realität um sich herum ausblenden,<br />
spricht auch gar nichts gegen dieses fantastische<br />
Verliebtsein.<br />
Und wahrscheinlich hat dieses jugendliche<br />
Schwärmen auch etwas Zeitloses: Als Dr. Martin<br />
Goldstein 1969 unter dem Pseudonym<br />
Dr. Jochen Sommer in der Jugendzeitschrift<br />
Die Fantasie bereitet eine<br />
reale Liebesbeziehung vor.<br />
«Bravo» Teenagerfragen zu beantworten<br />
begann, war auf seiner ersten Beratungsseite<br />
im Magazin eine Frage eines 13-jährigen<br />
Mädchens zu lesen, das sich in den Busfahrer<br />
verliebt hatte. Dieser pausierte jeweils kurz an<br />
der Endhaltestelle, wo das Mädchen einsteigen<br />
musste. Dr. Jochen Sommer antwortete<br />
dem Mädchen mit viel Verständnis – auch für<br />
ihre möglichen Projektionen: «Was dich<br />
bewegt, erleben die meisten in deinem Alter ...<br />
Und ein Busfahrer an einer Endstation ist so<br />
etwas wie ein Kapitän im Hafen …»<br />
50 APRIL <strong>2015</strong>
Psychologie & Gesellschaft<br />
Notendruck? Nicht auch<br />
noch im Elternhaus!<br />
Schlechte Noten sind schwer zu verkraften. Durch positive Unterstützung<br />
helfen Eltern mit, dass Kinder die Motivation zum Lernen nicht verlieren.<br />
Text: Susan Edthofer<br />
Immer und überall wird man bewertet: in der<br />
Schule, bei der Arbeit, im Sport, in der Freizeit.<br />
Lob für eine Leistung spornt an, Kritik blockiert<br />
oder lähmt. So verwundert es nicht, dass der<br />
Umgang mit Noten immer wieder kontrovers<br />
diskutiert wird. Noten sind ein Gradmesser und sollen<br />
ausdrücken, ob das Kind die Aufgaben verstanden hat.<br />
Aber eine Note sagt nichts über die Persönlichkeit eines<br />
Kindes aus, weder über sein Einfühlungsvermögen noch<br />
über seine Kompetenzen im Umgang mit andern. Wie<br />
aussagekräftig ist es also, wenn Wissen auf eine Zahl<br />
reduziert wird?<br />
Noten und ihre Wirkung<br />
Viele Kinder sind verzweifelt, wenn sie eine schlechte<br />
Note erhalten. Manchmal auch, weil sie Angst vor der<br />
Reaktion der Eltern haben. Nicht selten sind Eltern überfordert<br />
und wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen,<br />
wenn die Tochter, der Sohn eine missglückte Prüfung<br />
nach Hause bringt. Würde etwas Druck das Kind anspornen?<br />
Oder erreicht man damit nur Resignation? Besonders<br />
frustrierend ist es, wenn viel gelernt wurde und das<br />
Ergebnis trotzdem niederschmetternd ist. Es gibt Kinder,<br />
die können sich noch so anstrengen, ihre Noten sind<br />
und bleiben schlecht. Andere zeigen kaum Einsatz und<br />
erreichen gute Resultate. Je nach Prüfungsart wird der<br />
Arbeitseinsatz im Vorfeld nicht mitbewertet. Mit dieser<br />
Praxis müssen sich Eltern arrangieren.<br />
Auch bei der Pro Juventute Notrufnummer Hilfe +<br />
Beratung 147 drehen sich viele Fragen um Prüfungen<br />
und Noten. Häufig fühlen sich bereits Kinder und<br />
Jugendliche erschöpft. Es bereitet ihnen Mühe, dem<br />
Leistungsdruck standzuhalten und abzuschalten. Eltern<br />
können gegensteuern, damit gar nicht erst das Gefühl<br />
aufkommt: «Es hat doch alles keinen Sinn …»<br />
Vorwürfe bei schlechten Noten sind fehl am Platz.<br />
Das Kind sollte sich nicht als Versager fühlen und glauben,<br />
die Eltern enttäuscht zu haben. Es leidet<br />
ohnehin schon unter der Situation.<br />
Besorgte Eltern sollten auch nicht plötzlich<br />
damit beginnen, alles zu kontrollieren.<br />
Dadurch würden Hausaufgaben nur zu<br />
einem Stressfaktor. Besser ist es, den Lernprozess<br />
des Kindes zu begleiten und mitzuhelfen,<br />
dass es selbständig zu arbeiten<br />
lernt. Indem Eltern Anstrengung und Einsatz<br />
loben, machen sie deutlich, weshalb<br />
Lernen sinnvoll ist.<br />
Miteinander reden und Lösungen finden<br />
Wichtig ist herauszufinden, weshalb der Lernerfolg ausbleibt.<br />
Eine gute Zusammenarbeit zwischen Schule und<br />
Elternhaus bewirkt oft Wunder. Indem sie sich austauschen,<br />
können Kinder, Eltern und Lehrpersonen besser<br />
ausloten, woran es liegen mag, dass die Noten den Erwartungen<br />
kaum entsprechen. Vielleicht ist Über- oder<br />
Unterforderung oder mangelndes Interesse schuld. Oft<br />
fehlen wirkungsvolle Lernstrategien, oder es besteht<br />
keine klare Trennung mehr zwischen Lernphasen und<br />
Freizeit. Denn nur wer sich zwischendurch richtig erholt,<br />
ist bereit, neue Inhalte aufzunehmen.<br />
«Indem Eltern<br />
Anstrengung und<br />
Einsatz loben,<br />
machen sie<br />
deutlich, weshalb<br />
Lernen sinnvoll ist.»<br />
Susan Edthofer ist<br />
Redaktorin im Bereich<br />
Kommunikation<br />
von Pro Juventute.<br />
Pro Juventute Elternberatung<br />
Die Elternberatung ist ein Programm von Pro Juventute für alle Eltern und<br />
Bezugspersonen von Kindern und Jugendlichen. Fragen zum Familienalltag,<br />
zur Erziehung oder zu schulischen Themen können jederzeit telefonisch,<br />
058 261 61 61, oder per Mail, www.projuventute-elternberatung.ch, gestellt<br />
werden. Ausser den normalen Telefongebühren fallen keine Kosten an. Bei der<br />
Pro Juventute Notrufnummer Hilfe + Beratung 147 (www.147.ch) können sich<br />
Kinder und Jugendliche anonym und rund um die Uhr melden.<br />
Mehr Infos www.projuventute.ch<br />
APRIL <strong>2015</strong>51
Stiftung Elternsein<br />
Keine Narrenfreiheit für Ignoranten!<br />
Ellen Ringier über «kulturell» geprägten Hass und die Notwendigkeit zu handeln.<br />
Foto: Vera Hartmann / 13 Photo<br />
Dr. Ellen Ringier präsidiert<br />
die Stiftung Elternsein.<br />
Sie ist Mutter zweier Töchter.<br />
Es ist Fasnacht in der Schweiz. 300 johlende<br />
FCL-Fans jagen hinter einem als<br />
jüdische Karikatur mit schwarzem<br />
Vollbart und schwarzem Hut sowie<br />
Anzug verkleideten Kollegen hinterher.<br />
Der durch die Strasse von St. Gallen<br />
Getriebene trägt einen Fan-Schal des<br />
FC St. Gallen, des Spielgegners am<br />
Match vom 15. Februar.<br />
Der schwarze Mann symbolisiert offenbar nicht nur<br />
den Juden, sondern gleichzeitig auch den Gegner, den<br />
FC St. Gallen. Im Sportjargon wird der Spielgegner<br />
gerne «Feind» genannt. Und wie sieht der «Feind» des<br />
FCL aus? Wie ein Jude.<br />
Und was veranstalten die 300 FCL-Fans in St. Gallen?<br />
Eine symbolische Judenhatz, ein Pogrom.<br />
70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs<br />
und dem Massenmord an den europäischen Juden,<br />
dem Holocaust, kommt es keinem der FCL-Fans in<br />
den Sinn, dass Juden zu den Minderheiten gehören,<br />
die jahrhundertelang verfolgt und ermordet wurden.<br />
Warum auch! In den Medien stand zu lesen, dass<br />
die FCL-Fans in ihren Schlachtgesängen den sportlichen<br />
Gegner gerne als «Juden» beschimpfen.<br />
Fasnacht, die Zeit, in der die unter Maske und Verkleidung<br />
geschützten Narren seit Jahrhunderten der<br />
weltlichen und klerikalen Obrigkeit den Spiegel vorhalten,<br />
in der Dinge an die Oberfläche gelangen, die<br />
mancher lieber im Versteck gehalten hätte. Fasnacht<br />
ist die Zeit, in der die Lust, der Spass und die Freude<br />
die Widrigkeiten des realen Lebens für ein paar närrische<br />
Tage vergessen machen sollen ...<br />
Das ausgelassene Festen (vor der Fastenzeit) ist<br />
schaurig-schön und erlaubt jedermann einmal im Jahr<br />
eine Portion zivilen Ungehorsam und Regelbruch,<br />
sexuelle Ausschweifungen inbegriffen.<br />
Damit Sie, liebe Leserinnen und Leser, mich richtig<br />
verstehen: Ich bin (als Luzernerin) seit je ein Fan der<br />
Fasnacht! Selber, leider nur als Tschinellenspielerin,<br />
jahrelang mit einer Guggemusig verbunden, freute ich<br />
mich in meiner Jugend jeweils unbändig auf die<br />
Luzerner Fasnacht. Sie war, so kam es mir vor, schaurig-schön,<br />
poetisch, künstlerisch, in den Sujets steckte<br />
die liebevolle Arbeit eines ganzen Jahres. Die «Sujets»,<br />
mit denen die Narren die «herrschende Clique»<br />
genauso wie Einzelpersonen auf den Arm nahmen,<br />
waren damals und sind auch heute treffend, bitterböse<br />
und lustig zugleich. Ja, Fasnacht ist und bleibt ein kultureller<br />
Wert!<br />
Die Losungsworte der Fasnacht und damit der<br />
Narrenfreiheit heissen jedoch Spass und Scherz!<br />
Judenjagd als Fasnachtsscherz? Was ist davon zu halten,<br />
wenn Schweizer Fussballfans den Sportgegner,<br />
also den «Feind», als Jude karikieren und verhöhnen?<br />
Liebe Eltern und Lehrer, es gibt nur eine Antwort,<br />
und die heisst: Mitten in unserer Gesellschaft grassiert<br />
schlicht und ergreifend ein tiefsitzender, vielleicht<br />
sogar als «kulturell» zu bezeichnender Hass, und der<br />
hat einen Namen. Antisemitismus.<br />
Keine Narrenfreiheit für Judenhass, für jedwelchen<br />
Hass, heisst meine Forderung.<br />
Wikipedia nennt übrigens diejenigen Narren, die<br />
einen nicht als Hofnarren oder Possenreisser mit<br />
Scherzen und Spassmachereien zum Lachen bringen,<br />
beim richtigen Namen: Dumm-, Stroh-, Hohl- und<br />
Schwachköpfe, Ignoranten, Nichtskönner oder<br />
Nichtswisser usw.<br />
«Mit albernen Narren soll man nicht scherzen»,<br />
sagt ein Sprichwort. Pädagogen an die Arbeit, es gibt<br />
in der jüngeren Generation noch viel zu viele<br />
Ignoranten oder Dummköpfe. Daher gibt es (wieder)<br />
viel zu tun! Mehr als mir und jedem von Ihnen lieb<br />
sein kann.<br />
STIFTUNG ELTERNSEIN<br />
«Eltern werden ist nicht schwer,<br />
Eltern sein dagegen sehr.» Frei nach Wilhelm Busch<br />
Oft fühlen sich Eltern alleingelassen in ihren Unsicherheiten,<br />
Fragen, Sorgen. Hier setzt die Stiftung Elternsein<br />
an. Sie richtet sich an Eltern von schulpflichtigen Kindern<br />
und Jugendlichen. Sie fördert den Dialog zwischen Eltern,<br />
Kindern, Lehrern und die Vernetzung der eltern- und<br />
erziehungsrelevanten Organisationen in der deutschsprachigen<br />
Schweiz. Die Stiftung Elternsein gibt das Schweizer<br />
ElternMagazin Fritz+Fränzi heraus. www.elternsein.ch<br />
52 APRIL <strong>2015</strong>
Leserbriefe<br />
«Konkrete Antworten!»<br />
Werte an die nächste Generation weitergeben<br />
(<strong>2015</strong> gibt es viel zu tun. Kolumne von Ellen Ringier. Heft 1/15)<br />
Vielen Dank für Ihren engagierten<br />
Artikel. Sie sprechen mir aus dem<br />
Herzen. Ich wünsche mir von Ihrem<br />
ElternMagazin mehr Beiträge, die den<br />
Wertekodex judäo-christlicher<br />
Religionen vermitteln. Meiner Meinung<br />
nach ist es höchste Zeit, nicht nur<br />
Fragen zu stellen, sondern auch<br />
konkrete Antworten aus diesem<br />
Hintergrund heraus zu geben. Dies<br />
geschieht sicher nicht durch einen<br />
neutralen Religionsunterricht.<br />
Nur wenn wir uns mit den Inhalten der<br />
Bibel, des Christentums und der daraus<br />
resultierenden Ethik beschäftigen,<br />
können wir verstehen, wodurch unsere<br />
Grundgesetze entstanden sind, und<br />
diese Werte positiv prägend an die<br />
nächste Generation weitergeben.<br />
Dorothea Reichen-Wetzler<br />
(per E-Mail)<br />
Schreiben Sie uns!<br />
Ihre Meinung ist uns wichtig. Sie erreichen uns über:<br />
leserbriefe@fritzundfraenzi.ch oder<br />
Redaktion Fritz+Fränzi, Dufourstrasse 97, 8008 Zürich<br />
53 APRIL <strong>2015</strong>
Kolumne<br />
Wenn Mütter die<br />
Nerven verlieren<br />
Text: Michèle Binswanger<br />
Michèle Binswanger<br />
Die studierte Philosophin<br />
ist Journalistin und Buchautorin.<br />
Sie schreibt zu Gesellschaftsthemen,<br />
ist Mutter zweier Kinder<br />
und lebt in Basel.<br />
Die Frau hielt sich nicht zurück. Wie eine Gewitterwand ragte sie<br />
über ihrem Sohn auf, mitten im Tram, und donnerte auf ihn<br />
hinunter, als wäre sie das jüngste Gericht höchstpersönlich.<br />
Das Kind schwieg längst schon zerknirscht, aber sie hörte nicht<br />
auf, holte stets zu einer neuen Runde aus. Das Kind hatte längst<br />
klein beigegeben. Ich hasse es, wenn Frauen so die Nerven verlieren, sich nicht<br />
mehr im Griff haben, immer weitermachen, obschon es längst genug ist. Und<br />
