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FachDienst - Aufklären und Beraten

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Entwicklungsbedarf psychosozialer Versorgung <strong>und</strong><br />

lesbisch-schwuler Szene, lnformationsbedarf der<br />

allgemeinen Bevolkerung sowie Fortbildungs- <strong>und</strong><br />

Schulungsbedarfvon Mitarbeiterlnnen allgemeiner psychosozialer<br />

Einrichtungen drohen durch das Raster<br />

der Forderung zu fallen, auch wenn die genannten<br />

Bedarfe durch geeignete Methoden durchaus feststellbar<br />

waren.<br />

Bedarfsadaquanz wird haufig in Abgrenzung zum<br />

Begriff Flachendeckung verwendet. Dies ist insofern<br />

problematisch, als damit unterstellt wird, dass flachendeckende<br />

Beratungsangebote am tatsachlichen Bedarf<br />

vorbeigehen.<br />

Flachendeckung bezieht sich auf das landesweite Vorhalten<br />

bestimmter Beratungsangebote unter Einbeziehung<br />

aller Regionen. Dabei kann die raumliche Dichte<br />

der Beratungsangebote <strong>und</strong> damit die Entfernung,<br />

die ein(e) Ratsuchende/-r zurucklegen muss, um die<br />

nachstgelegene Einrichtung zu erreichen, von Modell<br />

zu Modell variieren. Die vorliegenden Ergebnisse legen<br />

nahe, dass ein hoher Bedarf an einer flachendeckenden<br />

psychosozialen Versorgung fUr Lesben, Schwule<br />

<strong>und</strong> deren Angehorige existiert, der kurz- <strong>und</strong> mittelfristig<br />

