Kolpingmagazin 01-02 2015
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JUNGE ERWACHSENE<br />
Neben ihren Umzugskartons hatte Ramona für ihren Neuanfang in Köln vor allem eines im Gepäck:<br />
eine große Portion Zuversicht.<br />
machen, dass so ein Neuanfang ein langer<br />
Prozess ist.“ Ein Neubeginn, das betont er,<br />
bedeute immer auch, sich in Geduld zu<br />
üben: „Wenn du heute eine Kochausbildung<br />
anfängst, bist du morgen kein Sternekoch.“<br />
Ramona hat die erste Zeit in Köln gut<br />
überstanden. Als Studentin, sagt sie, lernt sie<br />
schnell neue Leute kennen. „Aber es dauert<br />
natürlich eine Weile, bis echte Freundschaften<br />
entstehen.“ Die Dinge realistisch zu betrachten<br />
und keine überzogenen Erwartungen<br />
zu haben – auch das sind wichtige<br />
Komponenten für einen gelungenen Neustart.<br />
Nach ihrem Studium in Mainz hat es Ramona<br />
in eine größere Stadt gezogen, nun<br />
studiert sie im ersten Semester soziale Arbeit<br />
an der katholischen Hochschule in<br />
Köln. Ursprünglich wollte die Studentin<br />
nach der Zwischenstation in Mainz in ihr<br />
Heimatdorf zurückkehren, doch nach und<br />
nach hatte sie gemerkt, dass es sie in die<br />
Großstadt zieht. Aufgewachsen ist sie vor<br />
den Toren Saarbrückens in Ensheim, einem<br />
3500-Seelen-Dorf. Heute lebt die 22-Jährige<br />
in einer Stadt, die knapp dreihundertmal so<br />
viele Einwohner hat. „Ich habe da schon<br />
eine ziemlich große Entwicklung durchgemacht“,<br />
sagt sie.<br />
Einem Neuanfang geht immer auch eine<br />
Reifezeit voraus, er steht nicht nur für den<br />
Beginn, sondern eben auch für das Ende eines<br />
Lebensabschnitts. Abhängig von der jeweiligen<br />
Vorgeschichte kann dies als erleichternd<br />
oder auch als traurig wahrgenommen<br />
werden. Gerade bei holprigen oder unfreiwilligen<br />
Neuanfängen ist der sehnsuchtsvolle<br />
Blick zurück – und nicht selten auch das<br />
tückische Idealisieren der Vergangenheit –<br />
eine gemeine Begleiterscheinung.<br />
Das Rezept, was Reza Sadr gegen solche<br />
Sorgen hat, lautet Reden. Als die kritischste<br />
Phase für einen Neuanfang sieht er die ersten<br />
drei Monate, es dauere, bis neue Routinen<br />
entstünden. Ramona hat den anfänglichen<br />
Eingewöhnungsprozess schon hinter<br />
sich, den Weg zur Hochschule kennt sie<br />
längst im Schlaf und auch sonst fühlt sie<br />
sich schon heimisch in Köln. Doch obwohl<br />
sie einen blitzsauberen Neustart hingelegt<br />
hat, gibt sie zu: „Klar, auch bei mir gab es<br />
den Moment, als ich in der neuen Wohnung<br />
in der fremden Stadt auf meiner Couch saß<br />
und dachte: und jetzt?“ Es fühlt sich nicht<br />
immer alles prickend an, wenn man die eigene<br />
Komfortzone verlässt und neue Schritte<br />
wagt, es geht nie einfach nur steil nach<br />
oben. Weiter – und das steht außer Frage –<br />
geht es allerdings immer.<br />
Offenbar auf dem richtigen Weg: Ramona fühlt<br />
sich gut, wenn sie durch Köln läuft.<br />
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