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FachDienst - Aufklären und Beraten

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•<br />

Schwules<br />

ill<br />

Netzwerl< NRW e.V.<br />

Aufklaren <strong>und</strong> <strong>Beraten</strong><br />

Beitrage aus der Praxis der schwulen Selbstorganisation.<br />

Eine VerOffentlichung des Schwulen Netzwerks NRW e.V.


Schwules Netzwerk<br />

NRW e.V.<br />

Impressum<br />

<strong>FachDienst</strong> - Schwules Netzwerk NRW e.V.<br />

Beitrage aus der Praxis der schwulen Selbstorganisation.<br />

Hg. Schwules Netzwerk NRW e.V.<br />

Koln 2002<br />

ISSN 1617-8718<br />

Redaktion<br />

Markus Chmielorz, Steffen Schwab eV.i.S.d.P.)<br />

Autoren<br />

Stefan Timmermanns - Stefan.Timmermanns@schwul-nrw.de<br />

Michael Mayerle - MichaeI.Mayerle@schwul-nrw.de<br />

Postanschrift:<br />

Schwules Netzwerk NRW e.V.<br />

Hohenzollernring 48<br />

50672 Koln<br />

Telefon: 0221/2572847<br />

Telefax: 0221/2572848<br />

www.schwul-nrw.de<br />

schwul@netcologne<br />

Gefordert aus Mitteln des Ministeriums fur Ges<strong>und</strong>heit, Soziales,<br />

Frauen <strong>und</strong> Fami/ie des Landes Nordrhein-Westfalen


® Vorwort<br />

von Markus Chmielorz<br />

1m Kontext anderer europaischer Lander hat es in<br />

Folge der Gesetzesvorhaben der rot-grLinen B<strong>und</strong>esregierung<br />

auch in Deutschland wesentliche politische<br />

<strong>und</strong> gesellschaftliche Veranderungen fUr Lesben <strong>und</strong><br />

Schwule gegeben. Der Fokus verschiebt sich: weg<br />

von einer nur kompensatorisch wirkenden Politik, die<br />

sich gegen tradierte <strong>und</strong> fortbestehende Diskriminierungen<br />

richtet, hin zu einer aktiv gestaltenden, sich<br />

bffnenden Minderheitenpolitik, die selbstverstandlich<br />

gleiche BLirgerlnnenrechte fUr Lesben <strong>und</strong> Schwule einfordert<br />

<strong>und</strong> von ihnen ausgeht.<br />

Die zweite Ausgabe des <strong>FachDienst</strong>es widmet sich<br />

zwei Praxisfeldern - Schule <strong>und</strong> psychosoziales Versorgungssystem<br />

-, in denen die strukturelle Diskriminierung<br />

Homosexueller auf Gr<strong>und</strong> der Wirksamkeit der<br />

normativen Vorstellungen in Tradition der burgerlichen<br />

Familie lange anhielt.<br />

Erst in den letzten Jahren wurde diese strukturelle<br />

Diskriminierung, die Nicht-Sichtbarkeit lesbischer <strong>und</strong><br />

schwuler Lebensformen aufgebrochen: 1m Bereich<br />

Beratung hat die Landesregierung NRW in Folge<br />

ihres Arbeitsprogramms "Antidiskriminierungspolitik"<br />

ein Modellprojekt "Psychosoziale Beratung fUr Lesben,<br />

Schwule <strong>und</strong> deren Angehbrige in NRW" unter dem<br />

Dach des Familienministeriums ins Leben gerufen. 1m<br />

Bereich Schule wurden die Richtlinien zur Sexualerziehung<br />

Liberarbeitet: Homosexualitat ist gleichberechtigte<br />

Lebensform, <strong>und</strong> im Rahmen der schulischen<br />

Sexualerziehung sind Expertlnnen von auBerhalb, also<br />

auch die in NRW arbeitenden Initiativen <strong>und</strong> Beratungsstellen<br />

in lesbischer <strong>und</strong> schwuler Tragerschaft<br />

ausdrucklich als Kooperationspartnerlnnen fUr schuleigene<br />

Arbeitsplane gefragt - wenn diese Nachfrage auch<br />

nur vereinzelt <strong>und</strong> sporadisch zu verzeichnen ist.<br />

Dass in beiden Praxisfeldern die professionelle Arbeit<br />

lesbischer <strong>und</strong> schwuler Expertlnnen dringend nbtig<br />

ist <strong>und</strong> erst anfanglich etabliert ist, zeigen die beiden<br />

Fachbeitrage aus den Praxisfeldern.<br />

Offenbar suchen Lesben <strong>und</strong> Schwule mit gutem Gr<strong>und</strong><br />

Antworten auf ihren Beratungsbedarf nicht im allgemeinen<br />

psychosozialen Beratungsdienst, sondern<br />

in Beratungseinrichtungen mit spezifischem Angebot.<br />

Dies muss auch Auswirkungen auf die geltenden Standards<br />

<strong>und</strong> die Qualitatsentwicklung des allgemeinen<br />

Beratungsdienstes<br />

haben.<br />

Offenbar sind lesbische <strong>und</strong> schwule Lebensweisen<br />

in Schulen nicht sichtbar, weil Jugendlichen in ihrer<br />

Lebenswelt positive Vorbilder fUr die eigene (lesbische<br />

<strong>und</strong> schwule) Identitatsentwicklung fehlen.<br />

Deutlich wird: In beiden Praxisfeldern ermbglichen<br />

padagogische BemLihungen zwischen den Polen "Aufklaren<br />

<strong>und</strong> <strong>Beraten</strong>" <strong>und</strong> die Begegnung von Subjekten<br />

in gelungener Kommunikation hilfreiche Veranderungen:<br />

Am Ende kbnnten wirkliche Akzeptanz <strong>und</strong> die<br />

Selbstverstandlichkeit der jeweils anderen Lebensform<br />

stehen.<br />

( 3


Stefan Timmermanns<br />

®<br />

"Wer splitt heute?"<br />

Evaluation schwul-lesbischer AufkUirungsprojekte in Schulen<br />

1m Rahmen meiner Promotion in Erziehungswissenschaft<br />

an der Universitat zu Koln 1 habe ich im Schuljahr<br />

1999/2000 die Arbeit sieben schwul-lesbischer<br />

Aufklarungsprojekte in insgesamt 18 Schulklassen aller<br />

Schulformen (auBer Gr<strong>und</strong>-, Sonder- <strong>und</strong> Berufsschulen)<br />

Nordrhein-Westfalens beobachtet <strong>und</strong> evaluiert.<br />

Dabei ging es mir vor allem darum herauszufinden,<br />

was die Aufklarung bei Jugendlichen bewirkt. Des weiteren<br />

wollte ich wissen, wo die ehrenamtliche Aufklarungsarbeit<br />

verbessert werden kann. In diesem Artikel<br />

werde ich mich auf die Darstellung der Effekte einer<br />

Begegnung zwischen Jugendlichen, Lesben <strong>und</strong> Schwulen<br />

beschranken. Mit Hilfe eines Fragebogens, konnten<br />

Einstellungen <strong>und</strong> Kommentare von ca. 300 Schulerlnnen<br />

vor <strong>und</strong> nach der Begegnung mit Mitarbeiterlnnen<br />

eines Aufklarungsprojekts erhoben werden. Meine<br />

Beobachtungen in den Veranstaltungen sowie nachtragliche<br />

Interviews mit den Lehrerlnnen <strong>und</strong> Mitarbeiterlnnen<br />

der Projekte lieferten zusatzliche Anhaltspunkte<br />

fUr die Auswertung. Die im Folgenden dargestellten<br />

Zahlen <strong>und</strong> Ergebnisse erheben keinen Anspruch auf<br />

Reprasentativitat.<br />

Qualitative<br />

Ergebnisse<br />

Die Reaktionen der Jugendlichen auf die Arbeit der Aufklarungsgruppen<br />

in Schulen <strong>und</strong> Jugendgruppen sind<br />

in der Regel positiv. Sowohl die qualitativen als auch<br />

die quantitativen Ergebnisse verdeutlichen dies. Haufig<br />

loben die Jugendlichen die Veranstaltung mit den Externen,<br />

"weil man mit ihnen uber alles reden kann."<br />

(Hauptschuler, 12). Eine 14jahrige GesamtschUlerin<br />

erlebte es als besonders positiv, "dass sie [die Mitarbeitenden<br />

eines Aufklarungsprojektes, S. T.] uns verstanden<br />

haben, wenn wir ihnen persbnliche Fragen gestellt<br />

haben." Lesbisch-schwule Aufklarungsarbeit kann zu<br />

Denkprozessen <strong>und</strong> zur Auseinandersetzung mit der<br />

,eigenen' wie den ,anderen' Sexualitaten anregen. Bei<br />

1 "Mit anderen Augen sehen. Evaluation schwul-Iesbischer Aufklarungsprojekte in Schulen", wurde im September 2002 als Dissertation an der Erziehungswissenschaftlichen<br />

Fakultat der Universitat zu Kbln eingereicht.<br />

4 ) (SCHWULES~NETZWERKNRW ')


einigen Jugendlichen kann sogar von einem Abbau von<br />

Klischees <strong>und</strong> Stereotypen gesprochen werden. Dies<br />

belegen die nachfolgenden Zitate:<br />

Schwu/e <strong>und</strong> Lesben sind nicht immer so anders,<br />

wie sie im TV dargestellt werden. (Rea/schWer, 15)<br />

[Mir war es wichtig zu sehen, S. T.] wie sich<br />

Schwu/e benehmen <strong>und</strong> dass es auch verschiedene<br />

Arten von Schwu/en gibt. (GesamtschWer, 14)<br />

Die Formulierung "nicht immer so anders" zeigt, dass<br />

die Grenzen zwischen den Kategorien sexueller Orientierung<br />

aufgeweicht werden konnten. Die Erkenntnis,<br />

dass es "verschiedene Arten von Schwulen gibt" spricht<br />

dafUr, dass dem Schuler die Vielfalt schwuler Identitaten<br />

<strong>und</strong> Lebensweisen bewusst wurde. Doch die Begegnung<br />

mit den Aufklarenden<br />

Einblick<br />

fUhrt auch dazu, dass mehr<br />

in das Leben, Denken <strong>und</strong> Fuhlen von Homosexuellen<br />

gewonnen wird. Manchmal kbnnen Jugendliche<br />

auch dafUr sensibilisiert werden, dass die Rollenverteilung<br />

in einer lesbischen oder schwulen Partnerschaft<br />

nicht zwingend vorgeschrieben ist, sondern immer<br />

wieder neu ausgehandelt werden kann: "Ich fand es<br />

interessant, etwas uber das Sex- <strong>und</strong> Alltagsleben<br />

zu erfahren, besonders so etwas wie: ,Wer spult<br />

heute?'" (Gymnasiast, 15). Anhand der Frage, wie in lesbischen<br />

oder schwulen Beziehungen Rollenverhalten<br />

<strong>und</strong> Arbeitsteilung gehandhabt werden, kbnnen gesellschaftlich<br />

festgelegte Normen <strong>und</strong> ihre Konstruiertheit<br />

kritisch hinterfragt <strong>und</strong> alternative Mbglichkeiten des<br />

Umgangs damit aufgezeigt werden. Manche Jugendlichen<br />

auBern, dass sich durch die Begegnung <strong>und</strong> die<br />

Gesprache das GefUhl des Fremd- <strong>und</strong> Andersseins<br />

gegenuber Lesben <strong>und</strong> Schwulen verfluchtigt hat: "Es<br />

war komisch, die Schwulen zu sehen, aber wenn man<br />

sich unterhalt, geht das vorbei <strong>und</strong> es ist wie mit anderen<br />