besonders hasse ich es, wenn ich selber diese Mutter bin.<br />
Ja, manchmal bin ich eine erzieherische Katastrophe. Eine Mutter für ins<br />
Lehrbuch der Rabenmütter, eine, die Kinderpsychologen in Ausbildung<br />
mit Warnhinweisen versehen und einander weiterreichen. Ich habe nie Hand<br />
an eines meiner Kinder gelegt, aber man kann Kinder auch mit Worten<br />
misshandeln. Wenn die Wut sich aufbäumt, um sich schlägt und durchbrennt.<br />
Die Stimme der Vernunft ist zwar jeweils auch da, rümpft in ihrem geschützten<br />
Kabäuschen die Nase und doziert: Das Kind kann doch so nicht begreifen,<br />
du bist erwachsen, halte dich im Zaum! – HÖRST DU MIR ÜBERHAUPT ZU?<br />
Aber zuhören ist schwierig, wenn man sich an den unkontrollierbaren Gaul<br />
seiner Wut klammert, der übers Feld der Erziehung galoppiert und unterwegs<br />
alles niedertrampelt.<br />
Die meisten Eltern nicken schuldbewusst, wenn man sie darauf anspricht.<br />
Beinahe jeder kennt die Situation. Erstaunlich eigentlich. Kontrollverlust ist<br />
ein Thema, das eher ins Kapitel der Teenagerjahre gehört. Im Bestreben, die<br />
Begrenzungen der Kindheit aufzubrechen, stellt man allerlei Blödsinn an. Um<br />
herauszufinden, wie gross und weit die Welt ist und wie frei man eigentlich<br />
wirklich ist, ist es manchmal gut, auf Kontrolle zu verzichten. Und die Lektion,<br />
welche Geduld diese Welt angesichts eines rebellierenden Teenagers aufbringen<br />
kann, gibt’s als Gratislektion dazu. Aber eigentlich will man ja das Gegenteil<br />
und strebt danach, das eigene Leben an die Hand zu nehmen. Man spurt ein,<br />
hält sich an die Regeln, übernimmt Verantwortung. Das heisst es, erwachsen<br />
zu werden. Und nie muss man erwachsener sein als gegenüber Kindern. Leider<br />
bekommt man zu Kindern nicht automatisch mehr Weisheit und Gleichmut<br />
mitgeliefert. Sondern meistens Anarchie und Chaos. Vielleicht ist für viele auch<br />
der Umstand schwer zu ertragen, wie fundamental Kinder das Leben verändern –<br />
der Kontrollverlust findet auf vielen Ebenen statt. Man liebt sie grenzenlos,<br />
und manchmal bringen sie einen an die eigenen Grenzen.<br />
Wir sind alle fehlbar, und so bin ich eben manchmal die Mutter im Tram,<br />
die Mutter, die ihren Sohn mit Worten traktiert und nicht aufhört. Aber seit ich<br />
gelernt habe, dass ich mich danach fühle, als hätte ich mein Kind tatsächlich<br />
geschlagen, dieses Würgen in der Kehle, das stundenlang vorhält, ein körperlich<br />
empfundener Druck, wenn Schuld, Scham und schlechtes Gewissen auf einem<br />
lasten, kann ich mich besser beherrschen. Nicht nur für Kinder, auch für Eltern<br />
ist der Raum zur Verbesserung potenziell unbeschränkt.<br />
Illustration: Petra Dufkova/Die Illustratoren<br />
54 APRIL <strong>2015</strong>
Bonbons<br />
Badeferien-Glück<br />
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APRIL <strong>2015</strong>55
Ernährung & Gesundheit<br />
E-Zigaretten<br />
ködern Jugendliche<br />
Foto: iStockphoto<br />
Die als Ersatz für herkömmliche Glimmstängel angepriesenen E-Zigaretten<br />
sind bei Schweizer Jugendlichen hoch im Kurs. Coole Designs, Aromen<br />
von Apfel über Schokolade bis Zuckerwatte und das Hightech-Image<br />
sprechen Junge an. Dass dieser Trend nicht ungefährlich ist, belegen<br />
immer mehr Untersuchungen. Text: Susanna Steimer Miller<br />
56 APRIL <strong>2015</strong>
Eine Partnerkampagne von BAG, Kantonen und NGOs,<br />
finanziert durch den Tabakpräventionsfonds.<br />
E-Zigaretten sehen ähnlich aus wie herkömmliche<br />
Zigaretten und bestehen in der Regel<br />
aus einer aufladbaren Batterie, einem elektronischen<br />
Verdampfer, einem Mundstück<br />
und einer austauschbaren Patrone mit Flüssigkeit<br />
– auch Liquid genannt. Beim Einatmen wird die<br />
Flüssigkeit durch den Strom aus der Batterie erhitzt, bis<br />
sie verdampft und so in die Atemwege gelangt. Viele<br />
E-Zigaretten sind zudem mit einem Lämpchen versehen,<br />
das das Glimmen einer Zigarette imitiert. In der<br />
Schweiz dürfen im Moment nur E-Zigaretten ohne<br />
Nikotin verkauft werden. Nikotinhaltige Produkte sind<br />
über ausländische Online-Shops einfach erhältlich und<br />
dürfen für den Eigengebrauch legal eingeführt werden.<br />
Laut Mona Neidhart vom Bundesamt für Gesundheit<br />
BAG gibt es weder für Tabakprodukte noch für E-Zigaretten<br />
mit und ohne Nikotin ein Konsumverbot für<br />
Minderjährige.<br />
Einfallstor für den Tabakkonsum<br />
E-Zigaretten werden oft als gesunde Alternative zur<br />
Zigarette angepriesen und sollen bei der Tabakentwöhnung<br />
helfen. Diverse Untersuchungen belegen nun aber,<br />
dass sie bei Jugendlichen genau das Gegenteil bewirken<br />
können. Eine erst kürzlich vom Institut für Sozial- und<br />
Präventivmedizin der Universität Lausanne durchgeführte<br />
Umfrage kommt zum Schluss, dass Dampfen<br />
jugendliche Konsumenten zum Rauchen ermuntern<br />
könnte. Die befragten Jugendlichen gaben an, E-Zigaretten<br />
aus Experimentierlust zu rauchen. Sie schätzen<br />
es, dass sie diese an vielen Orten, wo Rauchverbot<br />
herrscht, konsumieren dürfen. Das Spielerische und die<br />
riesige Auswahl an Aromen stossen bei Jugendlichen<br />
auf Gefallen. Viele Teilnehmende beurteilten das Verdampfen<br />
als Einstieg für junge Nichtraucher in den<br />
Tabakkonsum. Einige berichteten, dass sie von rauchenden<br />
Kollegen darauf angesprochen werden, weshalb sie<br />
denn noch verdampfen und noch keine richtigen Zigaretten<br />
rauchen würden.<br />
Eine Studie, die im vergangenen Jahr von der amerikanischen<br />
Medizin-Fachzeitschrift JAMA Pediatrics<br />
publiziert wurde, kommt zu einem ähnlichen Ergebnis:<br />
Der Konsum von E-Zigaretten hält Heranwachsende<br />
eher nicht vom Rauchen ab, sondern ermuntert sie vielmehr<br />
dazu, mit dem Rauchen zu beginnen. Tho- >>><br />
Jugendliche rauchen<br />
E-Zigaretten oft aus Lust<br />
am Experimentieren.<br />
JULIA HÖRT AUF.<br />
DAS SCHAFFST AUCH DU.<br />
181*<br />
Die Rauchstopplinie unterstützt dich:<br />
0848 000<br />
Ich bin stärker.<br />
Wenn die Eltern rauchen, greifen ihre Kinder später<br />
eher zur Zigarette. Dabei ist ihre Gesundheit schon<br />
durch Passivrauchen gefährdet.<br />
Geh mit gutem Beispiel voran und werde rauchfrei.<br />
Die Fachpersonen der Rauchstopplinie<br />
unterstützen dich dabei. Weitere Tipps und<br />
Angebote gibt’s auf smokefree.ch.<br />
APRIL <strong>2015</strong>57<br />
smokefree.ch<br />
ar<br />
* 8 Rp. pro Minute ab Festnetz
Ernährung & Gesundheit<br />
>>> mas Beutler, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei<br />
der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention, weist auf die<br />
wichtige Rolle der Werbung hin: «In Amerika rauchen<br />
immer mehr College-Absolventen E-Zigaretten, weil<br />
dort Werbung dafür zulässig ist und auch immer mehr<br />
Prominente auf dem roten Teppich dampfen.» Er beurteilt<br />
die E-Zigarette wegen des austretenden Dampfs,<br />
der verschiedenen Aromen und der Neuartigkeit für<br />
Jugendliche, die meist eine grosse Affinität für Gadgets<br />
haben, als besonders attraktiv: «Damit können Kinder<br />
und Jugendliche die Handhabung der Zigarette besser<br />
nachahmen als mit der früher beliebten Kaugummi-<br />
Zigarette und sich in ihrem Umfeld als Trendsetter profilieren.»<br />
Problem Inhaltsstoffe<br />
Rund 45 Prozent der Jugendlichen zwischen 15 und 24<br />
Jahren halten E-Zigaretten für harmlos – zu diesem<br />
Schluss kommt eine Umfrage der Europäischen Kommission<br />
aus dem Jahr 2012. Dazu tragen sicher auch die<br />
fehlende Altersbeschränkung und die Tatsache bei, dass<br />
E-Zigaretten in der Schweiz an vielen Kiosken neben<br />
Kaugummi, Schoggistängel und Bravo-Heftli erhältlich<br />
sind. Laut Monique Portner-Helfer von Sucht Schweiz<br />
verlockt das Marketing Jugendliche gezielt zum Konsum:<br />
«Der verspielte Look führt dazu, dass die Produkte als<br />
harmlos wahrgenommen werden, was über die tatsächlichen<br />
Risiken hinwegtäuscht.» Bis heute sind Anbieter<br />
von E-Zigaretten nicht verpflichtet, die Inhaltsstoffe zu<br />
deklarieren. Die Flüssigkeiten, die für E-Zigaretten verwendet<br />
werden, enthalten unter anderem Lösungsmittel<br />
wie Propylenglykol und/oder Glyzerin. Beide Substanzen<br />
sind zwar als Lebensmittelzusatzstoffe<br />
zugelassen – über ihre Langzeitwirkung auf die Lunge<br />
ist jedoch noch wenig bekannt. Dasselbe trifft auf die<br />
unzähligen Aromastoffe zu.<br />
Prävention in der Jugend<br />
Das Parlament wird voraussichtlich im Dezember <strong>2015</strong><br />
über das neue Tabakproduktegesetz befinden.<br />
Es tritt nicht vor 2018 in Kraft und sieht vor, dass in<br />
Zukunft auch nikotinhaltige E-Zigaretten in der Schweiz<br />
verkauft werden dürfen. Neu soll aber ein Mindestalter<br />
Gesundheitsexperten fordern<br />
ein Mindestalter von 18 Jahren<br />
für E-Zigaretten, unabhängig<br />
davon, ob sie Nikotin enthalten.<br />
von 18 Jahren für Zigaretten und E-Zigaretten gelten,<br />
unabhängig davon, ob letztere Nikotin enthalten oder<br />
nicht. Bezüglich des Rauchverbots werden alle E-Zigaretten<br />
den herkömmlichen Zigaretten gleichgestellt.<br />
Monique Portner-Helfer von Sucht Schweiz erachtet die<br />
Information über E-Zigaretten und deren Risiken als<br />
sehr wichtig. Sucht Schweiz befürwortet zudem die Einführung<br />
des Verkaufsverbots an Minderjährige, unabhängig<br />
davon, ob die E-Zigarette Nikotin enthält oder<br />
nicht. Laut Thomas Beutler sind Jugendliche die wichtigste<br />
Zielgruppe, wenn es um Tabakprävention geht:<br />
«Wer mit 25 Nichtraucher ist, bleibt dies in der Regel<br />
bis ans Lebensende.»<br />
>>><br />
Susanna<br />
Steimer Miller<br />
ist Chefredaktorin von «Baby&Kleinkind»<br />
und schreibt als freie Journalistin über<br />
Kinder, Gesundheit, Ernährung, Haustiere.<br />
Vergiftungsgefahr bei Kindern<br />
Da die nach Schokolade, Vanille oder Beeren duftenden<br />
Flüssigkeiten für E-Zigaretten in der Regel nicht über<br />
einen kindersicheren Verschluss verfügen, sollten sie<br />
unbedingt ausser Reichweite von Kindern aufbewahrt<br />
werden. Trinkt ein Kind eine nikotinfreie Patrone, kann<br />
es zu Magen-Darm-Beschwerden kommen. Enthält<br />
die Patrone Nikotin, sind laut Christine Rauber-Lüthy,<br />
Leitende Ärztin Tox Info Suisse, Übelkeit und<br />
Erbrechen, Durchfall, Schwindel und Herzrasen<br />
möglich. Bei einer starken Nikotinvergiftung droht im<br />
Extremfall eine Atemlähmung. Die tödliche Dosis wird<br />
auf 1 mg Nikotin pro Kilo Körpergewicht geschätzt.<br />
In der EU erhältliche Liquids dürfen maximal 20 Milligramm<br />
Nikotin pro Milliliter Flüssigkeit enthalten.<br />
Beliebte E-Zigaretten<br />
Daten aus dem Suchtmonitoring Schweiz von 2013<br />
zeigen, dass rund 16% der Jugendlichen zwischen<br />
15 und 19 Jahren mindestens einmal in ihrem Leben<br />
eine E-Zigarette genutzt haben. Tendenz steigend.<br />
58 APRIL <strong>2015</strong>
Schulen<br />
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Ernährung & Gesundheit<br />
Massvolle Körperpflege<br />
In der Pubertät verändert sich der Körper – und oft auch das Hygieneverhalten<br />
von Jugendlichen. Während Mädchen meist übertreiben, könnte so mancher<br />
Junge ruhig ein wenig häufiger duschen. Text: Petra Seeburger<br />
Für viele Eltern ist die Pubertät die Zeit, in der<br />
aus süssen Kindern schnoddrige Teenager<br />
werden, und im Rückblick schämen sich noch<br />
manche beim Gedanken daran, wie sie<br />
damals selber waren. In dieser Lebensphase<br />
verändert sich der Körper, werden aus Kindern Erwachsene.<br />
Der Begriff «Pubertät» leitet sich vom lateinischen<br />
«pubescere» ab, was so viel heisst wie: behaart werden.<br />
Doch nicht nur die Schambehaarung wächst: Bei den<br />
Mädchen wachsen die Brüste und setzt die Menstruation<br />
ein, und sie werden kurviger. Die Jungs schiessen<br />
in die Höhe und werden muskulöser, ihr Stimmbruch<br />
