FachDienst - Aufklären und Beraten
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Jugend, Familie <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />
des Landes Nordrhein-<br />
Westfalen (MFJFG; heute: Ministerium fUr Ges<strong>und</strong>heit,<br />
Soziales, Frauen <strong>und</strong> Familie, MGSFF) zu Wahrnehmungen,<br />
Erfahrungen <strong>und</strong> Werthaltungen zu gleichgeschlechtlichen<br />
Lebensweisen (OPPERMANN 1999) eine<br />
Akzeptanzkampagne der Landesregierung entwickelt.<br />
Obwohl auf diese Weise eine ganze Reihe relevanter<br />
Themen bearbeitet wurden, z.B. "Gewalt gegen lesbische<br />
Frauen" (STEIN-HILBERS u.a. 1999), "Lesben -<br />
Schwule - Kinder" (BERGER u.a. 2000) <strong>und</strong> "Zur sozialen<br />
<strong>und</strong> psychischen Situation lesbischer Madchen<br />
<strong>und</strong> schwuler Jungen" (HARK 2000), kann die Existenz<br />
dieser Studien nicht uber den Mangel an systematischer<br />
Theoriebildung<br />
hinwegtauschen.<br />
Wissenschaftliche Arbeiten, die explizit die professionelle<br />
psychosoziale Beratung von Lesben <strong>und</strong> Schwulen<br />
thematisieren, fehlen bisher fast ganzlich (vgl.<br />
CHMIELORZ 2001, S. 5). Um Beseitigung dieses Vakuums<br />
bemuht sind einige schwule <strong>und</strong> lesbische Organisationen,<br />
Netzwerke <strong>und</strong> Jugendverbande, z.B. das<br />
Schwule Netzwerk NRW e.V. <strong>und</strong> das lesbisch-schwule<br />
Jugendnetzwerk Lambda, die - mit bescheidenen finanziellen<br />
Budgets ausgestattet-durchaus bemerkenswerte<br />
Fachpublikationen <strong>und</strong> -zeitschriften herausgeben <strong>und</strong><br />
Fachtagu ngen veranstalten 1.<br />
Weltweit wird die gegenwartige Homosexuellenforschung<br />
von zahlreichen Untersuchungen <strong>und</strong> Projekten<br />
in den USA dominiert, die durch Ideenreichtum <strong>und</strong><br />
Diversifikation auffallen (vgl. LAUTMANN 1993, S. 298).<br />
Hervorzuheben sind insbesondere die Modelle einer<br />
»gay, lesbian and bisexual developmental psychology«,<br />
die Personlichkeitsentwicklung von Lesben, Schwulen<br />
<strong>und</strong> Bisexuellen uber die Lebensspanne beschreiben<br />
(vgl. D'AUGELLI/ PATTERSON 1995). Ausgangspunkt<br />
dieser Modelle sind allgemeine entwicklungspsychologische<br />
Theorien, vor allem ERIKSONS Stufenmodell der<br />
psychosozialen Entwicklung (1979, Orig. 1950). Darauf<br />
aufbauend wird der Versuch unternommen, spezielle<br />
Entwicklungsaufgaben von Lesben <strong>und</strong> Schwulen auf<br />
dem Hintergr<strong>und</strong> ihrer spezifischen Lebensbedingungen<br />
zu beschreiben.<br />
Psychosoziale Versorgung von Lesben,<br />
Schwulen <strong>und</strong> Angehorigen<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong>, dass lesbische Frauen <strong>und</strong><br />
schwule Manner "nach wie vor Benachteiligungen, Diskriminierungen<br />
<strong>und</strong> nicht selten Gewalt ausgesetzt"<br />
sind, betreibt die nordrhein-westfalische Landesregierung<br />
nach eigenen Angaben eine "aktive Antidiskriminierungspolitik<br />
zugunsten der gesellschaftlichen<br />
Gleichstellung von Lesben <strong>und</strong> Schwulen" (MFJFG<br />
2000a, S. 5). Dazu hat sie ein entsprechendes<br />
Arbeitsprogramm be-schlossen. Die Basis fUr das<br />