auch." (Gymnasiast, 14).<br />

Dieser Effekt stellt sich jedoch nicht bei allen Jugendlichen<br />

ein. Die Wirkung eines solchen Besuchs stbBt<br />

selbstverstandlich da an Grenzen, wo Jugendliche ihre<br />

Ablehnung nicht von sich aus zu andern bereit sind.<br />

Auffallend ist bei den wenigen negativen Kommentaren,<br />

die nach einer Begegnung mit Lesben <strong>und</strong> Schwulen<br />

geauBert wurden, dass sie stark emotional gefarbt<br />

sind. Es werden kaum rationale Sachargumente ins Feld<br />

gefUhrt, die die eigene Meinung plausibilisieren helfen.<br />

Es scheint sich um ein eher diffuses Unwohlsein zu handeln,<br />

das von den Jugendlichen nicht naher beschrieben<br />

werden<br />

kann:<br />

Schreckliche 8egegnung. (GesamtschWer, 15)<br />

Diese Leute sind anders, irgendwie abstof3end.<br />

(Gymnasiast, 15)<br />

[lch habe mich unwoh/ gefiJh/t, wei!, S. T.] alles<br />

war voller Schwu/er. (Rea/schWer, 17)<br />

In diesen AuBerungen wird das "Anderssein" von<br />

Lesben <strong>und</strong> Schwulen betont, das Trennende zwischen<br />

der ,Norm' <strong>und</strong> der ,Abweichung'. Doch dies dient nicht<br />

allein zur Grenzziehung zwischen Hetero- <strong>und</strong> Homosexuellen,<br />

sondern diese Differenzierung wird auch als<br />

Legitimation zu einer eindeutigen Hierarchisierung herangezogen:<br />

auf der einen Seite das ,Normale', ,Eigene'<br />

<strong>und</strong> ,Gute' auf der anderen Seite das ,Abweichende',<br />

,Fremde' <strong>und</strong> ,Schlechte'. In diesem Zusammenhang ist<br />

auffallig, dass manche Schulerlnnen bei den Aufklarenden<br />

gezielt nach Merkmalen suchen, die den gangigen<br />

Stereotypen entsprechen, um so ihre vorgefasste,<br />

negative Meinung gegenuber Homosexuellen zu bestatigen:<br />

"Auf einer Seite ist es nicht aufgefallen, aber auf<br />

der anderen Seite, also wenn man es wuBte, merkte<br />

man, dass es Schwuchteln sind!" (Realschuler, 15).<br />

AIle Zitate, egal ob mit positivem oder negativem Tenor<br />

zum Lesbisch- oder Schwulsein, verdeutlichen, dass die<br />

Aufklarungsprojekte mit ihren Besuchen in Schulklassen<br />

an einem entscheidenden Punkt ansetzen: der mangelnden<br />

Sichtbarkeit von Schwulen <strong>und</strong> Lesben in der<br />

Alltags- <strong>und</strong> Lebenswelt der Jugendlichen. Durch ihre<br />

persbnliche Prasenz werden Lesben <strong>und</strong> Schwule als<br />

Menschen <strong>und</strong> Individuen greifbar. Die Authentizitat<br />

der Begegnung ermbglicht es den Jugendlichen, sich<br />

intensiver mit einem Sachverhalt auseinander zu setzen<br />

als z.B. durch die<br />

LektOre eines Textes. Manchmal konnen Jugendliche<br />

auch daflir sensibilisiert<br />

Sie kbnnen Lebenserfahrung<br />

sammeln, die werden, dass die Rollenverteilung<br />

in einer lesbischen oder<br />

ihnen bei der Suche<br />

schwulen Partnerschaft nicht<br />

nach einem eigenen<br />

Standpunkt behilflich zwingend vorgeschrieben ist<br />

ist, auch wenn sie<br />

immer noch gesellschaftlichen Einflussen (Eltern,<br />

Medien, Peers) ausgesetzt sind. Es leuchtet jedoch<br />

ein, dass eine einmalige <strong>und</strong> kurzfristige Intervention<br />

das gr<strong>und</strong>legende gesellschaftliche Defizit des Nicht-<br />

Vorkommens von Homosexuellen im Alltagsleben nicht<br />

ganzlich Ibsen kann. Die persbnliche Einstellung der<br />

Jugendlichen wird zudem immer noch stark vom sozialen,<br />

kulturellen, medialen sowie familiaren Umfeld<br />

beeinflusst. Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass die<br />

Arbeit der Aufklarungsprojekte sich vor allem durch<br />

eine Qualitat auszeichnet, namlich die des authentischen<br />

<strong>und</strong> persbnlichen Gesprachs. Damit gehen die<br />

Aufktarenden auf ein wichtiges Bedurfnis der Jugendlichen<br />

ein:<br />

Auch wenn viel Wissen uber Sexualitat durch die Medien<br />

gut abrufbar ist <strong>und</strong> die anonymen Beratungsangebote<br />

von Jugendlichen reichlich genutzt werden, brauchen<br />

Jugendliche aufgr<strong>und</strong> derVielfalt von Informationen <strong>und</strong><br />

so mancher Unubersichtlichkeit das authentische <strong>und</strong><br />

persbnliche Gesprach zur eigenen Orientierung. (Wanzeck-Sielert<br />

2002, 29)<br />

( 5


Quantitative<br />

Ergebnisse<br />

Bei den quantitativen Ergebnissen zeigte sich ganz<br />

deutlich, dass Homosexualitat in einem allgemeingesellschaftlichen<br />

Kontext eine hohere Akzeptanz als<br />

im person lichen Umfeld (z. B. Schule, Fre<strong>und</strong>e, Familie)<br />

entgegen gebracht wird. Dies kann aus der unterschiedlichen<br />

Zustimmung bzw. Ablehnung zu den einzelnen<br />

Items des Fragebogens geschlossen werden.<br />

Wahrend die "Homo-Ehe" von bis zu drei Vierteln der<br />

Jugendlichen akzeptiert wird, wurden deutlich weniger<br />

von ihnen gerne eine/-n homosexuelle/-n Fre<strong>und</strong>/-in,<br />

Lehrer/-in oder Familienangehorigen haben wollen.<br />

Hier wird auch ein gravierender Geschlechtsunterschied<br />

deutlich, der die hohere Toleranz der Madchen im Vergleich<br />

zu den Jungen belegt (siehe Abbildung 1).<br />

Eine weitere Erkenntnis aus den Fragebogen ist darin<br />

zu sehen, dass extreme Ablehnung oder Akzeptanz von<br />

Homosexualitat bei Jugendlichen nur marginal sind.<br />

Schulerlnnen mit einer extrem positiven bzw. negativen<br />

Haltung andern ihre Meinung seltener als diejenigen,<br />

die ursprunglich eine leichte oder mittlere<br />

Ablehnung gegenuber Lesben <strong>und</strong> Schwulen zum Ausdruck<br />

gebracht hatten (siehe Abbildung 2).<br />

Die Meinung der Jungen gleicht sich tendenziell der<br />

positiven Einstellung der Madchen an, bleibt aber immer<br />

noch dahinter zuruck. R<strong>und</strong> 80% der Madchen <strong>und</strong> 55%<br />

Jungen sind nach dem Besuch positiv eingestellt. Die<br />

starkste Ablehnung zeigt sich tendenziell bei den jungeren<br />

SchUlerlnnen. Bei mehr als der Halfte der Jugendlichen<br />

kann ein positiver Trend im Meinungsbild durch<br />

Abbildung 1<br />

vorher<br />

nachher<br />

Item gesamt m w gesamt m w<br />

Heirat zweier Manner/Frauen 69 61 78 77 73 81<br />

guter Fre<strong>und</strong> ist schwul 59 40 78 66 51 82<br />

Lehrerin ist lesbisch 54 43 65 68 60 77<br />

gute Fre<strong>und</strong>in ist lesbisch 51 42 60 65 55 76<br />

Lehrer ist schwul 49 29 69 62 42 80<br />

Schwester ist lesbisch 39 31 47 50 43 57<br />

Bruder ist schwul 35 23 47 50 36 63<br />

Abbildung 2<br />

Einstellungsanderung zur Homosexualitat<br />

Mittelwerte vor <strong>und</strong> nach dem Besuch (n = 298)<br />

40<br />

C<br />


die Begegnung nachgewiesen werden.<br />

(siehe Abbildung 3)<br />

Ein deutlich positiver Effekt ergab sich sogar bei jedem<br />

fUnften Jungen <strong>und</strong> jedem zehnten<br />

Madchen.<br />

Qualitative wie quantitative Resultate belegen, dass die<br />

Begegnungen von Lesben <strong>und</strong> Schwulen mit jugendlichen<br />

im Rahmen eines Aufklarungsprojektes bei<br />

den meisten von ihnen eine positive Auswirkung auf<br />

die Einstellung gegenr<br />

Einmalige <strong>und</strong> kurzfristige "" Uber Homosexuellen<br />

Intervention kann das gr<strong>und</strong>- gewinnen. Obwohl<br />

legende gesellschaftliche Deft- das gesamte Spekzit<br />

des Nicht-Vorkommens von trum der Einstellun-<br />

Homosexuellen im Alltagsle- gen von extrem positiv<br />

ben nicht ganzlich losen bis extrem ablehnend<br />

\,.-----------~ von beiden Geschlechtern<br />

abgedeckt wird, bewerten Madchen Homosexualitat<br />

im Durchschnitt jedoch positiver als jungen. Dieser<br />

Geschlechtsunterschied macht sich sowohl vor als auch<br />

nach der Veranstaltung bemerkbar. Auch wenn sie in<br />

ihrer Gesamtheit deutlich hinter den Werten der Madchen<br />

zurUck bleiben, so konnen die jungen durch die<br />

Begegnung mit den Lesben <strong>und</strong> Schwulen doch leicht<br />

zu den positiven Ergebnissen der Madchen aufschlie-<br />

Ben. Daher ,profitieren' sie etwas mehr als die in der<br />

Regel ohnehin recht toleranten Madchen.<br />

Diskussion der Ergebnisse<br />

Die Ergebnisse verstarken den Eindruck, dass es bei<br />

jugendlichen zwar eine relativ groBe Bereitschaft gibt,<br />

Homosexuellen die heute gesellschaftlich geforderte<br />

Toleranz entgegenzubringen. Die Bereitschaft, Lesben<br />

<strong>und</strong> Schwule wirklich zu akzeptieren, staBt aber da an<br />

ihre Grenzen, wo ein perstinlicher Kontakt mit ihnen<br />

entste-hen ktinnte. Homosexualitat als gesellschaftliches<br />

Phanomen (z. B. eine eheahnliche Institution fUr<br />

gleichgeschlechtliche Paare) wird durch die jugendlichen<br />

mehrheitlich positiv beurteilt, wahrend in der eigenen<br />

Familie, in der Schule oder im Fre<strong>und</strong>eskreis die<br />

Ablehnung Uberwiegt; hier tritt eine klare Grenzziehung<br />

zu Tage <strong>und</strong> es stellt sich die Frage, ob sich hinter<br />

der allgemeinen Akzeptanz, die ein positives Anerkennen<br />

<strong>und</strong> Einverstandensein zum Ausdruck bringt, nicht<br />

eine eher oberflachliche Toleranz verbirgt, die einem<br />

im Gr<strong>und</strong>e widerwilligen Erdulden entspricht 2 • Neueste<br />

Umfragen wie die des MUnchener Meinungsforschungsinstituts<br />

icon kids & youth vom FrUhjahr 2002 zeigen<br />

sogar, dass Schwule<br />

<strong>und</strong> Lesben bei den r<br />

13-17-)ahrigen mittlerweile<br />

mehrheitlich auf<br />

Ablehnung stoBen 3 .<br />

Ohne diese Ergebnisse<br />

anzweifeln zu<br />

wollen, liegt mir daran, darauf hinzuweisen, dass die<br />

qualitative Auswertung der Fragebogen meiner Studie<br />

zeigt, dass trotzdem nicht wenige jugendliche sich vorstellen<br />

konnen, sich mit der Zeit auch an einen schwulen<br />

Bruder oder eine lesbische Schwester zu gewohnen.<br />

Dies weckt gleichzeitig die Hoffnung auf eine ,Normalisierung'<br />

<strong>und</strong> Anerkennung von Schwul- <strong>und</strong> Lesbischsein.<br />

