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RCKSTR MAG. # 130 | DEZ. 2015 / JAN. 2016<br />

rckstr.ch<br />

32<br />

Neue<br />

Alben<br />

► VON DER RCKSTR-REDAKTION GNADENLOS GETESTET<br />

Sprechgesellschaftskritiksang<br />

Alligatoah<br />

„Ich habe mit einem Holzlöffel<br />

gegen einen Kochtopf geschlagen.“<br />

Musik ist keine Lösung<br />

(Trailerpark)<br />

Mit dem dritten Longplayer „Triebwerke“ katapultierte sich Alligatoah ins Radio und auf<br />

die bedeutenden Festivalbühnen. Fürs neue Album „Musik ist keine Lösung“ sind die<br />

Themen grösser geworden – und der Wortwitz ist gleich gut geblieben. (shy)<br />

an müsse 2015 nicht unbedingt in Krisen-<br />

gefunden. „Ich bilde mir nicht ein, dass ich hiermit<br />

Mgebiete reisen, um Futter für sozialkriti-<br />

die Welt verändere oder einen Anspruch auf eine<br />

sche Texte zu bekommen. „Um diese<br />

allgemein gültige Lösung hätte“, betont er, „es ist<br />

Themen zu finden, reicht heutzutage wahrscheinlich<br />

wichtig zu erkennen – und das ist auch irgendwo<br />

auch ein Blick auf eine Facebook-Timeline“, sagt<br />

die Kernaussage des Albums –, dass sich niemand<br />

Lukas Strobel, „das ist ein ebenso guter Spiegel von<br />

ausnehmen kann von menschlichen Eigenschaften<br />

dem, was Menschen beschäftigt und dem, was eine<br />

wie Heuchelei und Widersprüchlichkeiten. Auch ich<br />

Gesellschaft ankotzt und eben auch von dem, was<br />

mich selbst nicht.“ Musik sei vielmehr eine Hilfe,<br />

eine Gesellschaft auskotzt.“ Auf seinem vierten<br />

um etwas zu verstehen oder auch einfach<br />

Alligatoah-Studioalbum „Musik ist keine Lösung“<br />

verarbeiten zu können.<br />

erweitert er den Blickwinkel, bewegt sich weg von<br />

Apropos Musik: Die ist diesmal so alternativ-<br />

der zwischenmenschlichen hin zur gesellschaftlihiphoppig<br />

wie noch nie, die melodieverliebten<br />

chen Ebene. „Lass liegen“ beleuchtet das Wegwerf-<br />

Lieder sind voller Synthies und Gitarren sowie<br />

denken und den Umweltschutz: „Hörst du nicht den<br />

Soundeffekte, die Alligatoah im Wald aufgenommen<br />

Vogel singen? / Er zwitschert Lobeshymnen / Auf<br />

hat, wo er in der Abgeschiedenheit am neuen<br />

die See, in der sogar die Fische oben schwimmen“.<br />

Material arbeitete. „Ich möchte nicht zu viel<br />

„Doktor spielen“ rechnet mit dem Gesundheits-<br />

verraten“, entgegnet er auf die Frage, wo auf der<br />

system ab: „Als ich gesehen hab', wie Menschen<br />

Platte diese Geräusche zu hören sind, „ aber beim<br />

ohne Doktor einfach sterben / Da habe ich<br />

Song ‚Lass liegen' habe ich mit einem Holzlöffel<br />

beschlossen reich zu werden“. Und „Vor Gericht“<br />

gegen einen Kochtopf geschlagen und das wurde<br />

thematisiert, wie schnell wir uns über Nichtigkeiten<br />

dann zur Snare-Drum im Refrain.“ Spielerein, klar<br />

aufregen: „Ist es kälter als in den Wetterberichten /<br />

und musikalisch passiert nichts Weltbewegendes,<br />

Komm' ich mit rechtlichen Schritten.“<br />

aber „Musik ist keine Lösung“ ist auch kein<br />

Alligatoah zeigt dabei nie mit nacktem Finger auf<br />

klassisches Album zum Hören, sondern eines<br />

angezogene bzw. überhaupt auf Leute, sondern<br />

zum Zuhören, zum Schmunzeln und manch-<br />

weist mit viel Augenzwinkern auf Probleme und<br />

mal sogar zum Nachdenken.<br />

Missstände hin, hält den Spiegel vor, der ihm<br />

±Wer das mag, mag auch: Prinz Pi „Kompass<br />

8 wiederum von Facebook-Timelines vorgehalten<br />

ohne Norden“, Die Orsons „What's Goes?“,<br />

wird. Denn wer offen kritisiert, müsste auch<br />

K.I.Z. „Hurra die Welt geht unter“<br />

Lösungen anbieten und wie der Plattentitel schon<br />

è28.2. X-TRA (Zürich)<br />

„Axiom“ verrät, hat der Berliner diese selbst (noch) nicht<br />

Austauschbarer Synthpop<br />

Ellie Goulding<br />

Delirium<br />

(Polydor/Universal)<br />

Bei der Ankündigung<br />

von<br />

„Delirium“<br />

sagte Ellie<br />

Goulding, dass<br />

dies ihr grosses<br />

Popalbum werden solle – was<br />

waren dann bitteschön die<br />

beiden tollen und erfolgreichen<br />

Vorgänger „Lights“ (2010) und<br />

„Halcyon“ (2012)? Vielleicht<br />

meinte die Engländerin damit<br />

auch einfach, dass sie sich dank<br />

der Zusammenarbeit mit den<br />

Hit-Songwritern Greg Kurstin,<br />

Ryan Tedder und Max Martin<br />

dem Charts-Einerlei annähern<br />

will, was ihr auch teilweise<br />

gelungen ist. Klar, ohne eine<br />

gute Stimme wie die von Ellie<br />

funktioniert selbst die beste<br />

Melodie nicht und das Material<br />

hier ist Qualitätsarbeit, keine<br />

Frage, nur fehlt es ihm leider<br />

an Persönlichkeit. (shy)<br />

±Wer das mag, mag auch: Carly<br />

Rae Jepsen „Emotion“, Demi<br />

Lovato „Confident“,<br />

CHVRCHES „Every Open<br />

Eye“<br />

è28.2. Hallenstadion (Zürich)<br />

Düsterpomp<br />

IAMX<br />

Metanoia<br />

5<br />

(Caroline/Universal)<br />

Zum elfjährigen Bestehen<br />

seines Soloprojekts IAMX<br />

kehrt Chris Corner mit elf<br />

neuen Songs zurück – düster<br />

wie immer, stärker denn je.<br />

„Metanoia“ bedeutet so viel<br />

wie „jemandes Meinung<br />

ändern“ und so begibt sich<br />

der Londoner auf die Suche<br />

nach dem menschlichen<br />

Geist in der Dunkelheit.<br />

Musikalisch irgendwo<br />

zwischen Industrial, Dark-<br />

Cabaret und Oper einzuordnen,<br />

beschränkt sich IAMX<br />

hier auf Synthesizer,<br />

minimale Beats und die unglaubliche<br />

Fülle seiner<br />

Stimme – und beweist damit,<br />

dass seine Musik auch ohne<br />

visuelle Stimulation<br />

funktioniert. (vlct)<br />

±Wer das mag, mag auch:<br />

Dave Gahan „Hourglass“,<br />

Placebo „Meds“, Archive<br />

9

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