setzt ein, und der erste Oberlippenflaum zeigt sich. Die<br />
Hormone spielen bei beiden verrückt, Pickel spriessen,<br />
und auch im Gehirn scheint ein Totalumbau im Gang.<br />
Die Emotionen fahren Achterbahn, und mancher<br />
Pubertierende wechselt die Gemütslage im Sekundentakt:<br />
in einem Augenblick schon ganz erwachsen und<br />
im nächsten zurück in der Trotzphase.<br />
Hormone verändern den Geruch<br />
Das Thema Hygiene bei Jugendlichen ist ein heikles:<br />
Mädchen, die stundenlang im Badezimmer sind, und<br />
Jungs, die den Waschlappen wie den Teufel fürchten.<br />
Diese Klischees sind für viele Realität. Mein Bruder etwa<br />
hat seiner dreizehnjährigen Tochter ein eigenes Badezimmer<br />
gebaut, um den Familienfrieden nicht auf Dauer<br />
zu gefährden.<br />
Während Kinder eigentlich nie nach Schweiss riechen,<br />
verändert die Hormonumstellung die Ausdünstung der<br />
Pubertierenden. Scham- und Achselgegend werden stärker<br />
von Bakterien besiedelt, weil es dort mehr Duft- und<br />
Schweissdrüsen hat und deshalb feucht ist. Beginnt die<br />
Pubertät, ist tägliche Körperpflege daher ein Muss. Doch<br />
wir riechen es im Tram, im Zug oder in der Gondel: Vor<br />
allem Jungs legen manchmal mehr Wert auf das Styling<br />
als auf die tägliche Dusche.<br />
Doch wen wir nicht riechen können, den mögen wir<br />
auch nicht. Körperpflege ist deshalb wichtig. Die Pflege<br />
von Jungen und Mädchen unterscheidet sich. Heranwachsende<br />
junge Männer sollten Penis und Hodensack<br />
einmal täglich waschen. Die Drüsen des Genitales produzieren<br />
auch mehr Talg. Dieser weisse Belag auf der<br />
Eichel sollte täglich abgewaschen werden. Aber Achtung:<br />
Die Vorhaut dabei ganz zurückziehen und nach dem<br />
Waschen wieder ganz nach vorne ziehen.<br />
Schamhaare sind out<br />
Die tägliche Körperpflege bietet Gelegenheit, neue Pflegemittel<br />
auszuprobieren. Doch waschen alleine nützt<br />
nichts, wenn man die Unterhosen und Socken nicht<br />
täglich wechselt. Bei den Jungs gilt heutzutage: Bart ist<br />
in und Schamhaare sind out. Doch Schamhaare haben<br />
auch einen Zweck, sie verteilen die Sexuallockstoffe.<br />
Kultur und Mode beeinflussen aber den Umgang mit<br />
den Körperhaaren. So ist auch bei den meisten Mädchen<br />
die Schamgegend heute haarlos.<br />
Bei den Mädchen liegt die Scheide nahe bei der<br />
Harnröhre und beim Darmausgang. Die Reinigung soll<br />
immer von vorne nach hinten erfolgen, damit keine<br />
Darmbakterien in die Vagina oder die Blase gelangen.<br />
Auch bei den Mädchen produzieren die Drüsen mehr<br />
Talg, den man zwischen den Schamlippen sehen kann.<br />
Idealerweise waschen junge Frauen ihre Intimgegend<br />
mit pH-neutralen Produkten, denn ein intaktes Milieu<br />
schützt vor Infektionen.<br />
Steigt der Hormonspiegel an, beginnt ein paar<br />
Monate vor der ersten Menstruation der Ausfluss. Das<br />
ist etwas Normales, und jede Frau hat Weissfluss, je nach<br />
Zyklusphase mal mehr oder weniger. Wenn sich Menge,<br />
Farbe oder Geruch verändern, sollte dies abgeklärt werden.<br />
Mit der Menarche, der ersten Monatsblutung, können<br />
junge Mädchen Binden oder Tampons verwenden.<br />
Sie sollen selber entscheiden, mit welchem Schutz sie<br />
60 APRIL <strong>2015</strong>
sich wohler fühlen, sollten aber lernen, wie mit Tampons<br />
umzugehen ist. Viele Mädchen haben während der<br />
Menstruation das Bedürfnis, sich mehr zu waschen, aber<br />
ein Zuviel nervt nicht nur das Umfeld, es kann auch zu<br />
Hautirritationen und Allergien führen. Gerade bezüglich<br />
der Hygiene sollen die Teenager lernen, mit dem eigenen<br />
Körper verantwortungsvoll umzugehen, aber auch eine<br />
unkomplizierte Einstellung zu ihm zu entwickeln.<br />
Tipps für die Körperpflege von Jungs<br />
Täglich duschen und ein mildes Deodorant benutzen.<br />
Separate Handtücher für «oben» und «unten»<br />
benutzen.<br />
Nach dem Wasserlösen die Eichel mit WC-Papier<br />
abtupfen.<br />
Hände waschen nach jedem Gang aufs WC.<br />
Unterwäsche und Socken täglich wechseln.<br />
Bei Akne: Haut einmal täglich reinigen, Pickel nicht<br />
ausdrücken.<br />
Tipps für die Körperpflege von Mädchen<br />
Täglich duschen und ein mildes Deodorant benutzen.<br />
Schambereich täglich mit pH-neutraler Waschlotion<br />
waschen und mit separatem Handtuch abtrocknen.<br />
Nach dem Wasserlassen mit Toilettenpapier abtupfen.<br />
Nach dem Stuhlgang nie von hinten nach vorne<br />
wischen.<br />
Ausfluss evtl. mit Slipeinlagen auffangen, während<br />
Menstruation Tampons oder Binden verwenden.<br />
Hände waschen nach dem Gang aufs WC sowie vor<br />
und nach dem Tamponwechsel.<br />
Täglich Unterwäsche und Strümpfe wechseln.<br />
Bei Akne: Haut einmal täglich reinigen, Pickel nicht<br />
ausdrücken.<br />
Weitere Informationen und Quellen<br />
www.herzensschwester.ch<br />
www.lilli.ch<br />
www.kiknet.ch<br />
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APRIL <strong>2015</strong>61<br />
Katalog/Internet <strong>2015</strong>.
Ernährung & Gesundheit<br />
Mama, ich bin zu dick!<br />
Frauen- und Mädchenzeitschriften stellen jetzt ihre Frühlingsdiäten vor.<br />
Wie sollen Eltern reagieren, wenn die Tochter plötzlich abnehmen will? Text: Regula Thut Borner<br />
Heranwachsende<br />
Frauen in Casting-<br />
Shows, Models und<br />
Schauspielerinnen<br />
posen mit ihren<br />
getrimmten Bodys und veröffentlichen<br />
exzessive Diät- und Fitnessprogramme.<br />
Sie lassen jedes normalgewichtige<br />
Mädchen dick<br />
aussehen. Fachleute sprechen von<br />
«Fat-shaming», was bedeutet, dass<br />
Menschen unterstellt wird, dass<br />
ihr Gewicht beziehungsweise ihre<br />
Körperform nicht in Ordnung ist.<br />
Das kann, besonders bei Jugendlichen,<br />
schädliche Auswirkungen<br />
auf die Psyche haben. Diäten können<br />
die Einstiegsdroge für Essstörungen<br />
sein.<br />
Solange sich die Jugendlichen<br />
mit ihrem Gewicht wohlfühlen<br />
und Normalgewicht besteht, sind<br />
auch ein paar überschüssige Rundungen<br />
kein Grund zur Sorge. Die<br />
Entwicklung der Körperform<br />
braucht Zeit. Eine gesunde Selbstwahrnehmung<br />
ist der beste Schutz<br />
vor unüberlegten Diäten. Auch<br />
Sport kann das Selbstbewusstsein<br />
stärken. Dazu ein Elternhaus, das<br />
dem Jugendlichen die Bestätigung<br />
gibt, in Ordnung zu sein. Falls ein<br />
Kind tatsächlich übergewichtig ist,<br />
kann sich ein Gespräch mit einer<br />
Ernährungsfachperson lohnen.<br />
Ernährungsfallen<br />
Natürlich spielt das Essen eine<br />
wichtige Rolle. Statt Abhilfe in<br />
einer Diät zu suchen, kann man<br />
den Teenager motivieren, mit<br />
kleinen Anpassungen Selbstverantwortung<br />
zu übernehmen:<br />
•Langsam essen: Statt das Essen<br />
herunterschlingen sich Zeit zum<br />
Kauen nehmen. Dann merkt<br />
man auch, wenn der Körper das<br />
Signal sendet, dass er satt ist.<br />
• Überblick behalten: Ein Esstagebuch<br />
zeigt schnell auf, welche<br />
Snacks und Getränke zu Gunsten<br />
echter Genussmomente eingespart<br />
werden können.<br />
• Wissen, was man isst: Viele vermeintlich<br />
gesunde Sachen wie<br />
Knuspermüesli und Getreideriegel<br />
sind besonders zuckerund<br />
fettreich. Lieber zum zuckerfreien<br />
Müesli greifen.<br />
• Ausreichend Bewegung: Baut<br />
Muskeln auf, verbrennt Kalorien.<br />
Unterstützung anbieten<br />
Will ein Teenager abnehmen, sollten<br />
die Eltern Unterstützung<br />
anbieten, indem sie sich für die<br />
Beweggründe interessieren. Als<br />
Familie kann man sich bei dieser<br />
Gelegenheit mit den Essgewohnheiten<br />
auseinandersetzen und die<br />
verschiedenen Positionen hinterfragen.<br />
Daraus ergeben sich erfahrungsgemäss<br />
Möglichkeiten für<br />
Ernährungsänderungen, die der<br />
ganzen Familie guttun.<br />
Regula<br />
Thut Borner<br />
ist dipl. Ernährungsberaterin<br />
HF und<br />
Projektleiterin<br />
Fachbereich<br />
Ernährung<br />
bei Swissmilk.<br />
ernaehrungsberatung@<br />
swissmilk.ch<br />
www.swissmilk.ch<br />
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62 APRIL <strong>2015</strong>
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Alleinerziehen leicht gemacht.<br />
Kindgerecht.<br />
Der Schweizerische Verband alleinerziehender Mütter<br />
und Väter SVAMV engagiert sich mit Beratung und<br />
Unterstützung für Alleinerziehende und ihre Kinder.<br />
Dazu kommt Informations-, Vernetzungs- und Lobbyarbeit,<br />
um die Lebenslage von Einelternfamilien zu<br />
verbessern.<br />
Unsere Publikationen unterstützen Einelternfamilien<br />
mit kompetenten Informationen.<br />
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Naturärzte Vereinigung Schweiz
Digital & Medial<br />
Medienkompetenz<br />
ist keine Hexerei<br />
Viele Eltern befürchten, dass sie bei der rasanten technischen<br />
Entwicklung nicht mithalten und ihre Kinder daher in der<br />
Medienwelt nicht unterstützen können. Dabei übersehen sie,<br />
wie viel sie bereits richtig machen. Denn die Entwicklung<br />
von Medienkompetenz fängt sehr früh an. Text: Eveline Hipeli<br />
barskatze. Und Kinder lernen am<br />
besten, wenn sie reale Vorbilder<br />
haben, bei denen sie sich Dinge<br />
abschauen können und die für sie<br />
Ansprechpersonen darstellen. Auch<br />
die pädagogisch wertvollste App<br />
kann mit Primärerfahrungen nicht<br />
mithalten. Deshalb nimmt auch kein<br />
Vorschulkind Schaden, wenn es<br />
wenig bis gar keine Erfahrungen mit<br />
elektronischen Medien gemacht hat.<br />
Da sich die Lebenswelt des Kindes<br />
jedoch mit dem Schulanfang<br />
stetig erweitert, sollten Eltern nicht<br />
verpassen, dem Kind schrittweise<br />
den Umgang mit Medien beizubringen<br />
– angefangen beim Buch.<br />
Erst Buch, dann Smartphone<br />
Denn ja, auch ein Buch ist ein Medium.<br />
Ständig lesen wir Schlagzeilen,<br />
dass elektronische Medien süchtig<br />
machen und dass Gefahren von<br />
ihnen ausgehen. Dies prägt unser<br />
Bild von den Medien. Und unser<br />
Blick auf sie verengt sich. Dabei sind<br />
Medien vielfältig: Bücher, Zeitschriften,<br />
Zeitungen, Comics, Hörgeschichten,<br />
Radio, Musik, TV, Games,<br />
Computer, Internet – und das Ganze<br />
auch noch mobil auf Geräten in<br />
unserer Hosentasche. Ziel und<br />
Wunsch der Medienpädagogik ist es,<br />
Medien begleiten<br />
uns durch den<br />
Tag. Ob Bücher,<br />
MP3-Player,<br />
Laptop oder Tablet<br />
– wir Erwachsenen verwenden<br />
Medien in vielen Situationen. Wir<br />
informieren uns und arbeiten mit<br />
Medien, sie erleichtern uns das<br />
Leben und amüsieren uns. Medien<br />
gehören einfach dazu. Dabei halten<br />
wir selten inne, um über unser<br />
Medienverhalten nachzudenken.<br />
Das ändert sich, wenn wir Eltern<br />
werden und uns ein kleines Wesen<br />
gespannt zusieht. Wir Eltern sind<br />
Vorbilder. Auch Medienvorbilder.<br />
Natürlich möchten Eltern das<br />
Beste für ihr Kind. Es soll sich gut<br />
entwickeln, lernen und glücklich<br />
sein. Seine Welt soll von echten Dingen<br />
geprägt sein, nicht von Medien.<br />
Dieses Argument hört man oft.<br />
Doch Medien sind ein ganz normaler<br />
Bestandteil unserer Welt. Es gibt<br />
keine Lebenswelt der Kinder ohne<br />
Medien. Aber es gibt Zeiten im alltäglichen<br />
Leben des Kindes, die<br />
medienfrei gestaltet sein sollten. Je<br />
jünger ein Kind, desto wichtiger<br />
sind Primärerfahrungen: das Stapeln<br />
von Klötzchen, das Graben im<br />
Sand, das Streicheln der Nachdass<br />
Kinder in unserer von Medien<br />
durchdrungenen Welt kompetent<br />
aufwachsen. Das heisst: Der Umgang<br />
mit all diesen Medien wird idealerweise<br />
nacheinander und schrittweise<br />
erlernt.<br />
Die Medienwelt des Kindes sollte<br />
sich mit ansteigendem Alter Stück<br />
für Stück erweitern. Erst im frühen<br />
Jugendalter mit Medienbildung<br />
anzufangen, ist zu spät. Ein<br />
Mini-Computer in Form eines<br />