Ob es hierzu kommt, wird im Wesentlichen<br />

davon abhangen, welche Bilder von Lesben <strong>und</strong> Schwulen<br />

aber auch welche Bandbreite von lesbischen <strong>und</strong><br />

Abbildung3<br />

Einstellungsanderung nach der 8egegnung<br />

(n = 298, ger<strong>und</strong>ete Zahlen)<br />

100<br />

80<br />

30<br />

25<br />

D keine Veranderung<br />

c<br />

ClJ<br />

..c<br />

-0 .'"<br />

C<br />

ClJ<br />

60<br />

• negative Veranderung<br />

D positive Veranderung<br />

M :::J 40<br />

~<br />

ClJ<br />

-0<br />

-c 20<br />

ClJ<br />

N<br />

0<br />

ct<br />

0<br />

Gesamt<br />

Jungen<br />

Madchen<br />

2Zur Definition sei auf den Fremdworterduden (61997) hingewiesen, der das Verb tolerieren als "dulden, zulassen, gelten lassen [obwohl etwas nicht<br />

den eigenen Wertvorstellungen entsprichtj" definiert, wohingegen Akzeptanz mit der "Bereitschaft etwas zu akzeptieren" <strong>und</strong> Akzeptierung als "das<br />

Anerkennen, Einverstandensein mit" umschrieben wird. In ihrer Rede auf dem CSD-Empfangs 2001 des Schwulen Netzwerkes <strong>und</strong> der Aids-Hilfe NRW hat<br />

die damalige Schul- <strong>und</strong> Bildungsministerin Gabriele Behler zu Recht auf Goethes Maximen <strong>und</strong> Reflektionen hingewiesen, in denen der Dichter schreibt:<br />

"Toleranz solite eigentlich nur eine vorUbergehende Angelegenheit sein; sie muss zur Anerkennung fUhren. Dulden heif3t beleidigen."<br />

3Siehe die Pressemitteilung <strong>und</strong> Ergebnisse der reprasentativen Umfrageergebnisse von iconkids & youth auf der Homepage von SchLAu NRW<br />

(www.schlau-nrw.de).<br />

( 7


schwulen IdentiUiten Jugendliche wahrnehmen <strong>und</strong> vermittelt<br />

bekommen. Hier bietet der authentische Ansatz<br />

der schwul-lesbischen Aufklarungsprojekte optimale<br />

Mtiglichkeiten. Doch wird es weder genUgend SchLAue<br />

Projekte geben, um flachendeckend alle Jugendlichen<br />

in ihren Schulen zu besuchen, noch wird ein in der<br />

Regel einmaliger Besuch einen dauerhaften Gegenpol<br />

zur Heteronormativitat <strong>und</strong> Homophobie der meisten<br />

anderen Sozialisationsinstanzen (Lehrerlnnen, Peers,<br />

Medien, etc.) leisten konnen. Daher muss das Thema<br />

sexuelle Orientierung (nicht nur Lesbisch- oder Schwulsein)<br />

in vielerlei Kontexten auf vielfaltigste Arten <strong>und</strong><br />

Weisen thematisiert <strong>und</strong> eine breite Allianz gegen Tendenzen<br />

der Normierung <strong>und</strong> Ausgrenzung geschmiedet<br />

werden. Hier mUssen auch die schwul-lesbischen Aufklarungsprojekte<br />

auf andere Institutionen <strong>und</strong> Gruppen<br />

zugehen, die nicht im schwul-lesbischen Bereich tatig<br />

sind, aber ahnliche oder verwandte Ziele anstreben<br />

(Peer Projekte, sexualpadagogisch Tatige, Lehrerlnnen,<br />

Jugendarbeiterlnnen, etc.). Die Zukunft der SchLAuen<br />

Projekte liegt in ihrer Offnung gegenUber diesen ,VerbUndeten'<br />

<strong>und</strong> der Kooperation mit ihnen.<br />

Schlussbetrachtungen<br />

Die Arbeit der Aufklarungsprojekte leistet einen wichtigen<br />

Beitrag zur Identitatsentwicklung aller Jugendlicher<br />

- gleich welcher sexueller Orientierung. Die Erziehung<br />

zu Toleranz <strong>und</strong> Respekt im Umgang miteinander<br />

gelingt<br />

nur in der Auseinandersetzung sowohl mit sich <strong>und</strong><br />

dem Fremden in sich selbst, als auch mit anderen Menschen.<br />

Eine Beschaftigung mit dem Anderssein in Form<br />

der sexuellen Identitat <strong>und</strong> Orientierung kann durch<br />

r-------------'" eine Begegnung mit<br />

Die AufkUirung tiber Hornose- Lesben <strong>und</strong> Schwulen<br />

xualitat allein reicht nicht aus, in Gang gebracht<br />

urn an der Diskrirninierungvon werden. Dabei bietet<br />

lesben <strong>und</strong> Schwulen etwas zu besonders die person-<br />

\.. andern ~ liche Begegnung eine<br />

------------ viel grofSere Chance<br />

auf Entwicklung als z. B. kognitive Sachinformation,<br />

weil die Angst vor dem Fremden auf ihrer ursprUnglichen,<br />

emotionalen Ebene, erreicht werden kann. Damit<br />

wird jedoch auch klar, dass die Aufklarung Uber Homosexualitat<br />

allein nicht ausreicht, um an der Diskriminierung<br />

von Lesben <strong>und</strong> Schwulen etwas zu andern. Es<br />

ist die Diskriminierung aller Madchen, Frauen, Jungen<br />

<strong>und</strong> Manner, die den gesellschaftlichen Erwartungen an<br />

ihr Ge-schlechtsrollenverhalten nicht entsprechen, die<br />

bekampft werden muss. Hierzu braucht es im Bereich<br />

der Schule <strong>und</strong> Jugendarbeit m. E. eine reflektierte<br />

Koedukation, die Phasen der Jungen- <strong>und</strong> Madchenarbeit<br />

integriert. Vor allem aber ist eine normenkritische<br />

Erziehung hilfreich, die sich mit Geschlechtsrollenerwartungen<br />

<strong>und</strong> Heteronormativitat auseinandersetzt. Um<br />

Menschen die Suche nach ihrer Identitat <strong>und</strong> Orientierung<br />

zu erleich-tern, dUrfen ,weibliche' Eigenschaften<br />

bei Jungen <strong>und</strong> Mannern sowie ,mannliche' Eigenschaf-<br />

ten bei Madchen <strong>und</strong> Frauen nicht weiter diskrimi-niert<br />

werden. Eine solche Veranderung wUrde es vor allem<br />

jungen Menschen erleichtern, eine grofSere Zahl von<br />

Eigenschaften in ihre Perstinlichkeit zu integrie-ren,<br />

ohne dabei Opfer von Diskriminierung <strong>und</strong> Ausgrenzung<br />

zu werden. Vor allem lesbische, schwule, bi- <strong>und</strong><br />

transsexuelle Frauen <strong>und</strong> Manner konnen Jugendlichen<br />

aufzeigen, dass es Alternativen zu den traditionellen<br />

Geschlechtsrollen gibt <strong>und</strong> sie bei ihrer Personlichkeitsentwicklung<br />

unterstUtzen. Die SchLAuen Projektgruppen<br />

in NRW leisten hierzu einen wichtigen <strong>und</strong><br />

unersetzlichen Beitrag. Eine Auseinandersetzung mit<br />

der Vielfalt an real gelebten Lebensformen sollte das<br />

Ziel haben, jungen Menschen eigene Lebensgestaltungsmoglichkeiten<br />

aufzuzeigen <strong>und</strong> zu ermoglichen.<br />

WeiterfUhrende<br />

Literatur:<br />

HARTMANN,Jutta (2001):<br />

Bewegungsraume zwischen kritischer Theorie <strong>und</strong> Poststrukturalismus.<br />

Eine ,Padagogik vielfaltiger Lebensweisen' als Herausforderung<br />

fUr die Erziehungswissenschaft.<br />

in:<br />

Dekonstruktive padagogik. Erziehungswissenschaftliche Debatten<br />

unter poststrukturalistischen Perspektiven, hg. v. B. Fritsche/<br />

J. Hartmann/ A. Schmidt/ A. Tervooren,<br />

Opladen, 2001,65-84.<br />

SIELERT,Uwe (2001):<br />

Gender Mainstreaming im Kontext einer Sexualpadagogik der<br />

Vielfalt.<br />

in:<br />

Forum Sexualaufklarung <strong>und</strong> Familienplanung,<br />

4/2001,18-24.<br />

WANZECK-51ELERT,Christa (2002):<br />

Sexualpadagogische Hypothesen im Kontext von Jugendkulturen<br />

<strong>und</strong> Sexualforschung.<br />

in:<br />

Forum Sexualaufklarung <strong>und</strong> Familienplanung,<br />

1/2002,26-31.<br />

8 )<br />

(SCHWULES~NETZWERKNRW ")


Q:utor<br />

Stefan Timmermanns, 34 jahre, 1. Staatsexamen in<br />

Franzasisch <strong>und</strong> Geschichte, Promotionsstudiengang in<br />

Erziehungswissenscha{t an der Uni Kaln, Koordination<br />

des Anti-Diskriminierungsprojektes TRIANGLE, Mitbegrilndervon<br />

SchLAu Bonn <strong>und</strong> SchLAu NRW, Vorstandsmitg/ied<br />

der Gese//scha{t filr Sexualpadagogik.<br />

Q:bstract<br />

Der Artikel gibt einen Uberb/ick ilber die Evaluation<br />

schwul-Iesbischer Aufklarungsarbeit in Schulen in NRW,<br />

die sich landesweit unter dem Dach von SchLAu<br />

NRW ("Schwul-Lesbische Aufkliirung in NRW") vemetzt<br />

haben.<br />

Obwohl einma/ige <strong>und</strong> kurzfristige Interventionen in<br />

Schulen gr<strong>und</strong>legende gese//scha{t/iche De{izite der<br />

Nicht-Sichtbarkeit von Lesben <strong>und</strong> Schwulen in Schule<br />

<strong>und</strong> jugendarbeit nicht ganzlich lasen kannen, zeigt<br />

die Evaluation der Aufkliirungsarbeit, dass jugendliche<br />

im persan/ichen Kontakt mit Lesben <strong>und</strong> Schwulen<br />

ihre Einste//ungen zu Homosexua/itat, Geschlechtsrollenstereotypen<br />

<strong>und</strong> eigene Ro//enerwartungen reflektieren<br />

lemen. Hierzu bedarf es insbesondere einer<br />

f<strong>und</strong>ierten Arbeit mit den jungen <strong>und</strong> jungen Mannem.<br />

( 9


Michael Mayerle<br />

®<br />

Werberat?<br />

Zur Konzipierung <strong>und</strong> EtabLierung von Beratungsdiensten fUr<br />

Lesben, Schwule <strong>und</strong> Angehorige im System der psychosozialen<br />

Versorgung in NRW<br />

Beinahe unbemerkt von der allgemeinen Fachoffentlichkeit<br />

haben sich in den 1990er Jahren b<strong>und</strong>esweit<br />

professionelle Lesben- <strong>und</strong> Schwulenberatungsstellen<br />

etabliert. Diese sind als Antwort auf fehlende bzw.<br />

unzulangliche Angebote fUr die Zielgruppe Lesben,<br />

Schwule <strong>und</strong> Angehorige im System der allgemeinen<br />

psychosozialen Versorgung anzusehen.<br />

Belastete Geschichte der Disziplinen<br />

<strong>und</strong> Profession en<br />

Der Umgang mit dem Thema Homosexualitat innerhalb<br />

der psychosozialen Versorgung war entsprechend<br />

der im Nachkriegsdeutschland vorherrschenden Einstellungen<br />

gekennzeichnet durch starke gesellschaftliche<br />

Tabuisierung, Stigmatisierung <strong>und</strong> Diskriminierung.<br />

Bis heute werden in politischen, gesellschaftlichen <strong>und</strong><br />

auch wissenschaftlichen Diskursen Teile der weiter<br />

bestehenden gesellschaftlichen Verkrustungen offenk<strong>und</strong>ig,<br />

wenn z.B. Medizinerlnnen, Psychologlnnen,<br />

Psychotherapeutlnnen, Sozialarbeiterlnnen oder Pad-<br />

agoglnnen um Worte ringend bemuht sind, den richtigen<br />

Ton zu dieser als schwierig empf<strong>und</strong>enen »Problematik«<br />

zu find en.<br />

Die »Betroffenen«<br />

selbst waren es, die Ende der 196oer/<br />

Anfang der 1970er Jahre damit anfingen, die gesellschaftlichen<br />

Tabus zu brechen, indem sie sich selbst mit<br />

den ehemals stigmatisierenden Adjektiven »schwul«<br />

<strong>und</strong> »lesbisch« schmuckten <strong>und</strong> selbstbewusst fUr ihre<br />