neue politische Handlungsfeld »Gleichgeschlechtliche<br />
Lebensweisen« wurde im von SPD <strong>und</strong> Grunen 1995<br />
geschlossenen Koalitionsvertrag gelegt. Ende 1996<br />
wurde dann das »Referat fur Gleichgeschlechtliche<br />
Lebensweisen« im damaligen MAGS eingerichtet.<br />
(vgl. M FJFG 2000a, S. 5).<br />
1m Mittelpunkt des Arbeitsprogramms des MFJFG steht<br />
der Bereich der "Psychosoziale Beratung fur Lesben,<br />
Schwule <strong>und</strong> deren Angehorige in Nordrhein-Westfalen"<br />
mit dem das MFJFG einen "Schritt in Richtung<br />
Strukturierung, Vernetzung <strong>und</strong> Professionalisierung<br />
des lesbischen bzw. schwulen psychosozialen Beratungsfeldes"<br />
gehen wollte (MFJFG 2000a, S. 15).<br />
Das Modellprojekt will mit einem quantitativ <strong>und</strong> qualitativ<br />
adaquaten Beratungsangebot dazu beitragen,<br />
dass Lesben <strong>und</strong> Schwule selbstbestimmt <strong>und</strong><br />
selbstbewusstzu ihrer<br />
Person bzw. sexuellen<br />
Identitat stehen die explizit die professionelle<br />
Wissenschaftliche Arbeiten,<br />
<strong>und</strong> ihre spezifische psychosoziale Beratung von<br />
Lebensform angstfrei Lesben <strong>und</strong> Schwulen<br />
leben konnen. thematisieren, fehlen bisher<br />
Das Modellprojekt fast ganzlich<br />
nahm 1998 seine ~-----------<br />
Arbeit auf <strong>und</strong> war zunachst auf drei Jahre angelegt. Es<br />
wurde fUr die Jahre 2001 <strong>und</strong> 2002 jeweils um ein Jahr<br />
verlangert <strong>und</strong> lauft Ende 2002 aus.<br />
Professionelle<br />
Lesben- <strong>und</strong> Schwulenberatung<br />
Die Geschichte der professionellen Lesben- <strong>und</strong> Schwulenberatung<br />
ist noch relativ jung. Erste Versuche, »Rosa<br />
Telefone«, »Rosa Hilfen« oder »Lila Kabel« ins Leben<br />
zu rufen, wurden in Deutschland Mitte der 1970er<br />
unternommen <strong>und</strong> entstammen der neueren deutschen<br />
Schwulenbewegung bzw. der Frauen- <strong>und</strong> Lesbenbewegung.<br />
Die wohl traditionsreichste Geschichte hat in NRW die<br />
Kolner Beratungsstelle. Da ihre Entstehung beispielhaft<br />
fur andere lesbische <strong>und</strong> schwule Beratungsprojekte in<br />
Deutschland ist, soli die Entwicklung kurz nachgezeichnet<br />
werden.<br />
1975 wurde in Koln das damalige »glf-Sozialwerk e.V.«<br />
(glf = gay liberation front, heute: »Sozialwerk fur<br />
Lesben <strong>und</strong> Schwule e.V.«) als eigenstandiger Trager<br />
der Lesben- <strong>und</strong> Schwulenberatung gegr<strong>und</strong>et. Seitdem<br />
werden telefonische <strong>und</strong> personliche Beratungs-<br />
1Z.B. die "Erwachsenenfachtagung fUr die Generationen zwischen Jugend <strong>und</strong> Alter" des Schwulen Netzwerks NRWe.V. (1999), die regelmaBig stattfindenden<br />
Fachtagungen des Sozialwerks fUr Lesben <strong>und</strong> Schwule e.V. Ktiln, unter anderem zum Thema "Verdammt frei? Heimat <strong>und</strong> Sinnsuche von Lesben <strong>und</strong> Schwulen"<br />
(2000) <strong>und</strong> nicht zuletzt die vorliegende Fachzeitschrift "<strong>FachDienst</strong> Schwules Netzwerk e.V. - Beitrage aus der Praxis der schwulen Selbstorganisation"<br />
(seit 2001).<br />
12 ) ( SCHWULES~N ETZWERKNRW")