Smartphones ist bereits derart komplex,<br />
dass ein Kind sehr viel leisten<br />
muss, um kompetent damit umgehen<br />
zu können.<br />
Beim Thema Medienkompetenz<br />
wird es vielen Eltern mulmig. Wie<br />
sollen sie ihrem Kind den Umgang<br />
mit neuen Medien beibringen, wenn<br />
das Kind davon oft mehr versteht als<br />
die Eltern selbst? Die gute Nachricht<br />
ist: Eltern und Erwachsene können<br />
viel mehr Medienkompetenz vermitteln,<br />
als sie denken. Denn Medienkompetenz<br />
meint, dass man die<br />
Medien durchschauen lernt, ihre<br />
Absichten versteht, sie kreativ und<br />
kritisch zu nutzen weiss. Man lernt<br />
über Medieninhalte zu sprechen,<br />
sozial verantwortlich mit ihnen<br />
umzugehen und sie genussvoll einzusetzen.<br />
Klar gehört auch dazu, ein<br />
Foto: Shutterstock<br />
64 APRIL <strong>2015</strong>
Buchtipp<br />
Eveline Hipeli: Medien-Kids.<br />
Bewusst umgehen mit allen<br />
Medien – von Anfang an.<br />
Beobachter-Edition, 2014.<br />
216 Seiten, Fr. 39.90.<br />
Eltern tun gut daran,<br />
mit ihren Kindern<br />
regelmässig über<br />
Medien zu sprechen.<br />
Medium handhaben zu können.<br />
Aber Eltern müssen keineswegs alle<br />
Apps kennen, bei diversen sozialen<br />
Netzwerken angemeldet sein oder<br />
das Kind in seinem Lieblingsgame<br />
schlagen können, um Medienkompetenz<br />
zu vermitteln. Denn sie verfügen<br />
über Lebenserfahrung.<br />
Und diese Erfahrung gilt es im<br />
Gespräch weiterzugeben. Kinder<br />
erzählen gerne von ihren Lieblingsgeschichten<br />
und -spielen und stellen<br />
dabei viele Fragen. Haben Eltern ein<br />
offenes Ohr für diese Medienfragen,<br />
ergeben sich ganz ungezwungene<br />
Gespräche. Eltern wissen aus Erfahrung,<br />
dass bei der Kommunikation<br />
zwischen Menschen Missverständnisse<br />
entstehen können. Wie schnell<br />
ist etwas gesagt, was man so gar<br />
nicht gemeint hat – auch bei Whats-<br />
App und Co. Eltern haben am eigenen<br />
Leib erfahren, wie verführerisch<br />
Werbung wirken kann. Sie haben<br />
erlebt, wie man Medien alleine oder<br />
gemeinsam geniessen kann. Und sie<br />
wissen, wie gut es tut, wenn man<br />
einmal nicht erreichbar ist.<br />
Das Gespräch nicht erst suchen,<br />
wenn es um Regeln geht<br />
Ausserdem bestärkt es Kinder ungemein,<br />
wenn sie einmal Experten sein<br />
dürfen: Sei dies, wenn sie der Mutter<br />
ein Spiel auf dem Tablet erklären,<br />
oder wenn sie dem Vater erzählen,<br />
was ihre Lieblingsserienfigur so<br />
besonders macht. Eltern tun gut daran,<br />
mit ihren Kindern über Medien<br />
zu sprechen. Regelmässig und locker.<br />
Nicht erst, wenn es um Risiken, Nutzungszeiten<br />
und Regeln geht.<br />
Diese Abmachungen gehören<br />
selbstverständlich zum Familienalltag.<br />
Je jünger die Kinder, desto eher<br />
können Eltern die Nutzungszeiten<br />
und Medieninhalte kontrollieren.<br />
Medienregeln machen schon im<br />
Kleinkindalter Sinn und werden<br />
später im Idealfall gemeinsam mit<br />
den Kindern neu verhandelt. Das<br />
kann in jeder Familie etwas anders<br />
aussehen. Wichtig ist, dass die Heranwachsenden<br />
bei der Mediennutzung<br />
begleitet werden und mediale<br />
Beschäftigungen und nichtmediale<br />
Tätigkeiten in einer guten Balance<br />
stehen.<br />
Richtig eingesetzt bieten Medien<br />
viele Chancen. Medienkompetenz<br />
zu vermitteln ist nicht kompliziert,<br />
aber es braucht Zeit – im Elternhaus<br />
und von Seiten der Schule. Diese<br />
Investition in die Zukunft der Kinder<br />
lohnt sich allemal.<br />
Eveline Hipeli<br />
Dr. phil., Kommunikationswissenschaftlerin,<br />
Medienpädagogin und Autorin. Als Mutter<br />
von zwei jungen Mediennutzern kennt sie<br />
die Herausforderungen des Familienalltags.<br />
APRIL <strong>2015</strong>65
Digital & Medial<br />
Fotos: ZVG<br />
Mit den Kindern von der Autobahnbrücke hinunterwinken.<br />
Rückwinkquote: 70%. Hupquote: 5%. Jubelnde Kinder: 100 %.<br />
«Das sind Unbekannte,<br />
die dich da sehen!»<br />
Interview: Bianca Fritz<br />
Bei Younow senden vor allem Jugendliche<br />
arglos Live-Videos aus ihren Zimmern – zum<br />
Schrecken von Jugendschützern. Wir haben<br />
bei Mediendozent und Vater Rolf Deubelbeiss<br />
nachgefragt, wie Eltern damit umgehen sollten.<br />
Herr Deubelbeiss, ich habe heute Jugendlichen<br />
bei den Hausaufgaben zugesehen.<br />
Sehr spannend war das nicht. Worin liegt<br />
die Faszination von Younow?<br />
Es geht darum, sich in Szene zu setzen und<br />
etwas mitzuteilen, was man selbst relevant<br />
findet. Und via Live-Chat direkt Feedback<br />
darauf zu erhalten. Zudem ist Younow schlicht<br />
eine Kommunikationsplattform – man trifft<br />
sich und tauscht sich aus.<br />
Welche Rolle spielt es dabei, dass die Bilder<br />
live gesendet werden?<br />
Das macht eine viel direktere Interaktion<br />
möglich als zum Beispiel bei YouTube oder<br />
Facebook, wo ich Beiträge erst fertigstelle<br />
und dann poste. Das ist attraktiv und zugleich<br />
gefährlich. Es fehlt die Zeit, darüber nachzudenken,<br />
ob es eigentlich schlau ist, etwas<br />
direkt einem anonymen Publikum zu sagen.<br />
Viele vergessen auch, dass der Bildhintergrund<br />
private Informationen zeigt. Zum Beispiel den<br />
kleinen Bruder im selben Zimmer.<br />
Tweet von @froumeier<br />
Eine spannende Information für Pädophile.<br />
Ich bin erstaunt, wie leichtfertig einzelne<br />
Jugendliche Privates von sich erzählen. Jede<br />
Information, die man preisgibt, kann verletzlich<br />
machen. Dass die Adresse und die Telefonnummer<br />
nicht an die Öffentlichkeit gehören, sollte<br />
selbstverständlich sein. Bei anderen Informationen<br />
ist die Entscheidung schon nicht mehr<br />
so klar: Soll ich sagen, ob ich einen Freund<br />
habe, oder ist das zu privat? Die Herausforderung,<br />
Privates zu schützen und die Trennlinie<br />
für sich zu finden, bleibt immer dieselbe – nur<br />
das Medium ist neu.<br />
Umso wichtiger sind vermutlich Gespräche<br />
zwischen Eltern und Kindern …<br />
So ist es. Verteufeln und nur von der Gefahr<br />
zu reden bringt nichts. Fragen Sie interessiert<br />
nach! Lassen Sie sich zeigen, was daran<br />
faszinierend ist, vielleicht auch, wo man die<br />
Younow-Nutzungsregeln findet, und fragen<br />
Sie ihr Kind, was es okay findet und was nicht.<br />
So entsteht ganz automatisch ein kritisches<br />
Gespräch. Ich würde aber auch versuchen,<br />
die Altersgrenze durchzusetzen: Unter 13<br />
Jahren sollte man sich nicht auf Younow<br />
anmelden. Versuchen Sie dem Jugendlichen<br />
auch ein gesundes Misstrauen mitzugeben:<br />
«Das ist nicht einfach nur eine Kamera – das<br />
sind Unbekannte, die dich da sehen. Also<br />
solltest du ihnen auch nicht mehr verraten als<br />
Unbekannten auf der Strasse.»<br />
Zu denen sagt man im Normalfall doch<br />
gar nichts?<br />
Die Plattform hat auch Potenzial für ganz<br />
andere Inhalte. Spannende Menschen, die<br />
interessante Beiträge liefern – Meinungsmacher<br />
oder solche, die wirklich auch inhaltlich<br />
fundiert über Themen berichten möchten.<br />
ar<br />
App-Kritik:<br />
Botanicula,<br />
der fantastische<br />
Rätsel-Baum<br />
Fritz+Fränzi-App<br />
downloaden,<br />
starten, Seite<br />
scannen und Szenen<br />
aus dem Spiel<br />
Botanicula sehen.<br />
Bei Botanicula geht es darum, einen<br />
Baum von spinnenartigen Parasiten zu<br />
befreien, indem man den letzten Samen<br />
des Baumes rettet. Das ist die Mission<br />
von fünf befreundeten Baum-Tierchen.<br />
Um Rätsel zu lösen oder gesuchte Gegenstände<br />
zu finden, tippt oder wischt man<br />
sich durch eine magische und fantasievolle<br />
Welt – die ganz wundervoll gestaltet ist.<br />
Doch ist sie auch ganz schön verzweigt,<br />
im wahrsten Sinne des Wortes. Die Grafik<br />
und die Sounds der tschechischen Band<br />
DVA sind einzigartig und die App wurde<br />
mit einigen Preisen ausgezeichnet.<br />
Botanicula kommt ohne Text aus und hat<br />
eine lange Spieldauer. Hier und da ist es<br />
ziemlich knifflig, daher empfehlen wir<br />
die App ab einem Alter von 8 Jahren.<br />
Botanicula gibt es nur für das iPad und<br />
die App kostet 5 Franken.<br />
App-Kritik wurde mit freundlicher<br />
Genehmigung von ene-mene-mobile.de<br />
veröffentlicht – der Webseite für Kinder-<br />
App-Rezensionen von zwei jungen Frauen<br />
aus Berlin.<br />
66 APRIL <strong>2015</strong>
17 %<br />
der Jugendlichen schalten ihr Smartphone nachts auf lautlos oder aus.<br />
Bei einem konventionellen Handy sind es 47%. Wer im Bett digitale Medien<br />
nutzt, hat ein höheres Risiko für Schlafprobleme und Depressionen. Das<br />
fanden Psychologen der Universität Basel in einer Schülerbefragung heraus.<br />
Malala als Hörbuch<br />
Fotos: ZVG<br />
Lehrstellen<br />
via WhatsApp<br />
Auf was reagieren Jugendliche am<br />
schnellsten? Auf Nachrichten, die<br />
in ihrem WhatsApp-Ordner landen.<br />
Das macht sich der Lehrstellentreffpunkt<br />
yousty.ch zunutze<br />
und bietet neu einen besonderen<br />
Service: Wer eine Lehrstelle in<br />
einer bestimmten Berufsgruppe<br />
oder Region sucht, kann dies als<br />
Suchabo speichern. Die jeweils<br />
aktuellsten Angebote bekommt<br />
er dann aber eben nicht nur per<br />
E-Mail zugeschickt, sondern auf<br />
Wunsch via WhatsApp aufs Handy.<br />
Das soll die Reaktionszeit und die<br />
Aufmerksamkeit erhöhen, wie<br />
es im Medienkommuniqué des<br />
Anbieters heisst. Auf der Lehrstellenplattform<br />
Yousty im Internet<br />
erhält man einen Einblick in Ausbildungsberufe<br />
– und zwar von<br />
den Lernenden selbst in kurzen<br />
Videos. Ausserdem kann man<br />
sich mit wenigen Klicks für eine<br />
Schnupperlehre bewerben.<br />
www.yousty.ch<br />
Es ist unmöglich, von Malala Yousafzai,<br />
der jüngsten Trägerin des Friedensnobelpreises,<br />
nicht beeindruckt zu sein. Einer<br />
jungen Frau, die schon als Mädchen dafür<br />
gekämpft und ihr Leben riskiert hat,<br />
dass Mädchen wie sie zur Schule gehen<br />
können. Wie kann man Jugendlichen aus<br />
der Schweiz ihre Geschichte und ihre<br />
Motive näherbringen? Besonders, wenn<br />
sich diese morgens nur ungerne für die<br />
Schule aus den Federn quälen? Das<br />
geht am leichtesten mit dem Hörbuch<br />
«Malala. Meine Geschichte». Die junge<br />
Sprecherin Leonie Landa liest so authentisch,<br />
dass man Malala vor sich sieht. Die<br />
Geschichte ist so detailreich, dass man<br />
sich inmitten pakistanischer Strassen<br />
wähnt. Und dabei wird vor allem eines<br />
klar: dass Malala keine unnahbare Heldin,<br />
sondern ein ganz normales Mädchen<br />
ist, deren Lieblingssendung «Shakalaka<br />
BoomBoom» heisst und die auch schon<br />
ihre beste Freundin beklaut hat. Jeder<br />
und jede kann also Malala sein.<br />
Malala Yousafzai: Malala. Meine<br />
Geschichte. Jumbo Neue Medien,<br />
<strong>2015</strong>. Spieldauer 337 Minuten,<br />
Fr. 17.90, ab 12 Jahren<br />
ar<br />
Smartphone-Film<br />
selbstgemacht<br />
Wie nutzen Jugendliche Medien? Diese Frage<br />
beantworten sie am besten selbst. In einem<br />
Projekt von Jugendarbeitern, Sucht- und Jugendberatung<br />
bekommen 11- bis 13-Jährige die Chance,<br />
einen Kurzfilm zu drehen und zu schneiden – und<br />
das nur mit ihrem Smartphone. Darin setzen sie<br />
sich mit ihrer eigenen Mediennutzung auseinander.<br />
Der Clou: Am Ende der Projektwoche werden<br />
Eltern, Freunde und Interessierte zur Premiere der<br />
Smartphone-Filme eingeladen und dürfen den jungen<br />
Filmemachern Fragen stellen. Schliesslich<br />
sind sie die Experten. Die Projektwoche findet vom<br />
27. bis 30. April im Gemeindezentrum Riesbach in<br />
Zürich statt und die Teilnahme kostet zwischen<br />
40 und 70 Franken. Weitere<br />
Fritz+Fränzi-App<br />
laden, starten, diese<br />
Seite scannen und<br />
einen Film eines<br />
Jugendlichen über<br />
das Projekt<br />
ansehen.<br />
Informationen zum<br />