Rechte eintraten.<br />

Ebenso wenig ist es ein Verdienst von Psycho logie,<br />

Psychiatrie oder Padagogik, dass sich in der Folgezeit<br />

- vor allem in GroBstadten wie Berlin, Munchen <strong>und</strong><br />

Koln - lesbische <strong>und</strong>/ oder schwule Institutionen wie<br />

Beratungsstellen, Kommunikations- <strong>und</strong> Begegnungszentren<br />

etablierten. Vielmehr gehen diese GrUndungen<br />

allesamt auf schwule <strong>und</strong>/ oder lesbische Selbsthilfebzw.<br />

Burgerrechtsgruppen <strong>und</strong> -initiativen zuruck, die<br />

die neuere deutsche Schwulen- <strong>und</strong> Lesbenbewegung<br />

hervorgebracht hat.<br />

10 )<br />

(SCHWULES~NETZWERKNRW<br />

')


Das Verhaltnis der Psychiatrie, aber auch der Psychologie<br />

<strong>und</strong> Padagogik zur Homosexualitat, lasst sich<br />

als eine "belastete Geschichte" (HUBSCHMID 1996, s.<br />

1184) beschreiben. Bis 1994 lernten z.B. angehende<br />

Arzte wahrend ihres Medizinstudiums, Homosexualitat<br />

"als sexuelle Deviation zu diagnostizieren" (MEDIGAY<br />

1996, S. 1931). In medizinischen Lehrbuchern wurde<br />

Homosexualitat lange Zeit als Perversion bezeichnet,<br />

<strong>und</strong> man nahm an, dass Homosexualitat die "Folge<br />

einer StOrung in der psychosexuellen Entwicklung" sei<br />

(HUBSCHMID 1996, s. 1184). Wegen ihrer angeblichen<br />

Unreife wurden Schwule <strong>und</strong> Lesben unter anderem von<br />

bestimmten psychotherapeutischen Ausbildungen ausgeschlossen.<br />

Auch heute noch werden Menschen mit<br />

einer anderen als der heterosexuellen Orientierung "in<br />

schwerwiegender Weise diskriminiert" (HUBSCHMID<br />

1996, s. 1184). Der Chefarzt der Universitaren Psychiatrischen<br />

Dienste Bern, Dr. med. Tedy HUBSCHMID fragt<br />

angesichts dieser Bef<strong>und</strong>e: "Wann beginnt die Vergangenheitsbewaltigung?"<br />

(HUBSCHMID 1996).<br />

Auch in den Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit <strong>und</strong><br />

dort insbesondere in der jugendhilfe werden Lesben,<br />

Schwule <strong>und</strong> ihre Angehorigen als Zielgruppe stark vernachlassigt<br />

(vgl. HARK 2000, S. 48; vgl. auch HOFSAss<br />

1999, s. 9 ff.). Padagoglnnen, Sozialarbeiterlnnen <strong>und</strong><br />

Psychologlnnen in psychosozialen Beratungsstellen,<br />

jugendamtern <strong>und</strong> jugendhilfeeinrichtungen mussen<br />

reflektieren, inwieweit sie die Existenz lesbischer oder<br />

schwuler Klientel in ihren Handlungsfeldern uberhaupt<br />

wahrnehmen <strong>und</strong> welche Konsequenzen sich daraus<br />

fUr ihr berufliches Handeln ergeben.<br />

Lesbische <strong>und</strong> schwule Ratsuchende stellen eine besondere<br />

Herausforderung fUr die Mitarbeiterlnnen in Beratungsstellen<br />

des psychosozialen Versorgungssystems<br />

dar <strong>und</strong> werden dort erst in jungster Zeit allmahlich als<br />

eigene Zielgruppe erkannt. In der wohl am weitesten<br />

verbreiteten institution ellen Form der psychosozialen<br />

Versorgung, der Erziehungsberatung (EB), erweist sich<br />

die »belastete Geschichte« des Umgangs mit Homosexualitat<br />

als besonders problematisch, da sich in ihr<br />

nicht allein die ausgrenzenden Traditionen von Psychologie,<br />

Psychiatrie <strong>und</strong> Padagogik, sondern auch<br />

diejenigen der konfessionellen Trager von Erziehungsberatungsstellen<br />

wiederfinden.<br />

Beitrag der gegenwartigen<br />

Homosexuellenforschung<br />

In Deutschland waren es vor allem drei historische Ereignisse,<br />

die die gegenwartige Homosexuellenforschung<br />

hervorgebracht haben: Die Teil-Entkriminalisierung der<br />

"mannmannlichen Wollust" in der Strafrechtsreform<br />

von 1969, der gesellschaftskritische Impetus der Studentenbewegung<br />

mit seinen Folgen fUr die Wissenschaftskultur<br />

sowie die Frauenbewegung mit ihrem<br />

Emanzipationsanliegen (ZILLICH 1993, s. 353). Neue<br />

Studien entstanden in Disziplinen wie Sexualwissenschaft<br />

<strong>und</strong> Psychoanalyse, die sich traditionell dem<br />

Thema Homosexualitat verpflichtet sahen, aber auch<br />

zunehmend in bis dato "weitgehend desinteressierten<br />

Disziplinen wie Sozial-, Geschichts- <strong>und</strong> Literaturwissenschaft"<br />

(ebd., S. 353). In den Disziplinen Sexualwissenschaft<br />

<strong>und</strong> Psycho logie, die belastet waren<br />

durch das Erbe der Pathologisierung der Homosexualitat,<br />

schrieben DAN-<br />

NECKER <strong>und</strong> REICHE Lesbische <strong>und</strong> schwule Rat-<br />

(1974) den »modernen suchende stellen eine besondere<br />

Herausforderung fUr die<br />

Klassiker« der b<strong>und</strong>esdeutschen<br />

Homosexuellenfo<br />

rsch u ng.<br />

Mitarbeiterlnnen in Beratungsstellen<br />

des psychosozialen<br />

Versorgungssystems dar<br />

Hierin erfuhren Homo-<br />

sexuelle im Rahmen<br />

psychoanalytischer Theoriebildung <strong>und</strong> aus kulturkritischer<br />

Perspektive "eine lediglich defensive Rehabilitierung",<br />

der "pathologisierende Blick auf homosexuelle<br />

Manner" wurde jedoch nach wie vor nicht aufgegeben<br />

(ZILLICH 1993, S. 353 f.). Morgenthaler war es, der "mit<br />

der Theoretisierung einer unneurotischen Entwicklung<br />

zur Homosexualitat einen Umbruch im psychoanalytischen<br />

Denken anregte" (ebd., S. 354). Vor allem Lautmann<br />

ist es zu verdanken, dass sich in der deutschen<br />

Homosexuellenforschung seit Ende der 1970er jahre<br />

allmahlich eine sozialwissenschaftliche Betrachtungsweise<br />

herausbildet.<br />

In den 1980ern <strong>und</strong> Anfang der 1990er jahre wurden<br />

im Zuge der AIDS-Epidemie einige Studien uber das<br />

Sexualverhalten schwuler Manner verOffentlicht. Die<br />

neuerliche Betrachtung des schwulen Mannes als ausschlieBliches<br />

Sexualwesen kann als Ruckschritt in<br />

der sozialwissenschaftlichen<br />

angesehen<br />

werden.<br />

Homosexuellenforschung<br />

1m Zuge der seit den 1990er jahren auszumachenden<br />

neuen Liberalisierungstendenzen gegenuber gleichgeschlechtlichen<br />

Lebensweisen, die auch als Erfolg der<br />

Schwulen- <strong>und</strong> Lesbenbewegung anzusehen sind, ist<br />

das Interesse von Politik <strong>und</strong> Verwaltung an Erkenntnissen<br />

der Homosexuellenforschung gestiegen. Unter<br />

anderem ist es der Einrichtung von speziellen, fUr die<br />

Belange homosexueller Menschen zustandiger sozialadministrativer<br />

Stellen in einzelnen Landesministerien,<br />

zum Beispiel 1996 im damaligen Ministerium fUr Arbeit,<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziales (MAGS) des Landes Nordrhein-Westfalen,<br />

<strong>und</strong> einer veranderten Forderpolitik zu<br />

verdanken, dass neue, meist explorativ angelegte Studien<br />

zu diversen lesbischen <strong>und</strong> schwulen Fragestellungen<br />

in Auf trag gegeben wurden. Die Themen dieser<br />

Auf- tragsstudien wurden naturgemaB nach Ge-sichtspunkten<br />

der Ver- wertbarkeit fUr aktuelle Aufgaben von<br />

Politik <strong>und</strong> Verwaltung ausgewahlt. So wurde beispielsweise<br />

auf der Gr<strong>und</strong>lage der reprasentativen Bevolkerungsumfrage<br />

im Auf trag des Ministeriums fUr Frauen,<br />

( 11


Jugend, Familie <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

des Landes Nordrhein-<br />

Westfalen (MFJFG; heute: Ministerium fUr Ges<strong>und</strong>heit,<br />

Soziales, Frauen <strong>und</strong> Familie, MGSFF) zu Wahrnehmungen,<br />

Erfahrungen <strong>und</strong> Werthaltungen zu gleichgeschlechtlichen<br />

Lebensweisen (OPPERMANN 1999) eine<br />

Akzeptanzkampagne der Landesregierung entwickelt.<br />

Obwohl auf diese Weise eine ganze Reihe relevanter<br />

Themen bearbeitet wurden, z.B. "Gewalt gegen lesbische<br />

Frauen" (STEIN-HILBERS u.a. 1999), "Lesben -<br />

Schwule - Kinder" (BERGER u.a. 2000) <strong>und</strong> "Zur sozialen<br />

<strong>und</strong> psychischen Situation lesbischer Madchen<br />

<strong>und</strong> schwuler Jungen" (HARK 2000), kann die Existenz<br />

dieser Studien nicht uber den Mangel an systematischer<br />

Theoriebildung<br />

hinwegtauschen.<br />

Wissenschaftliche Arbeiten, die explizit die professionelle<br />

psychosoziale Beratung von Lesben <strong>und</strong> Schwulen<br />

thematisieren, fehlen bisher fast ganzlich (vgl.<br />

CHMIELORZ 2001, S. 5). Um Beseitigung dieses Vakuums<br />

bemuht sind einige schwule <strong>und</strong> lesbische Organisationen,<br />

Netzwerke <strong>und</strong> Jugendverbande, z.B. das<br />

Schwule Netzwerk NRW e.V. <strong>und</strong> das lesbisch-schwule<br />

Jugendnetzwerk Lambda, die - mit bescheidenen finanziellen<br />

Budgets ausgestattet-durchaus bemerkenswerte<br />

Fachpublikationen <strong>und</strong> -zeitschriften herausgeben <strong>und</strong><br />