nicht durch eine fachlich qualifizierte Beratung<br />

in allgemeinen Berar<br />

Die Erfahrungen des Modell- ""' tungsstellen abgeprojekts<br />

sprechen fiir eine deckt werden kann.<br />

flachendeckende, dezentrale Aus Kostengr<strong>und</strong>en<br />

Einrichtung multiprofessionell ra umt das M FJFG<br />

besetzter Beratungsstellen offenbar dem Modell<br />

,, ~ der Bedarfsadaquanz<br />

bessere Chancen ein,<br />

zumal die Bedarfe, die als solche anerkannt sind, je nach<br />

Kassenlage beliebig verandert werden konnen. Stark<br />

bezweifelt werden darf an dieser Stelle, ob mit diesem<br />

»Sparmodell« die bestehende strukturelle Benachteiligung<br />

von Schwulen <strong>und</strong> Lesben im System der psychosozialen<br />

Versorgung abgebaut werden kann.<br />

3. Zentrale VS. dezentrale Versorgung<br />

Wahrend der Eckwert Bedarfsadaquanz auf die Passung<br />

von Angebot <strong>und</strong> Nachfrage zielt, beziehen sich<br />

die Begriffe zentrale <strong>und</strong> dezentrale Versorgung auf die<br />

raumliche Strukturierung der Angebote.<br />

Das wohnortnahe dezentrale Vorhalten psychosozialer<br />

Beratungsangebote wird unter anderem von der<br />

Erziehungsberatung angestrebt <strong>und</strong> auch weitgehend<br />

gewahrleistet. Auf diese Weise bleibt die Entfernung<br />

vom Wohnsitz zur Beratungsstelle fUr die Ratsuchenden<br />

in einem akzeptablen Rahmen.<br />

Auch fur die Beratung von Lesben <strong>und</strong> Schwulen sind<br />

prinzipiell die gleichen Zugangschancen zu fordern.<br />

Wahrend der MFJFG- Modellphase erfolgte die Forde-<br />

rung noch nicht nach diesem Prinzip, auch wenn die<br />

Gr<strong>und</strong>idee bei der Auswahl der Standorte eine Rolle<br />

spielte. Eine wohnortnahe dezentrale Versorgung ware<br />

bei einer Ausstattung mit acht halben Sozialarbeiterlnnenstellen<br />

in einem B<strong>und</strong>esland von der GroBe<br />

Nordrhein-Westfalens nicht annahernd sicherzustellen.<br />

Perspektivisch kann deshalb eine bessere psychosoziale<br />

Versorgung von Lesben <strong>und</strong> Schwulen in NRW nur<br />

durch eine Aufstockung der Mittel erfolgen.<br />

1m Zusammenhang mit der UberfUhrung des Modellprojekts<br />

in die Regelforderung wurden auch Modelle<br />

bekannt, die im Kern lediglich eine zentrale Versorgung<br />

vorsahen. Aus nahe liegenden Gr<strong>und</strong>en ware<br />

der ideale Standort einer solchen Fachberatungsstelle<br />

in einer Metropole wie Koln. Andere Modellvarianten<br />

sahen eine zentrale Fachberatungsstelle mit AuBenstellen<br />

oder zwei Fachberatungsstellen ohne AuBenstellen<br />

vor. Fur die Regionen abseits der Metropolen wurden<br />

diese gegenuber einer dezentralen Versorgung deutliche<br />

Nachteile bedeuten. Selbst wenn eine Fachberatungsstelle<br />

abseits einer Metropole angesiedelt ware,<br />

wurde dies fUr andere Regionen keine Vorteile bringen.<br />

Die Erfahrungen des Modellprojektes haben gerade<br />

gezeigt, dass eine dezentrale UnterstUtzung der professionellen<br />

<strong>und</strong> ehrenamtlichen Strukturen vor Ort <strong>und</strong><br />

die Einbindung der Beratungsstellen in das System der<br />

regionalen psychosozialen Versorgung die gunstigsten<br />

Voraussetzungen dafUr bieten, die Ziele von Beratung<br />

zu erreichen <strong>und</strong> einen Beitrag zum Abbau struktureller<br />

Benachteiligungen von Lesben <strong>und</strong> Schwulen in der<br />

Provinz zu leisten.<br />

Inzwischen ist im MFJFG die Entscheidung gefallen,<br />

dass die bisherige Forderungsstruktur, die die modellhafte<br />

Forderung von Beratungsstellen in Regionen mit<br />

unterschiedlicher Infrastruktur vorsah, aufgegeben<br />

wird zu Gunsten einer Forderungsstruktur, die Beratungsstellen<br />

in Regionen abseits der Metropolen letztendlich<br />

benachteiligt, da sie als Forderkriterium allein<br />

den Nachweis von Beratungs-Fallzahlen vorsieht. Ohne<br />

Relevanz fur die Forderung sind danach Bereiche wie<br />

Vernetzung der lesbischen <strong>und</strong> schwulen Angebote<br />

<strong>und</strong> Initiativen, Multiplikatorenfortbildung <strong>und</strong> Kooperation<br />

mit anderen psychosozialen Diensten, also Aufgaben,<br />

die in strukturschwachen Regionen besonderer<br />

Anstrengungen bedurften <strong>und</strong> nach wie vor bedurfen.<br />

Als Ergebnis dieser fragwurdigen Politik zuungunsten<br />

der Provinz wurde inzwischen bekannt, dass die Forderung<br />

der Lesbenberatungsstellen in Minden <strong>und</strong> Julich<br />

ab 2003 eingestellt wird <strong>und</strong> im Gegenzug die groBen<br />

Beratungsstellen in Bochum, Dortm<strong>und</strong> <strong>und</strong> Koln personelle<br />

Verstarkung bekommen werden. Von den kleineren<br />

Beratungsstellen sind lediglich Siegen <strong>und</strong> Munster<br />

ubrig geblieben. Ihnen ist es gelungen, die vom Ministerium<br />

ruckwirkend bekannt gegebenen Sollzahlen<br />

knapp zu erfUllen <strong>und</strong> damit ihre Existenz um ein<br />

16 )<br />

(SCHWULES~NETZWERKNRW<br />

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