Projekt Smartfilm<br />
unter www.gz-zh.<br />
ch/gz-riesbach.<br />
Die Anmeldung ist<br />
bis zum 15. April<br />
möglich.<br />
APRIL <strong>2015</strong>67
Digital & Medial<br />
Dem Team verpflichtet<br />
Onlinespiele, die in der Gruppe gespielt werden, nehmen Kinder und Jugendliche<br />
ähnlich in Beschlag wie die Mitgliedschaft in einem Verein. Nur Eltern, die sich<br />
auskennen, können Kompromisse schliessen. Text: Marc Bodmer<br />
Im Zeitalter von Breitband-Internetanbindungen<br />
und Smartphones rückt das Online-Gaming in<br />
den Fokus besorgter Eltern. Wie bei einer Fussballmannschaft<br />
übernehmen einzelne Spieler in<br />
«League of Legends», «Guild Wars» oder im neuen<br />
Actiongame «Evolve» eine bestimmte Funktion in<br />
einer Gruppe. Gemeinsam zieht man los, um Heldentaten<br />
zu vollbringen. Und wenn jeder seine Rolle erfüllt,<br />
ist der Sieg doppelt süss. Der Wettbewerb gegen den<br />
Computer erscheint blass und langweilig, wenn man<br />
menschliche Gegner hat oder online zu einem Team<br />
gehört.<br />
Doch diese Mannschaftszugehörigkeit hat ihren<br />
Preis: Der Spieler verpflichtet sich zum Zeitpunkt x<br />
online zu sein. Also ganz ähnlich dem Fussballmatch<br />
am Wochenende. Auch hier kann sich der Torwart nicht<br />
mitten im Spiel verabschieden, weil die Mutter zum<br />
Mittagessen ruft. Doch so selbstverständlich dies beim<br />
Sport ist, so schwierig ist es, diese Regel bei Online-<br />
Foto: ZVG<br />
Marc Bodmer<br />
schreibt seit über 20 Jahren über Videospiele<br />
und ist Vater eines zehnjährigen<br />
Sohnes. Mehr unter www.marcbodmer.com<br />
Games den nichtwissenden Eltern zu vermitteln. Die<br />
Folge: immer wiederkehrende Diskussionen und Familienstreit.<br />
Die Psychologin Isabel Willemse empfiehlt Eltern<br />
solchen Herausforderungen zu begegnen, indem sie sich<br />
informieren. Eltern sollten wissen, welches Game<br />
gespielt wird und wie lange durchschnittliche Spielrunden<br />
dauern. Zurzeit wird in den Jugendzimmern vor<br />
allem der Team-Shooter «Evolve» gezockt. Als Teil eines<br />
Viererteams, bestehend aus Fallensteller, Unterstützer,<br />
Schütze und Sanitäter, jagt man ein Monster, das wiederum<br />
von einem anderen Spieler gesteuert wird. Nur<br />
eine eingespielte Mannschaft hat eine Chance gegen das<br />
wachsende Ungetüm. Ist das Tier erst einmal ausgewachsen,<br />
werden die Jäger zu den Gejagten.<br />
«In Evolve online gegen andere Spieler anzutreten,<br />
kann eine Menge Druck erzeugen. In der Offline-Version<br />
kann jeder das gesamte Spiel auch alleine mit oder<br />
gegen die künstliche Intelligenz spielen», sagt Chris<br />
Ashton, der Mitgründer der Turtle Rock Studios, die<br />
«Evolve» entwickelt haben. Eine durchschnittliche<br />
Online-Spielrunde dauert 10 Minuten. Solche Häppchen<br />
lassen sich weit besser in den Alltag einfügen als<br />
Einsätze in Online-Rollenspielen, die sich über Stunden<br />
hinziehen können. Wenn Eltern solche Spielcharakteristika<br />
kennen, können sie entsprechende Regeln mit<br />
ihren Kindern vereinbaren. Auf diese Weise lässt sich<br />
Ärger am einfachsten vermeiden.<br />
Evolve, Turtle Rock Studios,<br />
ab 16 Jahren, Xbox One,<br />
Playstation 4 und Windows PC<br />
68 APRIL <strong>2015</strong>
Digitaler Knigge<br />
Vor über 200 Jahren schrieb Adolph Freiherr von Knigge<br />
«Über den Umgang mit Menschen». Wir zitieren daraus<br />
Ratschläge und übersetzen sie für die Kommunikation<br />
von Heranwachsenden im Netz. Text: Michael In Albon<br />
Foto: Martin Sigmund / plainpicture<br />
Knigge schrieb 1788: Jeder Mensch<br />
gilt in dieser Welt nur so viel, als<br />
wozu er sich selbst macht.<br />
Für die Gegenwart bedeutet dies:<br />
Kommunizieren mit Bild ist beliebt<br />
– per Skype oder Instagram etwa.<br />
Machen Sie Ihrem Kind bewusst,<br />
dass der Chatpartner damit auch<br />
einen Einblick in seine Privatsphäre<br />
erhält. Je nachdem wie der Computer<br />
steht, sieht das Gegenüber also<br />
den zugemüllten Schreibtisch, das<br />
One-Direction-Poster an der Wand,<br />
den Teddy auf dem Stuhl oder die<br />
verstreute schmutzige Wäsche.<br />
Wer unteilnehmend, ohne Sinn für<br />
Freundschaft, Wohlwollen und<br />
Liebe, nur sich selber lebt, der<br />
bleibt verlassen, wenn er sich nach<br />
fremdem Beistande sehnt.<br />
Das Netz scheint anonym, ist es aber<br />
nicht – gegenüber sitzt ein Mensch.<br />
Erklären Sie Ihrem Kind: «Auch<br />
wenn du den anderen weder sehen<br />
noch anfassen kannst, kommuniziere<br />
so mit ihm, als stündest du ihm<br />
gegenüber – höflich, anständig und<br />
mit derselben Vorsicht, die du bei<br />
einem Fremden auf der Strasse an<br />
den Tag legst.»<br />
Belästige nicht die Leute, mit<br />
welchen du umgehst, mit unnützen<br />
Fragen.<br />
Oft sind wir zu faul, selbst eine Antwort<br />
zu finden. Wer schon ein Forum<br />
besucht hat, stellt fest: Fast immer<br />
gibt es einen Nutzer, der einen Teilnehmer<br />
darauf hinweist, dass seine<br />
Frage bereits besprochen und behandelt<br />
worden ist. Darum: die vorhandenen<br />
Möglichkeiten ausschöpfen,<br />
bevor man via Mail, Forum, Kommentar<br />
und soziale Netzwerke digitalen<br />
Abfall produziert.<br />
Vorsichtigkeit ist im Schreiben<br />
noch weit dringlicher als im Reden<br />
zu empfehlen […]. Ein einziges<br />
hingeschriebenes unauslöschliches<br />
Wort […] hat manches Menschen<br />
Ruhe und oft auf immer den Frieden<br />
einer Familie zerstört.<br />
Geben Sie Ihrem Kind folgenden<br />
Ratschlag auf den Weg: «Verfasse<br />
deine Beiträge in Ruhe und lies sie<br />
noch einmal aufmerksam durch,<br />
bevor du sie postest. Denn ist das<br />
Geschriebene erst einmal im Netz,<br />
kannst du es oft nicht mehr löschen<br />
oder korrigieren.»<br />
Ist Ihr Kind wütend oder verletzt?<br />
Dampf ablassen hilft, und die<br />
Antwort niederzuschreiben, ist eine<br />
Möglichkeit dafür. Dann aber tief<br />
durchatmen und den Text mindestens<br />
zwei Stunden ruhen lassen, besser<br />
über Nacht. Oft erübrigt es sich<br />
dann, den Text zu posten oder zu<br />
versenden. Denn schon das Schreiben<br />
hat heilende Wirkung.<br />
Bei offiziellen Nachrichten an die<br />
Schule oder den Arbeitgeber gilt<br />
zudem die Rechtschreibung. Dabei<br />
hilft es, einen Text noch einmal auf<br />
Papier zu lesen, auch wenn das nach<br />
vorgestern klingt. Kleingeschriebene<br />
Substantive und ganze Wörter in<br />
Grossbuchstaben sind tabu. Ersteres<br />
ist mühsam zu lesen und Letzteres<br />
wirkt, als würde man den Empfänger<br />
anschreien.<br />
Strebe nach Vollkommenheit, aber<br />
nicht nach dem Scheine der<br />
Vollkommenheit und Unfehlbarkeit!<br />
Sammelt Ihr Kind Likes? Das tut<br />
zwar durchaus gut, sagt aber nichts<br />
über Freundschaft aus. Vermitteln<br />
Sie Ihrem Kind, dass es für echte<br />
Freundschaft mehr braucht als einen<br />
Mausklick. Man kann mit «digitalen»<br />
Freunden an gemeinsamen<br />
Projekten arbeiten und so Nähe und<br />
Einmaligkeit schaffen – mit einem<br />
Wechselroman oder einem Fotoduell<br />
zum Beispiel.<br />
Michael In Albon<br />
ist Jugendmedienschutz-Beauftragter<br />
von Swisscom.<br />
Auf Medienstark finden Sie Tipps und interaktive<br />
Lernmodule für den kompetenten Umgang mit<br />
digitalen Medien im Familienalltag.<br />
swisscom.ch/medienstark<br />
APRIL <strong>2015</strong>69
Service<br />
Auf und davon<br />
In die Berge? Oder auf den Bauernhof? Mit dem Planwagen oder lieber mit dem Velo?<br />
Das Angebot an Familienreisen ist riesig. Fritz+Fränzi zeigt Ihnen die neusten Trends.<br />
Und sagt, worauf Sie bei der Planung achten müssen. Text: Virginia Nolan Fotos: Swiss-Image<br />
Aktivferien<br />
stehen bei<br />
Familien hoch<br />
im Kurs.<br />
Familien mit Kindern machen Lärm, haben<br />
Sonderwünsche, und obendrein sitzt ihnen<br />
der Geldbeutel nicht ganz so locker. Umso<br />
mehr erstaunt es, wie die Tourismusbranche<br />
sie dieser Tage umgarnt. Prospekte für Familienferien<br />
flattern ins Haus, in Bahnhofshallen hängen<br />
Plakate, von denen selig Mutter, Vater und Kind lächeln<br />
– beim Biken, Wandern oder Sandburgenbauen. «Reiseanbieter<br />
haben Familien als Zielpublikum neu entdeckt»,<br />
sagt Damian Pfister, Vizedirektor bei der Reka.<br />
«Lange waren sie aufgrund ihrer geringen Kaufkraft<br />
uninteressant. Heute gibt es immer mehr Familien, die<br />
für ihre Ferien tiefer ins Portemonnaie greifen.» Die<br />
Reka merkt dies laut Pfister etwa an der steigenden Zahl<br />
an Konkurrenten: «Früher konnten wir ein Feriendorf<br />
eröffnen, und es funktionierte fast überall. Das ist nicht<br />
mehr so einfach. Alle buhlen um Familien.» Diesen Eindruck<br />
bestätigt Schweiz Tourismus (ST). «Es ist eine<br />
eher neue Entwicklung, dass Familien so begehrt sind»,<br />
sagt Sprecher Alain Suter. Als weitere gute Nachricht<br />
hält er bereit, dass auch die Angebote fürs kleine Budget<br />
so vielfältig wie nie seien. In der Tat: Ich kenne keine<br />
Familie, die sich Ferien nicht leisten könnte. Aber dafür<br />
zahlreiche, die sich darüber den Kopf zerbrechen, wie<br />
70 APRIL <strong>2015</strong>
der ideale Urlaub aussehen soll. Im Dschungel der Möglichkeiten<br />
eine gescheite Wahl zu treffen, darin scheint<br />
für uns Glückliche die Herausforderung zu liegen.<br />
Fritz+Fränzi leistet an dieser Stelle Entscheidungshilfe<br />
– mit Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Thema<br />
Familienferien.<br />
Wohin geht’s?<br />
Das, was die anderen treiben, beeinflusst auch unsere<br />
Konsumentscheidungen. Beim Reisen ist das nicht<br />
anders – und offenbar ist der Katzensprung ein Trend.<br />
Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so<br />
nah? 2013 waren 64 Prozent der Familien, die in der<br />
Schweiz Ferien machten, Einheimische. Das besagt der<br />
«Tourismus Monitor Schweiz 2013», eine Umfrage von<br />
Schweiz Tourismus, an der 14 000 Feriengäste teilnahmen.<br />
Zudem zeige sich, sagt Sprecher Suter, dass Familien<br />
ihre Ferien vermehrt «auf eigene Faust gestalten»,<br />
etwas entdecken wollten, ohne dass sie jemand dazu<br />
anleite. Ähnliches ergibt die Nachfrage beim Reiseveranstalter<br />
Hotelplan Suisse. «Pauschalreisen werden weniger<br />
gebucht», sagt Sprecherin Prisca Huguenin-dit-<br />
Lenoir, «der Wunsch nach Individualität ist gross.» Und:<br />
Hotelplan Suisse zählt über 40 Prozent Kunden, die mit<br />
dem Auto verreisen.<br />
Was passt zu uns?<br />
«Familien wollen zurück zur Natur», da ist sich ST-<br />
Sprecher Suter sicher, «der Bio-Lifestyle liegt voll im<br />
Trend.» Wenn Ihnen da jemand aus der Seele spricht,<br />
freuen Sie sich, denn es gibt eine ganze Menge von Ferienangeboten<br />
im Grünen. Die umfassendste Übersicht<br />
bietet www.agrotourismus.ch mit sämtlichen Übernachtungsmöglichkeiten<br />
auf Schweizer Bauernhöfen, vom<br />
Schlafplatz im Stroh bis zur komfortabel eingerichteten<br />
Ferienwohnung.<br />
Eine weitere Möglichkeit, Tiere und Natur hautnah<br />
zu erleben, sind Ferien mit Pferd und Planwagen. Der<br />
Veranstalter www.eurotrek.ch bietet das Abenteuer im<br />
Jura und im Ausland an. Die Familie bereist mit Pferd<br />
und Wagen eine Route ihrer Wahl und lernt mit ein paar<br />
Kniffen das Kutscherhandwerk. Geschlafen und gegessen<br />
wird bei Bauernfamilien.<br />
Wem die Rösser nicht geheuer sind, der setzt auf den<br />
Drahtesel. Spezialisten in Sachen Familien-Veloferien<br />
sind www.baumeler.ch oder www.twerenbold.ch. Beim<br />
Anbieter www.swisstrails.ch ist der Gepäcktransport<br />
inklusive, Kooperationspartner sind unter anderem<br />
Schweizer Ferien-Bauernhöfe, die sportlichen Familien<br />
ein gemütliches Nachtlager bieten.<br />
Auch auf Sonnenhungrige wartet eine Riesenauswahl,<br />
buchbar etwa auf www.hotelplan.ch oder<br />
www.tui.ch. Am günstigsten sind Pauschalreisen, im<br />