Fachtagu ngen veranstalten 1.<br />

Weltweit wird die gegenwartige Homosexuellenforschung<br />

von zahlreichen Untersuchungen <strong>und</strong> Projekten<br />

in den USA dominiert, die durch Ideenreichtum <strong>und</strong><br />

Diversifikation auffallen (vgl. LAUTMANN 1993, S. 298).<br />

Hervorzuheben sind insbesondere die Modelle einer<br />

»gay, lesbian and bisexual developmental psychology«,<br />

die Personlichkeitsentwicklung von Lesben, Schwulen<br />

<strong>und</strong> Bisexuellen uber die Lebensspanne beschreiben<br />

(vgl. D'AUGELLI/ PATTERSON 1995). Ausgangspunkt<br />

dieser Modelle sind allgemeine entwicklungspsychologische<br />

Theorien, vor allem ERIKSONS Stufenmodell der<br />

psychosozialen Entwicklung (1979, Orig. 1950). Darauf<br />

aufbauend wird der Versuch unternommen, spezielle<br />

Entwicklungsaufgaben von Lesben <strong>und</strong> Schwulen auf<br />

dem Hintergr<strong>und</strong> ihrer spezifischen Lebensbedingungen<br />

zu beschreiben.<br />

Psychosoziale Versorgung von Lesben,<br />

Schwulen <strong>und</strong> Angehorigen<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong>, dass lesbische Frauen <strong>und</strong><br />

schwule Manner "nach wie vor Benachteiligungen, Diskriminierungen<br />

<strong>und</strong> nicht selten Gewalt ausgesetzt"<br />

sind, betreibt die nordrhein-westfalische Landesregierung<br />

nach eigenen Angaben eine "aktive Antidiskriminierungspolitik<br />

zugunsten der gesellschaftlichen<br />

Gleichstellung von Lesben <strong>und</strong> Schwulen" (MFJFG<br />

2000a, S. 5). Dazu hat sie ein entsprechendes<br />

Arbeitsprogramm be-schlossen. Die Basis fUr das<br />

neue politische Handlungsfeld »Gleichgeschlechtliche<br />

Lebensweisen« wurde im von SPD <strong>und</strong> Grunen 1995<br />

geschlossenen Koalitionsvertrag gelegt. Ende 1996<br />

wurde dann das »Referat fur Gleichgeschlechtliche<br />

Lebensweisen« im damaligen MAGS eingerichtet.<br />

(vgl. M FJFG 2000a, S. 5).<br />

1m Mittelpunkt des Arbeitsprogramms des MFJFG steht<br />

der Bereich der "Psychosoziale Beratung fur Lesben,<br />

Schwule <strong>und</strong> deren Angehorige in Nordrhein-Westfalen"<br />

mit dem das MFJFG einen "Schritt in Richtung<br />

Strukturierung, Vernetzung <strong>und</strong> Professionalisierung<br />

des lesbischen bzw. schwulen psychosozialen Beratungsfeldes"<br />

gehen wollte (MFJFG 2000a, S. 15).<br />

Das Modellprojekt will mit einem quantitativ <strong>und</strong> qualitativ<br />

adaquaten Beratungsangebot dazu beitragen,<br />

dass Lesben <strong>und</strong> Schwule selbstbestimmt <strong>und</strong><br />

selbstbewusstzu ihrer<br />

Person bzw. sexuellen<br />

Identitat stehen die explizit die professionelle<br />

Wissenschaftliche Arbeiten,<br />

<strong>und</strong> ihre spezifische psychosoziale Beratung von<br />

Lebensform angstfrei Lesben <strong>und</strong> Schwulen<br />

leben konnen. thematisieren, fehlen bisher<br />

Das Modellprojekt fast ganzlich<br />

nahm 1998 seine ~-----------<br />

Arbeit auf <strong>und</strong> war zunachst auf drei Jahre angelegt. Es<br />

wurde fUr die Jahre 2001 <strong>und</strong> 2002 jeweils um ein Jahr<br />

verlangert <strong>und</strong> lauft Ende 2002 aus.<br />

Professionelle<br />

Lesben- <strong>und</strong> Schwulenberatung<br />

Die Geschichte der professionellen Lesben- <strong>und</strong> Schwulenberatung<br />

ist noch relativ jung. Erste Versuche, »Rosa<br />

Telefone«, »Rosa Hilfen« oder »Lila Kabel« ins Leben<br />

zu rufen, wurden in Deutschland Mitte der 1970er<br />

unternommen <strong>und</strong> entstammen der neueren deutschen<br />

Schwulenbewegung bzw. der Frauen- <strong>und</strong> Lesbenbewegung.<br />

Die wohl traditionsreichste Geschichte hat in NRW die<br />

Kolner Beratungsstelle. Da ihre Entstehung beispielhaft<br />

fur andere lesbische <strong>und</strong> schwule Beratungsprojekte in<br />

Deutschland ist, soli die Entwicklung kurz nachgezeichnet<br />

werden.<br />

1975 wurde in Koln das damalige »glf-Sozialwerk e.V.«<br />

(glf = gay liberation front, heute: »Sozialwerk fur<br />

Lesben <strong>und</strong> Schwule e.V.«) als eigenstandiger Trager<br />

der Lesben- <strong>und</strong> Schwulenberatung gegr<strong>und</strong>et. Seitdem<br />

werden telefonische <strong>und</strong> personliche Beratungs-<br />

1Z.B. die "Erwachsenenfachtagung fUr die Generationen zwischen Jugend <strong>und</strong> Alter" des Schwulen Netzwerks NRWe.V. (1999), die regelmaBig stattfindenden<br />

Fachtagungen des Sozialwerks fUr Lesben <strong>und</strong> Schwule e.V. Ktiln, unter anderem zum Thema "Verdammt frei? Heimat <strong>und</strong> Sinnsuche von Lesben <strong>und</strong> Schwulen"<br />

(2000) <strong>und</strong> nicht zuletzt die vorliegende Fachzeitschrift "<strong>FachDienst</strong> Schwules Netzwerk e.V. - Beitrage aus der Praxis der schwulen Selbstorganisation"<br />

(seit 2001).<br />

12 ) ( SCHWULES~N ETZWERKNRW")


gesprache angeboten. Nach dem Anschluss an den<br />

Deutschen Paritatischen Wohlfahrtsverband (1977) <strong>und</strong><br />

der GrUndung des Schwulen- <strong>und</strong> Lesbenzentrums I


GER 1997, S. 11 ff.). Diese Sichtweise bedeutet eine<br />

radikale Abkehr von der pathologisierenden bzw. defizitaren<br />

Perspektive, die "bis heute das Klientenbild der<br />

traditionellen psychosozialen Arbeit einfarbt".<br />

(HERRIGER 1997, S. 8)<br />

Fortbildungsbedarf von Mitarbeiterlnnen<br />

in allgemeinen psychosozialen Beratungsstellen<br />

1m Rahmen des Modellprojekts wurde das Beratungsunternehmen<br />

ID Innovative Dienste Kbln beauftragt,<br />

eine Erhebung des Fortbildungsbedarfes zum Thema<br />

"Gleichgeschlechtliche Lebensweisen in der Beratung"<br />

durchzufOhren (MFJFG 2000b, S. 3). Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage<br />

wurden Ideen fOr die Entwicklung eines landesweiten<br />

Fortbildungskonzeptes entwickelt.<br />

Die Erhebung wurde im April <strong>und</strong> Mai 2000 durchgefOhrt.<br />

Befragt wurden Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />

von 40 allgemeinen psychosozialen Beratungsstellen<br />

(vor allem Erziehungsberatungsstellen) in den Stadten<br />

" Bochum, Dortm<strong>und</strong>,<br />

JUlich, Kbln, Minden,<br />

MLinster <strong>und</strong> Siegen,<br />

also den Standorten<br />

die offentliche Forderung<br />

der Fbrderung im<br />

originarer Beratung fur Lesben<br />

<strong>und</strong> Schwule die am meisten Rahmen des Modell-<br />

Erfolgversprechende Strategie projektes. Erhoben<br />

" ~ werden sollte, ob die<br />

allgemeinen Beratungsstellen<br />

Liberhaupt einen Fortbildungsbedarf zu<br />

diesem Thema sehen. AuBerdem sollten inhaltliche <strong>und</strong><br />

methodische Interessenschwerpunkte ermittelt werden<br />

(vgl. MFJFG 2000b, S. 5 f.).<br />

Die als qualitative Stich probe konzipierte Untersuchung<br />

erbrachte 41 RLickmeldungen von Beraterinnen <strong>und</strong><br />

Beratern aus 19 Beratungsstellen, das entspricht einem<br />

RLicklaufvon 46% der angeschriebenen Beratungsstellen<br />

(vgl. MFJFG 2000b, S. 6). Bei der Analyse der Ergebnisse<br />

wurden eindeutige Trends ausgemacht. Es wurde<br />

deutlich, dass Lesben, Schwule <strong>und</strong> deren Angehbrige<br />

fOr die Befragten keine besondere Zielgruppe darstellen.<br />

(vgl. MFJFG 2000b, S. 7).<br />

Zu diesem Ergebnis passt eine weitere Beobachtung,<br />

wonach sich Lesben, Schwule <strong>und</strong> deren Angehbrige<br />

mit ihren speziellen Problemen nur selten an die allgemeinen<br />

Beratungsstellen wenden, bzw. ihre speziellen,<br />

mit dem Lesbischsein bzw. Schwulsein zusammenhangenden<br />

Probleme nicht direkt auBern. Daher gehbrt<br />

ihre Beratung nicht unbedingt zum Beratungsalltag allgemeiner<br />

psychosozialer Beratungsstellen (vgl. MFJFG<br />

2000b, S. 8 f.).<br />

Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass<br />

die Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter dieser Beratungsstellen<br />

Feldkompetenz fOr die Beratung von Lesben <strong>und</strong><br />

Schwulen besitzen. Weniger als die Halfte der Befragten<br />

gaben an, mit den Lebensweisen lesbischer Frauen<br />

<strong>und</strong> schwuler Manner vertraut zu sein. Dabei wird das<br />

Wissen eher unspezifisch <strong>und</strong> nur selten durch themenspezifische<br />

Fachtagungen, Workshops <strong>und</strong> Seminare<br />

erworben. Das Thema »Gleichgeschlechtliche Lebensweisen«<br />

ist bisher kaum Bestandteil der eigenen Aus<strong>und</strong><br />

Weiterbildung (vgl. MFJFG 2000b, S. 8 f.).<br />

Die Befragung ergab ein eher unspezifisches BedLirfnis<br />

nach mehr Information Liber gleichgeschlechtliche<br />

Lebensweisen, das Fortbildungsinteresse bezieht sich<br />

mehr auf psychologische Fragestellungen als auf spezifische<br />

Problemlagen von Lesben, Schwulen <strong>und</strong> ihren<br />

Angehbrigen (vgl. MFJFG 2000b, S. 9 f.). Zusammenfassend<br />

stellen die Autoren fest, "dass ein aktives<br />

Interesse an spezifischen Fortbildungen zum Thema<br />

»gleichgeschlechtliche Lebensweisen in der Beratung«<br />

nur bei einem sehr geringen Teil der Befragten besteht"<br />

(MFJFG 2000b, S. 11). Die Notwendigkeit spezifischer<br />

Beratungsangebote wird durch die Ergebnisse der<br />

Befragung unterstrichen (vgl. MFJFG 2000b, S. 11).<br />

Inanspruchnahme<br />

der Beratungsangebote<br />

Seit Anfang 2000 wird eine NRW-weite Untersuchung<br />

der psychosozialen Beratungsangebote fOr Lesben,<br />

Schwule <strong>und</strong> Angehbrige durchgefOhrt, an der sich alle<br />

drei Saulen der psychosozialen Beratung beteiligen.<br />

Als Instrumente dienen drei Erhebungsbbgen (1. fallbezogen,<br />

2. fallLibergreifend, 3. einrichtungsbezogen), die<br />

von der »internen Projektgruppe« unter Anleitung von<br />

Mitarbeitern der Firma Kienbaum Management Consultants<br />

GmbH entwickelt wurden. Die Auswertung eines<br />

Pre-Tests wurde im Marz 2001 von der Firma KIENBAUM<br />

vorgelegt (2001). Sie enthalt den RLicklauf der im Jahre<br />

2000 durchgefLihrten Beratungen mit der Zielgruppe<br />

Lesben, Schwule<br />

<strong>und</strong> Angehbrige.<br />

Von den 15 Beratungsstellen der Saule I (allgemeine<br />

psychosoziale Beratungsstellen), die an der Erhebung<br />

beteiligt waren, gaben sieben fallbezogene <strong>und</strong> sechs<br />

fallunabhangige Bbgen abo Alle 8 Beratungsstellen der<br />

Saule II (Beratungsstellen fOr Lesben, Schwule <strong>und</strong><br />

deren Angehbrige) gaben fallbezogene <strong>und</strong> fallunabhangige<br />

Erhebungsbbgen abo Von den 17 Beratungstelefonen<br />

<strong>und</strong> -initiativen der Saule III (Ehrenamtliche<br />

lesbische <strong>und</strong> schwule Selbsthilfe) gaben 14 Einrichtungen<br />

fallbezogene <strong>und</strong> fOnf Einrichtungen fallunabhangige<br />

Erhebungsbbgen ab (vgl. KIENBAUM 2001, S.<br />

3)·<br />

Landesweit wurden 2.753 Ratsuchende bei 5.269 Kontakten<br />

beraten. Davon entfielen 2% der Ratsuchenden<br />

<strong>und</strong> 5% der Kontakte auf Saule I, 75% der Ratsuchenden<br />

<strong>und</strong> 81% der Kontakte auf Saule II <strong>und</strong> 23% der<br />

Ratsuchenden <strong>und</strong> 14% der Kontakte aufSaule III (KIEN-<br />

BAUM 2001, S. 4).<br />

( SCHWULES~NETZWERKNRW '1


Es liegt die Vermutung nahe, dass nicht aIle in den Beratungsstellen<br />

von Saule I <strong>und</strong> III tatsachlich durchgefUhrten<br />

Beratungen von Lesben, Schwulen <strong>und</strong> Angehorigen<br />

dokumentiert wurden, zu·mal von einigen Einrichtungen<br />

gar kein Rucklauf gekommen ist. Bei Saule I konnte<br />

der vergleichsweise schwache Rucklauf an der geringen<br />

Wahrnehmung der Zielgruppe liegen, bei Saule III an<br />

einer der Ehrenamtlichkeit geschuldeten weniger konsequenten<br />

Dokumentation. Ungeachtet dessen erscheint<br />

die Zahl von 4.243 Beratungskontakten bei 8 geforderten<br />

halben Sozialarbeiterstellen in Saule II beachtlich.<br />

Sie ist als Beleg dafUr anzusehen, dass bei der<br />

Schaffung eines zielgruppenspezifischen Beratungsangebotes<br />

fur Lesben, Schwule <strong>und</strong> Angehorige mit einer<br />

hohen Nutzung zu rechnen ist.<br />

Entwicklung von Standards in der psychosozialen<br />

Versorgung von Lesben <strong>und</strong> Schwulen<br />

Fur die Planung psychosozialer Angebote <strong>und</strong> Leistungen<br />

fUr Lesben <strong>und</strong> Schwule sind eine Reihe sozialpolitischer<br />

bzw. -administrativer Entscheidungen auf der<br />

Gr<strong>und</strong>lage fachlicher Uberlegungen zu treffen.<br />

Prinzipiell ware es wunschenswert, wenn die allgemeinen<br />

Beratungsstellen ihrer Verpflichtung nachkommen<br />

wurden, aile Menschen ohne Anschauung ihrer<br />

sexuellen Orientierung angemessen <strong>und</strong> fachlich qualifiziert<br />

zu beraten. Wie belegt werden kann, werden<br />

Lesben <strong>und</strong> Schwule hier aber uberwiegend nicht als<br />

Zielgruppe angesehen. Vieles deutet darauf hin, dass<br />

das Thema bei den Mitarbeiterlnnen dieser Beratungsstellen<br />

auf eher maBiges <strong>und</strong> unspezifisches Fortbildungsinteresse<br />

stOBt. Gleichzeitig findet die Beratung<br />

von Lesben <strong>und</strong> Schwulen in NRW de facto schon jetzt<br />

weit uberwiegend in professionellen <strong>und</strong> ehrenamtlichen<br />

lesbischen <strong>und</strong> schwulen Beratungsstellen statt.<br />

Zur weiteren Sicherstellung der psychosozialen Versorgung<br />

von Lesben <strong>und</strong> Schwulen ist daher die Offentliche<br />

Forderung originarer Beratung fUr Lesben <strong>und</strong> Schwule<br />

die am meisten Erfolg versprechende Strategie. Damit<br />

ist jedoch keinesfalls gemeint, dass sich allgemeine<br />

Beratungsstellen ihrer Pflicht entziehen sollen, Angehorige<br />

dieser Gruppen auf der Gr<strong>und</strong>lage angemessener<br />

fachlicher Standards zu beraten. Vielmehr weisen<br />

die vorliegenden Bef<strong>und</strong>e auf die Notwendigkeit weiterer<br />

fachlicher Qualifizierung gerade auch in diesem<br />

Bereich hin.<br />

Eckwerte fUr die Konzipierung<br />

von Beratungsdiensten<br />

Die kunftigen Eckwerte fUr die sozialplanerische I


Entwicklungsbedarf psychosozialer Versorgung <strong>und</strong><br />

lesbisch-schwuler Szene, lnformationsbedarf der<br />

allgemeinen Bevolkerung sowie Fortbildungs- <strong>und</strong><br />

Schulungsbedarfvon Mitarbeiterlnnen allgemeiner psychosozialer<br />

Einrichtungen drohen durch das Raster<br />

der Forderung zu fallen, auch wenn die genannten<br />

Bedarfe durch geeignete Methoden durchaus feststellbar<br />

waren.<br />

Bedarfsadaquanz wird haufig in Abgrenzung zum<br />

Begriff Flachendeckung verwendet. Dies ist insofern<br />

problematisch, als damit unterstellt wird, dass flachendeckende<br />

Beratungsangebote am tatsachlichen Bedarf<br />

vorbeigehen.<br />

Flachendeckung bezieht sich auf das landesweite Vorhalten<br />

bestimmter Beratungsangebote unter Einbeziehung<br />

aller Regionen. Dabei kann die raumliche Dichte<br />

der Beratungsangebote <strong>und</strong> damit die Entfernung,<br />

die ein(e) Ratsuchende/-r zurucklegen muss, um die<br />

nachstgelegene Einrichtung zu erreichen, von Modell<br />

zu Modell variieren. Die vorliegenden Ergebnisse legen<br />

nahe, dass ein hoher Bedarf an einer flachendeckenden<br />

psychosozialen Versorgung fUr Lesben, Schwule<br />

<strong>und</strong> deren Angehorige existiert, der kurz- <strong>und</strong> mittelfristig<br />

nicht durch eine fachlich qualifizierte Beratung<br />

in allgemeinen Berar<br />

Die Erfahrungen des Modell- ""' tungsstellen abgeprojekts<br />

sprechen fiir eine deckt werden kann.<br />

flachendeckende, dezentrale Aus Kostengr<strong>und</strong>en<br />

Einrichtung multiprofessionell ra umt das M FJFG<br />

besetzter Beratungsstellen offenbar dem Modell<br />

,, ~ der Bedarfsadaquanz<br />

bessere Chancen ein,<br />

zumal die Bedarfe, die als solche anerkannt sind, je nach<br />

Kassenlage beliebig verandert werden konnen. Stark<br />

bezweifelt werden darf an dieser Stelle, ob mit diesem<br />

»Sparmodell« die bestehende strukturelle Benachteiligung<br />

von Schwulen <strong>und</strong> Lesben im System der psychosozialen<br />

Versorgung abgebaut werden kann.<br />

3. Zentrale VS. dezentrale Versorgung<br />

Wahrend der Eckwert Bedarfsadaquanz auf die Passung<br />

von Angebot <strong>und</strong> Nachfrage zielt, beziehen sich<br />

die Begriffe zentrale <strong>und</strong> dezentrale Versorgung auf die<br />

raumliche Strukturierung der Angebote.<br />

Das wohnortnahe dezentrale Vorhalten psychosozialer<br />

Beratungsangebote wird unter anderem von der<br />

Erziehungsberatung angestrebt <strong>und</strong> auch weitgehend<br />

gewahrleistet. Auf diese Weise bleibt die Entfernung<br />

vom Wohnsitz zur Beratungsstelle fUr die Ratsuchenden<br />

in einem akzeptablen Rahmen.<br />

Auch fur die Beratung von Lesben <strong>und</strong> Schwulen sind<br />

prinzipiell die gleichen Zugangschancen zu fordern.<br />

Wahrend der MFJFG- Modellphase erfolgte die Forde-<br />

rung noch nicht nach diesem Prinzip, auch wenn die<br />

Gr<strong>und</strong>idee bei der Auswahl der Standorte eine Rolle<br />

spielte. Eine wohnortnahe dezentrale Versorgung ware<br />

bei einer Ausstattung mit acht halben Sozialarbeiterlnnenstellen<br />

in einem B<strong>und</strong>esland von der GroBe<br />

Nordrhein-Westfalens nicht annahernd sicherzustellen.<br />

Perspektivisch kann deshalb eine bessere psychosoziale<br />

Versorgung von Lesben <strong>und</strong> Schwulen in NRW nur<br />

durch eine Aufstockung der Mittel erfolgen.<br />

1m Zusammenhang mit der UberfUhrung des Modellprojekts<br />

in die Regelforderung wurden auch Modelle<br />

bekannt, die im Kern lediglich eine zentrale Versorgung<br />

vorsahen. Aus nahe liegenden Gr<strong>und</strong>en ware<br />

der ideale Standort einer solchen Fachberatungsstelle<br />

in einer Metropole wie Koln. Andere Modellvarianten<br />

sahen eine zentrale Fachberatungsstelle mit AuBenstellen<br />

oder zwei Fachberatungsstellen ohne AuBenstellen<br />

vor. Fur die Regionen abseits der Metropolen wurden<br />

diese gegenuber einer dezentralen Versorgung deutliche<br />

Nachteile bedeuten. Selbst wenn eine Fachberatungsstelle<br />

abseits einer Metropole angesiedelt ware,<br />

wurde dies fUr andere Regionen keine Vorteile bringen.<br />

Die Erfahrungen des Modellprojektes haben gerade<br />

gezeigt, dass eine dezentrale UnterstUtzung der professionellen<br />

<strong>und</strong> ehrenamtlichen Strukturen vor Ort <strong>und</strong><br />

die Einbindung der Beratungsstellen in das System der<br />

regionalen psychosozialen Versorgung die gunstigsten<br />

Voraussetzungen dafUr bieten, die Ziele von Beratung<br />

zu erreichen <strong>und</strong> einen Beitrag zum Abbau struktureller<br />

Benachteiligungen von Lesben <strong>und</strong> Schwulen in der<br />

Provinz zu leisten.<br />

Inzwischen ist im MFJFG die Entscheidung gefallen,<br />

dass die bisherige Forderungsstruktur, die die modellhafte<br />

Forderung von Beratungsstellen in Regionen mit<br />

unterschiedlicher Infrastruktur vorsah, aufgegeben<br />

wird zu Gunsten einer Forderungsstruktur, die Beratungsstellen<br />

in Regionen abseits der Metropolen letztendlich<br />

benachteiligt, da sie als Forderkriterium allein<br />

den Nachweis von Beratungs-Fallzahlen vorsieht. Ohne<br />

Relevanz fur die Forderung sind danach Bereiche wie<br />

Vernetzung der lesbischen <strong>und</strong> schwulen Angebote<br />

<strong>und</strong> Initiativen, Multiplikatorenfortbildung <strong>und</strong> Kooperation<br />

mit anderen psychosozialen Diensten, also Aufgaben,<br />

die in strukturschwachen Regionen besonderer<br />

Anstrengungen bedurften <strong>und</strong> nach wie vor bedurfen.<br />

Als Ergebnis dieser fragwurdigen Politik zuungunsten<br />

der Provinz wurde inzwischen bekannt, dass die Forderung<br />

der Lesbenberatungsstellen in Minden <strong>und</strong> Julich<br />

ab 2003 eingestellt wird <strong>und</strong> im Gegenzug die groBen<br />

Beratungsstellen in Bochum, Dortm<strong>und</strong> <strong>und</strong> Koln personelle<br />