Preis inbegriffen sind wahlweise nur Flug und Übernachtung<br />
oder gleich jeder Drink an der Bar. Im Allinclusive-Resort<br />
wird die Rasselbande dauerbespasst<br />
und ist irgendwann so hundemüde, dass den Eltern nur<br />
noch der Job bleibt, sie ins Bett zu schaffen. Das gibt<br />
Müttern und Vätern mehr Freiraum – den aber nicht<br />
alle geniessen können, weil in manchem Familienresort<br />
die Betriebsamkeit einer Bahnhofshalle herrscht.<br />
Wer bestimmt?<br />
Der Spass der Kinder steht zuoberst auf der Prioritätenliste,<br />
die Erholung der Eltern zuunterst. Dies legt eine<br />
Umfrage der deutschen Ferienhausvermittlung FeWodirekt<br />
nahe, die letztes Jahr 1800 Mütter zu ihren Sommerferien<br />
befragte. 60 Prozent der Frauen war es am<br />
wichtigsten, dass die Kinder glücklich sind, nur ein<br />
Drittel von ihnen dachte auch an die eigene Erholung,<br />
und magere 13 Prozent erhofften sich etwas Zweisamkeit<br />
mit dem Partner. Tobias Wann, Deutschland-Chef von<br />
FeWo-direkt, erklärt: «Familien befinden sich im ständigen<br />
Spagat zwischen Beruf, Schule, Kinderbetreuung<br />
und Hausarbeit. Sie haben nur wenige Gelegenheiten,<br />
das Zusammenleben ausgiebig zu zelebrieren. Ein<br />
Urlaub ermöglicht es ihnen.» Die Beweggründe sind<br />
nachvollziehbar, doch wenn Eltern dasselbe erwartet<br />
wie zu Hause – kochen, putzen, alles im Auge behalten<br />
– sind Spannungen vorprogrammiert.<br />
Ein schlauer Mittelweg bei erschöpflichem Budget<br />
könnten zum Beispiel Ferien in einem Reka-Dorf sein.<br />
Da hat sich in Sachen Wohnkomfort viel getan, und<br />
vielerorts gibt es noch mehr Entlastungsangebote für<br />
Eltern. Dazu gehören neben der kostenlosen Kinderbetreuung<br />
neuerdings auch gastronomische Angebote für<br />
alle, die nicht selbst kochen wollen. Auch viele Schweizer<br />
Jugendherbergen haben sich ein neues Kleid >>><br />
Erleben Familien im Urlaub<br />
dasselbe wie zu Hause, sind<br />
Spannungen vorprogrammiert.<br />
APRIL <strong>2015</strong>71
Service<br />
Für Sparfüchse lohnt sich ein<br />
Besuch bei unseren<br />
Nachbarn in Österreich.<br />
>>> verpasst und dürften vor allem Teenager begeistern.<br />
Um- oder neugestaltete Häuser wie in Gstaad, Basel<br />
oder Saas-Fee sind die Würfe gefeierter Architekten.<br />
Grosses Design für kleines Geld – auch darin kann für<br />
Eltern ein Mehrwert liegen.<br />
Was darf es kosten?<br />
Der Preis bleibt für Schweizer eines der Hauptkriterien,<br />
wenn es um Ferien geht. Das zweitwichtigste sogar, wenn<br />
es nach dem «Tourismus Monitor Schweiz 2013» geht.<br />
Familien geben diesem zufolge rund zehn Prozent weniger<br />
aus als der Durchschnittstourist, die meisten von<br />
ihnen zwischen 50 und 99 Franken pro Tag. Auch der<br />
Reiseveranstalter Hotelplan Suisse analysierte 2012 die<br />
Ausgabebereitschaft von Familie Schweizer und kam auf<br />
3000 Franken pro Jahr, die eine vierköpfige Familie mit<br />
einem Monatseinkommen von 4500 Franken für Ferien<br />
ausgeben kann. Dem Durchschnittsschweizer liegt der<br />
gute Deal am Herzen. Geht es Ihnen genauso, kommen<br />
Sie leider nicht umhin, das Internet zu durchforsten.<br />
Unsere Tipps (siehe Box 1) erleichtern dieses Unterfangen.<br />
Für Sparfüchse lohnt sich ausserdem ein Besuch bei<br />
unseren Nachbarn: Gemäss Angaben von Österreich<br />
Tourismus etwa sind Ferien für Schweizer rund 20<br />
Prozent billiger geworden, seit der fixe Franken-Wechselkurs<br />
zum Euro aufgehoben wurde. Schöne Angebote<br />
finden Familien auf www.familien-kinderhotels.at oder<br />
www.austria.info/familienferien. Unter dem Motto<br />
«Bachbett statt iPad» etwa erleben Gross und Klein die<br />
Natur mit allen Sinnen, machen Feuer und baden in<br />
Wildbächen, und auf Wunsch geht’s mit dem Wildnis-<br />
Pädagogen ab in den Wald, wo die Kinder Tiere beobachten<br />
und lernen, deren Spuren zu lesen.<br />
Was heisst kinderfreundlich?<br />
Früher waren Kinder ein lästiges Anhängsel, heute<br />
bezeichnen Touristiker sie als Gäste von morgen. Das<br />
ist schön – wer böse Überraschungen vermeiden will,<br />
tut trotzdem gut daran, seinen Gastgeber im Vorfeld<br />
unter die Lupe zu nehmen. Mit dem Gütesiegel «Swiss<br />
Family Hotels» etwa dürfen sich nur Häuser schmücken,<br />
die Sie mitsamt Rasselbande willkommen heissen – und<br />
die für diese auch ausgerüstet sind. Ausserdem hat der<br />
Schweizer Tourismus-Verband bisher 21 Ferienorte als<br />
familienfreundlich gekürt, sie tragen das Label «Fami-<br />
Günstig reisen – Preisvergleich im Netz<br />
Reiseanbieter, Flüge, Hotels:<br />
www.swodoo.ch, www.holidaycheck.ch,<br />
www.tripadvisor.de, www.myswitzerland.com/<br />
preiswert<br />
Ferienwohnungen:<br />
www.reka.ch, www.interhome.ch, www.novasol.ch,<br />
www.vacando.ch, www.e-domizil.ch,<br />
www.interchalet.de, www.tripadvisor.de,<br />
www.ferienschnaeppchen.com<br />
Jugendherbergen und Hostels:<br />
www.hostelworld.com, www.gomio.com,<br />
www.tripadvisor.de<br />
Kinder wollen<br />
im Urlaub Spass<br />
haben – und<br />
etwas erleben.<br />
72 APRIL <strong>2015</strong>
lien willkommen» und garantieren eine familienfreundliche<br />
Infrastruktur im Dorf, zu der Kinderbetreuung,<br />
vielfältige Erlebnismöglichkeiten und preiswerte Pauschalangebote<br />
gehören. Hotels und Ferienorte sind einsehbar<br />
auf www.myswitzerland.com/familien.<br />
Was gibt’s für Alleinerziehende?<br />
«Mama/Papa hat Vortritt» heisst das Angebot, mit dem<br />
die Reka alleinerziehenden Müttern und Vätern mit<br />
Kindern ab drei Jahren günstige Ferien ermöglicht. Auch<br />
im malerisch über dem Bodensee gelegenen Seminarhotel<br />
Sonneblick Walzenhausen (www.sonneblick-walzenhausen.ch)<br />
sind Einelternfamilien willkommen. Viel<br />
Abenteuer für kleines Geld gibt’s ausserdem im Singleparentshouse<br />
Amden (www.singleparentshouse.ch), wo<br />
Eltern und Kinder mitten im Wander- und Skigebiet<br />
wohnen. Wer in die Ferne schweifen möchte, findet<br />
neuerdings auch beim Reiseveranstalter Hotelplan Suisse<br />
Arrangements für Alleinerziehende.<br />
Anregungen geben die Portale www.familienleben.ch,<br />
www.freizeit.ch oder die kostenlose App «Family Trips»<br />
von Schweiz Tourismus mit über 1200 Ausflugszielen,<br />
zum Herunterladen auf www.myswitzerland.com/<br />
mobile. Im Kanton Zürich warten auch die lokalen Verkehrsbetriebe<br />
mit einer aufschlussreichen Webseite auf:<br />
www.ausflugstipps.zvv.ch. Viel zu erleben gibt’s ausserdem<br />
am Hallwilersee, wo die Sozialpädagogin Christine<br />
Güttinger die Seite www.momo-erlebnisse.ch betreibt<br />
und Familien aussergewöhnliche Erlebnisse in der Natur<br />
ermöglicht. Für Tagesausflüge mit dem Velo lohnt sich<br />
ein Blick auf www.velokids.ch. Die Routen sind allesamt<br />
familienfreundlich.<br />
>>><br />
Auf der nächsten Seite lesen Sie<br />
im Interview mit RTL-Urlaubsretter<br />
Ralf Benkö, wie Familienferien gelingen.<br />
Virginia Nolan<br />
Wie gelingen Ferien zu Hause?<br />
Auch Ferien auf Balkonien machen Spass, wenn die<br />
Eltern gute Ausflugsideen auf Lager haben. Tolle<br />
dachte einmal, dass sich Familienferien<br />
und Erholung ausschliessen. Der Erstversuch<br />
mit Kind und Hund ist aber gut gelungen.<br />
Damit Sie Ihr Ziel nicht aus den Augen verlieren:<br />
Wir unterstützen die Zürcher Wanderwege.<br />
www.zkb.ch/wanderprogramm<br />
Jetzt Wanderprogramm in einer unserer Filialen holen<br />
und Wanderungen vom einfachen Spaziergang bis<br />
zur anspruchsvollen Bergtour geniessen.<br />
APRIL <strong>2015</strong>73
Service<br />
«Gute Vorbereitung<br />
ist die halbe Miete!»<br />
Als «Urlaubsretter» hilft er Touristen, für die der Familien- zum Horrortrip<br />
ausartete. Ralf Benkö aus der RTL-Serie rät Familien, aufs Kleingedruckte<br />
zu achten, wenn sie ihre Ferien buchen. Interview: Virginia Nolan<br />
Herr Benkö, wie sieht für Sie der<br />
perfekte Familienurlaub aus?<br />
«Perfekt» liegt im Auge des Betrachters.<br />
Mit unseren Kindern, die sind<br />
jetzt fünf und acht Jahre alt, ging es<br />
zuletzt vor allem ins All-inclusive-<br />
Familienhotel. Das war praktisch,<br />
weil wir vieles, was die Kinder benötigen,<br />
nicht mitschleppen mussten.<br />
Dieses Jahr verreisen wir erstmals<br />
individueller: Wir wollen ein Ferienhaus<br />
buchen. Grundsätzlich finde<br />
ich Familienferien dann gelungen,<br />
wenn jeder auf seine Kosten kommt.<br />
Wie stellt man das an?<br />
Gute Vorbereitung ist die halbe Miete.<br />
Dazu gehören einerseits Gespräche,<br />
bei denen jedes Familienmitglied<br />
seine Wünsche äussern darf,<br />
andererseits eine gute Recherche.<br />
Dabei kommen Sie leider nicht ums<br />
Kleingedruckte herum: Wenn laut<br />
Katalog ein «beheizbarer» Kinderpool<br />
vor Ort ist, heisst das nicht, dass<br />
er auch beheizt wird. Je nach Destination<br />
ist das egal, es kann uns aber<br />
auch eine Erkältung bescheren, die<br />
im Urlaub niemand will. Gleichermassen<br />
wird der viel gepriesene<br />
«Kinderklub» zum Reinfall, wenn<br />
Eltern erst vor Ort erfahren, dass er<br />
nur sporadisch geöffnet hat – oder<br />
wenn sie merken, dass ihr Kind sich<br />
mit dem Betreuungspersonal nicht<br />
verständigen kann. Es lohnt sich<br />
also, Ferienangebote im Internet<br />
unter die Lupe zu nehmen, besonders<br />
ihre Bewertung durch andere<br />
Gäste auf Portalen wie Holidaycheck<br />
oder Tripadvisor zu studieren.<br />
Schlechte Vorbereitung ist ein häufiger<br />
Grund für Ärger im Urlaub.<br />
Als Urlaubsretter in der gleichnamigen<br />
RTL-Serie helfen Sie Familien, für<br />
die der Urlaub zum Horrortrip wurde.<br />
Wir sehen schmuddelige Hotels, vergammeltes<br />
Essen, abgezockte Gäste –<br />
und nehmen an, dass Fernsehen eben<br />
übertreiben muss.<br />
Da täuschen Sie sich. Der Markt für<br />
Familienferien ist stark gewachsen,<br />
die Zahl der Anbieter förmlich<br />
explodiert. Längst nicht alle, die tollen<br />
Familienurlaub versprechen,<br />
können das auch halten. Die einen<br />
verfügen nicht über alle Angebote,<br />
die sie anpreisen, anderen fehlt das<br />
Geld, diese richtig instand zu halten.<br />
Manche Hotels lassen Wasserspielgeräte<br />
wie Rutschen einbauen – und<br />
vernachlässigen deren Wartung.<br />
Letztes Jahr führten wir in der Türkei<br />
einen Test durch: Bei fünf von sieben<br />
Hotels stiessen wir in den Pools auf<br />
Mängel, die unter Umständen hätten<br />
lebensgefährlich sein können.<br />
Zudem fanden wir lose Leitern,<br />
Schäden an Rutschen oder defekte<br />
Lampen unter Wasser.<br />
Da vergeht einem die Lust auf Ferien.<br />
Man soll nicht gleich in Panik verfallen.<br />
Es kommt sehr selten zu<br />
schlimmen Zwischenfällen, doch<br />
jeder ist einer zu viel. Eben: Wer sich<br />
im Vorfeld gut informiert, kann viel<br />
Ärger vermeiden. Und so manches<br />
hängt ja auch nicht vom Veranstalter<br />
oder vom Hotel ab. Es ist auch an<br />
den Eltern, die Reise so zu gestalten,<br />
dass sie für alle interessant wird.<br />
Klub-Besucher etwa können ihren<br />
Urlaub aufpeppen, indem sie sich<br />
nicht permanent im Resort aufhalten,<br />
sondern auch einmal ausserhalb<br />
der Anlage etwas unternehmen. Ob<br />
es dazu Möglichkeiten gibt, sollten<br />
sie im Vorfeld abklären. Wer auf das<br />
Rahmenprogramm im Familienhotel<br />
verzichten will, kann den Kindern<br />
trotzdem die Möglichkeit bieten,<br />
sich ab und zu unter ihresgleichen<br />
zu tummeln – etwa mit einem<br />
Besuch im Wasserpark. Eine gute<br />
Lösung kommt zustande, wenn jeder<br />
versucht, sich auch einmal in den<br />
anderen hineinzuversetzen.<br />
Urlaubsretter<br />
Gibt’s Probleme in den Ferien?<br />
Der Urlaubsretter steht Familien<br />
zur Verfügung: Schreiben Sie ein<br />
E-Mail an urlaubsretter@rtl.de.<br />
Ralf Benkö<br />
hat in der Hauptferienzeit besonders viele<br />
Aufträge. Daher verreist er mit seiner Frau<br />