Verstarkung bekommen werden. Von den kleineren<br />

Beratungsstellen sind lediglich Siegen <strong>und</strong> Munster<br />

ubrig geblieben. Ihnen ist es gelungen, die vom Ministerium<br />

ruckwirkend bekannt gegebenen Sollzahlen<br />

knapp zu erfUllen <strong>und</strong> damit ihre Existenz um ein<br />

16 )<br />

(SCHWULES~NETZWERKNRW<br />

')


weiteres Jahr zu sichern. Die strukturelle Benachteiligung<br />

in der psychosozialen Versorgung von Lesben <strong>und</strong><br />

Schwulen abseits der Metropolen wird jedoch mit der<br />

kurzsichtigen Entscheidung des Ministeriums auf lange<br />

Sicht hin festgeschrieben, da vorerst keine weiteren<br />

Lesben- <strong>und</strong> Schwulenberatungsstellen in den Genuss<br />

der Landesforderung kommen sollen.<br />

4. Generalisierung vs. Spezialisierung<br />

Das Gegensatzpaar Generalisierung vs. Spezialisierung<br />

zielt auf die Frage, ob Beratungsstellen fUr Lesben,<br />

Schwule <strong>und</strong> deren Angehorige die ganze Palette psychosozialer<br />

Angebote bereithalten (Generalisierung)<br />

oder sich auf bestimmte Beratungsinhalte <strong>und</strong> -formen<br />

beschranken sollen (Spezialisierung). Aufgr<strong>und</strong> der<br />

Komplexitat des Beratungsanliegens wird hier davon<br />

ausgegangen, dass das Beschreiten unterschiedlicher<br />

Wege notig ist, um die individuellen wie libergeordneten<br />

Ziele der Beratung zu erreichen, das heiBt, Lesben<br />

<strong>und</strong> Schwulenberatungsstellen sollten nach Moglichkeit<br />

eine differenzierte Angebotspalette vorhalten <strong>und</strong><br />

samtliche Beratungsinhalte aufgreifen, die von den Ratsuchenden<br />

thematisiert werden.<br />

Insbesondere in Regionen abseits der Metropolen ist<br />

aufgr<strong>und</strong> der geringeren Ausdifferenzierung der allgemeinen<br />

Systeme der psychosozialen Versorgung ein<br />

stark generalisierender Ansatz notwendig, wahrend in<br />

Metropolen eine Beschrankung auf bestimmte Angebote<br />

bzw. Inhalte sinnvoll sein kann, insbesondere<br />

wenn ein anderer Anbieter bereits erganzende Angebote<br />

vorhalt.<br />

Nach dem hier vertretenen Konzept lieBen sich Beratungsstellen<br />

fUr Lesben, Schwule <strong>und</strong> deren Angehorige<br />

am ehesten als »generalistische Lebens-, Erziehungs<strong>und</strong><br />

Partnerschaftsberatungsstellen<br />

auf dem besonderen<br />

Hintergr<strong>und</strong> der Zielgruppe« bezeichnen.<br />

Der Zugang sollte nicht von der Zugehorigkeit zur Zielgruppe<br />

abhangig gemacht werden, sondern von der<br />

freiwilligen Entscheidung, die Beratung einer Lesben<strong>und</strong><br />

Schwulenberatungsstelle auf ihrem allgemeinen<br />

<strong>und</strong> spezifischen fachlichen Hintergr<strong>und</strong> in Anspruch<br />

nehmen<br />

zu wollen.<br />

Die allgemeinen Standards psychosozialer Beratung<br />

(vgl. SPECHT 1993) werden in den Beratungsstellen fUr<br />

Lesben, Schwule <strong>und</strong> AngehOrige zugr<strong>und</strong>e gelegt.<br />

Zum spezifischen fachlichen Hintergr<strong>und</strong> zahlen f<strong>und</strong>ierte<br />

Kenntnisse liber die Lebensweisen von Lesben<br />

<strong>und</strong> Schwulen sowie Zielgruppennahe, die sich unter<br />

anderem durch die Verortung der Beratungsstelle innerhalb<br />

der ortlichen lesbischen <strong>und</strong> schwulen Szene auszeichnet.<br />

Zu den Aufgaben, Angeboten <strong>und</strong> Arbeitsformen sollten<br />

gehoren:<br />

• Einzel-, Gruppen- <strong>und</strong> Paarberatung;<br />

• niedrigschwellige Beratungsformen anonymer Art<br />

(z.B. Telefonberatung,<br />

E-Mail-Beratung);<br />

• Unterstlitzung <strong>und</strong> Beratung von Selbsthilfegrup<br />

pen, vor allem in ihrer Grlindungsphase;<br />

• Schwul-lesbische Aufklarung mit den Zielgruppen<br />

Jugendliche <strong>und</strong> Multiplikatorlnnen;<br />

• Alters- <strong>und</strong> zielgruppenspezifische Angebote;<br />

• Unterstlitzung der Vernetzung lesbisch- schwuler<br />

Szene;<br />

• Vernetzung <strong>und</strong> Kooperation mit allgemeinen <strong>und</strong><br />

spezialisierten psychosozialen Beratungsstellen<br />

sowie mit anderen Einrichtungen im Bereich des<br />

Ges<strong>und</strong>heits-<br />

<strong>und</strong> Sozialwesens;<br />

• Offentlichkeitsarbeit <strong>und</strong> Social Sponsoring;<br />

• MaBnahmen eines fachlichen Qualitatsmanage<br />

ments;<br />

• Fortbildung <strong>und</strong> Supervision.<br />

Da in der Beratungvon Lesben <strong>und</strong> Schwulen die Einbeziehung<br />

geschlechtsbezogener Aspekte von besonderer<br />

Bedeutung ist, wird hier eindeutig die Zusammenarbe<br />

it von Lesben <strong>und</strong> Schwulen in einem Beratungsteam<br />

praferiert. Durch eine moglichst paritatische Teamzusammensetzung<br />

soli dem Wunsch von Ratsuchenden<br />

nach Beratung durch einen Mann bzw. eine Frau nachgekommen<br />

werden konnen.<br />

Qualifizierung von allgemeinen psychosozialen<br />

Beratungsstellen fOr die Beratung von Lesben,<br />

Schwulen <strong>und</strong> Angehorigen<br />

Die vorliegenden Bef<strong>und</strong>e, insbesondere die Erfahrungen<br />

des Modellprojekts des MFJFG sprechen fUr eine<br />

flachendeckende, dezentrale Einrichtung multiprofessionell<br />

besetzter Beratungsstellen, die in der Lage sind,<br />

eine breite Palette von Angeboten vorzuhalten.<br />

Um eine angemessene Versorgung vor allem in eher<br />

landlich strukturierten Regionen sicherzustellen, in<br />

denen es (noch) kein entsprechendes Beratungsangebot<br />

gibt, ist eine gleichzeitige spezifisch-fachliche Qualifizierung<br />

allgemeiner psychosozialer Beratungsstellen<br />

unerlasslich. Hierzu schlage ich die EinfUhrung eines<br />

fachlichen Qualitatsmanagements vor, das dazu beitragen<br />

solI, eine spezifische Fachlichkeit fUr die Beratung<br />

von Lesben, Schwulen <strong>und</strong> Angehorigen zu entwickeln<br />

<strong>und</strong> dauerhaft zu etablieren. Ein Instrument zur Qualitatssicherung<br />

<strong>und</strong> -entwicklung in psychosozialen Diensten,<br />

zu deren Aufgaben explizit die Beratung von<br />

Lesben <strong>und</strong> Schwulen gehort, existiert noch nicht.<br />

Gr<strong>und</strong>satzlich ware es als sinnvoll anzusehen, spezifische<br />

Qualitatskriterien in ein bereits bestehendes<br />

Instrument zu integrieren. Dies ware moglich, wenn<br />

dieses die Beschreibung von Qualitatskriterien <strong>und</strong>/<br />

( 17


oder -indikatoren auf einer fachlichen Ebene - nicht<br />

allein auf der Ebene von Verfahrensstandards<br />

- vorsieht<br />

<strong>und</strong> auBerdem die FlexibiliU:it besitzt, zusatzliche Qualitatskriterien<br />

<strong>und</strong> Indikatoren zu integrieren.<br />

Fur die Entwicklung eines solchen Qualitatssicherungsinstrumentes<br />

fUr die psychosoziale Beratung bzw. die<br />

Integration spezifischer fachlicher Standards in ein<br />

bereits bestehendes Instrument schlage ich folgende<br />

I


MFJFG - Ministerium fUr Frauen, Jugend, Familie <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

des Landes<br />

Nordrhein-Westfalen:<br />

Weiterentwicklungvon Fortbildungsangeboten zum Thema "gleichgeschlechtliche<br />

Lebensweisen in der Beratung" im Rahmen des<br />

Modellprojekts "Psychosoziale Beratung fUr Lesben, Schwule <strong>und</strong><br />

deren Angehorige in NRW".<br />

DUsseldorf 2000b (unverOffentlichtes Manuskript). r::.<br />

~utor<br />

MFJFG - Ministerium fUr Frauen, Jugend, Familie <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit -------------------------<br />

des Landes<br />

Nordrhein-Westfalen:<br />

Psychosoziale Beratungsarbeit fUr Lesben, Schwule <strong>und</strong> deren<br />

Angehorige in NRW. Ein Standardpapier fUr Fachkrafte in der Beratung<br />

zu lielen, Leistungen <strong>und</strong> Qualitatsmerkmalen.<br />

DUsseldorf 2002.<br />

MFJFG - Ministerium fUr Frauen, Jugend, Familie <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

des Landes<br />

Nordrhein-Westfalen:<br />

Beratung <strong>und</strong> Hilfe fUr Lesben <strong>und</strong> Schwule. Informationen Uber<br />

Coming-out-Angebote <strong>und</strong> psychosoziale Beratung in NRW.<br />

DUsseldorf 2002b.<br />

OPPERMANN,<br />

Marlis:<br />

Gleichgeschlechtliche Lebensweisen in N RW: Wahrnehmungen,<br />

Erfahrungen, Werthaltungen. Eine reprasentative Bevolkerungsumfrage<br />

im Auf trag des Ministeriums fUr Frauen, Jugend, Familie<br />

<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.).<br />

DUsseldorf 1999.<br />

SPECHT, Friedrich:<br />

lu den Regeln fachlichen Konnens in der psychosozialen Beratung<br />

von Kindern, Jugendlichen <strong>und</strong> Eltern. In: Praxis der Kinderpsychologie<br />

<strong>und</strong> Kinderpsychiatrie,<br />

H. 1/ 1993, 5.113-124.<br />

STEIN-HILBERS, Marlene u.a.:<br />

Gewalt gegen lesbische Frauen. Studie Uber Diskriminierungs- <strong>und</strong><br />

Gewalterfahrungen. Hrsg. yom Ministerium fUr Frauen, Jugend,<br />

Familie <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit des Landes Nordrhein-Westfalen.<br />

DUsseldorf 1999.<br />

liLLICH,<br />

Norbert:<br />

Gegenwartige Homosexuellenforschung in Deutschland.<br />

In:<br />

Lautmann, RUdiger (Hrsg.): Homosexualitat. Handbuch der Theorie-<br />

<strong>und</strong> Forschungsgeschichte.<br />

Frankfurt/ New York 1993, S. 353-361.<br />

Internet-QueUen:<br />

American Psychological Association (APA): Guidelines for Psychotherapy<br />

with Lesbian, Gay, & Bisexual Clients<br />

http://www.apa.org<br />

HUBSCHMID,<br />

Tedy:<br />

Psychiatrie <strong>und</strong> Homosexualitat<br />

Vergangen heitsbewa Itigung?<br />

In:<br />

wann beginnt die<br />

Schweizerische Arztezeitung Nr. 28 yom 10.07.96, S. 1184-1185<br />

http://www.medigay.ch/docs/dhub.htm<br />

Michael Mayerle, jg. 1967, Dipl.-Sozialarbeiter <strong>und</strong><br />

Dipl.-padagoge, berufliche Tatigkeiten in den Feldern<br />

jugend-/Erwachsenenbildung, psychosoziale Beratung<br />

<strong>und</strong> Qualitatsmanagement<br />

in der Sozio len Rehabilitation,<br />

seit 1993 ehrenamtlicher Mitarbeiter der Schwulen<br />

Initiative Siegen, 2000 <strong>und</strong> 2001 hauptamtlicher<br />

Mitarbeiter im Rahmen des Modellprojekts Psychosoziale<br />

Beratung fur Lesben, Schwule <strong>und</strong> deren Angehorige<br />

des Ministeriums fur Frauen, jugend, Familie <strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heit des Landes NRW, seit 2002 Wiss. Mitarbeiter<br />

im Integrierten Studiengangs Sozialpadagogik <strong>und</strong><br />

Sozialarbeit an der Universitat Siegen.<br />

Q:bstract<br />

Die Ergebnisse des Modellprojektes "Psychosoziale<br />

Beratung fur Lesben, Schwule <strong>und</strong> deren Angehorige<br />

in NRW" zeigen, doss lesbische <strong>und</strong> schwule Ratsuchende<br />

in den traditionellen Beratungsstellen des 011-<br />

gemeinen psychosozialen Versorgungssystems kaum<br />

Rat <strong>und</strong> Hilfe suchen. Daruber hinaus fehlen wissenschaftliche<br />

Arbeiten, die sich aus professioneller Sicht<br />

diesem Thema widmen. Der Artikel gibt einen Uberblick<br />

uber die Professionalisierung lesbischer <strong>und</strong> schwuler<br />

Beratungsarbeit <strong>und</strong> die dazugehorige Entwicklung<br />

von Qualitatsstandards. Er eroffnet eine Perspektive<br />

sowohl fur die Qualifizierung der allgemeinen psychosozio<br />

len Beratungsstellen als ouch fur eine flCichendeckende,<br />

dezentrale Einrichtung multiprofessioneller<br />

Beratungsdienste von Lesben <strong>und</strong> Schwulen furLesben,<br />

Schwule<br />

<strong>und</strong> deren Familien.<br />

MEDIGAY - Gruppe von Schwulen <strong>und</strong> Lesben im Ges<strong>und</strong>heitswesen:<br />

Homosexualitat<br />

In:<br />

<strong>und</strong> Medizin.<br />

Schweizerische Arztezeitung Nr. 47 yom 20.11.96, S. 1931-1932<br />

http://www.medigay.ch/docs/dartikel.htm<br />

( 19


Kurzmitteilungen ®<br />

Neue Studie der Landesregierung<br />

Einsamkeit <strong>und</strong> soziale Isolation<br />

zum Thema<br />

1m Rahmen der vom Schwulen Netzwerk NRW e.V. Ende<br />

November ausgerichteten Fachtagung "Einsam oder<br />

gemeinsam?" hat Dr. Pascal Belling vom Lebensformenreferat<br />

des Ministeriums fUr Ges<strong>und</strong>heit, Soziales,<br />

Frauen <strong>und</strong> Familie des Landes Nordrhein-Westfalen<br />

im Auf trag des Familienministeriums<br />

die<br />

von der Sozialwissenschaftlichen<br />

ForschungsstellederOtto-Friedrich-Universitat<br />

Bamberg (SOFOS) erstellte Studie "Einsamkeit<br />

<strong>und</strong> soziale Isolation schwuler Manner" in ihrer Kurzfassung<br />

vorgestellt.<br />

Insbesondere der Start ins schwule Leben ist mit GefUhlen<br />

von Unsicherheit, Uber-forderung, Hilfslosigkeit <strong>und</strong><br />

Einsamkeit belastet. Schwule Manner, die sich im Rahmen<br />

der Studie als aktuell stark belastet beschreiben<br />

hatten eine lange Pahse von Einsamkeit <strong>und</strong> sozialer<br />

Isolierung zwischen dem inneren Coming-out <strong>und</strong> dem<br />

ersten Gesprach Uber die eigene Homosexualitat, sie<br />

betrug im Schnitt 4,8 Jahre.<br />

Die Studie berichtet Uber das Ausma13 subjektiver<br />

Einsamkeit in Vergangenheit <strong>und</strong> Gegenwart, soziale<br />

Isolierung <strong>und</strong> Ausgrenzung in verschiedenen Handlungsfeldern,<br />

Uber den Zusammenhang zwischen sozialer<br />

Isolierung <strong>und</strong> Einsamkeit sowie Uber Ausma13 <strong>und</strong><br />

Art sozialer Isolierung von Lesben <strong>und</strong> Schwulen <strong>und</strong><br />

Handlungsoptionen<br />

fUr Pravention.<br />

Eine Verbffentlichung der Studie ist im nachsten Jahr<br />

geplant. Weitere Informationen Uber die Studie der<br />

Landesregierung kbnnen Interessierte hier erhalten:<br />

http:/;www.mfjfg·nrw.de/familie/materia//schwu/e.pdf<br />

20 )<br />

(SCHWULES~NETZWERKNRW<br />

')


Anti-Gewalt-Arbeit<br />

<strong>FachDienst</strong>: Alter<br />

Die lesbisch-schwule Anti-Gewalt-Arbeit (AGA) wird neu<br />

ausgerichtet. Das NRW-Familienministerium hat das<br />

Schwulen Netzwerk NRW e_V. vorUbergehend mit der<br />

Tragerschaft fUr das Projekt beauftragt, zu dem auch<br />

die "Schwulen Uberfalltelefonen" gehoren.<br />

Seitjuli 2002 sind Karin Vogl <strong>und</strong> Burkhard Minnerup bis<br />

Ende des jahres als Projektkoordinatoren der lesbischschwulen<br />

Anti-Gewalt-Arbeit tatig. Zu den Aufgaben der<br />

beiden Koordinatoren mitvielfaltigen Erfahrungen in der<br />

Gewaltpravention <strong>und</strong> Beratungsarbeit gehoren unter<br />

anderem die Erarbeitung einer Neukonzeptionierung<br />

auf der Gr<strong>und</strong>lage der bisherigen Erfahrungen, Vernetzung<br />

mit Organisationen, Einrichtungen <strong>und</strong> Behorden<br />

<strong>und</strong> die Betreuung <strong>und</strong> Fortbildung der ehrenamtlichen<br />

Mitarbeiter der schwulen Oberfalltelefone. Ein wichtiger<br />

Punkt fUr die Zukunft ist es, eine Gleichrangigkeit<br />

der schwulen <strong>und</strong> lesbischen Anti-Gewaltarbeit herzustellen.<br />

Neuer Trager der AGA wird ab 2003 das Sozialwerk fUr<br />

Lesben <strong>und</strong> Schwule in Koln. Ziel ist es, die Arbeit mit<br />

in das psychosoziale schwule <strong>und</strong> lesbische Beratungsangebot<br />

zu integrieren. Eine wesentliche Rolle wird<br />

auch in Zukunft den vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern<br />

<strong>und</strong> Mitarbeiterinnen zukommen, ohne deren groBes<br />

Engagement die AGA nicht das ware, was sie heute ist.<br />

Gewinnung, Motivierung <strong>und</strong> Qualifizierung der Ehrenamtlerinnen<br />

in der (Opfer-)Beratungwird eine der Aufgaben<br />

sein, die die neue Koordinierungsstelle<br />

landesweit<br />

wahrnehmen wird. Dazu haben das Schwule Netzwerk<br />

NRW <strong>und</strong> die Landesarbeitsgemeinschaft<br />

(LAG) Lesben<br />

ihre Kooperation zugesagt; sie werden ihre Strukturen<br />

mit einbringen, damit das neue Unterstutzungsangebot<br />

optimal verbreitet <strong>und</strong> genutzt werden kann. Weitere<br />

untersWtzende Instanz der Anti-Gewalt-Arbeit wird<br />

ein Beirat sein, dem unter anderem auch Vertreterlnnen<br />

des Landeskriminalamts, des Familienministeriums <strong>und</strong><br />

der psychosozialen Beratung fUr Schwule <strong>und</strong> Lesben<br />

angehoren werden.<br />

Alter werden gehort zum Leben dazu, auch zum schwulen<br />

Leben. Alt sein ist eine Lebensphase, die heute<br />

anders aussieht als gestern <strong>und</strong> morgen anders als<br />

heute: DafUr hat die Entwicklung von Medizin <strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heitssystemen gesorgt, <strong>und</strong> dafUr wird der<br />

schlichte demografische Umstand sorgen, dass die Alten<br />

demnachst die Mehrheit <strong>und</strong> damit auch das Sagen<br />

haben - <strong>und</strong> dafUr nicht genugend junge, die ihnen<br />

ein einigermaBen komfortables Wohlergehen gewahrleisten.<br />

Gay and Grey ist ein Stichwort, "schwule Seniorenarbeit"<br />

ein anderes. "Erwachsen werden ist nicht schwer,<br />

erwachsen sein dagegen sehr", lautete das Motto einer<br />

Fachtagung des Schwulen Netzwerks. Immer geht es<br />

um eins: die schwulen Gene-rationen, die definitiv nicht<br />

mehr zur "jugend" zahlen. Offen bleiben Fragen, die<br />

im-mer wieder einmal gestellt <strong>und</strong> immer mal anders<br />

beantwortet werden: Brauchen wir eine spezielle Infrastruktur<br />

fUr die Schwule-Senioren-Selbsthilfe? Welche<br />

Rolle spielt das Alter- <strong>und</strong> Altwerden in den bestehenden<br />

Zusammenhangen schwuler Selbsthilfe - als<br />

Thema, als Tabu, als Problem? Sind schwule Seniorengruppen<br />

der einzige Ort, der Orientierung <strong>und</strong> auch<br />

Betreuung vermitteln kann - oder gibt es fUr diese Anliegen<br />

Platz in vielen Gruppen <strong>und</strong> Projekten, die gar nicht<br />

auf eine Generation festgelegt sind?<br />

Wir mochten in der nachsten <strong>FachDienst</strong>-Ausgabe das<br />

Forum zu diesem groBen Thema eroffnen. Wir laden<br />

dazu ein, Diskussionsbeitrage zu leisten, AnstOBe zu<br />

ge-ben, zu provozieren <strong>und</strong>, naturlich auch, zu berichten:<br />

Wie sieht die Praxis der schwulen Selbsthilfe fUr das<br />

<strong>und</strong> im Alter aus? Welche Konzepte <strong>und</strong> Visionen gibt es<br />

fUr zukunftige Projekte? Wer sich angeregt fUhlt, melde<br />

sich zwecks naherer Absprache bei Markus Chmielorz,<br />

Kontakt uber das Schwule Netzwerk NRW e.V. (siehe<br />

Impressum)<br />

Die schwulen Oberfalltelefone in Aachen, Bonn, Dortm<strong>und</strong>,<br />

Dusseldorf, Koln <strong>und</strong> MUnster sind weiterhin<br />

unter 19228 zu erreichen.<br />

Kontakt<br />

AGA-Projektkoordination:<br />

Karin Vogl<br />

Tel. 0174-4928817<br />

E-Mail: karin-vogl@freenet.de<br />

Burkhard Minnerup<br />

Tel. 02151-754571, Mobil: 0163-7545711<br />

Fax:02151-754581<br />

E-Mail:Minnerup-Schims@t-online.de<br />

( 21


lesben <strong>und</strong> schwule in<br />

~tl SCHWULES~NETZWERKNRW<br />

~ . \3J Hohenzollernring 48<br />

e---. Landesarbelts-<br />

'lJ, gemeinschaft<br />

Lesben in NRW<br />

Ackerstr. 144<br />

40233 Dusseldorf<br />

www.lesben-nrw.de<br />

5067 2 Koln<br />

www.5chwul·nrw.de<br />

,>2<br />

~ie B&.•••<br />

~~ist<br />

www.akzeptanzkampagne-nrw.de<br />

www.die-szene-bist-du.de<br />

22 )<br />

(SCHWULES~NETZWERKNRW<br />

']


Schwules Netzwerk NRW e.V.<br />

Hohenzollernring 48<br />

50672 Koln<br />

Telefon: 0221/2572847<br />

Telefax: 0221/2572848<br />

www.schwul-nrw.de<br />

schwul@netcologne<br />

SCHWULES@NETZWERKNRW


Schwules Netzwerl< NRW e.V.<br />

Hohenzollernring 48<br />

50672 Koln<br />

Telefon: 0221/2572847<br />

Telefax: 0221/2572848<br />

www.schwul-nrw.de<br />

schwul@netcologne<br />

ISSN 1617-8718

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