und den zwei Töchtern nur zu Randzeiten.<br />
74 APRIL <strong>2015</strong>
Hilft Ihrem Kind sich...<br />
GRossartig<br />
Rund um die uhr<br />
zu fühlen!<br />
Unübertroffener<br />
Schutz bei<br />
Bettnässen<br />
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ihr Gratismuster<br />
auf drynites.ch<br />
Nachthöschen<br />
APRIL <strong>2015</strong>75<br />
® Registered trademark Kimberly-Clark Worldwide, Inc. © 2014 KCWW
Service<br />
2 3<br />
Was tun im April?<br />
1 Mit dem Mut der Verzweiflung<br />
England 1850, Zeit der Industrialisierung. Vom Stiefvater in<br />
das stinkende, sumpfige und rauchige London verdingt,<br />
kämpft das Waisenkind David Copperfield um seine<br />
Lebensträume. Er flieht zu seiner schrulligen, aber weisen<br />
Tante Betsy, die ihm rät: «Wir müssen das Unglück müde<br />
machen.» Schafft es David trotz der widrigen Umstände,<br />
seinen Platz in der Welt zu finden? Ein Stück über den Mut<br />
der Verzweiflung und die innere Kraft, stets für seine Ziele zu<br />
kämpfen – und eine zauberhafte Geschichte für alle Träumer<br />
ab 10 Jahren. Ort: Schlachthaus Theater Bern, Rathausgasse<br />
20, Bern Datum: 25., 26. April, 17. Mai Zeit: 16 Uhr Preis:<br />
Erwachsene 20, Kinder 10 Franken Informationen:<br />
www.schlachthaus.ch VERLOSUNG: Zu gewinnen sind<br />
2 mal 2 Karten (mindestens für ein Kind und einen<br />
Erwachsenen) für den 17.5. per E-Mail bis 20. April an:<br />
redaktion@fritzundfraenzi.ch mit dem Stichwort «David».<br />
2 Für kleine und grosse Köche<br />
Schleckermäuler aufgepasst: Kochen fördert die Kreativität,<br />
ist je nach Zutat gesund – und macht Spass! Gemeinsam<br />
lernen Kinder im Primarschulalter in diesem Ferien-Workshoptag<br />
viel über gesunde Ernährung, kochen leckere<br />
Gerichte und geniessen anschliessend die vielen Leckereien.<br />
Auf dem Speiseplan stehen selbstgemachte Teigwaren mit<br />
Tomatensauce oder Indianertätschli, aber auch Kinderpartyhits<br />
wie Gemüselollis, Drachenfutter oder ein Früchtefondue.<br />
Hier verderben viele Köche garantiert nicht den Brei.<br />
Ort: Kinderküche für Gross und Klein, Wachtgasse 5, Adliswil<br />
Datum: 20. April Zeit: 11 bis 13 Uhr Preis: 55 Franken<br />
Informationen: www.diekinderküche.com<br />
3 Die Sage von der Teufelsbrücke –<br />
eine musikalische Erzählung<br />
Wer kennt sie nicht, die Schweizer Sage von der Teufelsbrücke? Die wilde<br />
Schöllenenschlucht im bergigen Uri war so eng und steil, dass es trotz wiederholter<br />
Versuche nicht gelang, eine Brücke über die Reuss zu bauen. Da riefen die<br />
Urner den Teufel zu Hilfe. Und noch heute liegt sein Stein unten im Tal, nahe beim<br />
Dorf Göschenen. Ist es also wirklich nur eine Legende? Die richtigen Worte findet<br />
der Teufel persönlich, die Klänge dazu liefern die Musiker um die Sängerin<br />
Constance Jaermann. Und die Geschichte, die die Musik erzählt, geht manchmal<br />
weit über den Text hinaus. Dann wird da auf der Bühne des Gemeindezentrums<br />
Buchegg noch etwas aufgebaut. Das wird doch nicht etwa die Teufelsbrücke<br />
sein? Ort: Zürcher Gemeinschaftszentren GZ Buchegg, Bucheggstrasse 93,<br />
Zürich Datum: 15. April Zeit: 15 Uhr Preis: Erwachsene 20, Kinder 10 Franken<br />
Informationen: www.gz-zh.ch<br />
4 Burgherren aufgepasst!<br />
Der Burgherr ist auf Reisen und braucht einen Stellvertreter.<br />
Auf diesem Posten ist viel Wissen und Können gefragt. Hast<br />
du das Zeug dazu? Dann beweise es! Burgfräulein<br />
Melanie Hunziker – ihres Zeichens Kulturvermittlerin<br />
– nimmt dich mit auf ihren Parcours durchs<br />
Schloss Frauenfeld und zusammen löst ihr<br />
kniffelige Aufgaben rund um das Thema<br />
Mittelalter. Eine abenteuerliche Zeitreise für<br />
Kinder von neun bis zwölf Jahren. Ort:<br />
Historisches Museum Thurgau, Schloss<br />
Frauenfeld, Frauenfeld Datum: 16. April<br />
Zeit: 14 bis 16 Uhr Preis: 7 Franken Anmeldung:<br />
historisches.museum@tg.ch oder Telefon 058 345 73 80<br />
Informationen: www.museum-fuer-kinder.tg.ch<br />
1<br />
6 Basel<br />
35<br />
Augst<br />
Bern<br />
7<br />
Brig<br />
76 APRIL <strong>2015</strong>
Im Frühling zieht es Familien ins Freie,<br />
aber auch indoor wird ihnen einiges<br />
geboten, etwa ein Kochkurs für kleine<br />
Schleckmäuler, Klangerzählungen<br />
oder die Film-Highlights der<br />
Zauberlaterne. Doch die Begegnung<br />
mit einem Geist, die findet besser<br />
unter freiem Himmel statt.<br />
5 6<br />
Fotos: ZVG<br />
5 Auf zum Rätselrundgang<br />
Oh je! Auf den alten Grabsteinen in der Römerstadt Augusta Raurica<br />
ist nichts mehr zu entziffern. Doch solange der Verstorbene keinen<br />
Namen hat, findet sein Gespenst einfach keine Ruhe. Es benötigt<br />
ganz dringend deine Hilfe. Denn gemeinsam könnt ihr das Rätsel um<br />
den verschwundenen Namen lösen. Auf einem spannenden Rätselrundgang<br />
durch die antike Stadt weisen Duftspuren dabei den Weg.<br />
Die Schachteln, in denen die mysteriösen Gerüche eingefangen<br />
wurden, liegen bereits an der Museumskasse bereit. Ein grosser<br />
Spass für Kinder im Primarschulalter! Ort: Römerstadt Augusta<br />
Raurica, Giebenacherstrasse 17, Augst Datum: 1. Mai bis 23. Dezember<br />
Zeit: geöffnet täglich 10 bis 16 Uhr (ausser mittwochs), der<br />
Rundgang dauert etwa 1 Stunde Preis: 5 Franken Informationen:<br />
www.augustaraurica.ch<br />
6 Aladin und die Wunderlampe<br />
Ach, Aladin, du hast es schwer! Da ist ein Zauberer, der<br />
mit Hilfe der Zauberlampe alle Macht der Erde an sich<br />
reissen möchte, ein Sultan, der sich von einer Unmenge<br />
Edelsteinen blenden lässt, und ein Grosswesir, der alles<br />
hintertreiben möchte, und als wäre das nicht schon<br />
anstrengend genug, kreuzt auch noch ein Geist deinen<br />
Weg zum Herzen der Prinzessin. Und der kann selbst<br />
das Unmögliche möglich machen. Eine verzwickte<br />
Geschichte, gegossen in ein liebevoll gestaltetes<br />
Bühnenstück aus 1001 Nacht – abtauchen lohnt sich<br />
für die ganze Familie! Ort: Theater Fauteuil, Spalenberg<br />
12, Basel Datum: 18., 19. April Zeit: 15 Uhr Preis: Kinder<br />
ab 20 Franken, Erwachsene ab 25 Franken<br />
Informationen: www.fauteuil.ch<br />
3<br />
2<br />
Zürich<br />
Adliswil<br />
4 Frauenfeld<br />
Wo ist was? Unsere<br />
Freizeit-Tipps auf der<br />
Schweizer Karte.<br />
7 Ein Fall für die Borger<br />
Es sind Perlen der Filmgeschichte, die der Kino-Club Zauberlaterne<br />
Kindern und Jugendlichen zeigen möchte, um ihnen die Kunstform<br />
Film nahezubringen. Jedes Jahr bieten die Cineasten daher Kindern<br />
von 6 bis 12 Jahren ein neues Programm von neun Filmen zu einem<br />
erschwinglichen Preis. Die Vorführungen werden spielerisch pädagogisch<br />
eingerahmt: Vor der Vorstellung erhalten alle Mitglieder eine<br />
illustrierte Klubzeitschrift, die sie auf den jeweiligen Film vorbereitet.<br />
Im Kinosaal führt eine Moderation die jungen Zuschauer in den<br />
jeweiligen Film ein. Fragen werden beantwortet, Figuren diskutiert. Die<br />
nächste Vorstellung wird in Brig gegeben. Wer kein Jahres-Club-Abo<br />
gelöst hat, kann trotzdem kommen und sich von Peter Hewitts «Ein Fall<br />
für die Borger» verzaubern lassen. Ort: Kino Capitol, Furkastrasse 14,<br />
Brig Datum: 15. April Zeit: 13.45 Uhr Veranstaltungsbeginn (14 Uhr<br />
Film) Preis: 10 Franken Informationen: www.magic-lantern.org<br />
APRIL <strong>2015</strong>77
Service<br />
Vielen Dank der<br />
an die Partner und Sponsoren<br />
Stiftung Elternsein:<br />
Finanzpartner Hauptsponsoren Heftsponsor<br />
Dr. iur. Ellen Ringier<br />
Walter Haefner Stiftung<br />
Rozalia Stiftung<br />
Credit Suisse AG<br />
UBS AG<br />
Aon Risk Solution Schweiz AG<br />
Credit Suisse AG<br />
Impressum<br />
15. Jahrgang. Erscheint 10-mal jährlich<br />
Inhaltspartner<br />
Stiftungspartner<br />
Herausgeber<br />
Stiftung Elternsein,<br />
Seehofstrasse 6, 8008 Zürich<br />
www.elternsein.ch<br />
Präsidentin des Stiftungsrates:<br />
Dr. Ellen Ringier, ellen@ringier.ch,<br />
Tel. 044 400 33 11<br />
(Stiftung Elternsein)<br />
Geschäftsführer: Thomas Schlickenrieder,<br />
ts@fritzundfraenzi.ch, Tel. 044 261 01 01<br />
Verlag<br />
Fritz+Fränzi,<br />
Dufourstrasse 97, 8008 Zürich,<br />
Tel. 044 277 72 62,<br />
info@fritzundfraenzi.ch,<br />
verlag@fritzundfraenzi.ch,<br />
www.fritzundfraenzi.ch<br />
Verlagsadministration: Brigitte Guerra,<br />
b.guerra@fritzundfraenzi.ch,<br />
Tel. 044 277 72 62<br />
Verlagsassistentin: Éva Berger,<br />
e.berger@fritzundfraenzi.ch,<br />
Tel. 044 277 72 67<br />
Redaktion<br />
redaktion@fritzundfraenzi.ch<br />
Chefredaktor: Nik Niethammer,<br />
n.niethammer@fritzundfraenzi.ch<br />
Leo Truniger (Stv.),<br />
l.truniger@fritzundfraenzi.ch<br />
Bianca Fritz,<br />
b.fritz@fritzundfraenzi.ch<br />
Evelin Hartmann,<br />
e.hartmann@fritzundfraenzi.ch<br />
Dr. Eveline von Arx (wissenschaftliche Beratung),<br />
e.vonarx@fritzundfraenzi.ch<br />
Onlineredaktion:<br />
Irena Ristic, i.ristic@fritzundfraenzi.ch<br />
Redaktionelle Mitarbeit<br />
Helena Barth, Michèle Binswanger, Marc<br />
Bodmer, Martina Bortolami, Lavinia<br />
E. Damian, Susan Edthofer, Elisabeth<br />
Eggenberger, Eveline Hipeli, Sabine Hunziker,<br />
Michael In Albon, Susanne Kurz, Virginia<br />
Nolan, Franziska Peterhans, Petra Seeburger,<br />
Susanna Steimer Miller, Jürgen Steiner,<br />
Regula Thut Borner<br />
Bildredaktion<br />
13 Photo AG, Zürich, www.13photo.ch<br />
Korrektorat<br />
Brunner AG, Kriens, www.bag.ch<br />
Anzeigen<br />
Anzeigenverkauf: Brigitte Killias,<br />
b.killias@fritzundfraenzi.ch,<br />
Tel. 044 277 72 60 (vormittags erreichbar)<br />
Jacqueline Zygmont,<br />
j.zygmont@fritzundfraenzi.ch,<br />
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Bettina Müller,<br />
b.mueller@fritzundfraenzi.ch,<br />
Tel. 044 577 06 88<br />
Anzeigenadministration: Brigitte Guerra,<br />
b.guerra@fritzundfraenzi.ch,<br />
Tel. 044 277 72 62<br />
Druck<br />
Oberndorfer Druckerei, Circle Printers,<br />
www.oberndorfer-druckerei.com,<br />
www.circleprinters.eu<br />
Auflage<br />
(WEMF/SW-beglaubigt 2013)<br />
total verbreitet 1<strong>03</strong> 381<br />
davon verkauft 17 206<br />
Preis<br />
Jahresabonnement Fr. 62.–<br />
Einzelausgabe Fr. 7.50<br />
iPad Fr. 3.–<br />
Abo-Service<br />
Galledia Verlag AG Berneck<br />
Karin Schwarz<br />
Tel. 0800 814 813, Fax 058 344 92 54<br />
abo.fritzundfraenzi@galledia.ch<br />
Institut für Familienforschung und -beratung<br />
der Universität Freiburg, www.unifr.ch/iff<br />
Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz,<br />
www.lch.ch<br />
Jacobs Foundation,<br />
www.jacobsfoundation.org<br />
Forum Bildung, www.forumbildung.ch<br />
Elternnotruf, www.elternnotruf.ch<br />
Pro Juventute, www.projuventute.ch<br />
Hochschule für Heilpädagogik, Zürich, www.hfh.ch<br />
Schweizerische Vereinigung der Elternorganisationen<br />
SVEO, www.sveo.ch<br />
Marie-Meierhofer-Institut für das Kind,<br />
www.mmizuerich.ch<br />
Schule und Elternhaus Schweiz,<br />
www.schule-elternhaus.ch<br />
Pädagogische Hochschule Zürich, www.phzh.ch<br />
Schweizerischer Verband alleinerziehender Mütter<br />
und Väter, SVAMV, www.svamv.ch<br />
Ein ElternForum, www.einelternforum.ch<br />
Pro Familia, www.profamilia.ch<br />
Art Direction/Produktion<br />
Partner & Partner, Winterthur,<br />
www.partner-partner.ch<br />
Für Spenden<br />
Stiftung Elternsein, 8008 Zürich<br />
Postkonto 87-447004-3<br />
IBAN: CH40 0900 0000 8744 7004 3<br />
Schweizerisches Institut für Kinder- und<br />
Jugendmedien SIKJM, www.sikjm.ch<br />
Kinderlobby Schweiz, www.kinderlobby.ch<br />
78 APRIL <strong>2015</strong>
Buchtipps<br />
Delly ist ein lautes<br />
Energiebündel mit<br />
eigener Sicht auf<br />
die Dinge – und<br />
lernt allmählich<br />
dem Schweigen<br />
zuzuhören.<br />
Olivia ist doch<br />
keine Prinzessin!<br />
Ian Falconers<br />
eigenwilliges<br />
Schweinemädchen<br />
Olivia<br />
ist deprimiert: Alle ihre Freundinnen<br />
wollen Prinzessinnen sein – dabei<br />
gibt es doch nichts Langweiligeres!<br />
Olivia jedenfalls hat grössere Pläne.<br />
Oetinger 2014, Fr. 19.90,<br />
ab 4 Jahren<br />
Fotos: ZVG<br />
Brav und angepasst war einmal. Mädchenfiguren<br />
in Kinder- und Jugendbüchern gehen selbstbewusst und<br />
voller Energie durchs Leben und bieten Rollenmodelle<br />
für Leserinnen, die sich nichts vormachen lassen.<br />
Pippis kleine Schwestern<br />
Pippi Langstrumpf ist<br />
schon eine alte Dame –<br />
fast 70 Jahre ist es her,<br />
seit die patente, freche<br />
und völlig autonome<br />
Heldin ihren Einzug in die Kinderzimmer<br />
hielt und das Bild vom<br />
angepassten, lieben Mädchen in der<br />
Kinderliteratur gehörig durcheinanderbrachte.<br />
Seither hat Pippi zum Glück viele<br />
kleine Schwestern erhalten, ja die<br />
Kinder- und Jugendliteratur strotzt<br />
geradezu von starken Mädchenfiguren.<br />
Delly beispielsweise, die Heldin<br />
in Katherine Hannigans Kinderroman<br />
«Die Wahrheit, wie Delly sie<br />
sieht», sprüht vor Energie und Kreativität<br />
– was sich auch in ihrer Sprache<br />
niederschlägt, die sie ganz nach<br />
Die Wahrheit, wie Delly sie sieht<br />
Gutdünken anpasst, so dass es im<br />
Anhang ein «Dellexikon» braucht.<br />
Diese Delly rutscht von einem<br />
«ADellteuer» ins nächste und sorgt<br />
für mehr Chaos, als ihr selbst lieb<br />
ist. Wie Pippi will sie eigentlich nur<br />
helfen, was ihr aber nie ganz so<br />
gelingt, wie sie es sich eigentlich<br />
vorgestellt hat. Doch dann nähert<br />
sie sich langsam dem neuen Mädchen<br />
in der Klasse an, das so ganz<br />
anders ist als Delly: verschlossen<br />
und unnahbar.<br />
Trotz einer nicht ganz einfachen<br />
Thematik ist die Geschichte einer<br />
Freundschaft mit viel Charme und<br />
Liebenswürdigkeit erzählt – «fantabelhaft»,<br />
wie Delly sagen würde.<br />
Katherine<br />
Hannigan:<br />
Die Wahrheit,<br />
wie Delly sie sieht.<br />
Hanser 2014,<br />
Fr. 22.90,<br />
ab 11 Jahren<br />
Wildhexe<br />
Wildhexen sind<br />
starke Frauen<br />
mit besonderen<br />
Begabungen –<br />
das Mädchen<br />
Clara ist eine<br />
davon und erlebt<br />
in dieser erfrischenden,<br />
humorvollen Serie von<br />
Lene Kaaberbøl fantastische Abenteuer<br />
mit wilden Tieren.<br />
Bisher 5 Bände. Hanser 2014/<strong>2015</strong>,<br />
Fr. 19.90, ab 10 Jahren<br />
So rot wie Blut<br />
– So weiss wie<br />
Schnee<br />
Die Finnin Salla<br />
Simukka<br />
zeichnet in den<br />
zwei bis jetzt<br />
erschienenen<br />
Bänden der<br />
Thriller-Trilogie mit der Heldin<br />
Lumikki die Figur einer toughen,<br />
unabhängigen, scharf analysierenden<br />
Jugendlichen.<br />
Arena 2014/<strong>2015</strong>, Fr. 22.90,<br />
ab 14 Jahren<br />
Verfasst von Elisabeth Eggenberger,<br />
Mitarbeiterin des Schweizerischen<br />
Instituts für Kinder- und Jugendmedien<br />
SIKJM. Auf www.sikjm.ch sind<br />
weitere Buchempfehlungen zu finden.<br />
APRIL <strong>2015</strong>79
Pro & Kontra<br />
Ein Haustier fürs Kind?<br />
Fritz+Fränzi-Redaktorin<br />
Bianca Fritz hätte immer<br />
gerne auf einem<br />
Bauernhof gelebt.<br />
Studentin Helena<br />
Barth wohnt mit ihrem<br />
Freund und ohne Tiere<br />
in Basel.<br />
Pro<br />
Mein erstes Kaninchen habe ich mit drei Jahren an<br />
einer Losbude gewonnen. Der Hoppler hatte leider<br />
ein kurzes Leben: Er war ein Freigänger und hat<br />
giftige Friedhofsblumen verspeist. Trotzdem glaube<br />
ich, dass mit ihm alles anfing. Denn wie viele Kinder<br />
lag ich meinen Eltern ständig wegen Haustieren in<br />
den Ohren. Mit Erfolg: Ein Kaninchen nach dem<br />
anderen zog bei uns ein. Ich lernte dabei, Verantwortung<br />
zu übernehmen. Denn Füttern und Stallsäubern<br />
waren meine Aufgaben. Dafür durfte ich<br />
stundenlang kraulen und dem Hasi bei Liebeskummer<br />
das Fell nassheulen. Tiere machen einfach<br />
glücklich, davon bin ich überzeugt. Und wenn ich<br />
mich mal nicht genug kümmerte, hatte das sofort<br />
Konsequenzen und unser Hase zog bei Opa ein.<br />
Eine schwere Strafe, weil dieser weit weg wohnte<br />
und sich die beiden beneidenswert gut verstanden.<br />
Daraus habe ich gelernt: Seit ich ausgezogen bin,<br />
wurde jede Haustieranschaffung bis ins kleinste<br />
Detail durchdacht. Was zur Folge hatte, dass ich als<br />
Berufstätige mit kleiner Wohnung lange nur Hamster<br />
haben konnte. Erst vor einem halben Jahr habe<br />
ich einen Hund in mein Leben gelassen – nach 2,5<br />
Jahren Planung und Vorbereitung. Ich behaupte<br />
mal, so verantwortungsbewusst gehen einige Menschen<br />
nicht einmal das Kinderkriegen an.<br />
Kontra<br />
Viele wundern sich, dass ich beim Thema Haustiere<br />
eine so strenge Meinung vertrete. Ich besass nie ein<br />
Haustier. Das bedeutet aber nicht, dass ich Tiere<br />
nicht mag. Und nein, ich habe auch keine Tierhaarallergie.<br />
Als Kind wünschte ich mir eine Katze. Meine<br />
Eltern waren dagegen. Als mein Bruder ein<br />
Meerschweinchen wollte, stimmten sie zu. Da er<br />
schon 16 war, würde er die Verantwortung für vier<br />
Meerschweinchen übernehmen können – dachten<br />
meine Eltern. Ein Fehler, wie sich schnell herausstellte.<br />
Denn bald fütterten meine Eltern die Tiere<br />
und kamen für die Kosten auf. Als mein Bruder<br />
letzten Sommer von zu Hause auszog, liess er die<br />
Meerschweinchen bei meinen Eltern. Ich glaube,<br />
Kinder und Jugendliche können schlecht abschätzen,<br />
wie viel Arbeit ein Haustier mit sich bringt.<br />
Zudem ist der Wunsch nach einem Hamster oder<br />
einem Meerschweinchen oft egoistisch geprägt.<br />
Wenn man sich nicht mehr um das Tier kümmern<br />
will, bringt man es einfach ins Tierheim. Das geht<br />
doch nicht. Ein Haustier ist wie ein Familienmitglied;<br />
so sollte es auch behandelt werden. Ich werde<br />
keine Haustiere halten – und ich werde es auch meinen<br />
Kindern nicht erlauben. Falls sie sich als<br />
Erwachsene für einen Hund oder eine Katze entscheiden,<br />
müssen sie sich selber um sie kümmern.<br />
80 APRIL <strong>2015</strong>
Service<br />
1001 Adressen<br />
Sie finden noch<br />
mehr Adressen auf<br />
www.fritzundfraenzi.ch<br />
Die wichtigsten Institutionen, Stellen und Vereine, die Eltern informieren<br />
und unterstützen – von Kinderbetreuung über Rechtshilfe bis Suchtberatung.<br />
opferhilfe-sg.ch<br />
www.opferhilfe-sg.ch<br />
Beratungsstelle<br />
Nottelefon für<br />
Frauen – gegen<br />
sexuelle Gewalt<br />
Postfach, 8026 Zürich<br />
Tel. 044 291 46 46<br />
Fax 044 242 82 14<br />
info@frauenberatung.ch<br />
www.frauenberatung.ch<br />
TELEFONNUMMERN<br />
FÜR DEN NOTFALL<br />
143<br />
•Die Dargebotene<br />
Hand<br />
agredis.ch –<br />
gewaltberatung<br />
Unterlachenstrasse 12<br />
6005 Luzern<br />
Tel. 041 362 23 33<br />
Hotline 078 744 88 88<br />
Fax 041 361 20 30<br />
gewaltberatung@agredis.ch<br />
www.agredis.ch<br />
Elternnotruf Aargau<br />
Beratungsstelle bei<br />
Erziehungsfragen,<br />
Überforderung<br />
und Kindsmisshandlung<br />
Tel. 0848 35 45 55<br />
24h@elternnotruf.ch<br />
www.elternnotruf.ch<br />
Elternnotruf<br />
Region Zug<br />
Beratungsstelle bei<br />
Erziehungsfragen,<br />
Überforderung<br />
und Kindsmisshandlung<br />
Tel. 0848 35 45 55<br />
24h@elternnotruf.ch<br />
www.elternnotruf.ch<br />
Elternnotruf +<br />
Beratungsstelle<br />
Region Zürich<br />
Beratungsstelle bei<br />
Erziehungsfragen,<br />
Überforderung<br />
und Kindsmisshandlung<br />
Weinbergstrasse 135<br />
8006 Zürich<br />
Tel. 0848 35 45 55<br />
24h@elternnotruf.ch<br />
www.elternnotruf.ch<br />
Internet- und<br />
SMS-Seelsorge<br />
per SMS an 767<br />
per E-Mail an<br />
seelsorge@seelsorge.net<br />
www.seelsorge.net<br />
Kinder- und Jugendnotruf<br />
St. Gallen<br />
Kinderschutzzentrum<br />
St. Gallen<br />
Tel. 071 243 77 77<br />
www.kjn.ch<br />
Pro Juventute<br />
Beratung<br />
+ Hilfe 147<br />
Telefon, SMS, Chat,<br />
Thurgauerstrasse 39<br />
Postfach, 8050 Zürich<br />
Tel. 147, www.147.ch<br />
Schweizerisches<br />
Toxikologisches<br />
Informationszentrum<br />
Tel. 044 251 51 51<br />
Hotline 145<br />
www.toxi.ch<br />
Sorgentelefon<br />
Tel. 044 261 21 21<br />
Verein<br />
Tele-Hilfe Basel<br />
Bruderholzallee 167<br />
4059 Basel<br />
NOTRUF 143<br />
Tel. 061 367 90 90<br />
Fax 061 367 90 95<br />
basel@143.ch<br />
www.basel.143.ch<br />
OPFERHILFESTELLEN<br />
BENEFO-STIFTUNG<br />
•Fachstelle Opferstelle<br />
Thurgau<br />
Zürcherstrasse 149<br />
8500 Frauenfeld<br />
Tel. 052 723 48 26<br />
(Erwachsene)<br />
Tel. 052 723 48 23 (Kinder)<br />
benefo@benefo.ch,<br />
www.benefo.ch<br />
Beratungsstelle<br />
Frauenhaus Region Biel<br />
Für weibliche Opfer von<br />
häuslicher Gewalt<br />
Kontrollstrasse 12<br />
25<strong>03</strong> Biel<br />
Tel. <strong>03</strong>2 322 <strong>03</strong> 44<br />
info@solfemmes.ch<br />
www.solfemmes.ch<br />
Beratungsstelle<br />
Gewaltbetroffene<br />
Frauen<br />
•Fachstelle der<br />
Stiftung Opferhilfe<br />
SG/AI/AR<br />
Teufenerstrasse 11<br />
9001 St. Gallen<br />
Tel. 071 227 11 44<br />
beratungsstelle.frauen@<br />
Beratungsstelle<br />
Opferhilfe<br />
•Fachstelle der<br />
Stiftung Opferhilfe<br />
SG/AI/AR<br />
Teufenerstrasse 11<br />
9001 St. Gallen<br />
Tel. 071 227 11 00<br />
Fax 071 227 11 09<br />
beratungsstelle.opfer<br />
hilfe@opferhilfe-sg.ch<br />
www.opferhilfe-sg.ch<br />
Beratungsstelle<br />
für Opfer von<br />
Straftaten<br />
Seftigenstrasse 41,<br />
3007 Bern<br />
Tel. <strong>03</strong>1 372 30 35<br />
beratungsstelle@opfer<br />
hilfe-bern.ch<br />
www.opferhilfe-bern.ch<br />
Eckbankgarnitur<br />
Grenada<br />
Kinderstuhl<br />
798.-<br />
Stuhl<br />
Prag<br />
9. 90<br />
Wickergarnitur Riviera<br />
Wickergarnitur Chile<br />
Gestell Aluminium<br />
69.-<br />
889.-<br />
998.-<br />
Gestell Aluminium<br />
Wickergarnitur Sambia<br />
Wickergarnitur Chicago<br />
898.-<br />
498.-<br />
APRIL <strong>2015</strong>81<br />
Riesenauswahl. Immer. Günstig.<br />
ottos.ch
Im Mittelpunkt<br />
Die Herrin der Ringe<br />
Text: Bianca Fritz<br />
In der Mitte von Nemeas Handteller klafft eine<br />
dunkelrote Wunde – eine aufgeplatzte Blase.<br />
«Zeig mal!», fordert ihr kleiner Bruder und ergreift<br />
dann mit einem «Ihhh, wähh!» die Flucht. Nemea<br />
zuckt mit den Schultern. «Das ist doch normal.<br />
Manchmal platzt so eine Blase auch mitten in<br />
der Übung auf. Aber dann muss man halt die<br />
Nummer trotzdem fertig machen.» Die 13-Jährige<br />
ist hart im Nehmen. Die Nummer weiterzumachen<br />
bedeutet: Einige Meter über dem Boden in einem<br />
Ring zu turnen, der von einem rauen Band<br />
um wickelt ist. Seit drei Jahren ist Nemea Günter<br />
aus Burg im Leimental eine Artistin. Zu Beginn<br />
hat sie im Jugendcircus Basilisk bei Bodennummern<br />
mitgemacht, aber ihr war immer klar, dass<br />
sie in die Luft will. Und der Luftreifen war ihre<br />
Traumnummer. Sie trainiert einmal die Woche,<br />
und bevor sie dann in den Sommerferien jeden<br />
Abend auftritt, gibt es noch intensivere Trainingswochen.<br />
Während den Aufführungen übernachten<br />
die Kinder im Lager – fernab von zu Hause.<br />
«Für manche ist das komisch mit zwölf Leuten<br />
im Zimmer, aber ich bin ja gewohnt, dass viel<br />
los ist», sagt Nemea, die fünf Geschwister hat.<br />
Heimweh habe sie nicht. Und Aufregung? «Ja,<br />
aber positiv», sagt die 13-Jährige. «Wenn du im<br />
Licht stehst und alle Leute dich anschauen, das<br />
ist wirklich toll.» Und das gibt auch Selbstbewusstsein<br />
für Auftritte mit der Geige – denn<br />
Geigenspielen ist Nemeas zweites Hobby.<br />
www.circusbasilisk.ch<br />
Foto: Cortis & Sonderegger / 13 Photo<br />
82 APRIL <strong>2015</strong>
Im Mittelpunkt<br />
APRIL <strong>2015</strong>83
Im Mittelpunkt<br />
Endlich bekomme ich,<br />
was ich von einer<br />
Anlageberatung erwarte.<br />
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84 APRIL <strong>2015</strong>